Motorradreise am Inn entlang

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Bericht einer Motorradreise von der Mündung des Inn in die Donau bis zu seiner Quelle in den Schweizer Alpen

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GEGEN DEN

STROM

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Die Fahrt entlang des Inn von der Mündung bis zur Quelle gestaltet sich wie eine Reise durch ein Kaleidoskop sich ständig wandelnder Landschaftsräume

und spannender Geschichten.

Text: Dr. Ingrid Gloc-Hofmann // Fotos: Helmut Hofmann, Dr. Ingrid Gloc-Hofmann

Die alte Handelsstraße durch das Tiroler

Inntal führte auf überschwemmungs sicherer

Anhöhe entlang. Burg Mariastein diente

der Sicherung der Trasse und beeindruckt bis

heute mit ihrem markanten Turm.

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Wir sind am Ende und zugleich am Anfang. Am Ende des mäch­tigen Inn, der sich hier in Passau in die an

dieser Stelle wasserärmere Donau er­gießt, und am Anfang unserer Reise ent­lang dieses über 500 Kilometer langen Alpenlusses bis zu seiner Quelle. Zwi­schen Passau und Braunau bildet er die natürliche Grenze zu Österreich. Breit und mächtig dominiert er in seinem Unterlauf die relativ lache Umgebung. Auf lussnahen Pfaden bahnen wir uns den Weg, um in den Genuss einer ru­higen, prächtig grünen Auenlandschaft und zahlreicher idyllischer Städtchen zu kommen. Schärding im österreichi­schen Innviertel ist seit dem Mittelalter ein bedeutendes Handelszentrum und gegenüber auf niederbayerischem Gebiet liegt prächtig Schloss Neuhaus, das von den bayerischen Herzögen zum Schutz der Innbrücke von Schärding auf einem

Felsen erbaut worden war. Überaus reichhaltig an Sehenswürdigkeiten gibt sich die Region in diesem Abschnitt. Wir passieren wahre Augenweiden wie das Augustinerkloster Stift Reichersberg, kringeln uns durch die engen Gassen von Obernberg am Inn mit seinen quietschbunten Häusern und entdecken Schloss Hagenau am öster reichischen Abschnitt des Jakobsweges, um schließ­lich das historische Braunau anzusteu­ern. Persönlichkeiten wie Kaiser Franz Joseph I. sowie Stars und Sternchen aus dem Showbusiness hielten sich hier gerne auf, und heute besticht der char­mante Ort mit einer lebendigen Szene, die wir abends gerne genießen.

Oberbayern und AlpenvorlandMit der Mündung der Salzach in den Inn verlassen wir Österreich und schwenken hinüber nach Oberbayern, aber nicht ohne vorher einen Blick auf

die eindrucksvolle Wasserlandschaft der beiden Flüsse zu werfen. Dicht über­wuchert sind ihre Ufer und im Zusam­menluss scheinen grüne Inselchen zu schweben. Oberbayern ist bekannt für Schlösser, Klöster, Wallfahrtskirchen und lauschige alte Städtchen. Relaxt schwingen wir über die sanft gewellten Hügel des Alpenvorlandes, um auch diese am Wegesrand liegenden High­lights ins Visier zu nehmen. Den hochheiligen Wallfahrtsort Altötting, Mühldorf und Kraiburg mit den freund­lichen Häusern im Inn­Salzach­Stil und schließlich Wasserburg. Die landschaft­liche Lage dieser Stadt ist eine Besonder­heit, denn der alte Kern liegt auf einer vom Inn fast vollständig umlossenen Halbinsel, die auf natürlichem Wege nur über eine schmale Landzunge erreichbar ist. Rosenheim umfahren wir auf ab­gelegenen Landsträßchen, um schließ­lich entlang der Deutschen Alpenstraße und vorbei an der imposanten Schloss­

» START IM PRACHTVOLLEN PASSAU UND DANN

WEITER DURCH DIE AUENLANDSCHAFT «

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Das oberbayerische Schloss Neubeuern

unweit der Deutschen Alpenstraße.

