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SCHADEN SPIEGEL Brandrisiko Vermeidbare Tragödie – Zuckerstaubexplosion in Raffinerie Luftverkehr Falscher Alarm – Risiken in der kommerziellen Luftfahrt Piraterie Piraten an Bord – Schadenregulierung bei Schiffsentführungen

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SCHADENSPIEGELSCHADENSPIEGELSCHADENSPIEGEL

BrandrisikoVermeidbare Tragödie – Zuckerstaubexplosion in Raffinerie

LuftverkehrFalscher Alarm – Risiken in der kommerziellen Luftfahrt

PirateriePiraten an Bord –Schadenregulierung bei Schiffsentführungen

© 2009Münchener Rückversicherungs-GesellschaftKöniginstraße 107, 80802 München

Bestellnummer 302-06233

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Anmerkung der Redaktionin Veröffentlichungen von Munich Re verwenden wir in der Regel aus Gründen des Leseflusses die männliche Form von Personen-bezeichnungen. damit sind grundsätzlich – sofern inhaltlich zutreffend – Frauen und Männer gemeint.

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EDITORIAL

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

in der letzten Ausgabe unseres Magazins haben wir Ihnen versprochen, uns auch nach 50 Jahren Schadenspiegel weiterhin zu verbessern und enger an Ihren Bedürfnissen auszurichten. Der erste Schritt dazu war die Leserbefragung, an der Sie so zahlreich teilgenommen haben. Dafür wollen wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken! Nachdem wir Ihre Antworten ausgewertet haben, lassen wir Sie in der nächsten Ausgabe natürlich an den Ergebnissen und ersten Konse-quenzen teilhaben.

Der zweite Schritt zur Optimierung des Schadenspiegels geht einher mit dem geschärften Leistungsversprechen von Munich Re und unserem neuen Corporate Design. Das Resultat halten Sie in Ihren Händen. Unser neues Layout ist über-sichtlicher, funktionaler und unterstreicht das, worauf es uns ankommt: unseren Auftrag, Wissen zu vermitteln und damit Schäden zu vermeiden. Unsere Redaktion verspricht Ihnen auch weiterhin verlässliche Berichte zum Schadenmanagement auf höchstem Niveau.

Den Inhalt dieser Ausgabe haben wir wieder in drei klassische Schadenspiegel-Kategorien gegliedert. Wir freuen uns, Ihnen dort Artikel unserer Experten sowie einige Beiträge von Gastautoren aus unserem weltweiten Netzwerk vorstellen zu dürfen. Wir berichten in dieser Ausgabe von den spektakulärsten und für Sie interessantesten Schäden – die uns nicht nur heute, sondern auch in Zukunft beschäftigen werden: die Folgen der Finanzkrise, Arbeiterunfallversicherung, Piraterie, die Zukunft der kommerziellen Luftfahrt, Naturkatastrophen und vieles mehr. Am Ende des Schadenspiegels fi nden sie wieder eine Großschadenliste mit einigen der folgenreichsten Ereignisse der letzten beiden Jahre.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Ihr Schadenspiegel-Team [email protected]

1 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

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SCHADENMANAGEMENT

UMWELTSCHADENGroßschaden durch Natronlauge Ein Tanklager wird unter 2,5 t hoch prozentige Natronlauge gesetzt. Der Grund: ein geplatzter Abfüllschlauch.Seite 24

NATURGEFAHRENVersicherungen von Naturkatastrophen – Schadenbeispiel Hurrikan PalomaMitte November 2008 richtet der Wirbelsturm Paloma schwere Schäden auf den Cayman Islands an.Seite 28

PIRATERIEPiraten an Bord –die Entführung der BBC TrinidadRechtliche und versicherungs technische Aspekte bei Lösegeldzahlungen am Beispiel der BBC Trinidad.Seite 34

IM FOKUSFliegen ist seit Beginn der kommerziellen Luftfahrt immer sicherer geworden. Doch gleich meh rere Großunglücke im ersten Halbjahr 2009 haben die Medien und Öff entlichkeit aufgeschreckt.

SCHADENMANAGEMENTIn einem holzverarbeitenden Groß-unternehmen kam es 2008 zu einem folgenschweren Unfall: Beim Befüllen eines Hochtanks mit Natronlauge platzt der Abfüllschlauch des Tank-lastzugs.

IM FOKUS

LUFTVERKEHRFalscher AlarmMehrere Großunglücke lassen die Öff entlichkeit an den Sicherheits-standards der Fluglinien zweifeln.Seite 4

HAFTPFLICHTFinanzkrise – Lehren für die ZukunftWelche Lehren zieht die Versicherungswirtschaft aus den Schäden der Finanzkrise?Seite 14

ARBEITERUNFALLFit für die Zukunft?Die Arbeiterunfallversicherung wird vor große Herausforderungen gestellt. Was gilt es zu beachten?Seite 18

2 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

INHALT

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EINZELSCHÄDEN

BRANDRISIKOBrandschaden an Solarmodulen in der ExtremaduraNoch während der Montagearbeiten werden ca. 2.080 Photovoltaik-module durch Brand zerstört.Seite 42

ENGINEERINGÜberschwemmung im WasserkraftwerkAufgrund eines blockierten Roll- schütz wird ein Wasserkraftwerk vollständig gefl utet.Seite 45

BRANDRISIKOVermeidbare Tragödie: Zuckerstaubexplosion in Raff inerieEine gesamte Raff inerie wird durch Staubexplosionen und darauf folgende Brände vernichtet.Seite 48

GROSSSCHÄDENGroßschadenliste 2008 bis 2009Seite 52

AUTOREN Seite 54

EINZELSCHÄDENDie Extremadura ist eine äußerst dünn besiedelte Region, die durch den hohen Anteil an Sonnentagen fast ohne Bewölkung perfekt geeignet ist als Standort für eine Photovoltaikanlage.

3 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

INHALT

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LUFTVERKEHR

Fliegen ist seit Beginn der kommerziellen Luftfahrt immer sicherer geworden. Doch gleich mehrere Großunglücke im ersten Halbjahr 2009 haben Medien und Öff entlichkeit aufgeschreckt. Ist diese Häufung bloßer Zufall oder ein Zeichen für nachlassende Sicherheitsstandards der Airlines?

Falscher Alarm

Computer im Cockpit: Piloten sind heute dank intuitiver und übersichtlicher Technik weit weniger belastet als noch vor wenigen Jahren – fl iegen aus Sicherheits-gründen aber nach wie vor zu zweit.

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IM FOKUS

5 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

AutorenThomas Endriß,Patrick Sonnenstrahl,beide München

Auf den ersten Blick sind die jüngsten Zahlen beunruhi gend: Von Januar bis Juni 2009 kamen bei Flugzeugabstürzen 499 Menschen ums Leben. Das sind fast 50 % mehr als im Durchschnitt der vergangenen 10 Jahre, in denen insgesamt 344 Todesopfer gezählt wurden. Diese Angaben dürfen jedoch nicht fehlinterpretiert werden. Zum einen blieb die Anzahl der tödlichen Flugzeug-unglücke in den ersten 6 Monaten 2009 mit 13 Fällen unter dem 10-Jahres-Durchschnitt von 14,8, zum anderen verzerren 2 Großunglücke – die Abstürze einer Air-France-Maschine über dem Atlantik sowie einer Maschine der Yemen Airways bei den Komoren – die Statistik. Allein bei diesen beiden Unglücken fanden 381 Flugzeuginsassen den Tod.

Fliegen immer sicherer

Kein Zweifel: Wo immer Menschen und Technik invol-viert sind, passieren Unfälle. Und so bedauerlich jedes einzelne Unglück ist, eine unheilvolle Entwicklung lässt sich aus den jüngsten Ereignissen nicht ableiten, auch wenn die Berichterstattung in den Medien bisweilen einen anderen Eindruck erweckt. Denn das Fliegen mit kommerziellen Airlines ist in den ver -gangenen Jahrzehnten sicherer geworden. Die Zahl der tödlichen Unglücke pro eine Million Flüge mit Passagiermaschinen ist vielmehr auf einen Bruchteil des Niveaus gesunken, das noch in den 1970er-Jahren üblich war.

Dies entspricht jedoch nicht der Wahrnehmung in der Öff entlichkeit: Weil die letzten großen Unglücke in der zivilen Luftfahrt Jahre zurückliegen, ist das breite Publikum von der jüngsten Häufung der Ereignisse alarmiert. Ist bei den tödlichen Unglücken dann noch eine bekannte Fluglinie oder ein moderner Flugzeug- typ beteiligt, schlagen die Wellen in den Medien hoch. Fragen wie „Kommt die Flugsicherheit ins Rutschen?“ treff en jedoch nicht den Kern der Problematik.

Tatsächlich sind die Sicherheitsstandards inzwischen so hoch, dass es immer schwieriger werden wird, weitere Verbesserungen in der technischen Flug-sicherheit zu erreichen. Dennoch unternimmt die Luftfahrtindustrie täglich aufs Neue enorme Anstren-gungen, um die Unfallhäufi gkeit zu drücken. In der Vergangenheit gelang dies, indem die Flugzeug-hersteller mechanische durch elektronische Steue-rungen ersetzten, dem Computer die Regelung und Überwachung aller Systeme überließen und ausge-klügelte elektronische Warnsysteme entwickelten. Hinter dieser Automatisierung steckte die Philoso-phie: „Der Mensch kann irren, der Computer nicht.“

Computer überwachen sich gegenseitig

Die heute übliche Cockpittechnik ist nicht nur intui -ti ver und um ein Vielfaches übersichtlicher als frühere, analoge Instrumente, sie überfrachtet den Piloten auch nicht mehr mit unnötigen Informationen. Denn mit dem Fortschreiten der Computertechnik wurden immer weniger Bedien- und Kontrollelemente nötig. Heute lassen sich weitaus mehr Informationen abrufen, während längst nicht mehr alle gleichzeitig, sondern nur nach Bedarf angezeigt werden.

Man kann sagen: Cockpitbesatzungen sind im Jahr 2009 mental weitaus weniger belastet als noch vor 10 bis 15 Jahren. Dennoch werden sie genauso dafür trainiert, sich nicht ausschließlich auf die Technik zu verlassen – und arbeiten aus Sicherheitsgründen auch nach wie vor zu zweit im Cockpit.

Während früher in der Regel zwei aus unterschied-lichen Sensoren gespeiste Systeme die Flugdaten an die Instrumente der Piloten übermittelten, fi ndet in modernen Cockpits eine noch stärkere Absicherung statt. Mehrere voneinander unabhängige Computer überwachen sich hier gegenseitig und kontrollieren die Steuerbefehle. Da die Systeme untereinander kommunizieren, lassen sich Abweichungen oder Unstimmigkeiten leicht feststellen. Um die Sicherheit weiter zu erhöhen, arbeiten die Vorreiter unter den Fluggesellschaften mit Instrumentenherstellern und Avionikexperten zusammen. Denn je simpler die Darstellung der wichtigsten Flugdaten wird, desto einfacher werden auch die Arbeitsabläufe im Cockpit.

Risikofaktor Mensch

Nach wie vor bleibt der Mensch aber der größte Risiko faktor in der Luftfahrt. Immerhin: Menschliches Versagen, also falsche bzw. unrealistische Situations-einschätzungen des Piloten, gehört zu den häufi gsten Ursachen von Flugzeugabstürzen. Meist lösen psychische oder physische Überlastung und Über-müdung die Fehler aus.

Wie die im militärischen Bereich eingesetzten un bemannten und ferngesteuerten Luftfahrzeuge (unmanned aerial vehicles) zeigen, wäre es technisch durchaus möglich, den Menschen komplett aus dem Cockpit zu verdrängen. Ob aber Passagiere wirklich bereit sind, in ein Flugzeug zu steigen, das ausschließlich „Captain Computer“ steuert, ist zu bezweifeln. Der künftige Einsatz solcher unbe-mannten Luftfahrzeuge in der kommerziellen Luft-fahrt bleibt daher schon aus psychologischen Gründen unwahrscheinlich.

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IM FOKUS

6 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

Risikofaktor Wetter: Gewitter muss ein Pilot umfl iegen – und dafür Verspätungen in Kauf nehmen. Das Flugzeug selbst wirkt wie ein Faradayscher-Käfi g und ist gegen Blitzschlag immun – riskant sind aber die extremen Luftbewegungen innerhalb einer Gewitterzelle.

Nicht zuletzt aus Versicherungs-gründen, sind Airlines immer mehr dazu aufgefordert, in ihre Flugsicher-heit zu investieren. Sparzwänge aufgrund der wirtschaftlichen Situation gehen daher niemals zulasten der Wartung.

Quelle: Flightglobal ACAS

Abb. 1 Schwere Flugzeugunglücke weltweit 1999–2008

Zahl der Todesopfer

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1.200

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Flugzeugunglücke

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Flugzeugunglücke (Zehnjahresdurchnitt) = 33,3 Todesopfer (Zehnjahresdurchnitt) = 804

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7 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

Zahl der Flugbewegungen steigt

Analysiert man die Daten zur Flugsicherheit, darf man das enorm gestiegene Luftverkehrsaufkommen nicht außer Acht lassen. Es führt zwangsläufi g zu einer höheren Unfallzahl und läuft damit den Anstren-gungen zu mehr Sicherheit im Flugverkehr entgegen. Dennoch gilt es, voreilige Schlüsse zu vermeiden. Schadenquoten lassen sich stets anhand verschie-dener Exponierungsmerkmale berechnen: Beispiels-weise werden Passagiermaschinen immer größer. Mit der gleichen Anzahl an Flugbewegungen befördern sie daher eine größere Anzahl an Passagieren. Sogar wenn die Unfallquote pro Start und Landung konstant bliebe, wären im Unglücksfall mehr Tote zu beklagen. Ohne Berücksichtigung aller besonderen Umstände ließe sich daraus, statistisch gesehen, leicht eine höhere Gefahrenquote im Flugverkehr ableiten – die aber nicht der Realität entspräche.

Befürchtungen, dass eine schwierige wirtschaftliche Situation bei Airlines zu Abstrichen in der Flugsicher-heit führt, sind unbegründet. Natürlich sind gegen-wärtig Fluggesellschaften bestimmten Sparzwängen ausgesetzt – aber nicht zulasten von Sicherheit und Wartung. Dies wäre bei modernem Equipment auch kaum möglich, da inzwischen elektronische „maintenance logbooks“ geführt werden, die auch dem jeweiligen Hersteller zugänglich sind. Blieben bestimmte vorgeschriebene Checks aus, würde dieser sofort darauf aufmerksam werden – was sich keine Airline, die einen Ruf zu verlieren hat, leisten kann. Das „maintenance logbook“ ist Teil der Lebens-laufakte eines Flugzeugs. Ist diese unvollständig, verliert auch die Maschine an Wert und ist nur noch sehr schwer verkäufl ich.

„Die Low Cost Carrier sparen in erster Linie am Service, am Catering und an den Kosten für die Flughafen-lounges.“

Entschädigungszahlungen bei Flugzeugunglückenkommerzieller Airlines

Nach Abstürzen von Passagiermaschinen stellt sich unweigerlich die Frage nach angemessenen Ent -schädigungszahlungen für Hinterbliebene. Die Schadenhöhe bestimmt sich dabei in der Regel durch den Verlust des lebenslangen Einkommens der Opfer bzw. durch den wirtschaftlichen und immateriellen Schaden, welchen deren Familien erlitten haben.

Ob bei gerichtlichen oder außergerichtlichen Eini -gun gen – die Höhe der Schadensersatzzahlungen kann je nach Land und individueller Rechtssprechung unter schiedlich ausfallen. Besonders bei US-ameri ka-nischen Fluglinien werden nach Flugzeugunglücken vergleichsweise hohe Passagierentschädigungen zugesprochen. Dies liegt unter anderem am ameri ka-nischen Rechtssystem, welches neben den ent -gangenen Einkünften der Opfer auch sogenannte Pain-and-Suff ering-Zahlungen bewilligt. Diese kommen immer dann zum Tragen, wenn ein Opfer kurz vor seinem Tod grausame Schmerzen, Ängste oder andere Qualen erleiden musste. Sie fallen in der Regel wesentlich höher aus als herkömmliche Entschädigungssummen.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass nach Flug zeug-unglücken grundsätzlich eine „Amerikanisierung der Haftpfl ichtschäden“ zu beobachten ist. Das bedeutet, dass die Anwälte der Opfer auch außerhalb der USA aufgetretene Schäden gezielt vor US-amerikanische Gerichte ziehen, um so eine höhere Entschädi gungs-summe für ihre Mandanten zu erreichen. Und das nicht ohne Rechtsgrundlage: Internationale Abkommen im Luftfahrtbereich (s. Kasten Seite 9) lassen es zu, bei einer Verbindung wie „Boeing“, als in den USA ansässiger Hersteller, die Klagen nicht in den Herkunftsländern der Geschädigten zu verhandeln, sondern US-Gerichte anzurufen.

Stammen die Passagiere eines abgestürzten Flug-zeugs aus unterschiedlichen Herkunftsländern, ist eine homogene Entschädigung allein schon aufgrund der unterschiedlichen persönlichen Verhältnisse der Opfer nicht möglich. „Treiber“ hoher Entschädigungs-summen sind weniger die Hinterbliebenen derjenigen, die beim Absturz den Tod fanden, sondern die verletzten Überlebenden – die aufgrund irreparabler körperlicher Beeinträchtigung meist vergleichsweise hohe Zahlungen erhalten.

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8 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

Viele Airlines profi tieren von „Power by the hour“-Verträgen. Dabei erfolgt die Wartung nach Fest-preis pro Flugstunde, was zu einer verlässlicheren Kalkulation führt.

Auf den ersten Blick scheint der Einfl uss menschlicher Faktoren gering. CFIT-Unfälle (Kontrollierter Flug ins Gelände) sowie ein Großteil der unbekannten Ursachen sind jedoch ebenfalls auf menschliches Versagen zurückzuführen.

Low Cost heißt nicht Low Security

Unter Sicherheitsaspekten macht es keinen Unter-schied, ob es sich um eine traditionelle Fluglinie oder um einen sogenannten Low Cost Carrier handelt. Diese simpel als „Billigfl uglinien“ abzustempeln, greift zu kurz. Low Cost Carrier fl iegen oft sogar mit dem neuesten Equipment, da es erheblich weniger Wartungsprobleme bereitet und ein geringeres Ausfallrisiko mit sich bringt.

