Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von...

15
Museums-und Traditionsschiffe sowie historische Wasserfahrzeuge an der deutschen Küste als maritimes Kulturerbe Dirk J. Peters Sonderdruck aus Jahrbuch der Männer vom Morgenstern Bd. 92/93 (2013/2014) Bremerhaven 2015

Transcript of Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von...

Page 1: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

Museums-und Traditionsschiffe sowie historische Wasserfahrzeuge an der deutschen Küste als maritimes Kulturerbe

Dirk J. Peters

Sonderdruck aus

Jahrbuch der Männer vom Morgenstern Bd. 92/93 (2013/2014)

Bremerhaven 2015

Page 2: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

Die MÄNNER VOM MORGENSTERN,der Heimatbund an Elb- und Wesermündung, wurde 1882 auf Anregung von Hermann Allmers in der Gaststätte »Zum Schloss Morgenstern« in dem wurtfriesischen Dörfchen Weddewarden gegründet. Das ehemalige Gasthaus im nördlichsten Teil der Seestadt Bremerhaven ist seit 2012 der Vereinssitz des Heimatbundes.

Das JAHRBUCH DER MÄNNER VOM MORGENSTERN erscheint seit 1898.

Auf dem vorderen Umschlag:Grab von Julius Brumsack in Beverstedt (vgl. hier den Aufsatz ab S. 177)

*Für Zuschüsse zum Druck dieses Jahrbuchs danken die Männer vom Morgenstern der Landschaft der Herzogtümer Bremen und Verden, dem Landkreis Cuxhaven und der Stadt Cuxhaven.

*Redaktionsausschuss : Dr. Axel Behne (Vorsitzender) Dr. Nicola Borger-Keweloh Sönke Hansen Dr. Julia Kahleyß Dr. Dirk J. Peters Andreas Wendowski-Schünemann

*Besprechungsexemplare von Büchern werden erbeten an:Dr. Axel Behne, p/a Archiv des Landkreises Cuxhaven, Marktstr. 2, 21762 Otterndorf

Druckreife Aufsätze und Rezensionen bitte an:[email protected] oder auf Datenträger (mit sep. Ausdruck) an obige Adresse. Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen am Schluss dieses Jahrbuchs.Für unabgesprochen eingesandte Texte übernimmt die Redaktion keine Gewähr.Die Verantwortung für die Beiträge dieses Jahrbuchs, auch hinsichtlich des Urheberschutzes an Bildmaterial, tragen die jeweiligen Verfasser.

Redaktionsschluss für das Jahrbuch 94 (2015) ist der 15. November 2015.

*© Männer vom Morgenstern 2015Druck: MüllerDitzen Druckerei AG, BremerhavenSatz: Adrian Wackernah, Bremerhaven Layout: Adrian Wackernah und Axel BehneEinbandgestaltung: Ilona Weinhold-Wackernah und Axel Behne

ISBN 978-3-931771-92-8

Page 3: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

Dirk J. Peters

Museums-und Traditionsschi!e sowie historische Wasserfahrzeuge an der deutschen Küste als maritimes Kulturerbe

Seit den 1970er Jahren hat es in Deutschland eine Diskussion über Schi!e als Ge-genstand der Denkmalpflege gegeben. Heute gilt es als selbstverständlich, dass auch historische Schi!e und bewegliche Fahrzeuge als Denkmale anerkannt und in den jeweiligen Registern der Denkmalpflegeämter der einzelnen Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland verzeichnet sind.1

Als Kriterien für die Unterschutzstellung als maritimes Kulturdenkmal sind u. a. die Einzigartigkeit, die herausragende Technik, das erste oder letzte Objekt ei-ner Epoche sowie die regionale, nationale oder internationale Bedeutung zu nen-nen. Technik-, sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Aspekte, eine herausragende Konstruktion, eine bekannte Bauwerft bzw. ein wichtiger Schi!bautechniker spie-len ebenfalls eine Rolle bei den Bewertungsmaßstäben. Da es sich um mobile Ob-jekte handelt, sind sie nicht wie bei den Baudenkmalen an einen Ort gebunden. Schi!e können auf einer Hamburger Werft oder an der Nordseeküste hergestellt worden und überwiegend im Ostseeverkehr nach Schweden in Fahrt gewesen sein, während der heutige Heimathafen Bremerhaven ist.

