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230 Mittelägypten Mittelägypten Mit den Denkmälern von Kairo und Luxor kann Mittelägypten nicht mithal- ten. Immerhin ist der Urlauber hier weitgehend ohne seinesgleichen und lernt die vom Tourismus kaum berührte Provinz kennen. Als Standorte für die Erkundung der Region eignen sich el-Minya und Assiut. Für die Bewohner Kairos beginnt gleich vor den Toren der Hauptstadt el-Sa’id, „der Süden“. Der hat seit jeher einen denkbar schlechten Ruf, wird mit Armut, Rück- ständigkeit, Blutrache und religiöser Intoleranz assoziiert. In den 1990er-Jahren ha- ben bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Islamisten und der Staatsmacht die Provinzen Beni Suef, el-Minya, Assiut und Sohag auch im Ausland in Verruf ge- bracht. Erst seit kurzem haben einzelne Reiseveranstalter diese Gegenden wieder in ihr Programm genommen. Warum wurde Mittelägypten – und hier besonders Assiut – zu einer Hochburg des militanten Islamismus? Armut und enttäuschte Aufstiegserwartungen sind der beste Nährboden für die radikalen Gruppen. Zwischen der Wirtschaftsmetropole Kairo und dem Touristenzentrum Luxor liegen die am wenigsten entwickelten Re- gionen des Landes. Die Landwirtschaft, traditionell der wichtigste Erwerbszweig, wirft kaum noch etwas ab. Begrenzt durch wüste Hügelketten, wurde der schmale Streifen Fruchtland in immer kleinere Parzellen für immer mehr Söhne geteilt. Mit der Rückabwicklung der Landreform sehen sich die Bauern nun auch den Forde- rungen der alten Grundherren gegenüber. Anders als in Luxor und Assuan bietet der Tourismus keine Alternative. Die wenigen großen Industriebetriebe, etwa Zu- ckerraffinerien oder das noch mit sowjetischer Hilfe gebaute Aluminiumwerk in Mittelägypten Karte S. 235 Nilschlamm wird zu Ziegeln verarbeitet Mittel- ägypten Mittel- ägypten

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Mittelägypten Mit den Denkmälern von Kairo und Luxor kann Mittelägypten nicht mithal-ten. Immerhin ist der Urlauber hier weitgehend ohne seinesgleichen und lernt die vom Tourismus kaum berührte Provinz kennen. Als Standorte für die Erkundung der Region eignen sich el-Minya und Assiut. Für die Bewohner Kairos beginnt gleich vor den Toren der Hauptstadt el-Sa’id, „der Süden“. Der hat seit jeher einen denkbar schlechten Ruf, wird mit Armut, Rück-ständigkeit, Blutrache und religiöser Intoleranz assoziiert. In den 1990er-Jahren ha-ben bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Islamisten und der Staatsmacht die Provinzen Beni Suef, el-Minya, Assiut und Sohag auch im Ausland in Verruf ge-bracht. Erst seit kurzem haben einzelne Reiseveranstalter diese Gegenden wieder in ihr Programm genommen. Warum wurde Mittelägypten – und hier besonders Assiut – zu einer Hochburg des militanten Islamismus? Armut und enttäuschte Aufstiegserwartungen sind der beste Nährboden für die radikalen Gruppen. Zwischen der Wirtschaftsmetropole Kairo und dem Touristenzentrum Luxor liegen die am wenigsten entwickelten Re-gionen des Landes. Die Landwirtschaft, traditionell der wichtigste Erwerbszweig, wirft kaum noch etwas ab. Begrenzt durch wüste Hügelketten, wurde der schmale Streifen Fruchtland in immer kleinere Parzellen für immer mehr Söhne geteilt. Mit der Rückabwicklung der Landreform sehen sich die Bauern nun auch den Forde-rungen der alten Grundherren gegenüber. Anders als in Luxor und Assuan bietet der Tourismus keine Alternative. Die wenigen großen Industriebetriebe, etwa Zu-ckerraff inerien oder das noch mit sowjetischer Hilfe gebaute Aluminiumwerk in

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Nilschlamm wird zu Ziegeln verarbeitet

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S. 235 Mittelägypten 231

Nag Hamadi, machen sich f it für den Weltmarkt und reduzieren ihre Belegschaft. So bleibt den jungen Leuten nur die Abwanderung nach Kairo oder Hurghada. Was erwartet den Urlauber, der sich allen Warnungen zum Trotz nach Mittelägyp-ten wagt? Zuallererst wird er ein vom Tourismus kaum berührtes Ägypten ken-nenlernen. Pharaonische Stätten wie Beni Hassan oder Amarna, so spektakulär sie für sich genommen auch sein mögen, können mit den Pyramiden oder den Königs-gräbern nicht mithalten. Die Landschaft? Nun ja, es gibt schöne Strecken mit bu-kolischen Szenen, hier und da wachsen Inseln und Auen aus dem Nil, doch meist verläuft die alte Hauptstraße abseits vom Fluss. Die Kleinstädte, eine reiht sich an die andere, haben bessere Zeiten gesehen. Vor allem in den Dörfern und Landstädten Mittelägyptens „überwinterte“ das kop-tische Christentum bis in unsere Zeit. Südlich der Hauptstadt ergänzen mehr und mehr die charakteristischen Doppeltürme der Kirchen die Minarette, bis schließ-lich Kreuz und Halbmond gleichberechtigt die Silhouetten der Siedlungen zu be-herrschen scheinen. Jeder fünfte Einwohner der Provinzen el-Minya, Assiut und Sohag ist Christ. Zwar gibt es auch bitterarme Kopten, doch sind die meisten Chris-ten wirtschaftlich besser gestellt als der Durchschnitt ihrer muslimischen Landsleute. Ein Wort noch zur Sicherheit. Mit äußerster Härte haben Polizei und Armee die is-lamistische Bedrohung ausgemerzt. In vielen Orten werden Ausländer auf Schritt und Tritt von uniformierten oder zivilen Sicherheitskräften eskortiert. Kein Kaffee-hausbesuch ohne den auffällig unauffälligen Herrn von der galabiya bulis am Neben-tisch, kein Ausflug ohne militärische Begleitung. Bleibt nur zu hoffen, dass diese überaus lästige Fürsorge irgendwann wieder eingestellt wird.

El-Minya (el-Minjeh)

El-Minya ist ein Ort der Atmosphäre, nicht der Sehenswürdigkeiten. Diese liegen außerhalb der Stadt und sind ohne Taxi oder eigenen Wagen nur be-schwerlich zu erreichen. Basarviertel, Ägyptens schönste Uferpromenade, da und dort noch eine stattliche Villa oder ein morsches Hotel aus der Zeit, da hier noch die Paschas das Sagen hat-ten – viel mehr gibt es in el-Minya nicht zu sehen. Über zwei Jahrzehnte wurde um Standort und Finanzierung eines Echnaton-Museums gerangelt. Nun ist es auf dem Ostufer nördlich der Brücke immerhin in Bau. So bescheiden sie auch sein mag, die Universitätsstadt hat die beste touristische In-frastruktur weit und breit. Wer die Echnaton-Stätte Tell el-Amarna oder die Gräber von Beni Hassan besichtigen will, muss in el-Minya übernachten.

Telefonvorwahl: 086

Anfahrt

Von Kairo dauert die Anfahrt (250 km) auf der verkehrs- und abwechslungsreichen Landstraße (tariq ez-zira’at) am Westufer des Nils 4–5 Stunden. Schneller sind die Straße am Ostufer und die hinter den Giza-

Pyramiden beginnende Autobahn (tariq es-sahraui). Von der Busstation 500 m südlich des Bahn-hofs kommt man tagsüber stündlich nach Kairo (Moneib Terminal) und Assiut, ein Bus fährt direkt nach Hurghada. Nahezu alle Züge zwischen Kairo und Luxor halten in el-Minya. Abfahrten nach Kairo sind 4.15, 5, 5.20, 6.15, 8.35, 14.15, 16.25, 17.45, 18, 19, 20.15 und 23 Uhr.

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Für Tagesausflüge mit dem Taxi in die Um-gebung el-Minyas rechne man mit 50–100 LE. Solange die Ostufer-Straße noch nicht bis Amarna reicht, bieten sich die beiden fol-genden Touren an: eine nach Beni Hassan in Verbindung mit Deir el-’Adra und Saujet el-Meitin, die andere nach Tell el-Amarna in Verbindung mit Hermopolis und Tuna el-Gebel.

Polizeibegleitung

Die Situation ist in der Provinz el-Minya ent-spannter als im benachbarten Bezirk As-siut. Züge und Busse dürfen ohne Ein-schränkung benutzt werden, nicht aber Sammeltaxis im Überlandverkehr. Polizei-begleitung innerhalb der Stadt entfällt, wenn der Fremde im Hotel schriftlich be-stätigt, dass er auf diesen Schutz verzich-tet. Bei Taxifahrten zu den archäologischen Stätten der Umgebung sieht die Polizei von einem Begleitkommando ab, wenn ein Füh-rer, etwa ein honoriger Einheimischer, den Besucher begleitet.

Verschiedenes

Die Touristinformation befindet sich an der Corniche bei der Lamati-Moschee, ¢ 2731521.

