MULTIFUNKTIONSGERÄTE Multifunktionsgeräte · Der OPD Scan III (Optical pathway diffe-rence) von...

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30 MEDICAL NETWORK 2015 HERBST SPECIAL p www.medical-network.at Bislang endeten die Versuche der Hersteller ophthalmologischer Geräte des „Hineinpackens von mehreren Funktionen“ bei der Kombination von Refraktometern oder Ref-Keratometern mit Nonkontakt-Tonometern. Die ersten Geräte dieser Art waren noch fehleranfällig und der Wechsel zwischen den Funktionen dauerte auf Grund der Konstruktionsart oft länger als das Umpositionieren der Patienten. Doch in letzter Zeit haben sich die Kombinationsgeräte mit den Funktionen Refraktometrie – Keratometrie – Non- kontakt-Tonometrie und -Pachymetrie in unterschiedlichen Konstellationen immer weiter verbreitet und sind in vielen Ordinationen zu finden. E her unbemerkt haben sich, aus der „refraktiven Ecke“ kommend, Geräte herausgebildet, die neben den oben erwähnten Funktionen eine Vielzahl weiterer diagnostischer Optionen bieten. Allen gemein ist, dass sie mit Wellenfront- Technologie bzw. Ray-Tracing arbeiten und daher weit mehr Informationen für den Nut- zer bereitstellen als Sphäre/Zylinder/Achs- lage. Die Frage, ob diesmal die Multifunk- tionsgeräte die Einzelgeräte in der ophthal- mologischen Praxis ersetzen werden, kann nur die Zukunft beantworten. Der VX-120 von Visionix hat nicht nur auf der ÖOG große Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Es handelt sich hierbei – je nach Nutzerpräferenz – um ein vollautomatisches oder nutzergesteuertes Gerät, das in einem Messablauf eine komplette Untersuchung des vorderen Augenabschnittes, inklusive Vorderkammeranalyse und Kataraktklassi- fikation sowie des visuellen Systems vor- nimmt. Die Analyse des optischen Systems er- folgt mittels Hartmann-Shack-Sensor, eine sehr einfache Simulation dieses Sensors ist auf der Website der Uni München plat- ziert, der betreffende Link samt QR-Code findet sich am Ende dieses Artikels. Zur vollständigen Vermessung aller brechenden Flächen im vorderen Augenabschnitt fehlt – noch – eine flächige Vermessung der Hornhautrückfläche, es werden also einige Parameter rückschließend errechnet. Nach Herstellerangaben dauert es vom Beginn der Messung bis zur Darstellung des Summary-Reports 90 Sekunden. MULTIFUNKTIONSGERÄTE Dies setzt aber einen sehr kooperativen Patienten voraus und wird in der täglichen Praxis vermutlich schwer erreichbar sein. Das Gerät Onda der italienischen Firma Optikon 2000 konnten wir gemeinsam mit Herrn Weitmann (Fa. Bilosa) bei Optik Tinzl (Michael Tinzl, MSc, Altmünster, OÖ) testen. Die Firma Optikon verfügt über langjährige Erfahrung bei HH-Topographen und so kommt auch in der Onda das System mit dem kleinen Konus (Abdeckung Hornhaut bis zu 11 mm) zur Anwendung, damit Ab- schattungen durch Braue oder Nase kein Thema sind. Das „Retro-Miren-System“ überwindet die Notwendigkeit, bei einem Kombigerät von Aberrometrie und Topogra- phie Designkompromisse in der Abdeckung des zentralen Bereiches durch die Topogra- phie einzugehen. Für die Wellenfrontanalyse kommt auch hier ein Hartmann-Shack- Sensor zum Einsatz. Multifunktionsgeräte – DIE PRAXISTAUGLICHKEIT Von Mag. Bernhard Steiner Mag. Bernhard Steiner hat für „Medical Network“ bei den Industrieausstellungen der ÖOG- und der DOG-Tagung sowie bei einem spezialisierten Optiker alle fünf Multifunktionsgeräte sowohl als Testperson als auch hinter dem Bediener-Bildschirm auf ihre Praxistauglichkeit abgeklopft OPD Scan II Onda VX-120

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Bislang endeten die Versuche der Hersteller ophthalmologischer Geräte des „Hineinpackens von mehreren Funktionen“ bei der Kombination von Refraktometern oder Ref-Keratometern mit Nonkontakt-Tonometern. Die ers ten Geräte dieser Art waren noch fehleranfällig und der Wechsel zwischen den Funktionen dauerte auf Grund der Konstruktionsart oft länger als das Umpositionieren der Patienten. Doch in letzter Zeit haben sich die Kombinationsgeräte mit den Funktionen Refraktometrie – Keratometrie – Non-kontakt-Tonometrie und -Pachymetrie in unterschiedlichen Konstellationen immer weiter verbreitet und sind in vielen Ordinationen zu finden.

