MTZ Kolbenringe
Click here to load reader
Transcript of MTZ Kolbenringe
ENTWICKLUNG Berechnung und Simulation
32 MTZ 01/2006 Jahrgang 67
Einfluss der Auslegung
von Kolbenringen auf das
Formfüllvermögen
in thermisch und mechanisch
hoch beanspruchten Motoren
Trotz Einsatz neuer Werkstoffe und Beschichtungen besteht im Zylinder die Gefahr einerlokalen thermischen Überlastung an den Kolbenringlaufflächen. Der Beitrag der FederalMogul Burscheid GmbH beschreibt ein Rechenmodell zur Bestimmung des Anpress-drucks von Kolbenringen mit konstanter und inkonstanter Wanddicke. Damit erhält maneine Aussage zur Fähigkeit des Kolbenrings, sich unrunden und thermisch belasteten Zy-lindern anzupassen. Auf Basis dieser Rechenergebnisse wurden Designvarianten zur Op-timierung des Motorbetriebs abgeleitet und entwickelt.
Die Autoren
Dipl.-Ing. Richard Mittler
ist Leiter des Bereichs Pro-
dukt and Prozess Analysis
bei der Federal Mogul Bur-
scheid GmbH in Burscheid.
Dipl.-Phys.
Albin Mierbach
ist Leiter der mathemati-
schen und physikalischen
Grundsatzentwicklung bei
der Federal Mogul Bur-
scheid GmbH in Burscheid.
33MTZ 01/2006 Jahrgang 67
1 Einleitung
Aufgabe von Kolbenringen ist es, den Brenn-
raum gegen das Kurbelgehäuse abzudichten
und hierbei die Wärmeleitung vom Kolben
zur Zylinderwand zu unterstützen wie auch
gleichzeitig den Ölhaushalt zu regeln. Eine
notwendige Bedingung hierfür ist, dass der
Kolbenring mit seinem Umfang dicht an der
Zylinderwand anliegt. Mit den Fortschritten
der modernen Motorenentwicklung werden
die Bedingungen für eine einwandfreie
Funktion der Kolbenringe zunehmend
schwieriger. Trotz Einsatz von neuen Werk-
stoffen und Beschichtungen besteht die Ge-
fahr einer lokalen thermischen Überlastung
an den Kolbenringlaufflächen. Hiervon sind
insbesondere die Stoßenden betroffen. Ge-
genmaßnahmen zur Reduzierung der Kon-
taktkräfte am Stoß führen unter anderem
zu veränderten Radialdruckverteilungen
der Kolbenringe. Dabei wird schon während
der Fertigung die Wirkung des Wärmeflus-
ses über den Kolbenring im späteren motori-
schen Betrieb berücksichtigt beziehungs-
weise kompensiert.
2 Problemstellung
Die radiale Anlage der Kompressionsringe
im Zylinder wird durch die eigene Feder-
kraft bewirkt. Hierzu werden die Kolbenrin-
ge vom offenen ovalen Zustand in den Zylin-
der montiert und dabei gespannt. Die Span-
nungen resultieren aus Verkleinerungen
der Krümmungsradien, die ihrerseits durch
Momente erzwungen werden. Die inneren
Spannungen bewirken den Anpressdruck
gegen die Zylinderwand und vermögen da-
rüber hinaus, den Kolbenring auch gegen
verzogene Zylinder dicht anzulegen. Diese
Eigenschaft wird als Formfüllvermögen be-
zeichnet.
Das Formfüllvermögen ist am Ringum-
fang ausreichend gut, an den Stoßenden
aber deutlich eingeschränkt. Der Grund
hierfür ist, dass an dem Stoßende kein Mo-
ment angreift. Die Krümmung bleibt dort
unverändert und das Stoßende spannungs-
frei. Dieser Zusammenhang wird durch die
Biegegleichung ∆K = M / (E I) beschrieben.