Hussein Farag (¢ 010-1299479) und sein Kolle-ge Mahmoud Abdel Samir (¢ 010-3371388) arrangieren Ausflüge zu den Stätten der Umgebung. Sie stellen sich für 150 LE am Tag auch selbst als Führer zur Verfügung. Etwas günstiger, nämlich für 100 LE, führt John Ezat Fawzy, ¢ 012-3300816. Die Post befindet sich am Anfang der vom Bahnhof zum Nil führenden Sh. el-Gomhu-riya und hat Sa–Do 8–14 Uhr geöffnet. Das Telefonamt mit Kartentelefonen findet man im Bahnhof. Übernachten Aton (2), am Nordende der Corniche, ¢ 2342993, § 2341517, [email protected], DZ 40 €. Das Bungalowhotel direkt am Nil gilt als die beste Hoteladresse in Minya und wird von den seltenen Reisegruppen belegt. Die Bungalows verteilen sich über einen großflächigen Garten. Auf einem Ponton kann man auf dem Nil Kaffee trinken, selbstverständlich gibt es auch einen Pool. Armed Forces Hotel (9), am Ostufer süd-lich der Brücke, ¢ 2366283, DZ 180 LE. Auch Zivilisten dürfen in diesem Palast wohlgesi-chert übernachten. Zwar kann das Personal kein Englisch, doch findet sich unter den Militärs schnell ein höherer Dienstgrad als Dolmetscher. Außer herrlicher Aussicht und einem schönen Garten am Nil bietet das Hotel auch Sportplätze und sogar eine Bowlingbahn. Cleopatra (1), Sh. Taha Hussein, ¢ 2370800, § 2370801, DZ 125 LE. 2 km nördlich des Zentrums an einer belebten Straße gele-gen. Relativ neu und mit kräftigen Farben dekoriert, wird das Hotel von einheimi-schen Geschäftsreisenden bevorzugt. Re-staurant im Dachgeschoss. Akhenaten (Echnaton) (7), im Zentrum der Corniche, ¢/§ 2365918, kingakhenaton@ hotmail.com, DZ 90–110 LE. 50 Zimmer mit Aircondition, TV und Kühlschrank, teilweise mit Nilblick. Die Zimmer sind unterschied-lich groß, die meisten haben neue Bäder. Alkoholfreies Restaurant. Von den Hotels im Stadtzentrum ist dies die beste Wahl. Lotus (3), 1 Sh. Bur Sa’id, ¢ 2364500, § 2364576, DZ 75 LE. In Bahnhofsnähe laut gelegen, die schon etwas abgewohnten Zimmer mit Aircondition und TV. Plus-punkte sind Dachrestaurant und -bar mit Al-koholausschank und Aussicht. Dahabiya (5), Corniche vor der National Bank, ¢ 2342993, p. P. 30 LE. Übernachten im Hausboot auf dem Nil! Wenn das Sozialwerk

El-Lamati, die älteste Moschee in el-Minya

El-Minya

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der koptisch-evangelischen Kirche (CEOSS) sein Gästeboot gerade nicht selbst benö-tigt, vermietet „Kapitän“ Wael Adly (¢ 10-1996829) die vier Zimmer (1–3 Betten, Eta-genbad) an jedermann. Schlicht, doch ro-mantisch und mit Flair. Das Boot ankert flussauf neben der Mermaid. Essen & Trinken (Karte S. 233) Am besten ist die Küche des Hotels Armed Forces, doch auch die anderen Hotels ha-ben akzeptable Restaurants. Das ab dem späten Nachmittag geöffnete Restaurantboot Mermaid (4) ankert an der Corniche und kann so auch mit Aussicht und frischer Luft aufwarten. Zu essen gibt’s Standards wie Spagetti Bolognese oder

Hühnchen; auch wer nur einen Kaffee trin-ken möchte, ist willkommen. Günstig isst und trinkt man auch gleich ne-ben der Mermaid in der Cafeteria des Da-habiya (5). Wahlweise kann man am Ufer oder auf dem Schiff selbst sitzen. Kased Karim (6), am Bahnhofsplatz, emp-fiehlt sich mit Snacks und süßen Törtchen als Konditorei für alle Tageszeiten. Auch Frühstück. El-Hayek (8), Sh. el-Mudiriya, bietet Ku-schari in riesigen Portionen. Schleckermäu-ler besuchen die Konditorei. Alkohol wird nur in den Hotels Aton, Lotus und Ibn Khassib ausgeschenkt.

Sehenswertes um el-Minya Wer sich für christliche Archäologie interessiert, wird die auf die Zeit Konstantins und Helenas zurückgehende Felskapelle im Kloster Deir el-’Adra besuchen. Der heute nur noch von der Hausmeisterfamilie bewohnte Konvent liegt malerisch auf dem Gebel et-Ter („Vogelberg“), einem Steilfelsen über dem Niltal. Der Überliefe-rung nach rastete hier die Heilige Familie auf ihrer Flucht nach Ägypten. An den Tagen vor Mariä Himmelfahrt, die hier nach dem koptischen Kalender am 22. Au-gust gefeiert wird, pilgern Christen wie Muslime aus der Region gerne zum Kloster. Weiter südlich, etwa auf halber Strecke nach el-Minya, verstecken sich in einem Wadi hinter dem Dorf Techna el-Gebel die Ruinen der griechisch-römischen Stadt Techna mit den Resten einer aus dem Fels geformten Kolossalstatue Ramses III. In der Nähe wurden vier der nach ihrem Entdecker benannten Fraser-Gräber aus dem Alten Reich restauriert und für Touristen erschlossen, die sich aber nur äußerst sel-ten hierher verirren. Noch am besten erhalten ist das Felsengrab des Hathor-Priesters Ni-ka-anch (5. Dynastie). Mit dem Auto bzw. Taxi in el-Minya über die Nilbrücke und dann direkt am Nil nordwärts. Zu den Fraser-Gräbern bei Kilometer 10 nach der Brücke im Dorf Scheich Mohammed ost-wärts abbiegen (2 km). Kilometer 12 Techna el-Gebel, Kilometer 21 Dorf Deir el-’Adra.

✰ Saujet el-Meitin Kuppel an Kuppel reihen sich geräumige Familienmausoleen zu einem La-byrinth, in dem man leicht die Orientierung verlieren kann – angeblich han-delt es sich um den größten Friedhof der Welt. Seit Menschengedenken ist Saujet el-Meitin („Platz des Todes“) der Bestattungs-platz für die gesamte Region. Vom Kom el-Ahmar, dem durch moderne Steinbrü-che lädierten „Roten Hügel“, in dessen Felsengräbern Fürsten des Alten Reiches ihre letzte Ruhe fanden, hat sich das Gräberfeld immer weiter Richtung Nil und dann entlang dem Ufer ausgedehnt. Traditionell am Freitag und darüber hinaus vor den großen Feiertagen besuchen Frauen und Kinder die Gräber ihrer Angehörigen. Ob Kopte oder Moslem, im Tode sind sie alle gleich und die Gräber in Saujet el-Meitin nicht zu unterscheiden. Weder Christentum noch Islam haben hier dem Grab seinen Charakter als „Haus der Ewigkeit“ nehmen können, das, aus Stein, beständiger

Sehens-wertes um

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gebaut ist als manche Lehmhütte der Lebenden. Einige Grabstätten sind mit Fähn-chen und Wimpeln geschmückt. Hier ruht ein Marabu, ein Heiliger. Wie etwa Scheich Kurtibu, der zwölf Bücher geschrieben hat, wie die Dörfler ehrfurchtsvoll berichten. Weniger bekannt ist das Grab der Frauenrechtlerin Hoda Shaarawi. Mit Taxi oder eigenem Wagen über die Nil-brücke und dann rechts, nach wenigen Ki-lometern beginnt die Totenstadt. Der Kom-el-Ahmar liegt etwa 5 km nach der Brücke hinter dem zweiten Dorf.

Warnung: Die Kinder sind hier extrem auf-dringlich und orientieren sich am Vorbild des Dorfvorstehers (Scheich el-Balad). Dieser, ein Mann mit mächtiger Statur und Schnauzbart, nötigt ausländischen Besuchern ein als „Tee-geld“ umschriebenes Bakschisch ab.

✰✰ Beni Hassan Lebendige Wandmalereien und die herrliche Aussicht über den Nil machen die Gräber von Beni Hassan zu einem lohnenden Ausflugsziel. Die 39 Felsengräber von Vornehmen des Mittleren Reiches sind längst ihrer beweg-lichen Schätze beraubt. Auch die Stuckbilder haben gelitten, zumal die Höhlen lange bewohnt waren. Bevorzugt sind Themen aus Natur und Alltag dargestellt: Antilopen und Wildziegen sichern dem Toten im Jenseits reiche Jagdgründe, Schlachtvieh und Ernteszenen lassen ihn auf Ewigkeit satt werden, Fische und Vö-gel versprechen ihm kulinarische Höhepunkte. Zu den Standardmotiven der Grab-malerei in Beni Hassan gehören weiter Tanz und Sport, Handwerksarbeit, das Ein-sammeln der Abgaben und die Totenfahrt nach Abydos. Zu Gaufürst Chnumhotep III. (Grab Nr. 3) führt der Jagdmeister eine Kolonne von Männern, Frauen, Kindern, Vieh und opferbeladenen Lasttieren. Die naturalistisch und humorvoll gezeichneten „Sandwandler“, wie die Beduinen in der Inschrift hei-ßen, sind an ihren scharfen Nasen, dem spitzen Kinn und dem Backenbart als Se-miten auszumachen. Andere Bilder zeigen Sport und Kriegsspiel. In ihnen kündigt sich die im Neuen Reich so dominante „Schlachtenmalerei“ an. An der Rückwand des Grabs von Cheti (Nr. 17) sehen wir die berühmten Ring-kampfszenen: Reihenweise werden wir mit den Griffen und Kniffen der rot-schwarz voneinander abgesetzten Ringer vertraut gemacht. Im Grab von Baket (Nr. 15), Vater des Cheti, beeindrucken an der Nordwand Szenen einer Wüstenjagd mit Fabeltieren. Die Ostwand gehört wiederum Ringkämpfern und Kriegern. An der Südwand u. a. naturalistische Tierdarstellungen und prügelnde Aufseher, auch eine Stillende wird von deren Hieben getroffen. Einige Kilometer südlich bewacht der Felsentempel Speos Artemidos den Eingang eines Wadis. Die unter Hatschepsut und Thuthmosis III. ein halbes Jahrtausend nach den Gräbern geschaffene Anlage entspricht dem architektonischen Konzept des Neuen Reiches, wie es später unter Ramses II. in Abu Simbel seinen Höhe-punkt fand. Lange Inschriften berichten von den ruhmreichen Taten Hatschepsuts. Beni Hassan liegt am Ostufer. Für einen Ta-xiausflug rechne man mit 50 LE. Wer den Ausflug nach Beni Hassan mit der Besichtigung von Hermopolis und Tuna el-Gebel auf dem Westufer verbinden will, muss 100 LE für den Wagen zahlen. Das Taxi fährt dann am Westufer entlang und bringt Sie zum Fähranleger bei Abu Qurqas, 25 km südlich von el-Minya, wo der Fahrer

