Montenegro: weniger Staat im Wald / Less state in forests

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Rein oberflächlich betrachtet, verfügt Montenegro über eine gute Waldausstattung. Bei näherem Hinsehen werden Wälder in besiedelten Gebieten übernutzt. Die Dunkelziffer beim Einschlag Ist enorm hoch . R und 60% [fast 827,000hal des Staatsgebiets von Montenegro sind bewaldet - das ist das Ergeb- nis der nationalen Forstinventur 2010 (NP!) unter Verwendung der neuen Wald- definition. Zählt man die aus Zeiten des Waldfonds stammenden, meist unbe- stockten .. sons t igen Waldgebiete" dazu , erhält man fast 70%, 675.000ha Wa ld sind nutzbar. die verbleibenden 18 % stocken in Schutzgebieten oder unbringbaren Lagen . Staats- und Privatwaldanteil am Nutzwald halten sich heute die Waage. Während der vergangenen zwei bis drei Dezennien hat sich nämlich der Privat- waid mittels Neubewaldu ng durch Selbst- anflug, aber auch aufgrund der nunmehr offeneren Walddefinition deutlich vergrö· ßert. SIgnifikant mehr Holz Der anlässlich der N FI ermittelte Ge- samtvorrat in Montenegro (Wald samt sonstigen Waldgebietenl beträgt 122Mio. Vfm (das sind 126Vfmlhal. was einen signifikanten Anstieg gegenUber dem aufgrund der Forsteinrichtungsope- rate 1991-2000 ermittelten Wert ergibt. Wenn man dabei rein auf Wald abstellt. erreicht der durchschnittliche Vorrat sogar 147Vfm/ha. was durchaus im Schnitt der südosteuropäischen Staaten liegt. Der Nutzwald wird vom Laubholz dominiert (rund 59% des stockenden Vor- 36 forstzeitung rats!: 42,4 % Buchen . 7.5% Eichen. 1.6% sonstige Edellaubhölzer und 8,0% ande· re Laubhölzer. Die wichtigsten Nadelhöl- zer sind Fichten (20.8 %) und Tannen 112.2 %1. Der jährliche Gesamtzuwachs wurde für den Nutzwald mit 2.5 Mio. Vfm ermittel t. das entspricht 3.7Vfmlha 51 % der Bestände sind dem Hoch- wald, 49% dem Aussch lags' und Nieder- wald zuzuordnen , Nur 1 % der Gesamt- waidfläche wurde durch Aufforstung be- gründet. Derzeit befinden sich nur 5.2% der Waldfläche in Nationalparken. weitere 15% sind als Schutzgebiete des Emerald- Netzwerks [das ist ein Schutzgebietsnetz auf Basis der Bemer Konvention, das in der EU den Rahmen für Natura 2000 bil- det) vo rgesehen . Anlässlich der NFI wur- den weitere 23,5 % der Gesamtwa ldfläche als potenzielle Natu ra 2000-Flächen aus- gewiesen. weshalb in Zukunft wohl noch mit einem deutlichen Anstieg des Schutz- gebietsanteils am Wald zu rechnen sein wird. Hohe Dunkelziffer bel Einschlag Der registrierte iährliche Einschlag hat sich in den vergangenen lahren um eine halbe Million fm oder 0.7fm/ha bewegl. Das deckt sich jedoch nicht mit dem Holzverbrauch, der 2011 in einer landes- weiten Aufnahme erhoben wurde. wo- nach von jährlich weiteren 0.6 bis 0.7 Mio. fm illegalen Einschlags und somit einer Gesamtnutzungsmenge von bis zu 1,2 Mio. fm oder 1 .5 fm/ha auszugehen sein wird Wenn es sich dabei auch nur um etwa die Hälfte des nutzbaren lah r es- gesamtzuwachses und zwei Drittel des nachhaltig nutzbaren Hiebsatzes handelt. sind doch die Wälder im Bereich der Dör- fer und Forstaufschließung meist über- nutzt. während, unerschlossene Hochla- genbestände noch recht unberührt daste· hen. Etwa die Hälfte des registrierten Holzeinschlags entfällt auf Bauholz. die andere Hälfte auf Brennholz. Berücksich· tigt man jedoch auch die illegalen Holz- nutzungen. ist von einem Brennholzanteil von mehr als zwei Dritteln des Gesamt· einschlags auszugeh en Neue Forsteinrichtung Das Forstgesetz aus dem Jahr 2010 brachte eine Reihe von Neuerungen . So wurde etwa das Forsteinri ch tun gssystem hin zu einem Einheitswaldplanungssys- tem weiterentwickelt sowie Staats- und Privatwälder räumlich zu Waldbewirt- schaftu ngseinheiten zusammengefasst. Die Planungsarbeit is t dabei der staatli- chen Forstverwaltung [FA) zugeordnet. die aus dem Staatsbudget finanziert wi rd. Daneben wurden auch administrativ- technische Abläufe der Waldnutzung ge- ändert . Die Auszeige von Bäumen. die weiterhin Voraussetzung jeder Nutzung 02·2016

