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BODE–SCIENCE–COMPETENCE DESINF ACTS 1/2008 Weitere Themen im Heft Resistenzen: ESBL Hygienekonzept bei antibiotika-resistenten Enterobakterien Fortbildung: Mit den neuen BODE Schulungs-DVD und Software-Programmen die Hygiene optimieren. Historie: Löfflers Entdeckung des Diphtherie-Erregers und die Folgen MRSA-Präventionsstrategien – durch Früherkennung und Basishygiene Prävalenzraten senken.

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BODE–SCIENCE–COMPETENCE

DESINFACTS1/2008

Weitere Themen im Heft

Resistenzen: ESBL – Hygienekonzept bei antibiotika-resistenten EnterobakterienFortbildung: Mit den neuen BODE Schulungs-DVD und Software-Programmen die Hygieneoptimieren. Historie: Löfflers Entdeckung des Diphtherie-Erregers und die Folgen

MRSA-Präventionsstrategien –durch Früherkennung und Basishygiene

Prävalenzraten senken.

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DESINFACTS

Resistenzen beigramnegativen Bakterien

ESBL–Bildner

Nicht nur MRSA, auch andere antibiotikaresistente Keime sind weltweit aufdem Vormarsch. In den letzten zehn Jahren nahmen gramnegative Enterobak-terien, die die Enzyme Extended Spectrum Beta Lactamasen (ESBL) bilden,deutlich zu.

Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Wer kennt sie nicht, die guten Vorsät-ze zum neuen Jahr – mal still für sichbehalten, mal vehement kundgetan?Ganz gleich, ob es darum geht, sichsportlich mehr zu betätigen, mehr Zeitmit der Familie zu verbringen oder denKalorien den Kampf anzusagen: Immersteht der Wunsch im Vordergrund,Situationen oder Lebensumstände, dienicht optimal sind, durch eigeneAnstrengung und Disziplin zum Besse-ren zu wenden.

Wie sich gute Vorsätze auch auf pro-fessionellem Gebiet, zum Beispiel mitder Senkung von Infektionsraten, indie Tat umsetzen lassen, zeigen wir indieser Ausgabe: So demonstrierendie Beispiele aus Heidelberg, Göttin-gen und Bremen, dass Krankenhäu-ser mit Beharrlichkeit und Engage-ment Erreger wie ESBL, MRSA undNoroviren in den Griff bekommen kön-nen – übrigens stellvertretend für vie-le andere Kliniken.

Zu denen, die – anders als GoethesMephisto – stets das Gute wollen undstets das Gute auch schaffen, gehörtezweifellos Friedrich August Löffler, derneben zahlreichen weiteren Entdek-kungen, 1884 den Diphtherie-Erregeridentifizierte und damit der von Beh-ring 7 Jahre später eingeführten Imp-fung den Weg ebnete.

Gutes Gelingen für Ihre Vorsätze imJahr 2008 wünscht IhnenIhr

Dr. Roland KnielerDirector Marketing and Sales

1982 wurden sie zum ersten Mal beieinem Klebsiella pneumoniae-Ausbruchin einem Deutschen Krankenhaus identi-fiziert: ESBL – Extended Spectrum BetaLactamasen produzierende gramnegati-ve Bakterien, die eine erweiterte Resi-stenz gegenüber Antibiotika aufweisen.ESBL-Bildner sind resistent gegen Peni-cillin, Cephalosporine und gegen Mono-bactame. Am häufigsten treten ESBL beiBakterien der Familie Enterobacteriace-ae, wie Escherichia coli und Klebsiellapneumoniae auf, aber auch Proteus,Serratia, Enterobacter, Hafnia, Citrobac-ter und Salmonella spp. können ESBL bil-den.

Die Resistenz der Bakterien, die invielen europäischen Ländern, inden USA, in Australien und in

Japan verbreitet ist, erstreckt sich auchauf „Reserve“-Antibiotika wie die Cepha-losporine der 3. und 4. Generation.Bedenklich ist sie vor allem deshalb, weilbei der Therapie vieler Infektionen, die

durch gramnegative Erreger verursachtwerden, Dritt- und Viert-Cephalosporinedas Mittel der Wahl sind.

LANGWIERIGE INFEKTIONENUm trotzdem Beta-Lactamase-produzie-rende Bakterien bekämpfen zu können,werden Antibiotika mit Substanzen kom-biniert, die die Beta-Lactamase-Enzymehemmen können. Zu diesen Beta-Lacta-mase-Inhibitoren gehören Clavulansäu-re, Sulbactam oder Tazobactam. Nebenden ESBL können einige Enterobakterienauch AmpC-Laktamasen genannte Enzy-me bilden. Sie verursachen eine Resi-stenz gegen neuere Cephalosporine undzeichnen sich durch große genetischeVielfalt aus. Auf AmpC-Laktamasen-Bildner üben die Beta-Lactamase-Inhibi-toren keinen Effekt aus.

Die Kolonisierung mit Enterobakterienhat keinen Krankheitswert, da die Bakte-rien als Normalflora im Magen-Darm-Trakt residieren. Bei einem Standort-

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ale Übertragung findet daher über dieHände, in Einzelfällen auch über Flächenin der Umgebung des Patienten, statt.Auch Aerosole, die zum Beispiel bei derAbsaugung besiedelter Atemwege ent-stehen, können eine Übertragungsquel-le sein.

ANGEPASSTES HYGIENEREGIMEBei der Etablierung eines Hygieneregi-mes im Umgang mit ESBL sind Klinikennoch auf sich selbst gestellt, da offizielleEmpfehlungen, wie zum Beispiel eineRKI-Richtlinie, derzeit noch ausstehen.„Viele Kliniken setzen die MRSA-Empfeh-lungen eins zu eins um, manche verhal-ten sich auch abwartend“, schildert Prof.Wendt die gegenwärtige Situation.

Das Heidelberger Universitätsklinikumwählte einen dritten Weg: Ein Hygienere-gime, das sich an der tatsächlichen epi-demiologischen Situation der Klinikorientiert und das Verhalten sowie diespezifischen Eigenschaften der Erregerzugrunde legt. „Außer auf hämatolo-gisch-onkologischen und Kinderstatio-nen, isolieren wir ESBL-Träger nicht“,nennt die Krankenhaushygienikerin denaugenfälligsten Unterschied zum MRSA-Hygienemanagement. Denn „Isolierungs-ressourcen sind knapp und sollten nurdann genutzt werden, wenn es tatsäch-lich notwendig ist.“ Funda-mentaler Wert wird dage-

Ergebnisse lieferten mikrobiologischeRoutineuntersuchungen am Universitäts-klinikum Heidelberg von E. coli- und Kleb-siella-Bakterien in Trachealsekret, Urin,Wundsekret und Blutkulturen.

BRENNPUNKT AMBULANZAuch die Zunahme von AmpC-Laktama-sen und Resistenzen gegenüber 3.-Cephalosporinen sieht die leitende Ober-ärztin mit einer über ein halbes Jahr langdurchgeführten Studie an Intensivpa-tienten des Heidelberger Universitätskli-nikums bestätigt. Eine Quelle für diewachsende Verbreitung von ESBL-Bild-nern im Universitätsklinikum macht dieHygienikerin in der Ambulanz aus: „Häu-fig kommen Patienten mit einem thera-pieresistenten Harnwegsinfekt in dieAmbulanz, der zuvor blind behandeltwurde.“

Neben einer maßgeschneiderten Thera-pie, steht die Vermeidung einer nosoko-mialen Verbreitung der ESBL- und AmpC-Bildner im Mittelpunkt der Maßnahmenbei resistenten gramnegativen Bakte-rien. Im Vergleich MRSA oder VRE las-sen sich ESBL-Bildner sehr viel schwie-riger auf andere Personen übertragen.

