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Moore im Solling Renaturierung von Waldmooren

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Moore im SollingRenaturierung von Waldmooren

Unternehmen Naturschutz

Die Niedersächsischen Landes-forsten (NLF) sind Eigentümer der rund 340 000 ha Landeswald. Sie bewirtschaften den Wald zum Wohl der Allgemeinheit, sodass die vielfältigen Waldfunktionen (Nutz-, Schutz- und Erholungs-funktion) für alle Bürgerinnen und Bürger gewahrt bleiben. Mit rund 1 300 Mitarbeiterinnen und Mit-arbeitern sind die NLF ein großer Arbeitgeber im ländlichen Raum. Die praktische Bewirtschaftung ist Aufgabe der Forstämter und der ihnen angeschlossenen Revier-förstereien. Unterstützt werden sie z. B. in Fragen des Waldnatur-schutzes durch die Spezialisten der Funktionsstellen für Waldökologie und Waldnaturschutz.

Naturschutz findet auf ganzer Fläche statt, z. B. durch das Belas-sen von Habitatbäumen und den schrittweisen Umbau unserer Wäl-der zu Laub-Mischwäldern. Auf diese Weise werden Waldstruktu-ren entwickelt und Lebensräume erhalten, die vielen bedrohten Pflanzen- und Tierarten zu Gute

kommen. Hinter diesem Konzept steht die Idee der multifunktio-nalen Waldbewirtschaftung. In Niedersachsen wurde sie be-reits vor zwanzig Jahren durch das Programm zur Langfristigen ökologische Waldentwicklung entwickelt und stellt heute die Grundlage für die Waldbewirt-schaftung der Niedersächsischen Landesforsten dar.

Der Wald ist aber mehr als die Summe seiner Bäume. Die Nieder-sächsischen Landesforsten pflegen und erhalten auch umfangreichewaldfreie Biotope im Wald wie z. B.Fließgewässer, Moore und Wald-wiesen. Die Kosten für diese Natur-schutzarbeiten werden nur zum Teil aus Landesmitteln, zum Teil aber aus den Einnahmen aus dem Holzeinschlag der NLF finanziert.

Renaturierung�

V. l. n. r.: Grasfrosch · Tigerspinne · Moor mit Birkenbestand · Wollgras

Kleine Moosjungfer

Bei komplexeren Naturschutzmaß-nahmen wie zum Beispiel der Re-naturierung von Mooren arbeiten die Landesforsten mit weiteren Partnern zusammen.

Auf diese Weise konnten in den vergangenen Jahren interessante und anspruchsvolle Naturschutz-projekte über Kompensations-

maßnahmen im Rahmen der Eingriffsregelung finanziert wer-den. Hierfür bieten die NLF neben ihren landesweit verstreut liegen-den Flächen mit ihren Spezialisten für Waldökologie auf der einen und den Forstwirten und der Tech-nik eines modernen Forstbetriebes auf der anderen Seite die besten Voraussetzungen.

Der Solling

Der Solling ist ein bis zu 527,8 m ü. NN hohes Mittelgebirge des Weser-berglandes. Nach dem Harz ist der Solling Niedersachsens zweithöchstes Gebirge. Der Solling ist heute fast vollständig bewaldet. Buchen- und Fichten dominieren das Waldbild. Die Wälder im Solling befinden sich fast ausschließlich im Eigentum der Niedersächsischen Landesforsten. In nennenswertem Umfang gibt es auch alte Eichenwälder als Zeugnis früherer Hutewaldnutzung im Solling. Im Hutewaldprojekt im Reiher-bachtal in der Nähe von Amelith weiden seit einigen Jahren wieder Heck-Rinder und Wildpferde in einem abgezäunten Waldbereich. Das Projekt ist ein Gemeinschaftsprojekt des Naturparks Solling-Vogler, des Niedersächsischen Umweltministeriums und der Niedersächsischen Landesforsten. In Neuhaus betreiben die Niedersächsischen Landesforsten den Wild-park Neuhaus. Hier können Besucher heimische Wildtiere in naturnaher Umgebung hautnah erleben. Neben Rot- und Schwarzwild können auch Luchs und Wolf im Tierpark beobachtet werden. Aufsehen erregte der Besuch eines wildlebenden Wolfes im Herbst 2008 im Solling. Im Solling wird bei der Renaturierung von Waldmooren auf Flächen der Landesforsten zum ersten Mal in Deutschland die »Zuger Methode«angewandt. Ein Verfahren aus der Schweiz, bei dem Sägespäne zum Verfüllen von Vorflutern eingesetzt werden. Ein Pilotprojekt, das span-nende Ergebnisse erwarten lässt!

V. l. n. r.: Grasfrosch · Tigerspinne · Moor mit Birkenbestand · Wollgras

Unheimliche Orte

Moore haben den Menschen Angst eingeflößt, weil sie nass, kalt und unwirtlich sein können und sich lange einer landwirtschaftlichen Nutzung entzogen haben. Die Menschen betrachteten sie als ungeweihten Boden, als unfrucht-bares Ödland. Bei uns war und ist das Image von Mooren häufig mit negativen Vorstellungen behaftet. Nicht zuletzt transportieren viele Romane und Filme diesen Ruf.

Erst langsam ändert sich das Bewusstsein gegenüber diesen einzigartigen Naturjuwelen, denn noch immer kommen die Jahrhun-derte alten Vorstellungen vomdüsteren und unnützen Moor hoch.

Moorkultivierung

Seit Menschengedenken werden die Moore entwässert, zuerst um Landwirtschaft zu betreiben oder Brenntorf zu gewinnen. Vor 200 Jahren kam in waldreichen Gegenden planmäßige Entwässe-rung für die Forstwirtschaft hinzu. Noch jünger ist der Torfabbau als Substrat für den Gartenbau, dem viele Hochmoore zum Opfer fielen.