Jeder selbstspannende Kolbenring wird
daher so gefertigt, dass im offenen Zustand
der Krümmungsradius des Stoßendes dem
Zylinderradius gleich ist. Ist diese Bedin-
gung nicht erfüllt, dann wirken auf die bei-
den Stoßenden jeweils eine sehr große
Punktkraft und neben den Stoßenden ent-
stehen Schwachstellen im Radialdruck und
damit mögliche Undichtigkeiten. Kolbenrin-
ge leisten einen nicht unerheblichen Beitrag
zur Kühlung des Kolbens, indem sie Wärme
vom Kolben aufnehmen und zur Zylinder-
wand ableiten [5]. Das Temperaturgefälle im
Kolbenring von der Innenseite zur Laufflä-
che streckt den Ring aufgrund der Wärme-
ausdehnung, und es kommt zu dem oben
beschriebenen Effekt, Bild 1.
Bild 2 zeigt die Punktkräfte aufgrund
von Wärmeausdehnung im Motorbetrieb.
Die radial nach außen gezeichneten Pfeile
stellen den über die Ringhöhe gemittelten
Radialdruck des Kolbenrings auf den Ölfilm
dar. Der Ölfilm ist zwischen Ring und Zylin-
der dargestellt.
Schon 1983 wurde in [3] die Vergröße-
rung der Krümmungsradien durch den
Wärmefluss experimentell und theoretisch
dargelegt und Beziehungen angegeben, mit
denen der Effekt in Abhängigkeit von der
Wärmebelastung und der Auslegung des
Kolbenrings berechnet werden kann.
3 Optimierungsmaßnahmen
Die Entwicklung moderner Motoren ver-
langt vom Kolbenring eine erhöhte thermi-
sche Belastbarkeit und unter dem Einfluss
von Leichtbaumaßnahmen eine erhöhte Fä-
higkeit, sich unrunden Zylindern unter
thermomechanischer Beanspruchung anzu-
gleichen. Damit steigt das Risiko von Riefen
beziehungsweise Brandspuren an Kolben-
ringen und Zylinderlaufflächen, verursacht
von stark drückenden, den Ölfilm durchbre-
chenden Stoßenden.
3.1 Temperaturkompensation (TEKO-Designvariante)Eine frühe Maßnahme war die Einführung
der Temperaturkompensierung in Form des
TEKO-Kolbenrings [4]. Es wurden Kolbenrin-
ge mit einer völlig neuen Radialdruckvertei-
lung gefertigt, die sich durch zwei Merkma-
le auszeichnen, Bild 3.
Bild 1: Temperaturgefälle
im Kolbenring
Figure 1: Temperature
distribution in a piston
ring
ENTWICKLUNG Berechnung und Simulation
34 MTZ 01/2006 Jahrgang 67
a) Im kalten Montagezustand wird der Ra-
dialdruck an den Stoßenden auf Null re-
duziert.
b) Im Bereich neben den Stoßenden wird
der Radialdruck stark vergrößert.
Bild 4 zeigt den Vorteil der Temperaturkom-
pensierung. Die Punktkräfte an den Stoßen-
den sind im Vergleich zu Bild 2 reduziert.
Weitere Maßnahmen zur Verbesserung
der Temperaturkompensierung sind bei
konstanten Wanddicken physikalisch nicht
möglich, weil der Radialdruck an den Sto-
ßenden nicht negativ sein sollte.
3.2 FO-Ring-DesignvarianteDurch immer höhere Temperaturdifferen-
zen in modernen Motoren werden Radial-
druckverteilungen benötigt, die bei konstan-
ten Wanddicken der Kolbenringe nicht er-
zielt werden können. Deshalb wurden Un-
tersuchungen begonnen, die Radialdruck-
verteilung der Kolbenringe auf die heute
entstehenden thermischen Belastungen mit
inkonstanten Wanddicken weiter anzupas-
sen, Bild 5.
Die Wanddicke dieser Kolbenringe ist in
zwei Regionen verkleinert. Diese Regionen,
im Folgenden auch Taschen genannt, begin-
nen an den Stoßenden und erstrecken sich
von dort über einen bestimmten Winkelbe-
reich. Die Wanddicke an den Stoßenden
selbst ist nicht verkleinert. Der Verlauf der
Taschenkontur wird durch die Funktion
beschrieben. Durch Variation der Konstan-
ten, von ß und den Fi, lässt sich die Taschen-
form optimieren, um den entstehenden ho-
hen Kontaktkräften an den Ringstößen un-
ter thermischen Belastungen im Motorbe-
trieb entgegenzuwirken. So werden die ther-
mischen Überbelastungen der Laufflächen
weitgehend vermieden und gleichzeitig Un-
dichtigkeiten neben den Stoßenden ge-
schlossen. Diese Maßnahmen führten in
mehreren untersuchten Fällen zu verbesser-
ten Ölverbrauchswerten.