„ESBL sind wesentlich weniger umwelt-stabil als Staphylokokken“, weiß Pro-fessorin Wendt, „die Verbreitung erfolgtdurch Schmierinfektion, am Wahr-scheinlichsten entsprechend ihrerursprünglichen Herkunft - beim Umgangmit Fäkalien“. Die wichtigste nosokomi-

wechsel können die Keime Infektionen imRespirations- und Harntrakt, postoperati-ve Wundinfektionen und Septikämienauslösen. Obwohl die ESBL-Bildner unterden Enterobakterien keine erhöhte Viru-lenz aufweisen, verlaufen Infektionenaufgrund der Resistenzsituation häufigschwerer und lebensbedrohlicher. Län-gere Verweildauer und aufwändigereTherapieregime führen zu erhöhtenKosten.

WENIGE DATENDie Verbreitung von ESBL ist ähnlich wiebei MRSA lokal sehr unterschiedlich.Einer Studie des European AntimicrobialResistance Surveillance Systems(EARSS) aus dem Jahr 2005 zufolge,berichten 18 der 19 Länder, dass wenigerals 5 Prozent ihrer E. coli-Isolate auchgegen die Dritt-Cephalosporine resistentsind. Kein Grund zur Entwarnung, denndie Daten deuten darauf hin, dass sichdie Resistenz gegenüber den Reserve-Antibiotika besonders rasch ausbreitetund dies auch in Ländern, die vormalssehr niedrige Prävalenzraten aufwiesen.

Ein Trend, den Prof. Constanze Wendt,Leiterin der Sektion Krankenhaushygieneund Umweltmedizin am Hygieneinstitutder Universität Heidelberg, aus ihrerErfahrung bestätigen kann: „Auch wennzur Zeit keine vergleichbaren Studien zurVerfügung stehen, so beobachten wirdoch seit Jahren eine schleichendeZunahme von ESBL-Bildnern“, so dieHygieneexpertin. Die entsprechenden

ESBL–Bildner

K. pneumoniae bacteriaAgarkultur mit Klebsiella pneumoniae-Bakterien.

E. coli10.000fache Vergrößerung

Prof. Constanze Wendt“Isolierungsressourcen sind knapp”

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ESBL–Bildner

DESINFACTS

Fallbericht

den wir das Hygieneregime überdenkenund neu anpassen.“

LiteraturHardman JG, Limbird LE, Gilman AG.Chemotherapy of microbial disease. In:Goodman & Gilman´s. The Pharmacological basis of therapeutics.10. Aufl. 2001.Mc Grawn Hill companies, S. 1141-380.Heisig P, Holzgrabe U. Wettlauf mit resistenten Bakterien.Pharmazeutische Zeitung, Govi Verlag, 2005, 25:20-29.

gen auf eine konsequente Händehygienegelegt und das Tragen von Einmalhand-schuhen und Schutzkittel, ggf. auch einesMund-Nasen-Schutzes bei engem pfle-gerischen Kontakt.

Im Mittelpunkt steht die Toilettenhygienedes Patienten in Kombination mit einereigenen Nasszelle. Auch hinsichtlich derMobilität sind ESBL-Träger nicht einge-schränkt, sofern die Patienten koopera-tionsfähig sind, sich in der Händehygieneanleiten lassen und sich bei Kontakten zuMitpatienten zurückhalten können.

Dass sich das Hygienemanagementbewährt, zeigen die epidemiologischenDaten: Seit einem Jahr wurde keineZunahme von ESBL verzeichnet. Daraufausruhen will sich die HeidelbergerHygieneexpertin nicht: „Sobald sich epi-demiologisch die Situation ändert, wer-

ESBL und AmpC: ß-Laktamasen als eine Hauptursache derCephalosporin-Resistenz bei Enterobakterien. Robert Koch-Insti-tut (Hrsg.): Epidemiologisches Bulletin, 2007, 28: 247-250.

EARSS Annual Report 2005.The European Antimicrobial Resistance Surveillance Systems(EARSS), National Institute for Public Health and the Environment(RVM), Bithoven, The Netherlands 2005.

Magen-Darm-Erkrankungen durch Noro-viren haben in dieser Wintersaisonerneut einen Höchststand erreicht. ImFokus der Hygienemaßnahmen vonGemeinschaftseinrichtungen steht diehygienische Händedesinfektion, da auchbei Noroviren die kontaminierte Hand alswichtige Infektionsquelle gilt. Als Mittelder Wahl bei Noroviren empfiehlt dasRobert Koch-Institut als einziges alko-holisches Hände-DesinfektionsmittelSterillium® Virugard. Neben zahlreichenErfahrungsberichten, die im Epidemiolo-gischen Bulletin (1) erschienen sind,

zeigt auch ein Fallbericht des KlinikumsBremen, dass erst mit dem Einsatz vonSterillium® Virugard ein Noroviren-Aus-bruch erfolgreich beendet werden konnte.

VORZEITIGE ENTWARNUNGIm KlinikumBremenNord kam es im Jahre2002 über einen Zeitraum von ca. 6Wochen zu einem Noroviren-Ausbruch.Im Verlauf der Epidemie erkrankten 126Klinik-Mitarbeiter und 148 Patienten. Dieobligate Händedesinfektion erfolgte zu-nächst mit den alkoholischen Einreibeprä-paraten Amphisept E und DesdermanN.

Zu Beginn des Noroviren-Ausbruchs, am15.10.2002, setzte das Klinikum BremenNord während der Dauer von 10 Tagen fürdie hygienische Händedesinfektion diePräparate Amphisept E und Desderman Nein. In diesem Zeitraum stieg die Zahl deran Noroviren erkrankten Mitarbeiter an,die Zahl der vom Norovirus-Ausbruchbetroffenen Patienten blieb hingegenungefähr gleich.

Am 25.10.2002 waren noch 28 Patientensowie eine kleine Anzahl an Mitarbeiternvon der Noroviren-Infektion betroffen. ZurHändedesinfektion wurde daraufhin dasviruzide Präparat Sterillium®Virugard ein-gesetzt und von Personal und Patientenbis zum 04.11.2002 verwendet. Innerhalb

Sterillium® Virugard beendetNoroviren-AusbruchTrotz Intensivierung der Händehygiene mit herkömmlichen Hände-Desinfek-tionsmitteln, flammte in einem Bremer Klinikum ein Noroviren-Ausbruchimmer wieder auf. Erst die Umstellung auf das viruzide, für den Wirkungs-bereich A/B RKI-gelistete Produkt Sterillium® Virugard, beendete den Aus-bruch.

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Fallbericht

Verlauf der Händedesinfektion während eines Noroviren-Ausbruchs im Klinikum Bremen Nord im Zeitraum vom 15.10.2002 bis zum 30.11.2002.Erst der routinemäßige Einsatz des RKI-gelisteten Sterillium®Virugard brachte den Noroviren-Ausbruch nachhaltig zum Stillstand.

dieser knapp 10 Tage wurde kein weitererNoroviren-Fall registriert. Daraus folgteam 04.11.2002 der Schluss, der Noroviren-Ausbruch sei endgültig beendet.