Die Fläche naturnaher Moore schrumpfte so in Deutschland vonüber 4 % der Bundesfläche auf 0,3 % (3 Promille) − davon ist höchstens ein Sechstel, also 1 % der ursprünglichen Moorfläche, noch torfbildend.

Mensch und Moor, eine wechselhafte Beziehung

Der Knabe im Moor

O schaurig ist’s übers Moor zu gehn,

Wenn es wimmelt vom Heiderauche.

Sich wie Phantome die Dünste drehn

Und die Ranke häkelt im Strauche,

Unter jedem Tritte ein Quellchen springt,

Wenn aus der Spalte es zischt und singt –

O schaurig ist’s übers Moor zu gehn,

Wenn das Röhricht knistert im Hauche.

(Auszug aus einem Gedicht von

Annette von Droste-Hülshoff;

1841 / 42 entstanden)

Faszination Moor�

V. l. n. r.: Torfmoose in unserer Hand · Torfsoden · Zuwachsender Torfstich im Solling · Fernsehteam bei Pegelmessung in Moorrenaturierungsprojekt

Neue Moore braucht das Land

Moore sind faszinierend – je besserman sie kennt, desto mehr wird man in ihren Bann gezogen. Siebeherbergen nicht nur hochspezia- lisierte Pflanzen und Tiere, sondernsie sind auch einfach schön anzu-sehen. Der Naturschutzwert der Moore begann erst am Beginn der 1970er Jahre eine Rolle zu spielen, obwohl es vorher bereits viele Warnungen vor weiteren Entwässerungen gab. Renaturie-rungsprojekte von Moorland-schaften zeigen eine langsames Umdenken in Richtung Schutz von Mooren: Noch immer überwiegt aber der Moorschwund durch Ent-

wässerungsmaßnahmen, auch in Deutschland. Seit der menschen-gemachte Klimawandel offensicht-licher wird, ist klar: Moorschutz ist Klimaschutz. Wachsende Moore entziehen der Atmosphäre Kohlen-stoff und speichern ihn im Torf. Umgekehrt werden entwässerte Moore zu großen Treibhausgas-Ausstoßern.

Zehn Prozent der MooreDeutschlands sind in der Vergangen- heit ausschließlich für forstwirt-schaftliche Zwecke mit Entwässe-rungsgräben versehen worden. Hier gibt es bessere Chancen zur Revitalisierung der Moorlebens-räume, als in landwirtschaftlich genutzten Mooren.

Klimafaktor Moor

Wachsende Moore sind die wich-

tigste Kohlenstoffsenke auf dem

Festland.

Ihr Verlust verstärkt die global e

Klimaerwärmung dramatisch.

Wer gegensteuern will, muss die

Funktionstüchtigkeit dieser Öko-

systeme erhalten.

(Prof. Dr. Michael Succow,

Träger des Alternativen Nobel-

preises)

V. l. n. r.: Torfmoose in unserer Hand · Torfsoden · Zuwachsender Torfstich im Solling · Fernsehteam bei Pegelmessung in Moorrenaturierungsprojekt

Versuch der Wiedergutmachung am Moor: Grabenrückbau

Vom Torf zum Moor

Das »Moor« ist die Lebensstätte einer torfbildenden Vegetation auf dem von ihr gebildeten Torf − dies gilt für lebende, wachsende Moore. Geologisch oder boden-kundlich gesehen reicht zur Klassi-fikation als »Moor« eine natürlich gelagerte Torfauflage von über 30 Zentimeter − das lässt sich auch auf entwässerte, tote Moore an-wenden. Geringere Torfmächtig-keiten nennen sich Anmoor.Torf entsteht durch Anhäufung unvollständig zersetzter Pflanzen in wassergesättigtem Milieu und besteht daher überwiegend aus organischer Substanz.

Landschaft zwischen Land und Wasser

Lebende Moore haben ständig einen Wasserspiegel nahe der Geländeoberfläche. Dennoch kön-nen sie weiteres Wasser speichern, denn intakte Torfe quellen auf wie

ein Schwamm; die Mooroberfläche bewegt sich mit dem Wasserdarge-bot auf und ab. Moore können bis zu 90 % aus Wasser bestehen. Da die Wasserleitfähigkeit des Torfs eher gering ist, geben Moore das gespeicherte Wasser nur langsam an ihre Umgebung ab. Sie sind exzellente Wasserspeicher.

Was Moore alles können

Filter- und Entsorgungsraum• Nährstofffalle: Es können 20 – 35 kg Stickstoff je Hektar und Jahr ge-

bunden werden. Die Phosphor-bindung liegt bei 0,4 – 2 kg.

• Wassereiniger: Moore geben hochgradig filtriertes Wasser an den Vorfluter.

• Kohlenstoffspeicher und damit CO2-Senken über Jahrtausende (siehe Seite 10)

Aber:Dies alles gilt nur für intakte Moore. Entwässerte Moore setzen die Stoffe wieder frei und werden so zu Schadstoffquellen.

Kühlschränke in der Landschaft• Moore selbst können Temperatur-

unterschiede bis zu 60° zwischen Tag und Nacht aufweisen.

• Moore sind Rückzugsort für kälte-liebende Pflanzen und Tiere (Eis-zeitrelikte).

Moore sind besondere Landschaften

Faszination Moor�

V. l. n. r.: Eindrücke aus den Solling-Mooren: Quellbach · Scheiden-Wollgras · Torfmoos-Bulten · Wachsendes Moor mit »ertrinkenden« Bäumen

• Moore wirken durch ihre Wasser-speicherkapazität ausgleichend auf das Lokalklima.

Geschichtsbücher der Natur• Moore konservieren in ihrem

Torf Überreste von Menschen, Tieren und Pflanzen aus der Zeit des Moorwachstums und werden so zu biologischen Archiven.