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anlage Neubeuern unserer nächsten Etappe entgegenzufahren.

Quer durch TirolAls einer der mächtigsten Alpenlüsse macht der Inn seinem Ruf allmählich alle Ehre. Die ersten Bergzüge türmen sich vor unseren Augen auf. Unmittelbar vor Ebbs, wo sich die Landstraße, aus der Enge der Chiemgauer Alpen kom­mend, in weiten Kurven hinabwindet, haben wir einen traumhaften Blick auf das weite, sonnenbeschienene Inntal bis Kufstein und ferner auf die Bergspit­zen vom Wilden und Zahmen Kaiser. Dann zieht es uns hinüber an die west­liche Hangseite, wo wir auf herrlich ab­gelegener Strecke parallel zum Inn da­hindüsen, bis sich etwas Einzigartiges vor uns auftut: Mariastein. Die Sied­lung, auf sanften 575 Metern gelegen, zählt gerade mal knapp über 300 Ein­wohner. Umso magischer erscheint der auf einem Felsstock emporstrebende, weiß strahlende Bergfried. Wir beinden uns auf der alten Handelsstraße, die frü­her erhöht am linken Innufer entlang­führte, da das Inntal wegen dauernder

Überschwemmungen nicht passierbar war. Burg Mariastein diente der Sicherung der Trasse und beherbergt zudem eine bedeutende Wall­fahrtskirche zu Ehren der Jungfrau Maria. Die Kirche beindet sich im obersten Stockwerk des Turms. So stapfen wir die 150 Stiegen hinauf, wobei ich all die älteren Leute bewundere, die sich zum Gottesdienst dort hinaufquälen.

Am nächsten Tag ist der Regengott aktiv. Das Inntal ist düster, die Berge unsichtbar, Wolken und Fluss gehen im Grau unter. So nehmen wir uns die Be­sichtigung des historischen Städtchens Rattenberg vor. Der Name der kleinsten Stadtgemeinde Österreichs hat nichts mit dem ungeliebten Nagetier zu tun, sondern ist vom Vornamen Ratolt aus dem bayerischen Geschlecht der Rapo­tonen, die im Mittelalter hier herrschten,

abgeleitet. Klatschnass trudeln wir dort ein. Wohl hatte so mancher die gleiche Idee. Die schmucken Gassen mit den alten Häusern quellen über vor mit Regenschirmen bewafneten Touristen, die von einem Glasshop zum nächsten wandeln, denn Rattenberg ist eine Glas­stadt par excellence. Kreationen aus die­sem zarten Material indet man in allen erdenklichen Formen und Farben. Beein­druckend indes ist die Stadtsilhouette, malerische Bürgerhäuser drängen sich auf engem Raum zwischen dem steilen Burgberg und der Innpromenade.

Prächtige Hausfassaden

in Braunau am Inn.

In Passau beendet der Inn majestätisch seinen Weg.

Am Augustinerkloster Stift Reichersberg (oben) gleitet

er ruhig dahin, während er im „Europareservat Unterer

Inn“ eine malerische Auenlandschaft bildet (links).

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Allmählich lässt der Regen nach, hier und da kommt blauer Himmel zum Vorschein. Das motiviert uns, noch eine Runde zu fahren, auf zur Kaiserklamm im Tal der Brandenberger Ache. Hoch hinauf geht es vom Inn weg durch eine steile Schlucht. Atemberaubend, wie sich die Serpentinen entlang der Fels­wand hochschrauben und sich dann plötzlich ein vollkommen neues Bild ergibt: Eine hügelige Hochebene voll saftigen Grüns weitet sich vor unseren Augen. Schafe weiden im feuchten Gras, Tiroler Bauernhäuser mit blumen­

geschmückten Balkonen bestücken die Hochlä­chen. Hier und da schwebt noch eine Wol­ ke vorbei, doch dazwi­schen lässt die Sonne die noch nasse Landschaft erstrahlen. Und am Ende wartet die Kaiserklamm auf, zu der wir auf einer Schotterstrecke vordrin­

gen. Benannt wurde sie nach Franz Joseph I., der sich angeblich gerne im Brandenbergtal aufhielt, wo die Men­schen von jeher von der Holz arbeit lebten und im reißenden Wasser der Ache die Holzstämme talabwärts triften ließen. Diesem Schauspiel wohnte der Kaiser gerne bei, allerdings beobachtete er es wohl gesichert von in den Fels gehauenen Steigen.

