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Tod durch unterlassene Hilfeleistung Weder handlungsfähig noch -willig: So lautet auf den Punkt gebracht die Reaktion der Landes- und Bundespolitik auf die prekäre Situation, in der sich immer mehr Musikschullehrkräfte wiederfinden. Als bedauerliches Achselzucken und höchstens als ein „Wir würden ja gern mithelfen, etwas zu verändern, wenn die anderen mit- machen würden“ fallen die Reaktionen der Bildungs- und Kulturministerien aus, denen die desaströsen Ergebnisse der ver.di-Studie 2012 zur sozialen Situation von Musikschullehrkräften von der Fachgruppe Musik im Mai 2013 zugesandt worden waren. In den Antwortschreiben an die Fachgruppe betonen nahezu alle Adressaten, dass Musikschulen aus der Bildungslandschaft nicht wegzudenken, mithin „unver- zichtbar“ seien. Aber welchen Stellenwert haben dann die Musikschullehrkräfte? Sind sie ebenfalls „unverzichtbar“? Wie wertgeschätzt die Arbeit von Musikschullehrern von der Politik wirklich wird, offenbaren die Antworten und auch die Handlungen deutlich. Denn aus dem Polit- Sprech in Klartext übersetzt bedeuten die Reaktionen: Musikschulen zu haben, ist nett, aber eigentlich interessieren sie uns nicht so sehr wie andere Dinge, für die wir lieber Geld ausgeben oder ausgeben müssen, weil sie Pflichtaufgaben sind. Außer- dem funktionieren die Musikschulen bestens und die Lehrkräfte leisten auch im Pre- kariat eine hervorragende Arbeit. Da das so ist, brauchen wir auch nichts zu ändern. Wir haben hier auch eine gute Lösung für die Ganztagsschulen gefunden, denn auch hier leisten die Musikschullehrer eine so gute und unverzichtbare Arbeit, dass sie aus diesem Bereich gar nicht mehr wegzudenken sind. Leider haben wir kein Geld für unverzichtbare Dinge wie Musikschulen. Sollte doch einmal von irgendwoher mehr Geld in die Kommunen kommen, können sie es nach eigenem Belieben in die Mu- sikschulen investieren oder auch nicht. Außerdem ist unsere Behörde eigentlich gar nicht zuständig und wir verweisen weiter an andere Institutionen. Die Antworten der Politik (siehe Seite 2 bis 4) offenbaren ein tiefes Desinteresse an der angeblich so unverzichtbaren Institution Musikschule und einen massiven Un- willen, zu einer Problemlösung beizutragen. Allerdings: Solange die Musikschulen auch mit prekär beschäftigten Lehrkräften zumindest nach außen hin bestens funk- tionieren, hat die Politik auch keinerlei Handlungsbedarf. Unsere politischen Ent- scheidungsträger sind jedenfalls wohl mit dem prekären Zustand des Berufsstandes „Musikschullehrer“ so einverstanden, dass mehr als die Hälfte es nicht einmal für nö- tig hielten, das Schreiben der Fachgruppe Musik zu beantworten. Anja Bossen Der Aufsichtsrat der Baden-Württemberg Stiftung hat im Dezember 2013 dem Netz- werk Neue Musik Baden-Württemberg eine weiterführende Finanzierung von 800 000 Euro zugesprochen. Im vergange- nen Jahr konnten zahlreiche beispielgeben- de Projekte mit Neuer Musik gefördert und finanziell unterstützt werden. Die Vernet- zung von Akteuren und Initiativen wurde erfolgreich vorangetrieben, die Mitglieder- zahl des Netzwerks vervielfachte sich seit seiner Gründung im Jahr 2012 um mehr als das Doppelte und erste Arbeitsgruppen zu unterschiedlichen Inhalten der Vermittlung Neuer Musik wurden gebildet. In Koopera- tion mit dem Landesmusikrat wird zurzeit die Gründung eines Landesjugendensemb- les für Neue Musik vorbereitet, das im Herbst 2014 seine erste Arbeits- und Kon- zertphase absolvieren wird. www.neuemusikbw.de musikschule )) DIREKT 1.2014 Keine Antworten auf ver.di-Umfrage Plädoyer für die Zwickmühle Selbstständigkeit: Ort und Ausstattung ) Sie haben Fragen, Anregungen, Tipps oder Hinweise für die Redaktion? ) Sie möchten sich kritisch äußern zu unseren Themen und Beiträgen oder haben Vorschläge für neue Themen? Schreiben Sie uns: [email protected]

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Tod durch unterlassene Hilfeleistung