Etliche Schi!fahrtsmuseen besitzen in ihren Freilichtbereichen und an ihren Kajen schwimmende Exponate. Als Beispiele lassen sich das Deutsche Schi!ahrts-museum (im weit. DSM) in Bremerhaven am ehemaligen Alten Hafen, das Hafen-

1 Vgl. dazu i. Allg. Oldtimer der Seefahrt, Bremerhaven 1977; Ingo Heidbrink: Schrott oder Kultur-gut, Lage 1994; Ronald Piechulek: Rostocks maritime Denkmale, in: 777 Jahre Rostock, Rostock 1995, S. 265-278; Gert Uwe Detlefsen, Stefan Lipsky, Heinz Trost: Veteranen- und Museumsschif-fe, 3. Aufl., Cuxhaven / Bad Segeberg 1997; Dirk J. Peters, Siegfried Stölting: Führer durch das Freigelände des Deutschen Schi!ahrtsmuseums, Bremerhaven 1997; Joachim Kaiser: Alte Schi!e, was nun?, in: Piekfall 67 (1998), S. 36-40 und 68 (1999), S. 20-28; Norman J. Brouwer: Historic Ships, 3. Aufl., London 1999, S. 96-133; Achim Quaas: Schwimmendes Kulturgut – Denkmäler und Objekte ohne Verankerung, in: Hafenlandschaft im Wandel, Bremerhaven 2000, S. 87-97; Histori-sche Dampfschi!e zwischen Museum und Event, Flensburg 2002; Historische Dampfschi!e – In-ternationale Beziehungen und Vermarktung, Flensburg 2003; Andreas Westphalen: Dampfschi!e in Deutschland, Bremen 2003; Joachim Kaiser: Historische Schi!e im 21. Jahrhundert, in: Jb. der Schi!bautechnischen Ges. 98 (2004), S. 241-256; Alte Häfen – Neue Aufgaben, Bremen 2006; Hi-storische Dampfschi!e im Hamburger Hafen, Hamburg 2007; Dieter Bönig: Museums- und Tradi-tionsschi!e in Hamburg, Hamburg 2010; Dirk J. Peters: Die Objekte im Außengelände, in: Der Freilichthafen, Bremerhaven 2014, S. 7-71.

Page 4: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

2 Dirk J. Peters

Abb. 2: Museumshafen des Deutschen Marinemuseums, Wilhelmshaven

Abb. 1: Museumshafen des Deutschen Schi!ahrtsmuseums

Page 5: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

Museums-und Traditionsschi!e 3

museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen Freihafengebiet, das Schi!-fahrtsmuseum in Kiel an der Hindenburg-Brücke oder das Deutsche Marinemuse-um in Wilhelmshaven neben der Kaiser-Wilhelm-Brücke anführen. Hier liegen historische Fahrzeuge, die in der Regel nicht mehr hochseetüchtig oder fahrbereit sind und die besichtigt werden können. Es handelt sich in Bremerhaven um die Bark S"#$" D""%& von 1919, den Hochseeschlepper S""'()*" von 1924 und den Walfangdampfer R(# IX von 1939. Der Stückgutfrachter B)"+,-"& von 1958 im Hamburger Hafenmuseum und der Seezeichendampfer B#..(%/ von 1906/07 am Kai des Kieler Schi!fahrtsmuseums sind hochseetüchtige und fahrbereite Schi!e. Der Lenkwa!enzerstörer M0)/"%. von 1969, das größte schwimmende Exponat des Deutschen Marinemuseums in Wilhelmshaven, kann nicht mehr auf große Fahrt gehen. Alle diese Fahrzeuge stehen bis auf die M0)/"%. unter Denkmal-schutz.

