Mme X & Mrs. Y

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MITGLIEDERBEREICH

MITGLIEDERMAGAZIN JUNIA

MME X UND MRS. Y

JUNIA

Mme X & Mrs. Y

Grafiken: pixabay/kfd

"Madame X", die bewährte alte Dame, die auf den Spuren verstorbener großer Frauenwar, bekommt Zuwachs. Im neuen Junia-Magazin wird sie um eine lebende Person

erweitert. Ab sofort heißt es: Mme X & Mrs. Y. Beide können übrigens durchaus eineGemeinsamkeit haben.

Mme X & Mrs. Y aus Magazin 6/2021

Mme X & MsY: Was zu Zeiten von Mme X eine Sensation war, ist heute eineSelbstverständlichkeit. Dennoch steht auch Ms Y für etwas, das es so vorher noch nichtgab in der Welt des deutschen Fernsehens.

Mme X: Vorlesen war nicht ihr DingAm 12. Mai 1971 war das deutsche Fernsehpublikum aus dem Häuschen: Da wurdendoch glatt die Nachrichten von einer Frau vorgelesen! Das hatte es bis dahin nichtgegeben. Die Nation war in Aufruhr: Proteste kamen vor allem von Zuschauerinnen, dievon Mme X verlangten, sie solle sich um Mann und Kinder kümmern, statt alsNachrichtensprecherin zu arbeiten. Dabei war man im ZDF extra vorsichtig gewesen:Mme X las zuerst die Nachrichten der Spätausgabe, bevor sie zwölf Tage später für die„heute“-Nachrichten um 19 Uhr vor der Kamera stand. Doch während vor allemFrauenverbände und Aktivistinnen begeistert waren über die Frau zur besten Sendezeit,war Mme X von ihrem Job nicht sonderlich angetan: „Anderer Leute Texte vorzulesenohne eigene Interpretation war mein Ding nicht. […] Ich wollte weg. Dann aber sähe dasaus, als sei das ‚Experiment‘ Nachrichtenfrau gescheitert. Das wollte ich nicht riskieren“,sagte sie in der Rückschau. Und so blieb Mme X für 380 Folgen „heute“ beim ZDF – undeine Frau als Sprecherin wurde für das Publikum zur Selbstverständlichkeit. Mme X‘journalistische Karriere war von vielen Stationen geprägt, sie arbeitete bei Zeitungen undMagazinen ebenso wie beim Fernsehen. Der Zeit beim ZDF folgte die Arbeit für den WDR,dann für den Stern. Für dessen Redaktion ging sie mit ihren zwei Töchtern – ihr Mannstarb früh – vier Jahre nach Jerusalem, anschließend nach Washington. Bewegt undbewegend ist auch Mme X‘ Familiengeschichte: Ihr Vater, der sich vom Nazi-Begeistertenzum Mitwisser des Hitler-Attentats 1944 wandelte, wurde dafür hingerichtet und dieFamilie mit den fünf Kindern in Sippenhaft genommen. Die Familie geriet in Armut, MmeX musste zeitweise ins Kinderheim, bis die Mutter es ab 1949 schaffte, einediplomatische Laufbahn einzuschlagen Sie ging mit ihren Kindern nach Stockholm,Kopenhagen und London. In ihrem Bestseller „Meines Vaters Land“ erzählte Mme X dieGeschichte ihrer Familie. Übrigens: Über Jahrzehnte hielt sich das Gerücht, Mme X habeeine Affäre mit dem früheren Bundeskanzler Willy Brandt gehabt. Sie gewann mehrereProzesse gegen Medien, die dies berichteten. Mme X starb am 20. Juni 2019 im Alter von80 Jahren in Hamburg. debo

Ms Y: Engagement gegen Rassismus

Nach Mme X Debüt als Nachrichtensprecherin folgten ihr viele Frauen auf diesem Posten.Doch tatsächlich hat es bis ins Jahr 2021 gedauert, bis mit Ms Y im Juli die erste schwarzeFrau ihren Auftritt in den 19-Uhr-Hauptnachrichten hatte. „Mme X hat den Weg bereitetfür uns Frauen. Ich hoffe sehr, dass es auch selbstverständlich wird, dass esNachrichtenmoderatorinnen und -moderatoren aus Einwandererfamilien und schwarzeModeratorinnen und Moderatoren gibt. Es ist wichtig, dass sich in den Medien dieBevölkerung widerspiegelt. Dass die nächste schwarze Generation sieht, dass es auchschwarze Moderatoren und Moderatorinnen im Nachrichten- und Politikbereich gibt undnicht nur bei den Musiksendern“, sagte Ms Y, die im Jahr 1981 in Hamburg geborenwurde, zu ihrer neuen Aufgabe. Ihre Mutter stammt aus Deutschland, ihr Vater ausSimbabwe, allerdings wurde Ms Y kurz nach der Geburt adoptiert. Ihre Wurzeln vergaßsie nie: Nach dem Abitur arbeitete sie ehrenamtlich in Harare, der HauptstadtSimbabwes, anschließend studierte sie Politologie und Afrikanistik. Nach verschiedenenStationen in diversen Medienhäusern arbeitete sie ab dem Jahr 2014 als Moderatorin desMorgenmagazins beim ZDF. Ms Y engagiert sich auch im Kampf gegen Rassismus. Dazudrehte sie selbst im Jahr 2017 einen Film, der sich mit Rassismus gegenüber Schwarzenin Deutschland beschäftigt. debo

Auflösung aus Heft 05/2021: Gesucht war Lina Hähnle (*3. Februar 1851 in Sulz amNeckar; † 1. Februar 1941 in Giengen an der Brenz). Im Jahr 1899 übernahm Lina Hähnlemutig den Vorsitz des neuen Bundes für Vogelschutz – zu der Zeit noch äußerstungewöhnlich für eine Frau. Sie führte den Verein dann 38 Jahre lang und gewann durchihre charismatische und zupackende Art viele neue Mitglieder.

Die Gesuchte ist Luisa Neubauer (*21. April 1996 in Hamburg). Die Klimaschutzaktivistinist in Deutschland eine der Hauptorganisatorinnen des von Greta Thunberg inspiriertenSchulstreiks Fridays for Future. Sie tritt in Talkshows auf und diskutiert mit Politikerinnenund Politikern ebenso wie mit Wirtschaftsgrößen. Sie studiert Geographie in Göttingen.

Mme X & Mrs. Y aus Magazin 5/2021

Mme X & Mrs. Y sich für unseren blauen Planeten ein. Undbeide hatten und haben dabei das Charisma, andere von ihrerIdee zu überzeugen und eine große Bewegung zu begründen.

Mme X: Vogelmutter mit Charisma

Stirnrunzelnd verfolgt die Männerwelt, was sich da 1899 in Stuttgart tut: Eine Frau wirdVorsitzende des neuen Bundes für Vogelschutz (aus dem 1990 der NaturschutzbundDeutschland, NABU, wird). Dass Mme X den Verband ganze 38 Jahre führen wird, ahnt daniemand. „Ich konnte die rücksichtslose Ausbeutung der Natur nicht mehr mit ansehen“,sagt sie zu ihrer Wahl. Von ihrem Mann sind folgende Worte überliefert: „Du kannst estun und ich will es unterstützen, aber mache unserem Namen keine Unehre.“ Denn ihrName ist kein kleiner: Mme X wird am 3. Februar 1851 in Sulz am Neckar als Tochtereines Salineninspektors geboren, der seine Tochter auf langen Spaziergängen für Floraund Fauna begeistert. Mit 20 Jahren heiratet sie ihren Vetter – der denselben Nachnamenträgt – und der sich vom Färbergesellen zum erfolgreichen Geschäftsmannhinaufgearbeitet hat. Mme X wird wohlhabende Fabrikantengattin. Im Haus herrscht einliberaler Geist. Das Einrichten einer Krankenversicherung für ihre Arbeiter undArbeiterinnen und einer Krippe für deren Kinder zeigt die soziale Einstellung der Familie.Bei allem Reichtum – man residiert mit sechs Kindern in zwei Villen samt eigenemWeinberg – bleibt Mme X materiell bescheiden. Ihr besonderes Charisma ist es, auf dieMenschen zuzugehen: In Kürze hat sie die ersten 1000 Mitglieder des neuen Vereinszusammen. Vor allem Frauen sind von Anfang an auf allen Ebenen des Verbandespräsent. Bald zählt er, dank des starken Organisationstalentes von Mme X, 40.000Mitglieder, die sich für den Schutz der Vögel einsetzen. Im Dritten Reich agiert Mme Xnicht offen gegen das Regime, wird aber 1938 als Vorsitzende von einem treuenNationalsozialisten abgelöst. Sie stirbt am 1. Februar 1941, zwei Tage vor ihremneunzigsten Geburtstag. Ihr Sohn Hermann baut nach dem Krieg den „Deutschen Bundfür Vogelschutz“ neu auf. (debo)

