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Multikulturelle Teamarbeit Tobias Cramer

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Multikulturelle Teamarbeit

To b i a s C r a m e r

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Cramer, Tobias: Multikulturelle Teamarbeit, Hamburg, disserta Verlag, 2015 Buch-ISBN: 978-3-95425-400-2 PDF-eBook-ISBN: 978-3-95425-401-9 Druck/Herstellung: disserta Verlag, Hamburg, 2015 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.

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I

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung I

1.1 Relevanz und Problemstellung 1

1.2 Zielsetzung der Arbeit 3

1.3 Aufbau der Arbeit 4

2 Unternehmen im interkulturellen Kontext 6

2.1 Interkulturelles Management 6

2.2 Nationalkultur als Einflussfaktor 9

2.2.1 Begriffsklärung 9

2.2.2 Differenzierende Kulturmodelle 15

2.3 Kulturvergleichende Forschung 18

2.3.1 Kulturdimensionen nach KLUCKHOHN&STRODTBECK 19

2.3.2 Kulturdimensionen nach HALL 20

2.3.3 Kulturdimensionen nach HOFSTEDE 21

2.3.4 Kulturdimensionen nach TROMPENAARS 24

2.3.5 Kulturgliederung nach PINTO 26

2.3.6 Kulturdimensionen nach DEMORGON 28

2.3.7 Kulturdimensionen nach ADLER 29

2.3.8 Kulturdimensionen nach SCHWARTZ 30

2.3.9 Kulturdimensionen nach der GLOBE-Studie 31

2.3.10 Vergleichende Betrachtung ausgewählter Kulturmodelle 36

2.4. Interkulturelle Kommunikation 40

2.4.1 Sprache und Identität 40

2.4.2. Interkulturelle Kommunikationsarten 42

2.4.3 Kommunikationsstile von Deutschen und Tschechen 47

2.4.4 Stereotype 52

2.4.5 Interkulturelle Kommunikation und interkulturelle Kompetenz 54

2.5 Diversity Management und Synergiepotenziale in der interkulturellen

Zusammenarbeit 56

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II

3 Teamarbeit 63

3.1 Die Bedeutung von Teams in Unternehmen 63

3.2 Begriffsklärung 64

3.3 Anlässe zur Bildung von Teams 68

3.4 Formen von Teamarbeit 71

3.5 Chancen und Risiken von Teamarbeit 73

3.6 Effektivitätsmodelle 74

3.7 Prozesse innerhalb von Teams 80

3.7.1 Herausforderungen multinationaler Teams 81

3.7.2 Teamentwicklungsprozess 84

3.7.2.1 Das Modell der Teamentwicklung von Tuckman (1965) 84

3.7.2.2 Das Modell der interkulturellen Teamentwicklung von

Smith&Noakes (1996) 87

3.7.2.3 Das Modell der Entwicklungsstufen interkultureller Kooperation von

Zeutschel (1999) 89

3.7.2.4 Weitere Modelle des interkulturellen Teambuilding 90

3.7.3 Vertrauen im Team 91

3.7.4 Teamkommunikation 94

3.8 Zusammenfassung 97

4 Diversitätsforschung 99

4.1 Theoretische Erklärungsansätze 99

4.2 Ausgangshypothese zur Wirkung von Diversität in multinationalen Teams 103

4.3 Empirische Befunde der Diversitätsforschung 105

4.3.1 Überblick über die empirischen Arbeiten zu Diversität multikultureller Teams 105

4.3.2 Messgrößen der empirischen Arbeiten 115

4.3.3 Ausgewählte Untersuchungen multikultureller Teams 121

4.3.3.1 Laborstudien 121

4.3.3.2 Feldstudien 130

4.4 Diskussion und Zusammenfassung der Ergebnisse für interkulturelle Teams 135

4.5 Ein integratives Modell der Performance multinationaler Teams 139

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III

5 Hypothesen zur interkulturellen Zusammenarbeit in multinationalen Teams 148

5.1 Forschungsbedarf und Ziele der Untersuchung 148

5.2 Untersuchungshypothesen und Modell 150

5.2.1 Untersuchungshypothesen 151

5.2.2 Modell 156

6 Das Forschungsdesign der empirischen Untersuchung 158

6.1 Fragestellungen der empirischen Studie 158

6.2 Gegenstand der Untersuchung 159

6.2.1 Deutsche Unternehmen als Hauptgrundlage 160

6.2.2 Tschechien als lokaler Ausgangspunkt 161

6.2.3 Länderspezifische Wertorientierungen 163

6.2.4 Untersuchungspersonen 168

6.3 Methodenvielfalt der Forschung 168

6.4 Untersuchungsinstrument: Fragebogen 171

6.5 Auswertungsmethoden 176

7 Ergebnisse 178

7.1 Beschreibung der Untersuchungspopulation 178

7.1.1 Beteiligte Unternehmen und Rücklaufquote 178

7.1.2 Merkmale der Befragten 179

7.1.3 Merkmale der beschriebenen Teams 182

7.1.4 Arbeitsprozesse der Teams 183

7.2 Überblick über die weitere statistische Analyse 189

7.2.1 Skalenbildung der unabhängigen Variablen 191

7.2.2 Skalenbildung der abhängigen Variablen 197

7.3 Hypothesenprüfung 199

7.3.1 Hypothesenprüfung Ebene Individuum 201

7.3.1.1 Sprachkenntnisse 201

7.3.1.2 Interkulturelle Bewusstheit 202

7.3.1.3 Zeitverständnis 202

7.3.1.4 Beziehungsorientierung 203

7.3.1.5 Erkundungshypothesen Ebene Individuum 204

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IV

7.3.2 Hypothesenprüfung Ebene Gruppe 206

7.3.2.1 Kommunikation 206

7.3.2.2 Nationalitätenverhältnis 207

7.3.2.3 Aufgabentyp 208

7.3.2.4 Interkulturelles Lernen 208

7.3.2.5 Vertrauen 209

7.3.2.6 Erkundungshypothesen Ebene Gruppe 210

7.3.3 Hypothesenprüfung Ebene Unternehmen 211

7.3.4 Zusammenfassung Hypothesenprüfung zum Teamerfolg 213

7.3.5 Multiple Einflüsse 215

7.4 Auswertung der qualitativen Daten 217

8 Diskussion der Ergebnisse und Schlussfolgerungen 227

8.1 Zusammenfassende Diskussion 227

8.2 Implikationen für die Forschung 232

8.3 Implikationen für die Praxis 235

Abbildungsverzeichnis V

Tabellenverzeichnis VIII

Literaturverzeichnis IX

Anhang: Fragebogen

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V

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Zusammenhang zwischen National- und Unternehmenskultur 7

Abbildung 2: Kulturdefinitionen 9

Abbildung 3: Drei Ebenen der Kultur nach Schein (1990; Übersetzung und Ergänzung von

Stahl, 1998, S. 38) sowie das „Zwiebeldiagramm“ nach Hofstede (1991) 16

Abbildung 4: Entwicklung von persönlicher Kultur (in Anlehnung an Hofstede, 1980) 17

Abbildung 5: Kulturdimensionen nach Kluckhohn&Strodtbeck 19

Abbildung 6: Das 5-Dimensionen-Modell nach Hofstede (2001) 23

Abbildung 7: wichtige Unterschiede zwischen F- und G-Kulturen (Pinto, 1999, S. 70ff. 27

