Monitoring des Weltaktionsprogramms Ergebnisse zur ... · Grundlage etablierter Praktiken möglich...

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Monitoring des Weltaktionsprogramms – Ergebnisse zur Diskussion gestellt Workshop im Rahmen des Agendakongresses bcc Berlin, 28. November 2017

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Monitoring des Weltaktionsprogramms – Ergebnisse

zur Diskussion gestellt

Workshop im Rahmen des Agendakongressesbcc Berlin, 28. November 2017

Gliederung

1. Einführung und Hintergrund

2. Theoretische Bezugspunkte

3. Methodisches Vorgehen

4. Ergebnisse der Expertinnen-Interviews

5. Ausblick

6. Diskussion der Ergebnisse

7. Gruppenarbeit: Worldcafé zu Hebelpunkten und Hemmnissen

8. Zusammenfassung im Plenum

1. Einführung und Hintergrund - Ziele des Workshops

• Vorstellung und Präsentation der Ergebnisse der qualitativen Phase

• Diskussion der Ergebnisse je Bildungsbereich mit Fokus auf Hebelpunkten und Hemmnissen (Worldcafé-Kleingruppen)

Phase II: Experten Interviews (2017): Wie diffundiert BNE in die verschiedenenBereiche des deutschen Bildungssystems? Was sind Hebelpunkte für ein BNE-Mainstreaming? Phase III: Nationale quantitative Studie (2017/2018):

Welche(s) BNE-bezogene Wissen, Haltungen und Verhalten geben 1.) junge Menschen (15-24 Jahre) und 2.) Lehrer an?

Phase I: Desk Research I (2016/17) In welchem Ausmaß hat BNE Eingang in zentraleDokumente des deutschen Bildungssystems gefunden?

Phase IV: Desk Research II – (2018):Replizieren von Phase IFrühkindliche

Bildung

Kommunen Schule

HochschuleNon-Formale/ Informelle B.

1. Hintergrund: Research Design des WAP-Monitoring

Frühkindliche Bildung

Kommunen Schule

HochschuleNon-Formale/ Informelle B.

Berufliche Bildung

Berufliche Bildung

Frühkindliche Bildung

Kommunen Schule

HochschuleNon-Formale/ Informelle B.

Berufliche Bildung

Frühkindliche Bildung

Kommunen Schule

HochschuleBerufliche

Bildung

2. Theoretische Bezugspunkte – Diffusionstheorie

• BNE als soziale Innovation: „eine von bestimmten Akteuren bzw. Akteurs-konstellationen ausgehende intentionale, zielgerichtete Neukonfiguration sozialer Praktiken in bestimmten Handlungsfeldern bzw. sozialen Kontexten, mit dem Ziel, Probleme oder Bedürfnisse besser zu lösen bzw. zu befriedigen, als dies auf der Grundlage etablierter Praktiken möglich ist“ (Howaldt/ Schwartz 2010, S. 89).

• Dezentrale oder zentrale Innovationssysteme, homophile oder heterophileDiffusionsnetzwerke (Rogers 2003)

Merkmale einer (sozialen) Innovation mit Einfluss auf den Diffusionsprozess

Autor Rogers (2003) Fullan (2007) Coburn (2003)

Merkmale Relativer Vorteil, Kompatibilität, Komplexität, Erprobbarkeit,Beobachtbarkeit

Klarheit, Notwendigkeit, Komplexität und die Qualität hinsichtlich der Durchführbarkeit des Konzepts

Tiefe der Verankerung, Identifikation der beteiligten Personen mit den Inhalten der Innovation, Dauerhaftigkeit

2. Theoretische Bezugspunkte – Diffusionstheorie

Acht Bedingungen zum Einfluss der Change Environment auf Diffusionsprozess (Ely 1990)

1. Unzufriedenheit mit dem Status quo

2. Ausreichendes Wissen der Innovations-Promotor*innen

3. Einfacher Zugang zu Tools der Innovation

4. Zeit zum Lernen, Adaptieren, Integrieren und Reflektieren

5. Anreize oder Auszeichnungen

6. Partizipation wird erwartet und ermutigt

7. Unterstützung zentraler Schlüsselpersonen

8. Leadership

Meadows in Abson et al. 2016

2. Theoretische Bezugspunkte – Leverage points in der Nachhaltigkeitsforschung

2. Theoretische Bezugspunkte – Zusammenhängende Fragestellungen

• Wie lässt sich BNE als soziale Innovation charakterisieren?