Ms Y: Mit Social Media für den Klimaschutz

Sie ist mit dem Internet, mit den Sozialen Medienaufgewachsen und nutzt sie selbstverständlich für ihre Ziele:Wenn Mrs. Y online zum Klimastreik aufruft, dann folgen ihr – in

Nicht-Corona-Zeiten – Tausende junge Menschen. Nichtumsonst wird sie auch die „deutsche Greta“ genannt, bezogenauf die Schwedin Greta Thunberg, Initiatorin der Fridays ForFuture-Bewegung. Mrs. Y gehört zu den deutschen Gesichternder Bewegung, äußert sich in Talkshows, trifft hochrangigePolitikerinnen und Politiker sowie Wirtschaftsgrößen. Geborenwurde Mrs. Y am 21. April 1996 in Hamburg als jüngstes vonvier Geschwistern. Großen Einfluss auf ihre Entwicklung inSachen Umwelt- und Klimaschutz nahm ihre Großmutter: Dieseengagierte sich in der Anti-Atomkraft-Bewegung der 1980er-Jahre und sensibilisierte Ms Y für das Klimaproblem. AlsSchülerin ging Mrs. Y als Austauschschülerin nach Namibia, siearbeitete nach dem Abitur für ein Entwicklungshilfeprojekt inTansania und auf einem Biobauernhof in England. Mrs. Y kämpftheute vor allem gegen den Kohleabbau, tritt für einenKohleausstieg bis 2030 in Deutschland ein: „Wir müssenaufhören, Öl, Gas und Kohle zu fördern“, sagte sie in einemInterview. Außerdem setzt sich Mrs. Y, die „Geographie:Ressourcenanalyse und -management“ an der Uni Göttingenstudiert, mit großer Leidenschaft für die Bekämpfung extremerArmut in Afrika sowie die Stärkung der Rechte zukünftigerGenerationen ein. Ihre wichtigste Botschaft: „Dermenschengemachte Klimawandel ist real und wir erleben dieseTage die gravierenden Veränderungen, die er mit sich bringt.(…) ,Wir‘ sind auch die letzte Generation, die noch in der Lagesein wird, die schlimmsten Auswirkungen der Klimakriseabzuwenden.“ (debo)

Auflösung aus Heft 4/2021

Gesucht war Antonia Brico

(*26. Juni 1902 in Rotterdam; † 3. August 1989 in Denver, Colorado). Mit ihrem Debüt1930 bei den Berliner Philharmonikern gilt sie als die erste Dirigentin weltweit. Doch diegroßen Orchester buchen sie zwar als Gast am Pult – an einem großen Haus wird sie alsFrau aber nie festangestellt. So gründet sie zwischenzeitlich ihr eigenes, reinesFrauenorchester.

Gesucht war Joana Mallwitz

(* 1986 in Hildesheim). Schon als Kind musikalisch außerordentlich begabt, wurdeMallwitz für die Spielzeit 2014/2015 vom Theater Erfurt mit 27 Jahren als europaweitjüngste Generalmusikdirektorin berufen und trat 2018/2019 in derselben Funktion bei derStaatsphilharmonie Nürnberg als Dirigentin an.

Mme X & Mrs. Y aus Magazin 4/2021

Mme X und Ms Y

träumten beide von einem Beruf, der eine reine Männerdomänewar und ist. Doch während Mme X der Weg an die Spitze nochverwehrt blieb, ist Ms Y auf einem guten Weg nach ganz oben.

Mme X: Die erste am Pult

Ihr Start ins Leben war schwer: 1902 in Rotterdam geboren,wird Mme X von ihrer Mutter weggegeben. Mit ihrenPflegeeltern emigriert sie in die USA. Mit zehn Jahren erhält dasmusikalisch begabte Kind Klavierunterricht – dabei gibt eseigentlich nur einen Platz, wo Mme X aufspielen möchte: vordem Orchester – als Dirigentin. Doch eine Frau am Pult?Undenkbar! Und so wird sie – parallel zu ihrem Studium –Assistentin des Dirigenten Paul Steinhoff. Später geht sie nachNew York, arbeitet dort als Platzanweiserin bei den New YorkerPhilharmonikern. Der Legende nach verschwindet Mme X nachKonzertbeginn stets in die Herrentoilette – weil dort die Musikam besten mitzuhören ist. 1926 kommt Mme X nach Hamburgund wird Schülerin des Dirigenten Karl Muck, die einzige, die erje akzeptierte. Gleichzeitig studiert sie weiter, diesmal an derStaatlichen Musikakademie in Berlin. Und dann, im Jahr 1930,passiert es tatsächlich: Mme X debütiert als Dirigentin mit denBerliner Philharmonikern, gilt seitdem als weltweit ersteDirigentin. Es folgen Engagements als Gastdirigentin weltweit –auch in New York am Metropolitan Opera House im Jahr 1933.Doch trotz großen Erfolges gibt es kein festes Engagement:Einer der Sänger weigert sich, mit einer Frau am Pult zuarbeiten. Um überhaupt einmal dauerhaft einem Orchestervorstehen zu können, gründet Mme X schließlich ihr eigenes,das „New York Women’s Symphony“, ein reinesFrauenorchester. Doch der große Erfolg bleibt aus. „Ich habefünf Konzerte im Jahr. Aber ich bin stark genug, um fünf imMonat zu haben! Es ist, wie wenn man einem Verhungerndennur ein kleines Stück Brot gibt“, ist von Mme X überliefert.

Schließlich lässt sie sich 1942 in Denver nieder und arbeitetdort als Klavierlehrerin. Mme X stirbt 1989. (debo)

Mrs. Y: Generalmusikdirektorin mit 27 Jahren

Von den 20 besten Orchestern der Welt hatte keines je eineChefdirigentin. Unter den 50 besten Dirigenten aller Zeiten ist –keine Frau. Die Zeiten für Frauen mit Taktstock scheinen sichauch nach der Karriere von Mme X nicht verbessert zu haben –oder doch? Hoffnung macht Ms Y! 1986 geboren, wird sie mit27 Jahren Generalmusikdirektorin am Theater in Erfurt. Heuteist sie in gleicher Funktion am Staatstheater Nürnberg. Ihr Startam Dirigentenpult ist ein Sprung ins kalte Wasser: Mit 19 Jahrenist Ms Y als Pianistin frisch von der Hochschule ans Theater inHeidelberg gekommen. Plötzlich sind alle Dirigenten krank oderauf Reisen – die junge Musikerin übernimmt die Premiere vonPuccinis „Madame Butterfly“. „Ich erinnere mich noch, dass ichzwischendurch gedacht habe, es ist eigentlich genau so, alswürde ich das Stück am Klavier spielen. Nur halt nicht mit zehnFingern, sondern mit 50 Musikern und zwei Armen“, sagt siespäter. Ms Y gilt schon früh als musikalisch hochbegabt, siespielt mit drei Jahren Klavier, kurz darauf auch Geige. Mit 13Jahren weiß sie, dass sie Dirigentin werden möchte. Folgerichtigwird sie mit der Spielzeit 2014 jüngste GeneralmusikdirektorinEuropas am Theater Erfurt. Die Diskussionen um die Frauen amPult nervt Ms Y allerdings, wie sie in einem Interview zugibt:„Ich glaube, wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, wo

man einfach nicht mehr zu viel darüber reden sollte. Weildadurch tut man, als wäre das irgendwie speziell. Es gibt keineArt, als Frau zu dirigierenoder als Frau ein Orchester zu leiten.Es ist entweder gut, oder es ist nicht gut. Und mittlerweile habeich auch viele fantastische Kolleginnen, die einen fantastischenJob machen. Und ich bin auch optimistisch, dass es immer mehrgeben wird.“ (debo)

Mme X & Mrs. Y aus Magazin 3/2021

Beiden liegt die Gesundheit der Menschen am Herzen, und beide haben sich in einemmännerdominierten Umfeld durchgesetzt. Während aber für Mrs. Y der Zugang zu ihremBeruf selbstverständlich war, musste Mme X lange kämpfen - und gar Friedrich denGroßen um Erlaubnis bitten.

