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Informationsmaterial zum Modul-Nr. 1.1: Nutzung von Bildungsnetzwerken initiieren (Schwerpunkt: Management von Bildungsnetzwerken) Modul 1.1.4: Stakeholderanalyse und Stakeholdermanagement in Bildungsnetzwerken – Notwendigkeit und Vorgehensweise von Dipl.-Hdl. Ernst Tiemeyer ANUBA Geschäftsführung NRW Eine Stakeholderanalyse ist eine nützliche Technik, um die Interessenten zu identifizieren, die an einem Bil- dungsnetzwerk beteiligt sind bzw. davon betroffen sind; - erfolgt sinnvollerweise in vier Teilschritten: Identifikation der Stakeholder, Gliede- rung der Stakeholder in Stakeholdergruppen, Analyse und Bewertung des Einflus- ses der Stakeholder sowie die Ableitung von Strategien und Maßnahmen; setzt die systematische Erfassung aller Einflussgrößen auf ein Bildungsnetzwerk bzw. ein Projekt in einem Bildungsnetzwerk voraus; kann wertvolle Hinweise für ein Stakeholdermanagement geben.

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Informationsmaterial zum Modul-Nr. 1.1:

Nutzung von Bildungsnetzwerken initiieren

(Schwerpunkt: Management von Bildungsnetzwerken)

Modul 1.1.4: Stakeholderanalyse und Stakeholdermanagement in Bildungsnetzwerken – Notwendigkeit und Vorgehensweise

von Dipl.-Hdl. Ernst Tiemeyer

ANUBA Geschäftsführung NRW

Eine Stakeholderanalyse …

– ist eine nützliche Technik, um die Interessenten zu identifizieren, die an einem Bil-dungsnetzwerk beteiligt sind bzw. davon betroffen sind;

- erfolgt sinnvollerweise in vier Teilschritten: Identifikation der Stakeholder, Gliede-rung der Stakeholder in Stakeholdergruppen, Analyse und Bewertung des Einflus-ses der Stakeholder sowie die Ableitung von Strategien und Maßnahmen;

– setzt die systematische Erfassung aller Einflussgrößen auf ein Bildungsnetzwerkbzw. ein Projekt in einem Bildungsnetzwerk voraus;

– kann wertvolle Hinweise für ein Stakeholdermanagement geben.

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Nutzung von Bildungsnetzwerken initiieren (Management von Bildungsnetzwerken)

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1 Notwendigkeit und Nutzen von Umfeldanalysen für dieInitiierung von Bildungsnetzwerken

Erfahrungen zeigen: Bereits in der Auslösephase für ein Bildungsnetz-

werk bzw. für Projektinitiativen in Bildungsnetzwerken werden wesentli-

che Voraussetzungen für den späteren Erfolg gelegt. Dies gilt gerade

für den Aufbau von Bildungsnetzwerken bzw. für die Projekte, die in ei-

nem Bildungsnetzwerk abgewickelt werden. Deshalb sollten unter an-

derem folgenden Fragestellungen geprüft und die dazu erforderlichen

Grundsatzentscheidungen getroffen werden:

• Sind die Stakeholder bekannt und ihre Interessen am Bildungs-

netzwerk bzw. einem Projekt in einem Bildungsnetzwerk erhoben?

• Werden klare Ziele für die Beteiligung an Prozessen und Projekten

im Bildungsnetzwerk formuliert?

• Ist die Abgrenzung der Aufgaben und Kompetenzen der Beteiligten

im Bildungsnetzwerk bzw. eine Teilprojektes (= Projektdefinition)

präzise?

• Ist die Rolle des Auftraggebers eindeutig geklärt?

1.1 Zielsetzungen von Umfeldanalysen (insbesondere Stake-holderanalysen)

Da Projekt- und Problemlösungsprozesse wesentlich von den sich ver-

ändernden externen Bedingungen sowie den Einstellungen und Ver-

haltensweisen der möglichen Interessenten (Stakeholder) bestimmt

werden, sollte die Durchführung einer Umfeldanalyse als wichtiger Auf-

gabenbereich beim Aufbau eines Bildungsnetzwerkes bzw. zu Projekt-

beginn für alle Teilprojekte in Bildungsnetzwerken angesehen werden.

Wesentliches Ziel einer Umfeldanalyse ist es, die Interessen und Be

Bildungs-netzwerkeinitiieren:wichtigeFragenkrei-se

Umfeldana-lysen - einwichtigerAufgabenbe-reich

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darfe aller Umfeldgruppen zu erfassen und bei der Problemlösung bzw.

bei einer Projektrealisierung weitgehend zu berücksichtigen. Dies bein-

haltet auch entsprechende Strategien für ein umfassendes Marketing

für das Bildungsnetzwerk.

Generell werden mit einer Umfeldanalyse folgende Zielsetzungen ver-

folgt:

• ganzheitliche und frühzeitige Erfassung aller Einflussfaktoren auf

das Bildungsnetzwerk und auf ein Projekt im Bildungsnetzwerk,

• Früherkennung von Potenzialen und Problemfeldern für ein Bil-

dungsnetzwerk,

• Feststellung der Abhängigkeiten zu anderen Aufgaben und Teilpro-

jekten im Bildungsnetzwerk,

• Beurteilung der Konsequenzen auf die Realisierungsphase,

• Verbesserung der Kommunikation im Bildungsnetzwerk bzw. im

Projekt durch grafische Darstellung von Umfeldbeziehungen,

• Ableitung von Maßnahmen zur Optimierung von Umfeldbeziehun-

gen (Marketing für das Bildungsnetzwerk insgesamt bzw. für Einzel-

projekte im Bildungsnetzwerk).

