Mobiles und ubiquitäres Lernen - Technologien und didaktisches Aspekte
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#mobil
#ver*efung#theorieforschung
Version vom 1. März 2011
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Mobiles und ubiquitäres LernenTechnologien und didaktische Aspekte
Marcus Specht und Mar*n Ebner
Quelle: xlibber, URL: hOp://www.flickr.com/photos/xlibber/3423766012/ [2011-‐01-‐10]
In diesem Kapitel wird ein Überblick zu den Grundlagen und aktuellen Entwicklungen mobiler und ubiqui-‐tärer Lernunterstützung gegeben. Das Kapitel beschreibt verschiedene Defini*onen mobilen Lernens undführt in die zugrundeliegenden Probleme und Lösungsansätze ein. Die sich rasant entwickelnde Techno-‐logie wird hierbei in verschiedene Komponenten von Sensoren und Displays unterschieden und es werdenzentrale theore*sche Paradigmen vorgestellt. Im letzten AbschniO werden unterschiedliche Funk*onenmobiler und ubiquitärer Lernunterstützung vorgestellt und auf entsprechende Klassifika*onssysteme inder Literatur verwiesen.
2 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
1. Defini(onen
Mobiles und ubiquitäres Lernen bezeichnet dieNutzung mobiler und allgegenwärtiger Computer-technologie als Lernunterstützung. Traxler (2009) be-schreibt verschiedene Ansätze zur Definition des„Mobilen Lernens“:▸ Frühe Definitionen legten meist eine technozen-
trische Perspektive zu Grunde; mobiles Lernengalt als: „jedes Bildungsangebot, in dem die ein-zigen oder dominanten Technologien Handheld-oder Palmtop-Geräte sind“ (Traxler, 2005).
▸ In einem nächsten Schritt wurde Mobilität derLernenden mehr und mehr zentrales Kriteriumvon Definitionen: „Jede Art des Lernens, das statt-findet, wenn der Lernende nicht an einem festen,vorgegebenen Ort ist, oder das Lernen, wenn derLernende Lernmöglichkeiten nutzt die mobileTechnologien bieten“ (O'Malley et al., 2003).
▸ In einer Analyse durch Naismith et al. (2004)wurden die Formen des mobilen Lernens nach un-terschiedlichen pädagogischen Paradigmen in be-havioristische, konstruktivistische, situierte, koope-rative und informelle Ansätze unterteilt.
▸ In der aktuellen Forschung sind die Konzepte derKontextualisierung, Personalisierung, Multi-Mo-dalen Interaktion, Awareness und Reflexion zen-trale Komponenten einer mobilen Lernunter-stützung. In einer Analyse von mehr als 150 mo-bilen Lernapplikationen identifizieren Frohberg etal. (2009) sechs Dimensionen zur Klassifikationmobiler Lernunterstützung.
Ubiquitäre Lernunterstützung hat sich in den letztenJahren aus der Verbindung mobilen Lernens und derNutzung von allgegenwärtigen Technologien in derdurchgängigen Lernunterstützung entwickelt. DenSchritt von mobiler zu ubiquitärer oder durchgän-gigen Lernunterstützung betonen Looi et al.(2010) in ihrer Analyse von „Mobile Assisted Seamless Learning”. Hierbei beschreiben sie ver-schiedene Nutzungsbrüche, welche überbrückt wer-den müssen: zwischen formalen und informellenLernsettings, zwischen personalisierter und sozial ein-gebetteter Lernunterstützung, zwischen verschie-denen Lernzeiten und Lernorten, zwischen physikali-scher Umgebung und digitalen Informationen, zwi-schen verschiedenen Geräten, sowie zwischen ver-schiedener Lernaufgaben und -aktivitäten. Die Über-brückung dieser Brüche der Lernunterstützung kannhierbei durch mobile Endgeräte wie auch durch in dieUmgebung eingebettete Technologie erreicht werden.