Mme X: Vorreiterin für Akademikerinnen

Sie war ein zartes Kind, kränklich - doch dass in ihr ein starker Geist steckte, entdeckteihr Vater früh und förderte seine Tochter. Der Arzt und Stadtphysikus von Quedlinburgunterrichtete Mme X, die im Jahr 1715 geboren wurde, in Naturwissenschaften,theoretischer und auch praktischer Medizin, sie erhielt Lateinunterricht. Ab ihrem 16.Lebensjahr begleitete sie den Vater zu seinen Patienten.

Mme X' größter Wunsch war ein Studium - doch das konnte sie in der damaligen Zeit nurin Begleitung ihres Bruders absolvieren. Als dieser zum Militär einberufen wurde, blieb ihrder Zutritt zur Universität versperrt. Doch Mme X gab nicht auf: Sie schrieb mit ihremVater einen Brief an den König, an Friedrich den Großen höchstselbst. Und sieveröffentlichte eine Schrift, in der es hieß: "Die Verachtung der Gelehrsamkeit zeigt sichbesonders darin, dass das weibliche Geschlecht vom Studieren abgehalten wird."

Tatsächlich wies der König im Jahr 1741 die Universität Halle an, Mme X zur Promotionzuzulassen. Doch da diese in der Zwischenzeit einen verwitweten Diakon mit fünf Kindergeheiratet hatte, nahm sie das königliche Privileg - vorerst - nicht wahr.

Das änderte sich im Jahr 1753. Mme X war inzwischen 39, hatte selbst vier Kinderbekommen - und die väterliche Praxis übernommen. Weil sie von männlichen Kollegenwegen der fehlenden universitären Ausbildung nicht länger als Dilettantin abgestempelt

werden wollte, reichte sie ihre Dissertation ein, und am 12. Juni 1754 wurde sie feierlichzum "Doktor der Arzeneygelahrtheit" erklärt.

Mme X starb im Jahr 1762 als hoch angesehene Bürgerin Quedlinburgs. Erst im Jahr 1899werden Frauen im Deutschen Reich offiziell zu den Staatsprüfungen der Medizinzugelassen.

Mrs. Y: Erste an der Spitze

Für Mrs. Y, die 1965 geboren wurde, war der Zugang zum Medizinstudium mit sehr vielweniger Hürden gepflastert als für Mme X. Ein hervorragendes Abitur an einemDuisburger Gymnasium - aber weder brüderliche Begleitung noch königliche Erlaubniswaren 1984 vonnöten, um an der Universität Münster Medizin zu studieren.

Nach ihrer Approbation 1991 arbeitete sie in verschiedenen Abteilungen der KlinikenOsnabrück und erhielt 1999 die Anerkennung als Fachärztin für Innere Medizin. DieHygiene in Krankenhäusern machte Mrs. Y, die zwei Kinder hat und mit einem Medizinerverheiratet ist, zu ihrem Thema: Nach einer entsprechenden Weiterbildung leitet sieheute als Oberärztin für Krankenhaushygiene das Hygieneteam des St. Josefs-HospitalsRheingau in Rüdesheim.

Doch nicht nur die Hygiene, auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen vonÄrztinnen und Ärzten und die verbesserte Versorgung der Patienten lagen Mrs. Y amHerzen, und sie beschloss, sich berufspolitisch zu engagieren.

Seit November 2019 ist sie die erste weibliche Vorsitzende des Marburger Bundes, desVerbandes der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands. Dabeirückt Mrs. Y das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient in den Mittelpunkt ihrerArbeit, das sie durch den zunehmenden Kostendruck in der Medizin gefährdet sieht. Mrs.Y ist zudem im Vorstand der Bundesärztekammer.

Auflösung:

Bei Mme X handelt es sich Dorothea Christiane Erxleben, bei Mrs. Y um Susanne Johna.

Mme X & Mrs. Y aus Magazin 2/2021

Madame X & Mrs. Y gelangten durch ihre Ehemänner ins Licht der Öffentlichkeit. Unddoch waren und sind beide so viel mehr als nur "die Frau von". Ohne sie wären ihreMänner nicht dort angekommen, wo sie waren und sind. Und beide hatten und haben einHerzensthema, dem sie sich mit ganzer Kraft widmen.

Mme X: Im Einsatz für die Natur

Mindestens fünf verschiedene Pflanzen sind nach Mme X benannt - dabei platzte ihrTraum vom Biologie-Studium: Zu hoch waren in den Kriegsjahren die Studiengebühren.Stattdessen wurde die Hamburgerin, die am 3. März 1919 geboren wurde, Lehrerin. Über30 Jahre lang arbeitete sie ab 1940 voller Engagement in diesem Beruf, finanzierte soauch das Studium ihres Mannes. 68 Jahre waren die beiden verheiratet, traten stets alsstarkes Duo auf.

Dabei musste Mme X einiges verkraften: Ihr erstes Kind, ein Sohn, starb im erstenLebensjahr, vor und nach der Geburt ihrer Tochter (1947) erlitt sie mehrereFehlgeburten. Ihrem Mann wurden zudem zahlreiche Affären nachgesagt. Seinepolitische Karriere und ihre damit verbundene Bekanntheit nutzte Mme X, um sich für ihrHerzensthema einzusetzen: den Schutz bedrohter Pflanzen.

Sie beteiligte sich etwa an Forschungsreisen von Wissenschaftlern. Dabei entdeckte sieim Jahr 1983 in Mexiko ein bis dahin unbekanntes Ananasgewächs. Zu ihrem 80.Geburtstag erhielt sie von der Hamburger Universität für ihre Verdienste im Bereich derBotanik die Ehrenprofessur. Noch heute kürt eine nach ihr benannte Stiftung die "Blumedes Jahres". Im Oktober 2010 starb Mme X im Alter von 91 Jahren. Tausende Menschenkamen in den Hamburger Michel, um sich von ihr zu verabschieden. Übrigens: IhrenSpitznamen, unter dem sie ihr Leben lang bekannt war, gab sie sich als kleines Mädchenselbst.

Mrs. Y: Im Einsatz für die Bildung

"Ich bin der Mann von ..." - so stellt sich der Gatte von Mrs. Y gerne vor. Dabei kennt ihnseit einigen Wochen die ganze Welt. Schon einmal stand Mrs. Y, die im Juni 70 Jahre altwird, an der Seite ihres Mannes im Rampenlicht. Nach ganz oben ging es damals abernicht. Das haben sie erst jetzt geschafft, gemeinsam.

Dabei ist für Mrs. Y klar: Als Englischlehrerin möchte sie die neu gewonnene Macht dazunutzen, sich für die Bildung in ihrem Land einzusetzen. Und dass sie ihre Arbeit an einemCommunity-College aufgeben wird, nur um demnächst in Kameras zu winken, kann sich

bei der als herzlich, eloquent und energiegeladen beschriebenen Mrs. Y niemand so rechtvorstellen. Dass Mrs. Y eine Kämpferin ist, zeigt nicht nur, dass sie mit 55 Jahren nocheine Doktorarbeit schrieb. Sie wehrte auch zwei Aktivistinnen ab, die ihrem Mann beieiner Veranstaltung zu nahe kamen - schneller als seine Personenschützer.