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Rein oberflächlich betrachtet , verfügt Montenegro über eine gute Waldausstattung. Bei näherem Hinsehen

werden Wälder in besiedelten Gebieten übernutzt. Die Dunkelziffer beim Einschlag Ist enorm hoch .

Rund 60% [fast 827,000hal des Staatsgebiets von Montenegro sind bewaldet - das ist das Ergeb­

nis der nationalen Forstinventur 2010 (NP!) unter Verwendung der neuen Wald­definition. Zählt man die aus Zeiten des Waldfonds stammenden, meist unbe­stockten .. sonstigen Waldgebiete" dazu , erhält man fast 70%, 675.000ha Wald sind nutzbar. die verbleibenden 18% stocken in Schutzgebieten oder unbringbaren Lagen. Staats- und Privatwaldanteil am Nutzwald halten sich heute die Waage. Während der vergangenen zwei bis drei Dezennien hat sich nämlich der Privat­waid mittels Neubewaldung durch Selbst­anflug, aber auch aufgrund der nunmehr offeneren Walddefinition deutlich vergrö· ßert.

SIgnifikant mehr Holz Der anlässlich der N FI ermittelte Ge­

samtvorrat in Montenegro (Wald samt sonstigen Waldgebietenl beträgt 122Mio.Vfm (das sind 126Vfmlhal. was einen signifikanten Anstieg gegenUber dem aufgrund der Forsteinrichtungsope­rate 1991-2000 ermittelten Wert ergibt. Wenn man dabei rein auf Wald abstellt. erreicht der durchschnittliche Vorrat sogar 147Vfm/ha. was durchaus im Schnitt der südosteuropäischen Staaten liegt. Der Nutzwald wird vom Laubholz dominiert (rund 59% des stockenden Vor-

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rats!: 42,4 % Buchen. 7.5% Eichen. 1.6% sonstige Edellaubhölzer und 8,0% ande· re Laubhölzer. Die wichtigsten Nadelhöl­zer sind Fichten (20.8%) und Tannen 112.2 %1. Der jährliche Gesamtzuwachs wurde für den Nutzwald mit 2.5 Mio. Vfm ermittelt. das entspricht 3.7Vfmlha

51 % der Bestände sind dem Hoch­wald, 49% dem Aussch lags' und Nieder­wald zuzuordnen , Nur 1 % der Gesamt­waidfläche wurde durch Aufforstung be­gründet.

Derzeit befinden sich nur 5.2% der Waldfläche in Nationalparken. weitere 15% sind als Schutzgebiete des Emerald­Netzwerks [das ist ein Schutzgebietsnetz auf Basis der Bemer Konvention, das in der EU den Rahmen für Natura 2000 bil­det) vorgesehen. Anlässlich der NFI wur­den weitere 23,5 % der Gesamtwaldfläche als potenzielle Natura 2000-Flächen aus­gewiesen. weshalb in Zukunft wohl noch mit einem deutlichen Anstieg des Schutz­gebietsanteils am Wald zu rechnen sein wird.

