Mord im Konklave

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Mord im Konklave Hubertus Franzen

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Roman von Hubertus Franzen, erschienen in einer völlig überarbeiteten Ausgabe 2013 als eBook in der edition-efm-voltaire UG (haftungbeschränkt)

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Impressum

© 2013 edition-efm-voltaiere UG (haft ungsbeschränkt)Kantstraße 2, 04275 Leipzigwww. edition-voltaire. de

Coverabbildung: Uli Pforr, HamburgCovergestaltung: Dipl. -Ing. Juliane Ehrlicher (FH), edition-efm-voltaire, LeipzigHerstellung: Dipl. -Ing. Juliane Ehrlicher (FH), edition-efm-voltaire, Leipzig

ISBN

Alle Rechte vorbehalten.

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Widmung

Zur Erinnerung an die große Publizistin Italiens, die mutige Oriana Fallaci, gestorben am 15. September 2006 in Florenz, Autorin der Bücher Die Wut und der Stolz und Die Kraft der Vernunft , bekennende Atheistin, die geschrie-ben: Europa ist nicht mehr Europa, es ist Eurabien, eine Kolonie des Islam, wo die islamische Invasion nicht nur physisch voranschreitet, sondern auch auf geistiger und kultureller Ebene. Unterwürfi gkeit gegenüber den Invaso-ren hat die Demokratie vergift et, mit off ensichtlichen Konsequenzen für die Gedankenfreiheit, und für die Freiheit selbst.

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Javier Echevarria, Generalprälat des Opus Dei, Großkanzler der Univer-sität vom Heiligen Kreuz und Titularbischof von Cilibia, ging seinem frühen Besucher, Christoph Kardinal Schönborn, dem Metropoliten von Wien, entgegen, lange seine Hand haltend, zulange, wie es der Primas Ös-terreichs empfand.

Seit Tagen wurde mit dem Ableben Johannes Paul II., des ersten Sla-wen in der zweitausendjährigen Geschichte der Päpste, gerechnet.

Die großen nationalen und internatonalen Fernsehgesellschaft en hat-ten Fantasiepreise für Terrassen und Balkone, den Aufbau von Tribünen, auf und in unmittelbarer Nähe der Piazza San Pietro gezahlt, um live in alle Welt von dem bevorstehenden Ende des Papstes zu berichten, der, wie kein Zweiter, die Gesetze der Medien beherrschte. Die Welt wartete auf den Tod des Pontifex Maximus, der am 16. Oktober, dem zweiten Kon-klave des Drei-Päpste-Jahres 1978, zum Stellvertreter Christi gewählt, über einen Zeitraum von 26 Jahren und 5 Monaten, die römische Kirche geleitet, die Gott selbst gegründet, indem er Fleisch annahm aus Maria der Jungfrau, gezeugt durch den Heiligen Geist, so der Glaube, das zweit-längste Pontifi kat der Kirchengschichte, nach den Regierungsjahren Pius IX., neigte sich, ewigen Gesetzen folgend, dem Ende.

»Haben Sie neueste Informationen aus dem Krankenzimmer des Paps-tes?«

Javier Echevarria schüttelte, schmerzlich lächelnd, in Gott ergeben, den Kopf: »Das Herz des Papstes will nicht aufh ören zu schlagen, Emi-nenz Schönborn, aber sein Tod kann täglich, nein stündlich, eintreten.« Der dritte Generalprälat in der noch jungen Geschichte des Opus Dei, bat seinen Besucher Platz zu nehmen, der auf ein Bild des Gründers, des »Gotteswerkes«, Josemaria Escriva blickte, der, im Jahre 1975 sterbend, wie sein Freund und Weggefährte Francisco Franco, der Gaudillo, Freund Hitlers und Mussolinis, Feind aller Demokraten Spaniens --, 1992 selig und am 6. Oktober 2002 durch Johannes Paul II. auf der Piazza San Pie-tro vor hunderttausenden Mitgliedern des Opus Dei aus aller Welt heilig gespochen wurde.