ERNEUTER AUSBRUCHZeitgleich mit der Entwarnung wurde diehygienische Händedesinfektion wiederauf die routinemäßig eingesetzten Pro-dukte Amphisept E und Desderman Numgestellt. Unmittelbar nach der Umstel-lung erkrankten 10 Patienten und 11 Mit-arbeiter erneut an einer Noroviren-Infek-tion. Die Anzahl an Noroviren-Fällen stieginnerhalb von 8 Tagen kontinuierlich an –trotz konsequenter Einhaltung der Hän-dehygienemit den Produkten Amphisept Eund Desderman N.

Ab dem 14.11.2002 richtete das KlinikumBremen Nord eine Isolierstation ein undsetzte zur Händedesinfektion erneutdas viruzide Hände-DesinfektionsmittelSterillium® Virugard ein. Maßnahmen,die am 30.11.2002 zu einem endgültigenEnde des Ausbruchs führten.

KONSEQUENTE PRÄVENTIONNeben den gesundheitlichen Beein-trächtigungen, führte die sechswöchigeNoroviren-Epidemie durch den organi-satorischen Aufwand, zahlreichegeschlossene Stationen und den Ausfallvon Mitarbeitern zu hohen Zusatzkostenfür das Klinikum. Seit den Noroviren-Ausbrüchen im Jahr 2002 setzt das Klini-kum Bremen Nord ganzjährig Sterillium®

Virugard zur hygienischen Händedesin-fektion ein. Neben der Ausstattung derSpender, erhalten alle Mitarbeiter regel-mäßig Kittelflaschen mit dem viruzidenHände-Desinfektionsmittel.Der Erfolg: Trotz der in den vergangenenJahren bundesweit gestiegenen Norovi-ren-Epidemien, trat im Klinikum BremenNord seit dem Ausbruch 2002 kein einzi-ger Noroviren-Ausbruch mehr auf.

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Best Practice

DESINFACTS

stapfen seines Vaters. Der – Infektiologeund Bakteriologe – arbeitete im armeni-schen Krankenhaus in Istanbul und wid-mete sich mit Leidenschaft mikrobiologi-schen Untersuchungen in seinem Privat-labor, an denen er seinen Sohn schon frühteilhaben ließ. Hamparsum Mergeryannimmt Ende der 60er Jahre an der Phi-lipps-Universität in Marburg selbst einMedizinstudium auf und promoviert spä-ter in Göttingen am Institut für Allgemeineund Tropenhygiene unter Leitung Prof.Bommers. Die Parasitologie und Tropen-medizin werden Dr. Mergeryans Stecken-pferd.

KLINISCHE MIKROBIOLOGIEDr. Mergeryans, durch die Beschäftigungmit der Parasitologie gewonnenen inter-nationalen Kontakte, sind ihm auch fürseinen gegenwärtigen Feind Nr. 1 vonNutzen: dem MRSA. „Der regelmäßigeAustausch ist notwendig, nur so können

„Wir sind hier nur TÜV mit eigener Werk-statt und eigenen Leuten“, stellt Dr. med.Hamparsum Mergeryan, Leiter derStabsstelle Krankenhaushygiene undInfektionskontrolle am Göttinger Univer-sitätsklinikum, seine Dienststelle mit derihm eigenen Bescheidenheit vor. Dabeikann der Hygienechef auf mehr als 30Berufsjahre für die Infektionsverhütungzurückblicken und hat gemeinsam mitseinem Team ein Konzept entwickelt, dasden derzeit an Kliniken am häufigstenidentifizierten antibiotika-resistentenKeim in die Schranken verweist: denMRSA.

PASSIONIERTER HYGIENEARZTDr. Mergeryan, von Haus aus Labormedi-ziner, Hygieniker, Infektionsepidemiologeund Mikrobiologe in einer Person, ist einleidenschaftlicher Verfechter der Hygie-ne. Schon früh trat der Armenier – seit1987 deutscher Staatsbürger – in die Fuß-

wir von den Fehlern und Erfolgen andererlernen“, ist der Hygienestabschef über-zeugt.

Als Dr. med. Mergeryan 1996 Leiter derdamals neu geschaffenen BetriebseinheitKrankenhaushygiene und Infektionskon-trolle am Universitätsklinikum Göttingenwurde, konnte er bereits auf vielfältigepraktische und theoretische Kenntnisseauf diesem Gebiet zurückgreifen. Mit demersten MRSA-Ausbruch wird Mergeryanbeim Jahreswechsel 1990/91 auf einerneurochirurgischen Intensivstation kon-frontiert: Vom Flur ausgehend, erfasst derAusbruch insgesamt vier Stationen –nach dreiMonaten ist der Spuk vorbei. Zudiesem Zeitpunkt zieht der Hygienikerbereits routinemäßig die klinische Mikro-biologie hinzu. Sein Credo: “Kranken-haushygiene ohne klinische Mikrobiolo-gie“ geht nicht.

SPURENSUCHE IN DER UMGEBUNGGezielte Umgebungsuntersuchungenwerden zu einem wichtigen Verbündetenim Kampf gegen die Ausbreitung vonMRSA. Bei einem weiteren Ausbruchwurden über 100 Abstriche vorgenommen– ohne Erfolg. Die identifizierten MRSA-Träger sind längst entlassen, doch derMRSA taucht immer wieder auf. DerKrankenhaushygieniker und sein Teamlassen nicht locker und siehe da: AbstrichNr. 101 liefert das Ergebnis: Eine Röntgen-schürze, mit der andere Patientengeschützt wurden, wird als Quelle derMRSA-Ausbreitung identifiziert.

Für jeden neuen MRSA-Patienten sindmindestens 5 Umgebungsuntersuchun-gen Standard – es können aber auch mal30-80 Abstrichröhrchen anfallen. AlleKontaktflächen bei Behandlung und Dia-gnostik, sowie patientennahe Flächen,bezieht die Krankenhaushygiene in ihreroutinemäßig durchgeführten Umge-bungsuntersuchungen mit ein. Hinzukommen Abstriche persönlicher Gegen-

MRSA-Prävention:„Fixe Standards sind kontraproduktiv“Unter der Leitung des Hygienikers und Mikrobiologen Dr. med. Mergeryan undseines Teams, konnte das Universitätsklinikum Göttingen seine MRSA-Ratekontinuierlich verringern. Die Strategie: Eine epidemiologisch abgesicherteMikrobiologie, die konsequente Umsetzung der Basishygiene und gezielteUmgebungsuntersuchungen.

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Best Practice

stände des Patienten, z.B. von der Kultur-tasche, Schreibern, Brillen. „Mindestens2-3 Abstriche werden außerhalb desPatientenzimmers genommen, z. B. vomGehwagen oder in der Kaffeeecke“,erläutert Dr. Mergeryan das Vorgehen.Bei positivem Ergebnis werden die Abstri-che weiter ausgedehnt und sofort die Flä-chenhygiene intensiviert.

GEZIELTES SCREENINGIm Mittelpunkt der MRSA-Prävention desGöttinger Universitätsklinikum steht dasScreening. Die Reihenuntersuchung wirdbei Risikopatienten durchgeführt, d.h. beiPatienten, die z.B. eine bekannte Anamne-se haben oder die durch Zufallsbefundeder klinischen Mikrobiologie bei derUntersuchung von Blutkulturen, Tracheal-sekret etc. identifiziert werden. Bei dermikrobiologischen Statuserhebung ste-hen vor allem Abstriche aus Nase,Mund/Rachen sowie anal/rektal und ausWunden auf dem Programm. Bei Verlaufs-kontrollen werden die Abstriche auf wei-tere Bereiche wie die Stirn-Haar-Grenze,die Achseln, die Hände und die Leiste aus-gedehnt.