auf Sie wartet, während Sie mit Ihrer Po-lizei-Eskorte nach Beni Hassan übersetzen. Die Fähre kostet hin und zurück 1 LE p. P., aber für das ganze Boot mindestens 12 LE. Am Ostufer angekommen, geht man die 300 m zum Grabungshaus mit Kasse zu Fuß. Öffnungszeiten/Eintritt: Täglich 9–17 Uhr, Eintritt 25/13 LE.

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S. 235 Sehenswertes um el-Minya/Tuna el-Gebel 237

Hermopolis Der noch zu Napoleons Zeiten leidlich erhaltene Kultort des Gottes Thoth verschwand im 19. Jh. weitgehend in den Kalköfen der Bauern. Beeindru-ckend sind die Reste der frühchristlichen Basilika. Der ibisköpf ige Thoth, Gott der Weisheit und Patron der Schreiber, war pharaoni-scher Stadtgott von Schmunu, dem Hauptort des Hasengaus. Die Ptolemäer ver-schmolzen Thoth mit Hermes und nannten den Ort Hermopolis Magna. Der altägyp-tische Name Schmunu lebt noch im nahen Dorf Aschmuneïn fort. Die Priester von Schmunu entwickelten den Mythos vom Ur-Ei, aus dem die Sonne entschlüpfte und damit die Schöpfung begann. Mit der Verbindung von Hase und Ei wurde Schmunu zur Wiege abendländischen Kulturguts in Gestalt des Osterhasen. In Europa wurde das Fabeltier freilich erst 1678 durch den Heidelberger Medizinprofessor Georg Franck von Franckenau bekannt, der es in seinem Werk Satyrae medicae beschrieb. Blickfang des weitläuf igen Trümmerfelds sind die wieder aufgerichteten Säulen ei-ner imposanten Basilika, die im 5. Jh. über einem ptolemäischen Tempel errichtet worden war. Nordöstlich davon die Reste eines Pylons von Ramses II. Im Funda-ment waren über tausend farbig bemalte Reliefblöcke aus dem Anton-Tempel von Amarna verbaut; die meisten davon wurden entwendet und an Museen und Samm-ler in aller Welt verkauft. Der durch den Pylon laufende Prozessionsweg führte zum Thoth-Tempel. Nur wenige umgestürzte Säulen in einem Palmenhain erinnern an das uralte Heiligtum, das zuletzt 330 v. Chr. unter dem Oberpriester Petosiris er-neuert wurde. Zum Tempel gehörten auch die von den Archäologen etwas versetzt wieder aufgerichteten überdimensionalen Pavian-Statuen. Für einen Taxiausflug von el-Minya nach Hermopolis Magna und Tuna el-Gebel rech-ne man 50 LE, in Verbindung mit Beni Has-san oder Amarna 100 LE. Die Ausgrabung liegt südlich von Mellaui am Rande des Dorfs Aschmuneïn.

Öffnungszeiten/Eintritt: Tagsüber geöffnet, Eintritt 20/10 LE. Warnung: Das Gelände war früher Mili-tärgebiet, angeblich liegen hier noch Minen herum. Bleiben Sie deshalb auf den Wegen und in der Nähe der Monumente.

✰ Tuna el-Gebel Häuser für die Toten, Katakomben für mumifizierte Tiere, ein Schöpfwerk für Affen und Vögel, und die Geschichte der schönen Isidora – die Nekro-pole Tuna el-Gebel ist ein recht ungewöhnlicher Friedhof. Außer Pavian und Ibis wurden auch Falke und Eule als heilige Tiere mit Thoth as-soziiert. Auf dem Friedhof Tuna el-Gebel versorgte eine ptolemäische Sakija, die äl-teste ihrer Art in Ägypten, die Tränke für Vögel und Affen. Wer sich vor den Fle-dermäusen nicht fürchtet, mag in den mehr als 30 m tiefen Brunnenschacht hinab-steigen. In den benachbarten Katakomben fand man Tausende mumifizierter Af-fen und Vögel, die einst von den Priestern umhegt und gepflegt und schließlich in Würden bestattet wurden. Pilger stifteten Särge für die heiligen Tiere, um den Gott der Weisheit zu erfreuen. Der Grabtempel des Petosiris demonstriert, wie die Künstler des pharaonischen Ägypten die überlieferten Themen immer wieder reproduzierten, aber doch ihren Stil veränderten. Während profane Alltagsszenen der Vorhalle einen deutlichen griechischen Einschlag verraten, sind die religiösen Halbreliefs in der hinteren Kapelle

Sehens-wertes um

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noch rein ägyptisch gearbeitet – die Neuerung endete hier an der Schwelle zum Jenseits. Der Sarkophag wird im Ägyptischen Museum zu Kairo gezeigt. In römischer Zeit wurde Petosiris als Heiliger verehrt. Viele wollten in seiner Nähe be-stattet sein, um das Grab wuchs eine ganze Totenstadt. In einem Grabhaus ruht die Mumie der Isidora. Der Legende nach ertrank die junge Frau auf der Überfahrt zur Hochzeit mit ihrem Bräutigam am anderen Nilufer. Nach einer romantischeren Ver-sion versuchte sie heimlich des Nachts zu ihrem Geliebten zu rudern. In einem an der Wand des Grabraums verewigten Gedicht preist der Vater die Schönheit des Mäd-chens – der Mumie ist die Wohlgestalt der Verblichenen indes nicht mehr anzusehen. Das Rasthaus von Tuna el-Gebel geht auf den damaligen Kultusminister Taha Hussein zurück, der sich hier in der Einsamkeit gerne vom Trubel Kairos erholte. Die alten Wächter berichten, der Schriftsteller und Philosoph habe, wenn er in Tuna el-Gebel weilte, täglich das Grab der Isidora besucht und ihr eine Kerze gestif-tet. Auch der ägyptische Stararchäologe Zahi Hawass ist Tuna el-Gebel eng verbun-den. Er begann hier als Inspektor seine Karriere, die ihn bis auf den Chefsessel der Altertümerverwaltung brachte. Vom Wärter lasse man sich die neben der Zufahrt etwa 2 km vor dem Rasthaus entfernt postierte Echnaton-Stele zeigen. Ursprünglich wohl die Rückwand einer Felskapelle, markierte sie die Grenze des Stadtgebiets von Amarna. Unter der der

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S. 235 Sehenswertes um el-Minya/Tell el-Amarna 239

Sonne opfernden Königsfamilie verkündet der Pharao seinen Entschluss, eine neue Hauptstadt zu gründen. Die Anfahrt ist derzeit nur mit dem Taxi möglich (siehe Hermopolis). Am westlichen Dorfausgang von Aschmuneïn lässt man die Hermopolis-Abzweigung rechts liegen und nimmt stattdessen die nächste Ab-zweigung nach rechts. Nach 6 km erreicht man die Eintrittskasse, von dort sind es

noch weitere 5 km bis zur Nekropole. Öffnungszeiten/Eintritt: Da derzeit in der Woche allenfalls ein Dutzend Besucher vor-beikommen und der Schlüsselgewaltige nicht immer vor Ort ist, wird geraten, den Besuch über das Touristoffice in el-Minya bereits vorab anzukündigen. Eintritt 20/10 LE.

Mellaui (Mallawi)

Der schleichende ökonomische Niedergang bereitete in der 45 km südlich von el-Minya gelegenen Kreisstadt den Boden für die Islamisten, die Mellaui zu einem Schwerpunkt ihrer bewaffneten Rebellion machten. Daraufhin geriet die Stadt unter das drakonische Regime der staatlichen Sicherheitskräfte, die mit Razzien, Ausgangs- und Straßensperren das öffentliche Leben lähmten. Ein Museum zeigt in verstaubten Vitrinen Grabungsfunde aus der Region: Statuen und Mumien von Affen und Ibissen, Sarkophage, griechisch-römische Wandmale-reien und Totenmasken, dazu (im Obergeschoss) allerlei Kleinfunde. Als schönstes Stück gilt die im Alten Reich aus Kalkstein gefertigte Sitzstatue des Pepi-anch und seiner Frau. Nach Mellaui kommt man von el-Minya am einfachsten und ohne Polizei-Stress mit dem Zug. Das Museum steht in der Neustadt an der Ost-West-Hauptstraße neben dem Rat-haus. Geöffnet 9–16 Uhr, Mi- und Freitagnachmittag geschlossen. Eintritt 10/5 LE.