Darüber hinaus profi tieren viele Airlines von „Power by the hour“-Verträgen, bei denen die Wartung nach Festpreis pro Flugstunde erfolgt. Dies führt zu einer verlässlicheren Kalkulation und damit zu niedrigeren Ticketpreisen. Außerdem sparen Low Cost Carrier in erster Linie am Service, am Catering und an den Kosten für die Flughafen-Lounges.

Schwierige Marktbedingungen

Für die Assekuranz besteht Luftfahrtdeckung ähnlich wie bei Kraftfahrtrisiken primär aus Haftpfl icht und Kasko. Treibender Faktor sind hier Haftpfl ichtlimits, die eine Höhe bis zu 2 Milliarden US$ pro Schaden erreichen, wobei das Gros der Risiken ein Limit von etwa 1–1,5 Milliarden US$ pro Unfall vorhält. Trotz dieser hohen Haftpfl ichtlimits ist im äußerst zyklischen Luftfahrtversicherungsmarkt weiterhin mehr als ausreichend Kapazität vorhanden.

Unsere mittel- bis langfristige Einschätzung des Luftfahrtmarkts ist unverändert positiv: Schon vor den jüngsten Großereignissen begann sich der Markt nach jahrelangem Ratenabrieb wieder zu erhärten.

Abb. 2 Flugzeugabstürze mit Todesopfern nach Unfallarten/Hauptursachen

Technik/Wartung 11 Sonstige/Unbekannt 10 Kontrollierter Flug ins Gelände 7 Menschliche Faktoren 6

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9 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

„Unsere mittel- bis langfristige Einschätzung des Luftfahrtmarkts ist unverändert positiv.“

Das Montrealer Übereinkommen

Das Montrealer Übereinkommen (MÜ) im Jahr 2004 regelte die Haftung für Passagier- und Güterschäden im internationalen und nationalen Luftverkehr neu. Es legt besonderen Wert auf eine Verbesserung des Verbraucherschutzes und gilt für jede internationale Beförderung von Personen durch ein Luftfahrzeug, wenn Abgangs- und Bestimmungsort in den Hoheitsgebieten zweier Vertragsstaaten liegen. Zu den Vertragsstaaten zählen unter anderem die Europäische Union, USA, Japan und Australien.

Nach dem MÜ haften Airlines bei Körperverletzung und Tod eines Passagiers aufgrund eines Unfalls unbegrenzt (vor dem MÜ lag die Höchstgrenze bei 26.000 €). Nur wenn Airlines nachweisen können, dass sie den Schaden nicht selbst verschuldet haben, haften sie nicht. Auch dürfen Opfer von Flugzeug-unglücken jetzt Airlines unter bestimmten Voraus-setzungen an ihrem Wohnsitz verklagen. So könnte beispielsweise ein Amerikaner, der einen inner -deutschen Flug mit der Lufthansa gebucht hat, die Airline in den USA belangen, wo die Gerichte den Opfern in der Regel viel höhere Summen zubilligen.

Munich Re: Transparent und serviceorientiert

Interessant – besonders für größere fakultative Kunden – ist unsere Cross-Selling-Initiative. Sie zielt darauf ab, die Sicherheit und Expertise von Munich Re in der gesamten Breite ihrer Produktpalette anzubieten. Auf Wunsch ermitteln wir dabei für jede Fluglinie eine individuelle Risikolandschaft und schnüren für den benötigten Versicherungsschutz ein Komplettpaket: von der Property- über die Casu-alty- und D&O- bis zur Kreditdeckung. Das gilt auch für Special-Enterprise-Risiken, für die es bisher noch kein oder kein geeignetes Versicherungs-produkt gab. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Kunde hat zentrale Ansprechpartner und kann sich für sein gesamtes Portfolio auf die individuelle Lösung eines soliden Providers verlassen, dem führende Ratingagenturen seit Jahren beständig gute Noten geben.

Individuell ist auch unser Pricing. Hier setzt Munich Re seit Jahren auf Transparenz. Kunden wie Makler haben jederzeit die Möglichkeit, mit uns in einen off enen Dialog zu treten, um Einblick in die Bestim-mungsfaktoren für das Pricing zu erhalten. Munich Re als Premiumanbieter ist dafür bekannt, das Risiko genau zu hinterfragen und sich in allen Einzelheiten mit den jeweiligen Risikofaktoren zu beschäftigen. Wir nehmen uns Zeit und besuchen die Airlines bei Bedarf auch vor Ort, um uns ein Bild zu machen. Denn erst unser Wissen vom Kunden ermöglicht es uns, den Markt genauestens zu analysieren und Risiken speziell nach Ländern und Regionen zu diff erenzieren. Mit diesem Wissens-vorsprung sehen wir uns bestens gerüstet, unsere selektive Zeichnungspolitik erfolgreich weiterzu-führen.

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10 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

130. Juni 2009Yemen Airways: Beim Landen abgestürztBei dem während des Landeanfl ugs auf die Komoren abgestürzten Airbus A310 der jemenitischen Fluggesellschaft Yemenia kamen 141 Passagiere und 11 Besatzungsmitglieder ums Leben. Nur ein 14-jähriges Mädchen überlebte. Laut Angaben der regionalen Luftfahrtaufsicht ASCENA ist die Maschine während des Landeanfl ugs in einer Entfernung zwischen 5–10 km vor der Hauptinsel der Komoren von den Radarschirmen verschwunden.

Internationale Flugzeugunglücke der kommerziellen Luftfahrt

Das Fliegen mit kommerziellen Airlines ist in den letzten Jahrzehnten sicherer geworden. Tatsächlich sind die Standards inzwischen so hoch, dass es immer schwieri ger werden wird, weitere Ver besse -rungen in der technischen Flug sicher heit zu erreichen. Insbesondere verunglückte Passagiermaschinen brennen sich jedoch in das Bewusstsein der Öff entlichkeit.

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211. Juni 2009Jetstar Airlines: Feuer im CockpitEin Airbus A330 mit 203 Menschen an Bord ist nach einem Feuer im Cockpit auf der Pazifi kinsel Guam notgelandet. Die Maschine war auf dem Weg von Japan zur Gold Coast im Osten des australischen Kontinents. Die Piloten der Jetstar-Maschine konnten die Flammen löschen und die Maschine sicher auf das Rollfeld bringen. Off enbar hatte es Probleme mit dem Heizelement in der rechten Cock-pitscheibe gegeben. Es handelte sich um das gleiche Airbus-Modell wie bei der Air-France-Maschine, die am 1. Juni 2009 mit 228 Menschen an Bord vor Brasilien abgestürzt war.

311. Juni 2009Aerofl ot: Notlandung in SibirienAuch in Russland ist es zu einem Zwischenfall mit dem Airbus gekommen. Eine Maschine der Fluggesellschaft Aerofl ot musste wegen eines Risses in einer Cockpitscheibe in der sibirischen Metropole Nowosibirsk notlanden. Die A320 mit 122 Menschen an Bord war auf dem Weg von Jakutsk nach Moskau. Bei dem Vorfall wurde niemand verletzt. In Russland kommt es fast jede Woche zu Notlandungen, da vor allem bei ver alteten Flugzeugen Funktions-störungen auftreten.

410. Juni 2009Iberworld: Brennendes TriebwerkAuf Gran Canaria musste ein Airbus A320 mit einem brennenden Triebwerk not -lan den. Das Flugzeug der spanischen Charter gesellschaft Iberworld war mit insgesamt 180 norwegischen Touristen an Bord auf dem Weg nach Oslo. Mehrere Fluggäste schilderten später in nor wegischen Medien, dass eines der Triebwerke bereits kurz nach dem Start Feuer gefangen hatte.

61. Juni 2009Air France: Flugzeugunglück vor BrasilienEine Airbus-Maschine vom Typ A330 geriet auf dem Flug von Brasilien nach Frankreich in ein Unwetter. Beim Absturz kamen 228 Menschen ums Leben. Die Unglücksursache blieb bisher im Dunkeln. Das Wetter war zwar schwierig, aber für die Gegend nicht ungewöhnlich. Seit dem Absturz fand man insgesamt 640 Teile der Maschine im Atlantik. Laut Unter-suchungs berichten ist der Airbus nicht in der Luft zerbrochen, son dern zerschlug in Gänze und mit hoher Geschwindigkeit auf dem Wasser.

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725. Februar 2009Turkish Airlines: Flugzeug bei Amsterdam abgestürztBeim Anfl ug auf den Amsterdamer Flughafen Schiphol stürzte ein türkisches Passagierfl ugzeug ab. Neun Menschen wurden getötet und 50 verletzt. Mehrere Augenzeugen berichteten, wie die Maschine vom Typ Boeing 737–800 ein paar hundert Meter von der Landebahn entfernt auf ein Feld gestürzt war. Die Flügel mit den Treibstoff tanks waren ganz geblieben – vielleicht ein Grund dafür, dass kein Feuer an Bord ausbrach. Mehrere Dutzend Passagiere konnten unverletzt oder mit ein paar kleinen Schrammen das Wrack aus eigener Kraft verlassen.

813. Februar 2009British Airways: Bruchlandung in London Bei einem Flugzeug der British Airways kam es an diesem Freitagabend am Londoner City Airport zu einer Bruch lan-dung. Alle 71 Passagiere und Besatzungs-mitglieder der Maschine aus Amsterdam konnten in Sicherheit gebracht werden. Wie die Rettungskräfte mitteilten, waren vier Menschen mit leichten Verletzungen zu behandeln. Nach Angaben von British Airways hatte es bei der Landung Pro ble- me mit dem Frontrad gegeben. Die Passagiere gelangten über Sicherheits-rutschen ins Freie.

915. Januar 2009US Airways: Notwasserung im Hudson RiverEin vollbesetzter Airbus war kurz nach seinem Start vom New Yorker Flughafen La Guardia off enbar mit einem Vogel-schwarm kollidiert. Die beiden Triebwerke des Unglücksfl ugzeugs versagten gleich-zeitig, und der Pilot musste auf dem Hudson River notlanden. Eine wahre Meisterleistung, da eine Notwasserung normalerweise noch zerstörerischer ist als eine Notlandung an Land. Alle 155 Insassen des Airbus A320 haben das Unglück überlebt.

510. Juni 2009American Airlines: Brand in der BordtoiletteEin Brand in der Bordtoilette zwang ein Passagierfl ugzeug der American Airlines mit 206 Menschen an Bord im kana-dischen Halifax zur Notlandung. Nach Angaben des Flughafens befand sich die Maschine vom Typ Boeing 767-300 auf dem Flug von New York nach Zürich, als plötzlich Rauch aus der Toilette in die Passagierkabine drang – vermutlich hatte ein defekter Lüftungsventilator das Feuer verursacht. Den Angaben zufolge löschte ein Flugbegleiter den Brand mithilfe eines Feuerlöschers.

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IM FOKUS

13 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

1020. August 2008Spanair: Verunglückt nach dem Start Eine MD-82 der spanischen Fluggesell-schaft Spanair stürzte direkt nach dem Start aus ca. 100 Metern noch auf dem Flughafen Barajas in Madrid ab, zerbrach und brannte vollständig aus. Von den an Bord befi ndlichen 177 Personen kamen 153 ums Leben. Die Ursache ist noch nicht zu 100 % geklärt, es soll sich jedoch um einen Ausfall beider Triebwerke gehandelt haben, welche kurz nach dem Start aus ungeklärten Gründen Feuer gefangen hatten. Unter Umständen war hier der Auslöser ein reiner Produkteschaden – ein aus Schadensicht besonders interes-santer Fall.

1130. Mai 2008 TACA International Airways: Airbus rammt AutosBeim Flug TA 390 von San Salvador nach Tegucigalpa kamen 5 Menschen bei der verunglückten Landung eines Airbus A320 auf dem Flughafen in Honduras ums Leben, weitere 80 wurden verletzt. Die Piloten hatten das Flugzeug auf der regennassen Landebahn nicht rechtzeitig stoppen können, die Maschine war über die Landebahn hinausgerast und kreuzte eine befahrene Straße, ehe sie schließlich gegen einen Erdwall prallte und stark beschädigt wurde. Der Toncontín Interna-tional Airport gilt als sehr schwierig, da über er eine Landebahn von nur 1.863 m Länge verfügt.

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14 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

Milliardenverluste an den Kapitalmärkten durch ein-brechende Aktienkurse führen zu Schuldzuweisungen.

Finanzkrise – Lehren für die Zukunft

Die Subprime-Krise in den USA mündete ab 2007/08 weltweit in allen Industriestaaten in eine Finanzkrise. Diese hatte auch erhebliche Auswirkungen auf die Versicherungs-wirtschaft, wobei nur in wenigen Zweigen die positiven Einfl üsse überwogen. Neben der Kredit- und Kautions ver-sicherung trafen die größten Verluste PI- und D&O-Verträge. Was lässt sich aus diesen Erfahrungen lernen? 

HAFTPFLICHT

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IM FOKUS

15 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

AutorenProf. Dr. Ina Ebert, MünchenDr. Stefan Schmitt, Princeton

Das Ende der Krise?

Am 15. September 2009 erklärte der Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, die schwerste globale Rezession seit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren des vorigen Jahrhunderts für beendet. Bis es tatsächlich zu einer nachhaltigen Konjunk-turerholung kommt, wird freilich noch geraume Zeit vergehen. Nachfolgend sollen einige wesentliche Auswirkungen der Krise in den USA, wo sie ihren Ausgang genommen hat, sowie – stellvertretend für Europa – in Deutschland beleuchtet werden.

USA

Das Platzen der Immobilienblase 2006/07 aufgrund steigender Zinsen und sinkender Immobilienpreise markierte den Beginn einer tiefen Wirtschaftskrise. Zwangsräumungen waren die Folge, in manchen Städten verwaisten ganze Straßenzüge. Die Kurse von immobiliengestützten Wertpapieren an den Aktienmärkten brachen zusammen und lösten Milli-ardenabschreibungen sowie Verluste bei den Invest-mentbanken aus. Im Zuge der einsetzenden Rezes-sion haben in den ersten neun Monaten 2009 bereits 95 US-Banken Insolvenz angemeldet (gegenüber 3 bzw. 25 Insolvenzen in den Jahren 2007 und 2008). Auch wenn es sich dabei überwiegend um kleinere und regionale Banken handelte und auch ihre Zahl im Verhältnis zu landesweit mehreren tausend Geld-in stituten gering erscheint, lässt diese exponentielle Entwicklung doch das Ausmaß der Anlegerverluste und die tiefe Vertrauenskrise im Hinblick auf den Kapitalmarkt erahnen.

Juristische Aufarbeitung der Finanzkrise: Wahr-schein lich ist die Bandbreite an Klagen in keinem Land so groß wie in den USA: So verklagte die Stadt Cleveland 21 Banken wegen ihrer Verantwortung für die Subprime-Krise und der darauf beruhenden zahl-losen Zwangsvollstreckungen in der Stadt. Dies habe zu einem Wegbrechen von Steuereinnahmen sowie zu Mehraufwendungen für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung geführt. Der Federal District Court wies diese mit „public nuisance“ begründete Klage jedoch im Mai 2009 zurück. Weitere Klagen stützten sich unter anderem auf die Diskriminierung von Schwarzen und anderer Minderheiten, an die überproportional Subprime-Kredite vergeben wurden, weshalb diese Minderheiten besonders unter den Folgen der Krise leiden.

Juristisch besonders aktiv zeigen sich in den USA Anleger, die Schadensersatz aufgrund unzurei-chender, falscher oder irreführender Informationen

fordern. In einem aufsehenerregenden Verfahren hat beispielsweise Merrill Lynch einen Vergleich über 475 Millionen US$ geschlossen. Banken haben sich außerdem gegenüber Aufsichts- (SEC) und Strafver-folgungsbehörden zu Zahlungen in Millionenhöhe verpfl ichtet. Auch sogenannte Gatekeeper – also Makler, Berater, Anwälte und ähnliche Unternehmen, die solche Finanzprodukte vermittelt haben oder in die Beratung eingebunden waren – müssen vor Gericht ihr Verhalten rechtfertigen. In New York wurde kürzlich sogar eine Klage gegen Ratingagen-turen zugelassen. Deren Bewertungen gelten in der Regel als „matters of public concern“, so dass daraus grundsätzlich keine Individualansprüche hergeleitet werden können. Das New Yorker Gericht führte jedoch aus, dass Ansprüche ausnahmsweise denkbar sind, wenn sich das Rating nicht allgemein an die Öff entlichkeit richtete, sondern nur an eine abgrenz-bare Gruppe von Investoren.

Deckungsfragen: Der Internationale Währungsfonds IWF hat den volkswirtschaftlichen Schaden der globalen Finanzkrise auf 3,4 Billionen US$ beziff ert. Die versicherten Schäden schätzte Advisen, ein führender Anbieter von Analytik- und Informations-dienstleistungen für die Versicherungsbranche, zuletzt auf 9,6 Mrd. US$. Abgesehen von der Vielzahl möglicher Beklagter und einschlägiger Policen wird eine verlässliche Schätzung der versicherten Schäden auch durch Besonderheiten des US-Rechts erschwert, die im Haftungs prozess einen erheblichen Kostenaufwand bedeuten. Als Schlagworte wären etwa zu nennen: Discovery-Verfahren und Deposition (klägerfreundliches, kostenaufwendiges Beweisver-fahren), motion to dismiss, fehlende Erstattung der Prozesskosten für die obsiegende Partei (keine loser-pays-rule wie in Europa), Jury-Gerichte. Aufgrund möglicher Verteidigungskosten in Millionenhöhe stellt sich im laufenden Verfahren stets die Frage, wie lange selbst eine erfolgversprechende Verteidigung aufrechterhalten werden kann oder ob nicht betriebs-wirtschaftliche Erwägungen einen Vergleich erzwingen.