Die Sonne strahlt wieder und wir tuckern weiter Richtung Südwesten. Die abgelegenen Landstraßen haben es uns angetan und so wechseln wir im

dicht besiedelten Inntal immer wieder die Seiten, schwingen vom idyllischen Krumm see vor der Kulisse von Schloss Tratzberg über Wattens bis zur Karls­kirche in Volders. Das aufällige Bau­werk gibt ein eigenartiges Bild ab, als wäre die Kirche aus dem Orient ins Al­penland verplanzt worden. Auch sonst ist in dieser Umgebung so manch Inter­essantes geboten. Die Wiege des Talers und des heutigen Dollars liegt gleich gegenüber am anderen Ufer, in Hall in Tirol. Und dann ist da die quirlige Tiro­ler Landeshauptstadt Innsbruck. Bür­gerhäuser in allen Farben zieren die Flusspromenade vor der Kulisse des Kar­wendelgebirges und der Steilwand des Zirler Berges. Nicht mehr weit ist es zu jener bekannten und wegen des starken Gefälles gefürchteten Bergstraße, die aus dem Karwendelgebirge vom See­felder Plateau hinab ins Inntal führt. Dann ziehen sich die Berghänge links und rechts des Inn zunehmend zu. Wir folgen ihm in direkter Flussnähe vorbei am beeindruckenden Zisterzienserstift Stams bis Imst, um uns nun weg vom Inntal auf die Höhe zu schwingen.

Skulptur in Stams am

Wettersteingebirge.

Außergewöhnliche Bauwerke begleiten unseren Weg:

Die Karlskirche in Volders (oben) und die alte Innüber-

querung in Altinstermünz (rechts). Am Eingang zur Inns-

brucker Altstadt drängt sich quirliger Verkehr (oben re.).

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Rätisches DreiländereckDie Pillerhöhe ist unser Ziel. Ein traum­hafter Abstecher, der vom Pitztal ab­zweigt, kurvenreiche Steigungen und Gefälle überwindet, um auf der Südseite ins Kaunertal hinabzugleiten. Das Beste ist die Passhöhe auf 1.559 Metern, wo wir gebannt ins Tiroler Oberinntal hinabblicken. Schon enger windet sich der Inn zwischen den hoch aufragenden Bergwänden der Samnaungruppe hin­durch. Es ist der Einstieg zur Terra Raetica, die schon im Altertum die kul­turelle Gemeinschaft mehrerer Völker des Alpenraums verband, und auch heute im Dreiländereck Österreich, Schweiz, Italien diese Regionen näher zusammenrücken lässt. Spektakulär ist der Anblick der Burg Laudegg bei Ladis, welche die alte Handelsstraße am Inn bewacht. Daneben, nahe der ehemaligen Poststation Prutz am Ausgang des Kau­nertals, passieren wir die Pontlatzer Brücke, eine Eisenbogenbrücke aus dem

Jahr 1899. Bereits zu Römerzeiten querte an gleicher Stelle eine Steinbogenbrücke. Die Römer, als hervorragende Brücken­bauer bekannt, erbrachten hier eine Meisterleistung angesichts der Urgewalt des Flusses bei Hochwasser. Bestens aus­gebaut und lott zu fahren ist auch die heutige Bundesstraße, doch ab Prutz wechseln wir auf eine kleine Parallel­straße, die sich den Hang der Samnaun­gruppe entlangschlängelt.