Im Deutschen Museum in München befindet sich der letzte Hochseefischerei-Ewer M(%+( von 1880 aus Hamburg-Finkenwerder als herausragendes Objekt in der Dauerausstellung.2 Auch im DSM in Bremerhaven ist der Segelrettungskreuzer G"-"+1%($ G"%)(,- von 1913 der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schi!-brüchiger, der lange in Dorum-Neufeld an der Wurster Küste zwischen Bremerha-ven und Cuxhaven stationiert war, das zentrale Ausstellungsstück der Bootshalle.

Das Hafenmuseum in Hamburg zeigt in dem historischen Hafenschuppen, der als Ausstellungshalle dient, den hölzernen Frachtewer H"%1(&&, der 1905 in We-welsfleth an der Stör an der Nordseeküste gebaut wurde und als letzter Vertreter seiner Gattung gilt. Dieses interessante Objekt stand lange draußen und musste anschließend restauriert werden, weil das originale Holz in seiner Substanz stark angegri!en war. In anderen Museen sind ebenfalls kleinere originale Fahrzeuge und Boote als attraktive Ausstellungsobjekte vertreten. Die Vorteile in geschlosse-nen Räumen bilden der Schutz vor der Witterung und ein relativ geringer Auf-wand an Konservierungsarbeiten.

Häufig sind Schi!e und bewegliche Fahrzeuge auch an Land aufgestellt worden wie z. B. der Hafenschlepper S$+"% von 1954 im Freilichtbereich des DSM in Bre-merhaven. Als Prototyp mit dem damals revolutionären Voith-Schneiderantrieb kann diese technische Besonderheit nur an Land und nicht unter Wasser im Hafen demonstriert werden.

Im Hamburger Hafenmuseum sind im Außengelände verschiedene Van-Carri-er, die typisch für den Containerumschlag sind, zu bewundern. Das konventionel-le U-Boot 995 vom Typ VII C aus dem Zweiten Weltkrieg wird am Strand in Laboe am Ostufer der Kieler Förde gezeigt. Diese Objekte können wegen ihrer Größe und Dimension nur im Freigelände dargestellt werden. Sie müssen aber genauso wie die schwimmenden Exponate ständig gewartet und konserviert werden, was viel Geld verschlingt. Da sich die staatlichen Behörden in Deutschland immer mehr aus ihrer Verantwortung für das (nicht nur maritime) kulturelle Erbe zurückzie-hen, wird es für die Museen und Institutionen immer schwieriger, für den Unter-

2 Vgl. Jobst Broelmann, Timm Weski: Ewer Maria, München / Gräfeling 1992; Jobst Broelmann: Panorama der Seefahrt, Bremen 2006, S. 142-145.

Page 6: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

4 Dirk J. Peters

Abb. 3: Rettungsboot G!"!#$%&' G!%(&)" in der Bootshalle des DSM

Abb. 4: Schlepper S'#!% im Freilichtbereich des DSM

Page 7: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

Museums-und Traditionsschi!e 5

halt der an Land aufgestellten Fahrzeuge und im Hafen liegenden schwimmenden Denkmale zu sorgen. Private Investoren können die fehlenden Mittel nur teilweise ergänzen. Schi!e müssen für die museale Nutzung baulich verändert werden und Sicherheitsstandards erfüllen, damit hier Besucher geführt und Gäste bewirtet werden können oder zahlende Reisende in den Genuss einer Seereise kommen können.

Die jetzt in Deutschland registrierten historischen Wasserfahrzeuge sind in ih-rem Bestand stark gefährdet – egal ob es sich um Segler oder Ewer, Dampf- oder Motorschi!e, Feuerschi!e, Eisbrecher, Bagger, Schlepper, Küsten- oder Marine-fahrzeuge handelt und ob sie sich im staatlichen Besitz befinden oder von privaten Vereinen unterhalten werden. Die Verschrottung des Schleppers G"#$%&' aus Bremerhaven oder auch der Untergang der G(")* B+,'-() in der Danziger Bucht bei ihrer Überführungsfahrt zur Abwrackwerft sind warnende Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit.