Hohe Dunkelziffer bel Einschlag Der registrierte iährliche Einschlag hat

sich in den vergangenen lahren um eine halbe Million fm oder 0.7fm/ha bewegl. Das deckt sich jedoch nicht mit dem Holzverbrauch, der 2011 in einer landes­weiten Aufnahme erhoben wurde. wo­nach von jährlich weiteren 0.6 bis

0.7 Mio. fm illegalen Einschlags und somit einer Gesamtnutzungsmenge von bis zu 1,2 Mio. fm oder 1.5 fm/ha auszugehen sein wird Wenn es sich dabei auch nur um etwa die Hälfte des nutzbaren lahres­gesamtzuwachses und zwei Drittel des nachhaltig nutzbaren Hiebsatzes handelt. sind doch die Wälder im Bereich der Dör­fer und Forstaufschließung meist über­nutzt. während, unerschlossene Hochla­genbestände noch recht unberührt daste· hen. Etwa die Hälfte des registrierten Holzeinschlags entfällt auf Bauholz. die andere Hälfte auf Brennholz. Berücksich· tigt man jedoch auch die illegalen Holz­nutzungen. ist von einem Brennholzanteil von mehr als zwei Dritteln des Gesamt· einschlags auszugehen

Neue Forsteinrichtung Das Forstgesetz aus dem Jahr 2010

brachte eine Reihe von Neuerungen. So wurde etwa das Forsteinrichtungssystem hin zu einem Einheitswaldplanungssys­tem weiterentwickelt sowie Staats- und Privatwälder räumlich zu Waldbewirt­schaf tu ngseinheiten zusammengefasst . Die Planungsarbeit ist dabei der staatli­chen Forstverwaltung [FA) zugeordnet. die aus dem Staatsbudget finanziert wi rd. Daneben wurden auch administrativ­technische Abläufe der Waldnutzung ge­ändert . Die Auszeige von Bäumen. die weiterhin Voraussetzung jeder Nutzung

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Die Tara·Schlucht mit dem Durmitor.Nationalpark

ist. kann weiterhin von der FA. im Privat­wald aber auch von litensierten Privaten durchgeführt werden . Vom Schlägerungs­ort darf das ge€rntete Holz erst entfernt werden, nacndem es von der FA gestem­pelt und registriert wurde. Weiterhin gibt es auch die Verpflichtung. einen Begleit­schein als Bestätigung der Herkunft fUr abgeführtes Holz auszustellen, wofür nunmehr allerdings nicht die FA, sondern der Waldbesitzer oder -nutzer zuständig ist.

Neu geregelt wurde auch die Staats­waldbewirtschaftung auf Basis von Kon­zessionen. aufbauend auf den Bestim­mungen des montenegrinischen Konzes­sionengesetzes aus 2009 und bereits lau­fenden Konzessionsverträgen. Die Gel­tungsdauer solcher Verträge wurde mit 5 bis 30 lahren begrenzt. Grundlage der Be­wirtschaftung bilden Forsteinrichtungs­operate und jährliche Nurzungspläne. Eine Richtlinie fUr die Berechnung und jährliche Anpassung der Gebühren wird von der Regierung erlassen. Das neue Ge­setz ermächtigt die FA neben den Konzes­sionen auch zum Holzverkauf am Stock, zur Vergabe forstlicher Arbeiten und auch zum Verkauf des eingeschlagenen Holzes. Zudem wurde auch ein staatliches För­derprogramm eingefUhrt. das auch För­dermittel für Privatwaldbesitzer im Ein­klang mit dem EU-PrQ€ramm für ländli­che Entwicklung vorsieht. 50 gut das Ge­setz auch ist - die Umsetzung ist nicht zu­friedensteilend . Das Kernproblem ist dabei der Mangel an finanzieller Dotie­rung des Sektors aus dem Staatsbudgel. was vor allem darauf zurückzuführen ist . dass das Konzessionssystem nicht funk­tioniert (und daher viel zu geringe Ein­nahmen liefert) und es auch an politi­scher UnterstUtzung fU r die Forstwirt­schaft mangelt.