Pfunds soll unsere Basisstation wer­den. Das alte Städtchen liegt ideal im oberen Tiroler Inntal im Grenzgebiet zur Schweiz und zu Italien. Schon die antike Römerstraße „Via Claudia Au­gusta“, die Süddeutschland mit Venetien verband, führte hier entlang. Repräsen­tative Giebelhäuser mit Fassadenmale­reien im En gadiner Stil und die Inn­brücke mit Brückenheiligen zeugen von der Zeit, als der Handelsverkehr nach Süden noch über den Reschenpass führte. In dieser Richtung schnürt sich

das Inntal immer enger zusammen. Nur wenige Kilometer hinter Pfunds machen wir einen Ab stecher mitten hinein auf den Felsblock der Samnaungruppe. Schmal geht es auf prächtiger Serpenti­nenstraße auf über 1.800 Höhenmeter in die zollfreie Zone Samnaun. Der Tummelplatz für Shopping­Liebhaber liegt in einer wunderbaren Bergwelt, die Ansammlung an touristischen Geschäf­ten aber wirkt fehl am Platz, und so kur­ven wir entlang einer Steilwand wieder hinab dem Inn entgegen.

Hautnah zwischen Fluss und Schwei­zer Grenze windet sich dort, wo einst der alte Weg entlangführte, auch die heutige Fahrstraße. Altinstermünz ist ein magischer Ort. Weit unten in der Schlucht passierte der Verkehr den nicht selten reißenden Fluss. Wir stapfen hinab zu der ehemaligen Zoll­ und Grenzsta­tion, queren das Wasser über eine befes­tigte Holzbrücke, und betreten die mit­telalterliche Anlage, die als Höhlenburg

» IM DREILÄNDERECK FÜHREN STRASSEN UND

FLUSSLÄUFE DURCH ENGSTE PASSAGEN «

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zwischen die Steilfelsen gequetscht wurde. In einer spannenden Multivi sions­Show erleben wir, wie beschwerlich der Alpen­übergang und die Passage über den Inn in der Enge von Altinstermünz in frü­heren Jahrhunderten waren. Heute ist die Region ein attraktives Ziel für Wan­derer, Kletterer und Rafting­Fahrer, die sich unter professioneller Anleitung die Fluten hinabtreiben lassen.

Und die moderne Strecke nach Italien ist ein Motorradparadies geworden. Seit 1854 führt die Straße südlich von Pfunds auf genau 1.000 Höhenmetern über die steinerne Kajetansbrücke, um dann in spektakulären Kehren die senkrechte Felswand zu erklimmen. Mitte des 19. Jahrhunderts schlug man die Trasse in den Stein, 1926 wurde sie dann verbrei­tert und asphaltiert. In Hochinstermünz zeugen nun verlassene, aber einstmals prächtige Hotelbauten von der Bedeu­tung dieser Reschenstraße. Wir folgen ihr auf unzähligen Kurven über die

Festung Nauders, die im 19. Jahrhun­dert als Sperrfort diente, bis Nauders, wo sich die engen Felswände plötzlich weit öfnen. Die Ortschaft liegt idyllisch in einem Hochtal, sonnen beschienen dehnt sie sich auf hügeliger Fläche aus, bekrönt von der Burg Naudersberg.

Dramatisches EngadinDie letzte und spannendste Etappe, das Engadin mit seiner traumhaften rätischen Bergwelt, steht auf dem Programm. Vor­bei an Altinstermünz geht es ins Unter­engadin, den unteren Teil des schweize­rischen Inntals, das sich eng durch die steilen Bergwände hindurchschiebt. Die perfekt ausgebaute und kurvenreiche Landstraße lässt Hochgefühle aufkom­men. Doch ab Crusch folgen wir eine Weile einer schmalen, kringeligen Berg­straße entlang der Flanke der Silvretta­gruppe mit dem 3.312 Meter hohen Piz Buin. Hier auf der Sonnenterrasse über dem Inn wollen wir auch die urtüm­