Wer war in kürzerer Zeit zur Ehre der Altäre erhoben worden, als der Freund des Gaudillo, des Führers von Spanien, Francisco Franco, dem Be-schützer der Kirche gegen alle Kräft e der Finsternis: Humanisten, Sozia-listen, Kommunisten, die Demokratie und den Rechtsstaat auf der Iberi-schen Halbinsel, die Marionette des Spanischen Episkopats?

»Johannes Paul II. wird als eine der größten Gestalten des Papstums in

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die Geschichte der Kirche eingehen, die der Sohn des lebendigen Gottes aus Liebe zu den Menschen gegründet, in dem er, vom Himmel herab-steigend, Fleisch annehmend aus Maria der Jungfrau, durch seinen Tod am Kreuze uns mit seinem Vater versöhnte. Ohne Johannes Paul II., den ehemaligen Erzbischof von Krakau, gäbe es heute noch den Eisernen Vor-hang. Er war es, der das kommunistische Regime in Polen entscheidend zum Einsturz brachte, ohne ihn keine deutsche Wiedervereinigung, die Befreiung der Völker Osteuropas. Wir, die Männer der Kirche, die Nach-folger der Apostel und Vertreter des lebendigen Gottes, der am Ende aller Tage die Lebenden und die Toten richten wird, haben allen Grund, mit Stolz auf dieses glanzvolle, wenn nicht das bedeutendste Pontifi kat der überschaubaren Kirchengeschichte zu blicken, Eminenz.«

Der Primas von Österreich zeigte für Augenblicke ein Lächeln der Iro-nie, welch ein theologisches Pathos quoll aus dem Munde des General-prälaten, er, Christoph Kardinal Schönborn, war schon katholisch. »Ich pfl ichte Ihnen bei, doch wir müssen schon heute über den Tod Johannes Paul II. hinaus auf das kommende Pontifi kat blicken. Was sagen Ihre Informanten?Wer hat Chancen?«

Javier Echevarria, nach Josemaria Escriva, dem Gründer und Heiligen, und Alvaro del Portrillo, der dritte Generalprälat des Opus Dei, zeigte das Lächeln des diskreten und bestens informierten Diplomaten und Führers der Organisation, die angetreten, die Katholische Kirche aus ihrer tiefs-ten Krise ihrer Geschichte zu retten, hatte doch der Gründer, der heilige Josemaria Escriva, einen Bund mit Gott geschlossen, um die Ecclesia zu erneuern.

»Kardinalstaatssekretär Sodano soll angeblich bereits mehr als vierzig Konklavisten auf seine Person eingeschworen haben, dies hieße mehr als ein Drittel aller Stimmen, Eminenz.«

Erzbischof Echevarria, hoff end und bis zuletzt glaubend, von Johannes Paul II. in den erlauchten Kreis der Kardinäle, der Papstwähler, erhoben zu werden, eine Hoff nung, die sich nicht mehr erfüllen würde, richtete seine Augen auf den österreichischen Kirchenführer.

»Das Opus Dei würde gerne eine Persönlichkeit wie Sie, Eminenz, als zukünft igen Pontifex Maximus sehen, auch der mit dem Tode ringende Johannes Paul II., der große Verehrer der Gottesmutter, ist der Stellver-treter des Allerhöchsten und Diener der Diener Gottes nicht ohne das Opus Dei geworden, ich denke nur an Ihren Vorvorgänger Franz Kardinal König, dem Opus Dei angehörend, der die Wahl Karol Jozef Wojtylas mit