Die Praxis der Rettung und Unterhaltung der schwimmenden und beweglichen Objekte in den letzten Jahrzehnten hat jedoch gezeigt, dass einstige Behörden-fahrzeuge wie Feuerschi!e, Schlepper, Eisbrecher, Tonnenleger und Rettungskreu-zer relativ häufig erhalten worden sind. Küstenfrachter und historische Arbeits-fahrzeuge bilden eher die Ausnahme.

Neben den Museumsschi!en, bei denen vor allem Wert auf die technik- und schi!fahrtsgeschichtliche Originalität und Authentizität gelegt wird, gibt es viele Traditionsfahrzeuge, die sich in diversen Museumshäfen wie in z. B. in Hamburg-Övelgönne, in Bremerhaven am Neuen Hafen, in Emden am Ratsdelft, in Flens-burg an der Innenförde, in Kappeln an der Schlei, in Lübeck im Holstenhafen oder auch in Stralsund und Greifswald zusammengeschlossen haben. Diese Schi!e sind in der Regel fahrbereit, gehören privaten Eignern oder Vereinen und sind auf zah-lende Gäste angewiesen, weil sie für die Unterhaltung der Fahrzeuge Geld verdie-nen müssen. Es gibt aber immer weniger freiwillige Helfer, die bereit sind, ihre Freizeit vor allen Dingen in den Sommermonaten und an Wochenenden in den Dienst des maritimen kulturellen Erbes zu stellen. Diese Fahrzeuge sind aber keine Originale mehr, die die strengen Denkmalkriterien erfüllen. Sie sind umgebaut und stark verändert worden. Sie vermitteln aber dennoch Nostalgie und zeigen die Arbeitswelt, wie sie in früheren Zeiten auf den Ewern und Dampfern geherrscht haben könnte. In jüngster Zeit hat sich jedoch das Problem ergeben, dass die be-hördlichen Auflagen und Bestimmungen für die Zulassung der Traditionsfahrzeu-ge in Fahrt mit zahlenden Gästen an Bord verschärft worden sind. Die Kosten für moderne Navigationsgeräte, Rettungsmittel und Brandschutz für die Fahrterlaub-nis sind oft nicht mehr zu finanzieren. Als Ergebnis sind viele Schi!e stillgelegt und zum Teil auch schon verschrottet worden. Gibt es einen Ausweg aus diesem Dilemma? Sicherlich könnte der Staat durch moderate gesetzliche Bestimmungen oder durch gezielte Förderungsmaßnahmen die Erhaltung und den Schutz der his-torischen Wasserfahrzeuge verbessern, damit der Bestand dieser maritimen Kul-turschätze in Ansätzen erhalten bleiben kann!

Page 8: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

6 Dirk J. Peters

Abb. 6: Museumshafen Flensburg

Abb. 5: Schlepper G!"#$%& im Neuen Hafen in Bremerhaven

Page 9: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

Museums-und Traditionsschi!e 7

Beispiele heute noch existierender historischer Schi!eZum Abschluss meiner Überlegungen möchte ich an einigen Beispielen die Viel-falt der heute noch existierenden historischen Schi!e an der norddeutschen Was-serkante beschreiben. Diese Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie vernachlässigt die Schi!e und Fahrzeuge, die für die maritime Geschichte in den west-, ost- und süddeutschen Ländern der Bundesrepublik Deutschland wich-tig sind. Auch hier existieren viele fahrbereite Wasserfahrzeuge. Interessant sind ferner die Organisation und die Finanzierung für den Unterhalt der schwimmen-den Exponate. Alle hier beschriebenen Schi!e konnten nur mit erheblichen finan-ziellen Aufwendungen, die von staatlichen und privaten Fördergeldern stammten, gerettet werden. Ohne eine weitere Unterstützung durch den Staat, durch Vereine, Freiwillige und durch großzügige Sponsoren werden die Museumsschi!e und Tra-ditionsfahrzeuge, die das Bild der historischen Hafenlandschaft geprägt haben, in der näheren Zukunft aus den Häfen verschwunden sein.

