Multikomponentenreaktionen in der organischen Synthese ss0… · A. Dömling, I. Ugi,...
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Übersicht
EinleitungHistorische EntwicklungTypen von MultikomponentenreaktionenDie Passerini - DreikomponentenreaktionDie Biginelli - DreikomponentenreaktionDie Ugi - VierkomponentenreaktionDie SiebenkomponentenreaktionAnwendungen
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Einleitung
Klassische Reaktion:
- Umsetzung von einem oder zwei Molekülen zu einem Produkt- Synthese von komplexen Verbindungen stufenweise Ablaufder Reaktion
Multikomponentenreaktion (MCR):= Eintopfreaktion- mehr als zwei Reaktanden reagieren in einemReaktionsgefäß miteinander
- gebildete Produkt enthält wesentliche Teile eines jeden Edukts
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Einleitung
Vorteile der Multikomponentenreaktionen gegenüber der klassischen Synthesechemie- einfachere Durchführung als mehrstufige Synthesen
Vermeidung von Isolierungs- und Aufarbeitungsschritte der Zwischenproduktegeringerer Zeit- und TrennaufwandEinsparung von Material
- höhere Ausbeuten- weniger Nebenprodukte- Variabilität der MCRs- Einsatz in der kombinatorischen Chemie
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Historische Entwicklung
1838, Laurent und Gerhardt:
Umsetzung von Bittermandelöl und AmmoniakEntstehung der SchiffschenBase des CyanobenzylaminsModifizierte Form : Strecker-Reaktion (1850)
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Historische Entwicklung
1882, Hantzsch:Synthese von DihydropyridinenVon Bayer AG weiter entwickelt Nifedipin
1890, Hantzsch:Synthese von Pyrolen
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Historische Entwicklung
1891, Biginelli:Synthese von Dihydropyrimiden
1921, PasseriniSynthese von AclyoxycarboxyamidenVerwendung von Isocyaniden
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Historische Entwicklung
1958, AsingerSynthese von Thiazolen
1959, UgiSynthese von AcylaminocarbonsäureamidenErweiterte Passerini- Reaktion
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Typen von Multikomponentenreaktionen
Allgemein:- Ausgansverbindungen reagieren in einer Folge von Teilreaktionsschritten, die sich in einem chemischen Gleichgewicht befinden
- günstig sind irreversible Teilreaktionsschritte
Typ I:-- nur reversible Teilreaktionen- Ausbeuten zwischen 0 – 100 % möglich- Produkte schwer trennbar- Beispiel: Strecker- Reaktion
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Typen von Multikomponentenreaktionen
Typ II: - letzter Teilreaktionsschritt verläuft irreversibel Gleichgewicht wird auf Produktseite verschoben
- präperativ sehr vorteilhaft- Beispiel: Passerini- und Ugi- Reaktion
Typ III:- nur irreversible Teilreaktionsschritte- Beispiel: biochemische Reaktionen in der lebenden Natur
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Die Passerini-Dreikomponentenreaktion (P-3CR)
Allgemein:
- Methode zur Darstellung von α-Acyloxycarbonsäureamiden
Passerini- Produkt
Keton Carbonsäure Isonitril
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Die Passerini-Dreikomponentenreaktion (P-3CR)
Variationsmöglichkeiten der EdukteStickstoffwasserstoffsäure anstelle der Carbonsäure-Komponente Darstellung von Tetrazolderivaten
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Die Passerini-Dreikomponentenreaktion (P-3CR)
Variationsmöglichkeiten der Edukte- Verwendung bifunktioneller Edukte
Darstellung von cyclischen Verbindungen
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Die Passerini-Dreikomponentenreaktion (P-3CR)
Beispiele:- Synthese von Dehydroaminosäurederivaten- Alkengeometrie bleibt erhalten
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Die Passerini-Dreikomponentenreaktion (P-3CR)
Beispiele:
Über Passerini-Reaktion zugänglicher Wirkstoff Azinomycin
Anti-Tumormittel
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Die Biginelli - Dreikomponentenreaktion (B-3CR)
AllgemeinAllgemein
Erstmals 1893 von Pietro Biginelli publiziertMethode zur Herstellung von HeterocyclenDarstellung von Dihydropyrimidinen
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Die Biginelli - Dreikomponentenreaktion (B-3CR)
Alter Mechanismus:•Aldoladdition zwischen dem Aldehyd 2 und dem β-Ketoester 1 zu dem Carbenium-Ion 7•Addition von Harnstoff 3•cyclisiert unter Abspaltung von Wasser zum 3,4-Dihydropyrimidin-2(1H)-on 4
Neuer Mechanismus:•aus dem Keton 2 mit dem Harnstoff 3 bildet sich unter
saurer Katalyse ein N-Acyliminium-Ion 6, welches dann mit dem β-Ketoester 1 reagiert
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Die Biginelli - Dreikomponentenreaktion (B-3CR)
VariationsmVariationsmööglichkeiten der Edukteglichkeiten der Edukte
Aldehydkomponente liefert größte VariationsmöglichkeitAromatische Aldehyde reagieren am bestenC-H acide Verbindungen meist Acetessigsäurealkylester, aber auch folgende Verbindungen