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seinem Vertrauen auf Gott und den Heiligen Geist ermöglichte, mit sei-nem Vorschlag für den Erzbischof von Krakau, die Pattsituation zwischen Giuseppe Siri, dem Exponenten des konservativen und Giuseppe Benelli, dem Kandidaten des liberalen Flügels überwindend. Die Kardinäle von Genua und Florenz standen sich auch im August-Konklave als Kontra-henten gegenüber, und der Patriarch von Venedig, Albino Luciani, ging als der lächelnde 33-Tage-Papst Johannes Paul I. in die Geschichte ein. Sie, Eminenz Schönborn, stehen für alle Werte, für die auch das Opus Dei steht, der Sie, im Glauben an den göttlichen Erlöser, den Kampf gegen die Philosophen des Relativismus führen, wie Ihr Mentor Joseph Kardinal Ratzinger.«

Der Metropolit von Wien, Nachfolger des durch Johannes Paul II. zum Rücktritt gezwungen Hans Herrmann Kardinal Groer, des Knabenschän-ders von Hollabrunn, der die Kirche Österreichs in eine tiefe Krise ge-stürzt, zog es vor, die Worte des Generalprälaten unbeantwortet zu lassen. Vielleicht würde ja der Generalprälat das Th ema nochmals aufgreifen, es war jedoch nicht opportun zum gegenwärtigen Zeitpunkt als möglicher Kandidat des Opus Dei zu den Kandidaten um die Nachfolge gezählt und diskutiert zu werden.

Der Primas von Östereich, Mitglied einer böhmischen Adelsfamilie, welche der Kirche Fürsterzbischöfe von Mainz, Bamberg und Würzburg gestellt, mit achtzehn in den Ordo fratum Praedicatorum eintretend, den Orden des heiligen Dominikus, auf den sich Jahrhunderte die Heilige Rö-mische und Universale Inquisition stützen konnte, dem Menschen ohne Zahl und jenseits aller Vorstellungen durch die Jahrhunderte kirchlichen Absolutismusses und priesterlicher Willkür qualvollst zum Opfer gefal-len, bedachte den in Madrid geborenen Nachnachfolger des Heiligen Escriva und Freundes Francisco Francos, den Beschützer und Verteidiger des Glaubens und der Spanischen Kirche, deren Bischöfe zu den reichsten Männern der Iberischen Halbinsel gehörten, Großgrundbesitzer, die Ban-ken kontrollierend, erbarmungslos im Kampf gegen Humanisten, Sozia-listen, die Demokraten der II. Republik, allen voran die Metropoliten von Toledo, mit einem Lächeln, dass sich der Deutung entzog.

Sicher war es eine glückliche Fügung, dass Erzbischof Monduzzi, be-dingt durch die Ereignisse um den Tod Johannes Kardinal Schwemmers, der Kardinalspurpur verwehrt werden musste, der Vatikan sich mit Italien darauf verständigend, den Episkopus in ein Kloster in Kalabrien einzu-weisen, um Schaden von der Kirche abzuwenden, während Monsignore

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Bettazzi, unter Ausschluss der Öff entlichkeit, für unzurechnungsfähig erklärt, in einem Kloster in der Mitte Siziliens die Gelegenheit hatte die Sünde gegen das Gebot Gottes, dass man nicht morden solle, zu bereuen. So war es Erzbischof Monduzzi ebenso verwehrt wie Erzbischof Toddi, dem eine Mittäterschaft am Tode Kardinal Schwemmers nicht nachge-wiesen werden konnte, durch Seine Heiligkeit auf den erzbischöfl ichen Stuhl Modenas verbannt, durch Intrigen oder das Wirken des Heiligen Geistes, Einfl uss auf das Konklave zu nehmen.

Christoph Kardinal Schönborn, unter Vorsitz Joseph Kardinal Rat-zingers, die Inhalte des Katechismusses der Kirche mitgestaltend, den Johannes Paul II. den Katholiken der Welt im Jahre 1992 zum Geschenk gemacht, um ihren Glauben zu vertiefen, verschränkte die Finger der Hände, wie zum Gebet, während Generalprälat Echevarria sorgsamst sei-ne Worte wählte, denn es war ihm nicht entgangen, dass der Primas von Österreich, ein ausgewiesener Kirchendiplomat und Dogmatiker, nicht zu denen gehörte, die ihre Gedanken auf der Zunge trugen.