• Wie stehen förderliche und hinderliche Diffusionsbedingungen im Zusammenhang mit den Merkmalen von BNE?

• Wie wirken die unterschiedlichen Diffusionsmodi zusammen?

• In welcher Phase der Innovationsdiffusion befinden wir uns (critical mass/ individuelle tresholds)?

• Was bedeutet die spezifische Zusammensetzung der WAP-Gremien (Homophilie vs. Heterophilie) für a) die Zusammenarbeit in den Gremien, b) den weiteren Diffusionsprozess?

• Welche Hebelpunkte haben eine besondere Bedeutung bei der Verankerung von BNE in den jeweiligen Bildungsbereichen?

3. Methodisches Vorgehen – ExpertInneninterviews• ExpertInnen verfügen über systematisches und professionelles Überblickswissen in einem

speziellen Handlungsfeld

• Ziel: Rekonstruktion der Diffusion der sozialen Innovation BNE sowie Identifizierung von Hebelpunkten (leverage points) zur stärkeren Verankerung von BNE

• Erhebungszeitraum: Mai bis August 2017

• Aktuell insgesamt 66 leitfadengestützte Interviews mit 8 bis 10 Personen pro Bildungsbereich (fast 100 Stunden Material)

• Kontrastierung:o BNE-Expertise (+/-) o Bildungsbereichsübergreifend, Bildungsbereichsspezifisch o Sektoren (Praxis, Verwaltung, Wissenschaft, Politik etc.)

• Auswertung nach qualitativer Inhaltsanalyse (Mayring 2015) mit der computergestützten Software MAXQDA 12

4. Ergebnisse - Frühkindliche Bildung

• dynamische Veränderungen im Frühkindlichen Bildungsbereich begünstigen Aufnahme von

BNE (Qualitätsentwicklung Professionalisierungsschub)

• Bildungsverständnis in der Frühkindlichen Bildung stark anschlussfähig an BNE

• Diffusion der sozialen Innovation BNE in der Frühkindlichen Bildung vergleichsweise gut

etabliert durch Anschlussfähigkeit der sozialen Innovation und Offenheit des

Innovationssystem, aber

• nicht alle Bildungsaktivitäten im Kontext Nachhaltigkeit werden mit BNE gelabelt

• in Ausbildung von pädagogischen Fachkräften noch großes Defizit (siehe auch 1. Phase)

• Treiber: groß angelegte Modellprojekte, Auszeichnung sowie internationaler Austausch

• Hürden: gestiegene Anforderungen an pädagogische Fachkräfte, unzureichende Ressourcen,

Konkurrenz zu anderen Themen, Spannungsfeld mit MINT10

4. Ergebnisse - Schule • hoher Reformdruck durch bildungspolitische Maßnahmen (Schulgesetze, EPAs, Bildungsstandards,

Rahmen- und Lehrpläne usw.)

• Fächerspezifik der Schule steht einem interdisziplinären Unterrichten und Lernen im Rahmen von BNE

tendenziell entgegen; ABER die Einführung des Ganztagsbetriebs befördert die Zusammenarbeit mit

außerschulische Bildungsanbietern deutlich

• BNE kommt langsam und punktuell an: nicht immer als ein orientierendes oder integratives

Bildungskonzept, sondern häufig eher als thematische Betrachtung innerhalb der Schule.