Harnstoffkomponente strukturell am stärksten beschränkt; monosubstituierte Harnstoffderivate reagieren,N,N’-disubstituierte Harnstoffderivate reagieren nicht mehr;Thioharnstoff ebenso einsetzbar
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Die Biginelli - Dreikomponentenreaktion (B-3CR)
Anwendung:Anwendung:
Wirkstoff Monastrol: Anti-Tumormittel
Synthese
Thioharnstoff β-Ketoester m-Hydroxybenzaldehyd
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Die Biginelli - Dreikomponentenreaktion (B-3CR)
Anwendung:Anwendung:
Wirkstoff Nitracin: besitzt antivirale Aktivität gegen Viren, diefür Augenentzündungen verantwortlich sind
Synthese:
Harnstoff β-Ketoester Nitrofuranaldehyd
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Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR)
AllgemeinAllgemein
1959 von Ivar Ugi entdecktAza-Variante der Passerini-Reaktion, mit ähnlichenMechanismen und ZwischenstufenAufbau von α-Acylaminocarbonsäureamiden
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Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR)
MechanismusMechanismus
Ionischer Mechanismus polares LösemittelProtonierung und somit Aktivierung des entstehenden Imins durch die Carbonsäure
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Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR)
MechanismusMechanismus
Isocyanid wird an das Salzpaar addiert; ambivalent, da es gleichzeitig als Elektrophil und Nucleophil reagiertAm C-Atom des Imins wird Chiralität induziertTreibende Kraft ist die Änderung der Wertigkeit des Isocyanid-C-Atoms von +II zum stabileren +IV
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Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR)
VariationsmVariationsmööglichkeiten der Edukteglichkeiten der Edukte
Im Vergleich zu anderen MCR´s größere EduktvielfaltReste der Komponenten können beliebig variiert werden, auch sterisch stark anspruchsvolle Edukte reagierenAls Säurekomponente verschiedene Protonendonoren, wie z.B.: Wasser, Wasserstoffselenid, Cyansäure, Carbonsäuren, Wasserstoffazid, Cyanamid, Thiocyansäure, Dialkylphosphorsäureester
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Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR)
Anwendung:Anwendung:
Doppelte, Ugi-basierteMakrocyclisierung von TriglycinSehr gute Methode für RingschlussraktionenAuch zum Aufbau mittlerer und größerer Ringe geeignet
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Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR)
Anwendung:Anwendung:Herstellung von β-Lactamen mit β-AminosäurenMilde Methode zur β-LactamringknüpfungGrundlage für Antibiotika
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Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR)
Anwendung:Anwendung:Herstellung von XylocainOft verwendetes Anästhetikum
Weitere Verbindungen mit α-Aminoamid-Grundstruktur
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Die Ugi - Vierkomponentenreaktion (U-4CR)
Anwendung:Anwendung:Besondere Bedeutung erlangte die Ugi-Reaktion durch die Synthese des β-Lactam-Steroids Pachystermin A; kommt in der Pflanze Pachysandra terminalis vor (Dickmännchen)
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Die Siebenkomponentenreaktion
Neuster Trend: Vereinigung von MCRs zu einer Gesamtreaktion mit dem Ziel, möglichst viele Starterkomponenten einzusetzenWeltrekord liegt bei sieben KomponentenZwei MCRs können miteinander kombiniert werden, wenn das Produkt oder Intermediat der ersten MCR ein Edukt oder Intermediat der zweiten MCR istReaktionsbedingungen müssen so gewählt werden, dass Edukte keine Möglichkeit für eine irreversible Nebenreaktion habenAusblick: durch Überlegung oder Anwendung kombinatorischer Verfahren können neue MCRs gefunden werden
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Die Siebenkomponentenreaktion
Vereinigung der Asinger (A-4CR) Reaktion mit abgewandelter Ugi ReaktionThiazolin als Produkt der Asinger-ReaktionAusbeute liegt bei 45 %, was anhand der möglichen Nebenreaktionen bemerkenswert hoch ist
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Anwendungen für MCRs
Große Bedeutung in der ArzneimittelherstellungIn der Naturstoffsynthese, da höhere Effizienz als bei mehrstufigen ProzessenViele wichtige Heterocyclensynthesen sind MCRsAufbau von Bibliotheken möglichU-4CR findet Anwendung in der Synthese nichtnatürlicher α-AminosäurenNachteile:
Es kann nur ein kleiner Teil organischer Strukturen synthetisiert werdenReaktionen verlaufen meist ohne Stereokontrolle
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Quellen
A. Dömling, I. Ugi, Multicomponent Reactions with Isocyanides, Angew. Chem. Int. Ed. 2000, 39
J. Zhu, H. Bienaymé; Multicomponent Reactions, WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 2005
Wessjohann, Rivera, Vercillo, Multiple Multicomponent Macrocyclization, Chem. Rev. 2009, 109(2)
A. Dömling, I. Ugi, Siebenkomponentenreaktion, Angew. Chem. 1993,105
E. Beck, Neue Arbeiten zur Chemie der Multikomponentenreaktionen, Dissertation,2003, München