Abbildung 8: Ergebnisse ausgewählter Länder 34

Abbildung 9: Kulturdimensionen für den Germanic Cluster 35

Abbildung 10: Kulturdimensionen für den Cluster Eastern Europe 36

Abbildung 11: Vergleich ausgewählter Modelle von Kulturdimensionen 37

Abbildung 12: Die meistgesprochenen Sprachen in der EU (in Prozent) 41

Abbildung 13: Überblick über die Kommunikationsstile von Deutschen und Tschechen 48

Abbildung 14: Tendenzielle Unterschiede in deutsch-tschechischen Interaktionen 51

Abbildung 15: Diversity-Erscheinungsformen nach Sepehri/Wagner (2002b) 57

Abbildung 16: Vor- und Nachteile von Diversity Management 60

Abbildung 17: Teamformen 71

Abbildung 18: Direkte und indirekte Determinanten für Effektivität 77

Abbildung 19: Integratives Modell der Effektivität von interkulturellen Teams von

Bing&Gardelliano (1996) 79

Abbildung 20: Taxonomie-Modell von Teamprozessen 81

Abbildung 21: Leistungsstimulierende und –hemmende Faktoren 83

Abbildung 22: Vier-Phasen-Modell nach Tuckman (1965) 84

Abbildung 23: Phasen interkultureller Teamentwicklung nach Smith&Noakes (1996) 88

Abbildung 24: Vertrauensaufbau nach Petermann (1996) 92

Abbildung 25: Kommunikationsstrukturen in Teams 95

Abbildung 26: Effektivität in multinationalen vs. national homogenen Teams 103

Abbildung 27: Vor- und Nachteile von Diversität in Gruppen 104

Abbildung 28: Überblicksdarstellung empirischer Studien zu Diversität in multinationalen

Arbeitsgruppen 107

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VI

Abbildung 29: Auswirkungen von Diversität in organisationalen Gruppen

(Milliken/Martins, 1996, S. 418) 116

Abbildung 30: Unterscheidungsmerkmale als unabhängige Variablen in Zuordnung zu den

Formen von Diversität 118

Abbildung 31: Abhängige Variablen (Erfolgskriterien) 119

Abbildung 32: Mittelwerte für die Gruppenleistungen an den vier Messzeitpunkten in der

Studie von Watson, Kumar&Michaelsen (1993) 125

Abbildung 33: Ergebnisse national kultureller Diversität in Labor- und Feldstudien bzgl.

Teamperformance 137

Abbildung 34: Potenzielle Vor- und Nachteile interkultureller Teamarbeit 138

Abbildung 35: Zusammenhang Teamleistung und deren bestimmende Variablen 140

Abbildung 36: Ergebnisse ausgewählter Studien nach Arbeitspapier WU Wien

(Fink et al., 2004) 143

Abbildung 37: Zusammenhang zwischen Inputfaktoren, Gruppenprozessen und

Gruppenergebnissen 150

Abbildung 38: Untersuchungsmodell. Quelle: Eigene Darstellung. 157

Abbildung 39: Untersuchungsprozess 159

Abbildung 40: Wertorientierungen in Deutschland und Tschechien nach Hofstede (2003) 163

Abbildung 41: Wertorientierungen in Tschechien nach Hofstede (2003)

und Svetlik (2003) 164

Abbildung 42: Wertorientierungen in Deutschland (West) und Tschechien

nach Schwartz (1994, 1999) 165

Abbildung 43: Rangplätze der Wertorientierungen in Deutschland (West) und Tschechien

nach der GLOBE-Studie (2004) 166

Abbildung 44: Kulturstandards im Kontrast 167

Abbildung 45: Gegenüberstellung quantitativer und qualitativer Verfahren

nach Bortz&Döring (1995) 169

Abbildung 46: Unterschiede zwischen kulturvergleichender und interkultureller Forschung

am Beispiel der Gruppenforschung 170

Abbildung 47: Elemente und Themen des Fragebogens 174

Abbildung 48: Soziodemographische Merkmale 180

Abbildung 49: Muttersprachen und Arbeitssprache 181

Abbildung 50: Sprachstand individuell 182

Abbildung 51: Objektive Merkmale 190

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VII

Abbildung 52: Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Untersuchungshypothesen 214

Abbildung 53: Kategorienschema zur Frage 10 218

Abbildung 54: Ergebnisse der offenen Frage 10 219

Abbildung 55: Ergebnisse der offenen Frage 38 223

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VIII

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Unternehmensgrößen und internationale Geschäftstätigkeit 179

Tabelle 2: Alter und beruflicher Hintergrund 180

Tabelle 3: Nationaler (kultureller) Hintergrund der Befragten 181

Tabelle 4: Teamzusammensetzung und –geschichte 182

Tabelle 5: Charakteristische Arbeitsmerkmale in den Teams 184

Tabelle 6: Mediennutzung 186

Tabelle 7: Faktoren der Effektivität 199

Tabelle 8: Korrelationen der Erfolgskriterien 200

Tabelle 9: Mittelwerte der soziodemographischen Merkmale 205

Tabelle 10: Zusammenhänge bzgl. der Variable Kommunikation 207

Tabelle 11: Vergleich der Mittelwerte (M) und Standardabweichungen (SD) 208

Tabelle 12: Diversity Management 212

Tabelle 13: Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalysen 216

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1

1 Einführung

1.1 Relevanz und Problemstellung

Auf Grund der zunehmenden Vielfalt der Kundenbedürfnisse auf den Absatzmärkten, der

geographischen Erweiterung der Beschaffungsmärkte („global sourcing“) und geöffneten Ar-

beitsmärkten (Mobilität) sind Unternehmen sehr häufig mit einer externen und internen Viel-

falt konfrontiert, auf die es adäquat zu reagieren gilt. Unterstützt werden diese Entwicklungen

durch neue Kommunikationstechnologien (Internet) und politische Faktoren wie der Entste-

hung supranationaler Wirtschaftsräume (z.B. EU). Die Globalisierung und die Gestaltung von

Arbeitsprozessen in Teams sind zwei bestimmende Trends im 21. Jahrhundert. Beide Trends

gemeinsam leiteten einen Boom der interkulturellen Zusammenarbeit in multinationalen

Teams ein. Kulturübergreifende Teams bilden das Herzstück des Globalisierungsprozesses

(vgl. Snow et al., 1996). Viele multikulturelle organisationale Einheiten wie Teams, Projekt-

gruppen, Task Forces, Abteilungen oder Geschäftsführungen sind heute fester Bestandteil der

Arbeitswelt (vgl. Podsiadlowski, 2002). Die wachsende Popularität von multikulturellen

Teams ist mit der Hoffnung verbunden, dass eine höhere Innovation und Kreativität sowie

Wissensbereicherung auf Grund der heterogenen und diversen Gruppenzusammensetzungen

mit einer größeren Auswahl an Fähigkeiten, Vorstellungen und Erfahrungen ermöglicht wer-

den. Werden diese multikulturellen Teams effektiv gemanagt, dienen sie dem Unternehmen,

eine größere Flexibilität und Autonomie zu entwickeln - Bedingungen für ein erfolgreiches

Bestehen am globalen Markt (vgl. Snell et al., 1998).