Die Gründe für diese Maßnahme sind fol-
gende:
– Das Flächenträgheitsmoment, abhängig
mit der 3. Potenz von der Wanddicke, ist
in den Taschen kleiner als am übrigen
Umfang und der Kolbenring ist dort fle-
xibler. Durch die Montage in den Zylin-
der werden dem Kolbenring Momente
aufgezwungen, die nun aufgrund der
kleineren Flächenträgheitsmomente in
den beiden Taschen stärker wirken und
den Radialdruck dort erhöhen. Dabei lie-
gen die Stoßenden wie auch der ganze
Ring im kalten Zustand lichtspaltdicht
am Zylinder an.
– Wie oben beschrieben, gehen die Stoßen-
den unter dem Einfluss des Wärmeflus-
ses nach außen gegen die Zylinderwand.
Die Stoßenden tragen den fehlenden Ra-
dialdruck im Bereich der Schwachstellen
mit. Der Radialdruck wird auf die Sto-
ßenden durch Momente übertragen. Die-
se Momente sind bei dem FO-Ring gerin-
ger aufgrund der verkleinerten Flächen-
trägheitsmomente, was im Motorbetrieb
zu zusätzlich entlasteten Stoßenden
führt.
Bild 2: Das Bild
zeigt die Punkt-
kräfte aufgrund
von Wärmeaus-
dehnung im
Motorbetrieb
Figure 2: Points
of contact force
caused by heat
expansion in en-
gine operation
Bild 3: Radial-
druckverteilung
eines TEKO-
Kolbenrings im
Montagezustand
Figure 3: Radial
pressure distribu-
tion of the TEKO
ring under assem-
bly conditions
Bild 4: Radial-
druckverteilung
einer TEKO-
Designvariante im
Motorbetrieb
Figure 4: Radial
pressure distribu-
tion of a TEKO
design in engine
operation
Bild 5: FO-Ring-Design
Figure 5: FO- Ring design
a F e F ifoi
i( ) cosϕ ϕβ= +=∑0
1
5
Gl. (1)
35MTZ 01/2006 Jahrgang 67
Bild 6 zeigt, dass die Punktkräfte an den
Stoßenden des FO-Rings nicht mehr auftre-
ten (Vergleich mit Bild 2 und Bild 4). Dieses
Ergebnis ergibt sich aus der Kombination
von Temperaturkompensierung und FO-De-
sign.
4 Berechnung
4.1 Das RechenmodellDie Bestimmung des Formfüllvermögens ei-
nes Kolbenrings und dessen Verhaltens in
thermisch belasteten Zylindern war nur
sehr eingeschränkt möglich [6]. Deshalb
wurde bei der Federal-Mogul Burscheid
GmbH ein volles dreidimensionales Rechen-
modell entwickelt, das sowohl die thermi-
schen Belastungen, als auch die kinemati-
schen Randbedingungen berücksichtigt.
Bild 7 zeigt einen Schnitt des Modells; die
dritte Dimension ist der Umfangswinkel.
Als Eingangsgrößen werden neben den
exakten geometrischen Verhältnissen des
Kolbenrings Ölviskosität, Temperaturgrö-
ßen vom Kolben und Zylinder an der jeweili-
gen axialen Position sowie die vermessene
Kontur der Kolbenringlauffläche benötigt.
Als weitere Eingangsgrößen sind die exakte
Bestimmung der Zylinderverzüge sowie die
Radialdruckverteilung der Kolbenringe auf
dem Umfang erforderlich.
Besonderer Wert wurde bei der Erstel-
lung des Programms auf die Berechnung
der modernen Kolbenringvarianten mit in-
konstanter Wanddicke gelegt. Hierbei war
eine Neuaufstellung der Steifigkeitsmatrix
für Kolbenringe mit inkonstanten Wanddi-
cken notwendig.