Doch Schönborn war, so die Auguren, einer der großen Konservativen der Kirche Jesu Christi, der nicht die Absicht hatte, mit radikalen Neue-rungen den kurzen Applaus der Welt zu erhalten.

»Ist nach der Ermordung Kardinal Schwemmers durch Erzbischof Monduzzi und Monsignore Bettazzi eine Entscheidung hinsichtlich der Besetzung der Vatikanbank, des Istituto per le Opere di Religione, bereits gefallen oder wird diese Entscheidung dem kommenden Pontifex vorbe-halten?«

Generalprälat Javier Echevarria, Großkanzler der Opus-Dei-Universi-tät zum Heiligen Kreuz, verdüsterte sich für die Dauer eines Augenblicks. Warum stellte der Metropolit diese Frage, das Wort »Ermordung« aus-drücklich betonend? Die Richter des Kardinals und Bankiers des Papstes, der Nuntius in Papua-Neuguinea gewesen, wurden durch die Procuratora dell´Stato, die höllisch schöne Isabella Giovanna Maria Monteverdi über-führt, der berühmten Sportlerin und mehrfachen Welt- und Europameis-terin in verschiedenen Kampfsportarten, La Bella, La Magnifi ca und Leo-nessa di Roma, Löwin von Rom, genannt.

»Wir dürfen davon ausgehen, dass der gegenwärtige Papst keine Ent-scheidung hinsichtlich der Nachfolge des Deutschen getroff en, wäre eine solche erfolgt, dürft e ich in der Lage sein, Ihnen den Namen mitzuteilen. Doch wie gesagt, nach meinen Informationen wurde der Schreibtisch des Pontifex schon für den Nachfolger aufgeräumt, doch die allerwichtigsten

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Th emen nach Buchstaben geordnet, liegen für den 265. Papst der Ge-schichte bereit, er muss nur noch gewählt werden.«

Hatte der Generalprälat des Opus Dei distanziert, ironisch gelächelt? Christoph Kardinal Schönborn, Freund des ermordeten Kardinalerzbi-schofs Schwemmer, auch wenn ihre Ansichten über die Zukunft der Kir-che weit auseinandergingen, spielte mit dem Brustkreuz, die Frage, ob er einen Espresso wünsche, mit ja beantwortend.

Die Untersuchungen des Falles hatten ergeben, dass Kardinal Schwem-mer sterben musste, weil Fundamentalisten die Rolle des Wortgewaltigen im Konklave fürchteten. Er stand für die Priesterehe, die damit verbunde-ne Abschaff ung des Zwangszölibats, die Ordination der Frauen, Frauen, wie in der Kirche Martin Luthers, als Bischöfi nnen und Pastorinnen sich vorstellend, und die Einheit der Christen, geleitet von einem Gremium, dem der Papst als Erster unter Gleichen vorstehen solle. Dies hätte letzt-endlich eine Reform des Papsttums und der Kurie ausgelöst, eine Demo-kratisiserung der Ecclesia mit nicht absehbaren Folgen für die Kirche und die vatikanischen Machtstrukturen, den römischen Zentralismus, in Jahr-hunderten gewachsen, eine Unmöglichkeit, nicht hinnehmbar.

Dem Wiener Metropoliten war das Gerücht bekannt, dass sowohl Erzbischof Monduzzi als auch Monsignore Bettazzi, der den Kardinal ermordet, Mitglieder des Opus Dei sein sollten, und ihn interessierte, ob der Erzbischof wie auch Monsignore Bettazzi aus dem Opus Dei ausge-schlossen wurden.

Generalprälat Echevarria, über die Frage des Wiener Kardinals nach der Mitgliedschaft der Monsignori überrascht, doch seine Überraschung hinter der Maske diplomatischer Höfl ichkeit nicht erkennen lassend, ließ die Frage unbeantwortet, ob Monduzzi und Bettazzi, ebenso wie Toddi, der neue Erzbischof von Modena, dem Opus Dei angehörten.