Es ist allerdings die Frage zu stellen, ob sich diese Hoffnung automatisch erfüllt. So belegt

eine Studie über 70 globale Arbeitsteams, dass zwar 18 Prozent sehr erfolgreich arbeiteten,

andererseits aber ein Drittel gänzlich ohne Erfolg miteinander kooperierte (vgl. Govin-

darajan/Gupty, 2001). Zahlreiche Beispiele von misslungenen internationalen Mer-

gers&Acquisitions zeigen, dass Schwierigkeiten auftreten können, wenn Individuen aus un-

terschiedlichen Kulturen miteinander zusammenarbeiten (vgl. Maugain, 2003). Neben der

Kompatibilität der Unternehmenskulturen stellen die kulturell begründeten Unterschiede zwi-

schen den Teammitgliedern einen relevanten Faktor für die Schwierigkeiten dar (vgl. Cseh,

2003). Aktuellstes Beispiel ist die Trennung der „Welt-AG“ Daimler-Chrysler sieben Jahre

nach der gefeierten Fusion im Jahre 1998. Die kulturell unterschiedlich geprägten Deutschen

und Amerikaner zeigten schon früh Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit (vgl. Breiden-

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bach/Nyírí, 2001), so dass die Vermutung aufgestellt werden kann, dass diese eine Ursache

für das Scheitern der Fusion bilden. „So stößt die amerikanische Führungskraft mit ihrem

pragmatischen ‚Trial and Error-Prinzip’ bei den deutschen Kollegen nur auf Kopfschütteln ob

der ungeplanten Vorgehensweise. Eine faktenreiche Präsentation oder das lange Meeting, in

dem die deutschen Team-Mitglieder ein Thema getreu der Agenda ausdiskutieren möchten,

lässt den pragmatischen US-Mitarbeitern dagegen in passive Langeweile verfallen.“

(Percy/Kulak, 2003, S. 1) Nur 30 Prozent internationaler Unternehmenskooperationen schei-

tern an technischen, finanziellen oder strategischen Problemen, für 70 Prozent der Fälle sind

interkulturelle Probleme ausschlaggebend (vgl. Fuchs/Apfelthaler, 2002).

Diese beispielhafte Konfrontation kulturell diverser Denk- und Verhaltensmuster macht die

komplexen Problemstellungen der interkulturellen Zusammenarbeit in multinationalen Teams

deutlich. Sprachliche Missverständnisse, unterschiedliche Glaubens- und Wertvorstellungen,

unterschiedliche Arbeitsstile, Stereotype und Voreingenommenheiten, Umgang mit Konflik-

ten sind nur einige Beispiele für solche spezifischen Schwierigkeiten. Vor diesem Hinter-

grund überrascht es nicht, dass interkulturelle Teamfähigkeit nunmehr ein gängiges Einstel-

lungskriterium für Mitarbeiter darstellt. Dies mag eine Voraussetzung für die propagierten

Synergiepotenziale in der interkulturellen Zusammenarbeit sein. Autoren wie Adler (2002)

oder Trompenaars (1993) beobachten die Probleme von multikulturellen Arbeitsgruppen und

glauben, dass diese lösbar sind. In Anbetracht der zunehmenden Relevanz von interkultureller

Teamarbeit ist es dringend notwendig, dass auf wissenschaftlicher Seite weiter diesem Thema

nachgegangen wird. Es stellen sich Fragen wie welche Faktoren Einfluss auf kulturell diverse

Teams nehmen; welche Ansätze, Konzepte und Maßnahmen in der Literatur diskutiert wer-

den; welche Empfehlungen und Hinweise für eine praxisorientierte Herangehensweise gege-

ben werden können.

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1.2 Zielsetzung der Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist die Analyse der Prozesse und Ergebnisse der interkulturellen Zusam-

menarbeit in multinationalen Teams in Unternehmen. Neben der theoretischen Auseinander-

setzung sowie der Auswertung vorhandener Studien auf diesem Gebiet soll die vorliegende

Arbeit mit einer eigenen Untersuchung einen Beitrag dazu leisten, weitere Erkenntnisse für

eine erfolgreiche interkulturelle Zusammenarbeit zu eruieren.

Untersuchungsgegenstand der Studie sind multinationale Teams. Die nationale kulturelle

Diversität ist hierbei singuläres Auswahlkriterium für die zu untersuchenden Arbeitsgruppen

in Unternehmen. Der Arbeitsprozess in multinationalen Teams soll näher beleuchtet werden.

Dabei wird eine Ergebnisdifferenzierung hinsichtlich kognitiven und affektiven Konsequen-

zen angestrebt. Einen bedeutenden Teil wird die Teamkommunikation bei der Analyse ein-

nehmen. Eine nähere Erläuterung des Untersuchungsgegenstandes findet sich in Abschnitt 5.1

dieser Arbeit.

Als Forschungskonzept wird eine interdisziplinäre Herangehensweise aus einer Synthese der

Organisations-, Gruppen- und Kulturforschung gewählt. Die Diversitätsforschung gilt als

Verbindungsstück eben dieser Forschungsströmungen.

Die Ziele dieser Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

� theoretische Auseinandersetzung mit den Bereichen Kultur und Teamarbeit mit Bezug auf

die interkulturelle Zusammenarbeit,

� systematische Bestandsaufnahme vorhandener Forschungsarbeiten zum Themenbereich

multikulturelle Teams,

� Entwurf eines aus der Literatur und den empirischen Erkenntnissen abgeleiteten Untersu-

chungsmodells und dessen Überprüfung mittels quantitativer Feldforschung einschließlich

qualitativer Bestandteile,

� Gewinnung neuer Erkenntnisse für eine erfolgreiche interkulturelle Teamzusammenarbeit,

� Ableitung von Implikationen für die Praxis.

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1.3 Aufbau der Arbeit

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in acht Kapitel. Nach der Einführung bildet im zweiten

Kapitel die Auseinandersetzung mit Unternehmen im interkulturellen Kontext einen Aus-

gangspunkt der Untersuchung. Zunächst wird in diesem Kapitel der Begriff Kultur ausführ-

lich behandelt und schließlich definiert. Daran schließt sich die Darstellung der Ergebnisse

kulturvergleichender Forschung in Form von Dimensionsmodellen an. Diesem Überblick

folgt die Beschäftigung mit der interkulturellen Kommunikation als wesentlichen Bestandteil

der Thematik. Der letzte Abschnitt des zweiten Kapitels behandelt den übergreifenden Be-

reich Diversity Management und Synergiepotenziale in der interkulturellen Zusammenarbeit.

Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Teamarbeit als zweiten Ansatzpunkt der Arbeit.

Zuerst werden die Bedeutung von Teamwork sowie der Begriff geklärt. Dem folgt die Dar-

stellung der Anlässe für die Bildung von Teams und der verschiedenen Formen von Teamar-

beit. Deren Chancen und Risiken werden daran im Anschluss beschrieben. Da die der empiri-

sche Teil der Arbeit die Effektivität von Teamwork beinhaltet, folgt dann die Behandlung von

Effektivitätsmodellen. Der Auseinandersetzung mit verschiedenen Prozessen innerhalb von

Teams wie Teambuilding, Vertrauen und Teamkommunikation wird der abschließende Ab-

schnitt des dritten Kapitels gewidmet.