Die hölzerne Bark S"#$" D""%& (1919), die in Nordamerika gebaut wurde, ge-hört weltweit zu den letzten vorhandenen hölzernen Tiefwasserseglern. Sie steht auch stellvertretend als Symbol für die Tradition des Bremerhavener Segelschi!-baus und ist zum Wahrzeichen der Unterweserstadt an der Geestemündung avan-ciert. Das Schi! wird als Restaurant und Gaststätte genutzt. Eigner ist das DSM, das die nicht mehr hochseetüchtige Bark unterhält.3

Der Flying-P-Liner P'(('$ (1911) der berühmten Hamburger Segelschi!sreede-rei F. Laeisz, der bei Blohm & Voss in Hamburg entstand, verkörpert den Typ des großen Frachtseglers, der in der Salpeter- und Weizenfahrt von Südamerika und Australien nach Europa tätig war. Heute liegt die imposante stählerne Viermast-bark als Wahrzeichen in Lübeck-Travemünde am Priwall als Museumsschi! auf und wird von dem Verein ›Rettet die Passat‹ betrieben.4

Das Schulschi! D"#$()*+'&, (1927) diente als Ausbildungsschi! für den nautischen Nachwuchs in der deutschen Handelsflotte. Das dreimastige Vollschi! aus Stahl liegt an der Lesummündung in Bremen-Vegesack vor Anker, war Ausbil-dungsstätte für Seeleute und kann für Feste und Feiern gemietet werden. Fahr-tüchtig ist der stolze Segler, der einstige W"-(("% S)*.'& ,"% U&$"%."("%, der von einem Förderverein unterhalten wird, nicht mehr.5

Der Zollkreuzer R-/01% 21& G+3)4($',$ (1853), der in dem damals zu Däne-mark gehörenden Glückstadt aus Eichenholz hergestellt wurde, ist heute das ältes-te in Fahrt befindliche Seeschi! unter deutscher Flagge. In jahrelanger Arbeit

3 Dirk J. Peters: Vom amerikanischen Viermastga!elschoner Elizabeth Bandi zur deutschen Bark Seute Deern, in: Deutsches Schi!ahrtsarchiv 23 (2000), S. 7-33; Dirk J. Peters: Geschichte und Restaurierung der denkmalgeschützten Museumsbark Seute Deern, in: Denkmalpflege in Bremen (2007), Heft 4, S. 15-24.

4 Uwe Hansen, Dirk Poppinga: 100 Jahre Viermastbark Passat, Wiefelstede 2011; Andreas Gondes-en: Die letzten Flying-P-Liner. Pamir, Passat und Halbschwestern der Baujahre 1902-1926, 2. Aufl., Wiefelstede 2014; Sabine Neumann: P-Liner Passat als Denkmal. Überlebenskünstler der Welt-meere, in: Schi! & Zeit 42 (2014), Nr. 81, S. 32-37.

5 Hans Georg Prager: Schulschi! Deutschland. Weißer Schwan der Unterweser, Bremen 2010.

Page 10: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

8 Dirk J. Peters

Abb. 8: Nordische Jagt G!"#$%#& im Neuen Hafen in Bremerhaven

Abb. 7: Bark S'()' D''!# im Museumshafen des DSM

Page 11: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

Museums-und Traditionsschiffe 9

wurde der Segler von einem Förderverein restauriert und in seinen ursprünglichen Zustand versetzt.6