Der Primas von Österreich blickte ernst auf den Generalprälaten, keine weiteren Fragen über die Ermordung Kardinal Schwemmers mehr stel-lend, doch versuchend, seinen Wissensstand über eventuelle Kandidaten für das höchste Amt der Kirche zu vertiefen. Gab es neben Angelo Kardi-nal Sodano, noch weitere Kardinäle, die eine Chance hatten?

»Ich denke, Eminenz, der Kardinal von Mailand, Carlo Maria Martini, ist nicht nur Jesuit, sondern auch so fortschrittlich, vom Geist der Zeit gezeichnet, wie es Kardinal Schwemmer, die Leiche im Dom von Ravello, gewesen ist. Die Kirche braucht jedoch andere Männer, um die Stürme der Zeit zu überstehen. Ich schaue auf die Moschea di Roma, erbaut mit

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dem Geld des Königs von Saudi-Arabien und den Herrschern aller nur denkbaren islamischen Länder, eine Moschee in Rom, der heiligen Stadt der Kirche, der Päpste, in der Petrus und Paulus ihre Leben für Chris-tus und seine Kirche opferten, ist ein Skandal, eine klaff ende Wunde im Stadtkörper der heiligen Stadt.

Der Islam ist die Herausforderung für die Kirche seit den Tagen Mo-hammeds. Die Kirche braucht mutige Männer, braucht Politiker, die mit ihr, Seite an Seite, gegen den Relativismus und Islamismus kämpfen. Der Islam bedroht Europa, seine Kultur und nicht zuletzt die Kirche. Politi-ker, die das nicht sehen, verschenken die Zukunft der europäischen Men-schen.«

»Männer, wie sie im Opus Dei zu fi nden sind, Generalprälat Echevar-ria?«

»Wie sie im Opus Dei ihre geistige Heimat gefunden haben, zum Wohle der Kirche, Eminenz Schönborn.«

Javier Echevarria lehnte sich zurück, einen schnellen Blick auf den Pri-mas von Österreich werfend. Warum stellte der Wiener eine solche Frage, und mit diesem leichten Unterton der Ironie? Er würde das Opus Dei dringend benötigen, der Mann von der schönen blauen Donau, wenn er auf den Stuhl Petri gelangen wolle. Der Weg dorthin war weit, steil und steinig, auch voller Gefahren, die Zahl der Kardinäle nicht verifi zierbar, die in den Konklaven der Vergangenheit alle ihre Hoff nungen begraben mussten.

Wer kannte die vielen Verlierer in der Sixtinischen Kapelle, seit Jahr-hunderten Ort der Papstwahlen? Der Wanderer zu den höchsten Höhen der Menschheit brauchte tatkräft ige Helfer, die stark im Glauben, Unter-stützer wie ihn, den Generalprälaten Echevarria, der mit Disziplin und Seelenstärke die Heiligsprechung des Gründers des Opus Dei, Josemaría Escrivá, verfolgt und siegreich, am 6. Oktober Anno Domini 2002, auf der Piazza San Pietro, siebenundzwanzig Jahre nach dem Tode des Kämp-fers für Gott und seine Kirche, zum glorreichen Ende geführt.

Noch nie in der Kirchengeschichte, waren ein Mann oder eine Frau in kürzerer Zeit zur Ehre der Altäre erhoben worden als der Gründer des Opus Dei, Josemaria Escrica, Freund und Kampfgefährte des großen Staatsmannes Francisco Franco, der, gemeinsam mit den Metropoliten und Bischöfen Spaniens, die Iberische Halbinsel, nach der Nacht der De-mokratie und der II. Republik, wieder zu einem Bollwerk des Katholi-zismus gegen den Atheimus gemacht, in dem er die Gegner der Kirche,

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Atheisten, Sozialisten und Kommunisten niederkämpft e, zu hunderttau-senden auf den Altären der Kirche opfernd.