lichen, farbenfrohen Engadiner Dörfer mit ihren Sgraito­Häusern und alten Dorfbrunnen unter die Lupe nehmen. Sent ist ein prächtiges Beispiel, zudem bekannt für die geschweiften Senter Giebel, und ebenso Ftan und Ardez. Scuol mit der Gurlainabrücke über den Inn und Schloss Tarasp, eine der impo­santesten Burgen Graubündens, liegen unter uns im Tal. Wir kurven entspannt entlang des Hanges. Da, unvermittelt nach einer Kehre, taucht ein Felsdurch­bruch auf. Die Straße schmiegt sich nun eng an die Steilwand und vor uns prangt ein herrliches Panorama: Der Bergfried der Burgruine Steinberg auf einem mächtigen Felskopf vor der Ku­lisse des Dorfes Ardez und der Enga­diner Bergwelt.

Bald erreichen wir Susch. Ein wahrer Blickfang sind der mittelalterliche Wohn­turm „La Tuor“, die Kirche und die überdachte Holzbrücke, die an dieser Stelle über den noch recht wilden jungen

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» AUF SCHWUNGVOLLEN KURVEN HINAUF INS

HOCHLAND DER RÄTISCHEN BERGWELT «

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Inn führt. Wir haben die Region er­reicht, in der links und rechts vom Inn klangvolle Passstraßen abzweigen. In Susch geht es ab über den Flüelapass Richtung Davos und wenige Kilometer weiter, in Zernez, beginnt die Ofenpass­straße, der sich der Umbrailpass und das Stilfser Joch anschließen. Wir aber verfolgen weiter den Inn. Je höher wir kommen, umso mehr öfnen sich die Berge und vor uns erstreckt sich ein laches und breites Inntal, das Ober­engadin. In Zuoz, dem Zentrum der Landschaft La Plaiv in der Bündner Region, kehren wir ein, einem herrli­chen his torischen Städtchen mit blumen­geschmückten Häusern und dem beein­druckenden mittelalterlichen Planta­turm. Dann düsen wir vorbei am Ein­gang zur Albulastraße und kurz danach am Beginn der Berninastraße, die über den 2.328 Meter hohen Berninapass auf 441 Meter ins italienische Tirano hinab­führt. Die Steigerung an berühmten Namen ist nun nicht mehr zu überbie­ten. St. Moritz, das wohl berühmteste Promidorf, 1.822 Meter hoch, liegt schon recht beeindruckend über dem

St. Moritzer See. Nur der Fahrspaß leidet ein wenig aufgrund des erhöhten Verkehrsaufkommens in dessen Peripherie.

So peilen wir recht lott wieder Südwest an. In Silvaplana taucht noch eine bekannte Passstraße auf, jene über den Julier­pass nach Tiefen castel. Wir aber nehmen die Engadiner Seen­platte unter die Räder und schwingen entlang der Uferstraße von einem See zum nächsten. Der Champfèrer See und der Silvaplaner See sind an einer Eng­stelle miteinander verbunden. Ganz ofensichtlich ein Kite­ und Windsurfer­paradies, denn über das Wasser huschen unzählige bunte Segel. Dieses fröhliche Bild weicht bald einem stillen, majes­tätischen Panorama: Der Silser See ent­puppt sich als ruhiger Bergsee zu Füßen des 3.451 Meter hohen Piz Corvatsch. Wo zuvor der stramme Malojawind

wehte, kräuselt er hier nur sanft die Was­seroberläche. Einige Boote liegen vor Anker und ein Fischer kümmert sich um seine Netze. Und wo ist der Inn? Unauf­fällig durchließt er die Engadiner Seen. Doch dann entdecken wir ihn. Drama­tischer Anfang des Flusses, für unsere Tour ein spektakulärer Höhepunkt: In Schwindel erregender Höhe kommt der Inn von 2.484 Metern vom Piz Lunghin als Wasserfall herabgestoben. In Maloja, auf 1.817 Metern ließt er als junges Flüsschen dahin, um erstmal im Silser See abzutauchen ...