Ein Standard, den Dr. Mergeryan durch-aus kritisch hinterfragt und mit einem Ver-such gegengeprüft hat. Über 3 Monatelang ließ der Hygienestabschef auf zweiStationen alle neu aufgenommenenPatienten auf MRSA screenen. „Auchdabei haben wir nur diejenigen MRSA-Träger entdeckt, die ohnehin als Risikopa-tienten eingestuft wurden“, resümiertMergeryan.

VORBILDLICHE DOKUMENTATIONDass die Vorgehensweise beim Scree-ning so überaus erfolgreich ist, liegt zu

einem Großteil an der lückenlosen undvorbildlichen Dokumentation. Bereits beiAufnahme wird der Patient nach Risiko-faktoren befragt. Der Beginn einer lük-kenlosen Patientendokumentation ineinem Stammdatensystem auf das auchdie Krankenhaushygiene Zugriff hat. „Beiuns kann praktisch kein Patient ohneZugriff auf die Stammdaten behandeltwerden“, erklärt Mergeryan. Zusätzlichwerden chronische Dialysepatientenquartalsmäßig gescreent. „Wir habeneine 95prozentige Sicherheit, dassMRSA-Träger mit entsprechender Anam-nese bei uns erkannt werden“, weiß derHygieneprofi.

Ein weiterer Erfolgsfaktor bei derBekämpfung von MRSA ist die guteZusammenarbeit der Hygiene mit denStationen. „Die Screenings werdengrundsätzlich von meinen Hygienefach-kräften durchgeführt. Sie leiten auchgleich vor Ort bei Bedarf die erstenSchritte ein. Bei einem positiven Befundsprechen Sie z. B. mit der Station die kon-kretenMaßnahmen ab, leiten Isolierungs-und Sanierungsmaßnahmen ein undübernehmen die Patientenaufklärung.“

AUFKLÄRUNG VERHINDERTDISKRIMINIERUNGDie „eigentliche Rettung bei MRSA“, sobetont Mergeryan jedoch mit Nachdruck,„ist die Basishygiene“. Schulungen, ins-besondere zur Händehygiene, werdendaher regelmäßig durchgeführt und dasPersonal über MRSA aufgeklärt. Gerade-zu traurig stimmt es ihn, wenn Patientendurch mangelndes Wissen aufgrund ihrerMRSA-Trägerschaft diskriminiert werden.„Die Totalvermummung bei Transportenvon MRSA-Patienten ist leider immernoch häufig – hier fehlt einfach das nötigeHintergrundwissen über den Erreger“,urteilt der Hygienestabschef.

Und obwohl die Stabsstelle Krankenhaus-hygiene mit einer durchschnittlichenMRSA-Rate von 7,5 Prozent in 2006 – ver-glichen mit den 23 Prozent des Bundes-durchschnitts – mehr als zufrieden seinkann, will Mergeryan sich nicht zu sehrauf sein Konzept festlegen: “Fixe Stan-dards sind kontraproduktiv.Wer jede Situ-ation standardisiert, kann ihr nichtgerecht werden.“

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DESINFACTS SPECIAL

MRSA ist der z. Zt. am häufigsten identifizierte antibiotika-resistente Keim in Krankenhäusern. Und noch ist der weltwei-te Trend zu steigenden Prävalenzraten ungebrochen. Andererseits liefern Daten aus Studien und Surveillance-Maßnah-men eine breitere Basis für erfolgreiche Präventionsstrategien. Im Fokus: Früherkennung von MRSA-Trägern, Basishy-giene, Sanierung.

zelzimmern, Bereitstellung von Hand-schuhen, Mundschutz, Kittel und be-sonders der höhere Personalaufwandsind mit beachtlichem finanziellem Mehr-aufwand verbunden. In Studien wurdendie durchschnittlichen zusätzlichen Kos-ten für eine MRSA-Kolonisation je Fall mitdurchschnittlich 1.650 Euro angesetzt.

Noch besorgniserregender sind Infektio-nen mit MRSA. Sie verlaufen aufgrundder eingeschränkten Therapiemöglich-keiten schwerer und lebensbedrohlicher.Kommt es zu einer MRSA-Infektion, stei-gen auch die Kosten. Verglichen mit einerMRSA-Trägerschaft, steigt die finanzielleBelastung etwa auf das Dreieinhalbfacheund ggf. höher – verursacht durch eine

multiresistenten Staphylococcus aureushervorgerufen werden – dabei endetjeder fünfte Fall tödlich.Daten vom European Antimicrobial Resi-stance Surveillance System (EARSS) ausdem Jahr 2005 wiederum ergaben, dassvon den 30 beteiligten Nationen lediglichsieben Länder eine MRSA-Rate unter 3Prozent aufwiesen.

MRSA UND DIE FOLGENDie Folgen der steigenden MRSA-Ratensind immens. Allein eine MRSA-Kolonisa-tion konfrontiert den Patienten mit zusätz-lichen Belastungen, z. B. durch Isolie-rungsmaßnahmen. Auch der finanzielleAufwand einer Kolonisation ist hoch:Laboruntersuchungen, Belegung von Ein-

Noch sind Daten über das Vorkommenmethicillin- bzw. multiresistenter Staphy-lococcus aureus international kaum ver-gleichbar, die Zahlen im Einzelnen regio-nal und lokal sehr unterschiedlich. Darü-ber, dass dieMRSA-Rate in den vergange-nen Jahren weltweit dramatisch ange-stiegen ist, besteht indes kein Zweifel.In Deutschland beispielsweise reicht derAnteil von MRSA an allen identifiziertenStaph. aureus von 21 bis über 44 Prozent.

An einer MRSA-Infektion erkranken jähr-lich in Deutschland rund 35.000 Kranken-hauspatienten und 1.500 Patienten ster-ben an ihren Folgen. In den USA erkran-ken einer Studie zufolge jährlich etwa100.000 Menschen an Infektionen, die von

Teurer Trend

MRSA – Risiken und Perspektiven

0 10 20 30 40 50 60 70

Zypern

Tschechien

Deutschland

Dänemark

Spanien

Frankreich

Griechenland

Ungarn

Niederlande

Polen

Rumänien

Slowakei

Slowenien

Großbritannien

MRSA-Raten in Europa in %

Gelb: 2004 Rot: 2005

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BODE–SCIENCE–COMPETENCE

MRSA – Risiken und Perspektiven

Screening, eine Reihenuntersuchungmit Abstrichen, erfolgt. Über die Frage,welche Patienten bei der Aufnahme aufMRSA untersucht werden sollen,besteht europaweit und selbst unterdeutschen Hygieneexperten kein Kon-sens.Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehltein Screening von Patienten■ bei Wiederaufnahme mit bekannter

MRSA-Anamnese■ bei Aufnahme und Verlegung aus Ein-

richtungen mit bekanntem endemi-schem bzw. vermutlichem MRSA-Vorkommen, wie z.B. aus Brandver-letztenzentren, Dialyseeinrichtungen,Pflegeheimen und aus Ländern mithoher MRSA-Prävalenz (z.B. süd- undosteuropäische Länder, USA, Japan,England).

NOSOKOMIALE MRSA ABGRENZENDas Screening von Patienten auf MRSAumfasst in der Regel Abstriche aus denbeiden Nasenvorhöfen als natürlichesReservoir für Staphylococcus aureus,aus dem Mund-Rachen-Raum, von chro-nischen Wunden bzw. Hautläsionen und– abhängig von der Erkrankung desPatienten – ggf. auch weitere Abstriche.