Tell el-Amarna Enttäuscht sind die meisten Besucher von Tell el-Armana, der Stadt des Ech-naton. Außer einigen Grundmauern und Gräbern ist von der Stadt des „Sonnenkönigs“ nichts erhalten geblieben. Um seine Neuerungen zu unterstreichen (siehe Kasten auf S. 241), gründete Echna-ton ungefähr 1350 v. Chr. weit entfernt vom verhassten Theben seine neue Haupt-stadt Achet-Aton („Horizont der Sonne“), heute Tell el-Amarna genannt. Mit dem Tempel des Aton und dem Königspalast im Zentrum erstreckte sie sich 2,5 km am Nilufer entlang. Nach Echnatons Tod gewannen unter seinem (vermutlichen) Schwiegersohn Tutanchamun jedoch die Amun-Priester wieder die Oberhand. Ge-rade mal 14 Jahre nach Baubeginn wurde Achet-Aton aufgegeben und geschleift. Und was damals nicht beseitigt wurde, besorgten die Jahrtausende danach. Tell el-Amarna liegt am Ostufer. Eine Stra-ße von Beni Hassan her ist im Bau, doch 2006 setzte man noch mit der Fähre über. Für einen Taxiausflug ab el-Minya rechne man 50 LE, in Verbindung mit Hermopolis und Tuna el-Gebel 100 LE. 5 km südlich von Mellaui verlässt man die Landstraße links und überquert den Ibra-himiya-Kanal – die Stichstraße führt zur Anlegestelle am Nil, wo die Fähre nach et-Till übersetzt (Personenfähre 0,50 LE p. P., Autofähre 16 LE pro Fahrzeug mit Insassen).

Öffnungszeiten/Eintritt: Die Stätte ist tägl. 7–17 Uhr, Okt.–Mai bis 16 Uhr geöffnet. Alles liegt weiträumig verstreut, und man braucht ein Auto. Wer ohne Wagen unterwegs ist, bekommt einen samt Fahrer für 50 LE am Kartenhäuschen beim Fähranleger et-Till. Der Eintritt für das Gelände kostet 1 LE. Dazu kommen dann noch gesonderte Ti-ckets für die Nordgräber und den Nordpa-last (zusammen 25/13 LE), für die Südgräber mit Aton-Tempel (zusammen 25/13 LE) und für das Echnaton-Grab (20/10 LE). In den Gräbern darf nicht fotografiert werden.

Sehens-wertes um

el-Minya/Tel

l el-Amarna

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240 Mittelägypten

Man bringe ausreichend Kleingeld mit! Bürgermeister, Fahrer, Schlie-ßer, Wächter und Beleuchter erwar-ten jeweils ein Bakschisch.

Essen & Trinken: An der Fähre und bei den Nordgräbern bieten Teebuden Erfri-schungen. Internet: Amarna, die Stadt des Echnaton, wird dokumentiert unter www.mcdonald.cam.ac.uk/Projects/Amarna/home.htm.

Die Stadt „Welcome – Civilisation starts Here“, grüßt ein Schild an der Fähre – und der An-kömmling wird von Kindern umringt, die ihm Korbwaren zu verkaufen suchen. Aber wo ist die angekündigte Kultur? Die meisten Gebäude von Achet-Aton be-standen nur aus Lehmziegeln, und die kleinen Steine, mit denen man der Eile hal-ber die Tempel errichtet hatte, ließen sich bequem abtransportieren und anderswo verwenden. Schwer vorzustellen, dass hier einst 50.000 Menschen wohnten. Der Reisende wird im staubigen Kleinbus über eine große, flache Sandfläche kut-schiert, passiert hier und da ein paar Fundamente und rekonstruierte Säulenbasen des Aton-Tempels und der Paläste. Östlich des Hauptpalasts, so erfahren wir, wur-de 1885 das Staatsarchiv mit den aufschlussreichen Amarna-Tafeln gefunden. In diese Tontafeln war die diplomatische Korrespondenz zwischen Ägypten und seinen Nachbarstaaten geritzt. Aus dem Schutt einer Bildhauerwerkstatt stammt das Wahr-zeichen der ägyptologischen Sammlung Berlins, die Büste der Nofretete.

Die Gräber An den Rändern der Ebene versöhnen zwei Gruppen von Felsengräbern, Nord und Süd genannt, mit dem sonst enttäuschenden Amarna. Die meisten blieben unvoll-endet und wurden wahrscheinlich nie belegt. Stil und Thematik der Reliefs machen sie einzigartig. Während sonst der Grabherr und seine Familie im Mittelpunkt ste-hen, kommt diesen in Amarna nur eine Nebenrolle zu. Sie begegnen uns etwa im Eingang beim Rezitieren der Aton-Hymne oder als Nebenf iguren in Szenen mit der königlichen Familie. Um diese geht es in Amarna. Sie wird wieder und wieder ge-zeigt, dazu die Gebäude und sogar die Gärten von Achet-Aton. In der Nordgruppe zählt das Grab von Merire I. (Nr. 4) zu den schönsten. Im Ein-gang zum Säulenraum sehen wir den Aton-Priester Merire (rechts) und seine Ge-mahlin (links) beim Gebet. In der linken Hälfte des Raums (vom Eingang im Uhr-zeigersinn) wird er vom Pharao (im Fenster des Palasts) mit Gold beschenkt und in sein Amt als Aton-Priester eingeführt. Dann die königliche Familie mit Gefolge auf dem Weg zum Tempel, wo sie vom Priester mit Opfertieren und blinden Musikan-ten erwartet werden. Auf der rechten Eingangswand opfert die königliche Familie: An den Altären zelebriert Merire mit einem Kollegen, darunter Höflinge, Priester und der Tempelchor. Von den Höflingen hielt der Künstler offenbar wenig: Er kari-kiert sie mit Glatze, Schlitzaugen und spitzem Kinn. Auf der Südwestwand sehen wir den Palast und den Besuch der Herrscherfamilie im Tempel, darunter wird Merire von Echnaton und Nofretete beschenkt. Auf der rechten Rückwand schließ-lich das Anwesen des Grabherrn. Das Grab des Huje (Nr. 1), Haushofmeister der Königsmutter Teje, liegt abseits und wird nur selten besucht. Neben dem könig-lichen Paar und den Prinzessinnen sind im

Vorraum auch Teje, deren Gemahl Ameno-phis III. und Tochter Baketaton dargestellt. In einer Speiseszene (rechte Eingangswand) hält Nofretete eine Gans in der Hand – in

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Mittelägypten

Karte

S. 235 Sehenswertes um el-Minya/Tell el-Amarna 241

den Augen der Amun-Priester ein schreckli-cher Frevel, wird doch hier das Symbol ihres Gottes verspeist! Auf der linken Wand nimmt die Herrscherfamilie Tribut aus Sy-rien und Nubien entgegen. Auch das Grab von Merire II. (Nr. 2), Vorste-her des königlichen Harems, liegt abseits der üblichen Route. Es wurde noch unter Echnatons Nachfolger Semenchkare be-arbeitet, ausnahmsweise sind hier auch die Säulen des Vorraums intakt. Die schon von Huje bekannte Tributszene ist hier beson-ders detailreich ausgeführt. Im unvollendeten Grab von Ahmose (Nr. 3), „Wedelträger zur Rechten des Königs“, sind die meisten Reliefs nur vorgezeichnet.

An der linken Wand des Vorraums, über dem Mahl der Herrscherfamilie, bahnt eine bewaffnete Eskorte im Laufschritt dem kö-niglichen Wagen den Weg zum Tempel – „Sicherheitskräfte“ anno dazumal. Im unte-ren Register links sehen wir das Schlafzim-mer des Königs. Das Grab des Arztes Pentu (Nr. 5) ist un-vollendet und stark zerstört. Panehesi (Grab Nr. 6) war Priester am Aton-Tempel. Hier ist auch der Schmuck an der Außenwand des Eingangs noch erhalten und zeigt auf dem Türsturz zwei betende Hofzwerge. Die erste Halle diente in christ-licher Zeit als Kirche, eine Scheintür wurde zu einem Taufbecken umgebaut.

Von den Südgräbern lohnen sich besonders Nr. 9 und Nr. 25 (siehe S. 242). Mahu (Grab Nr. 9) war Polizeichef von Achet-Aton. Die Wände der vorderen Halle zeigen alle Arbeitsschritte von der ersten Skizze bis zum fertigen Relief, sodass sich hier die Technik der Künstler gut nachvollziehen lässt. Links Szenen aus dem Berufsle-ben des Polizeichefs: Oben ein befestigtes Lagerhaus mit Waffen und Vorräten, Be-dienstete bringen Waren; darunter grüßt Mahu, hinter sich drei gefangene Auslän-der, den Wesir und eine Gruppe von Off izieren und Beamten. Dann der Grabherr im Wagen, darüber wärmt er sich an einem Becken mit glühender Kohle. In der Ecke Mahu (mit Hund) im Gespräch mit einem Schreiber, darunter vielleicht Mahus Haus. An der linken Rückwand eine Prozession der nubischen Polizeitruppe.