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IM FOKUS

16 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

Deckungsfragen erfordern immer eine Einzelfall-betrachtung. Zu klären wäre etwa: Versicherungsfall-defi nition, Aggregierung/Allokation, Spätmeldungen, Abgrenzung D&O/E&O, Ausschluss bekannter Umstände oder von Bußen und Geldstrafen. Bei einer Reihe von Schäden, in denen die Kläger im Kern die Rückabwicklung des Kaufvertrags (Aktienerwerb) oder die Anpassung von Vertragsbedingungen (Zins-anpassung) verlangen, dürfte auch der Deckungs -ausschluss für vertragliche Ansprüche Bedeutung gewinnen. Es geht dabei um die Frage, ob überhaupt ein gedeckter Schadensersatzanspruch zugrunde liegt oder nicht vielmehr rein vertraglsbezogene Bereicherungs- und/oder Restitutionsansprüche geltend gemacht werden. Entgegen landläufi ger Erwartung wird dem Vorsatzausschluss hingegen oft nur eine geringe Bedeutung zukommen, da er häufi g eine gerichtliche Vorsatzfeststellung voraussetzt und vielfältige Nachweis- und Zurechnungsfragen aufwirft. Da Haftungsprozesse dieser Art in aller Regel mit Vergleichen enden, wird ein entspre-chender Nachweis nicht selten scheitern. Dennoch bereiten solche Ausschlüsse erst den Weg für mögliche Deckungsvergleiche.

Deutschland

Wie in den anderen europäischen Staaten auch, hat die Finanzmarktkrise in Deutschland eine Reihe von Gesetzesänderungen bewirkt, die teils auf eine schärfere Aufsicht über den Finanzmarkt abzielen, teils die Pfl ichten seiner einzelnen Akteure konkre-tisieren. Zudem begünstigen die neuen Gesetze eine konsequentere Durchsetzung bestehender Bestim-mungen. Dies führte zu einem merklichen Anstieg von Entschädigungsforderungen wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Pfl ichtverletzungen von Vorständen, Anlageberatern und anderen Finanz-dienstleistern. Die krisenbedingt höhere Zahl von Insolvenzen hat diesen Trend noch verstärkt: Insol-venzverwalter sind gehalten, im Interesse des Unter-nehmens und seiner Gläubiger gegen Mitglieder der Unternehmensleitung vorzugehen, die sich pfl icht-widrig verhalten haben.

Skandale dringen ins öff entliche Bewusstsein

Auch die intensive Berichterstattung in den Medien über Skandale, z. B. den Verkauf von Zertifi katen der US-Bank Lehman Brothers oder den Beinahe-Zusammenbruch der Hypo Real Estate, haben die Klagebereitschaft erhöht. Denn erst dadurch drangen die Pfl ichtverstöße von Managern und Anlagebe-ratern sowie das Ausmaß der daraus resultierenden Schäden richtig ins öff entliche Bewusstsein. Hinzu kamen die Ergebnisse strafrechtlicher Ermittlungs-verfahren gegen Vorstandsmitglieder großer Unter-nehmen und die Berichte über Entschädigungspro-zesse in den USA. Beides bestärkte die Aktionäre in ihren Versuchen, wenigstens Teile der erlittenen Kursverluste durch die Geltendmachung von Ent-schädigungsansprüchen auszugleichen.

Aktuelle Rechtsprechung zur Finanzkrise

Die Klagen, die bislang in Deutschland gegen Banken und Anlageberater im Zusammenhang mit der Finanzkrise erhoben wurden, stützen sich meist auf ähnliche Vorwürfe: Der Anleger, der sein Geld ausschließlich zur Alterssicherung und daher äußerst sicherheitsorientiert habe investieren wollen, sei zu spät, unzureichend oder fehlerhaft darüber informiert worden,– dass und in welchem Umfang die Bank an dem mit

ihm abgeschlossenen Geschäft verdient (soge-nannte kick-backs),

– welche Gewinnerwartung in der jeweiligen wirt-schaftlichen Situation realistisch war,

– welche Risiken mit der gewählten Anlageform verbunden sind, insbesondere im Hinblick auf einen Totalverlust des Anlagekapitals.

Nach einem kurzen jähen Einbruch sind verbriefte Wert papiere wieder gefragt.

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IM FOKUS

17 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

Hierbei stellten die Gerichte insbesondere zweierlei klar: Erstens müssen Banken ihre mit der Anlagebe-ratung verbundenen Provisionsansprüche off enlegen. Zweitens reicht es gewöhnlich nicht aus, lediglich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Risiken bestimmter Anlageformen hinzuweisen. Zudem halfen die Gerichte klagenden Anlegern mit Beweis-erleichterungen, die bis hin zur Beweislastumkehr im Hinblick auf die Fehlberatung der Bank und auf die Kausalität dieser Fehlberatung für das Anlage-verhalten des Klägers reichten. Dies war nötig, da bis zu den jüngsten Gesetzesänderungen meist keine hinreichend konkreten Dokumentationspfl ichten der Banken über das Ausmaß ihrer Anlageberatung existierten.

Im Bereich der Managerhaftung haben die Gerichte zum einen die im Normalfall bestehende Pfl icht des Aufsichtsrats betont, gegen pfl ichtwidrig handelnde Vorstandsmitglieder vorzugehen. Zum anderen wurde im Rahmen der sogenannten Business Judge-ment Rule konkretisiert, welche Risiken Vorstände bei ihren Geschäftsentscheidungen unter welchen Voraussetzungen eingehen dürfen, ohne pfl ichtwidrig zu handeln. Hierbei ging es insbesondere darum, welche Bedeutung es hat, wenn aufsichtsrechtliche Vorschriften oder unternehmensinterne Compliance-Regelungen nicht beachtet werden, wie die fehlende Einrichtung eines Frühwarnsystems für Risiken ein-zuschätzen ist und unter welchen Voraussetzungen das Eingehen sehr hoher oder für das Unternehmen existenzgefährdender Risiken zulässig ist. Diese Konkretisierungen waren vor allem erforderlich, damit D&O-Versicherungen nicht dazu benutzt werden können, auch solche Verluste auszugleichen, die nicht auf pfl ichtwidrigen Fehlentscheidungen der Geschäftsleitung beruhen.

Fazit

Bleibende Folgen der Finanzkrise im Haftpfl ichtbereich

Nicht nur die Abwicklung der Schäden, die die Finanzkrise ausgelöst hat, wird die Versicherungs-wirtschaft auf Jahre hinaus beschäftigen. Vielmehr werden sich die Versicherer von Finanz-instituten vor allem im D&O- und PI-Bereich wegen der veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen weit über die aktuelle Krise hinaus auf eine Reihe von Änderungen einstellen müssen:

– Die Regulierung des Finanzbereichs wurde zum Teil erheblich verschärft. Dies betriff t die Aufsicht über den Finanzmarkt und das Ausmaß der Informa-tions- und Dokumentationspfl ichten der Finanz-dienstleister, aber auch die Möglichkeiten, die Einhaltung dieser Vorschriften zu kontrollieren und Pfl ichtverstöße zu verfolgen.

– Die Gerichte hatten wegen der Krise besonders oft die Gelegenheit, die vom Gesetz geregelten Pfl ichten der Finanzdienstleister zu konkretisieren. Zwar geschah dies keineswegs immer mit dem Ziel einer Haftungsverschärfung. Jedoch erleichtert jede Konkretisierung künftige Klagen, weil Kläger ihre Erfolgsaussichten besser einschätzen können. Dies ist vor allem für Klagen in Europa wichtig, da hier derjenige, der den Prozess verliert, der Gegenseite die Prozesskosten ersetzen muss.

– Die im Zuge der Finanzkrise entstandenen Verluste vieler Anleger und die intensive Berichterstattung über gravierende Pfl ichtverstöße haben nicht nur das Vertrauen der Öff entlichkeit in die Finanz-branche erschüttert, sondern dürften auch die Bereitschaft weiter erhöht haben, gegen die Verant-wortlichen juristisch vorzugehen.

– Die krisenbedingt auch in Europa gestiegene Zahl von Aktionärsklagen wird die Einführung von Sammelklageformen sowie dafür geeigneter Finan-zierungsoptionen (z. B. Erfolgshonorare) weiter beschleunigen.

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18 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

Bereits geringe klimatische Veränderungen haben drastische Auswirkungen auf die Mortalität des Menschen.

Fit für die Zukunft?

ARBEITERUNFALL

Es bleibt spannend: Eine höhere Lebenserwartung und komplex miteinander verwobene Krankheitsursachen stellen die Arbeiterunfallsysteme der Zukunft vor große Herausforderungen. Die fi nanziellen Folgen der Änderungs-risiken treten dabei nur allmählich zutage. Um weiterhin profi tabel zu arbeiten, müssen Erst- und Rückversicherer die Zusammenhänge kennen und in ihrem Pricing sowie beim Schadenmanagement berücksichtigen.

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IM FOKUS

19 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

AutorenVictor Schultheiss, Dr. Héctor Upegui Garcia, beide München

Versicherer, die sich vor unliebsamen Überraschun-gen schützen wollen, müssen jetzt genau analysieren, welche wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und rechtlichen Trends die Arbeiterunfallversicherung (AUV) beeinfl ussen. Dabei gilt: In einer Welt des Wandels werden die Dimensionen von Langfrist-trends, die sich teilweise über Jahrzehnte erstrecken, leicht unterschätzt.

Beispiel Klimawandel: Er wird künftig nicht geringe Auswirkungen auf bestimmte Berufsgruppen und damit auf die Versicherung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten (AUV, gesetzliche Unfallversiche-rung oder Workers’ Compensation) haben, die heute noch kaum berücksichtigt werden. Erwähnt seien nur ein größeres Hautkrebsrisiko aufgrund aggressiverer UV-Strahlung, mehr Hitzetote oder das vermehrte Auftreten von Allergien, ausgelöst durch verstärkten Pollenfl ug.

Erst die Spitze des Eisbergs

Die Besonderheit der AUV: Änderungsrisiken schlagen hier besonders deutlich zu Buche, weil es unter Umständen sehr lange dauern kann, bis alle Ansprüche aus einem Schadenereignis bekannt und abgewickelt sind. So kann etwa die Entscheidung einer Regierung das Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre anzuheben, dem Arbeiterunfallsystem eines Landes große zusätzliche Belastungen aufbürden. Die Versicherer müssen auf einmal zwei Jahre länger für Schäden aus Arbeiterunfällen aufkommen, bevor die gesetzliche Rentenversicherung greift.

Betroff en sind dabei nicht nur Verträge, die nach der Gesetzesänderung in Kraft traten, sondern oftmals rückwirkend alle Verträge in der AUV, für die neue Rentenberechnungen erstellt werden müssen. Die ursprünglichen Policenkalkulationen sind damit Makulatur. Dies ist erst die Spitze eines Eisbergs, bei dem mit Zusatzbelastungen für weitere Jahre – im schlimmsten Fall Jahrzehnte – zu rechnen ist.

Das Beispiel zeigt: Die AUV kann sich rasch zu einem schwierig kalkulierbaren fi nanziellen Risiko ent-wickeln. Soll das System seine unbestritten wichtige gesellschaftliche Funktion auch künftig erfüllen, muss es sich fi t für die Zukunft machen. Erschwert wird dieses Vorhaben durch die Tatsache, dass die AUV länderspezifi schen Eigenheiten unterliegt. Weil die Regelungen entscheidend von den wirtschaft-lichen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen abhängen, sind Pauschalaussagen selten möglich.

Kompetenzzentrum für Arbeiterunfallversicherung

Munich Re hat bereits vor 11 Jahren ein weltweit agierendes Kompetenzzentrum eingerichtet, um ihr Wissen im Bereich AUV zu bündeln. Ziel des Geschäftsfelds ist es, systematisch und lösungs-orientiert Erkenntnisse zu sammeln, um zu einem eff izienten Betrieb des Systems, angemessener Rentabilität und fi nanzieller Sicherheit für alle Betei-ligten – Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Versicherer/Risikoträger und Staat – beizutragen.

„Bei einem Anstieg der Monatsdurchschnittstemperatur um 1 °C kann die all ge meine Sterblichkeit um 1,4 %, die Mortalität bei Atem wegser krankungen um 10,4 % und die Herz-Kreislauf-Mortalität um 1,6 % zunehmen, wenn der gesundheitlich optimale Tempera tur bereich überschritten wird.“W.J.M. Martens, Health Impacts of Climate Change and Ozone Depletion: An Ecoepidemiologic Modeling Approach

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IM FOKUS

20 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

Trend Demographie: Die allgemeine Lebenserwartung der globalen Bevölkerung steigt weiter an. Die Konsequenzen für AUV-Systeme sind vielschichtig und führen zu dringendem Anpassungsbedarf.

Trend Fettleibigkeit: Adipositas wird als weltweite Epidemie eingestuft und wirkt sich damit auch global auf AUV-Systeme aus. Kosten für medizinische Versorgung von fettleibigen Personen nehmen in Abhängigkeit zum Ausmaß der Krankheit überproportional zu.

Das Durchschnittsalter steigt in den meisten Ländern Quelle: UN Population Division (UNPD)

Abb. 1 Alternde Bevölkerung 1999–2008

5,0

4,0

3,0

2,0

1,0

0,0

1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050

Mrd.

Schätzungen Hochrechnungen

15–590–1460+

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IM FOKUS

21 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

„In den letzten 100 Jahren ist die durchschnittliche Lebenserwartung in Europa um 28 Jahre von 45 auf heute 73 Jahre gestiegen.“Prof. Eino Heikkinen, Universität Jyväskylä, Finnland

Das aufgebaute Knowhow zum Risikomanagement der AUV ist weltweit einzigartig. Heute ist das Kompetenzzentrum ein international ge schätz tes und anerkanntes Gremium. Munich Re steht ihren Kunden nicht nur mit Rat und Tat bei der Ausgestaltung von Policen zur Seite, unser Expertenwissen fl ießt auch in unsere Underwriting-Expertise ein.

Das Kompetenzzentrum hat in den vergangenen zwei Jahren 9 Themenfelder als zukünftige Herausforde-rung für die AUV identifi ziert. Bei einem Symposium im März 2009, dessen wichtigste Ergebnisse im Diskussionspapier „Future challenges in workers‘ compensation“ zusammengefasst sind, wurden die großen Herausforderungen der Zukunft mit Experten aus Assekuranz und Vertretern von internationalen Organisationen diskutiert. Ohne Anspruch auf Voll-ständigkeit geht es in dem Papier darum, wichtige Denkanstöße zu liefern und den notwendigen Dialog zu initiieren, um künftigen Veränderungen den Boden zu bereiten. Denn eines steht fest: Die Ansprüche an die Arbeiterunfallversicherung ändern sich signifi -kant. Wollen wir die AUV-Systeme fi t für die Zukunft halten, müssen wir den Austausch von Ideen zwischen allen Beteiligten ermöglichen.

Beispiele für Future challenges

Trend Demographie: Die globale Bevölkerung wird im Schnitt immer älter (siehe Abb. 1). Es liegt daher nahe, dass das Durchschnittsalter der Arbeitnehmer dieser Entwicklung angepasst werden wird, was für die AUV erhebliche Konsequenzen hat. Zum einen zeigen Untersuchungen, dass die Zahl der schweren Verletzungen bei Arbeitnehmern mit dem Alter steigt, zum anderen nehmen altersspezifi sche Krankheiten wie Sehschwäche, Muskel-Skelett-Erkrankungen oder psychische Beeinträchtigungen wie Depressi-onen zu. Außerdem treten Krankheiten mit langer Latenzzeit im Alter naturgemäß stärker zutage. Eine Entwicklung, auf die heutige AUV-Systeme noch nicht vorbereitet sind.

Trend Fettleibigkeit: Adipositas ist nicht nur eine Krankheit, sondern eines der großen volksgesundheit-lichen Probleme unserer Zeit. Defi niert als ein Body Mass Index (Gewicht/Körpergröße2) von mehr als 30, ist Fettleibigkeit in vielen Ländern verbreitet (siehe Abb. 2). Mit dem Phänomen verbunden sind nicht nur die typischen Beschwerden von zu hohem Körper-gewicht, wie etwa Herz-Kreislauf-Schwäche und Diabetes, sondern auch eine steigende Zahl von berufsbedingten schweren Unfällen und Beschwer- den. Zudem sind die Arbeitsschutzvorrichtungen gewöhnlich nicht auf stark dickleibige Personen zugeschnitten, und die Kosten für die medizinische Versorgung nehmen mit dem Ausmaß der Fettleibig-keit weit überproportional zu.

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22 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

„2004 galten in den USA 31,1 % der Männer und 33,2 % der Frauen über 20 als klinisch über gewichtig.“WHO

Änderungsrisiken verstärken sich gegenseitig

Was die Quantifi zierung der unterschiedlichen Ein fl ussfaktoren auf die AUV so schwierig macht, sind die vielfältigen Interdependenzen. Die Asseku-ranzen müssen sich darauf einstellen, dass zusätz-liche Risiken in den Büchern auftauchen, weil jahrelang gültige Zusammenhänge aufgrund gesell-schaftlicher Veränderungen keinen Bestand mehr haben.

Auch wenn die zahlreichen Faktoren, die die AUV künftig belasten, aus analytischen Gründen separat betrachtet werden, haben sie eine breite Schnitt-menge. Laut Weltgesundheitsorganisation nimmt beispielsweise die Fettleibigkeit unter den chroni-schen Krankheiten einen der vorderen Plätze ein. Sie ist wiederum Ursache für andere chronische Erkran-kungen wie Depression oder Diabetes – Krankheits-bilder, die im Alter verstärkt auftreten. Schon dieses Beispiel zeigt: Änderungsrisiken korrelieren stark und in komplexer Weise miteinander.

Schadenmanagement als Schlüsselfaktor

Besondere Bedeutung wird in der AUV künftig der Schadenbearbeitung und Schadenprüfung zukommen. Denn nur wenn Erstversicherer die

Adipositas wird als weltweite Epidemie eingestuft. Anteil der Bevölkerung mit einem BMI > 30 Quelle: Global Database on Body Mass Index World Health Organization

Abb. 2 Fettleibigkeit – ein gewichtiges Problem

35 4020 25 305 10 15%

Saudi-ArabienUSAGroßbritannienMexikoNeuseelandChileSüdafrikaDeutschlandAustralienPeruMarokkoKanadaFinnlandColumbienSpanienBelgienBrasilienSchwedenPortugalSingapurNorwegenMalaysiaChina

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23 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

Fazit

Erst- und Rückversicherern haben ein gemeinsames Interesse, Änderungsrisiken in der AUV beherrschbar zu machen. Munich Re sieht ihre Rolle vor allem darin, die Herausforderungen zu benennen und über Vorträge, Symposien und Publikationen den Dialog anzuschieben. Mit unserem Centre of Competence geben wir unparteiische Denkanstöße für Verände-rungen, die in ein risikoadäquates Pricing münden können.

