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Dr. Martin Kind, Institut für Anorganische und Analytische Chemie ● [email protected] ● Raum N160/506

Moderne Oberflächenchemie

http://www.uni-frankfurt.de/53459866/terfort

Schwingungsspektroskopie an Oberflächen

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 2

Schwingungsspektroskopie an Oberflächen: vor allem...

16.07.2015

Infrarot-Reflexions-Absorptionsspektroskopie (IRRAS)

Weitere Akronyme: IRAS, RAIRS ("reflection absorption IR spectroscopy"), ERIR ("external

reflection spectroscopy"), IRS, ...

Ein Vergleich von IRRAS mit Röntgen-Photoelektronen-Spektroskopie (XPS):

XPS IRRAS

Stärken:

Schwächen:

• Identifikation v. Elementen in Adsorbaten

• Stöchiometrie

• Bestimmung von Bindungszuständen

• Schichtdickenbestimmung (von Monolagen)

• ionisierende Strahlung (Schädigung der Probe)

• UHV notwendig (exp. aufwendig, wenig flexibel)

• Kosten! (XPS-Anlage ca. 500 k€, Synchrotron: mehrere 100 M€)

Stärken:• Identifikation adsorbierter Moleküle

• funktionelle Gruppen

• Aussagen über chemischen Zustand

• zerstörungsfrei

• (rel.) kostengünstig (40 k€)

• Aussagen über Ordnungsgrad und Orientierung d. Moleküle auf der Oberfl.

Instrumentelles

Grundlagen der Infrarot-Spektroskopie (Wiederholung)

xIR-Strahlungs-quelle

stationärer Spiegel

beweglicher Spiegel

Probe

Detektor

Fourier-Transformation

Strahlteiler

Inte

nsi

tät

Retardierung x / cm

InterferogrammTr

ansm

issi

on

Wellenzahl / cm-1

Spektrum

MIR: 500 - 4000 cm-1

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 316.07.2015

Spektroskopisches Prinzip

Absorption von Infrarotstrahlung führt zur Schwingungsanregung in Molekülen.

Gruppenfrequenzen:typisch für funktionelle Gruppen, z.B.:C-H streck (aliph. < 3000 cm-1, arom. > 3000 cm-1)C=O streck (ca. 1450-1750 cm-1)

Einige Stichwörter

Isotopeneffekt:Einfluss auf die Lage der Schwingungsbanden

n: Wellenzahl k: Maß für die Bindungsstärkeµ: reduzierte Masse

Messgrößen:- Transmission T = I / I0

- Extinktion A = log10(I0/I)

Auswahlregeln: speziell: Dv = ±1 (±2, ±3 ... sehr schwach) allgemein: das Dipolmoment muss sich bei

der Schwingung ändern

~ Stoffmenge

Grundlagen der Infrarot-Spektroskopie (Wiederholung)

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 416.07.2015

Allgemeine Auswahlregel

... ergibt sich aus der universellen Gleichung

I ~ (E ∙ <i|µ|f>)2 I: Intensität

|i>: Anfangszustand

|f>: Endzustand

E: elektrischer Feldvektor

µ: Dipolmoment-Operator; µ = q∙r

q: Ladung, r: Ortsoperator

Konsequenz des Vektor-Charakters von µ:

Mit polarisierter Strahlung lassen sich nur Moleküle mit einer bestimmten

Orientierung im Raum anregen.

d-

d+

d- d+

E

Übergangsdipolmoment (engl.transition dipole moment, TDM)

Grundlagen der Infrarot-Spektroskopie (Wiederholung)

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 516.07.2015

IRRAS

Substrat

Adsorbat

80°IR

Definition der Extinktion bei IRRAS: A = log10(R0 / R)R: Reflektivität der ProbeR0: Reflektivität der Referenz (idealerweise Substrat ohne Adsorbat)

Messung auf Substraten mit hoher Reflektivität => Metalle, v.a. Au, Ag (R ≈ 100 %), auch Al, Fe...Seltener: IRRAS auf Halbleitern, z.B. Si, GaAs (R ≈ 10 %).

Messung muss in streifendem Einfall erfolgen (oft zu finden: 80° zur Oberflächennormale).

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 616.07.2015

Experimentelle Anordnung

Exkurs: Self-Assembled Monolayers (SAMs) - Wiederholung

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 716.07.2015

Ankergruppe auf Au: -SH, -SAc, -SS-, -SeH, -SeAc, ...

Love et al., Chem. Rev. 2005, 105, 1103-1169.

Substrat: Au, Si, Ag, Cu, Pt, Pd, GaAs, ...