• starke Heterogenität bzgl. der Verankerung von BNE in Abhängigkeit von politischen

Rahmenbedingungen (bzw. -dokumenten)

• Treiber: SchülerInnen als Change Agents (Partizipationsmöglichkeiten an der Schule), Zusammenarbeit

mit außerschulischen Bildung, neue Lernformate für den Unterricht

• Hürden: Konkurrenz zu anderen Themen (Digitalisierung, Inklusion), gestiegene Anforderungen an

pädagogische Fachkräfte und SchülerInnen 11

4. Ergebnisse - Hochschule

• zunehmende Ökonomisierung des akademischen Forschungs- und Lehrbetriebs durch den Bologna-Prozess erschweren die Verankerung von BNE

• Streben nach Autonomie der Hochschulen vs. Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung

• Spannungsfeld: Hochschulen pendeln zwischen Relevanzorientierung durch die an Hochschulen von außen herangetragenen Anforderungen und bisheriger akademischer Traditionen

• Nachhaltigkeit hat an Relevanz in Hochschulen zugenommen, währenddessen das Bildungskonzept BNE nach wie vor in den Kinderschuhen steckt

• nach wie vor wenig Sichtbarkeit von BNE in Ausbildung und Lehre

• Hürden: Differenzierung im deutschen Hochschulwesen („Disziplinendenken“) mit Blick auf die Verankerung von BNE in Lehre und Forschung

• Treiber: Ausbildung von Hochschulprofilen und Leitbildern, Studierende als GestalterInnen, stärkere Sichtbarkeit durch Projekte wie Hoch-N, Förderung der Forschung im Bereich Nachhaltigkeit durch Ausschreibungen durch den Bund

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4. Ergebnisse - Berufliche Bildung

• Handlungsorientierung in Bildungssituation und Konsens-Prinzip sind zentrale Merkmale der beruflichen Bildung, starke Prägung durch wirtschaftliche/ gesellschaftliche Diskurse und Innovationen

• Im Bildungsverständnis der BBNE scheint Aushandlung über/ Gleichberechtigung von Nachhaltigkeitsdimensionen wichtiger Faktor zu sein, der ggf. vom Konsensprinzip und stärkeren Zielkonflikten in beruflicher Realität geprägt ist.

• Diffusion von BNE über Umweltschutz und berufsspezifische Konkretisierung (Spannungsfeld der Handlungsorientierung & Abstraktheit von Nachhaltigkeitsprobleme), tendenziell steigend, aber langsam und sperrig

• Treiber: BIBB Modellprojekte, neue Geschäftsmodelle und Entwicklungen in der Wirtschaft (CSR-/ Nachhaltigkeitsberichterstattung), öffentliche NH-Diskussion

• Hürden: Belastung der Unternehmen, wirtschaftliche Zielkonflikte, Akzeptanz

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4. Ergebnisse – Non-formales und Informelles Lernen

• Non-formaler Bildungssektor ist freiwillig, bedarfsorientiert, vernetzt, experimentell, gestaltungsoffen, heterogen und erfüllt komplementäre Funktionen zum formalen Sektor (Gegenselektion, „Sozialbildung“), sieht sich jedoch mit zunehmender Formalisierung offener Angebote konfrontiert (Ganztagsschule)

• Bildungsverständnis des non-formalen Sektors hat entscheidend die inhaltliche und methodische Ausgestaltung des Bildungskonzeptes BNE geprägt – fortwährende Neudefinition von BNE hat hohen Stellenwert

• Diffusion der sozialen Innovation BNE in der non-formalen Bildungslandschaft nicht eindeutig zu beschreiben

• Treiber: Kommunikation guter Konzepte, Tagungen, Vernetzung

• Hürden: prekäre Finanzierung, keine gemeinsame Lobby, unterschiedliche Zuständigkeiten

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4. Ergebnisse – Kommune• BNE ist nicht Kernaufgabe einer Kommune („freiwillige Leistung“ & personengebunden) allerdings

kommunal stärkere Verantwortung und Mitsprache zu Bildung durch die Entwicklung von Bildungslandschaften und Bildungsnetzwerken

• BNE-Diffusion aufgrund verschiedener Policy- und Governance-Strukturen sehr unterschiedlich (abhängig von Größe, Struktur, Stadt, Land, Ressourcen, Priorisierung)