Weder handlungsfähig noch -willig: So lautet auf den Punkt gebracht die Reaktionder Landes- und Bundespolitik auf die prekäre Situation, in der sich immer mehrMusikschullehrkräfte wiederfinden. Als bedauerliches Achselzucken und höchstensals ein „Wir würden ja gern mithelfen, etwas zu verändern, wenn die anderen mit-machen würden“ fallen die Reaktionen der Bildungs- und Kulturministerien aus, denen die desaströsen Ergebnisse der ver.di-Studie 2012 zur sozialen Situation vonMusikschullehrkräften von der Fachgruppe Musik im Mai 2013 zugesandt wordenwaren. In den Antwortschreiben an die Fachgruppe betonen nahezu alle Adressaten,dass Musikschulen aus der Bildungslandschaft nicht wegzudenken, mithin „unver-zichtbar“ seien. Aber welchen Stellenwert haben dann die Musikschullehrkräfte?Sind sie ebenfalls „unverzichtbar“?Wie wertgeschätzt die Arbeit von Musikschullehrern von der Politik wirklich wird,offenbaren die Antworten und auch die Handlungen deutlich. Denn aus dem Polit-Sprech in Klartext übersetzt bedeuten die Reaktionen: Musikschulen zu haben, istnett, aber eigentlich interessieren sie uns nicht so sehr wie andere Dinge, für die wirlieber Geld ausgeben oder ausgeben müssen, weil sie Pflichtaufgaben sind. Außer-dem funktionieren die Musikschulen bestens und die Lehrkräfte leisten auch im Pre-kariat eine hervorragende Arbeit. Da das so ist, brauchen wir auch nichts zu ändern.Wir haben hier auch eine gute Lösung für die Ganztagsschulen gefunden, denn auchhier leisten die Musikschullehrer eine so gute und unverzichtbare Arbeit, dass sie ausdiesem Bereich gar nicht mehr wegzudenken sind. Leider haben wir kein Geld fürunverzichtbare Dinge wie Musikschulen. Sollte doch einmal von irgendwoher mehrGeld in die Kommunen kommen, können sie es nach eigenem Belieben in die Mu-sikschulen investieren oder auch nicht. Außerdem ist unsere Behörde eigentlich garnicht zuständig und wir verweisen weiter an andere Institutionen.Die Antworten der Politik (siehe Seite 2 bis 4) offenbaren ein tiefes Desinteresse ander angeblich so unverzichtbaren Institution Musikschule und einen massiven Un-willen, zu einer Prob lemlösung beizutragen. Allerdings: Solange die Musikschulenauch mit prekär beschäftigten Lehrkräften zumindest nach außen hin bestens funk-tionieren, hat die Politik auch keinerlei Handlungsbedarf. Unsere politischen Ent-scheidungsträger sind jedenfalls wohl mit dem prekären Zustand des Berufsstandes„Musikschullehrer“ so einverstanden, dass mehr als die Hälfte es nicht einmal für nö-tig hielten, das Schreiben der Fachgruppe Musik zu beantworten.

Anja Bossen

Der Aufsichtsrat der Baden-WürttembergStiftung hat im Dezember 2013 dem Netz-werk Neue Musik Baden-Württembergeine weiterführende Finanzierung von800 000 Euro zugesprochen. Im vergange-nen Jahr konnten zahlreiche beispielgeben-de Projekte mit Neuer Musik gefördert undfinanziell unterstützt werden. Die Vernet-zung von Akteuren und Initiativen wurdeerfolgreich vorangetrieben, die Mitglieder-zahl des Netzwerks vervielfachte sich seitseiner Gründung im Jahr 2012 um mehr alsdas Doppelte und erste Arbeitsgruppen zuunterschiedlichen Inhalten der VermittlungNeuer Musik wurden gebildet. In Koopera -tion mit dem Landesmusikrat wird zurzeitdie Gründung eines Landesjugendensemb -les für Neue Musik vorbereitet, das imHerbst 2014 seine erste Arbeits- und Kon-zertphase absolvieren wird.www.neuemusikbw.de

musikschule )) DIREKT

1.2014 Keine Antwortenauf ver.di-Umfrage

Plädoyer für dieZwickmühle

Selbstständigkeit:Ort und Ausstattung

) Sie haben Fragen, Anregungen,Tipps oder Hinweise für die Redaktion?

) Sie möchten sich kritisch äußern zu unseren Themen und Beiträgen oder haben Vorschläge für neue Themen?

Schreiben Sie uns:[email protected]

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)) Nach der Veröffentlichung der verhee-renden Ergebnisse der Umfrage aus demJahr 2012 zur sozialen und zur Einkom-menssituation von Musikschullehrkräftenund Privatmusikerziehern der FachgruppeMusik in der ver.di1 wurden vom Bundes-vorstand der Fachgruppe sämtlichen Lan-desministerien und allen Bundestagsfrak-tionen die Ergebnisse in komprimierterForm zugesandt, um die politischen Ent-scheidungsträger auf die zunehmende Pre-karisierung eines ganzen Berufsstandes hin -zuweisen.Kernpunkte des Briefs waren die katastro-phale Einkommenssituation, die mangeln-de soziale Absicherung, das kleiner werden-de Unterrichtszeitfenster durch die ver-kürzte Schulzeit (G8), der Ersatz des schu -lischen Musikunterrichts durch Musik-schullehrkräfte und die immer geringerenStundendeputate, die den Lehrkräften vonden Musikschulen angeboten werden.

Mangelnde Resonanzauf die Probleme

Bis Ende Oktober 2013 lagen zehn Ant-worten aus mehreren Landesministerien,die Antwort des Bundesministeriums fürFamilie, Senioren, Frauen und Jugend so-wie die Antwort der SPD-Bundestagsfrak-tion vor. Ursprünglich angeschrieben wor-den waren die Fraktionsvorsitzenden derLinken, der Grünen, der SPD, der CDU/CSU und der FDP, die Kultus- bzw. Bil-dungsministerien und zuständigen Senats-verwaltungen bzw. Schulbehörden allerBundesländer, das Bundesministerium fürFamilie, das Bundesministerium für Bildung,der Präsident des Deutschen Städte tagesund der Präsident des Städte- und Gemein -debundes: insgesamt 25 Adressaten, vondenen lediglich zehn geantwortet haben.Die Inhalte der vorliegenden Antwortenlassen sich in ein Raster einordnen, das in

einer Synopse auf der rechten Seite darge-stellt wird. Dafür wurden alle zehn Ant-worten auf gemeinsame inhaltliche Kern-aussagen überprüft und diese in 14 Kate-gorien zusammengefasst.