Vor allem aber hat Mrs. Y für ihr Glück gekämpft. Denn dass sie mit ihrem Mann, den sie1977 heiratete, heute ein unzertrennliches Duo bildet, war keineswegsselbstverständlich. Sie war noch Studentin in Pennsylvania, als sie den acht Jahre älterenSenator bei einem Blind Date kennenlernte. Er war ein gebrochener Mann: Bei einemAutounfall starben seine erste Frau und seine Tochter. Mrs. Y nahm die Aufgabe an, diedas Leben ihr stellte: Sie zog mit ihrem Mann dessen Söhne groß, gemeinsam bekamensie eine Tochter. Rückblickend sagt Mrs. Y: "Wie bringt man eine gebrochene Familiewieder zusammen? Genauso, wie man eine Nation zusammenbringt: mit Liebe undVerständnis und kleinen Gesten der Güte, mit Mut, mit unerschütterlichem Glauben."

Auflösung:

Bei Mme X handelt es sich um Loki Schmidt. Mrs. Y ist Jill Biden.

Mme X & Mrs. Y aus Magazin 1/2021

Mme X: Sternensucherin

Wenn es nach Mme X' Mutter gegangen wäre, dann wäre heute kein Komet nach Mme Xbenannt - und auch kein Mondkrater. Denn weil Mme X, die 1750 in Hannover geborenwurde, durch mehrere Krankheiten im Kindesalter kleinwüchsig und schmächtig blieb,hatte ihre Mutter für sie die Rolle der Haushaltshilfe für die Familie vorgesehen.

Doch dem Nähen, Sticken, Putzen und Kochen entkam Mme X im Alter von 22 Jahren, alssie mit ihrem Lieblingsbruder Friedrich Wilhelm nach England ging. Dort verfolgten beidezunächst eine musikalische Karriere, bevor sie sich der Astronomie widmeten.

Mme X - die dank ihres Vaters eine umfassende Schulbildung erhalten hatte - half ihremBruder dabei, seine Beobachtungen des Nachthimmels aufzuzeichnen, gemeinsambauten sie Teleskope. Dann die Sensation: Der Bruder entdeckte im Jahr 1781 Uranus,einen neuen Planeten, wurde Königlicher Hofastronom. Und Mme X, als Teil seinesForschungsteams, erhielt ein jährliches Gehalt von 50 Pfund von König Georg III. Damit

war sie die erste Frau, die als Astronomin tätig war und für ihre wissenschaftlicheTätigkeit ein Gehalt erhielt.

Und Mme X entdeckte auch eigene Himmelskörper: zwischen 1786 und 1797 achtKometen, außerdem kartierte sie Sternhaufen und Nebelflecke, die heute Deep-Sky-Objekte genannt werden. Als erste Frau wurde sie 1828 mit der goldenen Medaille derRoyal Astronomical Society sowie der goldenen Medaille der preußischen Akademie derWissenschaften geehrt (1846). Am 9. Januar 1848 starb Mme X im Alter von 97 Jahren.Heute sind ein Komet, der alle 155 Jahre wiederkehrt, und ein Mondkrater nach ihrbenannt.

Mrs. Y: Sternendeuterin

Sie gehörte zwischen den Jahren 2000 und 2006 zum Frühstücksfernsehen dazu wiekaum eine zweite: Mit Mrs. Y startete man vor allem deshalb bestens gelaunt in den Tag,weil sie für die Zuschauer in die Sterne schaute.

Anders als Mme X suchte sie dort aber nicht nach Himmelskörpern - vielmehr war es dieSternenkonstellation, die die Astrologin des Senders RTL interessierte. Und so bekamman von Mrs. Y jeden Morgen ein Horoskop für den Tag, das natürlich je nachSternzeichen variierte.

Mrs. Y ist übrigens - ebenso wie Mme X - in Hannover geboren worden, allerdings 212Jahre später, am 14. Januar 1962. Sie wuchs in Kairo und Kassel auf, machte Abitur undstudierte Freie Kunst. Das Studium brach sie aber zugunsten einer Karriere als Radio-und Fernsehmoderatorin ab.

In den 80er-Jahren moderierte Mrs. Y verschiedene Musiksendungen, etwa die"Disconight" auf WDR 1. 1994 wurde sie zunächst Wetterfee bei RTL, begann paralleleine Ausbildung bei einer Astrologin, wurde Mitglied des Deutschen Astrologenverbands.Ab dem Jahr 2000 arbeitete Mrs. Y dann als Astrologin im Frühstücksfernsehen, auf AstroTV und auf ihrem YouTube-Kanal.

Auflösung

Mme X: Die Gesuchte ist die deutsche Astronomin Caroline Herschel (*16. März 1750 in

Hannover; † 9. Januar 1848 ebenda). Zu Beginn ihrer wissenschaftlichen Karriereunterstützte sie ihren Bruder Wilhelm Herschel bei seinen Forschungen, entdeckte dannaber selbstständig eigene Himmelskörper, darunter acht Kometen, Sternenhaufen undNebel. Heute ist ein Komet nach ihr benannt, der 35P/Herschel-Rigollet.

Mrs. Y: Die Gesuchte ist die deutsche Moderatorin und Astrologin Antonia Langsdorf(*14.1.1962 in Hannover). Einem breiten Publikum wurde sie als Astrologin beim RTL-Frühstücksfernsehen bekannt. In den 80er-Jahren moderierte Langsdorf verschiedeneMusiksendungen im Radio, von der Wetterfee wurde sie dann zur Astrologin.

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Wir schauen zurück: In jeder Ausgabe von "Frau und Mutter" fragte Autorin CordulaLissner nach rätselhaften Bekannten.

Madame X - Rätsel von 2020

Madame X aus Heft 12/2020

Schon als Kind fühlte sich Madame X zu einem künstlerischen Beruf hingezogen undwurde von ihren liberal denkenden Eltern dazu ermutigt. Da an Studieren für eine Fraunoch nicht zu denken war, besuchte sie eine Schule für Künstlerinnen in Berlin und späterin München.

Sie liebte es, in den Ateliers und auf den rauschenden Festen in der Großstadt Menschenkennenzulernen und sich immer wieder neu zu verlieben - in Männer wie in Frauen. InMenschen verliebt zu sein, so erklärte sie viel später, war eine nie versiegende Quelle fürihre schöpferische Arbeit.

Zurück in Berlin heiratete Madame X einen Arzt, der sich auch politisch auf Seiten derSozialdemokratie für seine aus den Arbeiterbezirken stammenden Patienten einsetzte,und wurde Mutter zweier Söhne.

Auch Madame X verstand sich als Sozialistin, stellte in ihren Werken soziales Elend dar,aber auch die Würde von Männern und immer wieder Frauen des Proletariats. MaxLiebermann war so beeindruckt von ihren sozialkritischen Lithografien, dass er KaiserWilhelm II. vorschlug, der jungen Frau eine kleine Goldmedaille zu verleihen. SeineMajestät lehnte entrüstet ab. Sozialkritischer Realismus?

Madame X - Rätselhafte Bekannte

Und, fast noch schlimmer: ein Orden für eine Frau? Ihr jüngerer Sohn fiel im ErstenWeltkrieg. Daran erinnert bis heute eine Skulptur, die herzzerreißende Trauer ausdrückt.Nie wieder Krieg, dieses Motto durchzog ab diesem Zeitpunkt viele ihrer Werkzyklen.

Ein Jahr lang arbeitete sie auch für die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit.Die nationalsozialistischen Machthaber schlossen Madame X aus der PreußischenAkademie der Künste aus, wo sie als erste Frau überhaupt zur Professorin ernannt undzehn Jahre später, ebenfalls als erste weibliche Kunstschaffende, mit dem Orden "Pour leMérite" für Wissenschaften und Künste ausgezeichnet worden war.

Berufsverbot erteilte man ihr aber nicht. Madame X konnte in ihrer BerlinerAteliergemeinschaft weiter arbeiten und sogar noch einige große Skulpturen fertigstellen.Sie starb nur zwei Wochen vor dem Kriegsende und der Befreiung vom NS-Terror.Mehrere Museen, das wichtigste davon in Köln, sind heute ihr und ihrem Werk gewidmet.