2.Mobile LerntechnologieS e i t Anfang der 1990er Jahre haben sich insbe-sondere mobile Technologien, sowie Sensor- undDisplay-Technologien rasant entwickelt. Diese Tech-nologien bilden den Grundstein mobiler und ubiqui-tärer Lernunterstützung. Grundsätzlich lässt sich einTrend zur mobilen Unterstützung von Informations-verarbeitung und der Einbettung von Computertech-nologien in die physikalische Umwelt erkennen(Specht, 2009). In den Horizon Reports der letztensechs Jahre finden sich in jedem Sinn relevante Per-spektiven die Mobilität und ubiquitäre Technologieals sehr relevante Entwicklung für die Unterstützungvon Lernen, Lehren, Forschung, sowie Kreativitäteinstufen (Johnson et al., 2010).
Während es vor zehn Jahren eine zentrale tech-nische Frage war, wie Inhalte auf mobilen Gerätenzugänglich gemacht werden geht es heute mehr umdie Integration und Orchestrierung von mobilenTechnologien in durchgängigen Lernunterstützungs-modellen. Bei der Verbindung von digitalen Informa-tionen und Services mit der physikalischen Umweltspielen mobile Endgeräte eine zentrale Rolle (Specht,2009). Die Verbindung findet hierbei über ver-schiedene Merkmale der aktuellen Situation oderauch sogenannte Kontextdimensionen (Zim-mermann et al., 2007) statt. Diese Merkmale der ak-tuellen Situation werden durch spezielle Sensortech-nologien in mobilen Endgeräten erkannt. Zur Mar-kierung physikalischer Objekte werden besondereKennmarken basierend auf RFID, Barcodes, In-frarot, oder Bluetooth genutzt. Aktuelle Genera-tionen von Smartphones enthalten bereits eine Reihevon Sensorkomponenten wie Kamera, Mikrofon,GPS, Kompass, oder Kreiselgeräte zur Erfassung dergenauen Position im Raum. Einen aktuellen Über-blick über Entwicklungen zu ortsbezogenem undkontextuellem Lernen gibt Brown (2010).
Barcode oder sogenannter Strichcode ist eine opto-‐elektronische lesbare Schri>, die im eindimensionalenFall aus unterschiedlichen dicken Strichen und Lückenbestehen (z.B. E*keOen im Einkaufsladen) und mit Le-‐segeräten erfasst werden. Eine Erweiterung sind zwei-‐dimensionale Codes, wie zum Beispiel QR-‐Codes.
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RFID (Radio-‐Frequency IDen*fica*on) ist eine soge-‐nannte Nahfeldkommunika*on bei der miOels einesTransponders (befindet sich am Gegenstand) Datenauf ein Lesegerät übertragen werden. Haupteinsatz-‐gebiet ist heute der Logis*kbereich, aber auch Biblio-‐theken.
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Mobiles und ubiquitäres Lernen. Technologien und didak*sches Aspekte — 3
In einem Bericht über die Verwendung von Mobil-telefonen in „Citizen Media“ wurden die technologi-schen Eigenschaften von Mobiltelefonen und derenPotenzial für mobile soziale Inhalte auf funktionalerEbene analysiert (MobileActive.org:▸ Telefonie und Audio: Meist wird mit Mobiltele-
fonen und deren Audiofunktionalität nur Tele-fonie verbunden. Darüber hinaus bieten Mobilte-lefone die Möglichkeit zu mobilen Audiokonfe-renzen, die Verbindung von Datendiensten, dasVerwalten von Kontakten, Adressen und Ter-minen oder die Nutzung von sprachbasiertenNetzdiensten. Ebenso können alle audiobasiertenMedien wie Podcasts, Rundfunk oder personali-sierte Audiostreams über diese Funktionalität aus-geliefert werden.
▸ Textnachrichten (SMS, MMS) bieten Möglich-keiten einer spontanen Kommunikation mit an-deren Mobilgeräten sowie den Aufbau von per-sönlichen und kontextualisierten Informations-kanälen. Darüber hinaus können Benachrichti-gungsdienste Lernende in jeder Situation aktivüber Veränderungen des aktuellen Kontexts inKenntnis setzen. Das zugrunde liegende Modellermöglicht ortsbezogene und personalisierte In-formationsvermittlung und Aggregation von In-formationen, ebenso wie Modelle (zum Beispielpersonalisierte Microblogging-Modelle) und dieBündelung dieser. Ungefähr 90 Prozent aller be-nutzten mobilen Telefone unterstützen SMS-ba-siertes Messaging.