Die Nordische Jagt G (1867), die in Norwegen gebaut wurde, diente als Expeditionsschiff für die erste deutsche Nordpolarexpedition (1868). Nachdem das Fahrzeug hundert Jahre lang als Küstenfrachter und Fischereifahrzeug in Nor-wegen im Einsatz war, gelangte es 1973 in den Besitz des DSM. Hier wird der Segler seitdem als aktives Museumsschiff von einer freiwilligen Besatzung in Fahrt gehalten.7

Der Lotsenschoner N. E (1883) gehört der ›Stiftung Hamburg Maritim‹, die diesen hölzernen Segler, der auf einer Hamburger Werft gebaut wurde, neben anderen Traditionsschiffen betreibt. Nach den über dreißig Jahren als Lotsenver-setzboot auf der Elbe wurde das Schiff 1929 in die Vereinigten Staaten von Ameri-ka verkauft. Erst 2002 gelangte der einstige Lotsenschoner wieder nach Hamburg. Nach einer umfangreichen Restaurierung steht er seit 2004 für Charterreisen für bis zu zehn Personen zur Verfügung. Ein Betriebsverein sorgt für die Vermark-tung.8

Das Feuerschiff E (1888; ex W I, ex B) gilt als das älteste, noch in Fahrt befindliche Feuerschiff der Welt. Ursprünglich als eiserner, genieteter Dreimastschoner für die Wesermündung errichtet, wurde das Feuerschiff 1936 zu einem Fahrzeug mit zwei Masten und einem Dieselmotor umgebaut. Bis 1966 tat das Schiff seinen Dienst. Seit vielen Jahren hat die E im Museumshafen in Hamburg-Övelgönne ihren Liegeplatz. Ein Förderverein sorgt für den Unterhalt des Feuerschiffes.9

Der Hochseefischkutter A (1903) aus Hamburg-Finkenwerder (HF 244) diente als Fischereifahrzeug und zuletzt als Forschungsschiff für das Senckenberg-Institut in Wilhelmshaven. 1978 kaufte die Schiffergilde Bremerhaven den Kutter und ließ ihn wieder in den Originalzustand restaurieren. Seitdem wird der Tradi-tionssegler für Gästefahrten genutzt. Unterstützung findet die A durch eine Stiftung.10

Zu den in Deutschland noch erhaltenen und von Vereinen betriebenen histori-schen und kohlebefeuerten Dampfschiffen sind als herausragende Beispiele der Raddampfer K W (1899/1900), der Salondampfer A (1908) und der Peil- und Bereisungsdampfer S (1908) zu erwähnen. Alle drei Dampfschiffe wurden in jahrelanger Arbeit und mit erheblichem Aufwand restau-riert und gehören heute zu den Attraktionen in ihren Heimathäfen und sind An-ziehungspunkte auf Oldtimerregatten. Die in Dresden entstandene und auf der

6 Joachim Kaiser, Herbert Karting: Rigmor von Glückstadt, Glückstadt 2002.7 Die Nordische Jagt Grönland – vom ersten deutschen Polarforschungsschiff zum aktiven Muse-

umsschiff, Bremerhaven 2005.8 Joachim Kaiser: Lotsenschoner No. 5 Elbe, in: Piekfall (2004), Nr. 83, S. 19-23; Bönig (wie Anm. 1),

S. 56-60.9 Klaus Kern: 125 Jahre Feuerschiff Elbe 3, ex Weser, ex Bremen, in: Leuchtfeuer 21 (2013), S. 34-42.10 Dieter Bankert: HF 244 Astarte 1903-2013, Bremerhaven 2013; Christian Ostersehlte: Astarte. Ein

Finkenwerder Fischkutter als Bremerhavens Traditionsschiff, in: Heimat Nordseeküste 67 (2015), S. 65-68.