"Madame X"-Auflösung:

Die Gesuchte ist die deutsche Grafikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz, geb. Schmidt(*8.7.1867 in Königsberg, †22.4.1945 in Moritzburg bei Dresden).Bereits zu ihren Lebzeiten war Käthe Kollwitz die bekannteste deutsche Künstlerin;Ausstellungen in Paris, Moskau und New York wurden ihr gewidmet. Viele ihrerLitographien, Holzschnitte und Skulpturen klagen den Krieg an und zeigen eindrücklichdie Trauer um die Toten.

Madame X aus Heft 11/2020

In ihrem Elternhaus in Dortmund ging es oft lebhaft zu, waren doch Vater und Mutterberuflich, politisch und sozial in der Ruhrgebietsstadt stark engagiert. Arzt von Beruf,übernahm der Vater auch den Vorsitz der Ärztekammer in Westfalen und desAufsichtsrats einer Bergbau-AG; zudem war er Stadtverordneter und in der Freizeitleidenschaftlicher Käfersammler.

Die Mutter erteilte bis zur Geburt des dritten Kindes als Hauslehrerin Französisch-Unterricht; ehrenamtlich leitete sie mehrere Vereine für katholische Frauen, fürWöchnerinnen und für Kleinkindererziehung. Schien Madame X also ein sozialesEngagement in die Wiege gelegt, so entschloss sie sich zunächst, ein Musikstudium inBerlin zu beginnen.

Die Heirat mit einem Juristen führte sie zurück ins Ruhrgebiet. Als drei Kinder nicht mehrall ihre Zeit in Anspruch nahmen, begann Madame X mit viel Elan den Aufbau einesVereins, der Mädchen und junge Frauen von der Straße holen wollte.

In ganz Westfalen folgten Vereinsgründungen nach ihrem Vorbild, so dass schon bald einDachverband gegründet werden konnte. Das sozialpolitische Engagement ließ Madame Xnun nicht mehr los. Im Laufe der Jahre wurden die Aufgaben immer größer, und MadameX übernahm Führungspositionen in mehreren katholischen Fürsorge-Verbänden und imKatholischen Deutschen Frauenbund.

Auf die Einrichtung von Zufluchtshäusern für Mädchen und Frauen folgte die Gründungeiner Fachschule zur Ausbildung von Wohlfahrtspflegerinnen in Dortmund. Die moderneFrauenbewegung, so erklärte Madame X, verlange vom weiblichen Geschlecht "mehrWissen, mehr Verantwortlichkeitsgefühl, mehr Gelegenheit, die Kräfte zu regen, mehrLebensinhalt".

Für die zu betreuenden Frauen gelte der Leitsatz: "Es gibt keine hoffnungslosen Fälle."Als Mitglied des Zentrums wurde Madame X 1919 in die VerfassunggebendeNationalversammlung gewählt und ein Jahr später als Abgeordnete in den Reichstag.

Ihre Themen blieben die Mädchen- und Jugendfürsorge genauso wie das Engagement füruneheliche Mütter und deren Kinder. Im letzten Jahr des Zweiten Weltkriegs, 90 Jahre alt,starb Madame X. Der von ihr begründete Verein ist noch heute ein großer undbedeutender katholischer Sozialverband.

"Madame X"-Auflösung:

Gesucht ist die deutsche Sozialpolitikerin Agnes Neuhaus, geb. Morsbach (*24.03.1854 inDortmund, †20.11.1944 in Soest). 1899 gründete sie den "Verein vom Guten Hirten", dieVorläuferorganisation des heutigen "Sozialdienst katholischer Frauen".

Neuhaus war von 1920 bis 1930 Abgeordnete des Zentrums im Reichstag (zuvor 1919Mitglied der Verfassunggebenden Nationalversammlung) und gestaltete das 1924verabschiedete Reichsjugendwohlfahrtsgesetz entscheidend mit.

Madame X aus Heft 10/2020

Fünf Jahre lang war sie nicht nur auf dem Papier die Geliebte eines Königs. In Frankreich

war das zu dieser Zeit nicht anstößig, und Madame X, obwohl bürgerlicher Herkunft undverheiratet, wie natürlich auch der Herrscher selbst, musste bei offiziellen Anlässen nichtversteckt werden. Ganz im Gegenteil.

Sie lebte im königlichen Schloss, mischte sich, nicht immer glücklich, in politischeAngelegenheiten ein, bildete oft gar den Mittelpunkt einer ihr nicht nur wohlgesonnenenHofgesellschaft.

Aber nach fünf Jahren führten der Beziehung abträgliche Entwicklungen, in denenmöglicherweise auch der katholische Klerus eine gewisse Rolle spielte, dazu, dassMonsieur den Durchgang zu ihren Gemächern zumauern ließ.

Madame X dufte trotzdem bleiben und ihrer Rolle, nun als wichtigste Freundin undRatgeberin an der Seite des Königs, in der Öffentlichkeit eine neue Schattierung geben.

Ihre Bewunderer schrieben Madame X eine hohe Intelligenz und ein gutes Herz zu. IhreStellung am Hof suchte sie zu nutzen, um ihre Familie zu unterstützen, aber sie war Zeitihres Lebens auch eine geschickte Selbstdarstellerin.

Den Fisch, den sie in ihrem Geburtsnamen trug, machte sie zum Signet, zum Logowürden wir heute sagen. Die königliche Porzellanmanufaktur, die sie begründet hatte, umdie sächsischen Konkurrenten auszustechen, kreierte ein eigenes Service mit filigranenFischzeichnungen.

Madame X gründete jedoch keineswegs nur Kunstgewerbefabriken, sondern auch eineMilitärakademie. Sie förderte Künstler und Literaten wie Rousseau und Diderot, führte einStück von Molière mit ihrem eigenen kleinen Theater auf.

Dass ihre beiden Kinder früh starben, sie selbst von schwacher Gesundheit war undzudem mehrere Fehlgeburten erlitten hatte, darüber verlor sie in der Öffentlichkeit nichtviele Worte.

Erinnert wird Madame X heute als eine Protagonistin des "Ancien Régime" und einerhöfischen Welt, die mit der Revolution von 1789 ein abruptes Ende gefunden hat. Einebemerkenswerte Reihe von Porträts, von denen Beispiele im Louvre genauso wie in derMünchner Pinakothek zu finden sind, lassen die Schönheit der königlichen Mätresseerahnen.

Aber wir können sie auch als Bilder einer Frau betrachten, die in ihrem Leben nicht sichselbst, sondern vor allem eine Rolle verkörperte.

"Madame X"-Auflösung:

Die Gesuchte ist die Markgräfin (frz. Marquise) und Herzogin Madame de Pompadour,geborene Jeanne-Antoinette Poisson (*29.12.1721 in Paris; †15.4.1764 in Versailles), dieals Mätresse des Königs Ludwig (Louis) XV. an den französischen Hof kam. Sie wurde zueiner wichtigen Ratgeberin mit großem Einfluss vor allem auf außenpolitische undkulturpolitische Entscheidungen.

Madame X aus Heft 9/2020

Mit einer Spielzeugpistole und einigen Topfdeckeln bewaffnet stand Madame X das ersteMal auf einer Bühne. 30 Jahre war die ausgebildete Kunsthandwerkerin da alt. In diesemJahr schuf sie auch ein Kunstwerk mit einem sehr langen Namen, in dem die Worte"Schnitt mit dem Küchenmesser" und "Weimarer Bierbauchkulturepoche" enthaltenwaren und das heute in der Neuen Nationalgalerie in Berlin seinen Platz gefunden hat.

Dada, so nannte sich die während der Wirren des ersten Weltkriegs in Zürich begründeteKunstrichtung, der sich Madame X angeschlossen hatte. Dada verstand sich als Revoltegegen Konventionen und ein als bürgerlich-spießig wahrgenommenes Kunstverständnis.

Durch eine komplizierte Liebesbeziehung war Madame X zu den Dadaisten gekommen.Ihre nächste große Liebe war weiblich und stammte aus den Niederlanden. Neun Jahrelang lebten und arbeiteten die Künstlerin und die Schriftstellerin zusammen; sieveröffentlichten gemeinsame Bücher, deren Titel ( "Von Hollands Blumenfeldern" oder"Scheingehacktes") noch heute neugierig machen.