• Inkohlungsprozesse lassen aus Torfen über Millionen Jahre Braunkohle und Steinkohle ent-stehen.

• Unsere bestehenden Moore in Mitteleuropa sind relativ junge Lebensräume, die sich erst nach dem Ende der letzten Eiszeit vor ca. 12 000 Jahren gebildet haben. Sie sind Bibliotheken der Klima- und Vegetationsgeschichte: Der Ablauf der Wiederbewaldung nach der letzten Eiszeit und der Einfluss des Menschen auf die Vegetation kann mit Hilfe von Pollenfunden in Torfschichten genau rekonstruiert werden.

Begriffe rund ums Moor

WaldmoorUnter dem Begriff »Waldmoore« fassen wir alle mit dem Wald ver-bundenen gehölzbestandenen undgehölzfreien Moore zusammen.Sie sind zumeist weniger zerstört

als die Moore in Agrarlandschaftenund bieten oft aufgrund der forst-lichen Eigentumsverhältnisse bessere Möglichkeiten der Wieder-vernässung.

NiedermoorSie sind von Grundwasser oder ablaufendem Hangwasser ernährt und können je nach Standort und geologischem Untergrund man-nigfaltige Typen ausbilden. Im Solling sind Niedermoore zumeist relativ nährstoffarm und sauer ausgeprägt (mesotroph-sauer).

HochmoorNur im niederschlagsreichen Klima kann ein Moor über den Grund-wasserspiegel der Umgebung hin-aus wachsen und wird dann zum aufgewölbten Hochmoor oder Regenmoor. Es hat keinen Kontakt zu mineralstoffreichem Wasser mehr und erhält seine Nährstof-fe ausschließlich aus Regen- und Staubeintrag.

BruchFeuchtes Gebiet; es kann vermoort sein (mit Torf) oder nur sumpfig (Staunässe ohne nennenswerte Torfauflage). Oft als Bezeichnung für bewaldete Feuchtgebiete verwendet, wie Erlenbruch oder Birkenbruch.

V. l. n. r.: Eindrücke aus den Solling-Mooren: Quellbach · Scheiden-Wollgras · Torfmoos-Bulten · Wachsendes Moor mit »ertrinkenden« Bäumen

Torfmoose sind die Haupttorf-bildner in nährstoffarm-sauren Mooren. Durch ihren speziellen Zell-aufbau mit einem Netz schmaler, lebender Zellen und dazwischen großen durchlöcherten Wasser-speicherzellen, verhalten sie sich wie ein Schwamm. Torfmoose sind so in der Lage, das 15 bis 30-fache ihres Trockengewichtes an Wasser zu speichern. Die Torf-moospflanze wächst an der Spitzenach oben weiter, da sie ihre Nährstoffe nur vom Regen-wasser erhält. Die unteren Teile sterben ab und ver-torfen. Dadurch, dass dasTorfmoos nach oben wächst, kann es andere Pflanzen langfristig über-wachsen, durch seine stauende Eigenschaft den Moorwasserspiegel mit anheben und Bäume »er-trinken« lassen. Auf diese Weise wachsen Regenmoore (Hochmoore) über das Grund-wasser hinaus.

Leben im Moor

Torfmoos-Pflanze und mikroskopische Vergrößerung der Zellstruktur (schmal und grün: lebende Zellen; hell: tote Wasserspeicherzellen)

Faszination Moor�

Die bunte Welt der Torfmoose

Torfmoose, die Moorbaumeister

V. o. n. u.: Rundblättriger Sonnentau ·Gerandete Jagdspinne · Sumpfveil-chen · Kleine Moosjungfern

Torfmoose …

… sind für das Moorwachstum ver-antwortlich (je Jahr 0,5 bis 1 mm).… sind als Individuen unsterblich – sie wachsen oben immer weiter und sterben unten ab.… sind als Arten hingegen bedroht:von den 34 in Niedersachsen vor-kommenden Torfmoosarten stehen24 auf der Roten Liste.… sind Hungerkünstler, sie beziehenihre Nahrung aus Regenwasser undStaubeintrag.… versauern den Moorboden; das Moor wird sauer wie Zitronensaft.… sind fraßgeschützt – keine Tier-art kann sie als Futterpflanze ver-werten.… sind im Solling auch in nassen Wäldern, Hang- und Quellmooren reich vertreten.… bewirken, dass wachsende Moorejahreszeitlichen Wasserstand-schwankungen durch die Auf- und Abwärtsbewegung ihres Torfkör-pers ausgleichen können.

Refugium seltener Arten

Der naturschützerische Wert der Moore liegt weniger in der Arten-zahl dieses Lebensraums. ZahlreicheMoorpflanzen und – Tiere sind Bio-topspezialisten. Sie können nur leben, wenn nasse und nährstoff-armen Bedingungen Konkurrentenfernhalten. Ihr Überleben hängt unmittelbar vom Erfolg des Moor-schutzes ab. Moore sind unersetz-bare, stark gefährdete Lebensräume.

Die bunte Welt der Torfmoose

Klimafaktor Moor10

Klimafaktor Moor

Moore spielen eine Schlüsselrolle im globalen Kohlenstoff-Haushalt. Un-ter den Landlebensräumen sind sie weltweit der wichtigste Kohlenstoff-speicher, obwohl sie nur 3 % der Landfläche einnehmen. Der Grund dafür ist, dass die gebildeten Torfe den Kohlenstoff für viele Tausende von Jahren speichern, während es in Wäldern, sonstiger Vegetation und Böden eher Jahrhunderte sind. Seit der letzten Eiszeit haben die wachsenden Moore den CO2-Gehalt der Atmosphäre deutlich verringert und zu einer Abkühlung seit den nacheiszeitlichen Wärmephasen geführt.