Malojapass beim

Ursprung des Inn.

Stolze Engadiner Orte inmitten einer gigantischen

Bergwelt: Susch mit seinem mittelalterlichen Wohnturm

Tuor Planta (o. li.), Durchfahrt durch den Dorfturm von

Zuoz (o.) und Idylle am Oberengadiner Silsersee (links).

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AllgemeinesDie keltischen Wörter „en“ oder „enios“, was so viel wie „Wasser“ bedeutet, gaben dem Inn seinen Namen. Mit seiner Gesamtlänge von 517 Kilometern durchließt er die Schweiz, Österreich und Deutschland und wird dabei zum wasserreichsten Nebenluss der Donau, an deren Mündung er sogar deutlich mehr Wasser mit-bringt als die ihn aufnehmende Donau. Der Ursprung des Inn liegt im Oberengadin im Schwei-zer Kanton Graubünden, wo er beim Malojapass nahe dem Lun-ghinsee auf 2.484 Metern Höhe entspringt. Von hier begibt er sich als Wasserfall zur Oberengadiner Seenplatte, wo er auf ungefähr 1.700 Höhenmetern den Silser, Silvaplaner, Champ fèrer und St. Moritzer See durchließt.

Im Unterengadin kommt ein starkes Gefälle auf. Zwischen

Schluchten begibt sich der Inn nun als Wildwasser auf 1.000 Hö-henmeter hinab, wo er bei Kilo-meter 110 von der Schweiz nach Österreich einmündet. Hier im Tiroler Oberinntal beruhigt sich die Fließgeschwindigkeit. Immer noch von engen Bergwänden umgeben, ließt der Inn vorbei an Pfunds, Landeck und Imst. Bei Zirl, etwa bei Kilometer 223, erreicht er das Unterinntal und eine Höhe von 622 Meter. Ab hier weitet sich das Tal. Die Landes-hauptstadt Innsbruck, weitere nicht unbedeutende Städte und Industrieansiedlungen sorgen für eine dicht bevölkerte Region. Der Inn ist nun begradigt und in ein fest gefügtes Flussbett gebettet, um früher regelmäßigem Hoch-wasser und damit verbundener Überschwemmungen vorzubeu-gen. Zwischen Kufstein und Erl, auf einer Höhe von 499 Metern verläuft die österreichisch-deut-sche Staatsgrenze in Flussmitte,

bevor der Inn nach Deutschland hinüber-gleitet.

Die nun verblei-bende knapp 200 Ki-lometer lange Fluss-strecke spielt sich nur noch auf einem Höhen unterschied von 187 Metern ab. Der Inn durchquert das Hügelland im Südosten Ober-bayerns. Rosenheim, Wasserburg und Altötting sind die markantesten Städte auf diesem Weg. Ab der Mündung der Salzach in den Inn markiert der Fluss wie-der die deutsch-öster-reichische Grenze. Er ließt vorbei an Braunau und Schärding, um in Passau sein Finale in der Donau zu inden. In diesem Abschnitt war der Inn bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ein wichtiger, wenn auch wegen der Hochwas-ser gefürchteter Handelsweg. So erfolgten Maßnahmen zu sei-ner Eindämmung und schließlich im 20. Jahrhundert der Bau zahl-reicher Staustufen und Wasser-kraftwerke, die eine durchge-hende Schiffahrt nun unmöglich machen. Mit diesen Eingrifen veränderten sich auch die öko-logischen Verhältnisse. In den 1970er-Jahren wurden Teilberei-che unter Naturschutz gestellt und schließlich ein Areal von 55 Flusskilometern zwischen der Salzachmündung und Neuhaus/Schärding zum „bayerisch-ober-österreichischen Europa reservat Unterer Inn“ erklärt.