1.2 Stakeholderanalyse – Grundidee und wissenschaftlicheAbsicherung

In der Management-Literatur tauchte das Wort "Stakeholder" nach

FREEMAN (1984, S. 31) erstmals 1963 in einer internen Notiz des

STANFORD RESEARCH INSTITUTE (heute SRI INTERNATIONAL,

INC.) auf. Stakeholder wurden hier bezeichnet als "diejenigen Gruppen,

ohne deren Unterstützung die Organisation nicht mehr existieren kann".

Die 1963 hervorgebrachte Stakeholder-Idee fand in den 60er und 70er

Jahren in verschiedenen Ansätzen ihre Fortführung, z.B. in der Literatur

GenerelleZielsetzun-gen vonUmfeldana-lysen

Stakeholder– der Ansatzder Wissen-schaft

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zur Unternehmensplanung, zur Systemtheorie, zur sozialen Verant-

wortung von Unternehmen sowie zur Organisationstheorie. In den 80er

Jahren wurde der Stakeholder-Ansatz durch Total-Quality-Initiativen

(vgl. MARSH 1998, S. 25) sowie durch die Forschung zum strategi-

schen Management fortgeführt. (Vgl. FREEMAN 1980. S. 31 ff.)

Das Wort „Stakeholder“ ist nicht gut zu übersetzen. Ein „stake“ ist in der

englischen Sprache ein Spieleinsatz, ein Risiko. Betrachtet man den

mikropolitischen Kosmos, in dem sich die Gestaltung von Bildungs-

netzwerken in und für Schulen und Unternehmen bewegt, als ein Spiel,

geht es also um die genaue Ermittlung derjenigen, die in diesem Spiel

„Berufliche Bildungsnetzwerke“ etwas zu gewinnen oder zu verlieren

haben. Dies sind ganz offensichtlich die beruflichen Schulen (Lehrer,

Schüler, Schulleitung) und die Betriebe – die traditionellen Beteiligten

und Betroffenen im dualen System der Berufsbildung. Weniger offen-

sichtlich können dies aber auch politische Entscheidungsträger und

viele andere sein – ein Beispiel für neue Ansprüche bzw. neue Betrof-

fene. Die Stakeholder bringen jeweils spezifische Gestaltungsansprü-

che bzw. -bedingungen ein, die im weiteren Gestaltungsprozess be-

rücksichtigt werden und die eine zentrale Grundlage für die Evaluation

bilden.

Im wesentlichen kann die folgende begriffliche Einordnung vorgenom-

men werden: Stakeholder sind Individuen oder Gruppen, welche

einen materiellen oder immateriellen Anspruch ("stake") an eine

Organisation (ein Unternehmen, ein Netzwerk oder ein Projekt)

haben. Stakeholder können durch die Aktivitäten des Unterneh-

mens/des Netzwerkes/des Projektes berührt werden bzw. können die

Aktivitäten des Unternehmens/des Netzwerkes/des Projektes beein-

flussen1 , direkt oder indirekt. Sie spielen eine entscheidende Rolle für

1 Vgl. die Definition nach FREEMAN (1984, S. 25): "Stakeholder = Any group or individual who can affect oris affected by the achievement of the firm’s objectives."

Stakeholder– eine be-grifflicheEinordnung

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den Erfolg der Organisation (vgl. FREEMAN 1984, S. 24 f.; MARSH

1998, S. 27). Insofern sind von Seiten der betrachteten Organisati-

on/des Netzwerkes/des Projektes die Interessen der Stakeholder stets

zu berücksichtigen2. Eine wichtige Konsequenz auch für Bildungs-

netzwerke.

1.3 Umfeldanalyse – ein erweiterter Ansatz

Die Umfeldanalyse geht über den Stakeholder-Ansatz hinaus; trotz

unterschiedlicher Zielrichtungen kann die Stakeholder-Analyse als Teil-

bereich (und nicht nur als Vorläufer) der Umfeldanalyse betrachtet wer-

den. Das Einbeziehen beispielsweise des Projektumfeldes in das Pro-

jektmanagement geht in die gleiche Richtung wie der Ansatz des Stra-

tegischen Managements in der Unternehmensführung seit den 60er

Jahren. Hiernach liegt der Fokus nicht mehr (nur) im Ausgleich der am

Unternehmen beteiligten Interessen(sgruppen), sondern in der Bewälti-

gung der Umweltanforderungen durch das Unternehmen. "Das Unter-

nehmen als Ganzes hat sich einerseits auf die diskontinuierlich verlau-

fenden Umweltentwicklungen einzustellen, beeinflusst andererseits

aber auch die Umwelt dergestalt, dass die Unternehmensziele optimal

erfüllt werden." (MACHARZINA 1995, S. 8).