Der Kardinal und Primas von Österreich, zu den Konservativen unter den Kardinälen zählend, hielt sich noch bedeckt, die Hilfe des Opus Dei für seine Kandidatur abwägend.

Er, Generalprälat Javier Echevarria, konnte warten, spätestens an dem Tag, an dem der Pontifex, Johannes Paul II., die Augen für immer schloss, würde er Kardinal Schönborn die Dienste des Opus Dei nochmals anbie-ten, doch es war erforderlich, einen weiteren, vielleicht noch einen dritten Kandidaten des Opus Dei ins Rennen um das höchste Amt der Kirche zu entsenden, denn ihm, Javier Echevarria war es versagt, als Kardinal im Konklave eine entscheidende, nein, die alles entscheidende Rolle zu übernehmen, da ihn Johannes Paul II. nicht in den Rang eines Kardinals der Kirche von Rom erhoben, eine unverzeihliche Sünde, die der Kardi-nalpräfekt der Kongregation für die Bischöfe vor Gott zu verantworten hatte:Odilio Kardinal Oddi.

* * *

Dottoressa Isabella Giovanna Maria Monteverdi, die junge Staatsanwäl-tin, seit wenigen Tagen eine Gastprofessur an der altehrwürdigen Uni-versität von Bologna innehabend, griff zum Telefon, Pietro Colombo, den Procuratore dell´Stato, anwählend. Nach dem Konzert der Wiener Philharmoniker in der Basilika Santa Maria Maggiore, und die dem Kon-zert folgenden dramatischen Szenen im Palazzo di Montezemolo, bei dem sich der Präfekt des päpstlichen Hauses, Erzbischof Monduzzi, und der stellvertretende Direktor der Vatikanbank, Monsignore Bettazzi, als Mör-der Johannes Kardinal Schwemmers, durch eine geschickte Inszenierung Dottoressa Monteverdis, selbst entlarvten, hatte die Tochter und alleinige Erbin des auf der Strada del Sole tödlich verunglückten Pastafabrikan-ten Alessandro Monteverdi und seiner Frau Claudia Sofi a, ihr ein Mil-lionenvermögen hinterlassend – darunter wertvolle Immobilien in Rom, Milano und Florenz, Pastafabriken in Perugia, Todi und Assisi, der Stadt des heiligen Franziskus, einen Palazzo aus der Zeit der Renaissance in der Via Giulia in Rom, erbaut während des Pontifi kates Julius II., und nicht zuletzt eines Weingutes in Marino, welches der Freundin Michelangelos, Vittoria Colonna, aus der berühmten Familie der Colonna einst gehört --, das Angebot des Cavaliere, Silvio Berlusconis, ein weiteres Mal abgelehnt,

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seine persönliche Referentin zu werden, um Procuratore Pietro Colombo, den Leiter einer Sonderkommission zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, Professor der Jurisprudenz an der Sapienza, der staatlichen Universität Roms, auch weiterhin im Kampf gegen die Mafi a und ihre politischen Hintermänner -- wer dachte nicht an Giulio Andreotti, den siebenmaligen Ministerpräsidenten Italiens und Senator auf Lebenszeit --, zu unterstützen.

»Es gibt etwas Neues, Pietro.«Pietro Colombo lächelte, auf ein Blatt Papier Namen notierend. Hat-

te die jüngste und schönste Staatsanwältin Italiens, so die Medien, eine Information aus dem Vatikan oder Palazzo Chigi erhalten, die er wissen musste, oder wollte sie nur seine Stimme hören, seitdem sie ihm als As-sistentin nicht mehr zugeordnet, gleich nach der Aufk lärung des Mord-falles an Kardinal Schwemmer und ihrer Promotion, ein eigenes Ressort leitend, Spezialfälle der organisierten Kriminalität, den Kampf gegen den religiösen Terrorismus, welche die Sicherheit und Demokratie Italiens be-drohten.