• Individuelle, lokalspezifische Lösungen – Transfer von Erfolgsrezepten sehr schwierig

• SDGs sind wichtiger Referenzrahmen unterschiedliche Berücksichtigung und lokale Adaption erforderlich

• Offenheit und Vielseitigkeit des BNE-Konzeptes haben Einfluss auf BNE-Diffusion (+/-)

• Treiber: Anreizsysteme und identifikationsstiftende Projekte oder Modellversuche, kommunalpolitische Beschlüsse und Gremien („Chefsache“), Ausbau von Koordinierungsstellen, BNE als Erfolgs- und Imagefaktor, Ausbau von Bildungslandschaften- und Bildungsnetzwerken

• Hürden: Starre bzw. träge Verwaltungsstrukturen, unzureichende Ressourcen, unterschiedliche Priorisierungen und kommunale Herausforderungen, keine unmittelbar messbaren bzw. sichtbaren Erfolge 15

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4. Ergebnisse - Jugend

• BNE unter jungen Menschen nimmt an Bedeutung zu sowie das Interesse, sich im Kontext einer BNE zu engagieren

• Jugendbeteiligung wird immer schwieriger zu realisieren

• hoher Reformdrucks auf die Schul- und Hochschullandschaft im Rahmen von PISA, G8/G9 und Bologna gestiegene Leistungsanforderungen haben Auswirkungen auf das Freizeitverhalten junger Menschen

• Vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten im Rahmen einer BNE darunter SchülerInnenvertretungen, studentische Initiativen, Sozial- und Sportverbände, Gewerkschaften, NGOs etc.

• Jugendpartizipation bewegt sich im Spannungsfeld von „völliger Selbstorganisation“ und „installiertem Prozess“

• Bedeutungszuwachs informellen Lernens im Kontext der BNE z.B. stetig gestiegene Nachfrage der entwicklungspolitischen Freiwilligendienste – adäquate Antwort auf verändertes Jugendengengagement?

institutionalisierte Formate führen zur Kontinuität der Jugendbeteiligung im Kontext von BNE

• Jugendliche als GestalterInnen von BNE

Fazit I• Die Analyse der Systemcharakteristika und Funktionsweisen der verschiedenen

Bildungsbereiche ermöglicht die Identifikation von

• Selbstverständnissen der Akteure

• vorherrschenden Bildungsverständnissen

• existierenden Narrativen

und gibt daher Aufschluss über Schlüsselstellen zur Verankerung von BNE sowie über die Rekonstruktion des Prozesses der Diffusion von BNE in die jeweiligen Bildungsbereiche.

Fazit IIDie Ergebnisse aus den ExpertInneninterviews deuten darauf hin, dass

1. formalisierte Bildungsbereiche wie Schule, Hochschule und Berufliche Bildung weniger durchlässig für die soziale Innovation BNE sind, da sie aufgrund ihrer Systemeigenschaften und -logiken tendenziell der Etablierung eines progressiven Bildungsverständnisses im Sinne einer BNE entgegenstehen.

2. sich die Diffusion von BNE in den untersuchten Bildungsbereichen unterschiedlich ausgestaltet.

3. die identifizierten Hebelpunkte zur Verankerung von BNE grundsätzlich konsistent mit den im Nationalen Aktionsplan formulierten Zielen und Maßnahmen sind.

4. ein tieferes Verständnis des Bildungsbereiches die Diffusion und Anschlussfähigkeit von BNE befördern kann.

5. Ausblick

• Quantitative Studie zu BNE in Lehr-Lernsettings

• Ziele:o Ausmaß der BNE-Implementierung in Schulen und weiteren

Bildungssettings zu identifizieren

o Erfassung von (B)NE-bezogenem Wissen, Einstellungen und Verhalten

• Umfang: n=3.000, davon 2.400 junge Menschen (15-24J.) und 600 Lehrer,

25-30 minütiger Onlinefragebogen, repräsentativ für Bundesländer

• Erhebungszeitraum: Januar und Februar 2018

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6. Diskussion der Ergebnisse

Rückfragen und Ergänzungen gerne jetzt!