Das nationalsozialistische Deutschland ließ unangepassten Künstlerinnen und Künstlernkeine Luft zum Atmen. Madame X, die in den Jahren zuvor viel gereist war und ihreWerke unter anderem in der Sowjetunion und in den USA hatte ausstellen können,entschied sich gegen das Exil und für den Rückzug in eine dörfliche Gegend von Berlin.

Zu ihrem kleinen Haus gehörte ein großer Garten, in dem Madame X nun Kartoffeln undGemüse anbaute. In ihrem Domizil behütete sie Kunstwerke ihrer Freunde undFreundinnen. Sie selbst malte, zeichnete und verdiente ihren Lebensunterhalt mit demEntwerfen von Schutzumschlägen für einen Zeitschriftenverlag.

Nach 1945 engagierte sich Madame X im Wiederaufbau des kulturellen Lebens. InVorträgen über "Frauen und Kunst" reflektierte sie auch ihre eigene Biographie. 1965

wurde sie in die Akademie der Künste Berlin berufen.

Bis zu ihrem Tod gab es fast jährlich eine Ausstellung im In- und Ausland, in der Werkevon Madame X zu sehen waren. Noch heute wird vor allem die kurze Phase desDadaismus mit ihr verbunden, aber das künstlerische Werk von Madame X reicht weitdarüber hinaus.

"Madame X"-Auflösung

Gesucht war die deutsche Malerin und Grafikerin Hannah (Anna Therese Johanne) Höch(*1.11.1889 in Gotha; †31.5.1978 in Berlin-Heiligensee). Hannah Höch wurde als eine derwenigen Frauen im Dadaismus aber später auch als vielseitige Künstlerin bekannt. IhrWerk umfasst unterschiedliche Techniken und Stilrichtungen neben den berühmten Foto-Collagen.

Madame X aus Heft 7 und 8/2020

Ein Porträt von Madame X ziert vielleicht Ihre Wand, wenn Sie den Retro-Charme der1950er-Jahre und diese blonden Helm-Frisuren mögen. Auch das Lied, das dieSchauspielerin in einem Hitchcock-Krimi schmettert, um ihren Sohn aus den Klauen vonbösen Schurken zu befreien, werden Sie vermutlich kennen.

Aber als "role model" scheint uns Madame X heute doch eher wenig geeignet,verkörperte sie doch in fast allen ihren Filmen ein braves und adrettes amerikanischesMädchen aus der Provinz, das über wenig Tiefgang verfügt.

Dabei hatte die reale Madame X gar nicht das sorglose Leben, für das sie auf derLeinwand geschaffen zu sein schien. Die Tochter eines Musiklehrers und seiner Frau,deren deutsche Vorfahren einst in das Land der vermeintlich unbegrenzten Möglichkeiteneingewandert waren, träumte als Kind von einer Karriere als Tänzerin. Aber nach einemschweren Autounfall, bei dem ihr rechtes Bein zertrümmert wurde, musste sich das jungeMädchen von diesem Traum verabschieden.

Dann vielleicht ein treuer Ehemann und ein Häuschen auf dem Land? Ihre ersten beidenEhen wurden sehr schnell geschieden. Von großen Wünschen wollte Madame X sich abernicht verabschieden, und weil sie hart im Nehmen war, gelang ihr eine richtige

Hollywood-Karriere.

Als Sängerin und als Schauspielerin feierte die junge Dame bald große Erfolge. Vor allemLiebeskomödien mit hohem Musikanteil schienen das richtige Genre für sie zu sein. DieFilmrolle allerdings, die sie selbst später als ihre liebste erklärte, war gar nicht das eineberufliche Karriere anstrebende Blondchen, das sich nach einigen Umwegen denpassenden Ehepartner angelt, sondern eine burschikose Westernheldin, die auch miteinem schweren Colt umzugehen weiß.

Am Ende ihrer Zeit als Kinostar wechselte Madame X zum Fernsehen, wo sie noch einmalfünf Jahre lang für ihre eigene Show gefeiert wurde.

In einer weiteren Show stand ihr Engagement für herrenlose Hunde und andere Tiere imMittelpunkt. Ihr letztes großes Comeback feierte Madame X im Alter von 89 Jahren miteinem neuen Album, das es in die britischen Top Ten schaffte.

In ihrem Haus auf dem Land konnte sie kurz vor ihrem Tod noch ihren 97. Geburtstagfeiern.

"Madame X"-Auflösung

Gesucht ist die US-amerikanische Schauspielerin und Sängerin Doris Day, geb. DorisMary Ann Kappelhoff (*3.4.1922 in Cincinatti, Ohio, †13.5.2019 in Carmel Valley Village,Kalifornien). In den 1950er und 1960er Jahren erlangte Doris Day Berühmtheit vor allemdurch ihre Rollen in Hollywood-Komödien, oft an der Seite ihres Filmpartners RockHudson. Im Hitchcock-Krimi "Der Mann, der zuviel wusste" führt sie in einerentscheidenden Szene mit dem Lied "Que sera, sera" das Happyend herbei.

Madame X aus Heft 6/2020

Aus der Karibik waren ihre Eltern nach New York immigriert. Im "schwarzen" StadtteilHarlem besuchte das hochbegabte kleine Mädchen eine katholische Schule und schriebihr erstes Gedicht.

Nach dem Studium arbeitete Madame X zunächst als Bibliothekarin; 1968 erschien ihrerster Lyrikband. Sie bekam zwei Kinder mit einem Rechtsanwalt; nach der Scheidunglebte sie von da an mit einer Partnerin zusammen.

Madame X engagierte sich in der schwarzen Bürgerrechtsbewegung und in der

Antikriegsbewegung, sie stritt für die Rechte von Lesben und Schwulen und immerwieder für Frauenrechte und eine Solidarität, die an keiner Grenze haltmachen sollte.

Ihre Identität, ihr Engagement, ihre Berufung fasste sie in ein selbstbewusstesStatement: "Ich bin schwarz, lesbisch, Feministin, Mutter, Kriegerin, Dichterin." EineGastprofessur an der Freien Universität führte die inzwischen sehr prominente Madame Xnach Berlin, wo sie zwischen 1984 und 1992 zeitweise lebte und sich auch dort politischengagierte.

So kritisierte sie in einem offenen Brief an den Bundeskanzler den nach dem Mauerfallneu entflammten Rassismus, der sich 1992 im Pogrom von Rostock-Lichtenhagen entlud.

Eine mutige und starke Mentorin für schwarze Frauen in Deutschland, war Madame X fürAktivistinnen der Frauen- und Lesbenbewegung aller Hautfarben eine Lehrerin undWegbereiterin, die kritische Fragen stellte.

Madame X verwies auf die Ungleichheit, die auch zwischen Frauen existierte, eineUngleichheit, mit der Migrantinnen, jüdische Frauen, schwarze Frauen innerhalb derFrauenbewegung zu kämpfen hatten.

Verschieden, aber gemeinsam, wie es Madame X auf den Punkt brachte, sich ihrerUnterschiede bewusst, aber in Solidarität sollten Frauen vorwärtsgehen - viele nochheute aktuelle Diskussionen nahmen hier einen Anfang.

Trotz ihrer schweren Krankheit, mit der Madame X viele Jahre lang kämpfte, behielt sieihren Humor und ihr Charisma, blieb eine Kraftquelle für ihre Weggefährtinnen. In einemFilmporträt und einem virtuellen Stadtrundgang zu den Berliner Stationen im Leben derMadame X ist ihre warme Stimme zu hören und ihre ansteckende Lebensfreude zuspüren.

"Madame X"-Auflösung

Die Gesuchte ist die US-amerikanische Aktivistin, Frauenrechtlerin,Literaturwissenschaftlerin und Dichterin Prof. Audre Geraldine Lorde (*18.2.1934 in NewYork, gest. 17.11.1992 in Christiansted, St. Croix, U.S. Virgin Islands). Audre Lorde wareine der bedeutendsten Theoretikerinnen der neuen Frauenbewegung in den USA aberauch in der Bundesrepublik.