"Mit Hilfe eines aktiven Umfeldmanagements wird es möglich, die kom-

plexe Einbettung von Projekten übersichtlich darzustellen und dadurch

potentielle Einflussgrößen rechtzeitig zu erkennen, so dass professio

2 Hinsichtlich der Bedeutung des Stakeholder-Ansatzes für die Unternehmensführung urteilt MACHARZINA(1995, S. 8): "Berücksichtigt man .. auch die vielfältigen externen von Staat, Interessenverbänden oder Ver-brauchergruppen gestalteten Einflussnahmen auf die Unternehmensführung, dann muss dem Stakeholder-Ansatz eine hohe faktische Relevanz hinsichtlich der Entscheidungsfindung in Unternehmen zugebilligt wer-den. Der Stakeholder-Ansatz erfährt im interessenpluralistisch ausgerichteten Koalitionsmodell(CYERT/MARCH [Theory]; STEINMANN [Großunternehmen]) seine stärkste Ausweitung. Das Unternehmenwird hier als eine Koalition aufgefasst, in der unterschiedliche Interessengruppen ihre Ziele bestmöglich zuerreichen suchen." Da die Interessen der beteiligten Gruppen nicht immer übereinstimmen, obliegt es derUnternehmensführung "gleichsam treuhänderisch einen Interessenausgleich herbeizuführen." (MACHARZINA1995, S. 8)

Umfeldana-lysen - inAbgrenzungzu Stake-holderanaly-sen

Umfeldma-nagement

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nelles Agieren an die Stellen von improvisiertem Reagieren tritt."

(PATZAK/RATTAY 1997, S. 70; vgl. auch LITKE 1991, S. 19) Vor die-

sem Hintergrund ist Umfeldmanagement nicht als punktuelle Aktivität,

sondern als ein laufender Prozess zu betrachten.

Beim Projektumfeldmanagement lassen sich organisatorisch-soziale

von sachlich-inhaltlichen Einflussgrößen unterscheiden:

• Einen organisatorisch-sozialen Einfluss können einzelne Perso-

nen, Personengruppen oder Interessengruppen ausüben, welche

"durch ihr Tun oder Unterlassen das Projekt in seinem Ablauf för-

dern (positiver Einfluss) oder hemmen bzw. verhindern (negativer

Einfluss)" (PATZAK/RATTAY 1997, S. 71). Die Methode der Analy-

se dieses Umfeldes wird auch als "Stakeholder-Analysis" oder als

"Force field analysis" bezeichnet.

• Einfluss auf Organisationen kann aber auch ohne das direkte Ein-

wirken von Personen entstehen. So können beispielsweise neue

Gesetze, die Entwicklung neuer Technologien, neue Marktbedin-

gungen etc. einen sachlich-inhaltlichen Einfluss ausüben.

Die Bedeutung, welche die einzelnen Umfeldgruppen für ein Bildungs-

netzwerk bzw. ein Projekt haben, ist unterschiedlich. Entsprechend ver-

schieden sind auch die Kommunikationsbeziehungen zwischen den

Beteiligten im Bildungsnetzwerke bzw. zu Projektteammitgliedern sowie

die grundsätzliche Einstellung der Umfeldgruppe zum Projekt.

2 Vorgehensweise zur Stakeholderanalyse - an einemProjektbeispiel für den Aufbau und die Nutzung vonBildungsnetzwerken

Die wesentlichen Vorgehensschritte einer Umfeldanalyse sind:

• Identifikation des Umfeldes des Bildungsnetzwerkes bzw. kon-

kreter Projekte im Bildungsnetzwerk (Erfassen aller Einflussgrößen,

insbesondere der Stakeholder und ihrer Hauptinteressen),

Einflussgrö-ßen für dasProjekt-Umfeldma-nagement

Vorgehens-schritte füreine Um-feldanalyse

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• Gliederung in organisatorisch-soziale Umfeldgruppen (= Klassifika-

tion der Stakeholder) bzw. sachlich-inhaltliche Einflussgrößen,

• Bewertung des Umfeldes und detaillierte Analyse einzelner Ein-

flussgrößen und Beziehungen (Bewertung des Einflusses einzel-

ner Stakeholder, Klima/Stimmung, Bedeutung/Macht, Erwartun-

gen/Befürchtungen),

• Ableitung von Strategien und Maßnahmen (Stakeholdermana-

gement).

2.1 Identifikation der Stakeholder (für Projekte in einem Bil-dungsnetzwerk)

Im Folgenden soll sich die Umfeldanalyse auf das organisatorisch-

soziale Umfeld (= Stakeholder) konzentrieren. Als Stakeholder werden

die Anspruchsgruppen und –personen bezeichnet, die unmittelbaren

Einfluss auf den Projektfortschritt im Bildungsnetzwerk haben und/oder

von den Projektzielen direkt oder indirekt betroffen sind. Dies sind die

Zielgruppen des Produktes als auch die Projektbeteiligten der Lernort-

kooperation.

Partner sind im Rahmen von Projekten in beruflichen Bildungsnetzwer-

ken insbesondere verschiedene Betriebe der Region: Klein- und Groß-

betriebe sowie aus unterschiedliche Wirtschaftsbereiche (Industrie,

Handwerk). Dabei muss die regionale Struktur eine besondere Berück-

sichtigung finden. Hinzu kommen unterschiedlichen Bildungsstätten

(Berufsschulen, Ausbildungsbetriebe, Überbetriebliche Bildungsstätten,

allgemeinbildende Schulen usw.). Schließlich können weitere Gruppen

interessant sein, wie die folgende Übersicht zeigt:

Welchessind mögli-che Stake-holder inBildungs-netzwerken?