Moor-Stoffwechsel

Pflanzen verbrauchen bei der Photosynthese Kohlendioxid aus der Luft. Mithilfe von Wasser bilden sie daraus organisches Material und Sauerstoff. Normalerweise ist dies ein Kreislauf − die toten Pflanzen verrotten, das organische Material wird zu Kohlendioxid veratmet und gebundene Nährstoffe werden wie-der freigesetzt. In lebenden Mooren ist dieser Kreislauf durchbrochen. Im nassen Torf liegen sauerstoffarme Verhältnisse vor, die eine Zersetzung größtenteils verhindern. Es wird nur etwas energiereiches Sumpfgas (Methan − auch ein klimarelevantes Gas) freigesetzt; im Verhältnis dazu aber wesentlich mehr Kohlendioxid fest gebunden. Im wachsenden Torf werden Kohlenstoff und Stickstoff akkumuliert. Intakte, wachsende Moore wirken also dem Treibhaus-effekt entgegen.

Kohlenstoff-senke Moor

Treibhausgasaustausch intakter, entwässerter und wiedervernässter Moore (CO� Kohlendioxid, CH� Methan, N�O Lachgas)

V. l. n. r.: Seggentorf aus dem Solling · Erdatmosphäre in der Computersimulation · Wachsende Torfmoose − wachsendes Moor

intaktes Moor leicht entwässert stark entwässert Vernässung / Anstau

CO2CO2

CO2CH4CH4 CH4

N2ON2O

CH4

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Zahlen zu Moor und Kohlenstoff

550 Gigatonnen Kohlenstoff sind weltweit im Torf gebunden − das ist so-

viel, wie

· 75 % des gasförmig in der Atmosphäre vorkommenden Kohlenstoffs oder

· 200 % des weltweit in Wäldern und Waldböden gebundenen Kohlenstoffs.

3 % der Landfläche der Erde sind Moore. 20 % davon sind entwässert; 60 %

noch wachsend.

Jährlich entweichen allein durch Drainage von Mooren 3 Milliarden Tonnen CO2.

Vom Kohlenstoffspeicher zur Treibhausgasschleuder

Durch eine Entwässerung wird genau das Gegenteil bewirkt, die trockengefallenen Torfkörper kön-nen nun durch Bodenorganismen mineralisiert werden. Die dadurch freigesetzten großen Mengen anKohlenstoff und Stickstoff belastenals Nährstoffeinträge die Gewässeroder gehen als klimarelevante Gase,Kohlendioxid (CO2) und Lachgas (N2O) in die Atmosphäre über. Entwässerte Moore sind weltweit momentan für 20 % der vom Men-schen verursachten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich.

Die Situation bei uns

Deutschland gehört in globaler Perspektive zu den moorreichen Gebieten der Erde. Die Moore kon-zentrieren sich auf die nördlichen

Bundesländer und den Alpenrand. Sie umfassten einst über 15 000 Quadratkilometer.

Niedersachsen hatte fast ein Drit-tel davon: 2 500 km2 Hochmoor und 1 850 km2 Niedermoor. Nur noch 5 % davon sind heute noch naturnahe Moore.

Intakte Moore wirken dem Treibhaus-effekt entgegen

V. l. n. r.: Seggentorf aus dem Solling · Erdatmosphäre in der Computersimulation · Wachsende Torfmoose − wachsendes Moor

Klimafaktor Moor1�

Keine Torfbildung bedeutet Torfzehrung

Moore mit Entwässerungseinrich-tungen stellen eine besondere Umweltbelastung dar. Sobald die Torfe nicht mehr wassergesättigt sind, setzt die Mineralisation ein und der im Torf gespeicherte Kohlenstoff und Stickstoff wird in großen Mengen als Treibhaus-gase Kohlendioxid beziehungs-weise Distickstoffoxid (Lachgas) freigesetzt. Stickstoff- und Phos-phorverbindungen werden bei nährstoffreichen Niedermoortor-fen auch als Nitrat und Phosphat an die Vorfluter abgegeben und überdüngen so die Gewässer.

Die Stoffausträge erfolgen auch nach Nutzungsaufgabe und auch in Naturschutzgebieten, FFH-Ge-bieten und Naturwaldreservaten, da die Entwässerungseinrich-tungen in der Regel weiter funk-tionieren oder gar unterhalten werden. Jede Beeinträchtigung der Moore ist also auch einen mas-siver Eingriff in den Kohlenstoff-haushalt.

Kennzeichen für Verschlechte-rung in Waldmooren

Entwässerung löst eine schwer rückgängig zu machende Degene-ration des Moores aus, da die Torf-eigenschaften zumindest an der Mooroberfläche unumkehrbar ver-ändert werden. Durch Aufforstun-gen erleidet das Moor zusätzliche Wasserverluste in Folge erhöhter Verdunstung.

Renaturierung tut Not

V. l. n. r.: Trockenheit − den Mooren fehlt das Wasser · Einbau von Pegel zur Wasserstandsmessung durch Mitarbeiter der NLF · Stauwerk · Wiedervernässtes Moor

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Phasen bei der Renaturierung von Mooren

Phase Dauer Erfolg

1. Wiedervernässung kurz (einige Jahre) Änderung der Wasserstände

2. Renaturierung mittel (10 – 20 Jahre) Wandel der Artenzusammensetzung

3. Regeneration lang (ab 50 Jahre) Torfbildung

Renaturierung von Mooren

Vorgehen am Beispiel der Solling-Niedermoore − in 10 Schritten zum Erfolg:

Vorbereitung 1. Für Akzeptanz in der Bevölke-

rung werben / öffentliches Bewusstsein schaffen.

2. Suchraum eingrenzen (im Sol-ling ca. 1 200 Hektar poten-zielle Flächen).

3. Störungszustand aufzeigen. 4. Entwässerungszustand der ein-

zelnen Flächen ermitteln. 5. Ziele formulieren (Torf-

mooswachstum, ggf. Moorwaldbereiche).