Die Diskussion, die das Kompetenzzentrum zunächst nur auf die AUV beschränkte, kann auch ein Anstoß für andere Personenversicherungssparten sein, da die genannten zukünftigen Herausforderungen – u. a. durch Druck auf Pfl ege-, Heil- und Gerichtskosten – die Schadenlast insgesamt erhöhen werden.

Entwicklung genau analysieren, können sie Änderungs-risiken aufspüren. Viele der heutigen Schäden – psychische Krankheiten, Medikamentenmissbrauch, Muskel-Skelett-Erkrankungen – sind bereits Teil der künftigen Herausforderungen. Tatsache ist aber auch: Bislang hinterfragt niemand die Zusammenhänge.

Ein weiterer wichtiger Punkt im Rahmen des Schaden-managements sind Schadenprävention und Maßnahmen zur Rehabilitation. Für die meisten der bisher defi nierten Future challenges fehlt jedoch eine geeignete Schadenprävention. Es ist daher Aufgabe eines funktionierenden Schadenmanagements, Risiken zu analysieren, Szenarien zu entwerfen und präventiv Lösungen zu erarbeiten.

Folgen für das Underwriting

Die meisten Tarifi erungssysteme der AUV beruhen darauf, betriebliche Tätigkeiten oder Berufsgruppen zu klassifi zieren. Dahinter steckt die Erfahrung, dass bestimmte Formen der Erwerbstätigkeit mit größeren Gefahren verbunden sind und dort mit höherer Wahr-scheinlichkeit Berufsunfälle auftreten. Das Problem dabei: Viele der Future Challenges verlaufen horizontal, d. h., sie betreff en im Grunde genommen alle Berufs-gruppen und nicht nur einen bestimmten Beruf. Es muss daher unbedingt geprüft werden, ob ein Unglück am Arbeitsplatz mit zugrunde liegenden Krankheiten wie Fettleibigkeit, Depressionen oder Tablettenabhän-gigkeit zusammenhängt. Tritt hier ein signifi kantes Änderungsrisiko zutage, kann es über ein risikoadä-quates Pricing aufgefangen werden. Langfristiges Ziel muss sein, die je nach Land und Berufsgruppen beste-henden Klassifi zierungen von Berufskrankheiten unter neuen Gesichtspunkten zu betrachten.

Aktuelle Veröff entlichung „Future challenges in workers’ compensation“

Das Diskussionspapier „Future challenges in workers‘ compensation“ (Englisch) ist unter der Bestellnummer 302-06153 erhältlich. Zum Download steht Ihnen die Publikation auf unserer Homepage www.munichre.com unter Publikationen (Rubrik Arbeiterunfall) zur Verfügung. Mehr Information zum 4th Interna-tional Workers’ Compensation Symposium fi nden Sie unter folgendem Link: www.munichre.com/wcs/en/homepage/default.aspx

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24 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

UMWELTSCHADEN

In einem holzverarbeitenden Großunternehmen an der Ostseeküste kam es im April 2008 zu einem folgenschweren Unfall: Während man routinemäßig einen Hochtank mit hochprozentiger Natronlauge befüllte, platzte der Abfüllschlauch des Tanklastzugs. In kürzester Zeit traten mehr als 2,5 t der hochaggressiven Flüssigkeit aus und kontaminierten das gesamte Tanklager.

Großschaden durch Natronlauge

Insbesondere unedle Metallteile der Anlage wurden durch die aggressive Lauge geschädigt. Aluminiumtank-isolierungen, isolierte Rohrleitungen, Pumpen, Klappen und Ventile aus Schwarzstahl mussten ersetzt werden.

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25 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

SCHADENMANAGEMENT

AutorDr. Hans Springorum Allianz Deutschland AG

Das fast 1.000 m2 große Tanklager ist das Herzstück des Betriebs, wo täglich Hunderte Tonnen fl üssige Ausgangsstoff e und Produkte für den Produktions-prozess umgeschlagen werden. Als beim Entleeren des mit 50%iger Natronlauge (NaOH) gefüllten Tank-wagens der Tankschlauch aus Kunststoff aufriss, trat diese ungehindert aus. Der im Schlauch während des Betankens herrschende Druck verursachte eine Verunreinigung der Anlagenteile bis in eine Höhe von ca. 5 m. Dies unterbrach den Produktionsprozess und hatte massive Korrosionsschäden zur Folge.

Die ganze Anlage drohte auszufallen: ein Produkti-onsstillstand mit verheerenden wirtschaftlichen und fi nanziellen Folgen. Aufgrund der chemischen Wir -kung von Natronlauge mit Wasser und Stahl stellte sich eine salzige Chromcarbonat-Verbindung ein, welche zu erheblichen Korrosionsschäden führte. Die aggressive Lauge schädigte insbesondere alle un edlen Metallteile der Anlage wie Aluminiumtank-isolierungen, isolierte Rohrleitungen, Pumpen, Klappen und Ventile aus Schwarzstahl und verzinkten Stahlkonstruktionen. Ebenfalls wiesen alle betroff e- nen Anlagenkomponenten aus Edelstahl und die Kabel trassen für die elektrischen Leitungen bereits nach kurzer Einwirkdauer der Natronlauge erheb liche Schädigungen auf.

Alarmierungssystem

Nach der Schadenmeldung an die Allianz beauftrage diese sofort ein Sachverständigenbüro mit Schaden-aufnahme, Ursachenermittlung und Einleitung der notwendigen Erst- und weiteren Sanierungsmaß-nahmen.

Aufgrund der erheblichen Komplexität des Schaden-falls betraute man in Absprache mit den Geschä-digtenvertretern ein bundesweit operierendes Fach-unternehmen mit der Sanierung unter der Leitung des Sachverständigenbüros. Nachdem es den Schaden aufgenommen und die einzelnen Schaden-segmente eingeteilt hatte, leitete es umgehend die Sanierungsmaßnahmen ein.

Es bedurfte einer logistischen und koordinatorischen Kraftanstrengung, um die unterschiedlichen Sanie-rungsfacheinheiten und Anforderungsprofi le der Sanierungstechniken abzustimmen. Die vielfältigen und ineinander verzahnten Sanierungsmaßnahmen waren auch darauf ausgerichtet, Korrosionsfolge-schäden zu verhindern.

Oben: Schadenursache: geplatzter Schlauch des Tanklastzugs bei der Befüllung des NaOH-Tanks

Mitte, unten: Schadenausmaße durch Natronlauge: massive Korrosions-schäden an Aluminiumisolierungen, Edelstahlanlagenteilen und Schwarz-stahlbolzen der Tankbefestigungen

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26 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

SCHADENMANAGEMENT

Zur Havariebekämpfung griff man nach dem Unglück schnellstmöglich zu folgenden Maßnahmen:

– Unmittelbar (ca. 4 bis 5 Stunden) nach dem Natron-laugeaustritt reinigte man den Boden und spülte ihn einen Tag lang mit Wasser.

– Nach der Wasserreinigung ist Natriumhydroxid aus kristallisiert, das ungefähr 1 Woche später mit Zitronensäure neutralisiert und anschließend erneut mit Wasser gespült wurde.

Neben Reinigungs- und Korrosionsschutzarbeiten waren zahlreiche beschädigte Anlagenkomponenten auszutauschen. Viele Anlagenmodule wurden vor -gefertigt, um anschließend den Wechsel in möglichst kurzer Zeit durchführen zu können. Zusätzlich hatte das geschädigte Unternehmen erhöhten Anforde-rungen aus der Störfallverordnung und damit einher-gehend einer intensiven Überwachung gerecht zu werden.

Für alle mit Natronlauge beeinfl ussten Komponenten der Mess- und Regeltechnik sowie die in der Anlage befi ndlichen Elektromotoren ergaben sich ähnliche Probleme wie für die Pumpen, Klappen und Arma-turen. Man konnte die Rückstände der Natronlauge und auch die Rückstände der Zitronensäure – vor allem aus dem Inneren bei den in den unteren Bereichen der Anlage befi ndlichen Komponenten – nicht vollständig entfernen. Natronlauge und mögli-cherweise ebenfalls die Zitronensäure beeinfl ussten nicht nur die Außenoberfl ächen der Baugruppen, sondern gelangten unkontrolliert auch in das Innere der Baugruppen. Also war davon auszugehen, dass die von der Havarie beeinfl usste Mess- und Regel-technik bereits nicht mehr vollständig funktions-tüchtig war oder aber innerhalb der nächsten Zeit funktions untüchtig werden würde. Da sich aus einer solchen Situation unplanbare Unsicherheiten im Anlagen betrieb ergeben, waren Mess- und Regel-technik komplett zu ersetzen.

Um den Schaden möglichst gering zu halten – das heißt: um die Kosten erheblich zu senken –, sollten alle Sanierungsarbeiten während des laufenden Produktionsprozesses erfolgen. Dies erforderte einen hohen Koordinierungsaufwand zwischen demSachverständigenbüro, der Betriebsleitung und allen Fachunternehmen mit den gebundenen Spezial-fi rmen und Gewerken. In Spitzenzeiten waren bis zu sechs Sanierungsteams mit Facharbeitern, Siche-rungseinheit und Sachverständigen sowie der beglei-tenden Logistik zu koordinieren.

Aufgrund des Gefahrstoff potenzials wurden an alle Sanierungsarbeiten hohe Arbeits- und Gesundheits-schutz- sowie Sicherheitsanforderungen gestellt. Zum großen Teil waren die Arbeiten unter Vollschutz durchzuführen.

Die großfl ächigen Sanierungen konnten im Dezember 2008 abgeschlossen werden. Während der konti-nuierlich geplanten Anlagenstillstände tauschte man im ersten Halbjahr 2009 die restlichen Anlagenmo-dule aus und führte die übrigen Sanierungsaufgaben durch; die restlichen vorbeugenden Korrosions-schutzmaßnahmen folgten unter gutachterlicher Kontrolle bis Ende Juni 2009. Zur Überprüfung der Nachhaltigkeit aller Maßnahmen erarbeitete man einen Prüfplan. Seit Anfang August 2009 sind die Arbeiten abgeschlossen.

Oben: Einhausung und Einrüstung der kontaminierten Bereiche des Tanklagers

Unten: Rückbau der kontaminierten Anlagenteile

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27 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

SCHADENMANAGEMENT

Oben: Industriereinigungsarbeiten

Unten: Erneuerung der Aluminium-Polyurethan-Isolierungen der Tanks

Dieser Beitrag entstand in freund-licher Zusammenarbeit mit dem Büro Ehrhardt, Sachverständigenbüro für Ursachenermittlung und Schaden-rekonstruktionen, [email protected].

Fazit

Situation vor OrtDie rasche Meldung ermöglichte es dem Versicherer und den Sachver ständigen, umgehend vor Ort den Schaden in Augenschein zu nehmen und die Geschäftsführung der Geschädigten schnell von den vielfältigen Sanierungsarbeiten zu überzeugen. Dies erzeugte Ver trauen und ermöglichte es, die Sanie-rung während des laufenden Produktionsbetriebs durchzuführen und damit erhebliche Kosten ein zusparen.

SchadenursacheDas technische Institut des TÜV-Rheinland unter-suchte den geplatzten Schlauch. Man stellte fest, dass der sogenannte Leerschlauch erhebliche Gebrauchsspuren aufwies. Das bedeutet, dass er während seines technischen Einsatzes beträchtlichen Zugspannungen mit eindiff undierenden Medien ausgesetzt war. Das heißt: Der Leerschlauch hätte wegen der begrenzten Lebensdauer und der unvermeidlichen Beschädigungen bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt ausgetauscht werden müssen.

SanierungDie Geschäftsleitung des geschädigten Unterneh-mens sprach den Fachleuten, Fachfi rmen und dem Versicherer für deren schnelle, unkomplizierte und verantwortungsbewusste Durchführung der Sanierungsmaßnahme während des laufenden Pro duktionsbetriebs ihre uneingeschränkte Aner ken-nung aus. Der rasche Einsatz und die fach gerechte Umsetzung waren maßgebend, dass es zu keinem Produktionsausfall mit beträchtlich höherem Kostenaufwand kam.

Maßnahmenkatalog zur ÜberwachungIm Rahmen der Eigenüberwachung und der Über-prüfung des Fuhrparks ist die Kontrolle der beweg-lichen Teile am Tankkraftwagen sowie der Schlauch-systeme zukünftig in kürzeren Zeitabständen als bisher vorzunehmen, um Schäden zu vermeiden.

Obwohl der Schaden im siebenstelligen Bereich lag, war die Sanierung doch ein Erfolg: Eine Produktions-unterbrechung hätte alles deutlich verteuert. Dennoch bleibt ein unbefriedigender Nachge-schmack: Das rechtzeitig ausgetauschte Ersatzteil – in diesem Fall lediglich mit Kosten in Höhe von ca. 1.000 € für den defekten Leerschlauch verbunden – hätte den Großschaden gänzlich verhindert. Daraus folgt: Besonders bei Gefahrguttransportern sind Schläuche und alle sonstigen beweglichen Teile unbedingt regelmäßig zu überprüfen und rechtzeitig auszuwechseln.

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Versicherungen von Naturkatastrophen –Schadenbeispiel Hurrikan Paloma

NATURGEFAHREN

Ungewöhnlich spät in der Hurrikan-Saison bildete sich über dem Atlantik Mitte November 2008 ein starker tropischer Wirbelsturm. Als sehr gefährlicher Sturm eingestuft, richtete Paloma auf den Cayman-Inseln schwere Schäden an. Wie wirken sich Policenbedingungen – etwa Unter-versicherungsklausel und Höhe der Selbstbeteiligung – bei derartigen Schadenereignissen aus?

AutorMichael C. Gayle, Sagicor General Insurance (Cayman) Ltd.

Die Cayman-Inseln – ein britisches Überseegebiet in der westlichen Karibik: Nur 770 km südlich von Miami, USA, gelegen, besteht die Inselgruppe aus den drei Inseln Grand Cayman, Cayman Brac und Little Cayman.

Tourismus und Finanzen

Während in früheren Zeiten das wirtschaftliche Leben von der Schiff fahrt geprägt war, gelangten die Cayman-Inseln in jüngerer Vergangenheit neben dem Tourismus vor allem dank des aufblühenden Finanz-sektors und der Präsenz vieler internationaler Finanz-dienstleister zu einigem Wohlstand. Die Entwicklung des Finanzsektors beschränkt sich auf Grand Cayman. Sie spiegelt sich dort in einer gut ausgebauten Infrastruktur mit Hotels, Geschäftsgebäuden und Wohnhäusern wider.

Auf den Schwesterinseln Little Cayman und Cayman Brac ist ein solcher Boom zwar ausgeblieben – eine kleine, aufstrebende Tourismusbranche mit einigen kleinen Hotels und Villen unterschiedlicher Größe entwickelte sich jedoch auch dort. Dennoch ist der Lebensstandard spürbar niedriger als auf Grand Cayman.

Vom Tropensturm zum Hurrikan

Obwohl die Cayman-Inseln in einer Hurrikan-Region liegen, blieben sie lange von nennenswerter Hurrikan-Aktivität verschont. Das änderte sich mit Hurrikan Ivan im September 2004 schlagartig: Mit seiner immensen Zerstörungskraft verursachte Ivan auf den Inseln versicherte Schäden in Höhe von rund 1,8 Mrd. US$ – und hinterließ ein nur schwer zu quantifi zierendes Trauma in der Bevölkerung.

Als am Abend des 6. November 2008 rund vier Jahre später Hurrikan Paloma über die südwestliche Karibik zog, löste er auf den Cayman-Inseln die schlimmsten Befürchtungen aus. Die Regierung der Caymans rief die Einwohner auf, sich in sicheren Räumen aufzu-halten. Hotels evakuierten ihre Erdgeschosse und den ersten Stock. Die Inselbewohner fl ohen in Schutz-räume.

Paloma entwickelte sich in etwas mehr als einem Tag vom Tropensturm zu einem Hurrikan der Kategorie 3. Und bewegte sich geradewegs auf Grand Cayman zu. Doch der relativ kleine Hurrikan (etwas über 30 km Durchmesser mit gefährlicher Geschwindigkeit) drehte kurz vor Grand Cayman nach Osten ab – und die Insel blieb vom Schlimmsten verschont.

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29 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

SCHADENMANAGEMENT

Satellitenaufnahme von Hurrikan Paloma. Der Durch-messer des Gebiets mit Hurrikan-Windgeschwindigkeit betrug ca. 30 km. Das entspricht in etwa dem doppelten Durchmesser von Grand Cayman.

Auf Grand Cayman, der mit einer Fläche von 76 Quadratmeilen größten Insel der Gruppe, leben etwa 90 % der rund 55.000 Ein wohner. Die beiden Schwesterinseln Cayman Brac und Little Cayman sind mit 14 bzw. 10 Quadratmeilen nicht nur deutlich kleiner, sondern auch dünner besiedelt.

Abb. 1 Die Cayman-Inseln

Grand Cayman

Grand Cayman

Little Cayman

Cayman Brac

West Bay

North Side Village

Old Man Village

East End West End

West End

Spot Bay

Bodden Town

George-Town

Little CaymanCayman Brac

KARIBISCHES MEER

KARIBISCHES MEER

KARIBISCHES MEER

0 25 Kilometer

0 25 Meilen

0 25 Kilometer

0 25 Meilen

0 25 Kilometer

0 25 Meilen

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30 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

SCHADENMANAGEMENT

Paloma triff t auf Cayman Brac

Aufgrund der geänderten Zugbahn traf Paloma statt-dessen Cayman Brac – mit verheerenden Folgen. Denn Paloma hatte sich entgegen allen Erwartungen zu einem „extrem gefährlichen Hurrikan“ der zweit-höchsten Kategorie 4 (mit Windgeschwindigkeiten zwischen 210 und 249 km/h) entwickelt. Paloma beschädigte auf Cayman Brac den Großteil aller Gebäude, deckte Dächer ab und setzte die Straßen knietief unter Wasser. Der Tourismussektor wurde fast vollkommen zerstört, und bei Redaktionsschluss waren die meisten touristischen Einrichtungen (Hotels und Appartements) nach wie vor geschlossen. Die Unterkünfte wurden zeitweilig sogar so knapp, dass Loss-adjustern nichts anderes übrigblieb, als täglich von Grand Cayman einzufl iegen.