Keine Lösung in Sicht

Kein einziger der Adressaten ging auf allePunkte ein, die in dem Brief an die Minis-terien und Fraktionen aufgeführt waren.Stattdessen wurden einzelne Punkte, meistzur prekären Situation der Lehrkräfte undzu einigen anderen ausgewählten Berei-chen, willkürlich herausgegriffen. Diemeisten Ministerien – außer dem Bundes-familienministerium und dem Kultusmi-nisterium Baden-Württemberg, die dieseLage zumindest als bedauerlich bezeich-nen – nehmen die prekäre Lage der Mu-sikschullehrer zwar zur Kenntnis, äußernsich jedoch nicht dazu, ob und welchen

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Verschoben zwischenNicht-Zuständigkeiten

Wie die Politik sich zur katastrophalensozialen und Einkommenssituationder Musikschullehrkräfte verhält

Anja Bossen

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Synopse der Antworten

Antwort- Kernaussage Häufigkeit Ministerium/Fraktionkategorie der Nennung

1 Musikschulen sind wichtig, werden bereits 8 Ministerium für Bildung Mecklenburg-gefördert und sollen auch weiterhin öffentlich Vorpommern, Ministerium für Bildunggefördert bzw. erhalten werden, vor allem in Rheinland-Pfalz, Hessisches Kultusminis-Bildungspartnerschaften/Kooperationen terium, SPD-Fraktion, Bundesfamilien-

ministerium, FamilienministeriumNordrhein-Westfalen, Bildungsministe-rium Schleswig-Holstein, Kultusministe-rium Baden-Württemberg

2 Verantwortlich für die Arbeitsverhältnisse 5 Ministerium für Bildung Mecklenburg-sind die Kommunen/Kreise/Träger Vorpommern, Ministerium für Bildung

Rheinland-Pfalz, Ministerium für BildungThüringen, Familienministerium Nord-rhein-Westfalen, KultusministeriumBaden-Württemberg

3 Verantwortlich für die Problemlösung 2 SPD-Fraktion, Bundesfamilienministeriumsind die Länder

4 Verantwortlich für die Problemlösung 1 Bildungsministerium Schleswig-Holsteinsind die allgemein bildenden Schulen(nur bei Kooperationen), die z. B.„Geld statt Stellen“ einsetzen können

5 Verantwortlich für die Problemlösung 1 Ministerium für Bildung Thüringenist der Städtetag

6 Verantwortlich für die Problemlösung 2 Bundesfamilienministerium, Bildungs-ist der VdM ministerium Mecklenburg-Vorpommern

7 Zuständig für Musikschulen (außer bei 2 Hessisches Kultusministerium,Landesprojekten) ist ein anderes Ministerium Bayerisches Kultusministerium

8 Es besteht keine Gefahr, dass Musikschullehr- 5 Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz,kräfte den regulären Musikunterricht an Hessisches Kultusministerium, Bayerischesallgemein bildenden Schulen ersetzen Kultusministerium, Bildungsministerium

Schleswig-Holstein, KultusministeriumBaden-Württemberg

9 Prekäre Arbeitsverhältnisse können nicht akzep- 1 SPD-Fraktiontiert werden, es besteht Handlungsbedarf undman setzt sich ein, die Verhältnisse zu verbessern

10 Es besteht Handlungsbedarf, man ist aber 2 Bundesfamilienministerium, Kultus-nicht zuständig, sondern eine andere Ebene ministerium Baden-Württemberg

11 Das Land stellt Kommunen künftig mehr Geld 2 Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz,oder einen „Stärkungspakt“ zur Verfügung, Familienministerium Nordrhein-Westfalensodass die Musikschulen als freiwillige Leistun-gen möglicherweise besser bezuschusst werdenkönnen

12 Die Ganztagsschule gefährdet die Institution 1 Bildungsministerium Schleswig-HolsteinMusikschule und den Bildungsauftrag nicht,Musikschulen bereichern den Ganztag undsichern dadurch ihre Existenz

13 Das kleiner werdende Zeitfenster durch G8 1 Bildungsministerium Schleswig-Holsteinliegt in der Verantwortung der jeweiligenSchulträger und der Schulleitung derallgemein bildenden Schulen

14 keine Antwort 15 siehe Anmerkung 2

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Handlungsbedarf sie sehen. Alle zehnAdressaten verweisen jedoch schon einmalvorsorglich darauf, dass sie ohnehin formalnicht zuständig für die Gestaltung der so-zialen Situation und der Einkommens -situation (also der Arbeitsverhältnisse) derLehrkräfte seien.Insgesamt elf Nennungen (Kategorie 2-6)verweisen auf jeweils andere Verbände,Behörden oder Ebenen zur Problemlösungstatt auf die eigene Zuständigkeit. Damitliegt die Kategorie „nicht zuständig“ alsOberkategorie an der Spitze (wenn mandavon absieht, dass 15 Adressaten, also ca.60 Prozent, überhaupt nicht geantwortethaben, mithin also der größte Teil der An-geschriebenen).Dass auf die Kategorie der Nicht-Zustän-digkeit die Kategorie „Musikschulen sindwichtig“ (Kategorie 1) mit acht Nennun-gen folgt, zeigt die Diskrepanz zwischenscheinbarer Wichtigkeit der Musikschulenund der Realität in krasser Weise. Auch,dass von allen angeschriebenen Fraktionenim Bundestag sich die SPD als einzige Par-tei überhaupt bemüßigt fühlte zu antwor-ten, ist eine Aussage über den politischenStellenwert von Musikschullehrkräften.Aber auch die SPD muss sich fragen las-sen, weshalb trotz der geäußerten Inak-zeptanz jeglicher prekärer Arbeitsverhält-nisse sich auch in den SPD-regierten Bun-desländern nicht weniger Musikschullehr-kräfte in prekären Verhältnissen befindenals in anderen. Verbal geäußerte Empö-rung gegen prekäre Verhältnisse reichtnicht, Problemlösung sähe anders aus.So werden die Probleme der Musikschul-lehrer zwischen den politischen Ebenen