Madame X aus Heft 5/2020

Die Eltern waren auf der Suche nach dem Glück aus Großbritannien nach Kanadagekommen, aber zu Wohlstand hatten sie es in der Neuen Welt nicht gebracht. Ihrerkleinen Tochter gaben sie einen in der alten Heimat berühmten Namen: FlorenceNightingale. Und tatsächlich versuchte sich Madame X, nachdem sie die Schule frühhatte verlassen müssen, im Beruf der Krankenschwester.

Ein wenig nützlich sollte ihr diese Erfahrung für ihren späteren Lebensweg auchtatsächlich werden. In der großen Stadt New York nahm Madame X eine Stelle in einemSchönheitssalon an. Sie war eine lernbegierige junge Dame, und weil sie außerdem auchüber eine gehörige Portion unternehmerischen Muts verfügte, gründete sie zwei Jahrespäter an keiner geringeren Adresse als der Fifth Avenue einen eigenen kleinen Salon.

Das Startkapital lieh sie von ihrem Bruder und konnte es schon nach einem Jahrzurückzahlen. Bisher waren Schönheitswässerchen so ziemlich das Einzige gewesen, wasdie Damen der Gesellschaft an ihre Haut ließen. Aber das sollte sich ändern.

Madame X verkaufte sehr erfolgreich eigens kreierte Cremes. Bald verfolgte siezielstrebig ein neues Konzept der allumfassenden Schönheit einer Frau, für die unzähligeTinkturen auf Haut und Haar appliziert werden mussten. Ihr Geschäft wuchs schnell, undMadame X, die sich mittlerweile auch einen eleganten neuen Namen zugelegt hatte,konnte ihre erste Filiale in Paris eröffnen. Auf dem Weg zum eigenen Kosmetikimperiumhatte sie eine erbitterte Rivalin, die sich wie sie aus einfachsten Verhältnissen an dieSpitze eines großen Unternehmens vorgekämpft hatte.

Aber die Konkurrenz schadete dem Geschäft nicht. Und eigentlich waren dieBeziehungen, die Madame X zu ihr nahestehenden Frauen unterhielt, weit inniger als dieeher geschäftsmäßigen zu ihren Ehemännern.

Auch ihr exklusives Hobby, Pferderennen, betrieb Madame X, mit eigenem Rennstall undCreme-Massagen für die kostbaren Rösser, als erfolgreiches Geschäft. Wo so viel Geldverdient wurde, ließen die Ehrungen nicht ewig auf sich warten. Und wer heute ein edlesKosmetikprodukt sucht, begegnet schnell dem Namen, mit dem Madame X einst reichund berühmt geworden war.

"Madame X"-Auflösung

Die Gesuchte ist Elizabeth Arden, geb. Florence Nightingale Graham (*31.12.1878 inWoodbridge, Kanada; †18.10.1966 in New York, USA), Begründerin eines der größtenKosmetikunternehmen weltweit. Mit Helena Rubinstein lieferte sie sich einen hartenKonkurrenzkampf, bei dem es aber letztlich keine Verliererin gab.

Madame X aus Heft 4/2020

Auf den Almwiesen spielte die kleine Madame X, Tochter eines Dichters und einerSchauspielerin, genauso gerne wie in der großen Wiener Stadtwohnung.

Aber nach dem so genannten "Anschluss" der Alpenrepublik an das nationalsozialistischeDeutschland entschieden die Eltern, in die Schweizer Heimat des Vaters überzusiedeln.Hier teilten sie das Schicksal vieler Migranten, denen die Mittel fehlten, die Familie zuernähren.

Drei der vier Kinder mussten zunächst in ein Kinderheim gegeben werden, während diezwölfjährige Madame X nach Colmar auf eine Klosterschule geschickt wurde.

Als sie ein Jahr später in den Ferien die Eltern besuchte, sprach sie perfekt Französisch.Der Kriegsbeginn verhinderte ihre Rückkehr ins Elsass. Madame X absolvierte einekaufmännische Lehre und durfte zum ersten Mal gemeinsam mit ihrer Mama in einemFilm auftreten.

Nachdem die junge Frau Unterricht genommen und den Beruf der Schauspielerin aufSchweizer Theaterbühnen erprobt hatte, erwies sich doch bald, dass ihr ganzbesonderes, oft tränenumflortes Lächeln seine größte Wirkung auf einer Kinoleinwanderzielen konnte.

Dass niemand so schnell und so schön vor der Kamera weinen konnte wie sie, warMadame X bewusst, aber den Beinamen "Seelchen" mochte sie nicht, weil er ihr Potenzialals Schauspielerin doch zu sehr auf Emotionalität und Niedlichkeit beschränkte.

Für ihre Darstellung einer tapferen Lazarett-Ärztin, die deutsche Wehrmachtssoldaten,aber schließlich auch jugoslawische Partisanen aufopferungsvoll pflegte, erhielt sie inCannes ihre erste Auszeichnung, der viele weitere folgen sollten.

Die lange Liste ihrer Filmpartner umfasst nationale wie internationale Stars von DieterBorsche über O.W. Fischer bis hin zu Gary Cooper, Yul Brunner und Glenn Ford; Siedrehte mit Meister-Regisseuren wie Visconti und Chabrol.

Jenseits von Leinwand und Bühne litt Madame X mit zunehmendem Alter unterseelischen und gesundheitlichen Problemen. Die letzten Jahre verbrachte siezurückgezogen auf der Alm in Kärnten, wo sie als Kind glücklich gewesen war.Festgehalten hat diese Zeit der Vergänglichkeit ihr Bruder Maximilian, ebenfallsSchauspieler.

"Madame X"-Auflösung

Die Gesuchte ist die Schauspielerin Maria Margarete Anna Schell (*15.1.1926 in Wien; †26.4.2005 in Preitenegg, Kärnten), die heute vor allem als Kinostar der 1950er und1960er Jahre erinnert wird (z.B." Die letzte Brücke" unter der Regie von Helmut Käutner).Maria Schell war aber auch eine international bekannte Theaterschauspielerin. Ab den1970er Jahren trat sie vor allem in Fernsehfilmen und -serien auf. Ihr Bruder MaximilianSchell drehte 2002 den Dokumentarfilm "Meine Schwester Maria", für den beideGeschwister einen"Bambi" erhielten.

Madame X aus Heft 3/2020

Eine Atmosphäre von liebevoller Wertschätzung prägte ihre Kindheit. Einem Sohn undvier Töchtern wurde insbesondere durch den Vater der Wert kultureller Bildungvermittelt; ein gewisser Wohlstand gab Sicherheit. Aber dann starben beide Eltern, alsMadame X, die Jüngste, gerade 16 Jahre alt war.

Die junge Frau fand Trost im Schreiben, doch die ersten Werke, die sie publizierte,stießen mit ihren deutlich sozialkritischen Tönen auf heftige Empörung konservativerZeitgenossen. Madame X ließ sich nicht beirren. Erschienen zunächst Gedichte undRomane über die elenden Lebensverhältnisse von Arbeiterfamilien im Gefolge derIndustrialisierung, so forderte die Schriftstellerin bald mit Vehemenz Verbesserungen fürdie Lage der Frauen.

Im Chor der Stimmen des später so genannten Vormärz, der Zeit, die der deutschenRevolution von 1848 vorausging, erschien Madame X als "Lerche des Vorfrühlings", auchwenn der Gesang dieser Lerche nicht von allen gehört werden wollte. Ein neuer Romanwurde von der Zensur sofort verboten und nur mit erheblichen Kürzungen wiederfreigegeben. Sie konterte mit einer Reihe von Artikeln, in denen sie nachdrücklich dieTeilnahme von Frauen am politischen Leben forderte.

1849 begründete Madame X eine Frauenzeitschrift mit dem programmatischen Titel"Dem Reich der Freiheit werb' ich Bürgerinnen". An der "großen Welt-Erlösung", soschrieb sie, wollten die Frauen als die Hälfte der Menschheit nun teilhaben.