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BLK-Projekt ANUBALfS

Stakeholderanalyse für Bildungsnetzwerke: Identifikation der Stakeholder

Anspruchsgruppenund ihr

zentraler Anspruch

Lehrende

Bezirksre-gierung

Schullei-tung

Kammern

Bildungsgangltg.

Schul-träger

andereBildungs-

träger

Sozial-partner

Ministe-rium

Wissen-schaft

Studien-seminare

Ausbild.-betriebe

Unterrichts-verbesserung

bessereAusbildung

FörderungSchulentw.

bessereQualität

bessere Abst.Schule + Betrieb

Komm.plattform

ergänzendeBeteiligung

Kosten-effizienz

Zusatzqualif.für Referendare

praxisnaheForschung

OptimierungAusbildung

OptimierungAusbildungund Stellen

Verbände+ Vereine

Image-förderung

Landesinstitute

bessereKommunik.

2.2 Gliederung der organisatorisch-soziale Umfeldgruppen (=Klassifikation der Stakeholder)

Um nach der Erfassung der Einflussgrößen konkrete Handlungshilfen

für das Stakeholdermanagement zu erhalten, ist es sinnvoll, die Stake-

holder zu klassifizieren. Dies ist auf verschiedene Weise möglich.

Eine simple Unterteilung kann nach Promotoren (dem Projekt / der Or-

ganisation gegenüber positiv gestimmt) und Opponenten (negativ ge-

stimmt) vorgenommen werden (vgl. PATZAK/RATTAY 1997, S. 74). In

den meisten Fällen wird es sich als sinnvoll erweisen, differenzierter

vorzugehen.

MARSH unterteilt Stakeholder in vier Gruppen: "customers, controllers,

partners and the core" (MARSH 1998, S. 27). Diese von MARSH auf

Unternehmen bezogene Kategorisierung lässt sich auch auf Bildungs-

netzwerke bzw. Projekte beziehen:

• Customers (Kunden) erhalten direkt oder indirekt (primary oder

secondary customers) ein Produkt oder eine Leistung.

Klassifikati-on der Stak-holder nachMarsh

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• Controller überwachen den Prozess: "Controllers define, regulate

and influence the organisation or process." (MARSH 1998, S. 28).

• Partners liefern der Organisation Produkte oder Leistungen oder

tragen zur Verbreitung von Produkten oder Leistungen bei.

• Der Kern (core) wird von Personen gebildet, die außerordentlich

bedeutsam für die Organisation bzw. den Prozess sind. (vgl.

MARSH 1998, S. 27 f.).

Die Übergänge zwischen diesen Kategorien wie auch anderer Syste-

matiken sind fließend.

Eine weitere Systematisierung stammt von FREEMAN in Anlehnung an

PORTER (1980): Zunächst lassen sich Stakeholder nach ihrem relati-

ven Kooperationspotenzial (relative cooperative potential) und nach ih-

rem relativen Bedrohungspotenzial (relative competitive potential) un-

terscheiden (vgl. FREEMAN 1984, S. 141 f.). Je nachdem, ob dieses

Potenzial hoch oder niedrig ausgeformt ist, ergeben sich vier Stakehol-

der-Gruppen: "Swing Stakeholder", "Defensive Stakeholder", "Offensive

Stakeholder" und "Hold Stakeholder" (vgl. FREEMAN 1984, S. 142 ff.):

• Swing Stakeholder ("schwankende Stakeholder") zeichnen sich

durch ein hohes Kooperations- sowie durch ein hohes Bedrohungs-

potenzial aus.

• Defensive Stakeholder (defensive, sich verteidigende Gruppen)

haben bei niedrigem Kooperations- ein hohes Bedrohungspotenzial.

Diese Gruppe hat es in der Hand, das Projekt scheitern zu lassen,

wobei sie auch nicht zum Erfolg des Projektes beitragen kann.

• Offensive Stakeholder haben ein hohes Kooperations- und ein

niedriges Bedrohungspotenzial und

• "hold" Stakeholder (gegenüber der Organisation in ihrer Position

verharrende Stakeholder) ein niedriges Kooperations- und Bedro-

hungspotenzial.

Klassifikati-on derStakeholdernach Free-man

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Da es Aufgabe des ('traditionellen') Stakeholder-Managements ist, ei-

nen Ausgleich der verschiedenen Interessen herbeizuführen, sind

Strategien in Bezug auf die verschiedenen Anspruchsgruppen zu ent-

wickeln (vgl. FREEMAN 1984, S. 139 ff.):

• Swing Stakeholder zwingen zu Aktivitäten von Seiten der Organisa-

tion, da sie ein hohes Bedrohungspotenzial besitzen; die Strategie

ist diejenige der Regeländerung ("change the rules").

• Gegenüber defensiven Stakeholdern (hohes relatives Bedrohungs-

und geringes relatives Kooperationspotenzial) versucht die Organi-

sation sich zu verteidigen ("defend"), indem insbesondere die positi-

ven Einflüsse der Organisation für diese Stakeholder herausgestellt

werden.