4.2 Die Steifigkeitsmatrix für Kolbenringemit inkonstanten WanddickenUm die optimalen Taschen zu bestimmen,
müssen die elastischen Eigenschaften des
Kolbenrings mathematisch beschrieben
und mit der Berechnung des von ihm belas-
teten Ölfilms gekoppelt werden. Die elasti-
schen Eigenschaften werden durch die Stei-
figkeitsmatrix T und die physikalischen Ei-
genschaften des Ölfilms durch die Rey-
nold'sche Gleichung erfasst.
Die Steifigkeitsmatrix stellt den Zusam-
menhang zwischen den radialen Verschie-
bungen w und den Radialdruckänderungen
∆p her. Die radialen Verschiebungen w wer-
den gegen den kreisrunden Zylinder radial
nach außen gemessen. Zu w können auch
Zylinderverzüge und Ölfilmdicken addiert
werden.
T ist eine nn-Matrix und ∆p beziehungswei-
se w sind Vektoren. Zur Bildung dieser Vek-
toren wird der Umfang des Kolbenrings in n
Abschnitte aufgeteilt und die Werte für ∆piauf den Abschnitten konstant genommen.
wi beschreibt die radialen Verschiebungen
der Mitte jedes Abschnitts. Im Folgenden
wird die Berechnung der T-Matrix beschrie-
ben.
Ausgehend von der Biegegleichung ∆K =
M / (E I) wird die Differentialgleichung (3)
aufgestellt.
r mittlerer Kolbenringradius
E E-Modul
h Ringhöhe
I(ϕ) variables Flächenträgheitsmoment
∆p ist dimensionslos auf den mittleren Kol-
benringdruck p0 bezogen.
Es werden folgende Abkürzungen einge-
führt:
a0 ist die ungeschwächte Wand. Aus (3)
wird:
Die Differentialgleichung (4) wird inte-
griert.
(5) schreibt sich in Matrixform zu:
mit den Matrixelementen:
ϕo und ϕu sind die Grenzen der Abschnitte.
Liegt ϕ im Kreisabschnitt so entfällt der Sub-
trahend in (7). (7) muss nummerisch ausge-
wertet werden.
Die Integrationskonstanten A und B in (6)
werden durch zeilenweise Addition ent-
fernt. In die beiden freien Zeilen werden die
Gleichgewichtsbedingungen [4] für den Ra-
dialdruck ∆p geschrieben. Es entsteht das
Gleichungssystem:
Bild 6: Das Bild
zeigt die Radial-
druckverteilung
einer FO-Design-
variante im Motor-
betrieb
Figure 6: Radial
pressure distri-
bution of an FO
design
Bild 7: Dreidimensionales Rechenmodell mit dem Kräftegleichgewicht
Figure 7: Three-dimensional computing model with the balance of forces
kr p Tw∆ = Gl. (2)
w w
r
p
E
r h
Ip d
+= −∫
−
"
( )( )sin( )
20
2
ϕτ ϕ τ τ
π
ϕ∆
Gl. (3)
k 12p
E
r
aund f ( )
a
a( )
03
03
03
3= =ϕ
ϕ
Gl. (4)w w = krf ( ) p( ) sin ( )d+ ′′ −−∫ϕ τ ϕ τ τπ
ϕ
∆
w( ) kr f ( ) sin ( )
p( ) sin ( )d d
ϕ ψ ϕ ψ
τ ψ τ τ ψ
π
ϕ
π
ψ
= −
× −
−
−
∫
∫ ∆
Gl. (5)
w( ) A cos Bsin krS pj j j ji iϕ ϕ ϕ+ + = ∆ Gl. (6)
S f ( ) sin ( ) 1 cos ( ) d
f ( ) sin ( ) 1 cos ( ) d
ji u
0
u
0
= − − −{ }
− − − −{ }
∫
∫
ψ ϕ ψ ψ ϕ ψ
ψ ϕ ψ ψ ϕ ψ
ϕ
ϕ
ϕ
ϕ
Gl. (7)
E krS p S wird invertiert. T S Eji i ji1∗ ∗ ∗ = ∗ ∗−∆
Gl. (8)
ENTWICKLUNG Berechnung und Simulation
36 MTZ 01/2006 Jahrgang 67
5 Modellsimulation
Folgende Varianten werden auf Basis eines
realistischen Modells verglichen:
– Kolbenring ohne Temperaturkompensie-
rung
– F0-Ring.