▸ Foto- und Videofunktionalität ermöglicht Mobil-telefonen Video und Fotoinhalte spontan zusammeln, zu übertragen und selbst mit anderenMobilgeräten zu teilen. Auswirkungen von kon-textbezogenen Informationen wurden in verschie-denen Projekten zu Exkursionen untersucht.Hierbei wurden bis heute hauptsächlich Möglich-keiten zur Erstellung von Photos und Video Mate-rialien zur Dokumentationen und Reflexion ge-nutzt, neueste Generationen von mobilen Gerätenermöglichen nun auch Videokonferenzen von Mo-bilgeräten.
3. Allgegenwär+ge Lernunterstützung
In seinem Buch „Everyware“ beschreibt AdamGreenfield (2006) die Auswirkungen des „UbiquitousComputing“ auf verschiedenen Ebenen unserer all-täglichen Lebensumwelt.
Auf der Ebene des Individuums ermöglichen Sen-soren in Kleidung oder Gebrauchsgegenständen dieÜberwachung von Körperfunktionen und motori-schen Aktivitäten, wodurch eine Nutzung in Lernta-gebüchern oder für Selbstkontrollen ermöglicht wird.Umso mehr Informationen in eine Überprüfung ein-gehen können, desto valider wird diese. Mittels Sen-sorik können neue Messverfahren eine Analyse derNutzerperformanz mit Messungen des Nutzerver-haltens in der realen Welt unterstützen. IntelligenteKleidung wird beispielsweise heute genutzt, um Trai-ningsunterstützung durch direktes Feedback zu gebenoder um Bewegungsabläufe im Leistungssport zu op-timieren.
Die Integration von Computern in Alltagsge-genstände wie Möbel, Wände, Türen, Tassen, oderKüchenausstattung ist ein Grundgedanke des „ubi-quitous computing“. Zentral zum Verständnis ubiqui-tärer Lernszenarien ist die Bedeutung von Sensorenund Indikatoren. Sensoren können jede Art von In-formation abgreifen; von der Raumtemperatur bishin zu Testergebnissen von Lernenden. Indikatorenermöglichen die Anzeige von Informationen imUmfeld von Lernenden. Bei einem Indikator odereinem Display kann es sich um ein persönliches mo-biles Gerät handeln, aber auch um eine Lautsprecher-anlage über die eine allgemeine Durchsage gegebenwerden kann.
Durch die Integration von Sensorik in die realeUmwelt kann eine langfristige Beurteilung von Per-formanzsituationen semi-automatisch realisiert wer-den. Die Lernenden können über ihre Aktivitäten re-flektieren oder ihre Lernergebnisse in Portfoliossammeln. Aufnahmen von Video-, Audio-, oderSensordaten oder sogar biometrische Messungenkönnen mit diesen Daten kombiniert werden unddamit solchen Messungen völlig neue Interpretations-und Reflexionsmöglichkeiten eröffnen.
Eine zweite zentrale Komponente von ubiquitärerLernunterstützung sind Displays oder Indikatoren.
Mobile Technologie bildet einen persönlichen Zugangzur Lernunterstützung. Sensorik in Endgeräten ermög-‐licht hierbei die Verbindung von Lernzielen und Ak*vi-‐täten mit dem Nutzungskontext.
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Erstellen sie eine Liste von physikalischen Objektensowie Orten und sammeln sie damit verbundeneLerninhalten. Suchen sie Möglichkeiten diese Informa-‐*onen auf einem mobilen Endgerät Lernenden zu-‐gänglich zu machen, oder die Neugier der Lernendendurch Hinweise auf dem mobilen Endgerät zu wecken.