Durchführung 6. Wasserverbraucher Fichte

beseitigen. 7. Kammerung der Vorfluter

(Stauwerke). 8. Grabenrückbau (Verfüllung). 9. Nacharbeiten (z. B. Querver-

wallungen). 10. Erfolgskontrolle − Änderung

der Wasserstände überprüfen.

1 Anstau / Kammerung des Entwässerungsgrabens� Ableitungen zur Bewässerung des Torfkörpers� Verfüllung des Grabens mit Sägespänen nach der

»Zuger Methode«� Querverwallungen aus Torfmaterial

Abbildung (verändert nach Koska / Stegmann): Wieder-vernässungsmaßnahmen in Niedermooren im Solling:

V. l. n. r.: Trockenheit − den Mooren fehlt das Wasser · Einbau von Pegel zur Wasserstandsmessung durch Mitarbeiter der NLF · Stauwerk · Wiedervernässtes Moor

Bad Karlshafen

Holzminden

Neuhaus

Uslar

Hardegsen

Moringen

EinbeckDassel

Moore im Solling1�

Bad Karlshafen

Holzminden

Neuhaus

Uslar

Hardegsen

Moringen

EinbeckDassel

Karte der Moore im Solling

Rot Niedermoor Orange Hochmoor Gelb Anmoor

Nassböden ohne Torfbildung nicht markiert. Alle Anga-ben den geologischen Karten entnommen, die je nach Bearbeitungsstand der einzelnen Blätter Widersprüche und Ungenauigkeiten aufweisen.

1 Kleines Bruch Niedermoor / Anmoor S. 27 2 Düsteres Bruch Niedermoor / Anmoor 3 Ahlequellmoor Niedermoor 4 Erzbruch Niedermoor / Anmoor S. 26 5 Mecklenbruch Hochmoor 6 Torfmoor Hochmoor 7 Kükenbruch Niedermoor / Anmoor 8 Friedrichshäuser Bruch Niedermoor S. 22 – 23 9 Heidelbeerbruch Niedermoor / Anmoor S. 20 – 21 10 Lakenwiesen Niedermoor 11 Teichwiesen Niedermoor S. 24 – 25 12 Hülsebruch Niedermoor

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Moore im Solling1�

V. l. n. r.: Molkenboden · Hochmoor Mecklenbruch · Hangquellmoor Teichwiese

Solling − Von Mooren geprägt

Sprachforscher interpretieren den Namen »Solling« als eine durch ihren Reichtum an sumpfigen Stellen charakterisierte Wald-landschaft. Der Name geht auf

Entstehung der Moore

die Silbe »sol« zurück, die eine morastige Stelle meint. Auch die heutigen Wörter Soll (vermoortes oder wassergefülltes Toteisloch in Nordostdeutschland) und Suhle und gehen auf diesen Wortstamm zurück.

Moorwachstum über »Molke«

Im Solling kommen besondere Stau-wasserböden auf den Hochflächenvor. Sie zeichnen sich durch eine besonders starke Bleichung mit milchig-weißer Farbe aus. Die »Molkenböden« sind Stagnogleye, die sich im Solling über einer ab-dichtenden tonreichen Fließerde bilden, wo sie von einer dünnen Schicht Lösslehm überlagert ist. Beide Schichten sind eiszeitlichen Ursprungs. Fast ganzjährig nasse Verhältnisse auf den Plateaulagen im Solling führen zur Lösung von Metall-Ionen in diesen Böden. Gelöstes Eisen und Mangan wird nicht nach unten, sondern seit-wärts mit der Bewegung des Boden-wassers abtransportiert. Übrig bleibt die reduzierte Eigenfarbe des Sediments − und die ist bei Lösslehm weißlich. Die Molken-böden bieten nährstoffarme, schlechtwüchsige Standorte und sind die Ausgangslage für Ver-moorungen.

Anmoortorf,schluffhaltig

60 cm tiefes Bodenprofilaus dem Heidelbeerbruch

Stauzone:gebleichterLösslehm

Stauzone:rostfleckigerLösslehm

Staukörper:tonige Buntsand-stein-Fließerde

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V. l. n. r.: Molkenboden · Hochmoor Mecklenbruch · Hangquellmoor Teichwiese

Aufbau der Solling-Moore

Quell- und HangmooreVermoorungen haben sich im Sol-ling besonders dort entwickelt, wo Molkenböden, geringe Hang-neigung und eine Wasserspeisung aus Quellen zusammentrafen.

Dann bildete sich ein Quellmoor, das oft von der Wasserschüttung darunter liegender Schicht- und Sickerquellen ernährt wird. Das Wasser durchströmt den Torf; die Quelle selbst ist nur durch Spezialuntersuchungen auffind-bar. Hangmoore entstehen durch hangabwärts laufendes Wasser und schließen meist nahtlos an die Quellmoorebereiche an. Die ältesten Torfe im Solling liegen an der Basis des Ahlequellmoores und sind ca. 7 800 Jahre alt.

HochmooreIn den Hochlagen um die Ort-schaft Silberborn kam es auf zwei flachen Bergsätteln zum Auf-wachsen von Regenmooren, die aufgrund ihrer Morphologie als »Sattel-Hochmoor« bezeichnet werden können. Sie wölben sich im Zentrum über den Grundwas-serspiegel hinaus und sind rein regenernährt.

Beide Moore (Mecklenbruch und Torfmoor) wurden durch Brenn-torfabbau beeinträchtigt. Die teils über 4 Meter mächtigen Hoch-moortorfe sind bis zu 5 200 Jahre alt.

Schematische Querschnitte durch Moore im Solling, stark überhöht, wasserstauende Schichten dunkelgrau.