„Ketzerkönig“ Echnaton Echnaton, ursprünglich als Amenophis IV. auf den Thron gekommen, wollte sich dem politischen Einfluss der Amun-Priester Thebens entziehen. Fortan sei nicht mehr dem Amun und seiner korrupten Priesterschaft zu opfern, sondern seien die Opfer dem neuen Gott Aton darzubringen, dazu dem obersten Priester, dem Pharao, und den von ihm bestimmten Aton-Pries-tern. Der König verbot seinen Untertanen sogar das Gebet zu den Göttern. Jedermann hatte sich zunächst an den Pharao als Mittler zu wenden, denn nur dessen Gebete hört Aton an. Man wird Echnaton („dem Aton wohlgefällig“) nicht absprechen, dass er tat-sächlich davon überzeugt war, was er dem Volk predigen ließ. Vieles deutet darauf hin, dass seine Beschäftigung mit theologisch-metaphysischen Pro-blemen ihm gegen Ende seines Lebens keine Zeit mehr zur Politik ließ. Fremde Völker überschritten die Grenzen, ohne dass der Pharao zu reagie-ren fähig gewesen wäre. Echnatons Gedanken konnten auf eine alte Tradition der ägyptischen Pries-terschaft aufbauen, in der es schon immer Schulen gab, die das Schwerge-wicht auf einen Gott legten. Diesem Ur- oder Schöpfergott wurde meist in Gestalt des Sonnengottes Re gehuldigt. Echnaton ist also keineswegs geisti-gen Urheber der monotheistischen Weltreligionen. Er hat nur als Erster den Glauben an einen Gott zur Staatsreligion erhoben.

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Westliche

Wüste

KarteS.405

Westliche Wüste 403

Westliche Wüste Jeeptouren ins Nirgendwo, Dünensurfen mit dem Sandboard, Meditatio-nen am Lagerfeuer und Felsen wie Packeis – die Wüste lockt und verheißt Abenteuer. Seit den 1980er-Jahren sind Ägyptens Oasen für Touristen zugänglich, längst bieten auch die großen Reiseveranstalter Wüstentouren an. Doch im Vergleich zu den Ba-dedestinationen am Roten Meer und den archäologischen Stätten am Nil steht die-ser Teil des Landes noch immer im Abseits. Dabei (oder gar deshalb?) ist der Be-such der Oasen, nicht zu reden von Wüstensafaris abseits der Teerstraßen, noch immer ein Abenteuer. Besonders die Naturerlebnisse werden in eindrücklicher Er-innerung bleiben. Das Terrain verweigert sich dem gängigen Wüsten-Klischee. Allenfalls ein Zehntel der Sahara ist mit Sand bedeckt. Den Rest teilen sich Felsen und Gebirge, Geröll-felder und schier endlose gleichförmige Plateaus. Die wenigen Oasen, jedenfalls die ägyptischen, sind nicht jene kreisrunden Bilderbuch-Gebilde , die um eine Quelle aus dem Sand wachsen. Dachla zum Beispiel ist ein 140 km langes unregel-mäßiges Gemenge von Wüste mit Grünflächen und Dörfern, die sich aus vielen Brunnen nähren. Bahariya ist ein Becken von der Größe Schleswig-Holsteins, in dem hier und da Wasser an die Oberfläche dringt. Die hier angelegten Gärten sind oft Tagesmärsche voneinander entfernt. Die fünf großen Oasen westlich des Nils sind schon seit Urzeiten bewohnt, doch die Quellen und Funde der Pharaonenzeit bleiben dürftig. Die Oasen erscheinen als Vorposten, die das Land gegen die „barbarischen“ Wüstenstämme verteidigen. Hier

Westliche Wüste Karte S. 405

Bizarre Felsformationen in der Weißen Wüste

Westliche Wüste

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404 Westliche Wüste

rüsteten sich Expeditionen aus, um Farbstoffe und erlesene Bausteine aus der Wüste zu bergen, mit denen die Pharaonen ihre Gräber und Tempel schmückten. Zugleich begegnen uns die Oasen auch als Hochburgen der Schmuggler, Verbann-ten und anderer zwielichtiger Gestalten. Siwa gelangte dank seinem Orakel und ei-nem Besuch Alexanders des Großen zu Ruhm. Ihre produktivste Zeit hatten die Wüstensiedlungen unter den Römern. In Bahariya zeugen die Gräber vom Wohlstand dieser Zeit. Danach blieben die Oasen wieder sich selbst überlassen und rückten erst um die Mitte des 20. Jh. neuerlich ins Inte-resse des Nillandes: Im Rahmen des New Valley Project wurden seither in großem Maßstab Tiefbrunnen angelegt und neue Ackerflächen in der Wüste erschlossen.

Reisehinweise Routen Wenige Jahre alt und kaum benutzt, ist die Teerstraße von Siwa nach Bahariya schon wieder zerfallen und wird komplett neu an-gelegt. 2008 wollen die Straßenbauer am Ziel sein. So lange wird die Mehrheit der Reisenden Siwa auf einem Abstecher über Alexandria und Marsa Matrouh besuchen. Nach Bahariya, Farafra, Dachla und Charga, den vier Oasen des Neuen Tals, bietet sich eine Rundfahrt ab Kairo an, die nach 1200 km in Luxor wieder das Niltal erreicht. Ab in die Wüste In die Hauptorte der Oasen kommt man problemlos mit Linienbussen. Wer sich in-nerhalb der Oasen bewegen oder Ausflüge in die Wüste machen will, kommt um einen ortskundigen Führer samt Geländewagen nicht herum. In allen Oasen werden ent-sprechende Tagesausflüge oder Trips mit ein bis zwei Übernachtungen angeboten, leider sind Touren per Kamel nur noch die Ausnahme.

Bahariya und Farafra sind Ausgangspunkte für den Besuch des Naturparks Weiße Wüs-te. Der Große Sandsee beginnt gleich am Rande von Siwa, doch auch zwischen Dach-la und Charga gibt es mächtige Dünenfel-der. Mehr dazu bei den einzelnen Oasen. Für einen Ausflug mit einer Wüstenüber-nachtung rechne man etwa 150 € pro Auto. Auch große Veranstalter wie TUI oder der Ägyptenspezialist Oft-Reisen (www.oft-rei-sen.de) bieten inzwischen Wüste pauschal. Längere Fahrten, etwa auf den Spuren des „Englischen Patienten“ zum Gilf Kebir oder zum Gebel Uweinat, bedürfen einer Erlaub-nis der Militärbehörden und müssen des-halb einige Wochen vorab gebucht werden. Manchmal begleiten gar Armeeangehörige die Gruppen: ausnahmsweise einmal nicht zum Schutz vor Terroristen, sondern als Führer durch Gebiete, in denen im Welt-krieg oder auch danach noch Minen ausge-legt wurden. Zuletzt flog 1999 ein Gelände-wagen samt Urlaubern in die Luft.

Expeditionen/Unterkunft Veranstalter Fliegel Jezerniczky Expeditions, ¢ 0036-1-2744290, www.fjexpeditions.com. Andras Zboray, im Hauptberuf Manager einer Com-puterfirma, organisiert seit 1987 Expeditio-nen in die Sahara. Er gilt als Spezialist für prähistorische Felszeichnungen. Dabuka, ¢ 0049-6085-9879896, www.dabuka.de. Tareq el-Mahdi, deutsch-ägyptischer Zahnarzt, hat beste Referenzen als Organi-sator von Wüstenfahrten. Im Programm sind auch Offroad-Fahrkurse, Touren für Selbstfahrer sowie die Länder Libyen und Sudan.

Djoser Reisen, ¢ 0049-221-920158, www.djo-ser.de. Von Sept. bis Mai einmal im Monat 16-tägige Rundreisen im Expeditions-Lkw durch die fünf großen Oasen. Nomad Reisen, ¢ 0049-221-27220910, www.nomad-reisen.de. Der Kölner Kleinveranstal-ter zählt mit dem Abenteurer Carlos Berg-mann den wohl besten Kenner der Liby-schen Wüste zu seinen Reiseleitern. Gut durchdachte und anspruchsvolle Programme. Desert Team, ¢ 0041-31-3184878, www.desert-team.ch. Schweizer Wüstenspezia-list, umfangreiches Programm mit Anreise, festen Terminen und transparenten Preisen.

Westliche Wüste

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Expeditionen/Unterkunft 405

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El-Badawiya Safari, ¢ 0020-2-5758076, www.badawiya.com. Sa’ad Ali und seine Brüder sind als Beduinen in Farafra aufgewachsen und eröffneten dort das erste Hotel, mit dem sie das Ausflugsgeschäft sozusagen von der Pike auf lernten. Angeboten wer-den Jeep- und Kameltouren, als Krönung etwa eine 13-tägige Kamelsafari nach Siwa. Khalifa Expeditionen, ¢ 0020-2-8473260, www.khalifaexp.com. Khaled und Rose-

Maria bieten von Bahariya aus bis zu zwei Wochen lange Wüstentrips im Wagen oder auf dem Kamel, als Besonderheit ha-ben sie auch Meditationsreisen im Pro-gramm. Zarzora, www.zarzora.com. Für die Qualität der angebotenen Expeditionen bürgt Ah-med el-Mestekawi, der einst als hochrangi-ger Offizier für die Wüstenpatrouillen verant-wortlich war.

Expeditio-nen/Unter

kunft

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Sahara Pioneer, Raed Baddar, ¢ 0020-12-2424330, www.saharapioneer.com. Als frü-herer Rallyefahrer und Leiter von Motorrad-touren hat Raed viel Wüstenerfahrung und wird zu den „großen Drei“ im ägyptischen Expeditionsgeschäft gezählt. Hisham Nessim, ¢ 0020-10-1881368, www.eg-westerndesert.com. Rallyefahrer und Hotelier Hisham ist Spezialist für maßge-schneiderte Touren und Expeditionen. Klein-gruppen können sich hier ihr individuelles Programm ausarbeiten lassen.

Unterkunft Längst gibt es in den Oasen neben einfa-chen Herbergen für Rucksacktouristen auch Hotels der Mittel-, ja sogar Luxusklasse, die sich um Reisegruppen bemühen. Weithin bescheiden bleibt jedoch das Angebot der Restaurants. Geld wird vor allem mit Jeep-ausflügen gemacht – ein besonders in Ba-hariya zwischen Einheimischen, Zuwande-rern und Offiziellen heiß umkämpfter Markt, auf dem nicht nur mit lauteren Mitteln ge-arbeitet wird.