Aber das Patriarchat schlief nicht, und das Reich der Freiheit sollte den Bürgerinnen nocheine ganze Weile verwehrt bleiben. Die sächsische Regierung erließ ein Gesetz, mit demFrauen die Herausgabe von Zeitschriften verboten wurde. Madame X verlegte dieRedaktion nach Thüringen, schrieb Romane und Artikel zu kulturellen Themen, besuchteihren Verlobten, der in den Revolutionswirren verhaftet worden war, und bereitete sichauf bessere Zeiten vor.

Einige glückliche Jahre blieben ihr mit dem geliebten Mann, den sie nach derHaftentlassung geheiratet hatte. Und auch in ihrem Kampf um Frauenrechte gab esschließlich neue Chancen. Ein von Madame X mitbegründeter Frauenbildungsvereinberief die erste deutsche Frauenkonferenz ein; die Gründung einer neuen großenVereinigung für Frauenrechte folgte. 1870 hatte sie, unter dem Vorsitz von Madame X,bereits 10.000 Mitglieder.

"Madame X"-Auflösung

Gesucht ist Louise Otto-Peters (*26.3.1819 in Meißen, †13.3.1895 in Leipzig),prominenteste Frauenrechtlerin des 19. Jahrhunderts, sozialkritische Schriftstellerin undJournalistin. Louise Otto heiratete 1858 den Schriftsteller August Peters, der 1864verstarb. 1865 war sie (Mit-)Begründerin und drei Jahrzehnte Vorsitzende desAllgemeinen Deutschen Frauenvereins, der ersten großen Organisation der deutschenFrauenbewegung.

Madame X aus Heft 2/2020

Mehr als 50 Jahre lang lagen viele ihrer wichtigsten Arbeiten in einem Pappkoffer, dereinst vor dem Zugriff der deutschen Besatzer aus Frankreich herausgeschmuggeltworden war.

Auf verschlungenen Wegen war er schließlich in den Besitz eines mexikanischenDiplomaten gelangt. Dessen Erben entdeckten den Koffer auf dem Dachboden. SeinInhalt: 4.500 Negative. Schritt für Schritt konnte die Geschichte der Fotos recherchiertwerden, die nun restauriert und in großen Ausstellungen gezeigt wurden. Die Bilderdokumentieren den Spanischen Bürgerkrieg, der 1936 begonnen hatte. Ein großer Teil

dieser Fotos, so stellte sich heraus, stammten von Madame X, der ersten Frau, die denKrieg fotografierte.

Geboren in Stuttgart als Tochter einer aus Osteuropa stammenden jüdischen Familie,begeisterte sich Madame X schon als junges Mädchen für Kunst und Kultur. Einenprägenden Eindruck hinterließ die internationale Werkbundausstellung für Film und Foto.

Nach dem Umzug der Familie nach Leipzig schloss sich Madame X sozialistischenGruppen an. Wegen ihrer Beteiligung an Flugblattaktionen 1933 verhaftet, flüchtete diejunge Frau nach ihrer Freilassung ins französische Exil. In Paris verliebte sie sich in einenungarischen Fotografen, von dem sie den professionellen Umgang mit der Kamera lernte.

Nach dem Putsch der Militärs unter General Franco strömten Freiwillige aus aller Welt zurVerteidigung der Demokratie nach Spanien. Auch Madame X und ihr Freund brachennach Barcelona auf. Mit ihren Kameras wollten sie für die spanische Republik kämpfen.

Ein Jahr lang dokumentierte das Paar an vorderster Front den Bürgerkrieg. Sie warensehr jung, sehr mutig, ein eingeschworenes Team. Für ihre Fotos gaben sie bei denAgenturen nur einen gemeinsamen Namen an. Es ging um die Aufgabe, nicht um dieAutorenschaft.

Kurz vor ihrem 27. Geburtstag geschah ein schreckliches Unglück: Madame X wurde voneinem Panzer überrollt und starb im Lazarett. Ihre Beerdigung wurde zu einermachtvollen Demonstration gegen den Faschismus. Künstler und Schriftsteller hielten dieTrauerreden und schufen ein würdiges Grabmal für Madame X. Dann wurde sievergessen. Auch ihr Freund sollte siebzehn Jahre später in einem Krieg zu Tode kommen.

"Madame X"-Auflösung

Die Gesuchte war die Fotoreporterin Gerda Taro, eigentlich Gerta Pohorylle (geb.1.8.1910 in Stuttgart, gest. 26.7.1937 in El Escorial, Spanien). Gemeinsam mit ihremPartner Robert Capa (eigentlich André Friedman) fotografierte sie im SpanischenBürgerkrieg auf Seiten der Republikaner. Gerda Taro starb an der Front und wurde inParis auf dem Friedhof Père Lachaise beigesetzt. Erst 60 Jahre nach ihrem Tod wurde, vorallem durch die Recherchen ihrer Biographin Imre Schaber, erkannt, dass viele bisherRobert Capa zugeschriebene Fotos von Gerda Taro stammten.

Madame X aus Heft 1/2020

"Die Menge jubelt, die Roboter tänzeln, und die Prinzessin gewährt ein huldvollesLächeln." Dieser Satz entstammt einem Zeitungsbericht über den ersten wirklich großenAuftritt von Madame X.

Gleichsam über Nacht wurde aus einer unbekannten jungen Schauspielerin eine weltweitbekannte Sternenprinzessin. Hollywood mit seinem Glanz, aber auch mit seinenSchattenseiten, hatte Madame X schon in ihrer Kindheit kennengelernt.

Auch ihre Mutter war Schauspielerin, der Vater ein Schlagersänger, der die Familie baldverließ. Mit 19 erhielt Madame X ihre erste Filmrolle in einer Komödie, und dass siekomödiantisches Talent hatte, sollte sie später noch oft beweisen. Ihre Prinzessin voneinem fremden Stern verkörperte Madame X nicht nur mit Grazie, sondern auch mitSelbstbewusstsein und einer Prise von trockenem Humor.

Von den üblichen blondgelockten Märchenkönigstöchtern hob sich die von Madame Xverkörperte junge Dame dabei schon allein optisch ab. Ihre langen dunklen Zöpfe warenzu merkwürdigen, archaisch anmutenden Knoten über den Ohren gebunden.

Selbstverständlich konnte sie einen Raumgleiter steuern und mit Waffen wieLichtschwertern oder Blaster-Pistolen souverän umgehen. Madame X war nicht nur einePrinzessin, sondern auch Anführerin einer Rebellenarmee. Für eine Generation vonweiblichen Teenagern wurde sie zur Identifikationsfigur und für die gleichaltrigen Jungsdas Mädchen ihrer Träume.

Auch die erwachsenen Kinobesucher liebten diese Prinzessin, die laut Filmvorspann ineiner längst vergangenen Zeit und in einer weit entfernten Galaxie gelebt hatte.

Im letzten Film zu ihren Lebzeiten war eine Generalin aus ihr geworden, die einenverzweifelten Kampf zur Rettung des Guten im Weltall führt. Ihre Fähigkeit zurSelbstironie ist auch in ihren Büchern zu erkennen.

In den letzten ihrer nur 60 Lebensjahre schritt Madame X mitunter in Strickjacke statt inAbendgarderobe über rote Teppiche, und in mehreren Fernsehfilmen trat sie als ihreeigene Karikatur auf. Auch mit ihrer bipolaren Störung ging sie offen um. Ihre Fanssollten verstehen, dass Madame X auch in der Realität bis zum Schluss eine rebellischePrinzessin bleiben wollte.

"Madame X"-Auflösung

Gesucht ist die US-amerikanische Schauspielerin Carrie Frances Fisher (*21.10.1956 inBeverly Hills, Kalifornien, †27.12.2016 in Los Angeles), Tochter der Schauspielerin DebbieReynolds und des Sängers Eddie Fisher.

Weltweit bekannt wurde sie ab 1977 durch ihre Rolle als Prinzessin Leia Organa in dervon George Lucas begründeten "Star Wars"-Filmreihe. Carrie Fisher war auch Autorinmehrerer autobiographisch gefärbter Bücher; sie trat mit einer eigenen Show amBroadway und als Gast in vielen Fernsehserien auf.

STAND: 23.02.2021