Oben: Quellmoor (rechts) mit hang-abwärts folgendem Hangmoor (links)

Unten: Sattel-Hochmoor im Querschnitt und darunter im Längsschnitt

Renaturierungsbeispiele1�

Seitenhintergrund: Mit Sägespänen verfüllter

Hauptgraben im Heidelbeerbruch

Fotos links: · Vegetation aus Vorfluter

ausgehoben · Errichtung von Querbauwerken

· Anlieferung der Späne

Fotos rechts: · Einarbeiten der Späne

· Verfüllter Graben mit Querbauwerken in den

Teichwiesen · Fertig: Mit Aushub abgedeckt

Sägespäne im MoorPilotprojekt in den Niedersächsischen LandesforstenAus dem Kanton »Zug« in der Schweiz kommt die Technik, Entwässerungsgräben mit Säge-spänen zu verfüllen, wenn nicht genug Torf-material dazu vorhanden ist. Diese Methodekam im Solling erstmals in Niedersachsen zurAnwendung. Sägespäne ersetzen Torf in Sachen Saugfähigkeit, Nährstoffarmut und Formstabilität. Querbauwerke aus Holzbohlen sichern die Späne hangabwärts ab. Vor dem Verfüllen mit Spänen müssen Vegetation und Erde aus den Gräben gebaggert und die Säge-späne anschließend damit bedeckt werden.

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Renaturierungsbeispiele�0

Steckbrief – Heidelbeerbruch

Lage: Östlicher Oberhang der Hochlagen des Solling in 450 – 500 Metern

Höhe. Jahresniederschlag ca. 1 050 mm.

Moor-Charakterisierung: Quell- und Hangmoorkomplex mit 3 – 5 % Gefälle

über Buntsandstein-Fließerden. Die Torfe sind zu dünner Anmoorauflage

degeneriert bis teilweise gänzlich verschwunden. Nur noch ein klein-

flächiger Quellmoorrest mit Moorvegetation ist vorhanden. In der 1965

aufgenommenen geologischen Karte wurden noch 25 Hektar Niedermoor

erfasst. Bedeutung: Trinkwasserschutz- und Quellgebiet.

Nutzungsgeschichte und Entwässerung: 17. und 18. Jahrhundert noch

Schaf- und Rindermast − das Heidelbeerbruch gehörte zur »Großen Blöße«.

Ab ca. 1850 Aufforstung des Moores mit Fichte; 1892 – 1894 Anlage von

Rabattenkulturen mit Entwässerungsgräben; Rabattenabstand 20 – 25 m;

Entwässerungssystem in Fischgrätenform. Hauptgräben ca. 1,50 m tief und

bis zu 4,00 m breit, Nebengräben ca. 80 cm tief. 1978 wurden

Gräben das letzte Mal erneut geöffnet. Windwürfe 1938, 1972 und 1974.

Maßnahmen zur Wiedervernässung: 2008 Auflichtung und Entnahme von

60 % der Fichten, dannach Komplettverfüllung der Hauptgräben mit

1 000 Kubikmetern Sägespänen (Zuger Methode).

Extrembeispiel einer forstlichenMoorentwässerung

Die Wiedervernässung im Heidel -beerbruch ist das bisher ambitio-nierteste Wiedervernässungspro-jekt eines Niedermoors im Solling. Ein fast gänzlich gestörtes Hang-moor, dessen Torfe an vielen Stellenin Folge der Austrocknung bis auf

den Mineralboden zersetzt sind, soll wieder versumpfen. Langfris-tiges Ziel ist eine erneute Torf-bildung.

Das Heidelbeerbruch symbolisiertden früheren Nutzungsdruck auf die Moore (Entwässerung aus-schließlich zum Zwecke der Auf-forstung) ebenso, wie die damit

Heidelbeerbruch

Das fichtenbestandene Heidelbeerbruch erstreckt sich mit 3 – 5 % Gefälle von rechts nach links; der »Kaiserweg« schneidet es in zwei Teile.

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verbundenen wirtschaftlichen Probleme (Windwurfanfälligkeit; kostspieliges Entwässerungssystem bei unsicherem Ertrag) und die Umweltfolgen (CO2-Freisetzung, Verlust an seltenen Arten).

Es beherbergt Reliktbestände von Moorpflanzen (z.B. Wollgräser, seltene Torfmoosarten), die sich durch die Vernässung ausbreiten könnten.

Das fichtenbestandene Heidelbeerbruch erstreckt sich mit 3 – 5 % Gefälle von rechts nach links; der »Kaiserweg« schneidet es in zwei Teile.

Montage des Entwässerungssystems in ein Infrarot-Luftbild. Koplett verfüllt wur-den vor allem die Hauptgräben

Der Rauhfußkauz nutzt das Moor zur Nahrungssuche

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Langjährig erforschter Bruchwald

Obwohl das Friedrichshäuser Bruchin Teilen bereits seit 1912 unter Schutz steht, und geplante Auf-forstungen in den meisten Bereichenunterblieben, wirkte doch das da-für vor über 100 Jahren angelegteEntwäserungssystem fort. Erst abdem Jahr der Naturwaldausweisung

Friedrichshäuser Bruch1972 durch die damalige Landes-forstverwaltung wurden Maß-nahmen zur Wiedervernässung ergriffen. Jedoch wurden Gräbennur abschnittweise und nicht kom-plett verfüllt, was für ein geneigtesMoor erfolgversprechender wäre.

Heute umfasst das Friedrichs-häuser Bruch sowohl beeinträch-tigte, wie auch intakte, wüchsige Moorbereiche.

V. l. n. r.: Wasserrückhalt im 2008 gekammerten Talgraben · Wüchsiger Moorbereich mit absterbenden Fichten · Das Kleine Zweiblatt gedeiht im Friedrichshäuser Bruch · Bruchwald mit 160-jährigen Moorbirken

1��0 hatten die Moorbirken noch nicht so viel Konkurrenz von spontan aufgekom-menen Fichten

Renaturierungsbeispiele

Lage: Südlich des Heidelbeerbruchs, südöstlich geneigter Oberhang der

Hochlagen des Solling in 450 – 500 Metern Höhe. Jahresniederschlag

ca. 1 050 mm.