Als problematisch stellte sich heraus, dass aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte nicht genügend Handwerker vor Ort verfügbar waren, um die beschä-digten Häuser zu reparieren. Eigentümer größerer Immobilien beauftragten daher Baufi rmen von Grand Cayman – doch Besitzer kleinerer Häuser mussten warten. Somit gestaltete es sich schwierig, Kosten-voranschläge zu erhalten, was wiederum die Schadenregulierung verzögerte.

Abb. 2 Schäden durch Hurrikan Paloma auf Cayman Brac

Gesamtzahl der Gebäude auf Cayman Brac 1.360Anzahl der beschädigten Gebäude 1.148 d. h. 84,4 % aller GebäudeTotalschäden 73 d. h. 5,3 % aller GebäudeSchwere Schäden 484 d. h. 35,6 % aller GebäudeLeichte Schäden 591 d. h. 43,5 % aller GebäudeKeine Schäden 212 d. h. 15,6 % aller Gebäude

Abb. 2b Schadenerfahrungen der SGIC auf Cayman Brac

Gesamtzahl der Bestandspolicen auf Cayman Brac 310Policen, bei denen Schäden gemeldet wurden 264 d. h. 85,2 % der PolicenPolicen, bei denen sich Schäden auf über60 % der Versicherungssumme belaufen 65 d. h. 24,8 % der PolicenPolicen, bei denen sich Schäden auf 30–60 % der Versicherungssumme belaufen 46 d. h. 17,4 % der PolicenPolicen, bei denen sich Schäden auf wenigerals 30 % der Versicherungssumme belaufen 153 d. h. 57,8 % der Policen

Statistische Untersuchung des Schadens

Die Sagicor General Insurance (Cayman) Ltd. (SGIC) gehört zu den führenden Versicherern auf den Cayman-Inseln und genießt auf den Schwesterinseln Little Cayman und Cayman Brac eine dominierende Stellung. Dadurch bot sich der SGIC die wohl einma-lige Gelegenheit, für ein verhältnismäßig kleinräu-miges Katastrophengebiet eine statistische Aus -wertung zu erheben, wie sich Policenbedingungen – insbesondere die Unterversicherungsklausel sowie Selbstbeteiligungen – bei Naturkatastrophenschäden auswirken.

Die Beobachtungen stützen sich in erster Linie auf die Erfahrungen in Cayman Brac und Little Cayman, auf die zahlenmäßig gesehen 93 % der eingereichten Schadenfälle und insgesamt 99 % der eingereichten Schadenhöhe entfallen. Der Leiter der kommunalen Bau- und Planungsbehörde von Cayman Brac beziff ert die Schäden durch Hurrikan Paloma wie in Abb. 2 beschrieben.

Setzt man 30 % der Versicherungssumme als Untergrenze für schwere Schäden an, beträfe dies 42 % der gemeldeten Schäden (oder 36 % aller Policen) – siehe dazu Abb 2b. Was verdeutlicht: Die Schadenerfahrungen der Versicherung decken sich weitestgehend mit den off iziellen Angaben der Behörde.

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SCHADENMANAGEMENT

Bei Redaktionsschluss waren über 95 % der Schäden reguliert. Eine geringe Zahl stand kurz vor der Regu-lierung. Hierbei handelte es sich unter anderem um drei überdurch-schnittlich große Schäden, die zusammengenommen 20–25 % des Schadenanfalls ausmachten. Da sich die angegebenen Prozentwerte auf Schäden beziehen, die zum Zeitpunkt der Datenerhebung reguliert wurden, sind geringfügige Änderungen möglich. Das Gesamtbild dürfte sich jedoch nicht ändern.

Eingereichte Schäden versus versicherte Schäden

In der Regel sind bei Katastrophenszenarien die geltend gemachten Schäden nicht unbedingt mit der Höhe des Versicherungsschadens gleichzusetzen. Auch in diesem Fall konnte die Höhe der eingereich-ten Schäden aufgrund einer sorgfältigen Schaden-prüfung um insgesamt 22 % nach unten korrigiert werden. Die Anwendung der Unterversicherungs-klausel ergab eine weitere Verringerung um 8,65 %, und durch Abzug der Selbstbehalte reduzierte sich die Schadenbelastung nochmals um 9,26 %. Näheres verdeutlicht Abbildung 3 (siehe Seite 32 unten). Es liegen keine empirischen Daten darüber vor, wie hoch der Prozentsatz der unversicherten Gebäude auf Cayman Brac ist. Zusammen mit Berichten anderer, lokal tätiger Versicherer sowie den Angaben der Baubehörde ist aber davon auszugehen, dass von den geschätzten 1.360 Gebäuden möglicherweise 40–50 % nicht versichert waren. Ein so hoher Prozentsatz über-rascht kaum: Auf einer Insel mit tendenzieller Unter-beschäftigung (insbesondere im Vergleich zu Grand Cayman) wird – mit Ausnahme der Besitzer von Hotels, Ferienwohnungen oder -häusern – die Entscheidung für den Abschluss einer Versicherung häufi g davon beeinfl usst, ob das Wohneigentum mit einer Hypothek belastet ist. War das Haus schulden-frei, haben es die Hausbesitzer oft nicht versichert.

Faktor „Unterversicherung“

Angesichts der geringen Wirtschaftskraft war auch der Prozentsatz der Unterversicherung auf den Cayman-Inseln erheblich. Für alle Policen war ein Unterversicherungsverzicht bis zu einer Grenze von 15 % vereinbart, so dass die Unterversicherungs-klausel de facto erst bei Unterschreitung von 85 % der Soll-Versicherungssumme greift. Bei 42 % der Gebäuden war dies der Fall. Bei weiteren 23 % lagen die Versicherungssummen zwar über 85 % aber unter 100 % des Versicherungswerts: Obwohl technisch gesehen eine Unterversicherung vorlag, waren die Versicherungsnehmer daher nicht von einem Unter-versicherungsabzug betroff en.

Auch bei 38 % der Hausratschäden lag eine Unterver-sicherung (unterhalb der 85 %-Schwelle für den Unterversicherungsverzicht) vor. Weitere 11 % lagenin der Bandbreite zwischen 85–100 % der Sollversi-cherungssumme und waren damit nicht von einem Unterversicherungsabzug betroff en.

Damit scheint der Prozentsatz der Hausrat-Unter-versicherung etwas geringer auszufallen als bei den Gebäuden – allerdings ist diese Zahl verzerrt: Bei einer hohen Zahl kleinsummiger Totalschadenan-sprüche haben die Gutachter von einer Schätzung des Sollversicherungswerts abgesehen. Das tatsäch-liche Niveau der Unterversicherung im Bereich Hausrat dürfte daher sogar deutlich höher als bei den Gebäuden liegen.

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SCHADENMANAGEMENT

Das Gesamtrisikoexposure der SGIC lag zur Zeit des Hurrikans bei rund 90 Millionen Cayman-Dollar (CI$) – entsprechend 108 Millionen US$. Die eingereichten Schäden beliefen sich auf knapp 28 Millionen CI$. Davon entfi elen etwas über 25 Milli-onen CI$ auf Cayman Brac und 2,8 Millionen CI$ auf Little Cayman. Durch Schadenprüfung, Anwendung

Bei tendenzieller Unterbeschäfti-gung auf Cayman Brac verwun-dert es kaum, dass – bis auf Hotel- und Ferienanlagen – häufi g Wohneigentum nur dann ver sichert wird, solange es mit einer Hypothek belastet ist.

der Unterversicherungsklausel und Abzug der Selbst behalte ergibt sich derzeit im Vergleich zu den einge-reichten Schadenforderungen eine um rund 40 % geringere Schadenbe-lastung. Wenn alle Schäden reguliert sind, dürfte sich diese Zahl auf 33 % reduzieren – und einen voraussicht-lichen Endschadenstand von rund 18,5 Millionen CI$ ergeben.

Gesamtexposure Geltend gemachte Schäden Schäden nach Schadenprüfung Schäden nach Anwendung

der Unterversicherungsklausel Schäden nach Abzug

der Selbstbehalte

Abb. 3 Schadenbelastung auf Cayman Brac und Little Cayman durch Hurrikan Paloma (in Millionen Cayman Island $)

CI$ 90

CI$ 80

CI$ 70

CI$ 60

CI$ 50

CI$ 40

CI$ 30

CI$ 20

CI$ 10

CI$ 0

90 28 22 19 17

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33 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

SCHADENMANAGEMENT

Fazit

Die geschätzte Schadenbelastung der SGIC entspricht etwas mehr als 20 % der Gesamtexponie-rung. Eine Schadenbelastung dieser Größenordnung ist mit den Verwüstungen von Hurrikan Ivan auf Grand Cayman vergleichbar, der bei SGIC mit 24 % des Gesamtexposures zu Buche schlug. Aufgrund des anders gelagerten, wirtschaftlichen Schwerpunkts von Grand Cayman (Finanzindustrie) kehrte die Insel damals jedoch relativ schnell zur Normalität zurück, während Cayman Brac sich deutlich langsamer erholt.

Stellt man den ursprünglichen Schadenforderungen von zunächst rund 28 Millionen CI$ die geschätzte Schadenbelastung von nunmehr 18,5 Millionen CI$ gegenüber, werden die Auswirkungen verschiedener Faktoren sichtbar:

– einer aktiven Schadenregulierung, um überhöhte Schadenforderungen einzudämmen,

– geschickt gewählter Selbstbehalte, – sowie der Anwendung von Unterversicherung.

In Kombination führen diese drei Faktoren zu einer deutlich reduzierten Schadenbelastung und einem nachhaltig profi tablen Schadenmanagement.

Faktor Selbstbehalte

Auch wie sich Selbstbehalte auswirken, ist interes-sant. Die Selbstbeteiligung bei Naturkatastrophen-schäden liegt auf den Cayman-Inseln standardmäßig bei 3 %. Aus Gründen des Underwritings und ins besondere bei Strandlage der Objekte wurden jedoch für einen großen Teil der Risiken im Bestand der SGIC (39,1 %) höhere Selbstbehalte vereinbart:

– 33,7 % des Portfolios hat einen Selbstbehalt von 5 %,– 2,9 % des Portfolios hat einen Selbstbehalt

von 7,5 %,– 2,5 % des Portfolios hat einen Selbstbehalt

von 10 %.

Der geschätzte Endschadenstand für das Schaden-ereignis „Hurrikan Paloma“ beläuft sich auf rund 18,5 Millionen CI$. Diese Zahl läge noch um knapp 1 Millionen CI$ höher, wenn für die Policen nur die Standardselbstbeteiligung von 3 % vereinbart worden wäre. Zu rein statistischen Zwecken wurden Modell-berechnungen mit Beitragsnachlässen auf der Grundlage von Nachlässen vorgenommen, wie sie für das Cat-XL-Programm zum Einsatz kommen.

Das Ergebnis: Wären Nachlässe für höhere Selbst-behalte eingeräumt worden, hätten sich diese auf knapp 60.000 CI$ summiert. 60.000 CI$ weniger Prämie stünden in diesem Fall knapp 1 Million CI$ an Einsparungen gegenüber. Aus Underwriting-Sicht veranschaulicht dieses Beispiel auf nachvollziehbare Weise die Wirksamkeit höherer Selbstbehalte auf die Gesamtschadenlast. Es spricht also einiges dafür, das hier geschilderte Beispiel als Anlass zu nehmen, im Rahmen einer Portfolioanalyse zu berechnen, bis zu welcher Höhe Prämiennachlässe für höhere Selbst-behalte gewährt werden können.

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Piraten an Bord – die Entführung der BBC Trinidad

PIRATERIE

Am 21. August 2008 wird der Schwergutfrachter BBC Trinidad im Golf von Aden Opfer eines Überfalls durch Piraten. Drei Wochen lang sind Schiff und Besatzung in der Gewalt der Entführer. 1,1 Millionen US$ Lösegeld werden gezahlt, inklusive der Zusatzkosten entsteht ein Schaden von rund 2,5 Millionen €. Bei solchen Summen bleiben Diskussionen um die Schadenregulierung nicht aus.

Autorin: Vera Maria Schneider, München

Die BBC Trinidad, ein Mehrzweck-Schwergutfrachter in deutscher Eignerschaft (Kaufpreis 20,5 Mio. €), ist am 21. August 2008 unter der Flagge von Antigua & Barbuda im Golf von Aden unterwegs. Die 13-köpfi ge Crew unter der Leitung von Kapitän Jan Konecny ist auf dem Weg nach Muskat in Oman. Geladen sind Metallrohrleitungssysteme, Telefon-masten sowie sonstige Güter.

Die Kaperung der BBC Trinidad

Gegen 12.35 Uhr meldet ein anderes Schiff verdäch-tige Boote in der Nähe des Schwergutfrachters. Die Schiff swache der BBC Trinidad bestätigt ein Mutter-schiff und zwei schmalere Schnellboote in 6 sm Ent-fernung. Um 12.40 Uhr schlägt Kapitän Jan Konecny Generalalarm für eine zu erwartende Piraten attacke. Der bevorstehende Angriff wird an die Joint Task Force gemeldet, deren nächstgelegenes Schiff in 21 sm Entfernung auf Position ist. Eine Reaktion seitens der Task Force erfolgt nicht.

Die BBC Trinidad schlägt einen Zickzackkurs ein. Doch das nur 14 kn schnelle Schiff hat keine Chance gegen die beiden Schnellboote, die den Frachter verfolgen. Keine Viertelstunde später holen sie die BBC Trinidad ein. 9 Piraten, schwer bewaff net mit Kalaschnikow-Sturmgewehren und zwei Panzer-abwehr-Granatwerfern entern gegen 12.52 Uhr das Schiff . Die Crew wird auf die Brücke gebracht. Die Piraten durchsuchen die Kabinen, wechseln die Kleidung und nehmen Bargeld, Schlüssel, Telefone und Laptops an sich. Zeitgleich werden die Kommunika tionskanäle des Schiff s lahmgelegt. Kapitän Jan Konecny bekommt den Befehl, das Frachtschiff an die somalische Küste zu steuern. Ziel der Piraten ist die Bucht von Eyl in Nugaal, einer faktisch autonomen Region im Norden von Somalia.

Die Besatzungsmitglieder dürfen noch einmal ihre Familien anrufen. Auch der Kontakt zu Medien soll hergestellt werden, um den Druck auf den Eigner zu erhöhen. Danach werden die Seeleute in zwei Kammern des Schiff s zusammengepfercht. Rund 20 Minuten später geht in der Unternehmenszentrale der Beluga Shipping GmbH die Nachricht von der Kaperung ein. Sofort wird eine Task Force einberufen, die unverzüglich das primäre Ziel defi niert: in Zusam-menarbeit mit den zuständigen Behörden und einge-schalteten Stellen alle Maßnahmen zu ergreifen, die zu einer schnellen Lösung der kritischen Lage und zur Befreiung der Seeleute führen. Die Unversehrtheit der Männer an Bord hat dabei oberste Priorität.

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35 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

SCHADENMANAGEMENT

Die BBC Trinidad, ein Mehrzweck-Schwergutfrachter mit einer Länge von 132 m und einer Kapazität von 10.000 tdw (tons deadweight) wurde am 21. 8. 2008 im Golf von Aden von Piraten über fallen und gekapert.

Die Verhandlungen

Einen Tag später, am Nachmittag des 22. August, wird Kapitän Konecny angewiesen, erstmals Kontakt mit dem Leiter der Safety-/Security-Abteilung bei Beluga Shipping aufzunehmen. Am Abend des 23. August ruft der „Verhandlungsführer“ der Piraten, ein gewisser Abdi in der Beluga-Zentrale an. Abdi teilt mit, dass die Forderung für die Freilassung von Crew und Schiff 8 Millionen US$ betrage. Mit der Drohung, das Schiff werde gesprengt, sollte die Zahlung nicht erfolgen, beendet er das Telefonat. Im Gegenzug setzt der Beluga-Krisenstab eine Einstiegssumme in Höhe von 800.000 US$ an. Abdi bezeichnet dieses Angebot als „unglaublich“. Am folgenden Tag erhöht Beluga das Angebot auf 1,1 Millionen US$. Die Situa-tion an Bord spitzt sich zu, Wasser und Nahrungs-mittel werden knapp. Kapitän und Crew bekommen die Reste der Mahlzeiten der Piraten zu essen, die durch aus der See gefangenen Fisch aufgestockt wurden. Um den Druck noch zu erhöhen, wird der Mannschaft zeitweise komplett die Nahrung ver-wehrt. Kapitän Konecny informiert die Task Force, dass Abdi über den Verhandlungsstand sehr verär-gert sei und die Piraten unruhig würden.

Sieben Tage nach der Kaperung erwähnt Abdi un-vermittelt, dass 2 Millionen US$ „das Problem wohl lösen könnten“. Beluga erwidert, dass die bereits off erierten 1,1 Millionen US$ sofort und weitere 800.000 US$ im Laufe der folgenden Woche ver-

fügbar gemacht werden könnten. Am 1. September, Tag 12 der Entführung, teilt Abdi plötzlich und uner-wartet mit, dass die Piraten mit dem angebotenen Lösegeld in Höhe von 1,1 Millionen US$ einverstanden seien. Über die Beweggründe kann nur gerätselt werden, möglicherweise wächst die Angst vor einem Eingreifen des Militärs.