Page 12: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

10 Dirk J. Peters

Abb. 9: Fördedampfer A!"#$%&'$ im Flensburger Hafen

Abb. 10: Staatsdampfer S()$$')*'% unter Dampf im Hamburger Hafen

Page 13: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

Museums-und Traditionsschi!e 11

Oberweser bis 1970 tätige K"#$%& W#'(%') gilt als eines der ersten in Deutsch-land bekannten aktiven Museumsdampfschi!projekte. Der Verein zur Förderung des Lauenburger Elbschi!ahrtsmuseums bietet seitdem in den Sommermonaten Fahrten auf dem historischen Dampfschi! an. Eine ehrenamtliche Crew sorgt sich um den Unterhalt und um den Betrieb des Oldtimers. 11 Der Fördedampfer A'%*-"+,&" bietet seit 1988 Charter- und Gästefahrten auf der Flensburger Förde an. Ein aktiver Verein kümmert sich um das Wohl des Dampfveteranen.12

Die S-(""&(.&+, die der ›Stiftung Hamburg Maritim‹ gehört, ist seit 1995 als S-(/"+ ,%& N#%,%&%'0% als Repräsentationsyacht für Personenfahrten in ihrem Heimatrevier unterwegs, wo sie für Aufsehen sorgt.13

Ein besonderes Exemplar ist der Dampf-Schwimmkran S""1$%% (1919), der bis 1985 im Nord-Ostsee-Kanal im Einsatz war. Das Museum für Arbeit in Hamburg erwarb den Veteranen 1989 und ließ ihn aufwendig restaurieren. Seit 1995 liegt der funktionstüchtige Kran am Kai des Hafenmuseums in Hamburg und bietet Vorführungen an.14

Auch der Dampf-Eisbrecher W"' (1938) verbrachte seinen Dienst überwiegend am Nord-Ostsee-Kanal. Bis 1989 war er auf seinem Stammrevier im Einsatz. Die Schi!ergilde in Bremerhaven kaufte das Schi! ein Jahr später und baute den Dampfer, der jetzt mit Heizöl befeuert wird, zu einem Museumsschi! um, das von einer ehrenamtlichen Mannschaft betrieben wird. Die Schi!ahrts-Compagnie Bremerhaven kümmert sich um den Betrieb des Veteranen und organisiert Gäste-fahrten.15

Das Küstenmotorschi! G&%2+,#%3 (1950) wurde als eines der ersten deutschen Handelsschi!e nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Bremerhavener Rickmers Werft gebaut. Seit 1982 diente der Frachter für die damalige Seefahrtschule Grü-nendeich im Alten Land als Ausbildungsschi!. Anschließend erwarb der gemein-nützige Verein ›Alter Hafen Stade‹ den Frachter und ließ ihn zu einem aktiven Museums- und Veranstaltungsfahrzeug umbauen. Seit 2001 ist das Schi! mit dem Heimathafen Stade wieder in Fahrt.16

Seit 1970 befindet sich an seinem Liegeplatz in Rostock-Schmarl ein Traditions-schi! vom Typ ›Frieden‹ (1957) als Museums- und Ausstellungsschi!. Es handelt sich um den ehemaligen Frachter D&%$,%+ der Deutschen Seereederei in Rostock, der auf der Warnow-Werft in Warnemünde gebaut wurde. Dieser legendäre Typ

11 Andreas Westphalen: Denkmalpflegerisches Gutachten Raddampfer Kaiser Wilhelm, Kiel 2014 (Mitteilungen zur Denkmalpflege 6).

12 Andreas Westphalen: Denkmalpflegerisches Gutachten zum Salondampfer Alexandra, Kiel 2000 (Mitteilungen zur Denkmalpflege 3); Hans-Erhard Henningsen: Alexandra. Eine Legende lebt, Flensburg 2007.

13 Joachim Kaiser: Staatsdampfer Schaarhörn, Hamburg 1998.14 Horst Wellnitz: Bescha!ung eines Schwimmkrans für das Kaiserliche Kanalamt, Teil 1, in: Mittei-

lungen des Canal-Vereins (1989), Nr. 10, S. 75-86 und Rudolf Stender: Schwimmkran Simon/Saats-ee (1918-1985), Teil 2, in: Mitteilungen des Canal-Vereins (1991), Nr. 11/12, S. 15-27; Quaas (wie Anm. 1), S. 92-94; Historische Dampfschi!e im Hamburger Hafen (wie Anm. 1), S. 8.