hin und her geschoben statt gelöst. Zwarist es richtig, dass Landesministerien for-mal für die Gestaltung von Arbeitsverhält-nissen in einer Kommune nicht zuständigsind. Aber wie wäre es, wenn die für Mu-sikschulverwaltung formal sehr wohl zu-ständigen Mitarbeiter eines Ministeriumswenigstens so etwas wie ein Problembe-wusstsein an den Tag legen und sich mitden für die Gestaltung der Arbeitsverhält-nisse zuständigen Verbänden zusammen-setzen würden, um gemeinsam nach Lö-sungsmöglichkeiten zu suchen? Oder mitder Bundesebene kooperieren, obwohl Bil-dung Ländersache ist? Denn es handeltsich nicht um einige wenige Einzelfällevon Musikschullehrkräften in prekärenVerhältnissen, sondern – trotz einiger Un-terschiede zwischen den Bundesländern –mittlerweile um ein bundesweites Prob -lem, das sich seit Jahren verschärft, wie dieVergleichswerte der ver.di-Studien 2008und 2012 zeigen (auch hierauf wurden dieAdressaten hingewiesen). Dieser Vorschlagwurde jedoch von keinem einzigen Adres-saten in Erwägung gezogen.

Fazit: weiter wie bisher?

Stattdessen lassen sich die Antworten derPolitik mit zwei Worten zusammenfassen:„Weiter so!“ Allenfalls wird noch ein leisesBedauern über die herrschende Realitätgeäußert, gegen die man aber leider nichtsausrichten könne, so die zentralen politi-schen Aussagen. Solange sich nichts aufder politischen Ebene ändert (und wiesosollte sich etwas ändern), heißt das, dasssich für die Musikschullehrkräfte ebenfalls

nichts zum Besseren bewegt und sie ledig-lich darauf hoffen können, dass die Kom-munen irgendwann einmal – vielleicht –mehr Geld vom Land zugewiesen bekom-men, das sie dann – vielleicht – für die„freiwillige Leistung Musikschule“ und dortauch noch gezielt für mehr Festanstellun-gen ausgeben. Aber wie wahrscheinlich istdas?Bleibt die Frage, wer denn nun eigentlichdie Probleme der Musikschullehrkräfte lö-sen soll. Vermutlich niemand, solange dieMusikschullehrkräfte die Politik nichtzwingen zu handeln. Ansonsten werdenwir in den nächsten Jahren wohl einenweiteren Anstieg von politischen Lippen-bekenntnissen über den hohen Wert derMusikschularbeit und eine proportionaldazu steigende Zahl von Musikschullehr-kräften in prekären Verhältnissen zu ver-zeichnen haben. Vielleicht verzichtendann die (potenziellen) MitarbeiterInnender unverzichtbaren BildungseinrichtungMusikschule auf ihren Beruf. ))

1 Die Ergebnisse der Umfrage sind unterwww.musik.verdi.de abrufbar.2 Fraktionen Die Linke, Die Grünen, CDU/CSU, FDP,Bundesministerium für Bildung, Präsident desDeutschen Städtetages, Präsident des Städte-und Gemeindebundes, Senatsverwaltung Berlin,Ministerium für Bildung Brandenburg, Senatsver-waltung für Bildung Bremen, Behörde für Schuleund Berufsbildung Hamburg, KultusministeriumNiedersachsen, Ministerium für Bildung Saarland,Ministerium für Kultur Sachsen, Kultusministe-rium Sachsen-Anhalt.

* Aus den Ergebnissen der bundesweiten Um fra gezu Einkommenssituation und Arbeitsbedingungenvon Musikschullehrkräften 2012, durchgeführtvon der Fachgruppe Musik in ver.di.

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Literatur

Frank Armbruster: Auf dem Weg insmusikalische Prekariat, www.frank-armbruster.de/2013/10/09/auf-dem-weg-ins-musikalische-prekariat

Linktipps

www.musik.verdi.dewww.facebook.com/Kuenstlergagenwww.facebook.com/berlinermusik-schullehrer

„Mit 1 030 Euro monatlichem Bruttogehören die hoch qualifizierten

Lehrkräfte der deutschenMusikschulen zum Prekariat.“ *

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)) Am 1. Februar wurde der Zahlungsver-kehr europaweit auf das neue, einheitlicheSEPA-Verfahren für den bargeldlosen Zah -lungsverkehr umgestellt (SEPA = SingleEuro Payments Area). Bisher galten in je-dem Land unterschiedliche Verfahren undinsbesondere Auslandsüberweisungen wa-ren kompliziert und oft teuer. Obwohl dielange International Bank Account Number(IBAN) auf den ersten Blick abschreckt,hat das neue Verfahren für die Verbrau-cher viele Vorteile. So enthält die IBAN ander dritten und vierten Stelle eine Prüfzif-fer, die Tippfehler normalerweise zuverläs-sig erkennt.Die IBAN setzt sich aus verschiedenenTeilen zusammen. Die ersten beiden Zei-chen sind das Länderkennzeichen – inDeutschland: DE. Die nächsten beidenZeichen bilden die schon erwähnte Prüf-ziffer. Danach folgt in Deutschland dievormalige Bankleitzahl mit acht Ziffern,anschließend in den letzten zehn Zifferndie Kontonummer, wobei kürzere Konto-nummern durch führende Nullen ergänztwerden. Für Auslandsüberweisungen wirdvoraussichtlich noch bis Februar 2016 zusätzlich eine Art internationale Bank-leitzahl BIC (Business Identifier Code) benötigt.