Eher unbemerkt haben sich, aus der „refraktiven Ecke“ kommend, Geräte herausgebildet, die neben den oben erwähnten Funktionen eine Vielzahl

weiterer diagnostischer Optionen bieten. Allen gemein ist, dass sie mit Wellenfront-Technologie bzw. Ray-Tracing arbeiten und daher weit mehr Informationen für den Nut-zer bereitstellen als Sphäre/Zylinder/Achs-lage. Die Frage, ob diesmal die Multifunk-tionsgeräte die Einzelgeräte in der ophthal-mologischen Praxis ersetzen werden, kann nur die Zukunft beantworten.

Der VX-120 von Visionix hat nicht nur auf der ÖOG große Aufmerksamkeit auf sich

gezogen. Es handelt sich hierbei – je nach Nutzerpräferenz – um ein vollautomatisches oder nutzergesteuertes Gerät, das in einem Messablauf eine komplette Untersuchung des vorderen Augenabschnittes, inklusive Vorderkammer analyse und Kataraktklassi-fikation sowie des visuellen Systems vor-nimmt. Die Analyse des optischen Systems er-folgt mittels Hartmann-Shack-Sensor, eine sehr einfache Simulation dieses Sensors ist auf der Website der Uni München plat-ziert, der betreffende Link samt QR-Code findet sich am Ende dieses Artikels. Zur vollständigen Vermessung aller brechenden Flächen im vorderen Augenabschnitt fehlt – noch – eine flächige Vermessung der Hornhautrückfläche, es werden also einige Parameter rückschließend errechnet. Nach Herstellerangaben dauert es vom Beginn der Messung bis zur Darstellung des Summary-Reports 90 Sekunden.

MULTIFUNKTIONSGERÄTE

Dies setzt aber einen sehr kooperativen Patienten voraus und wird in der täglichen Praxis vermutlich schwer erreichbar sein.

Das Gerät Onda der italienischen Firma Optikon 2000 konnten wir gemeinsam mit Herrn Weitmann (Fa. Bilosa) bei Optik Tinzl (Michael Tinzl, MSc, Altmünster, OÖ) tes ten. Die Firma Optikon verfügt über langjährige Erfahrung bei HH-Topographen und so kommt auch in der Onda das System mit dem kleinen Konus (Abdeckung Hornhaut bis zu 11 mm) zur Anwendung, damit Ab-schattungen durch Braue oder Nase kein Thema sind. Das „Retro-Miren-System“ überwindet die Notwendigkeit, bei einem Kombigerät von Aberrometrie und Topogra-phie Designkompromisse in der Abdeckung des zentralen Bereiches durch die Topogra-phie einzugehen. Für die Wellenfrontanalyse kommt auch hier ein Hartmann-Shack-Sensor zum Einsatz.

Multifunktionsgeräte – DIE PRAXISTAUGLICHKEIT Von Mag. Bernhard Steiner

Mag. Bernhard Steiner hat für „Medical Network“ bei den Industrieausstellungen der ÖOG- und der DOG-Tagung sowie bei einem spezialisierten Optiker alle fünf Multifunktionsgeräte sowohl als Testperson als auch hinter dem Bediener-Bildschirm auf ihre Praxistauglichkeit abgeklopft

OPD Scan II OndaVX-120

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Nutzer festzulegenden Maximalradius an-geordnet sind, durch die Pupille auf die Netzhaut projiziert und der Auftrittspunkt gemessen. Wenn dann am Dioptrienregler „gespielt“, sieht man sofort, ob ein wohl-definier ter Kreis der kleinsten Verwirrung erzeugt werden kann, ob eventuell die weiter außen liegenden Kreise „Ausreisser“ dar-stellen und somit Nachtprobleme verursa-chen oder ob es andere Verzerrungen gibt. Durch Hinzufügen der Topographie-messwerte können dann Probleme der Linse von denen auf der Hornhaut getrennt werden. Die Justierung des Messkopfes erfolgt manuell, die Auslösung automatisch. Das hat eine gewisse Lernkurve zur Folge, routinierte Anwender erlangen aber sehr rasch brauchbare Messergebnisse.w

FORTSETZUNG >

Der OPD Scan III (Optical pathway diffe-rence) von Nidek ist ein mit dem in zahl-reichen Geräten des japanischen Herstel-lers verwendeten XYZ-Autoalignement ausgestattetes Wellenfront- Aberrometer/Refraktometer mit Placido scheibe für die HH-Topographie. Die Placidoscheibe wird blau ausgeleuchtet, was für Patienten an-genehmer ist und verfügt über zusätzliche Ringsegmente temporal und nasal. Die Aberrometrie erfolgt mittels dynamischer Skiaskopie – hier wird ein Lichtspalt über die Pupille geführt, das Zeitsignal vom Auftreffen des Lichtspaltes auf der Netz-haut wird aufgezeichnet und zur Berech-nung der Wellenfront herangezogen. Der Messvorgang selbst geht zügig vonstatten, die aufwändige Phase – und das gilt für alle vorgestellten Geräte – ist die Datenanalyse und das Herausfiltern des für den jeweiligen Fall Relevanten aus der Fülle von Analysedaten.