Touristische Benimm-Vorschläge, nicht nur für die Oasen •Als Mann keine Frauen fotograf ieren. •Als Frau in Brunnen nur im Badeanzug und, falls der Brunnen in einem

Dorf oder an einem frequentierten Weg liegt, nur nachts baden. Anderer-seits aber auch energisch darauf dringen, dass sich offensichtlich Schaulus-tige entfernen.

•Einladungen grundsätzlich zunächst ablehnen und sich höchstens nach hartnäckigem Verhandeln erweichen lassen, dann aber sinnvolle Gastge-schenke mitbringen. Neun von zehn Einladungen sind „Einladungen des Bootsmannes“, benannt nach dem Schiffer, der vom vorbeifahrenden Boot aus seine Freunde am Ufer zu sich einlädt – pure Höflichkeit also, aber nicht ernst gemeint.

•Nicht gerade einen Schleier tragen, aber Zugeständnisse an die örtlichen Gepflogenheiten machen. Das gilt auch für Männer. Shorts wirken in Ägypten etwa so absonderlich, als würde ein Ägypter in Europa im Pyjama herumlaufen– und so geschmacklos, als gingen Sie zu Hause in der Unter-hose einkaufen.

•Wasser ist kein Eigentum, sondern Geschenk Gottes: Jeder wird Ihnen Wasser geben, sofern er hat. Von Ihnen wird das Gleiche erwartet.

•Müll in der Wüste nicht nur vergraben – die Hunde haben ihn binnen Se-kunden wieder freigebuddelt –, sondern entweder vorher mit Benzin über-gießen und verbrennen oder (noch besser) wieder mit in die Zivilisation nehmen.

Siwa Siwa lockt mit den Spuren Alexanders des Großen, einem grünen Meer aus Dattelpalmen, mit spiegelnden, flirrenden Salzseen und mit der Sandwüste, die bis an den Rand der Oase kriecht. Wie die meisten Oasen hat Siwa nicht zu wenig Wasser, sondern zu viel. Ein Groß-teil dessen, was aus den warmen Brunnen sprudelt, fließt durch die Felder und Gär-ten in die tiefer gelegenen Flächen der abflusslosen Siwa-Senke und verdunstet dort. Übrig bleiben die im Wasser gelösten Mineralien, vor allem das Salz. Ein be-trächtlicher Teil Siwas ist deshalb mit Salztümpeln bedeckt und für die Landwirt-schaft verloren.

Siwa

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Westliche

Wüste

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Siwa 407

Orientierung Am Rande des modernen Städtchens Siwa, Hauptort der Oase, bröckelt auf einem Hügel die verlassene, aus Lehm gebaute Altstadt Schali. Aus dem Palmenwald ra-gen weitere Hügel heraus, im Norden liegt der Gebel el-Mauta, Siwas vorislami-scher Friedhof. Die Gräber dieser in den Fels geschlagenen Nekropole stammen aus der pharaonischen Spätzeit, der ptolemäischen und der römischen Epoche. Man er-kennt die Felslöcher mit bloßem Auge. Auch Siwas höchster Hügel, der 5 km im Südwesten gelegene Gebel ed-Dakrur, hat seine Felsengräber. Etwas links, gen Westen, der Burgfelsen von Aghurmi, Siwas geschichtsträchtigster Ort mit den Ruinen des Amun-Orakels. Die Siwa-Senke misst etwa 80 mal 30 km. Hinter dem Horizont bef inden sich noch weitere kleine Grünzonen: im Westen die unter dem Gemeindenamen Maraqi zu-sammengefassten Weiler Chamisah und Bahiyaldin, im Osten die Gebiete um Abu Schuruf und Zeytun, das wegen der Versalzung von seinen Bewohnern aufgegeben wurde. Am Rand der Senke gibt es kleine Zonen natürlicher Vegetation, die den Bauern zu weit abseits liegen und nicht genutzt werden. Etwa 130 km nordwestlich von Schali, also außerhalb der Siwa-Senke, liegt Qarah, Ägyptens kleinste Oase mit etwa 100 Bewohnern, die von Siwa versorgt und verwaltet wird.

Die verlorene Armee Womit die Siwaner oder Ammoniter, wie sie damals hießen, den Zorn des Kambyses erregten, ist nicht überliefert. Vielleicht hatte das Orakel (siehe Geschichte) ihm üble Sprüche geliefert. Jedenfalls schickte der Perserkönig, nachdem er Ägypten erobert hatte, 50.000 Soldaten gen Siwa, um das Orakel zu zerstören und die Bewohner zu versklaven. Ob nun von Theben (so Hero-dot) oder aus Nubien (so Strabo), bis Charga ist das Heer den Berichten nach gelangt. Dann ging es mit Mann und Maus in der Wüste verloren. Niemand kam je in Siwa an, niemand fand je den Weg zurück. „Während sie auf der Mitte zwischen Oasis [d. i. Dachla] und Ammon gerade das Frühstück ein-nahmen, erhob sich ein gewaltiger Sturm, der das ganze Heer unter den auf-gewühlten Sandmassen begrub“, weiß Herodot vom Hörensagen. Hatte sich das Orakel mit göttlicher Hilfe seiner Feinde entledigt? Jedenfalls brachte die Geschichte ihm Ruhm und Respekt. Und beflügelt seit je die Phantasie von Schatzsuchern und Abenteurern. Bis heute fehlt jede Spur von der verlore-nen Armee des Kambyses, der bald darauf dem Wahnsinn verf iel.

Geschichte Herodot bezeichnet Siwa als die „Oase des Amun“, als Gewährsleute für seine Aus-führungen gibt er die griechischen Händler der Kyrenaika an. Und die sollten es ge-wusst haben, denn ihnen war Siwa ab dem 6. Jh. v. Chr. Zwischenstation auf dem Handelsweg nach Nubien. So konnten sie das Niltal und die Ägypter umgehen. Spätestens ab dem 6. Jh. v. Chr. war das Amun-Orakel Sehenswürdigkeit und Reise-ziel für Prominente. Als berühmtester Besucher kam Alexander der Große. Von Marsa Matrouh her quälte sich sein Trupp auf Pferden, Eseln und zu Fuß durch die

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Wüste (Kamele kamen in Nordafrika erst ab dem 2. Jh. v. Chr. als Karawa-nentiere in Gebrauch). Das Orakel be-lohnte die Mühe und nannte den Make-donen einen Sohn des göttlichen Amun, womit die Priester ihn als Pharao und rechtmäßigen Herrscher über Ägypten legitimierten. Diese Episode erzählt, eingebettet in eine Beschreibung Siwas, der griechische Geograf Pausanias. 500 Jahre nach Alexander dem Großen folg-te er dessen Spuren bis nach Siwa. Das Orakel fand er beklagenswert verfallen und verarmt. Von Siwa blieb, mit Mythos und Le-gende Alexanders verknüpft, in Europa nur die grobe Kenntnis, dass da irgend-wo in der Wüste etwas sei – bis kolo-niale Afrikareisende nach Siwa vor-drangen und es mit der Amun-Oase identif izierten. Als Erster kam 1792 der Engländer William G. Browne, wurde von den Siwanern bestaunt und freund-lich aufgenommen. Schlechter erging es Herrn Friedrich Hornemann. Er gab sich als Moslem aus, was die Siwaner ihm nicht recht abkauften – sie hielten ihn für einen Spion. Hornemann rettete

sein Leben, indem er in Todesgefahr kaltblütig genug war, den Koran zu rezitieren. Die derart verunsicherten Siwaner ließen ihn laufen. 1819 kam Frederic Cailliaud. Er war tatsächlich ein Spion, und sein Besuch hatte für die Siwaner schlimme Folgen. Des Franzosen Beschreibung der ägyptischen und nubischen Oasen ist eine bibliophile Kostbarkeit. Die Folianten zeigen neben präzi-sen Beschreibungen der Sitten und Lebensverhältnisse auch Stiche nach Skizzen des Malers Letorzec, der Cailliaud begleitet hatte. Die Expedition war im Auftrag Bernardino Drovettis unterwegs, seinerzeit französischer Generalkonsul in Alexan-dria und ein berüchtigter Antiquitätenräuber, der alle Altertümer, derer er habhaft werden konnte, nach Europa verschiffte. Cailliauds Bericht dürfte über Drovetti in die Hände des Vizekönigs Mohammed Ali gekommen sein. Der schickte im nächs-ten Jahr sein Heer, um den bis dato autonomen Siwanern zu zeigen, dass sie Teil Ägyptens seien und Steuern zu zahlen hätten.

