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REFRAKTIVE CHIRURGIE | SPECIAL | 11 OPHTHALMOLOGISCHE NACHRICHTEN | 06.2017 Effektive Kompensation der Alterssichtigkeit Moderne korneale Inlays – Eine vergleichende Betrachtung einer Dicke von circa 30 µm. Die opti- sche Brechkraft entspricht in etwa der der Hornhaut. Durch die hyperprolate Form des Hydrogel-Inlays zeigt sich nach der Implantation in eine mittlere Stromatiefe eine Aufsteilung der ante- rioren Kurvatur, die zu einer zonalen Myopisierung führt. Durch die dezen- trale Positionierung im Interface eines LASIK-Flaps und leicht inferior der optischen Achse entsteht ein multifoka- les Oberflächenprofil der Hornhaut. Ähnlich wie das Kamra-Inlay wird das Raindrop-Inlay ebenfalls nur monokular in das nahdominante Auge implantiert. Whitman et al. 3 konnten einen Anstieg des Nahvisus um circa fünf Zeilen und des Intermediärvisus um circa 2,5 Zeilen bei nur geringem Verlust von circa einer Zeile beim Fernvisus an den operierten Augen zeigen. Die binokulare Fern-Seh- schärfe blieb hierbei jedoch größten- teils unverändert. Flexivue Microlens: Das Felxivue Microlens Inlay (Presbia, USA) besteht aus einem hydrophilen Polymer. Es hat einen Gesamtdurchmesser von 3,2 mm mit einer zentralen Zone von 1,6 mm ohne refraktive Korrektur und einen peripheren Anteil, der in varia- blen refraktiven Anteilen von +1,5 bis +3,5 dpt zur Verfügung steht. Die zen- trale Öffnung von 0,5 mm dient zur RHEINE Der Wunsch nach Brillen- unabhängigkeit im Alltag steigt stetig an, vor allem im Patientensegment der Pres- byopen. Selbst Brillenträger, die von der Altersweitsichtigkeit eingeholt werden möchten, fühlen sich durch das schwin- dende Lesevermögen mehr gestört als durch ihre initiale Fehlsichtigkeit. Dies erklärt letztlich die steigende Anzahl Presbyopie-korrigierender refraktiver Eingriffe der vergangenen Jahre bei sta- gnierenden refraktiven Korrekturen der Initial-Fehlsichtigkeiten. N eben dem „Clear-Lens Exchange“ mit Implantation von multifokalen Intra- okularlinsen oder Monovisions- einstellung haben sich auch die laserchirurgischen Verfahren weiter entwickelt. Neben unterschiedlichen Excimerlaser-Profilen von der klassi- schen Monovision über „Blended Vision“ bis hin zu multifokalen Abla- tionsprofilen zeigt sich eine große Variation der Behandlungsmöglich- keiten. Durch die Entwicklung im Femtosekundenlaser-Bereich und die damit verbundene Möglichkeit präzi- ser Pocket-Anlagen in den unter- schiedlichen Stromaschichten der Hornhaut erleben vor allem intra- korneale Inlays eine Renaissance in der Presbyopiekorrektur. Aktuell las- sen sich hier vor allem drei Inlaytypen unterscheiden. Kamra-Inlay: Das bisher am längs- ten auf dem Markt befindliche Inlay und daher auch am häufigsten implan- tierte Modell ist das Kamra-Inlay (AcuFocus, USA). Das Funktionsprin- zip hierbei ist das einer stenopäischen Lücke durch Erhöhung der Tiefen- schärfe. Das 3,8 mm große Inlay wird unter einem Flap oder innerhalb eines Pocket in das anteriore Stroma implan- tiert und auf die optische Achse zen- triert. Es besteht aus Polyvinyliden- fluorid mit Kohlenstoffnanopartikeln und weist 8400 pseudorandomisierte, verteilte Löcher von einer Größe von 5–10 µm auf, um den Närstoff-Fluss zu gewährleisten. Der innere Durchmesser der „stenopäischen Lücke“ beträgt 1,6 mm. Prinzipiell wird das Kamra- Inlay nur monokular in das nahdomi- nante Auge implantiert. Dexl et al. 1 zeigten in ihrer Studie einen stabilen Nahvisus von 0,2–0,3 (logRAD) in einem stabilem Lese- abstand um die 40 cm. Nur einer der 32 untersuchten Patienten verlor eine Zeile im Nahbereich, was für das Sicherheitsprofil des Kamra-Inlays spricht. Seyeddain et al. 2 fanden einen Anstieg des mittleren binokularen UNVA von 0,4 logMAR auf 0,1 log- MAR über 24 Monate postoperativ. 83 Prozent der Patienten erreichten einen UNVA von 0,1 logMAR oder bes- ser bei einem mittleren UIVA von 0,0 logMAR. Der mittlere UDVA am operierten Auge lag bei 0,00 logMAR mit einem Anstieg auf -0,1 logMAR binokular. Dennoch zeigte sich in sei- ner Studienpopulation bei 16,7 Prozent ein Verlust von einer Zeile im Bereich des bestkorrigierten Fernvisus. Raindrop: Das Raindrop-Inlay (ReVision Optics, USA) besitzt einen Durchmesser von gerade 2 mm bei Fortsetzung siehe Seite 12 ( © Augenklinik Ahaus Florian Kretz