»Lebt der Papst noch, Isabella, Entschuldigung, Dottoressa Montever-di oder hat wieder eine Römerin ihrem Mann den Kopf abgeschnitten?«

»Diesmal war es das Beste des Mannes, sein Phallus. Aber Papst Jo-hannes Paul II. lebt noch. Er will einfach nicht die schöne Erde verlassen, denn das Jenseits und die Auferstehung leben aus dem Glauben und der Hoff nung, den wie steht im Katechismus des Jahres 1992: Jesus Christus, das Haupt der Kirche, geht uns in das herrliche Reich des Vaters voraus, da-mit wir alle als Glieder seines Leibes in der Hoff nung leben, eines Tages für immer bei ihm zu sein.

»Du bist unverbesserlich, und ich sage ti amo, ich liebe dich.« Colom-bo wollte aufl egen, doch die Monteverdi sagte ihm, dass es wirklich etwas Neues gebe. In der Moschee von Rom sei jetzt ein hoher Würdenträger eingetroff en, den die Muslime mit »Kalif« anreden würden oder müss-ten. Sie habe den Fall auf dem Tisch, V-Männer würde so haarsträubende Dinge erzählen, dass sie es kaum glauben könne.

»Ich erzähle es dir während des Abendessens. Wohin gehen wir, Pietro, mein Schatz?«

»In die Trattoria Santa Maria, da sind wir ja bereits Stammgäste.« Sie waren Stammgäste in der Trattoria an der Piazza Santa Maria in

Trastevere, seitdem Salvatore Cambione, der höchst einfl ußreiche »Ono-revole« aus Palermo, Gegenspieler des langjährigen Bürgermeister von

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Palermo, Leoluca Orlando, der mutig den Kampf gegen die Mafi a geführt, wegen Menschen --, Waff en -- und Drogenhandels mehr oder weniger aus dem Verkehr gezogen wurde. Er ging zwar noch als freier Mann durch die Stadt der Päpste, doch nur weil er eine Kaution von sieben Millionen Euro für seine augenblickliche Freiheit hinterlegt und die Gefängnisse wegen Überfüllung kollabierten, auch seine Freunde bis in die höchsten Kreise der Politik hatten ihn nicht vor der Zahlung der Kaution bewahren kön-nen, wollten sie nicht ihr Image als Ehrenmänner aufs Spiel setzen.

Dottoressa Monteverdi, seit acht Tagen Professoressa der Juristischen Fakultät der altehrwürdigen Universität von Bologna, ihre Dissertation war von der zuständigen Kommision mit der denkbar höchsten Benotung bewertet worden, sie war eine ›Dottoressa di ricerca‹, würde Anklage ge-gen Salvatore Cambione erheben, wie sie das erreicht, blieb ihr Geheim-nis, der Pate der Mafi a war bestens in der politischen Szene Roms und Siziliens vernetzt, vielleicht auch nur aus dem einen Grund, weil ihr Mut als grenzenlos bezeichnet werden musste, jede Kollegin und jeder Kollege ihr gerne die Anklage überlassend.

»Und nach dem Abendessen werde ich Sie wieder in mein Bett bitten, ich hoff e, Sie erfüllen meine Wünsche, Dottore.«

Pietro Colombo, der promovierte Staatsanwalt und Professor der rö-mischen Universität La Sapienza, der ältesten Universität Roms, gegrün-det am 20. April des Jahres 1303 durch Papst Bonifaz VIII., dachte an die letzten Nächte im Palazzo Monteverdi, in denen seiner Manneskraft alles abgefordert worden, mit einem Anfl ug von Melancholie die Worte wählend: »Ich sage ja! Ich sage immer wieder ja, doch nehmen Sie bitte Rücksicht auf mein Alter Professoressa.«