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4 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
Beispiele für ein Display sind der Computerbild-schirm oder eine große, öffentliche Leinwand ineinem Bahnhof. Ein Display kann ebenso der Laut-sprecher eines Mobiltelefons oder ein Sound-Systemin einem Kino sein. Auch die haptische Ausgabe beieiner Spielkonsole (engl. „force feedback“) ist einDisplay, das verwendet werden kann, um über ein Er-eignis zu informieren, oder relevante Informationenzu übermitteln (siehe Kapitel #usability). In der aktu-ellen Forschung im Bereich multimodaler Benutzer-schnittstellen ist hierbei mehr und mehr auch eine In-tegration mit mobilen und persönlichen Geräten zubeobachten.
Von zentraler Bedeutung für eine durchgängigeLernunterstützung ist die Fähigkeit von Displays die„reflection in and about action” (Schön, 1983; Schön,1987), also die Reflexion über den eigenen Lern-prozess in einem Kontext zu ermöglichen. Multi-modale Displays ermöglichen es, Informationen je-derzeit und überall an die Benutzer zu übermitteln.Multimodale Displays können hierbei sowohl in per-sonalisierter Lernunterstützung wie auch in koopera-tiven Lern- und Arbeitsszenarien eingesetzt werden.Persönliche Displays und öffentliche Displayskönnen für verschiedene Aufgaben im Instruktions-design eingesetzt werden. Öffentliche Displays er-
möglichen die Zusammenarbeit in Lernaktivitätensowie die Nutzung von Sozialen-Netzwerkenwährend personalisierte Displays meist der individu-ellen Lernunterstützung dienen.
4. Didak(sche Aspekte: Lernen im Kontext
Tulving et al. (1970) zeigten in ihren Untersuchungenzur Kodierung von Informationen die zentrale Re-levanz des Kodierungskontextes auf die Erinne-rungsleistung. Die Theorie der Kodierungsspezifitätbesagt, dass die wirksamsten Abrufhilfen für Infor-mationen diejenigen sind, welche zusammen mit derErinnerung an die Erfahrung selbst gespeichertwurden.
Wie Medien durch Koppelung an Erfahrungen inder realen Welt wirken, wurde auch im SenseCam-Projekt von Microsoft Research untersucht. Sense-Cam ist eine tragbare digitale Kamera mit einerFischaugenlinse und eingebauter Sensorik für Tempe-ratur, Bewegung, und die Lichtverhältnisse imUmfeld des SenseCam-Trägers. Sobald die Kameraeine Veränderung in der Temperatur, der Lichtver-hältnisse oder eine Bewegung entdeckt wird ein Bildaufgenommen. Alle Bilder können anschließend ineiner Art „Film des Tages“ betrachtet werden. Dieregelmäßige Betrachtung dieser Bilder durch Amne-siepatient/innen führte zu einem signifikanten An-stieg der Erinnerungsleistung an Ereignisse des Tages(Hodges et al., 2006).
Das Synchronisieren der Lernunterstützung mitder physischen Umwelt und dem Kontext kann indiesem Sinne als ein vielversprechender Ansatz aufder Basis verschiedener Lerntheorien gesehen
Sensoren und Displays sind die zentralen Kompo-‐nenten allgegenwär*ger Lernunterstützung. Sensorenbieten die Möglichkeit einer valideren Analyse derLernsitua*on und Anpassungen der Lernunter-‐stützung. Displays erweitern die Möglichkeiten zur In-‐terven*on und Unterstützung des Lernprozesses.
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werden. Im Sinne der „Information ProcessingTheory“ (Miller, 1956) und der „Cognitive LoadTheory“ (Sweller, 1988), hat das menschliche Kurz-zeitgedächtnis eine begrenzte Kapazität. Daher sollenLerninhalte so strukturiert sein, dass die Informati-onsmenge die Lernenden nicht überfordert. Darüberhinaus besagt die „Multimedia Learning Theory“(Moreno, 2001; Moreno & Mayer, 2000), dass jedersensorische Kanal (visuell und auditiv) begrenzteVerarbeitungskapazität hat und die Informationsver-arbeitung optimal unterstützt wird, wenn unter-schiedliche, sich ergänzende Kanäle genutzt werden(siehe Kapitel #gedaechtnis).Lave und Wenger (1991) heben hervor, dass Infor-mation in einem authentischen Kontext dargebotenwerden sollen. Der authentische Kontext sollte imbesten Fall die Anwendungen der Information er-fordern.