Moor-Charakterisierung: Quell- und Hangmoorkomplex mit 3 – 5 %

Gefälle über Schwemmlöss und Buntsandstein-Fließerden. Mindestens

5 Quellbereiche in den Torfen des Moores und sich hangabwärts daran

anschließende Hangmoore. Kleine Bereiche mit übergangsmoorartiger

Vegetation, das heißt Initialstadien einer regenwassergespeisten Hoch-

moorbildung. 10 Hektar Moor mit 30 – 180 cm Torfauflage, sowie 15 Hektar

Anmoor. Älteste dokumentierte Torfe 2 700 Jahre alt. Von Natur aus locke-

re Birkenbruchwälder und waldfreie Quellmoorbereiche.

Bedeutung: Refugium seltener Arten, Naturschutzgebiet und langjährig

dokumentiertes Naturwaldreservat, Quellgebiet.

Nutzungsgeschichte und Entwässerung: 17. und 18. Jahrhundert noch

Rinderweide Grabennetz je nach Quelle um 1830 oder 1890 angelegt, mit

dem Ziel nachfolgender Aufforstung. Die Aufforstung mit Fichten erfolgte

dann jedoch nur im westlichsten (obersten) Bereich, außerhalb des heuti-

gen Naturwaldreservats. Um 1900 Abtrennung dieses Moorteils durch Weg /

Knüppeldamm. Die ringsum angepflanzten Fichte wanderte in das Moor

ein: 1785 noch 80 % Moorbirken; heute: 280 alte Fichten (120 – 160 Jahre),

296 alte Moorbirken (120 – 160 Jahre), 476 Ebereschen und andere Baumar-

ten, steigende Tendenz zur Naturverjüngung (Fichte und Moorbirke).

Maßnahmen zur Wiedervernässung:

1970er Jahre: abschnittweise Stau-

maßnahmen am Hauptgraben quer

durch das Moor und an wichtigen

Nebengräben. 1988 Rückbau des

Knüppeldamms und Anlage von

Stauen am Talgraben. 2008 Kamme-

rung des Talgraben an der Südseite

des Bruches. Geplant für 2009:

Verfüllung der Gräben am Ober-

hang außerhalb des Naturwald-

reservates.

Steckbrief – Friedrichshäuser Bruch

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V. l. n. r.: Wasserrückhalt im 2008 gekammerten Talgraben · Wüchsiger Moorbereich mit absterbenden Fichten · Das Kleine Zweiblatt gedeiht im Friedrichshäuser Bruch · Bruchwald mit 160-jährigen Moorbirken

Die ehemalige Sitkafichtenpflanzung hangaufwärts des Schutzgebietes soll noch vernässt werden

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Moorwiesen 1��� und �00�

Teichwiesen am neuen Teich

Wiederbelebung eines Quell-moores

Oberhalb des 1737 für die Holz-flößerei angelegten Neuen Teichs entspringt die Ilme in einem Hang-quellmoor, das bis zu seiner Teilaufforstung 1966 genutzte Moorwiesen mit seltenen Arten beherbergte. Wie Torfuntersuchun-

gen zeigten, kommen in den Teichwiesen von Natur aus neben Birkenbruchwald auch waldfreie Moorbereiche vor. Nie aufgefors-tete Teile tragen noch heute eine beeindruckende Vegetation meso-troph-saurer Moore. Im Rahmen der Wiedervernässungsprojekte wurde 2008 der Fichtenforstan-teil auf Moor komplett abgeräumt und alle Gräben in diesem Bereich nach der »Zuger Methode« mit Sägespänen verfüllt und mit den entnommenen Pflanzen und Torf abgedeckt.

Teichwiesen-Panorama: Abgeräumter Fichtenforst grenzt an naturnahes Moor

Renaturierungsbeispiele

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Steckbrief – Teichwiesen am Neuen Teich

Lage: Quellgebiet der Ilme, westlich des »Neuen Teich« in 350 Metern Höhe.Moor-Charakterisierung: Quellmoor mit 3 – 5% Gefälle über Schwemmlössund Buntsandstein-Fließerden. 2,7 Hektar Moor mit 30 – 180 cm Torfauf-lage, 5,3 Hektar Anmoor, weitere Bereiche mit torffreien Nassböden (Stagno-gleye). Älteste dokumentierte Torfe sind 4 000 – 4 500 Jahre alt. Als Quell-moor mit Erlenbruch entstanden; darüber mesotrophere Riedtorfe mit etwas Birkenbruch-Anteil. Eingeschwemmter Schluff kennzeichnet Entwal-dungsphasen der Umgebung, auf die ein stärkeres Moorwachstum folgte.Bedeutung: In nicht aufgeforsteten Bereichen wertvolle Flora mesotroph-saurer Moore mit Wollgrasstadien und Spitzbinsenrieden. Quellgebiet der Ilme. Lebensraum vom Kammmolch. Libellenhabitat mit angelegten Bio-topteichen.Nutzungsgeschichte und Entwässerung: 1737 Bau des »Neuen Teiches« und somit vermutlich auch von Entwässerungsgräben im Moor, um den Floßteich schneller füllen zu können. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird eine Wiesennutzung im Moor eingesetzt haben (z.B. Streuwiesen). 1965 noch im wesentlichen entwässertes Grünland; 1966 Aufforstung von etwa 40 % des Moores mit Fichten.Maßnahmen zur Wiedervernässung: Im Frühjahr 2008 Rodung aller auf dem Moor gepflanzten Fichten. Verfüllung der Gräben im nördlichen Teil mit Sägespänen (Zuger Methode). Im südlichen Teil Bau von Stauwehren und Entnahme von Fichtengruppen.