Außer der zusätzlichen Absicherung durchdie Prüfziffern haben sich für die Verbrau-cher noch einige weitere Verbesserungenergeben. So wurde das bisher in Deutsch-land geltende Recht, einer Lastschrift in-nerhalb von sechs Wochen widersprechenzu können, durch einen Erstattungs -anspruch ersetzt, der nun sogar bis zu achtWochen nach einer autorisierten Abbu-chung erfolgen kann. Bei nicht autorisier-ten Abbuchungen beträgt die Wider-spruchsfrist 13 Monate. Zusätzlich müssendie Banken ihren Kunden weitreichendeVorgaben für Lastschriften ermöglichen.So kann ein Konto gänzlich für Lastschrif-ten gesperrt oder nur für bestimmte Emp-fänger freigegeben oder gesperrt werden.Auch die Maximalbeträge für Abbuchun-gen können Kunden nun festlegen.Bereits bestehende Lastschriften und Dau-eraufträge werden in der Regel von denBanken bzw. den Auftraggebern automa-tisch umgestellt. Bei Lastschriftaufträgenversenden die Auftraggeber üblicherweiseeine Information über die umgestelltenDaten. Ob die Daten von gespeichertenBankverbindungen im Onlinebanking au-tomatisch umgestellt oder gelöscht wer-den, hängt vom jeweiligen Institut ab. Biszum 1. Februar 2016 dürfen Banken auch

weiterhin Überweisungen mit Kontonum-mer und Bankleitzahl entgegennehmenund müssen diese dann kostenlos umwan-deln – dies ist aber eine freiwillige Rege-lung.Musikschulen und Instrumentallehrkräftesind von den neuen Regelungen in ersterLinie dadurch betroffen, dass sie bei neu-en Verträgen die IBAN anstelle der altenBankleitzahl und Kontonummer angebenmüssen. Die neue Regelung, dass Last-schriften nur noch mit einer Autorisierunggültig sind, dürfte hingegen keine großeRolle spielen, da diese auch bisher auf einem unterschriebenen Formular erteiltwerden mussten.Dennoch empfiehlt es sich, allen Schülernund Schülereltern eine kurze Informationüber die neue IBAN zukommen zu lassen.Damit erleichtert man denjenigen, die re-gelmäßig per Überweisung bezahlen, dieUmstellung. Eine einfache Möglichkeit,selbst die IBAN zu berechnen bzw. zuprüfen, ob eine Nummer fehlerfrei ist, bie-tet die Seite www.iban-rechner.deWeitere Informationen, Anleitungen zumAusfüllen von Formularen und Hinter-gründe zur Umstellung des Verfahrens fin-den sich auf der Seite der Deutschen Bun-desbank: www.sepadeutschland.de ))

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Sind Sie fit für SEPA? Anja Bossen

Die Umstellung des Zahlungsverkehrs auf das neueSEPA-Verfahren erfolgte zum 1. Februar 2014

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) Im Gruppenunterricht wollen die Schü-ler etwas anderes tun, als die Lehrerin ge-plant hat.) In einer Freistunde kann eine festange-stellte Posaunenlehrerin endlich mit derOrganisation des schon bald anstehendenSchülervorspiels beginnen oder die Stückefür die nächste Mucke üben.) In einer schwierigen privaten Lebens -situation, in der es angezeigt ist, sich mehrZeit für sich selbst zu nehmen, kommt dieAnfrage der Musikschulleitung an die Ho-norarkraft, eine Unterrichtsvertretung füreine für längere Zeit erkrankte Kollegin zuübernehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,belastende Situationen im Instrumental -pädagogikberuf können ganz unterschied-lich beschrieben werden. Häufig erlebenwir solche Situationen als Zwickmühle.Mit dieser Metapher ist gemeint, dass vonzwei möglichen Handlungsalternativen we -der die Wahl der einen noch der anderendas Problem insgesamt zufriedenstellendlösen würde:) Als Lehrerin möchte ich aus guten Grün -den meiner Unterrichtsplanung folgen undgleichzeitig nicht über die Wünsche undMotivation der Schüler hinweggehen.) Als Posaunenlehrerin freue ich mich aufdie Mucke und möchte musikalisch einegute Leistung bringen und gleichzeitigmeinen Pflichten als Musikschulangestelltenachkommen.) Weil für mich als Honorarkraft meineArbeitsfähigkeit langfristig meine wich-tigste Ressource ist, möchte ich diese pfle-gen und nähren und gleichzeitig muss ich

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Plädoyer fürdie Zwickmühle Bernd Dahlhaus

ein bestimmtes Mindeststundenvolumenunterrichten, um kurzfristig meine Exis-tenz zu sichern.Sich selbst in einer Zwickmühle zu erle-ben, ist je nach Bedeutsamkeit der Situa -tion für den Betreffenden unangenehmund im Extremfall sehr leidvoll. Wie dieunbeliebte Zwickmühle im Rahmen einesguten Selbstmanagements für Instrumen-talpädagogen1 als hilfreiche Denkfigur ge-nutzt werden kann, möchte ich in diesemBeitrag erläutern.