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refraktive chirurgie | special | 11OphthalmOlOgische NachrichteN | 06.2017

Effektive Kompensation der Alterssichtigkeit Moderne korneale inlays – Eine vergleichende Betrachtung

einer Dicke von circa 30 µm. Die opti-sche Brechkraft entspricht in etwa der der Hornhaut. Durch die hyperprolate Form des Hydrogel-Inlays zeigt sich nach der Implantation in eine mittlere Stromatiefe eine Aufsteilung der ante-rioren Kurvatur, die zu einer zonalen Myopisierung führt. Durch die dezen-trale Positionierung im Interface eines LASIK-Flaps und leicht inferior der optischen Achse entsteht ein multifoka-les Oberflächenprofil der Hornhaut.

Ähnlich wie das Kamra-Inlay wird das Raindrop-Inlay ebenfalls nur monokular in das nahdominante Auge implantiert. Whitman et al.3 konnten einen Anstieg des Nahvisus um circa fünf Zeilen und des Intermediärvisus um circa 2,5 Zeilen bei nur geringem Verlust von circa einer Zeile beim Fernvisus an den operierten Augen zeigen. Die binokulare Fern-Seh-schärfe blieb hierbei jedoch größten-teils unverändert.

Flexivue microlens: Das Felxivue Microlens Inlay (Presbia, USA) besteht aus einem hydrophilen Polymer. Es hat einen Gesamtdurchmesser von 3,2 mm mit einer zentralen Zone von 1,6 mm ohne refraktive Korrektur und einen peripheren Anteil, der in varia-blen refraktiven Anteilen von +1,5 bis +3,5 dpt zur Verfügung steht. Die zen-trale Öffnung von 0,5 mm dient zur

RHEINE Der Wunsch nach Brillen­unabhängigkeit im Alltag steigt stetig an, vor allem im Patientensegment der Pres­byopen. Selbst Brillenträger, die von der Altersweitsichtigkeit eingeholt werden möchten, fühlen sich durch das schwin­dende Lesevermögen mehr gestört als durch ihre initiale Fehlsichtigkeit. Dies erklärt letztlich die steigende Anzahl Presbyopie­korrigierender refraktiver Eingriffe der vergangenen Jahre bei sta­gnierenden refraktiven Korrekturen der Initial­Fehlsichtigkeiten.