Das vierte Kapitel setzt sich mit den Erkenntnissen der Diversitätsforschung auseinander.

Zunächst werden mögliche theoretische Ansätze zur Erklärung des Einflusses von Diversität

diskutiert. Dem schließt sich die Darstellung der Ausgangshypothese zur Wirkung von Diver-

sität an. Ausführliche Ausführungen über die empirische Befundlage der Diversitätsforschung

folgen. Hierbei werden die unterschiedlichen Typen von Diversität und die verschiedenen

Forschungsansätze berücksichtigt. Das Kapitel schließt mit einer Diskussion und Zusammen-

fassung der empirischen Ergebnisse.

Neben der Gewinnung von Erkenntnissen mittels der Auswertung vorhandener Studien stellt

die eigene Untersuchung einen wesentlichen Bestandteil dieser Arbeit dar. Deshalb werden

im fünften Kapitel die Hypothesen der Untersuchung vorgestellt. Zunächst werden For-

schungsbedarf und Ziele des empirischen Teils der Studie beschrieben. Daran im Anschluss

werden die Untersuchungshypothesen aufgestellt und das untersuchungsleitende Modell prä-

sentiert.

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Das sechste Kapitel behandelt das Forschungsdesign der Untersuchung. Nach einer Erläute-

rung der Fragestellungen der empirischen Studie folgt die Darstellung des Gegenstands der

Untersuchung mit Aussagen zu Rahmenbedingungen und Untersuchungspersonen. Die Me-

thodenvielfalt der Forschung wird anschließend diskutiert, bevor der Fragebogen als Messin-

strument der empirischen Untersuchung präsentiert wird. Die Auswertungsmethoden und das

verwendete statistische Instrumentarium werden in diesem Kapitel abschließend vorgestellt.

Im siebenten Kapitel werden die empirischen Ergebnisse aus der Auswertung des Fragebo-

gens dargestellt. Hier wird zunächst die Untersuchungspopulation deskriptiv behandelt. An-

schließend wird die Auswertung der verwendeten Variablen und deren Skalenbildung präsen-

tiert, um danach die Ergebnisse der Überprüfung der Untersuchungshypothesen darzubieten.

Die ergänzende Betrachtung des qualitativen Teils der Studie beendet dieses Kapitel.

Die Arbeit schließt mit der Diskussion der Ergebnisse und Schlussfolgerungen im achten Ka-

pitel. Es werden die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst und diskutiert. Schließlich wer-

den Implikationen sowohl für die Forschung als auch für die Praxis gegeben.

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6

2 Unternehmen im interkulturellen Kontext

Das vorliegende Kapitel beschäftigt sich mit dem Thema Kultur als ein wichtiger Umweltfak-

tor für Unternehmen in der globalen Wirtschaft. Interkulturelles Management ist ein Ansatz,

welcher diese Umfeldbedingungen berücksichtigt. Dessen Darstellung schließt sich die aus-

führliche Auseinandersetzung mit dem Begriff Kultur an. Auf analytische Unterscheidungen

von Teilen des Konzepts Kultur wird daran im Anschluss eingegangen. Die Beschreibung

ausgewählter Dimensionsmodelle aus der kulturvergleichenden Forschung umfasst der dritte

Abschnitt dieses Kapitels. Diesem folgen Ausführungen zur interkulturellen Kommunikation

unter besonderer Berücksichtigung deutscher und tschechischer Kommunikationsmerkmale.

Das Kapitel schließt mit einem Überblick über den Begriff Diversity Management und der

Darstellung der Synergiepotenziale in der interkulturellen Zusammenarbeit.

2.1 Interkulturelles Management

Grundsätzlich unterscheidet sich der Bezugsrahmen des internationalen Managements nicht

von dem des nationalen Managements. Beiden werden als Hauptaufgaben Organisation, Füh-

rung, Controlling und Personalbeschaffung zugewiesen (vgl. Barsauskas/Schafir, 2003, S.

12). Im Unterschied zum nationalen Management sind die Aktivitäten im internationalen Ma-

nagement jedoch grenzüberschreitend (vgl. ebd., S. 10). Bei dieser erheblich komplexeren

Planungs- und Entscheidungssituation (vgl. Zentes/Swoboda, 1997, S. 144) stellt die Kultur

einen wichtigen, nicht vom Unternehmen beeinflussbaren Umweltfaktor dar. Als externe

Größe wirkt sie auf alle Teilbereiche des Unternehmens und muss deshalb in allen unterneh-

mensrelevanten internationalen Entscheidungssituationen berücksichtigt werden. Die kultur-

bezogene Ausrichtung internationaler Unternehmenstätigkeiten gewinnt immer mehr an Be-

deutung. In der Literatur wird deshalb auch vom „interkulturellen Management“ gesprochen,

dessen Inhalte folgendermaßen definiert werden können: „Das Forschungsfeld interkulturelles

Management befasst sich mit sämtlichen Fragen und Problemen, die sich aus der Verschie-

denartigkeit der kulturellen Umwelt und aus der Konfrontation von Personen und Institutio-

nen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund für den Managementprozess, das heißt für

die Lenkung betriebswirtschaftlicher Organisationen ergeben. Dazu gehören insbesondere

Probleme des Transfers von Managementtheorien, Managementtechniken und Managern über

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kulturelle Grenzen hinweg und die wirtschaftsbezogene Kommunikation und Interaktion von

Angehörigen unterschiedlicher Kulturkreise.“ (Hasenstab, 1999, S. 120)

Neben der Nationalkultur stellt auch die Unternehmenskultur im interkulturellen Management

eine wichtige Komponente dar. Letztere wird von der jeweiligen Nationalkultur des Landes

maßgeblich beeinflusst, wie Abbildung 1 verdeutlicht.

Abbildung 1: Zusammenhang zwischen National- und Unternehmenskultur

Quelle: Eigene Darstellung. In Anlehnung an Scherm/Süß, 1999, S. 68

Die Unternehmenskultur basiert auf gemeinsam geteilte Praktiken (vgl. Hofstede, 2003,

S. 34f.), so dass die zweckmäßige Ausrichtung der unternehmensinternen Praktiken auf die

kulturspezifischen Werte des Landes eine bedeutende Aufgabe des interkulturellen Manage-

ments darstellen (vgl. Weidmann, 1995, S. 59). Wenn Unternehmens- und Nationalkultur

nicht miteinander vereinbar sind, können bspw. geschäftliche Misserfolge oder Identifikati-

onsprobleme seitens der Mitarbeiter die Folge sein (vgl. Siedenbiedel, 1997,

S. 59f.).

Diesem Bereich widmen sich eine Reihe von Managementtheorien, für welche Perlitz (2000,

S. 293ff.) folgende drei grundsätzliche Denkweisen findet:

(1) Universalismus: Die Universalisten vertreten die Ansicht, dass Managementtheorien kul-

turunabhängig anwendbar sind (sog. „culture-free“-These) (vgl. Kutschker/Schmid, 2002,

S. 770).

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(2) Ökonomischer Relativismus: Der Standpunkt der Relativisten ähnelt dem der Universalis-

ten, allerdings wird diese Meinung mit der Konvergenzthese, nach welcher sich Manage-

mentprinzipien langfristig annähern (Homogenisierung), begründet. Im Gegensatz zu den

Universalisten wird jedoch keine Unabhängigkeit des Managements von der Nationalkul-

tur angenommen, sondern im Rahmen der kulturvergleichenden Forschung nach Gemein-

samkeiten zwischen den Kulturen gesucht.