Kultur Die meisten Oasenbewohner wissen über Vergangenheit und Traditionen recht gut Bescheid, denn die Legenden und Geschichten werden von Generation zu Genera-tion mündlich weitergereicht. Ein Mysterium umrankt dagegen ein handgeschrie-

Taxi in Siwa

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benes Buch mit dem Titel Geschichte der Oase Siwa. Es ist im Besitz der Familie Abu Musallim, und nur wenige haben es bisher zu Gesicht bekommen. Sein Groß-vater, erzählt Scheich Abd el-Wahab, habe an der el-Azhar studiert und sei später Mufti von Siwa gewesen. Er habe zwischen 1910 und 1936 auf 112 Blättern die mündliche Überlieferung der Oase festgehalten und mit den alten Texten der arabi-schen Geografen verglichen. Die Siwaner sind ethnisch keine Ägypter, sondern Berber. Weil sie sich längst mit Beduinen und schwarzen Sklaven, die früher in den Gärten arbeiten mussten, ver-mischt haben, sind physiognomische Ähnlichkeiten mit algerischen und marokka-nischen Berbern zwar kaum auszumachen, ihre Berber-Kultur haben sich die Men-schen in Siwa aber bis heute erhalten. Ihre Muttersprache ist ein Berber-Dialekt, der mit Arabisch so wenig zu tun hat wie Deutsch mit Türkisch. Dank Fernsehen, Schulunterricht und wachsender Verflechtung mit dem Rest des Landes gewinnt die arabische Sprache in Siwa aber immer mehr an Boden. Die Siwa-Kultur ist nach unseren, den europäischen Maßstäben extrem frauen-feindlich. Um die Wende zum 20. Jh. kam eine Gruppe von Notabeln auf dem Rückweg von der Pilgerfahrt nach Istanbul und brachte von dort Frauen nach Siwa mit. Die sicherlich ohnehin keinen freizügigen Umgang gewohnten Türkinnen hiel-ten es mit ihren Siwaner Männern nicht lange aus. Es gelang ihnen, eine Nachricht zum türkischen Konsul in Kairo zu schmuggeln. Der ließ die Sache untersuchen und zwang den Mufti, die Frauen wieder zu scheiden. Grund: seelische und körper-liche Misshandlung. Siwanerinnen werden heute nicht mehr ganz so jung verheira-tet wie früher. Mit Stickereien für ein italienisches Modehaus tragen einige hundert Frauen zum Familieneinkommen bei und können damit auch bei der Wahl des Ehe-manns höhere Ansprüche stellen. Noch immer bleiben die verheirateten Frauen ins Haus verbannt. Besorgungen und Arbeit außerhalb des Hauses sind ausschließlich

Der Wüstenfuchs Wie wenig sich die Siwaner als Ägypter begriffen, zeigte zuletzt die Besat-zungszeit im Zweiten Weltkrieg. Am 20. Juli landeten auf dem Flugfeld der Oase zwei italienische Maschinen. Ihnen schickte der Bürgermeister das ein-zige Auto Siwas zum Empfang; feierlich hisste man vor allen Notabeln die italienische Flagge. Anderntags, durch die Emissäre höflich angekündigt, kam von der libyschen Nachbaroase Jaghbub zu Lande der deutsche Tross. Auch Rommel machte den Scheichs seine Aufwartung. 3,5 kg Tee und 10.000 Lira soll der Wüstenfuchs mitgebracht haben – er steht auch im modernen Siwa noch in hohem Ansehen. Ganz anders König Faruk, der 1945 seine be-freiten Untertanen besuchte und sich ohne Geschenke und in kurzen Hosen mit den Scheichs traf. So wie der Einmarsch verlief auch der Abzug der faschistischen Streitkräfte friedlich und wohl geordnet. Nach der Niederlage bei el-Alamein verkaufte das italienische Heer seine Vorräte in der Oase, wechselte der Quartiermeis-ter den Einheimischen noch alle italienischen Lira in britische Pfund um, und nach drei Monaten und 18 Tagen Gastspiel zogen sich die Achsen-mächte kampflos gen Jaghbub zurück.

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Sache der Männer. Wenn die Frauen doch einmal nach draußen gehen, hüllen sie sich vom Kopf bis zu den Knöcheln in einen blaugrauen Überwurf. Nur ein schma-ler Sehschlitz bleibt frei.

Anfahrt Busse nach Siwa fahren in Alexandria um 8.30, 11, und 14 Uhr ab, halten nach etwa 5 Std. in Marsa Matrouh und erreichen nach weiteren 4 Std. Siwa. Ein zusätzlicher Bus startet um 7.30 Uhr in Marsa Matrouh. Von Kairo (Terminal Turgoman) nimmt man um 7.30 Uhr den West-Delta-Bus nach Marsa Matrouh und hat dort Anschluss nach Siwa. Zurück geht es um 7, 10 und 22 Uhr über Marsa Matrouh nach Alexandria. Re-servierung empfohlen, Tickets gibt’s am spä-ten Vormittag und am Vorabend. Ein weite-rer Bus fährt um 13 Uhr nach Marsa Matrouh. Servicetaxis nach Marsa Matrouh starten am frühen Morgen und nach Sonnenunter-

gang. Abfahrt um die Ecke vom Restaurant Abdu auf der Westseite des Dorfplatzes. Die Straße nach Bahariya (410 km) ist zu ei-ner schlechten Piste verkommen und sollte nur noch von Allradfahrzeugen befahren werden. Das notwendige Permit kann in-nerhalb eines Tages über die Touristinfor-mation in Siwa besorgt werden. Die Fahrer verlangen für die Tour 1300 LE pro Auto, mit Wüstenübernachtung 1500 LE. Innerhalb der Oase bewegt man sich auf einachsigen Eselskarren (caretta, 20 LE/Tag) oder Fahrrädern (10 LE/Tag). Pick-ups verbinden als Sammeltaxis Siwa-Stadt mit den Dörfern der Umgebung.

Verschiedenes Festival Siyaha Festival, im Oktober am Gebel ed-Dakrur. Männer und Kinder treffen sich zum gemeinsamen Mahl, legen alte Fehden bei, beten und feiern zikr, den rituellen Sufitanz. Geld Bei der Bank Misr gegenüber der Touristin-formation gibt es einen Geldautomaten. Information Am Anfang der Straße nach Marsa Matrouh, ¢ 4601338, mahdi_hweiti@yahoo. com, Sa–Do 8–14 Uhr. Mahdi Hweiti, in der Oase auf-gewachsen, nimmt seinen Job ernst. Mit kostenlosen Videoshows bringt er den Be-suchern die Oase näher und vermittelt auch Fahrer für Wüstentrips bzw. hilft beim Zu-sammenstellen von Fahrgemeinschaften für die Ausflüge. Literatur Ahmed Fakhry: Siwa (= The Oasis of Egypt, vol. 1). Ein bereits 1973 geschriebener Klas-siker zu Geschichte und Archäologie der Oase, leider nie auf Deutsch erschienen. Frank Bliss: Siwa, die Oase des Sonnen-gottes. Bonn 1998, nur noch in Bibliotheken

oder Antiquariaten zu finden. Fathi Malim: Siwa from the Inside. Die „teil-nehmende Beobachtung“ eines in Siwa aufgewachsenen Ethnologen, von den örtli-chen Scheichs heftig kritisiert und nun in ei-ner bereinigten Fassung im Verkauf. Notfalladressen Polizei, im Postgebäude, ¢ 4601008. Das Krankenhaus, das bei den Einheimischen keinen guten Ruf hat, liegt 2 km südlich des Zentrums, ¢ 4600419. Post/Telefonamt/Internet Post und Telefonamt befinden sich an der gleichen Kreuzung wie die Touristinforma-tion, das Internetcafé einen Block weiter schräg gegenüber dem Rathaus. Wüstensport Die Safari Adventure Company neben der Bank verleiht Boards und Drachen zum Sandsurfen und -kiten bzw. veranstaltet ein-schlägige Tagesausflüge in die Wüste.

Telefonvorwahl: 046

Übernachten (Karte S. 413) Ein Überangebot an Hotelbetten im Budgetbereich hält dort die Preise niedrig. Das Frühstück ist darin aber gewöhnlich nicht inbegriffen. Zusätzlich wurden in den letzten Jahren auch einige ansprechende Mittelklassehäuser gebaut.

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Wüste

KarteS.405

Siwa 411

In Siwa-Stadt Siwa Safari Paradise (5), Aghurmi Rd., ¢ 4601290, § 4601592, www.siwaparadise.com, DZ mit HP 50–55 $. Wer auf Komfort nicht verzichten will, bettet sich hier richtig. Das gern von Reisegruppen gebuchte Haus liegt zentral und hat einen hübschen Gar-ten, der Pool wird von einem Brunnen ge-speist. Bungalowzimmer mit Veranda und Ventilator, die Zimmer im Haupthaus mit AC. Shali Lodge (9), Sh. Sebucha, ¢ 4601299, § 4601799, [email protected], DZ 260 LE, Frühstück extra. Die Lodge am Stadtrand mit Platz für 30 Gäste ist ein Beispiel dafür, wie Ökotourismus aussehen kann. Das Haus wurde aus Salzlehm gebaut. Die mini-malistisch dekorierten Zimmer sind mit mundgeblasenen Lampen, weißen Baum-wollkissen, niedrigen Holztischchen und Beduinenteppichen ausgestattet. Im Res-taurant gibt es neben Cola auch Minzetee und Datteln. Siwa Inn (19), 30 Gehminuten außerhalb (am Südostrand) der Stadt, ¢ 4600405, DZ 190 LE. Kleines Haus mit zehn einfach ein-gerichteten Zimmern. Organischer Gemü-segarten, Pool. Reem el-Waha (3), Sh. Aghurmi, 40 Gehmi-nuten außerhalb an der Straße zum Orakel-tempel, ¢ 4600071, § 4933608, DZ 150 LE. Einer Karawanserei ähnlicher Neubau. Kli-matisierte Zimmer mit TV, Kühlschrank und Balkon. Der Innenhof ist bis auf das Schwimmbecken noch etwas kahl, außen grenzt das Hotel direkt an die Gärten. Cleopatra (17), Sh. Sadat, ¢ 4600421, www.cleopatra-siwa.net, DZ 40–60 LE. Das Hotel liegt etwa 200 m südl. des Marktplatzes. Einfache und ältere Zimmer im Haupthaus, doch die sog. „Chalets“ im Anbau verfügen über eigenes Bad, Ventilator und Balkon. Das Hotel ist sauber und gut geführt; von Nachteil sind die vielen Moskitos. Arous el-Waha (2), Matrouh Rd., ¢ 4600028, § 4600006, DZ 75 LE. Das staatliche Hotel liegt gleich gegenüber dem Touristoffice. Weil es heute genügend private Herbergen gibt, hat das Haus an Bedeutung verloren, und besonders schön ist es auch nicht an-zuschauen. Die Zimmer sind jedoch sau-ber, und das Personal ist freundlich. El-Keylany (8), Marktplatz, ¢ 4601052, DZ 50 LE. Bei unserem Besuch war dies das neueste und beste unter den Budgethotels. Saubere Zimmer mit Bad und Ventilator, lei-der hat das Haus keinen Garten.