Wiederherstellung von Lebensraum für Moorarten wie zum Beispiel die Kleine Moosjungfer

Teichwiesen-Panorama: Abgeräumter Fichtenforst grenzt an naturnahes Moor

Steckbrief – Erzbruch

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Lage: 60 Hektar großes Gebiet an der Westseite des Solling in 430 – 500

Metern Höhe.

Moor-Charakterisierung: Torfauflage zwischen 20 und 80 cm. Bewaldetes,

entwässertes Moor mit überwiegender Fichtenbestockung (80 %) und bis-

her nur 10 % Moorbirke.

Geplante Maßnahmen zur Wiedervernässung: Geplante Poolfläche für

Kompensationsmaßnahmen. Regeneration entwässerter Standorte durch

Schließung von Entwässerungsgräben. Vorzeitige Nutzung von Fichtenbe-

ständen. Sukzession und Initialpflanzung von Baum- und Straucharten der

natürlichen Waldgesellschaft.

Entwicklungsziele: Birkenbruchwald, naturnahe Quellbereiche und Fließ-

gewässer, Retentionsfläche für Hochwasserereignisse, Vernetzung von

Bruch- und Feuchtwäldern im Solling.

Erzbruch Kompensationsfläche in Entwicklung

Das Erzbruch ist ein stark degra-diertes Feuchtgebiet. Tiefe Ent-wässerungsgräben durchziehen den Wald. In der Vergangenheit wurden Eichen und Fichten mit mäßigem Erfolg aufgeforstet. Teil-bereiche tragen noch Reste von Birkenbruchwäldern.

Die geplante Wiedervernäs-sung soll, neben dem Schutz der Sumpf- und Moorflächen selbst, besonders auch zum Hochwasser-rückhalt beitragen. Das Erzbruch zählt zum Einzugsbereich der Holzminde.

Zielzustand: Torfmoosreicher Birken-bruch

Renaturierungsbeispiele

Erzbruch: Entwässerter Birkenbruchwald · Tief eingeschnittener GrabenKleines Bruch: Abgeräumter Fichtenforst, renaturierter Graben · Entwässerter Bruchwald

Steckbrief – Kleines Bruch

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Lage: Südwestseite des Solling in einer Höhenlage von 380 – 400 Metern.

38 Hektar großes Naturschutzgebiet.

Moor-Charakterisierung: Quellmoor mit Hangmooranteilen. Torfauflage

zwischen 20 und 150 cm.

Bedeutung: Reste naturnaher Birken-Bruchwälder. Künstlich angelegte, in-

zwischen aber naturnahe, nährstoffarme Kleingewässer.

Nutzungsgeschichte und Entwässerung: Historisch alter Waldstandort mit

heute 50 % Fichtenforstanteil und Resten naturnaher Birken-Bruchwälder.

Maßnahmen zur Wiedervernässung: Wiedervernässung geeigneter Stand-

orte durch Rückbau von Entwässerungsgräben. Zurückdrängung nicht

standorttypischer Baumarten.

Leitbild: Lichte, geringwüchsige, vereinzelt auch mehrschichtige Wälder

aus Moorbirke, gelegentlich auch Sandbirke und Fichte; vereinzelt auch

Schwarzerle, Stieleiche und Ebereschen. Hohe Totholzanteile (liegend

und stehend). Einzelne Blößen; aufgrund der lichten Baumschicht mit teil-

flächiger Strauchschicht, Krautschicht mit hohen Deckungsgraden, üppige

Moosschicht.

Bruchwälder sollen sich aus-breiten

Westlich von Neuhaus war die Plateaulage des Solling einst flächigvon Niedermooren und sumpfigen Standorten (Anmoor) geprägt. Im Naturschutzgebiet »Kleines Bruch« sind Reste dieser Moorbildungen mit nennenswerten Anteilen alter Moorbirken erhalten.

Wie in anderen Schutzgebietenauch, verhindert der Schutzstatusallein nicht die weitere Degradation

Kleines Bruch

des Moores, da die Entwässerungs-wirkung der angelegten Gräben weiter besteht. Daher wurde mit der Verfüllung der Gräben begon-nen.

Alte Moorbirken zwischen Pfeifengras

Erzbruch: Entwässerter Birkenbruchwald · Tief eingeschnittener GrabenKleines Bruch: Abgeräumter Fichtenforst, renaturierter Graben · Entwässerter Bruchwald

Herausgeber:Niedersächsische LandesforstenBetriebsleitungHusarenstraße 7538102 Braunschweig

Idee und TextHenning Städtler, Philipp Küchler

Grafik und KartografiePhilipp Küchler S.10,12,13,14 / 15,17 Maren Walter S.21

SatzHenryN. Werbeagentur

Druck:Sigert, Braunschweig

Finanzierung durch

Mitwirkung / Sponsoring

Impressum

Fotos: (o=oben, m=Mitte, u=unten, l=links, r=rechts)Henning Städtler S. 1 l, m, u, 2 o, u, 3 or, 4 l, 5 u, 6, 7 l, 8 o, 9 o, m, mu, 10 u 12 r, 13, 16 o, 17 l, 18, 19, 24 ur, 25 ulUlrich Schlette S. 26, 27Philipp Küchler S. 5 l, 7 r, 10 l, 11 r, 16 u, 17 r, 20 – 21 o, 22 o, 23 or, u, 24 – 25 oArchiv NLF S. 3 olRonald Sl / Wikimedia S. 1 oKristian Peters / Wikimedia S. 8 uAxel Strauß / Wikimedia S. 9 moFriedrich Böhringer / Wikimedia S. 9 u, 25 urtom / fotolia S. 10 – 11Scott Lidell / SXC S. 12 lMdf / Wikimedia S. 20 mVelala / Wikimedia S. 23 lKurt Hueck S. 22 uUnbekannt S. 4 r, 5 r, 24 ul