Als Basis für die Berechnungen dienen fol-
gende Eingangsgrößen:
Kolbenring:
Tangentialkraft: 17 N
Durchmesser : 82 mm
Wanddicke: 2,9 mm
Axiale Höhe: 2,0 mm
Balligkeit Lauffläche: 12 µm
Motor Kinematik:
Drehzahl: 3500/min
Kolbengeschwindigkeit max. 20 m/s
Ölsorte: 10W20
Temperaturdifferenz
Kolben / Zylinder: 60° C
Zylinderverzüge in
der 4. Ordnung max. 7 µm
5.1 Kolbenring ohne TemperaturkompensierungUnter Punkt 2 wurde die Wirksamkeit der
Designvarianten (Bild 2, 4 und 6) nachgewie-
sen. Der Zylinder war nicht verzogen. Zylin-
derverzüge beeinflussen die Radialdruckver-
teilung von Kolbenringen in hohem Maße,
wobei es auch auf die Lage des Stoßes relativ
zum Verzug ankommt. Deshalb soll in die-
sem Abschnitt der Vergleich von Punkt 2 an
einem realistisch verzogenen Zylinder wie-
derholt werden.
Bild 8 zeigt das Ergebnis eines Kolben-
rings ohne Temperaturkompensierung in ei-
nem thermisch und mechanisch verzoge-
nen Zylinder. Der Kolbenring ist identisch
mit dem Ring des Vergleichs in Punkt 2 (Bild
2). Die radial nach außen gezeichneten Pfei-
le stellen den über die Ringhöhe gemittelten
Radialruck des Kolbenrings auf den Ölfilm
dar. Der Ölfilm ist zwischen Ring und Zylin-
der abgebildet. Es zeigt sich, dass der Ölfilm
an den Stoßenden durch entstehende
Punktkräfte verstärkt belastet wird. Der Öl-
film an den Stoßenden ist minimal und di-
rekt neben den Stoßenden extrem groß. Die
Folgen können thermische Überlastungen
an den Stoßenden und zusätzlich Undich-
tigkeiten neben dem Stoß sein. Die unter-
schiedlichen Punktkräfte an den Stoßenden
entstehen durch den Zylinderverzug, der in
der Bildmitte 3000-fach vergrößert darge-
stellt ist.
Bild 9 zeigt den identischen Kolbenring
im identisch verzogenen Zylinder, jedoch
um 35° verdreht. Da sich Kolbenringe wäh-
rend des Motorbetriebs im Zylinder konti-
nuierlich drehen, müssen verschiedene Po-
sitionen des Kolbenrings im Zylinder be-
trachtet werden, um das Formfüllvermö-
gen mit den Punktkräften richtig zu beur-
teilen.
Durch die unterschiedliche Lage der
Stoßenden der Kolbenringe im Zylinder
entstehen auch unterschiedliche Kontakt-
kräfte gegen den Umfang. Bild 9 zeigt einen
stark erhöhten Druck am rechten Stoßen-
de, verursacht durch den Zylinderverzug
von zirka 7 µm im Bereich des Kolbenring-
stoßes. Direkt neben dem Stoß entstehen
sehr dicke Ölfilme, die im Motorbetrieb zu
Undichtigkeiten und damit zu erhöhten Öl-
verbrauchswerten führen können.
5.2 FO-Ring-Designvariante mit TaschenZum Vergleich wurde ein Modell berechnet
mit den gleichen Eingangsgrößen, aber ei-
nem optimierten Kolbenring mit inkonstan-
ter Wanddicke. Die geometrischen und me-
chanischen Eigenschaften des FO-Kolben-
rings sind bis auf die Wanddickenverände-
rungen identisch mit dem nicht tempera-
turkompensierten Kolbenring.