Kleine Zwickmühlenkunde

Allgemein bezeichnet eine Zwickmühle(von althochdeutsch zwi = zwei) wie auchdas griechische Wort Dilemma („Zwei-gliedrigkeit“) eine Situation mit zwei (meistwidersprüchlichen) Handlungsalternativen,die beide nicht zum gewünschten Zielführen und das Problem aufrechterhalten.Weil man der Handlung nicht ausweichenkann, wird die Situation als ausweglos undmeist als leidvoll erlebt.In der Persönlichkeitspsychologie wird dieZwickmühle in Bezug auf Handlungsent-scheidungen einer Person als Ausdruckzweier (oder auch mehrerer) widersprüch-licher innerer Bedürfnisse konzeptuali-siert. Das bekannteste Modell hierzu istdas „Innere Team“ von Friedemann Schulzvon Thun.2 Dieses Modell personifiziertmenschliche Bedürfnisse als verschiedeneAnteile der Persönlichkeit, die sogenann-ten „Teammitglieder“, benannt beispiels-weise als „der Genießer“, „der Antreiber“,„der Clown“ oder „der Beamte“. DieseTeammitglieder können dann intrapsy-

chisch in einen virtuellen Dialog gehenund so Lösungsideen bzw. Handlungsent-scheidungen „aushandeln“.Grundlage dieser Art von Konzepten istein humanistisches Menschenbild, das voneiner kommunikativ getragenen Sozial-kompetenz des Menschen ausgeht: Men-schen wollen und können sich verständi-gen, untereinander in Gemeinschaft undauch intrapersonal mit sich selbst. DesWeiteren gehen die Konzepte davon aus,dass Unterschiedlichkeit und Wider-sprüchlichkeit wesentlich zum Mensch-sein gehören. Menschliches Denken, Füh-len und Handeln ist komplexer, als dass essich in einer Entweder-oder-Logik, einerLogik, nach der Maschinen in der Regelzuverlässig funktionieren, abbilden lässt.Die Ausrichtung nach einer vermeintlicheindeutigen und allgemein gültigen „Rich-tig-falsch“-Unterscheidung ist zwar ver-ständlich – soll sie doch die erhoffte innereSicherheit bieten –, führt aber im mensch-lichen (Zusammen-)Leben früher oderspäter unweigerlich zum Scheitern.Es ist deshalb ein Zeichen von Intelligenzund Rationalität, Ambivalenzen und Para-doxien als „Normalfall“ anzusehen. Stattvergeblich nach einem endgültigen „Rich-tig“ zu suchen, gilt es zu üben, Mehrdeu-tigkeiten, Uneindeutigkeiten und Wider-sprüche in die eigene Handlungsplanungzu integrieren, mit ihnen zu rechnen, sichmit ihnen soweit möglich sicher zu fühlenund sie womöglich sogar zu nutzen.Ein gutes Beispiel hierfür ist auf der Ebe-ne der staatlichen Gesellschaftsform dieparlamentarische Demokratie. Auch hierwird konstruktiv mit Unterschieden und

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aus der jeweiligen Perspektive überausverständlichen Bedürfnisse widerspiegelt.Alle Beteiligten (Gesprächspartner bzw.deren Bedürfnisse) sind gleichberechtigtund verdienen ehrliche Wertschätzung. Inmeinem inneren Konflikt melden sichzwei Bedürfnisse: Einerseits möchte ichauf den Schülervater eingehen, sein Anlie-gen hinter der Forderung ernst nehmen.Mein inneres Anliegen/Bedürfnis ist: vomSchülervater als Experte wertgeschätztund anerkannt zu werden, mit ihm im gu-ten Kontakt zu sein. Andererseits möchteich aus meinem pädagogischen Selbstver-ständnis als Begleiter und „Ermöglicher“heraus keine „Druckmethoden“ anwen-den. Mein inneres Anliegen/Bedürfnis isthier: mir selbst treu bleiben, authentischfür meine Überzeugung eintreten, im bes-ten Fall den Vater für einen Perspektiv-wechsel gewinnen.Dabei kann ich dem Vater in seiner Ab-sicht hinter der Forderung durchaus zu-stimmen: Er möchte genauso wie ich, dasssein Sohn etwas lernt und Fortschrittemacht (und vermutlich möchte der Sohnselbst das ebenso). Um das zu erreichen,sieht der Vater allerdings nur (noch) dieMöglichkeit, dies mit den Sohn fremd -bestimmenden Maßnahmen zu erreichen.Dieser Klärungsmoment hilft mir, eine för-derliche Anschlusskommunikation zu for-mulieren:„Herr Schmid, vielen Dank, dass Sie sichdie Zeit nehmen und mir Ihre Wünschemitteilen. Ich kann gut verstehen, dass esIhnen wichtig ist, dass Ihr Sohn Fortschrit-te macht. Sie zahlen ja auch die Unter-richtsgebühr und wollen berechtigterwei-

zeitig dadurch ein, eine Mitverantwortungfür das gelingende Miteinander zu über-nehmen. In der Regel ergeben sich hierausdann neue Einsichten und (Handlungs-)Ideen.Eine Zwickmühle im instrumentalpädago-gischen Beruf bzw. im Unterricht zu iden-tifizieren und in dieser Weise zu nutzen,stärkt das Gefühl von Selbstsicherheit undSelbstwirksamkeit. Und öffne ich michdem anderen, indem ich ihm meine inne-ren Denk- und Fühlprozesse mitteile, be-wirkt dies nach meiner Erfahrung einedeutliche Stärkung der Beziehungsebene.