HighlightsGroßen Reiz üben die abwechs-lungsreichen Landschaftsgebiete

aus. Am Unteren Inn ist es das Europareservat. In diesem Natur- und Vogelschutzgebiet gibt es noch unberührte Auwälder, sel-tene Planzen und Wasser vögel. In den Alpen bestechen klang-volle Namen. Mit dem Inn erlebt man die Kitzbüheler, die Ziller-taler und Ötztaler Alpen, das Karwendelgebirge und die Sam-naungruppe. Landschaftlich und kulturell ausgesprochen span-nend gibt sich das Drei ländereck „Terra Raetica“. Ganz besonders faszinieren dann die Bergwelt im Schweizerischen Engadin und die Oberengadiner Seenplatte vor der Rampe des Malojapasses. www.europareservat.de www.terraraetica.eu

Zahlreiche sehenswerte, kultur-historisch bedeutende Städte reihen sich entlang des Inn auf. Am Unteren Inn sind es die histo-rischen Orte mit ihren farbenfro-hen Bürgerhäusern im typischen Inn-Salzach-Stil: Passau, Schärding mit dem gegenüberliegenden

INNSBRUCK SALZBURG

MÜNCHEN PASSAU

Chiemsee

Inn

Donau

Inn

Inn

Schärding

Braunau

Mühldorf

Rosenheim

KufsteinSchwazLandeck

St. Moritz

Hall in Tirol

Burg-hausen

AltöttingWaldkraiburg

Wasserburg

Mariastein

WörglRatten-berg

ZirlStamsPrutz

Pfunds

Samedan

Martina

SentZernez

Maloja

Samnaun

Imst Ebbs

Samerberg

T i r o l K i t z b ü h e l e rA l p e n

9

12

8

8

S16

13

10

113

552

184

60

D

A

I

CH

Nauders

Frankfurt

München Linz

50 km

Schloss Neuhaus, Braunau, der Wallfahrtsort Altötting, Mühldorf und Kraiburg. Ein städtebauliches Kleinod in Oberbayern ist Wasser-burg. Im Tiroler Inntal sollte man Kufstein, Rattenberg, Hall, Inns-bruck, Landeck und Pfunds nicht außer Acht lassen. Im Engadin schließlich wird jeder einen Blick auf das exponierte Schloss Tarasp und das prominente St. Moritz werfen. Doch mehr noch begeis-tern die alten urigen Bergdörfer mit den Sgraito verzierten räto-romanischen Häusern wie Sent, Ftan, Ardez Susch oder Zuoz. www.sent-online.ch www.ftan.ch www.ardez.ch www.susch.ch www.zuoz.ch

Darüber hinaus gibt es einige Attraktionen, deren Besuch aus-gesprochen lohnenswert ist. Ein beeindruckendes Ensemble ist das Augustinerkloster Stift Rei-chersberg. Sehr idyllisch an der Mündung der Mattig in den Inn

Jahrhundertealte Innpassage: Pontlatzer

Brücke bei Prutz.

Für Wagemutige: Klettergarten über den Inn bei Altinstermünz.

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liegt Schloss Hagenau in St. Peter am Hart. In einem hübschen Tiroler Seitental in der Nähe von Wörgl beindet sich Mariastein mit der spektakulär auf einem Felsen platzierten Burg und der bekannten Wallfahrtskirche. Im Tiroler Unterinntal lebt seit dem 18. Jahrhundert die Tradition der Glasmanufakturen. Erzeugnisse aus Glas aller Art indet man in zahlreichen Orten und kann meist auch bei der Produktion zusehen. Der bekannteste Erzeu-ger ist Riedel Glas. Ein weiterer bekannter Name: Swarowski

begründete 1895 in Wattens die Herstellung von präzise geschlif-fenem Kristall. Sehenswert sind die Kristallwelten, für die der Multimediakünstler André Heller 14 unterirdische Wunderkammern entwarf. Ein ungewöhnliches Bauwerk ist die orientalisch an-mutende Karlskirche in Volders. Unweit davon, in Hall in Tirol, kann man den markanten Münzerturm,

die Wiege des Talers und des heutigen Dollars besichtigen. Ein echtes und absolut sehenswertes Kleinod ist die ehemalige mittel-alterliche Zollstation Altinster-münz im Dreiländereck, wo der Inn in einer spektakulären Eng-stelle passiert werden musste. www.stift-reichersberg.at www.st-peter-hart.ooe.gv.at www.mariastein.com www.riedel.com www.kristallwelten.swarovski.at www.karlskirche.tibs.at www.muenze-hall.at www.altinstermuenz.com