Den Nutzen von Screenings belegenverschiedene Studien. So konnten einerUntersuchung zufolge die Abstrich-untersuchungen bei Risikopatienteninnerhalb von 19 Monaten 35 nosokomi-ale MRSA-Infektionen und damit Mehr-

längere Krankenhausverweildauer, zu-sätzliche operative Eingriffe, Aufenthalteauf Intensivstationen, zusätzliche Dia-gnostik und teurere Medikamente.

FRÜHERKENNUNG LOHNT SICHUm eine weitere Verbreitung von MRSAvor allem in Kliniken zu verhindern, plä-dieren Hygieneexperten neben einemradikalen Umdenken bei der Gabe vonAntibiotika für eine Früherkennung vonRisikopatienten, die konsequente Um-setzung der Basishygiene und die Sanie-rung von MRSA-Trägern.

Einige Faktoren begünstigen die Verbrei-tung von MRSA. Als kritisch ist die Gabevon Breitbandantibiotika oder Sub-stanzklassen anzusehen, die nicht wir-ken. Eine aktuelle oder zurückliegendesystemische Gabe von Antibiotika zähltdaher zu den Risikofaktoren einerMRSA-Besiedelung. Die bislang um-fangreichste veröffentlichte Untersu-chung von Risikofaktoren für die Besie-delung mit MRSA wurde an 12.072 neuaufgenommenen Patienten vorgenom-men. Die Studie identifizierte 9 unabhän-gige Risikofaktoren für eine Besiedelungmit MRSA (s. Kasten).

RISIKOFAKTOREN ERMITTELTObwohl eine Kolonisation mit multiresi-stenten Staphylococcus aureus nochkeinen Krankheitscharakter besitzt,kann sie für bestimmte Patientengrup-pen gefährlich werden. Dazu gehörenPatienten auf Intensivstationen, derengeschwächte Immunsituation, flankiertvon invasiven, device-assoziierten The-rapien und häufiger Antibiotikagabe, dieVerbreitung und Infektion mit antibioti-ka-resistenten Erregern fördert.

Demzufolge ist das MRSA-Aufkommenauf Intensivstationen hoch. In Großbri-tannien, Polen, Bulgarien, Kroatien undGriechenland wurden zum BeispielMRSA-Raten von teilweise über 60 Pro-zent ermittelt.

Die Ermittlung von Risikofaktoren ist vorallem im Hinblick auf eine Früherken-nung relevant, die über ein so genanntes �

kosten von rund 200.800,– Euro verhin-dern. Außerdem sank der Anteil nosoko-mialer MRSA-Infektionen während derScreenings von 40 Prozent auf 18 Pro-zent. Trotz Laborkosten kann es sichsogar lohnen, jeden zweiten neu aufge-nommenen Patienten zu untersuchen.Eine Klinik sparte damit bei einer MRSA-Rate von 1,1 Prozent jährlich 45.000,–Euro.

Screenings können darüber hinaus zei-gen, ob eine MRSA-Kolonisation mitge-bracht wurde oder eine nosokomialeUrsache hat. Dafür müssten Patienten,die gescreent werden, eigentlich vomnormalen Krankenhausbetrieb isoliertuntergebracht werden, bis das Laborer-gebnis vorliegt. Eine Voraussetzung, dieangesichts neuer Testmethoden realisti-scher wird. Bei Labortests für Primär-screenings, die den direkten MRSA-Nachweis ohne Anzüchten liefern, lie-gen die Ergebnisse bereits innerhalb vonvier Stunden vor.

Risikofaktoren■männliches Geschlecht■ Alter > 75 Jahre■ Fluoroquinolone in den letzten6 Monaten

■ Cephalosporine in den letzten6 Monaten

■ Carbapeneme in den letzten6 Monaten

■ Krankenhausaufenthalt in denletzten 12 Monaten

■ IV-Therapie in den letzten12 Monaten

■ Harnwegdrainage bei Aufnahme■ Transfer im Krankenhaus

Risikofaktoren für eine MRSA-Besiede-lung, die aufgrund von Studien an 12.072neu aufgenommen Patienten ermitteltwurdenQuelle: Harbarth S et al. Am. J. Med., 2006

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DESINFACTS SPECIAL

MRSA – Risiken und Perspektiven

Daten des Krankenhaus-Infektions-Sur-veillance-Systems (KISS) aus dem Jahr2006 ergaben, dass in Deutschland etwa30 Prozent der MRSA-Fälle nosokomialerworbenwurden. Bei denmitgebrachtenMRSA war der Anteil der Infektionen

Krankenhausmüll im Zimmer abgeworfen.

MUND-NASEN-SCHUTZEin Mund-Nasen-Schutz stellt eine gene-relle Personalschutzmaßnahme dar,wenn die Gefahr einer Kontaminationüber Aerosole besteht – zum Beispielbeim Absaugen eines Tracheostomas.Bei MRSA kann der Mund-Nasen-Schutzzudem auch ohne Kontakt mit Aerosoleneinen unbewussten Kontakt der kontami-nierten Hände des Personals mit demGesicht verhindern. Dadurch sinkt dasRisiko einer Besiedlung mit den Keimen.Das Robert Koch-Institut empfiehlt inKrankenhäusern und anderen medizini-schen Einrichtungen das Tragen einesMund-Nasen-Schutzes beim BetretendesMRSA-Patientenzimmers. Der Mund-Nasen-Schutz wird im Abfalleimer imPatientenzimmer entsorgt.

FLÄCHENDESINFEKTIONDie hohe Überlebensfähigkeit von bis zu 7Monaten auf unbelebten Oberflächen legtdie Übertragung von MRSA auch durchkontaminierte Gegenstände nahe, vondenen sich die Hände des Personalsimmer wieder kontaminieren können.

Das Robert Koch-Institut empfiehlt beiMRSA daher eine mindestens täglicheFlächendesinfektion (Wischdesinfektion)für patientennahe Bereiche (Bettgestell,Nachttisch, Nassbereich, Türgriffe u. ä.),die bei Bedarf auf weitere, kontamina-tionsgefährdete Flächen auszudehnenist. Geräte wie Blutdruckmanschetten,Stethoskope, Thermometer sind patien-tenbezogen zu verwenden und unmittel-bar nach Gebrauch zu desinfizieren.

Ebenso werden alle Kontaktflächen deram Patienten eingesetzten Geräte (z.B.Köpfe von Ultraschallgeräten) nach demEinsatz sowie vor dem Entfernen aus demZimmer desinfiziert (Wischdesinfektion).

deutlich geringer, d.h. die meisten Patien-ten waren lediglich mit MRSA kolonisiert.

Experten sind sich darin einig, dass diekonsequente Einhaltung der Basishygie-ne die wichtigste Maßnahme zur Vermei-dung von MRSA-Übertragungen darstellt– wie übrigens auch bei anderen Krank-heitserregern.

HÄNDEDESINFEKTIONAuch bei MRSA gelten die üblichenRegeln für die Händedesinfektion: Siewird durchgeführt vor Betreten und vorVerlassen des Patientenzimmers, vorund nach allen Tätigkeiten mit Kontami-nationsgefahr, nach jeder Pflegemaß-nahme an der kolonisierten oder infizier-ten Körperstelle, bevor weitere Tätigkei-ten am Patienten erfolgen und grundsätz-lich immer nach einer Benutzung von Ein-malhandschuhen.

EINMALHANDSCHUHEBei möglichem Kontakt mit kontaminier-ten Materialien, Gegenständen, Gerätenund Instrumenten sind gemäß den Emp-fehlungen des Robert Koch-Instituts Ein-malhandschuhe zu tragen. Da beimBetreten eines MRSA-Patientenzimmersimmer von einer Kontamination auszuge-hen ist, gehören Einmalhandschuhe zurStandardhygiene bei MRSA. Beim Ver-lassen sind die Handschuhe im Zimmerzu entsorgen. Anschließend muss eineHändedesinfektion durchgeführt werden.