N eben dem „Clear-Lens Exchange“ mit Implantation von multifokalen Intra-

okularlinsen oder Monovisions-einstellung haben sich auch die laserchirur gischen Verfahren weiter entwickelt. Neben unterschiedlichen Excimerlaser-Profilen von der klassi-schen Monovision über „Blended Vision“ bis hin zu multifokalen Abla-tionsprofilen zeigt sich eine große Variation der Behandlungsmöglich-keiten. Durch die Entwicklung im Femtosekundenlaser-Bereich und die damit verbundene Möglichkeit präzi-ser Pocket-Anlagen in den unter-schiedlichen Stromaschichten der Hornhaut erleben vor allem intra-korneale Inlays eine Renaissance in der Presbyopiekorrektur. Aktuell las-sen sich hier vor allem drei Inlaytypen unterscheiden.

Kamra-inlay: Das bisher am längs-ten auf dem Markt befindliche Inlay und daher auch am häufigsten implan-tierte Modell ist das Kamra-Inlay (AcuFocus, USA). Das Funktionsprin-zip hierbei ist das einer stenopäischen Lücke durch Erhöhung der Tiefen-schärfe. Das 3,8 mm große Inlay wird unter einem Flap oder innerhalb eines Pocket in das anteriore Stroma implan-tiert und auf die optische Achse zen-triert. Es besteht aus Polyvinyliden-fluorid mit Kohlenstoffnanopartikeln und weist 8400 pseudorandomisierte, verteilte Löcher von einer Größe von 5–10 µm auf, um den Närstoff-Fluss zu gewährleisten. Der innere Durchmesser der „stenopäischen Lücke“ beträgt 1,6 mm. Prinzipiell wird das Kamra-Inlay nur monokular in das nahdomi-nante Auge implantiert.

Dexl et al.1 zeigten in ihrer Studie einen stabilen Nahvisus von 0,2–0,3 (logRAD) in einem stabilem Lese-abstand um die 40 cm. Nur einer der 32 untersuchten Patienten verlor eine Zeile im Nahbereich, was für das Sicherheitsprofil des Kamra-Inlays spricht. Seyeddain et al.2 fanden einen Anstieg des mittleren binokularen UNVA von 0,4  logMAR auf 0,1  log-MAR über 24 Monate postoperativ. 83  Prozent der Patienten erreichten einen UNVA von 0,1 logMAR oder bes-ser bei einem mittleren UIVA von 0,0  logMAR. Der mittlere UDVA am operierten Auge lag bei 0,00 logMAR mit einem Anstieg auf -0,1  logMAR binokular. Dennoch zeigte sich in sei-ner Studienpopulation bei 16,7 Prozent ein Verlust von einer Zeile im Bereich des bestkorrigierten Fern visus.

raindrop: Das Raindrop-Inlay (ReVision Optics, USA) besitzt einen Durchmesser von gerade 2  mm bei

Fortsetzung siehe Seite 12 (© A

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Florian Kretz

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OphthalmOlOgische NachrichteN | 06.201712 | special | refraktive chirurgie

besseren Versorgung des umliegenden Stromagewebes. Anders als das Kamra- oder Raindrop-Inlay wird die Flexivue Microlens durch ein Pocket in die tieferen Hornhautschichten implantiert. Dies bietet zusätzlich die Möglichkeit einer refraktiven LASIK-Behandlung über dem Inlay zur Kor-rektur des initialen Brechkraftfehlers. Durch die Kombination der Korrektur-möglichkeit der Fehlsichtigkeit mit den variablen refraktiven Anteilen des Inlays besteht ein sehr großer Einsatz-bereich für die Flexivue Microlens. Wie bei den anderen beiden Inlays