Organisches Rückgrat (aliphatisch, aromatisch, ...)

Endgruppe: Funktionalisierung möglich

Hochgeordnete monomolekulare Schicht von chemisorbierten Molekülen

Physikalische und chemische Modifikation von Oberflächen => Anwendungen:- Korrosionsschutz, Mikrofabrikation- Verhinderung von Bakterienadhäsion, biokompatible OF, Gradienten- organische Elektronik (Träger für organ. Halbleiter, Änderung el. Eigensch. Substrat)- u.v.m.

SAM

Reinsubstanz

IRRAS: deutlich kleinere Signal-intensität wegen sehr geringer Schichtdicke (ca. 1 nm).

Anwendungsbeispiel: Alkylthiolat-SAMs auf Gold

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 816.07.2015

SAM

Reinsubstanz

n SH

Keine SH-Streck-schwingung im SAM-Spektrum sichtbar => SH-Bindungsbruch (Hinweis auf Au-Thiolat-Bildung).

Anwendungsbeispiel: Alkylthiolat-SAMs auf Gold

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 916.07.2015

SAM

Reinsubstanz

A = log10(R0/R)

Oberflächen ohne Adsorbat sind unter Nor-malbedingungen unmöglich.

Negative Signale bei kleineren Wellenzahlen (ca. Faktor √2) => Referenz ist ein SAM eines perdeuterierten Alkanthiols.

Anwendungsbeispiel: Alkylthiolat-SAMs auf Gold

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SAM

Rein-substanz

SAM:n sym CH2:kleine Wellen-zahl (2918 cm-1), geringe Band-breite => wenig Gauche-Defekte (hoher Ord-nungsgrad)

n sym CH2

29

18

29

29

Anwendungsbeispiel: Alkylthiolat-SAMs auf Gold

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 1116.07.2015

Intensität d. CH2-Streckschwingungssignale im SAM-Spektrum relativ zu CH3-Signalen deutl. verstärkt

n sym CH2

n asym CH2

n asym CH3

SAM

Rein-substanz

n sym CH3

Anwendungsbeispiel: Alkylthiolat-SAMs auf Gold

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 1216.07.2015

=> Hinweis auf aufrechte Orientierung der Moleküle im SAM.

E: elektrischer Feldvektor, N: Oberflächennormale, A: Ausbreitungsrichtung der Strahlung, a: Einstrahlwinkel

p-polarisierte Strahlung:

elektrischer Feldvektor in der Ebene aus OF-Normalen und Ausbreitungsrichtung ("parallel")

s-polarisierte Strahlung:

elektrischer Feldvektor senkrecht zur Ebene aus OF-Normalen und Ausbreitungsrichtung

Verstärkung desFeldes an der Oberfläche

Auslöschung des Feldes an der OberflächeScreening

Screening und Oberflächenauswahlregel auf Metallen

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 1316.07.2015

Konsequenzen des Screenings:

1) s-polarisierte Strahlung nutzlos (wird meist mittels Polfilter ausgeblendet)

2) Nur die Komponente des Übergangsdipolmoments senkrecht zur Oberfläche des

Substrats wird detektiert.Oberflächenauswahlregel auf Metallen

Folgen:

Banden, die im konventionellen IR-Spektrum eines Moleküls zu sehen sind, können im IRRA-

Spektrum in der Intensität abgeschwächt oder sogar komplett ausgelöscht werden.

Daraus lassen sich Informationen zur Orientierung der Moleküle auf der Oberfläche ableiten.

Screening und Oberflächenauswahlregel auf Metallen

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 1416.07.2015

Berechnung des Kippwinkels von Oktadekanthiolatmolekülen auf Au(111):

Vergleich der Intensitäten von drei Schwingungsbanden mit TDMs in

unterschiedlichen Richtungen (n sym CH3, n sym. CH2, n asym CH2) in

einem SAM-Spektrum (Moleküle parallel ausgerichtet) mit den

Intensitäten in einem Reinsubstanzspektrum (Moleküle räumlich

gleichverteilt)

R. Arnold, A. Terfort, C. Wöll, Langmuir 2001, 17, 4980-4989.

=> Kippwinkel Q = 25°.