• Bei offensiven Stakeholdern sollte die Organisation versuchen, das

hohe Kooperationspotenzial (geringes Bedrohungspotenzial) zur

Geltung kommen zu lassen. FREEMAN bezeichnet die Strategie als

Abschöpfung ("exploit"). Da trotz des hohen Kooperationspotenzials

eine negative Einstellung gegenüber der Organisation auszuschlie-

ßen ist, muss die Beziehung zu dieser Gruppe genau analysiert

werden, um dann mittels verschiedener Maßnahmen eine positive

Einstellung dieser Stakeholder-Gruppe zu bewirken.

• Bei verharrenden Stakeholdern (geringes Bedrohungs- und Koope-

rationspotenzial), sollten eingeschlagene Wege weiterverfolgt wer-

den, ggf. mit leichten Varianten. Werden in Bezug auf die Swing-

Gruppe Change-the-rules-Programme eingeschlagen, so sind stets

Auswirkungen auf die Hold-Gruppe zu untersuchen, da auch diese

Gruppe von veränderten Strategien betroffen sein kann.

Die entscheidende Frage für das Stakeholdermanagement ist natürlich

die Analyse, inwieweit die Stakeholder das Projekt unterstützen oder –

im anderen Extremfall – auch dagegen opponieren. Im Rahmen der

ANUBA-Projektarbeit wurde eine Differenzierung von Projektumfeld

Maßnahmenfür das Sta-keholder-manage-ment

Stakeholder-Gruppen inANUBA

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gruppen vorgenommen werden, welche FREEMANS Unterteilung sehr

ähnlich ist.

BLK-Projekt ANUBALfS

Promotors, Sponsoren

Supporters, Change Agents

Opponents, Change Barriers

Hoppers, Change Advocates

Change,Innovation

Stakeholder-Modell: Gliederung der Umfeldgruppen für die ANUBA-Projektarbeit

Die entscheidende Frage aus Projektmanagement-Sicht: Inwieweit unterstützen die Stakeholder oder - im anderen Extremfall -opponieren sie gegen das Projekt?

Zur Bedeutung dieser Personengruppen:

• Promotoren/Sponsoren sind jene Personen, die die Projektarbeit

aktiv gestalten und fördern wollen sowie Widerstände überwinden.

• Supporter/Change Agents leisten inhaltliche Unterstützung, sor-

gen für eine breite Abstützung in der Organisation und stellen

punktuell Ressourcen für das Projekt bereit.

• Opponents/Change Barriers leisten offener oder heimlicher Wi-

derstand gegen das Projekt und üben einen wesentlichen negativen

Einfluss auf das Erreichen der Projektziele aus. Ihr Ziel ist der Pro-

jektabbruch, die Umbesetzung von Schlüsselfunktionen oder die

Aneignung des Projekts.

• Hoppers/Change Advocates sind unentschlossen und wechselnd

in der Einstellung. Sie haben keinen direkten Machteinfluss. Es ist

aber eine Meinungsbildung möglich, so dass sie durch Maßnahmen

auch zu Supporters werden.

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2.3 Bewertung des Umfeldes (Einflussanalyse und Bezie-hungsanalyse)

In einem nächsten Schritt ist eine Bewertung des Einflusses nötig.

Dabei hat es sich als hilfreich erwiesen, zunächst gewisse Gruppen

("übergeordnete Rolle") zu bilden. In Einzelfällen können Personen

auch namentlich erwähnt werden. Zur Schärfung ihrer Position sollten

Auftrag bzw. Ziel der jeweiligen Gruppe (bzw. Person, in der Folge

werden nur noch Gruppen genannt, was Einzelpersonen einschließen

soll) skizziert werden, um schließlich eine Klassifizierung vornehmen zu

können. Hieraus lassen sich die folgenden Bewertungsspalten ableiten.

Das "Ranking" gibt die Bewertung des Einflusses wieder. Dies kann

in einem ersten Schritt einfacher Form als ABC-Analyse (A = hoher

Einfluss, B = mittlerer Einfluss, C = geringer Einfluss) oder in einer Zahl

(etwa Skala von 1 (nicht sehr wichtig) bis 5 (äußerst wichtig)) erfolgen.

Ziel einer solchen zu einem bestimmten Zeitpunkt durchgeführten Be-

wertung ist es, die wesentlichen von weniger bedeutenden Einfluss-

gruppen zu unterscheiden und in der Folge das Hauptaugenmerk auf

die Stakeholder mit einem hohen Ranking zu legen.

Der Einfluss der Stakeholder kann nach Art und Bedeutung für das

Projekt unterteilt werden:

In Bezug auf die Einflussart kann beispielsweise unterschieden werden,

ob Projektziele, die Ressourcen für das Projekt (kapazitative Einfluss-

größe) oder die Rahmenbedingungen (Gesetzesänderungen, verän-

derte Marktlage etc. tangiert werden. Wird dem Einfluss einer Interes-

sengruppe eine hohe Bedeutung beigemessen, so bedeutet dies, dass

diese Gruppe im ungünstigsten Falle das Projekt zum Scheitern brin-

gen und im günstigsten Falle schnell vorantreiben kann. Eine geringe

Bedeutung bzw. Macht einer Interessengruppe lässt auf einen nur ge-

ringen Einfluss auf Projektverlauf oder –ergebnis schließen. (Vgl.