EINMALKITTELDas Anlegen eines Schutzkittels beiBetreten des Zimmers verhindert eineKontamination der Arbeitskleidung wäh-rend der Durchführung von Pflegemaß-nahmen. Der Kittel verbleibt patientenbe-zogen bis Dienstende im Zimmer und wirdanschließend noch im Zimmer imWäschesack entsorgt. Einmalkittel wer-den vor Verlassen des Zimmers in den

Einfach aber erfolgreich: BasishygieneUm Infektionen auszulösen, benötigt der Staphylococcus aureus Eintrittspforten, wie z. B. Einstichstellen von PEG, Stuntsoder Wunden. Damit rückt das Hygieneverhalten des Personals in den Vordergrund. Wer die Basishygiene konsequenteinhält, kann Infektionen mit Erregern wie MRSA erfolgreich verhindern.

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BODE–SCIENCE–COMPETENCE

MRSA – Risiken und Perspektiven

SANIERUNG VON MRSA-TRÄGERNUm das Risiko einer Infektion bei beste-hender Kolonisation mit MRSA zu mini-mieren, werden – insbesondere beiMRSA-Ausbrüchen – Dekolonisierungs-maßnahmen empfohlen. Zur Sanierungsollen ausschließlich Produkte einge-setzt werden, deren klinische Wirksam-keit bei MRSA nachgewiesen ist. DasRobert Koch-Institut empfiehlt bei derSanierung von MRSA-Trägern folgendesVorgehen:■ Zur Sanierung der nasalen MRSA-

Besiedlung wird Mupirocin-Nasensal-be in beide Nasenvorhöfe appliziert.Bei einer Mupirocinresistenz könnenPräparate mit antiseptischenWirkstof-fen oder anderen lokal applizierbarenAntibiotika mit nachgewiesener Wirk-samkeit eingesetzt werden.

■ Zur Dekolonisierung der intakten Hautwerden antiseptisch wirkendeWasch-lotionen mit nachgewiesener Wirk-samkeit gegenüber MRSA einge-setzt. Die Ganzkörperwaschungschließt das Waschen der Haare/Kopfhaut mit ein.

■Während der Sanierungsmaßnahmensollten Bettwäsche, Bekleidung undUtensilien täglich gewechselt werden.Bei den Pflegeutensilien, wie z. B.Kamm, Zahnbürste etc., sind Einmal-produkte zu bevorzugen. Der konse-quente Wechsel kann die Rekon-taminationsgefahr vermindern.

■ Persönliche Gegenstände (Brillen,Rasierer etc.) sind nach Möglichkeit zudesinfizieren und ggfs. auszutauschen,auf jeden Fall aber im Zimmer zu be-lassen.

Die Applikation von Nasensalbe und dieVerwendung dekontaminierender Wasch-lotionen sollten parallel erfolgen und min-destens über einen Zeitraum von fünfTagen durchgeführt werden. Waschlotio-nen, die über kurze Einwirkzeiten wie z. B.30 Sekunden verfügen, erhöhen den Kom-fort für den Patienten und die Bereit-schaft, die Dekolonisierungsmaßnahmenkonsequent durchzuführen.

Patienten, die genesen sind und nachHause entlassen werden, sollten einenoch nicht abgeschlossene Sanierungunter Einbindung ihres Hausarztes zuhau-se weiterführen.

MRSA-FortbildungsfilmDie neue DVD „Multiresistente Staphylococcus aureus – MRSA“ von BODEbietet einen praxisorientierten Schulungsfilm über die konkreten Vorgehens-weisen bei MRSA in verschiedenen Gesundheitseinrichtungen wie Kranken-haus, Alten- und Pflegeheimen sowie bei cMRSA in Arztpraxen.

Schulung

Eine Schwierigkeit im Umgang mit MRSAbesteht für viele Einrichtungen darin,nachzuvollziehen, was von Gesetzgeber-seite notwendig ist und wie sich dieseAnforderungen in die Praxis umsetzen las-sen. Mit ihrer neuen DVD „MultiresistenteStaphylococcus aureus – MRSA“ bietetdie BODE Chemie einen praxisorientiertenSchulungsfilm, der zielgruppenspezifischdie Vorgehensweisen bei MRSA in ver-schiedenen Gesundheitseinrichtungenwie Krankenhaus, Alten- und Pflegeheimesowie Arztpraxen in einzeln anwählbarenFilmen dargestellt. Im Mittelpunkt der ein-zelnen Filme steht die detaillierte Vorstel-lung der erforderlichen Maßnahmen,allen voran der Basishygiene.

Wichtige Hintergrund-InformationenEin Extrafilm beschreibt die Resistenzme-chanismen und erläutert die klinische

Relevanz von MRSA in den verschiede-nen medizinischen Einrichtungen. Mitdem Thema „cMRSA“ wird darüber hin-aus ein antibiotika-resistenter Keim vor-gestellt, der, noch wenig beachtet, einRisiko auch für Kliniken und Altenheimedarstellt.

Wichtige Fragen, wie zum Beispiel zumScreening oder zur Rolle der Surveillancewerden vom renommierten Hygieneex-perten Prof. Dr. Henning Rüden von derBerliner Charité beantwortet.

Die einzeln anwählbaren Filme sind infor-mativ und zeitlich dennoch so gestaltet,dass mehrere Filme in einer Schulungs-einheit gezeigt werden können.

„Multiresistente Staphylococcus aureusMRSA“ von BODE: DVD mit folgendem

Inhalt: „MRSA – Hintergrund“ (ca. 10Min.), „MRSA im Krankenhaus“ (ca. 10Min.), „MRSA in Alten- und Pflegehei-men“ (ca. 7 Min.) und „cMRSA – ambu-lant erworbene MRSA (community aqui-red MRSA), (ca. 5 Min.)

Die DVD kostet 25,00 EUR inkl. 19 %Mwst.und kann online direkt im BODEWebshopunter www.bode-chemie.de oder bei derSCHAFFHAUSEN COMMUNICATIONGROUP, Schaffhausen Marketing ServiceGmbH, Daimlerstraße 17, 25337 Elms-horn unter folgender Bestell-Hotline fürShop-Artikel Tel.: 01805-000 777Fax: 01805-225 548, bestellt werden.

Literaturhinweise auf Seite 16

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DESINFACTS

Neue Produkte

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wickelt wurde, ist Stellisept® med foamfür Bettlägerige das Mittel der Wahl: Dertreibgasfrei erzeugte Schaum eignet sichausgesprochen gut zur Reinigung vonimmobilen Patienten, insbesondere beiHarn- und Stuhlinkontinenz. Stellisept®

med foam verbindet sich mit den organi-schen Verschmutzungen und lässt sichanschließend problemlos abspülen.