Die Aktivierung der Lernenden über ihren eigenenLernprozess zu reflektieren, ist zentral im Ansatz von
Donald Schön zu „Reflection in Action“ und „Re-flection about Action“ (Schön, 1987). Durch die Re-flexion über den eigenen Lernprozess entwickelnLernende metakognitive Kompetenzen für dieSteuerung ihres eigenen Lernprozesses. Diese sindhierbei auch an Komponenten des Nutzungkontextsgebunden. Laut Glahn (2009) sind die Aggregationvon Sensordaten und der Kontext der Visualisierungzwei wesentliche Parameter für die Gestaltung vonIndikatoren und Möglichkeien zur Förderung der Re-flexion.
5. Klassifika*on und Anwendungsbeispiele
Roschelle (2003) unterscheidet verschiedene Kate-gorien mobiler Lernsysteme in interaktive Klassen-raumsysteme, interaktive und verteilten Simulationensowie Anwendungen zum kollaborativen Daten-sammeln.
Mobiles Lernen wird in formalen Lernkontextenwie beispielsweise im Klassenzimmer als auch in in-formellen Lernkontexten unterstützt. Ally (2009) gibt
hierzu einen aktuellen Überblick mit verschiedenenAnwendungsszenarien in unterschiedlichen Lernset-tings. Frohberg et al. (2009) analysierten mehr als1.400 Publikationen und beschreiben sechs Dimen-sionen auf denen sie eine Klassifikation und Analysevon 102 mobilen Lernsystemen vorgenommenhaben: Kontext (wo und wann?), Werkzeuge(womit?), Kontrolle (wie?), Kommunikation (mitwem?), Subjekt (wer?), und Lernziel (was?). Diese Di-mensionen basieren auf Sharples Ansatz zu einerTheorie mobilen Lernens (Sharples, 2007). Aus derAnalyse ergibt sich ein Fokus heutiger mobiler Lern-unterstützung auf Einzelnutzer/innen in unabhän-gigen Lernkontexten sowie ein Schwerpunkt auf Ler-nende mit wenig oder keinen Vorkenntnissen. In denmeisten Systemen zum kollaborativen mobilenLernen wird eine zentrale Kontrollfunktion beimLehrenden gesehen.
De Jong et al. (2008) klassifizierten mobile Lern-unterstützung nach den Dimensionen Informati-onsart, Kontextnutzung, Hauptzweck, Informations-fluss sowie lerntheoretisches Paradigma. Die Autorenanalysierten mehr als 80 verschiedene Systeme be-züglich benutzter Kontextfaktoren basierend aufeinem Referenzmodell das fünf verschiedene Kon-textdimensionen berücksichtigt (Zimmermann et al.,2007): Identität, Umgebung, Beziehungen, Zeit, undAktivität. Als Hauptziele mobiler Lernunterstützungwerden hierbei beispielsweise der Austausch von In-formation, die Erleichterung von Diskussionen undBrainstorming, soziales Bewusstsein, Kommunikati-onsführung sowie Engagement und Versenkungidentifiziert. Vergleichbare Klassifikationen findensich auch bei Naismith (2004), der hauptsächlich daspädagogische Paradigma zur Klassifikation herange-zogen hat.
Ein allgemeines Modellierungmodell für mobileund ubiquitäre Lernanwendungen beschreibt Spechtmit den „Ambient Information Channels” (2009). Indiesem Modell werden Informationen auf vierEbenen verarbeitet: Sensorik, Aggregation,Steuerung, und Display-Ebene.