Die Geldübergabe

Die Verhandlungen zur Geldübergabe und die entsprechenden Vorbereitungen dauern über eine Woche. Die Piraten bestehen auf einem „Sea Drop“, das heißt: die Übergabe des Lösegelds direkt auf See. Ein letzter Anruf am 10. September, Tag 21, liefert den Beweis, dass die Seeleute körperlich wohlauf sind. Die Übergabe kann also beginnen. Dazu wird eine Sicherheitsfi rma mit Sitz in Mombasa engagiert. Die Schwierigkeit, 1,1 Millionen US$ in Scheinen nach Kenia einzuführen, wird mit dem Verweis auf diplo-matische Quellen und dem Argument, das Geld werde für humanitäre Zwecke und zur Rettung von Menschenleben verwendet, gelöst. Am Morgen des 11. September erreicht ein gecharterter Schlepper die BBC Trinidad, und das Geld wird übergeben. Sofort zählen die Piraten die Summe nach und teilen das Geld unter sich auf.

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SCHADENMANAGEMENT

Die Freilassung

Nach der Geldübergabe am 11. September verlassen die Piraten gegen 10.00 Uhr das Schiff . Die Laptops geben sie an die Mannschaft zurück, die Mobil-telefone aber nehmen sie mit – bis auf eines, das über keine Kamera verfügt. Die BBC Trinidad setzt nun ihre Reise nach Muskat, Oman, fort. Die aus Angst vor einem weiteren Überfall gewünschte Eskorte wird von der Joint Task Force abgelehnt. Am Nachmittag des 15. September läuft die BBC Trinidad in den Hafen von Muskat ein. Die Crew ist schwer traumati-siert. Kapitän Konecny weiß nicht, ob er je wieder einen Fuß auf ein Schiff setzen kann.

Die 12-köpfi ge Crew und Kapitän Jan Konecny (Reihe oben, 2. v. r.) befanden sich 21 Tage in der Gewalt von Piraten.

Der Fall BBC Trinidad aus versicherungs- technischer Sicht

Insgesamt beliefen sich die Kosten der Entführung auf rund 2,5 Millionen €. Die Summe ergibt sich aus dem Lösegeld, den Kosten für die Verhandlung in-klusive der Berater, plus den Kosten für die Geldüber-gabe. Der Versicherungsfall wurde analog Havarie-Grosse Regeln durch beeidigte Dispacheure abge-wickelt, und die Kosten wurden auf die Versicherer verteilt.

Da sich die Drohungen der Piraten gegen Schiff und Ladung richteten, war eine Abwicklung analog Havarie-Grosse Regeln möglich. Obwohl nicht alle Details der Kostenverteilung bekannt sind, war klar, dass der Großteil der Kosten von Waren-, Kasko- und Increased-Value-Versicherern und deren Rückver-sicherern getragen wurde, ein kleinerer Betrag sollte nach damaligem Informationsstand von P&I beige-tragen werden.

Für den Reeder war insbesondere eine faire und zügig durchführbare Lösung wichtig. Die Dispacheure hatten mehrere Methoden der Aufteilung vorgestellt. Die Versicherungsnehmer und ihre Versicherer einigten sind dann auf die Methode, die am transpa-rentesten und am besten durchführbar erschien. Der hier beschriebene Fall ist nur ein Beispiel für das Vorgehen in Piraterieschadenfällen, die oft unter Zeit-druck und unter Beachtung der Tatsache, dass es um bedrohte Menschenleben und hohe Sachwerte geht, gelöst werden müssen. Auf den folgenden Seiten stellen wir mögliche Ansatzpunkte für Lösungen und Diskussionsthemen aus Sicht der Versicherer dar.

Entwicklung Piratenübergriff e mit Geiselnahme 2006 bis 2008

Die Anzahl von Geiselnahmen im Golf von Aden und vor Somalia hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen.

Geiselnahmen gesamtGeiselnahmen Somalia/Golf von AdenGeiselnahmen Rest der Welt

1.000

800

600

400

200

2006 2007 2008 0

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37 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

SCHADENMANAGEMENT

Rechtliche und versicherungs technische Aspekte bei Lösegeld-zahlungenSchäden durch Piraterie werden in der Regel von den Kasko-, Kriegskasko, Waren- und P&I-Versiche-rern getragen. Die permanent steigenden Summen für Lösegeldzahlungen sowie die zunehmende Häufi gkeit von Piratenübergriff en heizen die Diskus-sion an, welcher Versicherer sich an den Kosten beteiligt. Auch bei den Rückversicherern kommen mittlerweile höhere Schadensummen an.

Abhängig von den Versicherungsbedingungen werden Schäden durch Piraterie über die verschie-denen traditionellen Transportversicherungssparten abgesichert, zum Beispiel über die sog. Allgefahren-policen. In einigen Märkten ist Piraterie unter Kriegs-kaskopolicen versichert. Wo Piraterie derzeit noch ein typischerweise in Seekasko versichertes Risiko ist, geht der Trend bei den Versicherern 2009 dahin, Piraterierisiken in die Kriegsrisikodeckungen zu ver -lagern. Die Vorteile: Nutzung kürzerer Kündigungs-fristen und Erheben von Extraprämie für ge listete Gefahrengebiete.

Abwicklung von Lösegeldzahlungen

Die meisten Diskussionen in der Versicherungswirt-schaft und der Presse entstehen bei der Frage, welcher Versicherer für Lösegeldzahlungen aufkommt oder aufzukommen hat. Für Reeder ist vor allem wichtig, eine gewisse Rechtssicherheit zu haben und nicht zwischen den Fronten auf einem gezahlten Lösegeld sitzen zu bleiben. Sie werden daher versuchen, das Lösegeld von ihren und den Versicherern der Ladung wiederzubekommen. Die Höhe der gezahlten Lösegelder hat sich in den letzten Jahren ungefähr verzehnfacht. Allein in den letzten 12 Monaten (Stand September 2009) wurden in der Presse Gesamtbeträge im dreistelligen Milli-onen-US$-Bereich genannt. Das mittlerweile gut organisierte Vorgehen der Piraten sowie die große Anzahl von „Präzedenzzahlungen“ führen zu Einzel-zahlungen, die nicht selten im deutlich siebenstel-ligen Bereich liegen; hinzukommen die oftmals ähnlich hohen Kosten für Verhandlung, Übergabe und Organisation der Lösegeldzahlung. Nach derzeitiger Praxis werden die meisten Lösegeldzahlungen über das Institut der Havarie-Grosse/General Average (siehe Kasten: General Average) oder als Schaden-minderungskosten auf die Beteiligten der „Gefahrengemeinschaft“ umgelegt. Oft ist die Art und Weise der Aufteilung der Lösegeldzahlung Streitpunkt zwischen betroff enen Versicherern.

Havarie-Grosse (General Average)

Internationaler Begriff in der (See-)Schiff fahrt: Havarie-Grosse sind Aufwendungen bzw. Schäden, die vom Kapitän eines Schiff es veranlasst werden, um Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen Gefahr zu retten. Dazu kann auch ein vorsätzlich verursachter Schaden gehören, wenn z. B. Ladungsgüter über Bord geworfen werden (Seewurf), um das drohende Kentern des Schiff s zu verhindern. Der Schaden, der aus einer Havarie-Grosse entsteht, wird prozentual auf das Schiff , die Fracht und die Ladung aufgeteilt. Die Havarie-Grosse-Kosten werden von einem Dispacheur ermittelt und über die Dispache verteilt.

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38 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

SCHADENMANAGEMENT

Mit dem Anstieg der Lösegeldzahlungen und der Zunahme an Überfällen beginnen aber auch die ersten Versicherer ihre Einstandspfl icht bei Lösegeld-zahlungen grundsätzlich zu hinterfragen. Es sind schon Fälle bekannt, bei denen Ladungsversicherer versuchten, ihren Havarie-Grosse-Beitrag zu vermeiden. Zusätzlich zur Diskussion der bekannten Themen um die Versicherung von Piraterie in den Transportsparten kann daher vonseiten der Schaden-abteilungen erhöhte Aufmerksamkeit gefordert sein, wenn Lösegelder und damit verbundene Extrakosten für die Freilassung gefangener Crews und/oder Schiff e gezahlt werden.

Schadenregulierung aus Sicht des Kasko versicherers

Schäden am Schiff

Die Kaskoversicherer prüfen bei der Schadenbearbei-tung unter anderem, ob tatsächlich eine versicherte Seegefahr Ursache des Schadens war. Fehlende Seetüchtigkeit des Schiff s zu Beginn der Reise oder Obliegenheitsverletzungen des Versicherungs-nehmers können die Haftung ausschließen. Reedern werden seit einigen Jahren verschiedene Sicherheits-vorkehrungen zur Vorbeugung von Überfällen in gefährdeten Gebieten empfohlen. Die Palette möglicher Maßnahmen reicht vom Militärstachel-draht um die Reling bis zu bewaff neten Sicherheits-kräften. Für Versicherer stellt sich in diesem Zusam-menhang die Frage, ob sie zukünftig auf bestimmten Maßnahmen bestehen werden. Andersherum muss man fragen, inwieweit bestimmte Sicherheitsmaß-nahmen nicht erlaubt sind, da sie sowohl die Gefahr für Schiff und Crew erhöhen könnten als auch das Ausmaß des Schadens aufgrund von Eskalationen der Gewalt oder zusätzlicher Schäden. In diesen Fällen stellt sich sowohl für Kasko- als auch Haft-pfl ichtversicherer die Frage, welche Schäden und Schadenhöhen zum kausalen Schadenverlauf gehören und damit noch gedeckt sind. Für zukünftige Fälle könnte sich im Hinblick auf die genannten Sicherheitsvorkehrungen die Diskussion entfalten, ab wann die Seetüchtigkeit des Schiff s für die Reise und/oder die Erfüllung von Obliegenheiten unter dem Versicherungsvertrag bei fehlenden Sicherheits-vorkehrungen an Bord oder beispielsweise fehlender Ausbildung der Crew in Zweifel gezogen werden kann.

Lösegeldzahlungen

Erfolgt eine Lösegeldzahlung, um drohende Gefahr vom Schiff abzuwenden, kann der Kaskoversicherer die Zahlung als Schadenminderungskosten ein-ordnen. Fraglich könnte eine solche Einordnung dann werden, wenn die Piraten „nur“ mit Gefahr für die Crew drohen. Auch eine Behandlung als Havarie-Grosse ist möglich. Sind die Voraussetzungen einer Havarie-Grosse gegeben, werden Kaskoversicherer ihren Teil an der Lösegeldzahlung beisteuern müssen. Nach den Londoner Institute Time Clauses (1995) wird der Kaskoversicherer bei einer Lösegeldzahlung nach Havarie-Grosse/General Average zunächst in Vorleistung gehen und dann gegen die anderen Ver -sicherer regressieren.

Die derzeitige Praxis bei Lösegeldzahlungen zeigt, dass zwar häufi g auf die Prinzipien der Havarie-Grosse zurückgegriff en wird, die tatsächliche Abwicklung dann jedoch nicht vollständig nach den Havarie-Grosse-Regeln erfolgt, da eine solche sehr lange dauern und umständlich sein kann. Grundsätz-lich könnte der Eigner beispielsweise erst mit dem Ergebnis der Dispacheverteilung von den Warenbe-teiligten kollektieren, praktisch ist gerade der Zeitab-lauf ein entscheidender Faktor bei der erfolgreichen Befreiung von Schiff und Mannschaft. Oft einigen sich die Versicherer unter Verweis auf Havarie-Grosse auf „Good will“-Basis auf eine schnelle und unbüro-kratische Auszahlung. Bei den stetig ansteigenden Summen dürften die Versicherer zukünftig jedoch stärker daran interessiert sein, bei dieser Pauschal-lösung nicht mehr zu zahlen als bei einer tatsäch-lichen Havarie-Grosse-Abrechnung.

Schadenregulierung aus Sicht des Waren versicherers

Warenschäden

Durch Piraterie verursachte Warenschäden sind zum Beispiel unter den deutschen Allgefahrenbedingun- gen und den englischen Institute Clauses A (ICC A) gedeckt. Anders sieht es bei engeren Deckungsbedin-gungen aus. Schäden, deren Ursache die fehlende Seetüchtigkeit des Schiff es ist, sind jedoch vom Umfang der Versicherung ausgeschlossen (z. B. ICC-Klausel Nr. 4), wenn der Versicherungsnehmer die fehlende Seetüchtigkeit zu Beginn der Reise kannte.

Warenversicherer prüfen im Rahmen der Schaden-bearbeitung üblicherweise auch, ob sie gegen den Verfrachter regressieren können, wenn dieser den Frachtvertrag verletzt hat, beispielsweise weil pfl icht-widrig ein nicht seetüchtiges Schiff bereitgestellt wurde oder entsprechende Pfl ichten verletzt wurden.

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SCHADENMANAGEMENT

Häufi g richtet sich die Rechte- und Pfl ichtenvertei-lung nach internationalen Konventionen, die in die Frachtverträge inkorporiert sind, etwa die Hague-Visby Rules (1968). Im Hinblick auf die verschiedenen derzeit empfohlene Sicherheitsmaßnahmen für die Fahrt durch den Golf von Aden stellt sich also auch für den Warenversicherer die Frage, ob das Schiff seeuntüchtig war. Er wird unter Umständen die Zahlung von Warenschäden verweigern können.

Lösegeldzahlungen Wenn die Voraussetzungen einer Havarie-Grosse gegeben sind, zahlen die Cargointeressen ihren Teil des Lösegelds in einer Höhe, die sich am Wert der geretteten Güter orientiert. Wie bereits unter Kasko erörtert, kann sich im Fall einer „pragmatischen Lösung“ analog den Havarie-Grosse-Regeln für die Versicherer und die Versicherungsnehmer der Waren-police die Frage stellen, ob die Voraussetzungen einer Havarie-Grosse tatsächlich gegeben sind. Auch die Qualifi zierung der Zusatzkosten für Lösegeldüber-gabe, Organisation, Einschaltung von Experten etc. als Havarie-Grosse-Aufwendungen könnte angezwei-felt werden. Wie eingangs erwähnt kann die Waren-seite ihren Havarie-Grosse-Beitrag in bestimmten Konstellationen vermeiden.

Im Januar 2009 wurden ca. 3 Millionen US$ Lösegeld an einem Fallschirm befestigt und über der Sirius Star abgeworfen.

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SCHADENMANAGEMENT

Schadenregulierung aus Sicht des P&I-Versicherers

Haftpfl ichtschäden

Haftpfl ichtschäden, die durch Piraterie entstehen, z. B. Personenschäden der Crew, sind bei den Londoner P&I-Versicherern grundsätzlich gedeckt. Allerdings gibt es in vielen Haftpfl ichtpolicen eine „Weapons of War Exclusion“, auf die sich P&I-Versicherer berufen können, wenn solche Waff en von den Piraten beim Angriff benutzt werden.

Die Omnibus Rule, eine typische Klausel der P&I-Clubs, erlaubt dem P&I-Versicherer in Zweifelsfällen nach Ermessen zu entscheiden, ob Schäden bezahlt werden, die nicht ausdrücklich über die zugrunde-liegenden Club Rules gedeckt sind.

Wie viele maritime Organisationen halten es auch die P&I-Versicherer für riskant, Waff en an Bord zu er lau ben: Waff ennutzung durch Unerfahrene, Gefahr neuer oder vergrößerter Schadenszenarien und die nur schwer einschätzbaren Rechtsfolgen unter dem Flaggenrecht wie auch beim Durchfahren fremder Gewässer sind die Gründe für den Vorbehalt. Trotz- dem steigt der politische Druck in einigen Ländern , bewaff nete Schutzkräfte an Bord zu erlauben. Im Schadenfall werden die Haftpfl ichtver sicherer prüfen, inwieweit solche Schäden über die Club Rules gedeckt sind und ob Schäden eine gedeckte Schaden ursache haben.

Lösegeldzahlungen

Hinsichtlich Lösegeldzahlungen ist die Position der P&I-Versicherer insbesondere im Londoner Markt ein umstrittenes Thema. P&I-Versicherer lehnen Beteili-gung an Lösegeldzahlungen mit der Begründung ab, es handle sich nicht um eine nach ihren Bedingungen gedeckte Gefahr. Zahlungen, um die Crew zu befreien, könnten zwar grundsätzlich als Schaden-minderungskosten eingestuft oder über die Omnibus Rule reguliert werden, jedoch ist die Haltung der P&I-Clubs derzeit off iziell ablehnend. Kasko- und Waren-versicherer wiederum stehen auf dem Standpunkt, dass P&I-Versicherer ihren Beitrag im Fall einer Behandlung der Lösegeldzahlung über das Institut der Havarie-Grosse leisten müssen, insbesondere weil dem Schiff seigner die Verantwortung für Wohl und Wehe der Crew übertragen ist. Denn kaum eine Lösegeldforderung würde erfolgreich sein, wenn es „nur“ um die Bedrohung von Sachwerten ginge. Im Londoner Markt wird daher intensiv über Lösungen wie die Einrichtung eines Fonds diskutiert. Üblicher-weise stehen die P&I-Versicherer unter den Club Rules für Havarie-Grosse-Beträge der Warenseite nur da ein, wo der Verfrachter seinen Beitrag wegen Einwendungen aus dem Frachtvertrag, etwa Seeun-tüchtigkeit, vermeiden konnte und der Schiff seigner deshalb diesen Havarie-Grosse-Betrag nicht erfolg-reich einfordern kann.

Im Januar 2009 entsendet die chine-sische Regierung Marineschiff e als Geleitschutz für chinesische Contai-nerfrachter in die Küsten gewässer Somalias.

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SCHADENMANAGEMENT

Fazit

Grundsätzlich ergeben sich in Schadenfällen, die durch Piraterie verursacht sind, die gleichen Scha-denbearbeitungsaufgaben wie in jedem anderen Fall. Die Höhe zukünftig gezahlter Lösegelder und der mit der Lösegeldzahlung verbundenen Kosten wird jedoch aller Voraussicht nach noch weiter steigen. Die derzeitige „pragmatische Handhabung“ der Löse-geldzahlungen sollte vor dem Hintergrund steigender Schadenhöhen und enger Margen Grund genug sein, Schadenmeldungen genau zu prüfen, weiter auf klare Deckungen und stringente Schadenhandhabung hinzuarbeiten sowie gütliche Einigungen nur dann zu unterstützen, wenn sie sachlich gerechtfertigt sind.