wird auch hier nur in das nahdomi-nante Auge implantiert. Die FDA-Zulassungsstudie zeigte hierbei einen Anstieg des unkorrigierten Nahvisus um fünf Zeilen über sechs Monate. In der ersten europäischen multizentri-schen Auswertung zeigte sich eben-falls ein Anstieg des monokularen UNVA auf 0,63 dezimal über sechs Monate bei stabilem binokularen UDVA von 1,00 dezimal. Ähnlich wie bei den anderen Inlays kam es aber zu einem geringen Abfall des UDVA am operierten Auge. Malandrini et  al.4 zeigten in ihren Ergebnissen von 81  Patienten einen signifikanten Anstieg des UNVA von 0,76 logMAR

auf 0,10  logMAR bei nur geringem Abfall des UDVA von 0,00  logMAR auf 0,15  logMAR über 36  Monate. Jedoch musste das Inlay bei sechs Patienten aufgrund von Halos, Glare oder Verschlechterung des UDVA wieder explantiert werden.

Zusammenfassung: Intrakorneale Inlays erweitern die Möglichkeiten in der Presbyopiekorrektur und bieten so eine individuelle Versorgung der Patienten. Unterschiedliche optische Prinzipien ermöglichen somit von der Verbesserung der Tiefenschärfe über die Erzeugung einer multifokalen Hornhaut die effektive Kompensation der Alterssichtigkeit. Aufgrund des

häufigen Verlustes im Fernbereich sollte jedoch nur die monokulare Implantation in das nahdominante Auge erwogen werden. W

( Autoren: Dr. med. Florian Kretz dr. med. (Univ. Bud.) Matthias Gerl, Matthias Müller, Dr. med. Detlev Breyer Korrespondenz: Dr. med. Florian Kretz Augenpraxis/­klinik Rheine Osnabrücker Str. 233–235 48429 Rheine E­Mail: mail@florian­kretz.de

Literatur1. Dexl AK et al. Reading performance

and patient satisfaction after corneal

inlay implantation for presbyopia correction: two-year follow-up. J Cataract Refract Surg 2012;38(10): 1808–1816.

2. Seyeddain O et al. Femtosecond laser-assisted small-aperture corneal inlay implantation for corneal compensation of presbyopia: two-year follow-up. J Cataract Refract Surg 2013;39(2): 234–241.

3. Whitman J et al. Treatment of Presbyopia in Emmetropes Using a Shape-Changing Corneal Inlay: One-Year Clinical Out-comes. Ophthalmology 2016;123(3): 466–475.

4. Malandrini A et al. Bifocal refractive corneal inlay implantation to improve near vision in emmetropic presbyopic patients. J Cataract Refract Surg 2015; 41(9):1962–1972.

( Fortsetzung von Seite 11

Das Trockene Auge und der refraktive Chirurgkonsequente therapie von immenser Bedeutung für das optimale Ergebnis

MÜNSTER Das Trockene Auge (TA) ist eine in der Regel chronische, entzündliche Erkrankung, bei der unterschiedliche Strukturen der Tränenfunktionseinheit betroffen sein können. Die Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung wird in verschiede­nen Studien mit zwei bis 16 Prozent ange­geben. Häufig führt ein TA zu einer zuneh­menden Kontaktlinsen­Intoleranz, die dann erst die Entscheidung, sich refraktiv behan­deln zu lassen, auslöst. Daher liegt der Anteil refraktiver Patienten mit TA erheblich über dem der Allgemeinbevölkerung.

Einfluss des ta auf die präopera-tive Diagnostik: Wenn ein TA vorliegt, kann die Präzision der