(3) Kulturismus: Die sog. „culture-bound“-These der Kulturisten besagt, dass Management-

praktiken individuell an die Kulturen angepasst werden müssen. Eine interkulturelle An-

wendbarkeit und Übertragbarkeit ist nicht möglich. Es besteht ein enger Zusammenhang

zu den Vertretern der Divergenztheorie, nach welcher eine Tendenz der zunehmenden Un-

terschiedlichkeit der Kulturen angenommen wird (vgl. Kutschker/Schmid, 2002, S. 771).

Eine internationale Übertragung von Managementkonzepten (dominant sind vor allem US-

amerikanische) ist vorrangig für sog. harte, d.h. technisch messbare Bereiche des Manage-

ments wie Controlling oder Investitionsrechnung möglich. Die Anwendbarkeit von Strategien

im sog. weichen, personen- und verhaltensbezogenen Managementbereich ist dagegen vor

dem kulturellen Hintergrund des Gastlandes zu prüfen (vgl. Welge/Holtbrügge, 1998, S. 45).

In Anbetracht der im folgenden Kapitel von verschiedenen Forschern ermittelten Kulturunter-

schiede wird dem Management international agierender Unternehmen bewusst gemacht, dass

die interkulturelle Kompetenz des Managements einen entscheidenden Erfolgsfaktor aus-

macht. Jegliche Managementinstrumente müssen hinsichtlich ihrer kulturspezifischen An-

wendbarkeit geprüft und angepasst werden. Das Bewusstsein über die eigene kulturelle Prä-

gung sowie die Fähigkeit der Anpassung und Relativierung der eigenen Denk- und Hand-

lungsweise im interkulturellen Kontext ist dabei von großer Bedeutung (vgl. Reimer, 2005).

Ethnozentrische sowie stereotypisierte Entscheidungen und Urteile sollen durch interkulturel-

le Kompetenzen vermieden bzw. reduziert werden (vgl. Weidmann, 1995, S. 41).

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2.2 Nationalkultur als Einflussfaktor

2.2.1 Begriffsklärung

Der Kulturbegriff wird sehr unterschiedlich gebraucht, meist stammen Begriffsdefinitionen

aus der Kulturanthropologie, der Ethnologie oder der Kulturpsychologie. Schon Kro-

eber&Kluckhohn (1952) fassten in ihrem Werk 170 verschiedene Definitionen zusammen.

Zudem variiert der genaue Inhalt des Wortes „Kultur“ oder seiner Äquivalente von Sprache

zu Sprache. Im Folgenden soll zunächst eine kurze semantische Betrachtung des Begriffs in

ausgewählten westlichen sowie der japanischen und chinesischen Sprache vorgenommen

werden, dem folgen Definitionsvorschläge verschiedener Autoren und schließlich sei die für

diese Arbeit gültige Erklärung von Kultur angegeben.

Fast alle westlichen Begriffe für Kultur – so auch des englischen „culture“ - gehen auf lateini-

sche Wurzeln mit den Worten „colere“ oder „cultus“ zurück. „Colere“ bedeutet dabei zum

einen Land zu kultivieren. Landwirtschaft und Ackerbau erfordert das Leben in einer Bezie-

hung zum Land, welches kultiviert werden soll. Kultivieren entspricht hierbei einem restruk-

turierenden Vorgang. Zum anderen bedeutet „colere“ Truppen oder Menschen zu ernähren,

Sorge und Anbetung. Auch bei letzterem existiert eine Beziehung zwischen dem angebeteten

Etwas als mentales Modell (z.B. ein Gott) und den sichtbaren Ritualen und Verhaltensweisen.

Das Wort „cultus“ trägt die Bedeutung Kult, d.h. Verehrung von Etwas. Im Deutschen trägt

das Wort „Kultur“ eine klare Konnotation im Sinne von „Hoch-Kultur“, d.h. die intellektuelle

Seite der Zivilisation und Gesellschaft wie die Ästhetik, Kunst, Theater, Oper, akademische

Institutionen etc. (vgl. Heller, 1985, S. 15f.) Das finnische Wort „kulttuuri“ wird einerseits im

Zusammenhang mit Zivilisationen und nationalen Einheiten angewendet, andererseits kann

auch die Betonung auf Hoch-Kultur liegen. Das japanische Äquivalent „bunka“ besteht aus

zwei Teilen, geschrieben in zwei chinesischen Schriftzeichen. Auch das chinesische Wort für

Kultur „wenhua“ wird so geschrieben. Das erste Schriftzeichen bedeutet das „Schreiben“ oder

die „Zivilisation“, das zweite trägt die Bedeutung „Transformation“, „Wechsel“ oder „Bezau-

bern“. Das japanische linguistische Konzept für Kultur trägt die Konnotation des Wechselns

von etwas durch menschliche Aktivität, insbesondere durch Schreiben und Lernen (vgl.

Henshall, 1988, S. 19, 69). Es seien an dieser Stelle nun einige ausgewählte Begriffserklärun-

gen in Form einer Tabelle, geordnet nach den Quellen, vorgestellt.

Abbildung 2: Kulturdefinitionen

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Autoren Kulturdefinition

Tylor (1871) Culture […] is that whole complex which includes knowledge, be-

liefs, art, morals, laws, customs, and any other capabilities and habits

acquired by man as a member of society.1

Herskovits (1948) The man-made part of the human environment. 1

Goodenough (1971) A society’s culture consists of whatever it is on has to know or be-

lieve in order to operate in a manner acceptable to its members, and to

do so in any role that they accept for any one of themselves. 1

van Maanen&Schein

(1979)

Values, beliefs and expectations that members of specific social

groups come to share. 1

Heringer (2004) Kultur ist eine Lebensform, sie ist ein Objekt besonderer Art. 1

Kroeber&Kluckhohn

(1952)

Culture consists in patterned ways of thinking, feeling and reacting

acquired and is transmitted mainly by symbols, constituting the dis-

tinctive achievements of human groups, including their embodiments

in artefacts; the essential core of culture consists of traditional (i.e.

historically derived and selected) ideas and especially their attached

values.

Kluckhohn &

Kelly (1945)

All the historically designs for living, explicit and implicit, rational,

irrational, and nonrational, which exist at any given time as potential

guides for the behaviour of men.2

Downs (1971) A mental map which guides us in our relations to our surroundings

and to other people.2

Ferraro (2002) Culture is everything that people have, think, and do as members of

their society. (Anmerkung des Autors: Mit “have” werden materielle

Objekte, mit “think” Ideen, Werte und Haltungen sowie schließlich

mit “do” normative oder erwartete Muster von Verhalten ausge-

drückt.2

Barnouw (1963) ..a way of life of a group of people, the configuration of all the more

or less stereotyped patterns of learned behavior, which are handed

down from one generation to the next through the means of language

and imitation.3

1 zitiert in: Heringer, 2004, S. 105ff. 2 zitiert in: Ferraro, 2002, S. 19 3 zitiert in: Adler, 2002, S. 16

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Symington (1983) Culture is seen as that complex whole which includes knowledge,

belief, art, law, morals, customs and any capabilities and habits ac-

quired by a…[person] as a member of society.3

Geertz (1983) Kultur ist das Muster der Sinngebung, in dessen Rahmen Menschen

ihre Erfahrungen deuten und ihr Handeln lenken.