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Bereits eine symptomlose MRSA-Kolonisation von Patienten erhöhtwesentlich das Risiko einer Infek-

tion mit den methicillin- oder multiresi-stenten Staphylococcus aureus. Aus die-sem Grund wird in Krankenhäusern dieSanierung von MRSA-Trägern ange-strebt. Da für den Sanierungseffekt beimWaschen der betroffenen Patienten einbakterizid wirkendes Ganzkörperprodukteinwirken muss, ist für den Anwender-komfort eine kurze Einwirkzeit ausge-sprochen wünschenswert.Das neue Stellisept®med /Stellisept®med

foam von der BODE Chemie, Hamburg,wurde speziell zur antiseptischen Ganz-körperreinigung im Rahmen von Sanie-rungsmaßnahmen bei MRSA-Besiede-lung entwickelt. Die antibakterielle Wirk-samkeit beider Präparate tritt bereitsnach einer Anwendungsdauer von nur 30Sekunden ein.Weiterer Vorteil: Dank der besondersmilden Inhaltsstoffe sind Stellisept® med/Stellisept® med foam gut haut- undschleimhautverträglich.Während Stellisept® med als Ganzkörper-waschung für mobile MRSA-Träger ent-

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reichen der Lebensmittel-, Pharma- undKosmetikindustrie.Bacillol® Tissues verfügen über die glei-chen mikrobiologischen Eigenschaftenwie das bewährte und VAH zertifizierteBacillol® AF und wirken bakterizid, levu-rozid, fungizid, tuberkulozid, mykobakteri-zid, begrenzt viruzid (inkl. HBV, HIV, HCV)sowie gegen Adeno-, Papova- und Rota-viren.

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BODE–SCIENCE–COMPETENCE

dern ein ausgesprochen robustes Do-siersystem zur Verfügung, das hohenHygieneanforderungen gerecht wird undselbst stärkeren Belastungen standhält.

BODE Eurospender 1 plusmit FrontentnahmeEin besonders zeitsparender Flaschenwechsel durchFrontentnahme der Pumpe gehört zu den Vorteilen desneuen BODE Eurospender 1 plus.

Dosierspender leisten einen wichti-gen Beitrag für eine korrekteDurchführung der hygienischen

Händedesinfektion. Bei der Wahl einesSpendersystems rücken dabei einfacheHandhabung und Wirtschaftlichkeit insRampenlicht. Maßgaben, die bei der Ent-wicklung des neuen BODE Eurospender 1plus punktgenau umgesetzt wurden.Eines der Vorteile des neuen robustenMetallspenders ist die Bedienungs-freundlichkeit: Ein Wechsel der Flaschen

erfolgt durch einfache und zeitsparendeFrontentnahme der Pumpe. Der BODEEurospender 1 plus kann dabei problem-los mit allen marktüblichen Flaschenbestückt werden. Zudem sind alleabnehmbaren Teile des Dosiersystemskomplett autoklavierbar, was eineunkomplizierte Aufbereitung des Gerätesgewährleistet.Auch in Punkto Wirtschaftlichkeit zeich-net sich der neue BODE Spender aus:Individuell lässt sich die Dosiermenge jeHub auf 0,75 bis 1,5 ml einstellen.Mit der Weiterentwicklung des bewähr-ten BODE Eurospenders 1 steht Anwen-

hör. Auf eine zusätzliche Neutralisationkann bei Einsatz des Produktes verzich-tet werden.

Dismoclean® 28 alka oneals Desinfektionsreiniger

Durch die spezifische Produktfor-mulierung aus Tensiden undHilfsstoffen zusammen mit einem

hochalkalischen pH-Wert verfügt Dis-moclean® 28 alka one über eine bakteri-zide, levurozide, fungizide und viruzideWirkung. Der Desinfektionsreiniger kanngemäß den Empfehlungen des RobertKoch-Institutes (RKI) für die maschinelleAufbereitung unter dem Aspekt der Mini-mierung des vCJK-Risikos eingesetztwerden.Mit einem guten Emulgier- und Disper-giervermögen sorgt Dismoclean® 28 alkaone für eine hervorragende Reinigungs-

kraft bei unterschiedlichsten Verunreini-gungen. Auch Silikatablagerungen wer-den durch die spezifische Produktformu-lierung verhindert.Die gute Materialverträglichkeit des Pro-duktes erstreckt sich auch auf empfindli-che Materialien wie z. B. verchromteMaterialien, Kunststoffe, Gummi, Latex,Glas und keramische Werkstoffe. DerDesinfektionsreiniger eignet sich daherhervorragend für die chemo-thermischeDesinfektion thermolabiler Materialienwie zum Beispiel OP-Schuhe, Gummi-und Kunststoffmaterialien sowie für OP-Instrumentarium und Anästhesie-Zube-

Aktuelle Gutachten bescheinigen Dismoclean® 28 alka one eine umfassendeDesinfektionswirkung. Dabei enthält der Reiniger für die chemo-thermischeAufbereitung keinerlei herkömmliche Wirkstoffe und entfaltet seine Desinfek-tionswirkung allein aufgrund der speziellen Formulierung und des alkalischenpH-Wertes.

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DESINFACTS

Berühmte Mikrobiologen

Friedlich August LöfflerEntdeckung des Diphtherieerregers

TOXIN-REAKTION ENTDECKTLöffler erfüllte nicht nur alle drei Postula-te seines Mentors. Neben der Identifika-tion des Corynebacterium diphtheria alsErreger der Diphtherie im Jahr 1884, kamder Schüler Kochs bei seinen Tierversu-chen 1889 auch dem besonderenMecha-nismus der Diphtherie-Infektion auf dieSpur: „Der Tod der Tiere (trat) nicht (ein)als Folge einer Verbreitung der Bacillendurch den gesamten Organismus, son-dern durch eine von der Impfstelle aus-gehende anderweitige Wirkung dieser

Von Amuletten über zerstoßene Schwalbennester bis zum Luftröhrenschnitt: Jahrtausendelang konnten Heiler undÄrzte nur hilflos zuschauen, wenn die Diphtherie, der „Würgeengel der Kinder“, wieder zuschlug. Erst Friedrich LöfflersEntdeckung des toxinbildenden Erregers Ende des 19. Jahrhunderts ebnete den Weg für eine erfolgreiche Impfung undEindämmung einer der klassischen Seuchen der Menschheit.

bekannte Mikrobiologe nahm jenesKoch’sche Postulat als Herausforderungan, demzufolge eine durch Mikroorganis-men hervorgerufene Erkrankung nurdann nachgewiesen ist, wenn:1. in lokal erkrankten Partien Organismenin typischer Anordnung zu finden sind,2. diese Organismen isoliert und in Rein-kultur gezüchtet werden,3. mit diesen Reinkulturen die Erkrankungwieder experimentell erzeugt werdenkann.

Gräulich gefärbte Schleimhäute imRachen sind ihr Charakteristikum,Hals-, Bauch- und Gliederschmer-

zen ihre Symptome: Die Halsbräune,auch echter Krupphusten oder Diphthe-rie genannt, begann harmlos als Erkäl-tung, schritt mit einer Verengung derAtemwege lebensbedrohlich voran undkonnte durch Myokarditis, Nervenent-zündungen und Nierenversagen oft töd-lich enden.

Bereits im Altertum war die Diphtherieals eine, vorwiegend Kinder heimsuchende Seuche gefürchtet. Mitte des19. Jahrhunderts wurde erstmals er-kannt, dass Mikroorganismen die Krank-heitsbilder der „häutigen Bräune“ her-vorriefen. Doch erst der 1852 in Frankfurtan der Oder geborene BakteriologeFriedlich August Löffler lüftete dasGeheimnis des Diphtherie-Erregers.