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(l F,.~ ~~i~I"1 Crnojevica·Fluss und Skadar·See; großes Bild links: Buchenwald bei Kolasin

• Der Privatwakl helt sich zuletzt mittels Natlewaklung durch Selbstanflug. aber

auch eine Ausweitung der Walddefin~ion

stark vergrößert.

• Es ist da'<VI auszugehen, dass 0,7 Mio, Efm pro Jahr illegal genutzt werden.

• M~ aktuell 4.SMio.€/J ist bei den seit 200B jährlich abneIvnenden Staatsmit·

tein fOr den Forst der Tiefpunkt erreicht.

2015 wurde das Forstgesetz novelliert, Eine wesentliche Änderung brachte die Rücknahme des Einheitswaldplanungs­systems hin zu dem nach Waldbesitzern getrennten Forsteinrichtungssystem , Waldwirtschaftspläne sind für den Privat­waid nicht mehr verpfl ichtend, werden auf Antrag des Besitzers jedoch weiterhin auf Staatskosten erstellt. Für Ursprungs­zeugnisse. die etwa im Zusammenhang mit der EU Holzverordnung (Nr. 99512010 Ober die Verpflichtungen von Marktteil­nehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen) erforderlich werden . sind die waldbesitzer und -nutzer verant­wortlich. Das ge€rntete Holz wird weiter­hin von der FA am Schlägerungsort ge­stempelt und registriert. In der Praxis steht dem Waldbesitzer oder ·nutzer daher eine Kopie aus diesem Buchregis­ter als Ursprungszeugnis zur Verfügung.

Budgeteinschnitte seit 2008 Die staatliche Forstverwaltung war frü­

her eine unabhängige. di rekt der Regie­rung unterstellte Institution. Heute ist sie dem Ministerium fU r Landwirtschaft und ländl iche Entwicklung zugeordnet. Aufga­ben der FA sind die forstliche Verwal­tungstäligkeit . Waldplanung und -bera­tung (nicht iedoch die Forstaufsicht!1 fUr alle Eigentumsarten sowie die Führung

und Verwaltung der staatlichen Forst­und Jagdbetriebe. Die Staatswaidbewirt­schaftung erfolgt größtenteils im Konzes­sionssystem oder du rch Brennholzver­kauf am Stock, Die FA betreibt auch zwei Forstbaumschulen. Fi nanziert wird die FA aus dem staatl ichen Budget - mit drasti­schen Einschränkungen seit 2008 und einem aktuellen Tiefpunkt von jährlich nur rund 4.5Mio.€. Bei der FA sind 440 beamtete Mitarbeiter beschäftigt (0.5 per !.OOOha Wald oder 1.0 per 1.000 fm Ein­schlag),

Für die Forstaufsicht ist die staatliche F'orstinspektion zuständig. die aus der ministeriellen Struktur herausgelöst wurde und als staatliche Inspektionsver­waltung di rekt unter Regierungsaufsicht steht. Die Forstinspekt ion ist auch fUr die Jagdaufsicht zust~ndig. Mit landesweit nur 10 Inspektoren ist es für die Forstins­pektion jedoch schwer. die Durchsetzung forstrechtlicher Bestimmungen flächen­deckend sicherzustellen .

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Ranko Kankaras, Minis-

Ranko

Kankaras

terium für Landwirtschah und ländliche EntwlckJunj;. Montenegro

Franc Ferlln, Forest Consultlni and Edu­

cation, s.p. , Slowenien Peter Herbst, oe der IUFRO-Arbelts­

gruppe 9.06.00. [email protected]

forsueitung 37

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MAGAZIN FÜR WALD, FORSlWlRTSCHAFT UND LANDSCHAFT, FORSlTECHNIK, WILDBACH- UND LAWINENVERBAUUNG. IAGDWIRTSCHAFT

IJ .1 ÖF~~~:r Generalvertretung Österreich John Deere Forestry

Viktor Kaplan Straße 2, 8750 Judenburg Tel. 03572142289, E-Mail: [email protected]

DJOHNDEERE

INTERVIEW Christoph Aste,

Ingenieurbüros Kärnten

LAINZ Wildstands­regulierung

-, .--SCHUTZWALD

Bemerkungen zur Eingriffstärke

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