Motorrad fahrenDie verschiedenartigen Land-schaftsgebiete bringen auch ab-wechslungsreiche Straßenverhält-nisse und Fahrpassagen mit sich. Fährt man entgegen der Fließ-richtung des Inn, von Passau bis zur Quelle, so wird man zudem eine fahrerische Steigerung er-leben. Geht es am Unteren Inn recht relaxt los, wird es in Ober-

bayern etwas kurviger. Spätestens im Tiroler Inntal kann man sich auf Nebenstrecken, also kurven-reichen Bergstraßen bewegen. Im Tiroler Oberinntal, im Dreilän-dereck und im Engadin geht es dann richtig zur Sache. Auf- und Abfahrten, Serpentinenstraßen, Panoramastraßen, Passstraßen, hier ist alles dabei, was das Motor-radfahrerherz begehrt.

Essen und UnterkunftIn den Voralpen- und Alpen-regionen herrscht eine deftige Küche vor. In Oberbayern bevor-zugt man Schweinsbraten und Schweinshaxe, serviert mit Sem-mel- oder Kartofelknödeln und Sauerkraut, Leberspätzle- und Speckknödelsuppe, außerdem verschiedene Würste und als Süß-speise Dampfnudeln. Im öster-reichischen Tirol spielen Knödel in verschiedenen Variationen eine wichtige Rolle, seien es Speck-, Spinat- oder Kaspressknödel (aus Tiroler Graukäse), die als Beilage oder in der Suppe gegessen werden. Graukäse wird auch mit Essig und Öl angerichtet. Spezia-litäten sind zudem Schlutzkrap-fen (Teigtaschen) und Tiroler Gröstl sowie Tiroler Speck. Im schweizerischen Graubünden bekannt und lecker sind Bünd-nerleisch (gepökeltes Rindleisch) und luftgetrockneter Rohschin-ken. Daneben gelten als typische Gerichte Rösti mit Speck und Wurst, Eintöpfe aus Buchweizen-nudeln und Gemüse, Fleischtor-ten, Birnbrot und als süße Spezia-lität die Bündner Nusstorte.

Übernachtungen und Speisen haben uns in diesen Hotels sehr überzeugt:

• Hotel Post in Braunau am Inn, oberösterreichisches Innviertel, www.hotel-post-braunau.at

• Hotel Mariasteiner Hof in Mariastein nahe Kufstein, Tiroler Unterinntal, www.mariasteinerhof.at

• Hotel Gasthof Traube in Pfunds, Tiroler Oberinntal, www.traube-pfunds.at

Landkarten• Falk Regionalkarte 16, München

und Oberbayern, 1:150.000, ISBN 978-3-8279-1816-1, 8,99 Euro

• Freytag & Berndt, Freizeitkarte Tirol, 1:150.000, ISBN 978-3-7079-0306-5, 9,95 Euro

• Michelin Regionalkarte Suisse 553, Schweiz Südost, 1:200.000, ISBN 978-2-06-100785-3, 7,50 Euro

Wichtige AdressenInformationen zu Sehenswürdig-keiten, Unterkünften und Gastro-nomie in den Gebieten am Inn gibt es unter: www.niederbayern.de www.oberbayern.de www.bayern.by www.innviertel.at www.tirol.at www.graubuenden.ch

Auslandsvorwahl Österreich 00 43

Auslandsvorwahl Schweiz 00 41

Ehemaliges Postamt in Hochinstermünz an der Reschenpass-Straße.

Bunte Häuser in Obernberg im österreichischen Innviertel.

Souvenirs aus dem altehrwürdi gen Wallfahrtsort Altötting.

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