Anwendungsbeispiel: Alkylthiolat-SAMs auf Gold

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 1516.07.2015

Mercapto-hexadecanoic acid HS-C15H30-COOH (MHDA)

R. Arnold, W. Azzam, A. Terfort, C. Wöll, Langmuir 2002, 18, 3980-3992.

IdentitätChemischer ZustandOrdnungsgrad

Anwendungsbeispiel: Carboxyl-terminierte Alkylthiolat-SAMs auf Au(111)

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 1616.07.2015

Aufwachsen von MOFs

auf einen SAM: "Layer-

by-layer"-Methode

SAM

Exkurs: Metallorganische Käfigverbindungen (MOFs) auf Oberflächen

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 1716.07.2015

Metall-Kation

Linker 1

Linker 2

Hochporöse Verbindungen an Oberflächen: potentieller Nutzen in Gaseinlagerung, Sensorik, Katalyse, ...

nach Eintauchen in Metall-Kation-Lösung

nach Eintauchen in Lösung mit Linkern

nach erneutem Eintauchen in Metall-Kation-Lösung

nach erneutem Eintauchen in Lösung mit Linkern

etc.

Layer-by-layer-Aufbau des MOFs Zn3(btc)2 auf einen MHDA-SAM, verfolgt mit IRRAS

O. Shekhah, H. Wang, T. Strunskus, P. Cyganik, D. Zacher, R. Fischer, C. Wöll, Langmuir 2007, 23, 7440-7442.

Oberflächenkonzentration

COO-Bande (MOF)CH2-Bande (SAM) btc

zunehmende Zahlder Eintauchzyklen

MHDA: HS-C16H32-COOH

Anwendungsbeispiel: Metallorganische Käfigverbindungen auf Oberflächen

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Einfluss von Oberflächenfunktionalisierung, Temperatur und Ordnung der ersten Lage auf das

Wachstums von SurMOFs (hier: [Cu2(F4bdc)2(dabco)])

J.-L. Zhuang et al., JACS 2015, 137, 8237-8243.

Orientierung

Anwendungsbeispiel: Metallorganische Käfigverbindungen auf Oberflächen

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 1916.07.2015

J. Liu, B. Schüpbach, A. Bashir, O. Shekhah, A. Nefedov, M. Kind, A. Terfort, C. Wöll, PCCP 2010, 12, 4459-4472.

Chemischer Zustand

H+

PP1-SAM

PP1-SAMnach Behandlungmit 0,5M H2SO4

PP1-SAMnach Behandlungmit 10mM CF3SO3H

?

+

(4-(4-pyridyl)phenyl)methanthiol (PP1)

Anwendungsbeispiel: Pyridin-terminierte SAMs

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 2016.07.2015

Mit Click-Chemie wurden an eine Oberfläche verschiedene Funktionalitäten angebunden.

Ziel: eine Oberfläche, die selektiv bestimmte Bakterien bindet.

C. Grabosch, M. Kind, Y. Gies, F. Schweighöfer, A. Terfort, T. K. Lindhorst, Org. Biomol. Chem. 2013, 11, 4006-4015.

Identität(zerstörungsfrei)

Anwendungsbeispiel: SAMs als Glykokalyx-Modelle

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Fluoreszenzmikroskopie

Andere Methoden

SERS (surface-enhanced Raman spectroscopy):

Nanostrukturen aus Metall (Ag, Au, ...)

von geeigneter Größe (ca. 100-500 nm)

in Form von Nanopartikeln oder nano-

strukturierten Oberflächen wirken als

"Antennen" und verstärken das elektro-

magnetische Feld von Laserstrahlung um

etliche Größenordnungen (107 u. mehr)

und ermöglichen so die z. B. Detektion

von sehr dünnen (monomolekularen)

Schichten.

M. Moskovits, J. Raman. Spectrosc. 2005, 36, 485-496.

T. Siegfried, M. Kind, A. Terfort, O. J. F. Martin, M. Zharnikov, N. Ballav,H. Sigg , J. Raman Spectrosc. 2013, 44, 170-175.

Schwingungsspektroskopie an Oberflächen

Moderne Oberflächenchemie: Schwingungsspektroskopie an Oberflächen 2216.07.2015

Andere Methoden

HREELS (high-resolution electron energy loss spectroscopy):

a) Molekülschwingung

b) Schwingung des Moleküls gegen die Substrat-Oberfläche

c) Phononen (Substrat-Schwingungen)

e-e-a

bc

Oberfläche

Elektronen (Energie ≈ 10 eV) werden auf eine Oberfläche mit Adsorbat geschossen und von dort

reflektiert. Sie übertragen Energie auf die Probe, indem sie Schwingungen anregen. Der

Energieverlust der Elektronen wird mit geeigneten Detektoren gemessen.

Y. Wang, Z. Phys. Chem. 2008, 222, 927-966.

Schwingungsspektroskopie an Oberflächen

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Erfolgreiche Prüfungen und eine schöne vorlesungsfreie Zeit.

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