Palm Trees (13), Marktplatz, ¢ 4601703, DZ (teilw. mit Bad) 25–35 LE. Zimmer mit Venti-lator und kleinem Balkon, auch drei geräu-mige Bungalows für Großfamilien oder Klein-gruppen. Garten mit gemütlichen Palmholz-möbeln, Dachterrasse mit Ausblick. Kom-munikative Atmosphäre. Youssef (7), Marktplatz, ¢ 4600678, DZ (teilw. mit Bad) 25–30 LE. Eines der billigsten Ho-tels in der Stadt. Die Betten und Bäder sind leidlich sauber, heißes Wasser, kein Garten. Desert Rose, Bir Wahed Rd., ¢ 012-4408164, DZ 75 LE. Das Haus mit acht Gästezimmern und zwei Etagenbädern liegt in einem Oli-ven- und Palmengarten am Rand der Wüs-te und 45 Gehminuten außerhalb des Zent-rums. Damit ist es vor allem für kleine Gruppen geeignet, die sich abends selbst zu unterhalten wissen. Oder man mietet sich ein Fahrrad. Wer im Hotel essen will, kann bei Manager Ali am Morgen sein Wunschgericht bestellen. Es gibt einen Pool, gemütliche Sitzecken, einen Kinder-spielplatz und den kinderfreundlichen Esel Dongul. Bislang fehlt Elektrizität: Kerzen und Öllampen sorgen für romantische Stimmung. Am Birket Siwa

Ecolodge Adrere Amellal (1), Gebel Ghafir, ¢ 02/7367879 (Kairo), DZ all in-clusive 400 $. Adrere Amellal heißt in der Berbersprache Siwas „Weißer Berg“ und meint die Steilklippe, an deren Fuß das ungewöhnlichste Lu-xushotel ganz Ägyptens errichtet wur-de. Es hat kein Telefon, keinen Strom, verzichtet auf jede Werbung, ist sau-teuer – und gewöhnlich gut ausge-bucht. Man wohnt in Lehmhäusern, die 17 Zimmer sind mit Palmholzmö-beln und Teppichen aus Siwa einge-richtet. Livrierte Butler servieren das Frühstück auf feinem Chinaporzellan und mit englischem Silber in einer Felshöhle. An kühlen Tagen wird mit Kohlebecken geheizt, abends sitzt man bei Öllampen und Kerzenlicht. Eigen-tümer Mounir Neamatalla aus Kairo, der in seinem Berufsleben soziale und wirtschaftliche Entwicklungsprojekte plante und begleitete, hat sich hier seinen Traum von ökologischem Tou-rismus verwirklicht.

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Taghaghien Touristic Island (1), ¢ 4600455, www.taghaghien-island.com, DZ 70 €. Das vor allem von Reisegruppen belegte Hotel steht 13 km westlich der Stadt auf einer Insel. Ein Damm führt hinüber. Die etwa 30 Bungalows sind aus Naturstein, Ziegeln, Lehm und Salz gebaut, die Möbel aus Olivenholz und Palmen, die Aschenbecher aus Salz – ein weiteres Ökohotel, das auf natürliche Materialien setzt. Schwachstelle war 2005 noch die Warmwasserbereitung mit Elektroboilern, zumal der Generator nur am Abend Strom liefert, und das von der Versalzung verursachte Palmensterben. Ein Rundbecken mit Quelle lädt zum Baden, der Salzsee zum Segeln. Zum Hotel gehö-ren noch 6 weitere unbewohnte Eilande im See. Liebespaare und andere Einsamkeits-sucher können sich dort mit Zelt und Vorrä-ten aussetzen lassen. Taziry (1), Ghari, ¢ 010-6445881, www.taziry.com, DZ 200 LE. Das im traditionellen Stil gebaute Hotel Taziry, übersetzt „Mond“, liegt etwa 15 km außerhalb von Siwa-Stadt einsam am Westufer des Siwa-Sees. Es wird von zwei Stadtflüchtlingen aus Alexan-

dria geführt. Einfachheit und Naturnähe sind angesagt, es gibt nur vier Gästezim-mer, einen warmen Brunnen zum Baden, doch keinen Strom.

Am Gebel ed-Dakrur

Fata Morgana (16), 4 km außerhalb der Stadt, ¢ 4600237, DZ 225 LE, Woche 140–180 €. www.fatamorgana21.ch. 12 Zimmer (teilw. mit eigenem Bad) im traditionellen Stil mit Kamin und Balkon oder Veranda. Aufenthaltsraum mit Springbrunnen, Gar-ten, kleinem Pool, Ausblick auf den Berg und die Sandwüste, unter ägyptisch-schwei-zerischer Leitung. Siwa Shali Resort (18), 5 km außerhalb der Stadt, ¢ 4600237, www.siwashaliresort.com. DZ ab 110 €. Ein 2005 eröffnetes Feriendorf mit angepasster Architektur, das gerne von italienischen Reiseveran-staltern gebucht wird. Markenzeichen ist der 200 m lange Pool, der sich als Wasser-straße durch die Anlage schlängelt. Zu den Annehmlichkeiten zählen Bibliothek, Dampfbad und Piano. Nachteilig ist die Lage weitab von der Stadt.

Essen & Trinken Die Einheimischen bleiben zum Essen unter sich in den Häusern. So bedienen die Restaurants weitgehend Touristen mit einer nicht immer gelungenen Melange aus einheimischen Kochgewohnheiten und internationalen Gerichten. Kenouz Siwa (9), Sh. Sebucha. Das Restau-rant der Shali Lodge ist mit Holz und ande-ren Naturprodukten eingerichtet. Die Küche ist mit Abstand die beste in Siwa-Stadt, die Preise sind dennoch günstig geblieben. Nour el-Waha (12), Sh. Sebucha, gleich ge-genüber der Shali Lodge. Ägyptische und internationale Gerichte in einer schattigen Laube. Auch nur zum Tee ist der Gast will-kommen; Schachspiel, Dominosteine und Backgammon liegen bereit. Abdu (11), am Marktplatz. Das älteste und lange Zeit einzige Restaurant der Stadt ist bis heute der Treffpunkt der Rucksacktou-risten. Es gibt Standards wie Hähnchen, Lammfleisch- oder Gemüseeintopf. Bei meinem ersten Besuch forderte ein großes Schild vor dem Eingang die Besucher von Siwa zu geziemender Kleidung und Re-spekt vor den lokalen Sitten auf. East-West (10), an der großen Moschee. Das nach den beiden rivalisierenden Frak-tionen Siwas benannte Lokal entstand aus einer einfachen Garküche, die noch immer Foul, Ta’amiya, Auberginen (betingan) und

manchmal auch Pommes (batates) zum Mitnehmen anbietet. Das Lokal öffnet früh am Morgen und ist die erste Frühstücksad-resse. Den Speiseraum schmücken Wand-bilder des Siwaner Allroundmalers Youssef. Dunes (15), Marktplatz, gegenüber dem Hotel Palm Trees. Das stimmungsvolle Gar-tenlokal bietet einfache und preiswerte Ge-richte nach touristischem Geschmack. Zum Einschlafen lahmer Service. New Star (4), Sh. Aghurmi, nahe dem Ho-tel Paradise. Slowfood, alles wird frisch zubereitet. Auf den Vorspeisen-Salat oder eine Suppe folgen zum Beispiel Tauben, Schnitzel, Schischkebab oder gefülltes Hähnchen. Alexander (6), Sh. Keylany, beim Youssef-Hotel. Das ruhiges Café am Rande des Ba-sars hat auch einfache Gerichte wie Suppe oder Couscous im Angebot. Zeytouna Café (14), Marktplatz. Siwas erstes Kaffeehaus stuhlt und tischt mit in der Oase handgeschnitzten Palmholzmö-beln. Alle Aufmerksamkeit gilt dem TV-Bildschirm.

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Siwa 413

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Einkaufen Beliebte Souvenirs sind Datteln und Oliven, bei denen man sich durch die verschiede-nen Sorten hindurchprobieren kann. Auch Olivenöl und -seife sind typische Mitbring-sel aus Siwa. Ebenso die traditionellen Ge-wänder der Frauen, die in der Oase selbst genäht werden. Mancher mag an den Töp-fer- und Korbwaren Gefallen finden. Die Oase war einst berühmt für ihre Silber-waren, die weltweit in Museen ausgestellt

sind. In der Oase selbst gibt es kaum noch alte Stücke und vor allem keine Silber-schmiede mehr. Was heute an oft schlech-ten Kopien der alten Muster und Formen erhältlich ist, stammt aus der Serienferti-gung einer Werkstatt in Alexandria. Siwa Original Handicrafts, am Marktplatz neben dem Restaurant Abdu. Eine kleine Ausstellung mit altem Siwa-Schmuck. Markt wird am Freitag abgehalten.

Sehenswertes

Siwa-Stadt ✰ Schali: Anno 1826, als wieder einmal ein heftiger Regen die aus Salzlehm gebau-ten Häuser quasi dahinschmelzen ließ, erlaubten die Scheichs den Bauern, Häuser auch außerhalb des engen Burghügels zu bauen. Es war im sechsten Jahr nach der