Er warf einen Blick auf den Kalender. Es war Dienstag, der 22. März. Am Freitag dieser Woche, nicht irgendeinem der Freitage des Jahres, nein, dem Karfreitag des Jahres 2005 würde ihn Contessa Eleonora di Monte-zemolo, in München als Generalkonsulin der Republik Italien lebend und arbeitend, auf ihrem Landsitz in Umbrien erwarten, und er hatte noch keine Ahnung, wie er seiner Dottoressa die Abwesenheit von Rom erklä-ren solle. Nur Questore della Chiesa konnte ihm helfen, indem er ihn in angeblich geheimer Mission irgendwohin schicke; Questore della Chiesa konnte seine Lage nachempfi nden, zwar keine Geliebten, sondern nur eine Herzensdame habend, doch eine Ehefrau, die, leider über keinen Gelieb-ten verfügend, sich zwangsläufi g mit ihrem Ehemann begnügen musste, ein Tatbestand, der Signore della Chiesa vorzeitig hatte ergrauen lassen.

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Colombo wählte die Nummer seines Dienstvorgesetzten, des Präfekten, wurde von der Sekretärin durchgestellt, sein Problem schildernd, ver-ständnisvolle Unterstützung fi ndend, und legte erleichtert den Hörer auf. Nun musste er noch die Kraft aufbringen und seiner Dottoressa, die öster-liche Abwesenheit von Rom erklären.

Seit er zum ersten Mal neben ihr in ihrem Schlafsaal, die Bezeichnung Zimmer wäre maßlos untertrieben gewesen, hatte aufwachen dürfen, war keine Nacht mit ihr ohne Kamasutra-Variationen, und ihr herrliches Kla-vierspiel -- die Tochter des tödlich verunglückten Alessandro Monteverdi und seiner Frau Claudia Sofi a, war eine ausgezeichnete Pianistin, das klas-sische Repertoire von Bach, über Mozart, Beethoven bis Chopin beherr-schend -- vergangen, bis auf die Liebesnächte mit Contessa Eleonora di Montezemolo, seinen Besuch in Paris und das arbeitsbedingte Abendes-sen mit der Finanzministerin Frankreichs, Juliette de Remy Baronesse de Mazarin-Mancini, dass im Zusammenhang mit der Ermordung Kardinal Schwemmers, des Bankiers des Papstes, stattgefunden.

Das Telefon klingelte, seine Sekretärin mitteilend, dass die Publizistin und Verlegerin Oriana Fallaci, Autorin der Bücher Die Kraft der Vernunft und Die Wut und der Stolz ihn sprechen möchte, auch fragend, ob er ei-nen Espresso oder Capuccino wünsche. Erfreut nahm er das Gespräch mit der weltberühmten Schrift stellerin an, einen Espresso erbittend und es ausgezeichnet fi ndend, dass die berühmte Publizistin und Verlegerin ihn sehen wolle.

»Und wann und wo Oriana?»Komme zum Frühstück in meine Wohnung an der Piazza di Spagna,

morgen um neun, wenn es dir möglich. Ich freue mich auf dich!«Oriana Fallaci, die Herausgeberin der Zeitung La Voce, beendete das

Telefonat, und Colombo schaute auf die Uhr. Es war Zeit, das Büro zu verlassen und sich mit Isabella Monteverdi zu treff en. Seine einzigartige Geliebte wartete bereits in ihrem Porsche, eine Einspielung der Symphonie in h-moll, die Unvollendete von Franz Schubert hörend, und begrüßte ihn mit gespielter Kühle, wie es sich in dieser Umgebung, unter den Blicken der Kolleginnen und Kollegen, empfahl, den Wagen startend und den In-nenhof des Palazzo della Consulta im Schritt-Tempo verlassend.

»Ich muss am Wochenende im Auft rage della Chiesas nach Umbrien reisen, Isabella.« Colombo, Leser philosophischer Werke von Aristote-les, Epikur, Cicero und Seneca, Machiavelli, Kant, Nietzsche bis Andre´ Glucksmann und Peter Sloterdijk, in Palermo zum Stoiker geworden, war