Schadenregulierung aus Sicht des Rückversicherers

Rückversicherer sind durch die gestiegenen Lösegeld -beträge mittlerweile ebenfalls zur Schaden prüfung und Regulierung angehalten. Sollten Lösegeldzah-lungen auf Erstversicherungsseite nach den Havarie-Grosse-Regeln erfolgen, muss der Rückversicherer ebenfalls wissen, welche Transport-Sparte in welcher Höhe betroff en ist. Der Kasko- oder P&I-Rückver-sicherer kann auf den Zedenten einwirken und die Geltendmachung gegen den Warenversicherer hinsichtlich dessen Teil der Havarie-Grosse-Beträge anregen. Der Warenrückversicherer wiederum wird versuchen, seinen Havarie-Grosse-Anteil zu begrenzen oder ganz abzuwehren.

Rückversicherungsverträge decken in den aller-meisten Fällen keine Schäden, die unter der Erstversi-cherungspolice nicht gedeckt sind. Handelt es sich bei der Auszahlung eines Lösegeldanteils oder bei der Schadenregulierung des Versicherers um eine soge-nannte Ex-gratia-Zahlung, wird diese unter dem Rückversicherungsvertrag meist ausgeschlossen sein. Bei vergleichsweisen Einigungen unter den Erst-versicherern, wie zum Beispiel bei der BBC Trinidad, hat der Rückversicherer Informationsrechte hinsicht-lich der erzielten Einigung und der Schadenhöhe.

Rückversicherung von Kidnap&Ransom-Policen

Aus Rückversicherungssicht stellt sich zukünftig auch die Frage, wie neue Piraterie-Deckungskon-zepte, wie manche Kidnap&Ransom-Policen im Rück-versicherungsvertrag gedeckt sind. Wenig ist über deren Umfang bisher veröff entlicht worden, nicht zuletzt um den Piraten keine Informationen zu geben. Bei entsprechender Schadenhöhe kann auch der Rückversicherer betroff en sein und wird seinen Anteil beitragen.

Aktuelle Veröff entlichung: Piraterie – Die Bedrohung auf See erreicht eine neue Dimension

Zentrales Thema der im September 2009 erschienenen Publikation bildet die deutliche Zunahme von Schiff sentführungen mit an schließender Lösegeldforderung in Millionenhöhe. Ausführlich wird die aktuelle Risikosituation aus rechtlicher und ver si -cherungstechnischer Sicht beleuchtet. Die Veröff entlichung knüpft nahtlos an die bereits 2006 erschienene erste Publikation „Piraterie – Bedrohung auf See“ an. Beide zusammen bilden ein umfassendes Wissenswerk für Versicherer, Reeder, Regie-rungen und nichtstaatliche Organisationen. Download und Bestellung unter www.munichre.com.

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BRANDRISIKO

Nachdem der Brand mittels Erde erstickt wurde, müssen die Photovoltaikmodule wieder von einem Bagger freigelegt werden.

Brandschaden an Solarmodulen in der Extremadura

Die Extremadura ist eine äußerst dünn besiedelte Region, die durch den hohen Anteil an Sonnentagen fast ohne Bewölkung perfekt geeignet ist als Standort für eine Photo-voltaikanlage. Die große Hitze in Südspanien kann aber als Katalysator wirken – wenn beispielsweise eine achtlos weggeworfene Zigarette im Spiel ist.

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EINZELSCHÄDEN

Brandstiftung oder Selbstentzündung?

Die Gespräche mit den örtlichen Verantwortlichen lieferten keine Hinweise auf mögliche Brandstiftung. Aufgrund der hohen dort lagernden Werte wurde das gesamte Gelände ständig kontrolliert. Es ist aller-dings nicht auszuschließen, dass – trotz Rauchver-bots auf dem gesamten Gelände – eine von einem Wachmann weggeworfene Zigarette die Ursache für den Brand war.

Die letzte Anlieferung von Modulen war am Vormittag des Schadentags gegen 10.30 Uhr erfolgt. An diesem Tag war es extrem heiß (40 °C) und windstill. Die in Kartons verpackten Module werden auf Paletten transportiert, die in eine Plastikfolie eingeschweißt sind. Häufi g übernehmen Kühllastwagen die Liefe-rung der Paletten aus Deutschland – die Speditionen laden in Spanien Obst und Gemüse für Deutschland und vermeiden so eine unproduktive Rückfahrt. Für den Transport benötigen die Module keine Kühlung. Falls der Fahrer die Kühlanlage während dieser Fahrt jedoch trotzdem eingeschaltet hatte, könnte sich durch den extremen Temperaturunterschied zwischen Karton und Folie Schwitzwasser gebildet haben. Möglicherweise entzündete der Brennglas-eff ekt anschließend Karton und Folie. In Zukunft ist deshalb stets vorsorglich die Schrumpff olie von allen Paletten zu entfernen.

AutorGuntram Matthias KleinACE European Group Limited

Das Investitionsvolumen betrug 190 Millionen €. Versichert wurden in der Projektphase die Montage sowie im Anschluss der Anlagenbetrieb mit der dazu-gehörigen Betriebsunterbrechungsversicherung. Die versicherungstechnische Grundlage des Brandscha-dens war der Montagevertrag: Die Versicherung greift ab dem Zeitpunkt, wenn die Ware erstmals am Montageobjekt abgeladen wird. Eine Zwischenlage-rung von kompletten Anlagen beim Kunden gilt nur dann als mitversichert, wenn der Baubeginn kurz nach der Anlieferung erfolgt.

Während der Montage bemerkte am 13. Juni 2008 einer der Wachmänner Rauchentwicklung. Zunächst wurde der Brand mit Feuerlöschern bekämpft. Die alarmierte Feuerwehr traf erst 1 Stunde und 15 Minu- ten später am Brandort ein – mit ungeeignetem Equipment und ohne Wasser. Um ein Übergreifen des Feuers auf die angrenzenden Paletten zu verhindern, versuchten die Wachleute unter Einsatz eines 20 t schweren Baggers die Flammen mit Erdreich zu ersticken. Als zwei Stunden nach Entdeckung des Brands ein weiteres Feuerwehrfahrzeug eintriff t, ist das Feuer bereits gelöscht. Eine Wache bleibt die ganze Nacht am Brandort.

Der Schaden

Für die Sichtung des Schadens war ebenfalls ein Bagger notwendig, um die zu ca. 60 % mit Erdreich bedeckte Brandstelle freizulegen. Bedingt durch die enorme Anzahl der Module und die große Lagerfl äche sowie das ständige Anliefern und den gleichzeitigen Einbau auf den Nachführsystemen (Mover) wäre eine Inventur aller Module kompliziert und zeitraubend gewesen. Stattdessen wurden die verbrannten und durch die Löschmaßnahmen beschädigten Module einzeln aufgenommen und klassifi ziert. Insgesamt handelte es sich um 15 Reihen mit jeweils 4 Paletten, also um 60 Paletten (ca. 2.080 Module). Je nach Hersteller und Typ befi nden sich unterschiedlich viele Module auf einer Palette.

Auf der Suche nach Typenschildern zur Klassifi zierung der verbrannten Module.

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EINZELSCHÄDEN

Lessons Learned

Trotz intensiver Prüfung war die Brandursache bei diesem Feuerschaden nicht endgültig zu klären. Als wahrscheinlichste Brandursache kommt deshalb eine achtlos weggeworfene Zigarette in Betracht.

Im Sinne einer wirksamen Schadenvorsorge sollte deshalb nicht nur ein striktes Rauchverbot gelten, sondern zukünftig unter allen Umständen durchge-setzt werden. Der Schaden in der Extremadura zeigt aber auch exemplarisch, welche Folgen eine zu dichte Lagerung von Paletten im Brandfall haben kann: Das Feuer springt über, und der Schaden vergrößert sich. Die oft kilometerlangen Reihen von Paletten sind deshalb vorsorglich in breitem Abstand voneinander zu lagern und die Module baldmöglichst nach ihrer Anlieferung auszupacken. Darüber hinaus ist auf entlegenen Baustellen genügend Löschmittel bereit-zustellen, da die Feuerwehr oft nur verzögert am Brandort eintriff t. Beide Maßnahmen verringern im Brandfall das Schadenausmaß.

War eine nicht vollständig gelöschte Zigarette Auslöser für das Schaden-szenario?

Fazit

Die Untersuchung der Datenblätter aller Verpackungs -materialien (Karton, Pappe, Folie) durch das Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung in Kiel (IFS) ergab: Alle verwendeten Materialien entspra-chen dem üblichen Standard und scheiden folglich als Schadenursache höchstwahrscheinlich aus.

a) Brandstiftung durch fremde PersonenEbenfalls unwahrscheinlich ist, dass ein Außen-stehender den Brand gelegt haben könnte, da eine Sicherheitsfi rma ständig das ganze Areal überwacht. Sämtliche Zäune des Geländes waren unversehrt. Eine vorsätzliche oder fahrlässige Brandstiftung durch Mitarbeiter der Sicherheitsfi rma hingegen kann nicht völlig ausgeschlossen werden.

b) Selbstentzündung der ModuleKönnte die Sonneneinstrahlung auf ein Modul mit aufgerissener Verpackung den Schaden verursacht haben? Auch diese Theorie erwies sich nach Prüfung durch das IFS als unhaltbar, da die Photovoltaikmo-dule zur Erzeugung von Strom auf den Anschluss an ein elektrisches System angewiesen sind. Die Prüfung der Modulverpackungen ergab außerdem: Alle waren intakt.

c) Brandursache trockenes Gras?Die Paletten mit den Modulen standen direkt auf dem sehr trockenen Untergrund. Auf dem Boden lag Abfall: Glas- und Plastikfl aschen sowie Dosen, die wahrscheinlich von den Arbeitern dort zurückge-lassen worden waren. Es ist also durchaus möglich, dass eine Scherbe durch den Brennglaseff ekt das Gras entzündet hat und von dort auf die Paletten übersprang. Auch ist trotz strikten Rauchverbots auf dem gesamten Gelände nicht auszuschließen, dass das Feuer durch eine weggeworfene brennende oder nicht vollständig gelöschte Zigarette eines Wach-manns entstanden ist.

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Überschwemmung im Wasserkraftwerk

ENGINEERING

Die Einweihung einer Wasserkraftanlage stand kurz bevor. Einige Prüfungen zur Inbetriebnahme waren noch durchzu-führen, ehe das Wasser die Turbinen antreiben sollte. Als es dann zu Testzwecken fl oss, war es nicht mehr zu stoppen – bis das Kraftwerk buchstäblich unter Wasser stand.

Autor: Gerhard Loos, München

Die Bau- und Montagearbeiten eines Wasserkraft-werks hatten sich verzögert. Um die verlorene Zeit wieder aufzuholen, wollte das Montageunternehmen das Programm zur Inbetriebnahme der Anlage in kürzerer Zeit als ursprünglich geplant durchziehen – mit fatalen Folgen.

Die Anlage

Die betroff ene Wasserkraftanlage nutzt das Gefälle eines Flusses in einem leicht gebirgigen Gebiet: Man staut das Wasser an der Entnahmestelle über einen Damm auf und führt es über einen 1.140 m langen Zulaufstollen durch den Berg. Anschließend leiten es zwei parallel laufende Druckrohrleitungen in das 37 m tiefer gelegene Kraftwerk zur Energieerzeugung; danach kehrt es wieder in den Fluss zurück.

Dieses Kraftwerk, das in einer in den Fels gebauten Kaverne untergebracht ist, besteht aus zwei Maschi-nensätzen mit Kaplanturbinen zu je 67 MW. Zwischen dem Stollen und den beiden Druckrohrleitungen befi ndet sich das sogenannte Wasserschloss – ein Schacht, der die Druckschwankungen des Wassers dämpft. Am Kopf jedes Druckrohrstrangs ist ein Roll-schütz vorgesehen, ein 6 m breiter und 7 m hoher Absperrschieber, mit dem der Zulauf des Wassers unterbrochen werden kann. Beide Schieber laufen auf seitlichen Rollen, werden mittels Servomotor betätigt und sind als selbstschließende Notschlüsse ausge-

legt. Vor den Rollschützen können jeweils Damm-balken den Zulauf sperren, so dass man die Wartungs- oder Reparaturarbeiten an den Rollschützen trocken durchführen kann. Die Dammbalken bestehen aus verschiedenen Platten ohne Rollen, die mithilfe eines Krans gesetzt und gehoben werden.

Der Schadenhergang

Die Funktion der Rollschütze (siehe Grafi k) sind vor dem Betrieb der Anlage zu überprüfen. Im vorlie-genden Fall war der Speichersee bereits gestaut, die Rollschütze waren geschlossen. Um den Abschnitt zwischen Dammbalken und Rollschütz zu entleeren, wurden die Dammbalken an Strang 1 gesetzt. Dann öff nete man dieses Rollschütz 10–20 mm weit, um das Wasser aus dem Zwischenraum über die Druck-rohrleitung abfl ießen zu lassen. Die Turbine am unteren Ende der Rohrleitung war wegen ausste-hender Einstellarbeiten am Turbinenlaufrad noch geöff net. Eine kleine Entleerungsleitung ins Saugrohr (Abfl uss der Turbine) konnte eine geringe Menge Wasser von der Druckrohrleitung abführen.

Für die Entleerung dieses Abschnitts von ca. 70 m3 zwischen Dammbalken und Rollschütz berechnete man 4 Minuten. Als das Wasser jedoch unvermindert weiter nachfl oss, schlossen die Monteure das Roll-schütz und öff neten es dann erneut. Das Wasser stoppte nicht, sondern fl oss ohne Unterbrechung weiter. Auch eine nochmalige Schließung und eine dritte, erweiterte Öff nung auf 40–50 mm bei ansons- ten gleichbleibenden Bedingungen brachten keine

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EINZELSCHÄDEN

Blick ins Kraftwerk mit zwei Turbinen-Generatoren-Sets. Zu sehen sind Oberteile der Generatoren (Turbinen sind eine Etage tiefer an Geno mit Welle gekoppelt), mit Sternträger und Lagergehäuse.

Überfl utetes Krafthaus, das viele Meter unter Wasser steht. Zu sehen ist gerade noch das obere Ende des Wellenlager gehäuses. Hinten sichtbar: das obere Teil vom Druck-tank des Turbinen reglers.

Diagramm der Wasserkraftanlage

1. Einlaufbauwerk2. Zulaufstollen3. Wasserschloss

4. Druckrohrleitung5. Krafthaus6. Auslauf

7. Dammbalken 8. Rollschütz

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EINZELSCHÄDEN

Abhilfe. Nun blockierte das Rollschütz und konnte nicht mehr geschlossen werden: Das Wasser strömte weiter in die Druckrohrleitung. In der Zwischenzeit hatte sich das Turbinensaugrohr mit Wasser gefüllt. Die Entwässerungspumpen im Krafthaus schaff ten es nicht, die Wassermassen abzupumpen.

An dem Übergangsrohr von der Turbine zum Saug-rohr hatte man in zwei gegenüberliegenden Öff nun- gen einen Stahlträger eingebracht, um von dort aus ausstehende Arbeiten am Laufrad durchzuführen. Die Monteure an der Turbine wurden von dem steigenden Wasserspiegel überrascht: Es blieb keine Zeit, das Gerüst abzubauen und die Luken wasserdicht zu schließen. Nachdem das Saugrohr gefüllt war, fl oss das Wasser über diese Öff nungen der Turbine ins Krafthaus. Sämtliche Versuche, das Rollschütz zu schließen, scheiterten. Auch Sandsäcke vor den Dammbalken und dem Rollschütz schaff ten keine Abhilfe. Der Wasserstrom fl oss fast unvermindert weiter. Erst als die Monteure mit zusätzlichen hydraulischen Pressen auf das Rollschütz drückten, konnten sie es schließen. Zu diesem Zeitpunkt ragten nur mehr die Spitzen der Generatoren aus dem Wasser des vollständig gefl u-teten Krafthauses.

Die Schadenursache

Untersuchungen ergaben: Vermutlich aus Zeitmangel hatte man den Zulaufstollen vor dem Einstau des Speicherbeckens nicht ausreichend gesäubert. In der Folge konnten sich Holzklötze unter den Damm-balken sowie unter dem Rollschütz verklemmen und dessen Verschluss verhindern.

Um die verschiedenen Tests der Anlage zu beschleu-nigen, hatten die Inbetriebnehmer bei der Umpro-grammierung die gegenseitigen Abhängigkeiten der einzelnen Arbeiten bei den verschiedenen Anlagen-teilen vernachlässigt. Jeder Abschnitt einer solchen Prüfung darf jedoch immer nur sukzessive nach der erfolgreichen Sicherheitsprüfung des vorangegan-genen Schritts erfolgen. In diesem Fall arbeiteten die Monteure mit Wasser unter Druck auf der Oberwas-serseite der Anlage, ohne zuvor eine der wichtigsten Sicherheitsregeln im Wasserkraftbau beachtet zu haben. Sie stellten nicht sicher, dass der Wasserweg auf der Unterwasserseite betriebsbereit war, das heißt hier: dass das Wasser geregelt ablaufen konnte.

Fazit

Im Vergleich zu den nur geringen Verformungs-schäden am Rollschütz waren die durch das Wasser verursachten Schäden an den elektromechanischen Anlagen im Krafthaus enorm. Um die Turbinen und Generatoren reinigen und trocknen zu können, musste man sie vollständig auseinanderbauen. Einige Anlagenteile bedurften einer aufwendigen Sanierung, andere empfi ndlichere Teile, wie etwa die der Steuer- und Regelungstechnik, waren vollständig zu erneuern. Die Höhe des Schadens einschließlich der Verzögerung von rund 3 Monaten bis zur Inbetrieb-nahme lag bei ca. 5 Millionen Euro.

Abweichungen von ursprünglich geplanten zeitlichen Abläufen von Bau-, Montage- und Inbetriebnahme können zu einer Risikoverschärfung führen und schwerwiegende Folgen haben. Vor den Tests zur Inbetriebnahme jeder Anlage muss unbedingt gewährleistet sein, dass diese betriebsfertig montiert ist und alle Sicherheitseinrichtungen aktiviert sind. Derart wichtige Schritte wurden im vorliegenden Fall aus Zeitmangel unterlassen, und der Versuch, etwas Zeit zu sparen, bewirkte das Gegenteil.