In der Literatur der letzten 15 Jahre ist insbe-sondere die Unterstützung von Exkursionen und dieVerbindung von Klassenzimmer und realen Anwen-dungskontexten ein immer wieder kehrendes Beispiel
Analysieren Sie aktuelle Lehrsitua*onen in denen phy-‐sikalische Objekte zur S*mula*on von Reflexion ge-‐nutzt werden. Überlegen Sie dann, wie Sie diese Si-‐tua*onen durch Feedback von Sensorinforma*onennoch verbessern könnten.
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Verschiedene Lerntheorien betonen die Notwen-‐digkeit der Effizienz der Informa*onsvermiOlung andie aktuelle Nutzungssitua*on. Hierbei spielt die En-‐und Dekodierung von Informa*onen im Kontext, Be-‐schränkungen des Kurzzeitgedächtnisses, wie auchProzesse der mul*medialen Informa*onsverarbeitungeine Rolle.
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für mobile Lernanwendungen (Herrington et al.,2009). Hierbei finden sich zum einen klassische di-daktische Modelle wie „Wissens-Ralleys“, bei denendie Beantwortung von Fragen neue Lernfragen frei-schaltet, wie auch mehr explorative Modelle, in denendie physikalische Umwelt aufgabenbasiert entdecktwird.
Die Einbettung von intelligenten Objekten in kon-krete Lernsituationen (Son Do-Lenh et al., 2010;Alavi et al., 2009) im Klassenraum sind aktuelle Bei-spiele für die Nutzung allgegenwärtiger Technologienund neuer Benutzerschnittstellen für die Verbes-serung von Effizienz und Kommunikation in kolla-borativen Lernsituationen.
6. Zentrale Erkenntnisse
Mobiles Lernen ist wohl eines der sich derzeit amschnellsten weiterentwickelnden Forschungsgebiete.Mit dem Aufkommen der Multi-Touch-Technologie(siehe Kapitel #ipad) sowie den jeweiligen Endge-räten (zum Beispiel Smartphones mit Android-Be-triebssystem oder iPhone, iPad) und damit verbundender Möglichkeit sogenannte Apps (Applications) zuentwickeln ergeben sich viele weitere Potentiale(Ebner et al., 2010). So kann für spezifische Lernpro-bleme in einem speziellen Lernkontext ein kleinesLernprogramm zur Seite stehen.
Literatur
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Nennen Sie verschiedene Arten von mobilen Lernan-‐wendungen und vergleichen Sie deren Zielsetzung.?
In der Praxis : TUGeoWiki An der TU Graz wurde ein Geowiki entwickelt, welches dieMöglichkeiten von Wiki-‐Systemen (kollabora*ves Arbeiten)und Geotagging verbinden soll (Safran et al., 2010).
Hierzu wurde die Vorlagen MediaWiki-‐Seite mit Hilfe derMashup-‐Technologie (siehe Kapitel #webtechnologie) umGoogle Maps erweitert. Wenn nun ein Bild, welches globaleKoordinaten enthält, in eine solche Seite geladen wird, kanndie Posi*on automa*sch auf der Google Karte visualisiertwerden.
Der Feldversuch mit Studierenden der Bauingenieurwissen-‐scha>en fand im Sommer 2008 während einer FeldexkursionstaO. Studierende und Lehrende waren mit Digitalkamerasoder Mobiltelefonen ausgestaOet mit dem Au>rag Bilder fürden abschließenden Bericht zu fotografieren. Ein LehrenderhaOe zusätzlich einen GPS-‐Tracker eingesteckt, welcher jedeSekunde die globale Koordinate mitspeicherte. Im Anschlussan die Feldexkursion erfolgte eine Synchronisierung sämt-‐licher Bilder mit den Koordinaten des GPS-‐Tracker aufgrund
des Zeitstempels. Die so ins Wiki übertragenen Fotos dientenals Illustra*on für den Abschlussbericht mit dem zusätzlichenMehrwert der exakten Posi*onierung.
Solche Einsatzszenarien sind für viele weitere Lernsitua-‐*onen denkbar, sobald die globale Posi*on eine wesentlicheInforma*on im Lernkontext darstellt.
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Mobiles und ubiquitäres Lernen. Technologien und didak*sches Aspekte — 7
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