Hall (1983) Kultur ist ein System zur Produktion, Übermittlung, Speicherung und

Verarbeitung von Informationen.

Vermeulen (1984) Kultur ist ein kollektives System von Bedeutungen, das während der

Sozialisierung angelernt wird.

Schein (1985) Culture is the way in which a group of people solves problems.

Hagendoorn (1986) Kultur ist ein System von Regeln, Kodices und Symbolen zur Inter-

pretation von Objekten, Geschehnissen und menschlichen Handlun-

gen.

Chernov (1988) Culture is understood as a system that stands between man (as social

unit) and the reality surrounding him; that is, as a mechanism for pro-

cessing and organizing the information which comes to him from the

outside word.

Triandis (1989) By culture I mean the human part of the environment.

Maletzke (1996) In der Kulturanthropologie ist Kultur im Wesentlichen zu verstehen

als ein System von Konzepten, Überzeugungen, Einstellung und Wer-

torientierungen, die sowohl im Verhalten und Handeln der Menschen

als auch in ihren geistigen und materiellen Produkten sichtbar werden.

Ganz vereinfacht kann man sagen: Kultur ist die Art und Weise, wie

die Menschen leben und was sie aus sich selbst und aus ihrer Welt

machen.

Karmasin& Kar-

masin (1997)

Die Kultur ist die Gesamtheit der Lebensbedingungen von Menschen,

die diese selbst hervorbringen.

Kutschker&Schmid

(2002)

Kultur ist die Gesamtheit der Grundannahmen, Werte,

Normen, Einstellungen und Überzeugungen einer sozialen Einheit,

die sich in einer Vielzahl von Verhaltensweisen und Artefakten aus-

drückt und sich als Antwort auf die vielfältigen Anforderungen, die

an diese soziale Einheit gestellt werden, im Laufe der Zeit herausge-

bildet hat.

Quelle: Eigene Darstellung.

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Aus der Vielzahl an unterschiedlichen Kulturansätzen sollen die Vorstellungen von Keller,

Luthans und Kluckhohn herausgegriffen werden, die ihre Vorstellungen von Kultur durch die

Aufzählung von charakteristischen Kennzeichen präzisieren. Keller (1982, S. 114ff.) geht

dabei von folgenden Eigenschaften aus:

� „Kultur ist Menschen geschaffen. Sie ist ein Produkt kollektiven gesellschaftlichen Han-

delns und Denkens einzelner Menschen.

� Kultur ist überindividuell und ein soziales Phänomen, das den Einzelnen überdauert.

� Kultur wird erlernt und durch Symbole übermittelt.

� Kultur ist durch Normen, Regeln und Verhaltenkodizes verhaltenssteuernd.

� Kultur strebt nach innerer Konsistenz und Integration.

� Kultur ist ein Instrument zur Anpassung an die Umwelt.

� Kultur ist langfristig adaptiv wandlungsfähig.“

Auch bei Luthans (1997, S. 96) finden sich Aspekte der sozialen Kultur, welche das zwi-

schenmenschliche Leben strukturieren:

� „Learned. Culture is not inherited or biologically based; it is acquired by learning and ex-

perience.

� Shared. People as members of a group organization, or society share culture; it is not spe-

cific to single individuals.

� Transgenerational. Culture is cumulative, passed down from one generation to the next.

� Symbolic. Culture is based on the human capacity to symbolize or use one thing to repre-

sent another.

� Patterned. Culture has structure and is integrated; a change in one part will bring changes

in another.

� Adaptiv. Culture is based on the human capacity to change or adapt, as opposed to the

more genetically driven adaptive process of animals.”

Kluckhohn erklärt den Begriff weiter unter Zuhilfenahme von elf Kurzdefinitionen, die Kultur

als den umfassenden Zusammenhang des menschlichen Verhaltens abbilden:

� das gesellschaftliche Erbe, das der Einzelne von seiner Gruppe gewinnt.

� die Theorie von Anthropologen über die tatsächlichen Verhaltensweisen Gruppen von

Menschen.

� der Komplex von stabilen Orientierungsreaktionen auf sich wiederholende Probleme.

� der Mechanismus der normativen Verhaltensregulierung.

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� der Komplex von sich dem Umfeld und anderen Menschen angepassten Vorgehenswei-

sen.

� die gesamte Lebensweise von Menschen.

� die Art von Denken, Fühlen und Glaube.

� das Abstrahieren von Verhalten.

� erlerntes Verhalten.

� das Depot von gemeinsamen Kenntnissen.

� das Kondensat der Geschichte.

(zitiert in: Geertz, 2000, S. 14)

Laut Posner (1991) wird Kultur in der Anthropologie auf vier verschiedene Arten verstanden:

1. Mentale Kultur ohne Gesellschaft oder Zivilisation, d.h. Kultur umfasst geistige Phä-

nomene, Gesellschaft und Zivilisation werden als Produkt dieser Phänomene angese-

hen.

2. Mentale und materielle Kulturen (Artefakte und Fertigkeiten) ohne Gesellschaft.

3. Mentale, materielle und soziale Kulturen (Institutionen und institutionalisiertes Ver-

halten, z.B. Rituale) ohne Technologie.

4. Mentale, materielle und soziale Kulturen sowie die in der Kultur angewendete Tech-

nologie.

Einer der bekanntesten Kulturwissenschaftler Hofstede (2001) erklärt Kultur zunächst ausge-

hend von der Wortbedeutung als „Zivilisation“ oder „Verfeinerung des Geistes“ und insbe-

sondere die Ergebnisse dieser Verfeinerung wie Bildung, Kunst und Literatur (vgl. Hofstede,

2001, S. 3). Seine häufig zitierte genaue Definition von Kultur lautet aber: „Kultur ist die kol-

lektive Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von

Menschen von einer anderen unterscheidet.“ (ebd., S. 4)

Einen handlungsorientierten Ansatz liefert der Psychologe Thomas (1993) mit folgender Be-

griffsbestimmung: „Kultur ist ein universelles, für eine Gesellschaft, Organisation und Grup-

pe aber sehr typisches Orientierungssystem. Dieses Orientierungssystem wird aus spezifi-

schen Symbolen gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft, Organisation und Gruppe tra-

diert. Es beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller ihrer Mitglieder

und definiert somit deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gesellschaft, Organisation und

Gruppe.“ (Thomas, 1993, S. 380). Zentrale Merkmale des Orientierungssystems sind Kultur-

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standards, worunter „alle Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handels verstan-

den [werden], die von der Mehrzahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich persön-

lich und andere als normal, selbstverständlich, typisch und verbindlich angesehen werden.

Eigenes und fremdes Verhalten wird auf der Grundlage dieser Kulturstandards beurteilt und

reguliert.“ (Thomas, 1993, S. 380f.). Nach erfolgreicher Sozialisation ist sie internalisiert, auf

deren Basis eigenes und fremdes Verhalten beurteilt und reguliert wird (vgl. ebd., S. 381).