Beispiel für eine Zwickmühle

Ein Zwickmühlenbeispiel mit „mittleremSchwierigkeitsgrad“ möge idealtypisch ei-nen Eindruck von der praktischen Anwen-dung vermitteln:Im Elterngespräch fordert ein Schülervaternachdrücklich von mir, dass ich seinemSohn „mehr Druck mache, damit er end-lich in die Gänge kommt“. In der Ge-sprächssituation bemerke ich in mir auf-keimenden Widerstand. Ich kann die Hal-tung des Vaters schlecht aushalten, werdeinnerlich unruhig und habe den Drang,meine Auffassung entgegenzuhalten. Stattjedoch vorschnell meinem inneren Wider-stand Luft zu machen und zu einer in denAuswirkungen nicht hilfreichen Entgeg-nung anzusetzen, halte ich inne und neh-me mir ein paar Sekunden Zeit zur inne-ren Klärung.Ich erinnere mich daran, dass keine Auf-fassung „richtiger“ oder wertvoller als eineandere sein kann, sondern immer nur die

Selbstmanagement fürInstrumentalpädagogen –Teil 2

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Widersprüchen umgegangen und um Hand -lungsentscheidungen gerungen – und manmüsste sich erst recht Sorgen machen,wenn diese einstimmig getroffen würden.Und im Gesellschaftsspiel „Mühle“ machtinteressanterweise gerade die Zwickmühleals wesentliches Spielphänomen den Reizdes Spiels aus. Nur: Im menschlichen Mit-einander lebt es sich besser, wenn eineWin-win-Situation gelingt.

Zwickmühlenals Ressource nutzen

Erlebe ich mich in einer problematischenSituation, kann mir die Denkfigur derZwickmühle helfen, aus dem oft diffusenProblemerleben herauszutreten. Halte ichinne, kann ich, statt im Problem gefangenzu sein, dieses von außen betrachten. In-dem ich überlege, welche inneren Anteile(= Bedürfnisse) sich im Problemerlebenmelden und wie sie überhaupt erst den in-neren Konflikt gestalten, kann ich mir be-wusst machen, was ich brauche, um wie-der handlungsfähig zu werden.Dabei ist es zunächst sehr entlastend, mei-nen Bedürfniswiderspruch anzunehmenund anzuerkennen. Dies nicht nur kogni-tiv-rational mit einem Gedanken, den ichinnerlich zu mir spreche, sondern auchmit emotionaler Anteilnahme und Selbst-wertschätzung. Sind an meiner erlebtenZwickmühlensituation auch andere Men-schen beteiligt, kann ich weiterhin mitehrlich gemeinten, wertschätzenden Wor-ten meinen inneren Konflikt offen ma-chen. Indem ich den anderen auf dieseMetaebene mitnehme, lade ich ihn gleich-

Tipp: einen Mühle-Spielstein als Erinnerungsanker im Unterrichtnutzen, um zu üben, Zwickmühlen (schneller) zu bemerken und mitihnen gut umzugehn

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se dafür eine hörbare Gegenleistung. Al-lerdings habe ich jetzt eine innere Zwick-mühle: Ich schätze sehr, dass Sie sich sofür Ihren Sohn und seinen Unterricht ein-setzen und ich empfinde das als großesVertrauen Ihrerseits, dass Sie mir die mu-sikalische Ausbildung Ihres Sohnes anver-trauen. Und deshalb möchte ich einerseitsIhren berechtigten Wunsch sehr ernst neh-men und ihm auch entsprechen.“Während ich dies sage, bin ich dem Vatergegenüber sehr achtsam und halte guten

Blickkontakt. Ich mache eine Pause, umanhand seiner Signale zu überprüfen, obder Vater gedanklich und emotional „mit-geht“, ob ich von ihm ein „inneres Ja“ be-komme. Nur dann fahre ich fort:„Andererseits weiß ich aus meiner eigenenLernbiografie und aus meiner 20-jährigenUnterrichtserfahrung, dass Druck in Men-schen Stress auslöst und letztlich bewirkt,dass das Lernen noch viel schwierigerwird. Dafür gibt es auch in der wissen-schaftlichen Lernforschung viele Belege.Ich kann gut verstehen, dass Sie sich fürIhren Sohn wünschen, dass er gut lerntund eine gute Grundlage für sein späteresLeben legt. Manchmal ist das ja auchschwer mit anzusehen, dass da scheinbarbei ihm nichts in der Richtung passiert.Wissen Sie, ich erlebe Ihren Sohn ja ein-mal in der Woche und ich schätze an ihmsehr, dass er … und glaube, dass Musik fürihn … bedeutet.Gerne würde ich Ihre Meinung dazu ein-beziehen, wie ich als Experte im Unter-richt seine Talente so nutzen kann, dass fürihn insgesamt ein Fortschritt leichter mög-lich wird. Ich möchte nämlich meinemAuftrag als Lehrer gerecht werden und ichversichere Ihnen, dass ich dank meinerAusbildung den Unterricht auf die best-mögliche Weise gestalte. Dafür würde ichmich über Ihre begleitende Unterstützungfreuen. Ich hätte da ein paar bewährte Ideen, wie Sie als Vater auch zuhause dazubeitragen können, dass Ihr Sohn … WärenSie denn an den Ideen interessiert?“ (Jenach Gesprächsverlauf wäre alternativauch möglich: „Wenn Sie an meiner Stellewären, wie würden Sie diese Zwickmühlelösen? Wie würden Sie als Lehrer einer-seits einem engagierten Vater gerecht wer-den und andererseits nicht gegen Ihr Fach-wissen als Experte handeln?“)

Im guten Kontaktmit sich selbst bleiben

Nach meiner Erfahrung hilft die „Zwick-mühlenfigur“, den Stress, der in konflikt-haften Situationen entsteht, zu reduzierenund leicht(er) aus dem Problemerlebenherauszukommen. Im Gegensatz hierzuverstärkt der leider weit verbreitete „Ja,aber“-Modus meist den Konflikt. Hier gehtes nur darum, den anderen mit den ver-meintlich stärkeren Sachargumenten vonder eigenen „richtigen“ Auffassung zuüberzeugen. Das Gewinnen-Wollen iststärker als die Achtsamkeit und die Wert-schätzung sich selbst und dem anderen ge-genüber. Dabei geht die innere Ausrich-tung, im guten Kontakt mit sich und mitanderen zu sein, verloren. Diese Haltungist jedoch Voraussetzung für Kompetenz -erleben und Potenzialentfaltung, für eininsgesamt erfolgreiches künstlerisch-päda-gogisches Handeln und bedeutsamer alsalle Methoden, mit denen wir als Instru-mentalpädagogen arbeiten. ))