PATZAK/RATTAY 1997, S. 74 ff.)

Stakeholder-Bewertung –Einflußana-lyse

Bewertungs-möglichkei-ten

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Im Rahmen der Beziehungsanalyse gilt es zunächst herauszustellen,

inwieweit die jeweilige Interessengruppe gegenüber dem Projekt posi-

tiv, ambivalent oder negativ gestimmt ist. Daraufhin sind aber weitere

spezifische Analysen hilfreich, die der folgenden Übersicht entnommen

werden können:

BLK-Projekt ANUBALfS

- Allianzen (----)-- offene Absprache/implizite Zustimmung-- gleiches Verhalten -- selbe Entscheidungen/Empfehlungen

- Abhängigkeiten (==>)-- Verhalten und Entscheidungen immer

von einem anderen Faktor(z.B. Stakeholder) abhängen

- Konflikt (<==!!!==>)-- gegenseitig bekämpfen-- Chancen/ Interessen gegenseitig ausschliessen

Stakeholderanalyse: Beziehungsanalyse und Konsequenzen

Je höher die Bedeutung einer Umfeldgruppe für das Projekt eingestuft

wurde, umso genauer sollte die Analyse von Chancen/Interessen und

Gefahren (Risiken/Konfliktpotenziale) erfolgen. (Vgl. PATZAK/RATTAY

1997, S. 76.)

2.4 Konsequenzen aus der Stakeholderanalyse - Ableitungvon Strategien und Maßnahmen (= Stakeholdermanage-ment)

Die genaue Analyse und möglichst vollständige Erfassung der Stake-

holder mit Schwerpunktsetzung durch das Ranking bilden die Basis für

Strategien bzw. einen Maßnahmenkatalog zur optimalen Ausgestaltung

der Beziehungen; ggf. sind diese direkt aus einer Klassifizierung ableit

Beziehungs-analysen

Stakeholder-manage-ment

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bar. Prinzipiell lassen sich Sofortmaßnahmen (möglichst zeitnahe Um-

setzung) und Maßnahmen nach Vorsorgeplänen (evtl. Umsetzung erst

bei Eintritt bestimmter Ereignisse) unterscheiden. Wichtig erscheinen

hierbei eine möglichst operative Ausformulierung des Maßnahmenka-

talogs sowie die Zuordnung von Verantwortlichkeiten in bezug auf die

Aufgabenerledigung. (PATZAK/RATTAY 1997, S. 79 f.)

Die wichtigste Frage, die es zu beantworten gilt, ist: Wie lässt sich die

Mitarbeit und Verpflichtung (commitment) der Betroffenen & Beteiligten

gestalten? Die Projektumfeldanalyse kann so auch als Grundlage für

das Projektmarketing dienen: "Unter Projektmarketing sind alle Aktivi-

täten zu verstehen, die dazu dienen, Projekte in ihrem Umfeld besser

bekannt zu machen sowie die Akzeptanz ihrer Prozesse und Ergebnis-

se zu erhöhen." (PATZAK/RATTAY 1997, S. 80.)

In der Regel wird eine Projektumfeldanalyse zu Beginn eines Projektes

erstmalig erstellt werden. Da sich die Umfeldbedingungen ändern kön-

nen, ist es zweckmäßig, diese Untersuchung in gewissen Zeitabstän-

den zu überarbeiten. Aus den Differenzen zwischen der anfänglichen

Umfeldanalyse und der aktualisierten Version lassen sich ggf. neue Ak-

tionsfelder ableiten. Außerdem lässt sich anhand einer neuerlichen

Stakeholderanalyse der Erfolg von abgeleiteten Maßnahmen messen.

3 Methodische Hinweise zur Durchführung von Sta-keholderanalysen

Das Management von Bildungsnetzwerken bzw. Projekten bzw. von

Projektphasen unterschiedlicher Komplexität auch den Einsatz diffe-

renzierter Methoden und Vorgehensweisen erfordert. Neben der

Anforderun-gen an Pro-jekte - situa-tives Vorge-hen undgeeigneteMethodik

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Schaffung jeweils adäquater Projektstrukturen ist ein qualitativ gutes

Projektmanagement

• durch die Schaffung einer expliziten Projektkultur (Delegation von

Entscheidungskompetenz in Projekten, Gewährleistung von Frei-

räumen u. ä.),

• durch echte Teamarbeit (Wahrnehmung des "Mehrwerts" der

Teamarbeit),

• durch eine kooperative Vernetzung mit Vertretern relevanter Um-

welten (Einbezug von Stakeholdern zu Workshops, Schaffung von

Kommunikationsnetzwerken) und

• durch Sicherung kontinuierlicher Verbesserungen im Projekt (Siche-

rung von Potenzialen zum Lernen, Förderung des Wandels im Pro-

jekt) charakterisiert.

Einige praktische Hinweise zur Durchführung einer Stakeholderanalyse:

• Wichtig ist, ein Gesamtbild zu entwickeln. Es ist nicht unbedingt

notwendig, zu sehr ins Detail gehen.

• Da die Stakeholderanalyse eine Momentanaufnahme ist, legen Sie

den Betrachtungszeitpunkt fest, weil sonst die Meinungen im Team

sehr stark auseinandergehen.