Diese ausgewählten Definitionen und Erklärungsansätze haben folgende Aspekte gemeinsam,

die im Allgemeinen mit dem Konzept Kultur in Verbindung stehen:

1. Kultur ist ein System von Werten und sozialen Normen (Regeln und Richtlinien, die

das Verhalten bestimmen), welches in einer Gemeinschaft oder einer Gruppe von Per-

sonen geteilt wird.

2. Kultur ist nicht angeboren, sondern erlernt. In anderen Worten wird Kulturverstehen

nicht ererbt, sondern muss während der Sozialisation erworben werden.

3. Kultur wird geteilt, kommuniziert und übertragen von Mitgliedern eines sozialen Sys-

tems und definiert die Grenzen zwischen verschiedenen Gruppen.

4. Es gibt unterschiedliche Facetten von Kultur, die miteinander in Beziehung stehen.

5. Kultur stellt ein Wert- und Orientierungsmuster für unser Denken, Fühlen, Werten und

Handeln dar.

6. Kultur ist maßgebend für unser Verhalten und unsere Wahrnehmung der Welt, die

zum großen Teil unbewusst geschieht und als selbstverständlich angenommen wird.

7. Kultur beeinflusst stark unsere Identität und unterliegt ständigem Wandel.

Nachdem die Klärung des Begriffes Kultur einen umfangreichen Raum einnahm, bleibt noch

zu erläutern, was unter dem Begriff Nationalkultur zu verstehen ist. Thomas (2003) versteht

darunter „die Kultur, die eine große Anzahl von Menschen, die einer Nation per Geburt ange-

hören oder sich ihr zugehörig fühlen, im Verlauf ihrer Geschichte entwickelt haben und als

für sie verbindlich und daseinsbestimmend definieren.“ (S. 33) Die Nationalkultur stellt eine

Art kollektives Bewusstsein der Bevölkerung dar: tradierte Werte, Normen, Verhaltensregeln

(Sitte, Gesetz, Brauch) und ethisch-moralische Überzeugungssysteme (Religion) sowie die

daraus abgeleiteten Welt- und Menschenbilder (vgl. ebd.) Bestimmte zentrale, wertbehaftete

Ziele eines Individuums (z.B. Selbstverwirklichung) können nur in einer solchen Nationalkul-

tur verwirklicht werden, die diese Ziele auch zulässt. Dabei sind Nationalkulturen keine star-

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ren Gebilde, sondern befinden sich in einem ständigen Entwicklungsfluss. Als ein Beispiel zu

nennen ist die Veränderung der Geschlechterrollen.

2.2.2 Differenzierende Kulturmodelle

Verschiedene Autoren haben nun versucht, eine Unterscheidung von Teilen des Konzepts

Kultur analytisch aufzustellen. Adler (2002) beschreibt einen zirkulären Zusammenhang zwi-

schen Werten, Einstellungen, Verhalten und Kultur (S. 17). In Anlehnung an den Schweizer

Linguisten de Saussure, der Sprache als ein Zwei-Ebenen-System (parole – das Sprechen,

langue – die Grammatik) betrachtet, teilt Lévi-Strauss (1972) auch Kultur in zwei Ebenen ein:

die Oberflächen- und die Tiefenebene. Laut dieser Betrachtungsweise besteht die Oberflä-

chenebene einer Kultur aus Artefakten, sozialen Institutionen, gemeinsamen Werten und Ge-

dankenkonzeptionen. Auf der Tiefenebene einer jeden Kultur gibt es fundamentale Annahmen

und Werte, welche die Selbstidentität einer gegebenen Kultur definieren. Diese Annahmen

und Werte werden in den Phänomenen der Oberflächenebene einer Kultur reflektiert (z.B. in

Form von Zeichen). In anderen Worten entsprechen die Tiefenebene einer „kulturellen

Grammatik“ und die Oberflächenebene der Art des „Sprechens“ einer bestimmten Kultur.

Dieser Ansatz erinnert auch an die Analogie eines Eisberges mit seinen beiden Schichten: die

sichtbare, kleinere und die unsichtbare, größere Ebene.

Bei Schein (1990) findet sich eine ähnliche Unterscheidung wieder, die er als einen hierarchi-

schen Aufbau aus diesmal drei Ebenen darstellt (siehe Abbildung 3 - links). Auf der obersten

Ebene zeigt sich Kultur in Symbolen in Form von Sprache, Ritualen, Kleidung und Umgangs-

formen, die zwar sichtbar, aber offen für Interpretationen sind. Auf einer mittleren Ebene ord-

net er Normen und Standards ein, die aus Maximen, Richtlinien und Verboten bestehen. Diese

Ebene ist für den Betrachter nur z.T. sichtbar, zum anderen Teil eher unbewusst. Den Kern

bilden Basisannahmen (basic assumptions), die unsichtbar und unbewusst sind. Eine ähnliche

Unterscheidung nimmt Hofstede (1991) vor, wenn er kulturelle Phänomene in vier Kategorien

gruppiert: Symbole, Helden/Vorbilder, Rituale sowie Werte. Symbole sind dabei Dinge (Zei-

chen, Bilder, Objekte etc.), deren Bedeutungen den Mitgliedern einer Kultur bekannt sind.

Helden/Vorbilder sind Personen (lebende, historische, fiktive), die in einer Kultur besonders

angesehen sind. Vorbilder können zu Trendsettern werden, Dinge, die sie kennzeichnen, kön-

nen sich zu Symbolen für eine ganze Gruppe entwickeln. Rituale sind konventionalisierte

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Verhaltensmuster, die in bestimmten Situationen ablaufen (z.B. Begrüßung, Smalltalk etc.).

Üblicherweise sind sie redundante Praktiken, die keine spezifischen, originalen Botschaften

tragen. Werte bilden die innerste Schicht des Modells (auf Grund der verschiedenen Schich-

ten auch „Zwiebeldiagramm“ genannt). Werte sind im Gegensatz zu den Praktiken nicht di-

rekt sichtbar, werden aber von den (meisten) Mitgliedern einer Kultur geteilt. Werte manifes-

tieren sich als Neigung, bestimmte Dinge anderen vorzuziehen. Folgende Abbildung (rechts)

veranschaulicht das Zwiebeldiagramm von Hofstede.

Abbildung 3: Drei Ebenen der Kultur nach Schein (1990; Übersetzung und Ergänzung von

Stahl, 1998, S. 38) sowie das „Zwiebeldiagramm“ nach Hofstede (1991)

Quelle: Eigene Darstellung.

Sowohl die Basisannahmen im Modell von Schein als auch die innerste Schicht bei Hofstede

beziehen sich auf fundamentale Wertorientierungen und verdeutlichen, dass das Wertesystem

einer Person einen Schlüsselbegriff in der Auseinandersetzung mit Kultur darstellt. Eine ge-

nauere Definition des Begriffes liefert Hofstede (1980), wenn darunter die breit angelegte

Tendenz verstanden wird „to prefer certain states of affairs over others.“ (S. 19) Wie viele

andere Autoren greift er auf Kluckhohn&Strodtbeck (1961, zitiert in Adler, 2002, S. 18) zu-

rück, die Werte als explizite oder implizite, für ein Individuum oder eine Gruppe charakteris-

tische Konzeption des Wünschenswerten definieren, welche die Auswahl unter den verfügba-

ren Handlungsarten, -mitteln und –zielen beeinflusst. Kulturelle Werte repräsentieren implizit

oder explizit geteilte abstrakte Ideen darüber, was gut, richtig und wünschenswert in einer

Gesellschaft ist (Schwartz, 1999, S. 25). Dabei ist die Frage zu stellen, welche Werte univer-

Unbewusste kulturelle Grundannahmen Raum- Zeitkonzept, Verhältnis von Mensch und

Umwelt, Vorstellungen über die Natur des Menschen etc.