präoperativen Diagnostik kompromit-tiert sein, was sich unmittelbar auf die Planung der Operation auswirken kann. Dies gilt insbesondere auch für die vor refraktiven Lasereingriffen so entschei-dende subjektive Refraktionsbestim-mung: Tendenziell werden bei TA stärkere Myopien ermittelt als nach adäquater Therapie der Sicca-Sympto-matik. Aber auch objektive Messungen wie zur Bestimmung der Keratometer-werte, die Topografie, die Wellenfront-analyse und andere mehr werden durch eine trockene Augen oberfläche ver-fälscht.1–3 Daher ist es wichtig, diese TA zu erkennen, ausreichend lange und intensiv zu behandeln, um dann die für die jeweilige Operationsplanung erforder liche Diagnostik zu wieder-holen. Es versteht sich von selbst, dass in dieser Zeit keine Kontaktlinsen getra-gen werden dürfen, da auch diese die Augen oberfläche verändern. Anderen-falls kann die Vorhersagbarkeit einer Linsenimplantation (auch nach voran-gegangener Kataraktextraktion) oder eines refraktiven Lasereingriffes deut-lich reduziert werden.

Diskrepanz zwischen klinischen Zeichen und einfluss auf das sehen: Selbst morphologisch unscheinbare Veränderungen können mit einer erheb-lichen Reduktion der Seh- und damit auch Lebensqualität einhergehen. Nicht selten ist nach einer refraktiven Opera-tion über Monate die Lidschluss-frequenz reduziert mit der Folge, dass der Tränenfilm aufreißt und die Patien-ten über ein schlechtes Sehen klagen, ohne dass objektive Zeichen an der Augenoberfläche zu erkennen wären.

pathomechanismus des periopera-tiven ta: Das Opera tionstrauma führt in erster Linie zu einer Intensivierung

der Zeichen und Symptome des TA durch eine Schädigung der Innerva-tion.4 Durch diesen sensorischen Verlust hauptsächlich von Hornhautnerven sinkt einerseits die reflexinduzierte Trä-nensekretion, vor allem aber die Lid-schlagrate. Dies wiederum begünstigt

eine erhöhte Verdunstung beziehungs-weise das Aufreißen eines instabilen Tränenfilms zwischen den Lidschlägen. Auch eine Oberflächen inkongruenz, wie sie bei der Linsenchirurgie an den Parazentesen entsteht, kann eine Prädi-lektionsstelle für einen Tränenfilm-

aufriss sein. Ein Becherzellverlust kann außerdem hinzukommen.1,3 Durch das OP-Trauma werden inflammatorische Proteine (Zytokine) heraufreguliert. Gleichzeitig steigt die Osmolarität der Tränenflüssigkeit, wodurch der Oberflä-chenschmerz zunimmt. Durch die ope-rative Schädigung der Epithelzellen von Bindehaut und/oder Hornhaut wird unmittelbar ein nozizeptiver Schmerz ausgelöst. Parallel dazu wird aber auch durch entzündliche Veränderungen die Empfindlichkeit der poly modalen und nozizeptiven Rezeptoren erhöht, was als neuropathischer Schmerz bezeich-net wird. Postoperativ verstärken sich also nozizeptiver und neuropathischer Schmerz.4

Neue tools in der Diagnostik: Moderne Diagnostikgeräte sollen dem Arzt helfen, ein TA zu erkennen und den Verlauf zu dokumentieren. Dazu gehört das AcuTarget HD (Visiometrics, Barcelona, Spanien), das neben vielen anderen Funktionen den Seheindruck des Patienten und damit die Qualität der Augenoberfläche in Abhängigkeit von der Zeit nach dem Lidschluss darstellen kann (Abb.  1). Leider fanden wir nur eine schwache Korrelation zwischen anderen Zeichen und Symptomen und dem AcuTarget-Befund. Mit dem TearLab (San Diego, CA, USA) soll die Tränenfilmosmolarität am Patienten gemessen werden können (Abb.  2). Obwohl einige Studien diesem Gerät einen hohen positiven prädiktiven Wert bescheinigen, fanden wir beim Einsatz in der klinischen Routine nur schlecht reproduzierbare Messungen.