Es zeigt sich im Bereich der Stoßenden ei-
ne deutliche Entlastung und eine gleichmä-
ßige Abdichtung über den Umfang. Es zei-
Bild 8: Kolbenring ohne Temperatur-
kompensierung in einem unrunden und
thermisch belasteten Zylinder mit den
entstehenden Punktkräften
Figure 8: Piston ring without thermal
compensation in an unround and thermally
loaded cylinder with the resulting points of
contact force
Bild 10: FO-Ring in einem
unrunden und thermisch
belasteten Zylinder zum
Vergleich mit Bild 8
Figure 10: FO-Ring in an
unround and thermally
loaded cylinder for com-
parison with figure 8
Bild 11: FO-Ring in einem
unrunden und thermisch
belasteten Zylinder zum
Vergleich mit Bild 9
Figure 11: FO-Ring in an
unround and thermally
loaded cylinder for com-
parison with Figure 9
Bild 9: Kolbenring ohne Temperatur-
kompensierung in einem unrunden und
thermisch belasteten Zylinder mit den
entstehenden Punktkräften– der Kolben-
ring ist gegen Bild 8 um 35° verdreht
Figure 9: Piston ring without thermal
compensation in an unround and thermally
loaded cylinder with the resulting points
of contact force – the piston ring from
Figure 8 has been turned by 35°
For an English version of this article, seeMTZ worldwide.For information on subscriptions, just callus or send an E-mail or fax.
Vieweg Verlag Postfach 1546 D-65173 WiesbadenTel. +49 5241 80-1968 | E-mail: [email protected]
gen sich ferner auf dem Umfang konstante-
re Ölfilmdicken, Bild 10.
Die Berechnung des FO-Kolbenrings mit
um 35º verdrehter Stoßlage ergibt ein ähnli-
ches Ergebnis, dargestellt in Bild 11. Die
Punktkräfte steigen nur minimal an, sie
sind aber in ihrem Absolutwert kleiner, als
der über den Umfang gemittelte Radial-
druck. Bild 11 sollte mit Bild 9 verglichen
werden.
6 Zusammenfassung
Es wurde ein Rechenmodell vorgestellt, mit
dem verschiedene Designvarianten von Kol-
benringen in thermisch und mechanisch
hoch belasteten Motoren miteinander ver-
glichen werden können. Durch die dynami-
sche Berechnung unter realen kinemati-
schen Verhältnissen sind damit Optimie-
rungen von Kolbenringen und die Weiter-
entwicklung von Designvarianten möglich.
Die Simulationen zeigen deutlich die Ver-
besserungspotentiale auf. Die hohe Flexibi-
lität des Programms kann in Entwicklungs-
projekten zur schnellen Optimierung bei-
tragen.
Durch die konsequente Weiterentwick-
lung des Programms für inkonstante Wand-
dicken an Kolbenringen wurde die Möglich-
keiten geschaffen, neue Kolbenringe zu ent-
wickeln. Diese neuen Kolbenringe haben
hinsichtlich Ölverbrauch durch die Begren-
zung der Anpressdrücke an den Stoßenden
einen Funktionsvorteil und bieten in Bezug
auf thermische Belastbarkeit und Ver-
schleißminimierung auch eine Erweite-
rung der Einsatzgrenzen. Erste Motorversu-
che haben das Potenzial bestätigt.
Literaturhinweise[1] Carl Englisch: Kolbenringe, Bd I und II. Wien Sprin-
ger-Verlag 1958
[2] B. Ja Gintsburg: Splitless-type Piston Rings. Russian
Engeneering Journal Volume XLV III Nr.7
[3] Albin Mierbach, Gerhard E. Dück and Brian A.
Newman: Heat Flow Through Piston Rings and Its In-
fluence on Shape. SAE Technical Paper Series
831283, Milwaukee Wisconsin 1983
[4] Albin Mierbach: Berechnung der Radialdruckvertei-
lung eines Kolbenrings.In MTZ (55) 1994, Nr.2
[5] Gerhard Woschni, Benedikt Klaus und Klaus Zeilin-
ger: Untersuchung des Wärmetransportes zwischen
Kolben, Kolbenringen und Zylinderbüchse. In MTZ
(59) 1998, Nr.9
[6] G. Dück, H. Beyer, A. Mierbach: Kolbenringhandbuch
der Goetze AG. 3. Auflage 1989