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Explosionsserien und darauf folgende Brände zerstörten nahezu alle Bereiche der Zuckerraff inerie. Ein Schaden in dieser Größenordnung wäre bereits durch geringe Investitionen vermeidbar gewesen.

Die Gefahren, die von Zuckerstaub und anderen Arten von Brennstaub ausgehen, sind seit Jahrzehnten wohlbekannt. Um ihnen wirksam zu begegnen, bedarf es meist keiner komplizierten Prävention. Trotzdem kommt es immer wieder zu dramatischen Unfällen, die teilweise hätten vermieden werden können – zum Beispiel in der Zuckerraff inerie eines amerikanischen Unternehmens im Februar 2008.

Vermeidbare Tragödie: Zuckerstaubexplosion in Raff inerie

BRANDRISIKO

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EINZELSCHÄDEN

Autor: Hendrik Schulten, München

Am 7. Februar 2008, gegen 19.15 Uhr, kam es im amerikanischen Bundesstaat Georgia auf dem Gelände eines Zuckerherstellers zu einer drama-tischen Serie von Staubexplosionen. Die verheerende Bilanz des Unglücks: 14 Tote und 36 Verletzte, viele davon schwer. Die Explosionen und die darauf folgenden Brände zerstörten dabei nahezu alle Bereiche der Betriebsstätte. Allein der versicherte Sachschaden der Katastrophe beläuft sich auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag (US$), von dem Munich Re über verschiedene Beteiligungen etwa 30 % getragen hat.

Die zuständige amerikanische Bundesbehörde, das Chemical Safety and Hazard Investigation Board (CSB), konnte nach 18 Monaten detaillierter Untersu-chungen die Ursachen des Schadens weitgehend aufklären. Aus den Erkenntnissen des CSB ergeben sich grundsätzliche Rückschlüsse, die für alle Unter-nehmen von Bedeutung sind, die sich mit der Versi-cherbarkeit von brennbarem Staub beschäftigen.

Wie kam es zu der Katastrophe?

Auf der Produktionsstätte befand sich eine Raff inerie, die Rohzucker in Kristallzucker umwandelte. Ein System von Förderschnecken und -bändern sowie Eimerkettenaufzügen transportierte den granulierten Zucker von der Raff inerie in 3 etwa 32 m hohe Silos. Von dort wurde der Zucker dann auf ähnlichen Förderanlagen weiteren Verarbeitungsprozessen zugeführt und schließlich in einer ausgeklügelten Abfüllanlage abgepackt. Fertige Produkte für den Industrie- und Privatkundenbedarf lagerten in vier-stöckigen Speicherhallen, die um die Silos gruppiert waren. Weitere Zuckermengen wurden unverpackt direkt auf Eisenbahnwaggons oder Laster geladen und in einem anderen Bereich der Anlage zwischen-gelagert.

Die Primärzündquelle

Aller Wahrscheinlichkeit nach ereignete sich die erste Explosion an einem der Förderbänder unterhalb der Silos. In der vermeintlich guten Absicht, den Zucker vor Verunreinigungen zu schützen, hatte das Unter-nehmen erst ein Jahr vor dem Unglück diese Förder-bänder ummantelt, ohne dabei jedoch ein Staubent-sorgungssystem zu installieren. Dies führte dazu, dass sich feiner Zuckerstaub ungehindert über den Förderbändern ansammeln konnte, woraus eine latente Explosionsgefahr entstand.

Die genaue Primärzündquelle ließ sich nicht rekon-struieren, doch die Untersuchungen lassen vermuten, dass die erste Explosion durch ein überhitztes Lager des Förderbandes ausgelöst wurde. Dies zeigt deut-lich, welche Gefahr brennbarer Staub darstellt. Denn um ihn zu entzünden, bedarf es weder einer off enen Flamme noch eines elektrischen Funkens. Es genügt eine unkontrollierte Wärmeentwicklung, in diesem Fall eine zu heiße Oberfl äche, die den Zucker zum Schmelzen bringt. Durch das Schmelzen werden brennbare Gase freigesetzt, die sich mit dem bereits in der Luft befi ndlichen Zuckerstaub vermengen. Dieses gefährliche Gemisch entzündet sich bereits bei geringeren Temperaturen als reiner Zuckerstaub, so dass sich das Risiko einer Explosion insgesamt deutlich erhöht.

Eine Kettenreaktion führt zur Explosionsserie

Doch diese erste, vergleichsweise kleine Explosion hätte die Katastrophe in Georgia vermutlich nicht ausgelöst. Kleinere Brände und Explosionen aufgrund von Brennstaub sind in der Tat nichts Ungewöhn-liches. Allein zwischen 1980 und 2005 zählte die CSB in den Vereinigten Staaten 281 solcher Vorfälle, teil-weise ebenfalls mit erheblichen Personen- und Sach-schäden. Warum aber kam es nun in diesem Fall zur folgenschwersten Staubexplosion bei einem Indus-trieunternehmen in den letzten Jahrzehnten?

Die Antwort darauf klingt erschreckend einfach: Die zweite Explosion hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert werden können, wenn der Zuckerhersteller mit größerer Sorgfalt und Routine die Förderbänder und Maschinen gewartet und für mehr Ordnung und Sauberkeit gesorgt hätte. Das Management hätte zum Beispiel sicherstellen müssen, dass in keiner Stufe des Verarbeitungspro-zesses unkontrolliert Zucker entweicht. Da dies maschinell unmöglich ist, hätte man den anfallenden Zuckerstaub durch regelmäßige, gründliche Reini-gungsarbeiten auf einem ungefährlichen Niveau halten müssen.

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50 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

EINZELSCHÄDEN

Das Unternehmen wusste von dieser Gefahr. Noch zwei Monate vor dem Unfall hat ein interner Inspek-tions bericht aufgezeigt, dass es in diesen Bereichen erheblichen Handlungsbedarf gibt, reagiert wurde darauf jedoch nicht.

Der nach Aussagen von Mitarbeitern zum Teil knie-hoch verstreut liegende Zucker und der sich in der Luft befi ndliche Zuckerstaub lösten eine Kette von Explosionen aus. Die Druckwelle der ersten Explo-sion, die sich in rasender Geschwindigkeit auf die miteinander verbundenen Gebäude verteilte, versorgte dabei die von Augenzeugen beschriebenen „Feuerbälle“ mit immer neuem „Treibstoff “. Die Flammen erzeugten eine solche Hitze, dass die letzten Schwelbrände in den Silos erst nach sieben Tagen endgültig gelöscht werden konnten.

Mehr Engagement im Risikomanagement

Wie so häufi g bei Schäden dieser Dimension haben weitere unglückliche Umstände das Ausmaß der Katastrophe noch weiter verschlimmert. So versagte beispielsweise die Sprinkleranlage, da durch die Erschütterungen deren Wasserzufuhr unterbrochen wurde. Darüber hinaus haben Trümmerteile viele Fluchtwege derart versperrt, dass sie zu tödlichen Sackgassen wurden. Die Ereignisse sind allein schon wegen der zahlreichen Opfer eine schreckliche Tragödie. Noch beklagenswerter aber wird dieser Vorfall, wenn man sich vor Augen führt, dass er durch ein besseres Risikomanagement sehr wahrscheinlich hätte verhindert werden können.

Das Unternehmen nach der Tragödie

Nach eineinhalb Jahren ist die Raff inerie weitgehend neu aufgebaut und produziert bereits wieder. An die alte, im Laufe fast eines Jahrhunderts gewachsene Anlage erinnert dabei fast nichts mehr. Was der Besu-cher heute vorfi ndet, ist eine der modernsten Zucker-raff inerien weltweit. Munich Re hat diesen Wieder-aufbauprozess in all seinen Phasen durch ein pro-aktives Schadenmanagement begleitet und ist wieder an diesem Risiko beteiligt.

Fazit

Die wichtigsten Erkenntnisse, die sich aus dem Vorfall in Georgia ziehen lassen:

– Die Gefahren, die von Zuckerstaub und anderen Arten von brennbarem Staub ausgehen, sind seit Jahrzehnten wohlbekannt. Um ihnen wirksam zu begegnen, bedarf es meist keiner komplizierten Prozesse. Bereits ein ordentliches „Housekeeping“ und eine regelmäßige Wartung der Maschinen können die Exponierung mini -mieren.

– Von besonderer Bedeutung ist die Sensibilisie-rung des Managements und des gesamten Personals, einschließlich der Reinigungskräfte. Letztere haben eben nicht nur einen „Putzjob“ zu erledigen, sondern schützen den Betrieb durch ihre Arbeit maßgeblich vor seiner größten immanenten Gefährdung.

– Auch ein vermeintlich „einfacher“ Betrieb wie eine Zuckerraff inerie muss mit dem Stand der Technik gehen. Dazu zählen heutzutage leistungsstarke Entstaubungssysteme oder auch hydraulische Antriebe, die elektrische Steuerungen ersetzen können und damit eine wesentliche Entzündungsquelle beseitigen.

– Die Silos und die Verpackungsanlagen sind die gefährlichsten Komponenten einer Zuckerraff i-nerie und sollten soweit wie möglich von allen anderen Gebäuden getrennt liegen, insbesondere von Gebäuden, in denen sich Menschen aufhalten.

– Die Versicherer haben bei der Risikoinspektion höchste Maßstäbe anzulegen und sollten ihre oft beachtliche Expertise über die spezifi schen Gefahren eines Industriezweigs uneingeschränkt mit ihrem Kunden teilen. Denn: Von einer hohen Risikoqualität profi tieren beide Seiten gleicher-maßen.

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EINZELSCHÄDEN

Der Verpackungsbereich der Zucker raff inerie ist bis auf die Grundmauern nieder gebrannt.

Auch die 32 m hohen Silos wurden nahezu komplett zerstört. Die knapp 100 Jahre alte Fabrik wurde mittler-weile neu errichtet und zählt seitdem zu den modernsten Zucker raff inerien weltweit.

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Großschadenliste 2008 bis 2009

11.–18. Februar 2008Überschwemmung Queensland, Australien Im Bundesstaat Queensland werden im Februar aufgrund wiederholter, außer-gewöhnlich starker Regenfälle Kohle-bauminen und die Kleinstadt Mackay überfl utet (bereits im Januar entstand durch Flutung von Kohleminen im selben Gebiet ein Schaden in drei stelliger Millionenhöhe). Die Höhe des versicherten Schadens beträgt 200 Millionen US$.

1. Juni 2008 Feuerschaden Universal StudiosIm hinteren Studiogelände der NBC Universal Studios Hollywood bricht am 1. Juni 2008 Feuer aus. Der Brand breitet sich über mehrere Gebäude und Studio-kulissen auf dem Gelände aus. Große Teile des Themenparks und ein Medienarchiv mit 331.664 Filmelementen werden zerstört. Der Schaden beläuft sich auf 500 Millionen US$.

4. Juni 2008 Explosion Apache Energy, Varanus Island, Western AustraliaIm Juni 2008 explodiert im australischen Kraftwerk Apache Energy auf Varanus Island eine Gaspipeline. Die Folge: die Gasversorgung im westlichen Australien wird für mehrere Monate um mehr als 30 % gedrosselt. Erhebliche Ausfälle auf sämtlichen Industriezweigen. Es entsteht ein Gesamtschaden von 500 Millionen US$.

11. September 2008 Brand im Eurotunnel 11 km vor der französischen Küste gerät ein Lastkraftwagen, der von einem Frachtzug gen Frankreich transportiert wird, in Brand. Der Eurotunnel unter dem Ärmelkanal muss komplett gesperrt werden. Die Brandursache kann durch die schweren Brandschäden nicht mehr rekonstruiert werden. Der versicherte Gesamtschaden beläuft sich auf 300 Millionen €.

12. September 2008 Zugunglück Metrolink Frontalzusammenstoß zwischen dem öff entlichen Verkehrszug Metrolink und einem Frachtzug bei Chatsworth/Los Angeles mit 25 Toten und 135 Verletzten. Der Zugführer des Metro-link hatte ein rotes Warnsignal übersehen. Versicherter Gesamtschaden in Höhe von 200 Millionen US$.

14. März 2008 Konstruktive Totalschäden bei SatellitenDurch eine zu früh endende zweite Brenn-phase der Startrakete wird der Satellit AMC 14 im falschen Orbit ausgesetzt. Alle Möglichkeiten, den Satelliten aus eigener Kraft in den geostationären Orbit zu bringen, würden den Verbrauch des gesamten Treibstoff s bedeuten. Der Satellit hätte damit beim Erreichen des geostationären Orbits bereits sein Lebens-ende erreicht. Folge: konstruktiver Total-schaden unter der Launch- und In-Orbit-police in Höhe von 192 Millionen US$.

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GROSSSCHÄDEN

Seit 2002 Personenschäden durch Medikamenten-einnahme (Sanofi -Synthelabo)Durch die Einnahme des Medikaments Depakine bzw. Epilim (bei Epilepsie) während der Schwangerschaft werden am Ungeborenen starke Missbildungen hervorgerufen, auch Entwicklungsrück-stände der Neugeborenen sind Folge des Medikaments. Die Schäden belaufen sich auf ca. 200 Millionen US$. (ohne Abb.)

24. Januar 2009 Wintersturm Klaus (Spanien/Frankreich)Wintersturm Klaus fegt im Januar 2009 mit Geschwindigkeiten bis zu 150 km/h über Frankreich (vom Atlantik her) und Spanien (bis zur Mittelmeerküste) hinweg. Er hinter-lässt dabei Zehntausende Schäden, die zu einem versicherten Gesamtschaden von 2,2 Milliarden € führen.

29. Mai 2008Sturm HilalVersicherter Marktschaden 700 Millionen €

28. August 2008Hurrikan GustavVersicherter Marktschaden 3 Milliarden US$

6.–14. September 2008Hurrikan IkeVersicherter Marktschaden 15 Milliarden US$

6. Februar2009 Buschfeuer AustralienIm Februar 2009 vernichtet nach andau-ernder Trockenheit und Temperaturen über 40 °C ein Buschfeuer weite Flächen des Staates Victoria in Australien. Die verheerenden Feuer verursachen einen Schaden in Höhe von 600 Millionen €.

3. März 2009 Einsturz des Kölner StadtarchivsIm März 2009 stürzen das Kölner Stadtar-chiv sowie zwei angrenzende Gebäude ein. Zahllose historische Dokumente von hohem Wert werden dabei zerstört. Die vermutete Ursache für den Einsturz: Bau-arbeiten an einem U-Bahn-Tunnel direkt an den Gebäuden. Der Gesamtschaden beträgt geschätzt 400 Millionen €.

17. August 2009 Wasserkraftwerkschaden (RusHydro Sayano-Shushenskaya)Russland‘s größtes Wasserkraftwerk wird überschwemmt und stark beschädigt. 75 Personen verlieren dabei ihr Leben. Die Untersuchungen der Schadenursache und die Schätzung der Schadenhöhe sind noch nicht abgeschlossen.

22. Januar 2009Konstruktive Totalschäden bei SatellitenNach erfolgreichem Start mit Rakete Ariane am 20. Dezember 2008 ist bei Eutelsat W2M eine Anomalie in der elek-trischen Leistungsversorgung aufgetreten (defektes Solar Array Drive Assembly). Der Satellit kann unter diesen Umständen nicht mehr betrieben werden: Total-schaden unter der Launch- und In-Orbit-police in Höhe von 120 Millionen €.

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54 MUNICH RE Schadenspiegel 2/2009

AUTOREN

Prof. Dr. Ina EbertSenior ConsultantGlobal Clients North [email protected]

Michael C. Gayle Sagicor General Insurance (Cayman) Ltd.

Guntram Matthias Klein ACE European Group Limited

Dr. Hans SpringorumAllianz Deutschland AG

Thomas EndrißUnderwriterSpecial and Financial [email protected]

Vera Maria SchneiderUnderwriterGlobal Clients North [email protected]

Hendrik SchultenLegal ConsultantSpecial and Financial [email protected]

Dr. Héctor Upegui-GarciaSenior UnderwriterGlobal Clients North [email protected]

Patrick SonnenstrahlClaims TechnicianSpecial and Financial [email protected]

Victor SchultheissHead of Section GC/NA1.6.1Global Clients North [email protected]

Gerhard LoosClaims EngineerEurope and Latin [email protected]

Stefan SchmittLPT CoordinatorMunich Re, [email protected]

Autoren dieser Ausgabe aus unserem weltweiten Experten-Netzwerk:

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© 2009Münchener Rückversicherungs-GesellschaftKöniginstraße 10780802 München

tel.: +49 89 38 91-0Fax: +49 89 39 90 56www.munichre.com

Verantwortlich für den Inhaltclaims Management & consulting:nicholas RoennebergGeo Risks Research/corporate climate centre: Prof. dr. Peter höppeMarine: thomas artmannRisk, Liability & insurance:christian LahnsteinSchaden: dr. Paolo Bussolera,arno Studener, dr. eberhard Witthoff

Redaktiondaniela Pürzer,Group communications(anschrift wie oben)tel.: +49 89 38 91-93 84 Fax: +49 89 38 91-7 93 [email protected]

Anmerkung der Redaktionin Veröffentlichungen von Munich Re verwenden wir in der Regel aus Gründen des Leseflusses die männliche Form von Personen-bezeichnungen. damit sind grundsätzlich – sofern inhaltlich zutreffend – Frauen und Männer gemeint.

ISSN 0940-08878

Weitere hefte sind gegen eine Schutzgebühr von 8 € erhältlich. ihre Bestellung schicken Sie bitte an [email protected].

die Zeitschrift erscheint in zwangloser Folge. nachdruck ohne Genehmigung nicht gestattet.

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SCHADENSPIEGELSCHADENSPIEGELSCHADENSPIEGEL

BrandrisikoVermeidbare Tragödie – Zuckerstaubexplosion in Raffinerie

LuftverkehrFalscher Alarm – Risiken in der kommerziellen Luftfahrt

PirateriePiraten an Bord –Schadenregulierung bei Schiffsentführungen

© 2009Münchener Rückversicherungs-GesellschaftKöniginstraße 107, 80802 München

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