Matrix-Metalloproteinasen spielen eine große Rolle in der entzündlichen Komponente des TA. Die routinemäßige Bestimmung von MMP-9 ist innerhalb von zehn Minuten möglich geworden, aber wenig reproduzierbar. Nach wie vor halten wir daher im klinischen All-tag die gezielte Anamnese, die auch mithilfe standardisierter Fragekataloge (z. B. OSDI) erfolgen kann, zusammen mit der Spaltlampenmikroskopie für die praktikabelste Diagnostik. Neben den Schirmer-Tests ist vor allem das Anfär-ben der Augenoberfläche mit Fluores-zein und Bengal-Rosa hilfreich in der Verlaufsbeurteilung.

Überlegungen bei der Wahl der Op- methode: Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass SMILE im Vergleich zur LASIK eine weniger starke und weniger lang andauernde Sicca-Symptomatik

induziert.5 Dies deckt sich mit unserer Erfahrung. Eine Excimer-Laserbehand-lung des oberflächlichen Stromas (PRK, LASEK) kann bei niedriger Myopie die korneale Innervation weniger schädi-gen als andere Laserverfahren. Bei einem stark ausgeprägten TA ist mögli-cherweise eine Linsenimplantation weniger belastend als eine Laser-behandlung. Der Einsatz multifokaler Optiken ist hingegen nicht zu empfeh-len, weil diese ebenso wie das TA das Kontrastsehen ungünstig beeinflussen.

praxisorientierte stadieneinteilung und therapieempfehlungen: Schon präoperativ sollte ein TA möglichst gut therapiert werden, einerseits, um eine möglichst gute OP-Planung zu gewähr-leisten, andererseits aber auch, um die durch das OP-Trauma ausgelösten Folgen möglichst gering zu halten. Je nach Ausprägung der Symptome und Zeichen empfehlen sich bestimmte auf-einander aufbauende Therapieansätze (Tab. 1).

Fazit: Die Diagnosestellung und konsequente Therapie sind von immen-ser Bedeutung gerade vor einem refrak-tiven Eingriff, um das optimale Ergeb-nis sicherzustellen. Zur Diagnose muss sich der Arzt nach wie vor insbesondere auf die Anamnese und die Unter-suchung an der Spaltlampe (auch nach Anfärben) verlassen. Für die Therapie steht mittlerweile eine Vielzahl von Tränen ersatzmitteln und andere Optio nen zur Verfügung. W

Literatur auf Anfrage.

( Autor: Dr. Suphi Taneri Augenabteilung am St. Franziskus Hospital Hohenzollernring 70 (im FranziskusCarré) 48145 Münster E­Mail: taneri@refraktives­zentrum.de

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Schweregrad empfohlene Therapie

1

Aufklärung Umweltmodifikation (Raumluftbefeuchter, Computerarbeit, ... Prüfen der bisherigen Medikation (Konservierungsmittel in Augentropfen vermeiden, ggf. systemische Medi­kation von Fachkollegen prüfen lassen), Tränenersatzmittel (unkonservierte Tropfen, Gele, Salben), Diätmodifikation (Omega­3­Fettsäuren, ausreichend Wasser trinken, ...)

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Augenlidbehandlung (Lidrandmassagen, Wärmebrille, ...), antientzündliche Therapie (kurzzeitig Kortikoide, längerfristig Ciclosporin A), bei Meibomitis, Rosacea: systemische Tetrazykline (z. B. Minocyclin 50–100 mg über 6 Monate) und/oder Azithromycin­AT Punctum Plugs

3 permanenter Punctumverschluss, therapeutische Kontaktlinsen, Serumaugentropfen

4 möglichst keine vermeidbaren OP­Traumata

Abb. 2: Messung der Osmolarität des Tränenfilms mit dem TearLab.

Abb. 1: Der Seheindruck des Patienten und die Qualität der Augenoberfläche in Abhängigkeit von der Zeit werden mit dem AcuTarget dargestellt.

Tab. 1: Prä- und postoperative Therapieempfehlung (mod. n. Lemp MA et al. Ocul Surf 2007).