• Formulieren Sie den als Ergebnis einer Umfeldanalyse entstehen-

den Maßnahmenkatalog so operativ wie nur möglich. Jede Maß-

nahme wird einer Person oder Gruppe zur Erledigung bis zu einem

definierten Zeitpunkt übertragen.

3.1 Systematische Selektion der Stakeholder

Bei der Stakeholderidentifikation erweist es sich als zweckmäßig, mit

Personen in führenden Positionen zu beginnen. Diese sollten auch da

Selektionder Stake-holder

Tipps zurDurchfüh-rung

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Nutzung von Bildungsnetzwerken initiieren (Management von Bildungsnetzwerken)

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bei helfen, weitere Stakeholder zu identifizieren. Eine frühzeitige Ein-

engung der Stakeholder ist zu vermeiden.

Oft sind Verfahren notwendig, die verhindern, dass bestimmte Gruppen

mit bestimmten Merkmalen (z.B. niedrige Hierarchiestufe, Geschlecht,

Sprache, Kultur) übersehen werden. Erfahrungsgemäß sollte man sehr

vorsichtig mit organisationsinternen Experten sein, die vorgeben, den

Bedarf der organisationsinternen ‚Abnehmer’ hinreichend zu kennen.

Eine Erfahrung aus dem Projekt "Bildungsnetzwerke" bestätigt aber:

Die Betroffenen und Beteiligten (Stakeholder) sollten in einem offenen

Prozess ausgewählt und eingebunden werden. Diese offene Auswahl

von Stakeholdern ist einerseits zur Erhöhung der Problemlösekapazität,

andererseits aus Legitimationsgründen notwendig.

Die offene Auswahl der Stakeholder wird häufig unterlaufen. Eine

Gruppe versucht nicht selten, Tabu-Partner für Netzwerke zu deklarie-

ren. Bei der Konstitution der Netzwerkpartner gibt es außerdem eine

Tendenz zu Partnern mit dem gleichen Referenz- bzw. Formalzielsy-

stem. Es findet eine Selektion von Institutionen statt, deren Erfolg an

den gleichen Maßstäben (z.B. "Förderung der Interessen einer Bran-

che", "Förderung der Interessen einer Gruppe von Beschäftigten") be-

stimmt wird.

Beachten Sie: Netzwerke (so auch Bildungsnetzwerke) sind genau

dort besonders erfolgreich, wo es gelingt, auch komplementäre Pro-

blemlösekapazitäten zu poolen.

Methodisch kann die Identifikation nach dem aus der Netzwerkanalyse

bekannten Schneeballsystem erfolgen. Man beginnt die Befragung bei

potenziellen Partnern, die meist ohnehin bekannt sind, befragt dann die

genannten Partner usw. Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass

Offene Aus-wahl vonStakehol-dern

MethodischeIdentifikationvon Stake-holdern

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die Zahl der zu berücksichtigenden Personen handhabbar bleibt. Die

Identifikation wird ergänzt durch eine Prüfung der Relevanz (Priorität)

sowie der Legitimität einer möglichen Einflussnahme durch einen Sta-

keholder. Abschließend sind für die Stakeholder verschiedene Beteili-

gungsgrade (z.B. Zusammenarbeit, Abstimmung, Informationsrecht,

Informationspflicht, Anhörungsrecht) zu fixieren.

3.2 Instrumente des Qualitätsmanagement

Um definierten Qualitätsstandards gerecht zu werden, Fehlerquellen

frühzeitig auszuschalten, muss außerdem ein konsequentes Quali-

tätsmanagement in allen Projektphasen betrieben werden. Dazu zäh-

len:

• optimale Bedarfserfassung durch Befragungen und Einbeziehun-

gen alle Beteiligten,

• Unterstützung der Projektbeteiligten bei der Zielfindung,

• Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Kommunikationsprozes-

se durch Protokollierung aller Abstimmungsgespräche,

• Verifikation der Ergebnisse durch Rückkopplungsrunden.

Wichtig ist es, Lernortkooperation im Rahmen eines Organisationsent-

wicklungsprozesses in ein (bestehendes bzw. in ein im Aufbau begrif-

fenes) Qualitätsmanagementsystem zu integrieren. Techniken des

Qualitätsmanagements und Risikomanagement in Projekten sowie ein

entsprechendes Feedbackmanagement stellen wichtige Aktivitäten des

Stakeholdermanagement dar.

QM in allenProjektpha-sen

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3.3 Instrumente zur Dokumentation der Stakeholderanalyse:Stakeholdertabelle

Für die Dokumentation der Stakeholderanalyse sind u.a. folgende Infor-

mationen zusammenzustellen:

• Identifikation der Stakeholder (z. B. nach Rolle, Funktion bzw. Na-

me)

• Klassifikation der Stakeholder (Auftrag/Ziele, Einschätzung der Ein-

stellung)

• Bewertung der Betroffenheit der Stakeholder durch das Projekt

(High-Middle-Low = ABC oder Punktesystem),

• Analyse der Stakeholder nach Chancen/Interessen durch das Pro-

jekt,

• Analyse der Stakeholder nach seinen/ihren persönlichen Risi-

ken/Konfliktpotenzial/en,

• Maßnahmen/Konsequenzen (Stakeholdermanagement).