Normen/Standards Werte

Individualismus, Gleichheit, Rolle der

Frau etc.

Artefakte/ Symbole

Werte

Rituale

Helden

Symbole

Praktiken

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selle Gültigkeit haben, d.h. allen Menschen gemeinsam sind, und welche nur von bestimmten

Gruppen geteilt werden, d.h. kulturspezifisch sind. Menschen werden nicht nur von ihrer Kul-

tur bestimmt, sondern auch von ihrer Persönlichkeit und von allgemein menschlichen Instink-

ten. Ähnlich zu Schein (1990) unterscheidet Hofstede (1980) drei Ebenen der Entwicklung

von persönlicher Kultur: (1) Eine universelle, originär menschliche Ebene, (2) eine gruppen-

oder kategoriespezifische, erlernte Ebene sowie (3) eine individuelle, sowohl erlernte als auch

vererbte Ebene (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4: Entwicklung von persönlicher Kultur (in Anlehnung an Hofstede, 1980)

Quelle: Eigene Darstellung.

Ein Großteil der theoretischen Auseinandersetzungen und empirischen Arbeiten legen die

Nationalkultur als Kulturbegriff zu Grunde (vs. multiple Kulturen). Grundsätzlich geht es bei

der Definition von Kultur nicht streng um Nationen, sondern um Kategorien oder Gruppen

von Menschen. Hofstede (2001, S. 12) unterscheidet dabei folgende Schichten einer Kultur:

neben der nationalen auch regionale, ethnische, religiöse oder sprachliche Zugehörigkeiten

sowie Geschlecht, Generation, soziale Klasse, Mitarbeiter eines Unternehmens, ausgeübter

Beruf oder auch nur Teile der Gruppierungen in Form von Subkulturen. Dennoch besitzt die

Nationalkultur eine besondere Bedeutung, und es ist legitim, auf die Kultur nationaler Grup-

pen zu fokussieren. Zur Klassifizierung ist die Nationalität ein brauchbares Kriterium (Hof-

stede, 2001; Schwartz, 1999) und wird deshalb auch in dieser Arbeit angewendet, wenn die

universell

gruppen- oder kategoriespezifisch

individuums-spezifisch

menschliche Natur Geburt, Hunger, Freude, Aggression, Trauer,

Bedürfnis nach Überleben, Hoffnung auf Versorgung und Zuneigung, Tod

Kultur Erziehung, Sprache, Verhalten, Nor-men, Werte, Rituale, Religion, Ar-

beitskultur, Vorstellung von

Persönlichkeit besonderes

Individuelles

erlebt&erlernt

erlernt

ererbt

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Nationalität der Teammitglieder bei der interkulturellen Zusammenarbeit als wichtigste Ana-

lysegrundlage dient.

2.3 Kulturvergleichende Forschung

Die kulturvergleichende Forschung beschäftigt sich mit Fragen wie nach der universellen

Charakteristika von Menschen, kennzeichnenden Merkmalen für kulturelle Gruppen sowie

der individuellen Einzigartigkeit und vergleicht und analysiert dabei systematisch den Ein-

fluss von Kultur auf das menschliche Verhalten (vgl. Podsiadlowski, 2002, S. 40). Bezogen

auf den Kontext in Organisationen nennt Adler (2002, S. 11ff.) folgende Aufgaben des Cross-

cultural Management (kulturvergleichendes Management):

� Beschreibung des Verhaltens in Organisationen in Ländern und Kulturen,

� Vergleich des Verhaltens in Organisationen über die Länder und Kulturen hinaus,

� Versuch, die Interaktion von Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und Allianz-Partnern aus

verschiedenen Ländern und Kulturen zu verstehen und zu verbessern.

Die kulturvergleichende Psychologie beschreibt und analysiert zum einen psychologisch rele-

vante Unterschiede im Verhalten und Erleben von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen,

zum anderen überprüft sie die universelle bzw. kulturspezifische Gültigkeit psychologischer

Hypothesen sowie Theorien und schließlich analysiert und identifiziert sie die kulturellen

Grundlagen psychischer Prozesse (vgl. Thomas, 1996, S. 108f.).

Kulturdimensionen

Wesentliches Ergebnis der kulturvergleichenden (Management-)Forschung und Psychologie

sind Kulturdimensionen, die universell für Menschen und speziell im organisationalen Kon-

text relevant sind. Die verschiedenen Konzepte zur Beschreibung und Kategorisierung von

Nationen dienen der Einteilung und dem besseren Verständnis. Sie sind kategorisierend und

vereinfachend, aber ein analytisches Instrumentarium zur Erklärung von nationalen Unter-

schieden. Die im Folgenden dargestellten Konzepte sollten die Unterschiede bezüglich Nor-

men und Werthaltungen zwischen Nationen aufzeigen, auf Grund der Vielzahl der in der Lite-

ratur beschriebenen Modelle besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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2.3.1 Kulturdimensionen nach KLUCKHOHN&STRODTBECK

In einer der ersten Studien, bei der Kulturunterschiede mit Hilfe von Dimensionen analysiert

und dargestellt wurden, gingen Kluckhohn/Strodtbeck statt von Werten von Grundannahmen

über die menschliche Existenz als das zu analysierende Objekt im Zentrum ihrer Betrachtung

aus. Auf dieser Basis formulierten die Forscher fünf Dimensionen von Grundannahmen (siehe

Abbildung 5).

Abbildung 5: Kulturdimensionen nach Kluckhohn&Strodtbeck

Orientierung Variationen

Human Nature Böse Mischung aus Gut und

Böse

Gut

ver-

änderlich

un-

veränderlich

veränderlich un-

veränderlich

veränderlich un-

veränderlich

Man – Nature Anpassung (Unter-

werfung)

Harmonie Herrschaft

Relational Hierarchischer Kol-

lektivismus

Gleichberechtigter

Kollektivismus

Individualismus

Time Vergangenheit Gegenwart Zukunft

Activity Sein Werden Tun

Quelle: Eigene Darstellung. In Anlehnung an Kluckhohn/Strodtbeck, 1961, S. 12

(1) Human Nature Orientation

Im Rahmen dieser Dimension identifizierten Kluckhohn/Strodtbeck die Möglichkeit einer

statischen und einer dynamischen Sichtweise. Kulturen können so aus statischer Sicht unter-

schieden werden, in denen der Mensch als prinzipiell gut (Vertrauensgesellschaften) bzw.

prinzipiell schlecht (Misstrauensgesellschaften) oder in einer mittleren Kategorie als teilweise

gut und böse verstanden wird. Aus dynamischer Sicht werden Kulturen hinsichtlich ihrer An-

nahme über die Veränderlichkeit des menschlichen Wesens mit der Zeit unterschieden.

(2) Man – Nature Orientation

Hier werden drei Grundannahmen der Anpassung des Menschen an die Natur, einer harmoni-

schen Beziehung zur Natur sowie der Herrschaft des Menschen über die Natur unterschieden.