AMBITIONIERTE STUDIENDabei ging der in die Fußstapfen seinesVaters tretende Militärarzt Löffler mit derihm eigenen Präzision, Wissenschaftlich-keit und Akribie vor. Eigenschaften, dieihm sein zeitweiliger Chef, Robert Koch,in einem Zeugnis attestierte: „Bei derAusführung der ihm übertragenen Arbei-ten, hat Herr Dr. Löffler eine ausgezeich-nete Befähigung und einen außerordent-lichen Eifer an den Tag gelegt.“

Anders als seine Kollegen, darunterEdwin Klebs, der oft fälschlicherweiseauch als Entdecker des Diphtherie-Erre-gers genannt wird, beschränkte Löfflersich nicht allein auf die Identifizierungder grampositiven Bakterien. Der für sei-nen überdurchschnittlichen Arbeitseifer

Friedrich August Löffler (1852-1915)

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besserung der Kommunalhygiene. Zueinem Zeitpunkt an dem Löffler bereitsdie Erreger von Diphtherie, Rotz, Schwei-nerotlauf und einer Schweineseucheentdeckt hatte, wandte er sich vehementgegen rückständige Hygieneverhält-nisse, stritt für den Bau von Kanalisatio-nen und entwickelte hygienischenGrundlagen und Strategien zur Bekämp-fung von Infektionskrankheiten.

Neben seiner ausgesprochenen Be-scheidenheit und Zurückhaltung, über-raschte Löffler Kollegen und Mitarbeiterauch mit einer geradezu kindlichenBegeisterungsfähigkeit. Bei der Entwick-lung einer neuen Färbemethode, pflegteer seineMusterpräparate mit denWorten„Zucker, Zucker, meine Herren!“ zu prä-sentieren. Eine große Hilfsbereitschaftund Wärme kennzeichneten denMenschen Löffler, der von der medizini-schen Fachwelt, seinen Mitarbeitern undKollegen gleichermaßen geschätzt wur-de. 1913 wurde Friedrich Löffler RobertKochs zweiter Nachfolger als Direktordes Instituts für Infektionskrankheiten inBerlin – Gaffky war von dem Amt zurück-getreten. Die Institutsleitung konnteLöffler nur zwei Jahre ausüben: 1915verstarb er an einem qualvollen Krebs-leiden, das er tapfer ertragen hatte.Seine Ruhestätte liegt in Greifswald,das ihn zu ihrem Ehrenbürger ernannthatte.

GLOSSAR: DIPHTHERIE

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Berühmte Mikrobiologen

Bacillen“. Löffler schließt folgerichtigaus seinen detaillierten Untersuchun-gen, „dass ein an der Impfstelle produ-ciertes Gift in dem Blutstrom circulierthaben muss, welches eine die Gefäß-wände schwer alterierende Wirkungausgeübt hat.“

Eine Entdeckung, die auch erklärte,warum der Erreger lebensbedrohlicheSchäden an ursprünglich nicht befalle-nen Organen hervorrufen konnte. Nichtdas Corynebacterium diphtheria war dereigentliche Übeltäter, sondern ein freige-setztes Toxin. Das Zellgift hemmt dieEiweißproduktion in den umliegendenZellen und führt so zu deren Zerstörung.Gelangen die Toxine über den Blutstromin den Körper, kommt es zu Schäden anHerzmuskel, Leber, Nieren und Neben-nieren oder zu inneren Blutungen. AuchEntzündungen der Nerven, die Lähmun-gen auslösen, gehören zum Krankheits-bild der Diphtherie.

BEGEISTERTER FORSCHERLöfflers Studien legten den Grundsteinfür die erfolgreiche Bekämpfung desCorynebacterium diphtheria. So entwik-kelte Emil von Behring vor dem Hinter-grund der Löfflerschen Erkenntnisse sei-ne Serumtherapie und schließlich einenImpfstoff, der erfolgreich gegen Diphthe-rie angewandt wurde.

Zur Zeit seiner Erforschung des Diphthe-rie-Erregers war der Militärarzt Löfflerbereits vom Kaiserlichen Gesundheits-amt abberufen und an die militärärztlicheAkademie des Friedrich-Wilhelm-Insti-tuts versetzt worden. Hier widmete ersich der Forschung und Lehre in Chemie,pathologischer Anatomie und Hygiene.Habilitierte Löffler 1887 noch auf bakte-riologischem Gebiet, entwickelte sichder eifrige und disziplinierte Forscher imLaufe der Zeit zu einem ausgemachtenVirologen. Löffler begründete die Virolo-gie als selbständige mikrobiologischeWissenschaft. Den Höhepunkt seinervirologischen Arbeiten markiert die Ent-deckung des Erregers der Maul- undKlauenseuche 1898 gemeinsam mit PaulFrosch.

Die Diphtherie ist eine akute Infektions-krankheit, die durch toxinbildende Bak-terienstämme der Gattung Corynebacte-rium diphtheriae hervorgerufen wird. Fürdas Krankheitsbild typisch sind lokaleInfektionen, am häufigsten des Rachen-raumes. Dabei entsteht eine so genanntePseudomembran: Das zerstörte Gewebebildet im Bereich von Mandeln, Rachenoder Kehlkopf zusammen mit Fibrin undEntzündungszellen eine gräuliche Haut,die sich nur chirurgisch entfernen lässtund den Ausgangsort für die Streuungdes Toxins in den Körper darstellt.

PLÄDOYER FÜR DIE HYGIENEDoch Löffler war keinesfalls nur einbegnadeter Theoretiker. Seine zweitewahre Berufung fand er als ordentlicherProfessor in dem in Greifswald neu ein-gerichteten Lehrstuhl für Hygiene.Beharrlichkeit, Vitalität und Zivilcouragekennzeichnete seine Arbeit für die Ver-

Friedrich August Löffler gelang es erst-mals, den Diphtherie-Erreger anzuzüch-ten.

Auf Löfflers Studien basierend und bis heu-te gängige Praxis: die Diphtherieimpfung.

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DESINFACTS

Redaktion:SCI COM GmbH, scientific communication,Koppel 107, 20099 Hamburg, Sabine NiknamTel.: 040 / 25 32 86-05, Fax: -08,E-mail: [email protected], ISSN 1618-8292,Desinfacts erscheint im Auftragder BODE CHEMIE Hamburg

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LiteraturWernitz M H:Screening bei stationärer Aufnahme von Risikopatienten fürdie Kolonisation oder Infektion mit Methicillin-resistentemStaphylococcus aureus (MRSA). Eine Kohortenstudie überden Einfluss des Screenings auf die Häufigkeit nosokomialerMRSA-Infektionen mit einer Kostenanalyse vor dem Hinter-grund des deutschen DRG-Fallpauschalen-Vergütungssy-stems. Onlinedissertation, Fachbereich Humanmedizin,Freie Universität Berlin, Freigabedatum 24.11. 2006. Online-Adresse: http://www.diss.fu-berlin.de/2006/607/index.html

EARSS Annual Report 2005.The European Antimicrobial Resistance Surveillance System(EARSS) (Publish.),National Institute for Public Health and theEnvironment (RIVM), Bilthoven, The Netherlands, 2005Kampf G.Mikrobielle Besiedelung der Hände und ihre epidemiologi-sche Bedeutung. In: Kampf G (Hrsg.). Hände-Hygiene imGesundheitswesen. Springer-Verlag Berlin Heidelberg,2003: 29-64.Harbarth S et al.Methicillin-resistant S. aureus infections among patients inthe emergency department.Am. J. Med., 2006,119:275e15-275e23

Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene undInfektionsprävention am RKI. Empfehlung zur Prävention undKontrolle von Methicillin-resistenten Staphylococcusaureus-Stämmen (MRSA) in Krankenhäusern und anderenmedizinischen Einrichtungen. Bundesgesundheitsbl. 42(1999): 954-958Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomia-len Infektionen.KISS Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System: MRSA-KISS, Abschnitt A1 -Referenzdaten Gesamt, www.nrz-hygiene.de, 20. Juli 2007