Ergebnis kann eine Stakeholderliste (Tabelle) sein:

BLK-Projekt ANUBALfS

Rolle

Name,Funktion

Auftrag,Ziele

Chancen,Interessen

Risiken,Konfliktpotentiale

(Coaching-)Massnahmen

Stakeholder-Tabelle: Detailanalyse und Maßnahmen

Bewer-tung(Stärke)

Dokumenta-tion der Sta-keholdera-nalyse unddes Stake-holderma-nagement

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4 Stakeholder als Kooperationspartner für Schulen – eineexemplarische Analyse

Unter diesem Gliederungspunkt soll ein ANUBA-Projektbereich „Curri-

culumpräzisierung bei Medienberufen“ exemplarisch im Hinblick auf ein

professionelles Stakeholdermanagement analysiert und präsentiert

werden.

Die Begründung für eine verstärkte Lernortkooperation insbesondere

bei den neuen IT- und Medienberufen lässt sich aus folgenden Fest-

stellungen ableiten:

• Lernortkooperation ist ein Mittel zur effektiven Gestaltung von

handlungs- und transferorientierten Lehr-Lernprozessen.

• Es besteht ein erheblicher Koordinationsbedarf im Hinblick auf die

Frage, auf welche inhaltlichen Aufgaben- und Problemstellungen die

Ausbildungsschwerpunkte innerhalb und zwischen den Lernorten

bezogen werden sollen.

• Insbesondere für die Berufsschule begründet sich ein erhöhter Ko-

ordinationsbedarf, um den nötigen Praxisbezug über die Betriebe zu

erschließen und zu sichern (Erfüllung der Anforderung, dass Ausbil-

dungsinhalte an authentischen Praxisproblemen ausgerichtet sein

sollen).

Welchen Nutzen hat eine Kooperationsbeteiligung für die mitwirkenden

Firmen? Neben einer Verbesserung der Qualität der Ausbildung (durch

bessere und stärkere Abstimmung, größere Aktualität der Ausbildung,

größere Praxisnähe des Unterrichts) wird vor allem eine Verbesserung

der Kooperation Schule – Betrieb (mehr Verständnis für dualen Partner)

möglich.

Eine weitere Präzisierung der Nutzenfaktoren gibt die folgende Tabelle

(differenziert nach wesentlichen Stakeholdern):

Projekt „Ler-nortkoope-ration“

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Stakeholder(Projektinteressierte)

Möglicher Nutzen

Auszubildende,

die von Netzwerkern betreut werden(und Ausbildungsmodule nutzen)

- bessere Qualität der Ausbildung,

- Verbesserung der Kooperationsmöglichkeituntereinander und zu betreuenden Schu-len/Betrieben,

- bessere Vorbereitung auf die Prüfung

Lehrerschaft

- in ANUBA-Schulen (eingebunden inModellversuchsaktivitäten)

- in ANUBA-Schulen (nicht eingebun-den in Modellversuchsaktivitäten)

- Lehrerschaft von Partner-Schulen inder Region

- Ideengeber für modernere Unterrichtsdurch-führung

- bessere Abstimmung mit den betrieblichenund schulischen Anforderungen

- größere Aktualität der Ausbildungsinhalte

- größere Praxisnähe des Unterrichts

Fachgruppenlei-tung/Bildungsgangleitung

- von ANUBA-Schulen

- von Partner-Schulen in der Region

- verbesserte Qualität der Ausbildung

Schulleitung

- der ANUBA-Schulen

- von Partner-Schulen in der Region

- verbesserte Qualität der Ausbildung

- Werbung/Imageförderung

- Ideengeber für die Schulentwicklung

Ausbildungsbetriebe

- als Partner in ANUBA

- Ausbildungsbetriebe (nicht als Partnerin ANUBA)

- verbesserte Qualität der Ausbildung (bessereAbstimmung mit schulischen Möglichkeiten)

- Werbung/Imageförderung

Kammern - Kommunikationsplattform für Prüfungsanfor-derungen

- Wirtschaftlichkeitsvorteile (Kostenreduzierungfür „ konzertierte“ Prüfungsvorbereitung)

Bezirksregierung

- Fachaufsicht (kaufmännisch)

- Fachaufsicht (gewerblich/technisch)

- Lehrerfortbildung

- gezieltere Ressourcenverteilung möglich

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Ministerium

- Fachaufsicht (kaufmännisch)

- Fachaufsicht (gewerblich/technisch)

- Lehrerfortbildung

- gezieltere Ressourcenplanung

- Optimierung der Ausbildung (mehr Aktualität,Praxisnähe)

Landesinstitut (für curriculare Arbeitund Fortbildung)

- Kommunikationsplattform für landesweiteFortbildungen

Studienseminare

- Seminarleiter

- Referendare

- erweiterte Ausbildungsorte für Referendare(Qualifikationserweiterung)

Wissenschaft/Universitäten - praxisnahe Forschung

Weiterbildungseinrichtungen (außerKammern)

- gegenseitige Ergänzung und Nutzung derModule

Verbände (VLW, VLWN, VLBS, GEW,...)

- Imageförderung der beruflichen Bildung

Sozialpartner (Arbeitgeberverbände,Gewerkschaften)

- Optimierung der Ausbildung

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Weiterführende Literatur

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4.0, S. 1 - 42.

Interessante Links:

http:/www.anuba-online.de

http://www.blk-bonn.de/download.htm

http:/www.blk-kolibri.de