15 Ein Dampfer-Leben. 75 Jahre Dampf-Eisbrecher Wal, Bremerhaven 2013.16 Josef Jungmann, Heinz G. Klug, Vico Meyer, Hermann Hans, Rita Dölling: Kümo Greundiek. Seit

60 Jahren auf Nord- und Ostsee, Kiel 2009.

Page 14: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

12 Dirk J. Peters

Abb. 12: Kühlfrachter C!" S!# D$%&' an der Hamburger Überseebrücke

Abb. 11: Küstenmotorschi( G)%*#+$%, im Stader Hafen

Page 15: Museums-und Traditionsschiffe sowie historische ... · Richtlinien für die Gestaltung von Beiträgen ... museum in Hamburg am Bremer Kai im einstigen ... den Hochseeschlepper S von

Museums-und Traditionsschi!e 13

IV aus einer Serie von 15 Frachtern mit einer Tragfähigkeit von 10 000 Tonnen gilt als ein Wahrzeichen für die Leistungsfähigkeit des DDR-Seeschi!baus. 1979 wur-de das Schi! als Denkmal von nationaler Bedeutung in die zentrale Denkmalliste der DDR aufgenommen. Heute befindet sich hier das Schi!bau- und Schi!fahrts-museum der Hansestadt Rostock.17

Der Seitentrawler G"#$ (1959/60) wurde auf der Peene-Werft in Wolgast für das Fischkombinat Rostock hergestellt. Er repräsentiert den letzten Typ seiner Gattung eines Fischereifahrzeuges. Der Seitentrawler gelangte 1990 im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands in den Fischereihafen Bremerhaven und konnte auf Initiative der Fischereihafen-Betriebsgesellschaft (FBG) vor der drohenden Verschrottung gerettet werden. Im Schaufenster Fischereihafen betreibt das His-torische Museum in Bremerhaven das Fischereifahrzeug als Museumsschi! und informiert über den harten Alltag an Bord eines Hochsee-Fischereitrawlers. Ein Förderverein unterstützt die Arbeit des Museums bei der Unterhaltung des Schif-fes.18

Die C$% S$& D'"() (1961) stammt aus einer Serie von schnellen Kühlschi!en für die Reederei Hamburg Süd im Dienst von und nach Südamerika. Das Schi! entstand bei der Deutschen Werft in Hamburg-Finkenwerder und stellt den Höhe-punkt der konventionellen Stückgutfrachter mit seinen klassischen Linien dar. Die Inneneinrichtung schuf der berühmte Hamburger Architekt Cäsar Pinnau. Nach-dem das Schi! 1982 verkauft wurde, konnte es 1986 im letzten Moment durch den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg vor der Abwrackung bewahrt werden. Seitdem bildet die C$% S$& D'"() an der Hamburger Überseebrücke ein wichti-ges Wahrzeichen und maritimes Denkmal des Hamburger Hafens. Seit 1995 un-ternimmt das hochseetüchtige Museums- und Veranstaltungsschi! Fahrten. 2003 wurde der einstige Kühlfrachter unter Denkmalschutz gestellt. Die ›Stiftung Ham-burger Admiralität‹ unterhält die C$% S$& D'"() mit der Unterstützung einer freiwilligen Besatzung.19

17 Gerd Peters: Typ IV – Die legendären Frachter der DSR, Hamburg 1998; Traditionsschi! Typ Frie-den, ex MS Dresden, Rostock 2012.

18 Anja Benscheidt, Alfred Kube: Der letzte deutsche Seitentrawler. Hochseefischereigeschichte auf dem Museumsschi! Gera, Bremerhaven 1995.

19 Quaas (wie Anm. 1), S. 91-92; Christoph Engel, Knut Gielen: Cap San Diego. Eine Legende wird neu besichtigt, Hamburg 2006.