Topcons KR-1W ist ebenfalls ein Gerät mit dem die Messung sehr flott durchführbar ist, die Belastung des Patienten bei der Topographie ist dank IR-Beleuchtung der Placidoscheibe minimal, als Messmethode bei der Wellenfront-Analyse kommt eben-falls ein Hartmann-Shack-Sensor zum Ein-satz. Zur Bestimmung des Katarakt- Typs wird ein Spaltbild verwendet. Zur Diagnose des Trockenen Auges können fortlaufende Messungen für zehn Sekunden durchgeführt werden, um die austrocknungsbedingten Veränderungen in den HOA darzustellen.

Das iTrace von Tracey Technologies verwen-det zur Aberrometrie ein Ray-Tracing-Ver-fahren, welches auch zur Optimierung der Bildqualität terrestrischer Teleskope in der Astronomie Verwendung findet. Hier werden in Millisekunden 256 Mess-Strahlen, die in konzentrischen Kreisen mit einem vom

Funktion5 Gerät 3 VX-120 Onda OPD Scan III KR-1W iTrace

Refraktion objektiv • • • • •

Refraktion Tag / Nacht • • • • •

Akkomodation • • – – •

Pupillometrie • • • • •

Linsenanalyse (Katarakt) • • Retro-Illumination • •

HOA/LOA-Analyse • • • • •

Keratometrie • • • • •

HH-Topographie Messringe / -punkte

Placido24 / 6144

Kleiner Konus28 / 7168

Placido33 / 11.880

Placido24 / 10.000

Kleiner Konus22 / 7920

Breakup-Time – • – – –

CL-Anpassung • • • – –

Vorderkammeranalyse Scheimpflug, 1 Schnitt – – – –

Tonometrie Luftimpuls – – – –

Pachymetrie • – – – –

MULTIFUNKTIONSGERÄTE

iTraceKR-1W

www.didaktik.physik.uni-muenchen.de/archiv/inhalt_materialien/

shack_sensor/index.html

MULTIFUNKTIONSGERÄTE

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MULTIFUNKTIONSGERÄTE

Alle fünf vorgestellten Geräte verfügen über eine Vielzahl an Darstellungs-

formaten und es bedarf einer gewissen Einarbeitungszeit für den Nutzer, um sich aus

der Fülle von Daten das für den jeweiligen Patienten und seine Probleme Wesentliche herauszufiltern. Hier sind auch die Medizin produkteberater gefordert, bei der Einweisung für größtmögliche Klarheit zu sorgen.

In der für beide Augen ausgelegten VFA-Darstellung („Visual Function Analysis“) erhält der Untersucher auf einen Blick wichtige Informa-tionen dargestellt. Neben der Darstellung der HO-Aberrationen in der Grafik finden sich im unteren Bereich die kompletten Aberrationen aufgelistet, getrennt in LO, HO-Total und HO nach Gruppen. In der Rubrik „Potential visual complaints“ sind mögliche Beschwerden des Patienten aufgrund der Messungen aufgelistet (Doppelbilder, Nacht-myopie, Starburst etc.)

Multifunktionsgeräte – OUTPUT-BEISPIELE

Refraktion bei großer und kleiner Pupille, Übersichtstopographie mit K1- und K2-Werten sowie das für den Glaukomspezialisten interes-sante Schnittbild durch die Vorderkammer mit Angabe der zentralen Hornhautdicke sowie der gemessene und korrigierte IOP sind auf dem Monitor zu sehen.

Bei der Onda sind im linken Drittel des Bildes die für die Beurteilung der Aufnahmequalität relevanten Darstellungen zu sehen und in den Bildern rechts die Messwerte zur Topographie/Kurvatur und zur oku-laren Wellenfront-Analyse für rechtes und linkes Auge. Ein Klick in das jeweilige Fenster führt direkt zur detaillierten Darstellung.

Der Überblicksschirm ist in drei Bereiche gegliedert. Links: OPD-Abbild – Verteilung des bei der OPD-Messung erhaltenen Brechungs-fehlers an allen Punkten innerhalb des Bereiches von 9,5 mm. Der Korrekturbetrag, der zur Erreichung der Emmetropie erforderlich ist, wird angezeigt. Mitte: Die Axial-Darstellung beschreibt die Cornea anhand der SimK-Werte, der Aspherizität, der cornealen sphärischen Aberration und der Standardabweichung der HH-Brechkraft, eines Indexes für HH-Regularität und eines Indexes für Abweichung der Hornhaut von der Kugelgestalt. Ganz rechts: „Interne Augenaberra-tion, Brechkraft“ – von der Hornhaut-Rückseite bis zur Netzhaut.

OPD Scan III

Onda

VX-120

iTrace

Neben dem HH-Bild mit den Mire-Ringen und dem Hartmann-Bild zur Verifizierung der Messqualität werden die Brechkraft der HH (Axi-alpower) sowie die Abweichungen höherer Ordnung, aufgeteilt auf das gesamte optische System und die HH (Corneal-HOA und Ocular-HOA) sowie, in der Darstellung „Ocular-Total“, die Aberrationen höherer und niedriger Ordnung für das gesamte optische System dargestellt. Rechts findet sich eine Simulation der Landolt-Ringe.

KR-1W