1 Zu einführenden Überlegungen zum „Selbst -management für Instrumentalpädagogen“ sieheden ersten Teil: „Der Musiklehrerberuf als Pas -sion?!“ in: musikschule )) DIREKT. Supplement zuüben & musizieren 6/2013, S. 7-9.2 Friedemann Schulz von Thun: Miteinanderreden, Band 3: Das „Innere Team“ und situations-gerechte Kommunikation, Reinbeck 1998. WeitereModelle sind das „Innere Parlament“ von GuntherSchmidt (siehe *) und die „Voice Dialog“-Metho -de von Hal und Sidra Stone. In der Kommunika -tionspsychologie wird die Zwickmühle mit derDoublebind-Theorie erklärt.

* Titel eines Vortrags von Gunther Schmidt unterwww.youtube.com/watch?v=aysbXdSgjyE

musikschule )) DIREKT 1.20148

Bernd Dahlhaus ist Musikpädagoge undCoach. Er leitet die Agentur für Musik -pädagogik musikbäume, e-mail: [email protected], www.musikbaeume.de

Impulse

Welche Erfahrungen haben Sie mitberuflichen Zwickmühlen? Wie ge-hen Sie üblicherweise mit Zwick-mühlen, Uneindeutigkeiten und Wi-dersprüchen um?

Wie geübt sind Sie darin, in (proble-matischen) Situationen Ihres Berufsdie beteiligten Bedürfnisse (Ihre ei-genen und die des anderen) zu iden-tifizieren und zu benennen?

Achten Sie in Gesprächen mit Schü-lerInnen, Schülereltern, KollegInnenund Vorgesetzten auf den „Ja, aber“-Impuls. Experimentieren Sie damit,von einer „Gewinnen-wollen-Hal-tung“ zu einer „Zwickmühlen-Hal-tung“ zu wechseln.

Denken Sie in einer ruhigen Minutean eine Zwickmühlensituation IhresBerufsalltags mit zunächst „gerin-gem Schwierigkeitsgrad“ und spie-len Sie in Gedanken die oben ange-deuteten Denk- und Kommunika -tionsschritte durch: Innehalten, Be-dürfnisklärung, Wertschätzung, trans -parente Kommunikation.

„Will ich jetzt ambivalentsein oder nicht?“ *

Literatur

Gerlinde Ruth Fritsch: PraktischeSelbst-Empathie. Herausfinden, wasman fühlt und braucht, Paderborn22009

Maja Storch: Das Geheimnis klugerEntscheidungen. Von somatischenMarkern, Bauchgefühl und Überzeu-gungskraft, München 22005

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Musikschule Saltarello

Unter dem Titel „Ich mache mich selbst-ständig – aber wie?“ informierte Rein-hild Spiekermann in der vergangenenAusgabe darüber, was man als freiberuf-liche Instrumentallehrkraft zu beachtenhat. Im folgenden Beitrag werden einigeAspekte zu den Bereichen „Management“und „Organisation“ vertieft.

)) „Mama, was macht eigentlich ein Ma-nager?“ Die Antwort am Abendbrottischist leicht und lautet ungefähr so: „Managerführen ein Unternehmen und eine Viel-zahl von Menschen in eine gemeinsameund beabsichtigte Zukunft. Sie planen, or-ganisieren, führen und kontrollieren. Undmeistens verdienen sie ziemlich viel Geld.Alles klar?“ – „Aber Mama, was macht ei-gentlich ein Selbstmanager?“ Die Mutterschweigt und überlegt kurz, ob sie denKindern die Komplexität des Begriffs„Selbstmanagement“ nahe bringen soll. Sieentscheidet sich aus pragmatischen Grün-den für die Kurzfassung und erläutert, dasses vor allem um die Frage geht, wie ichmich selbst organisiere. Das finden dieKinder logisch und das Gespräch gehtwieder zum Fußball über.

Bernd Dahlhaus hat in der vergangenenAusgabe von musikschule ))DIREKT sehr be-gründet für eine erweiterte Auffassungvon „Selbstmanagement“ geworben, in de-ren Zentrum Selbstbeobachtung, Selbst-achtung, Selbstreflexion und das Erlebenvon Selbstwirksamkeit stehen. Im Ver-bund mit diesen Kompetenzen kann es ge-lingen, das Sich-Selbst-Organisieren zu ei-ner authentischen Angelegenheit werdenzu lassen.Auch hier geht es wieder um Professionali -sierung, nämlich darum, endlich das Imagedes „sozial zweitklassigen Privatmusikleh-rers“,1 das immer noch aus dem 19. Jahr-hundert herüberweht, abzustreifen. Damitdies gelingt, muss man sich professionellaufstellen, sich auch ganz klar abhebenvon pseudoprofessionellen Lehrpersonen,die übrigens im 19. Jahrhundert schon als„Scharlatane“ bezeichnet wurden!

Ort und Raum

Wenn es bei Immobilienmaklern immer soschön heißt: „Lage, Lage und noch einmal:Lage!“, so kann man das eins zu eins aufden Unterrichtsort eines Instrumental -pädagogen übertragen. Was nützt einemdas schönste Atelier in einer problemati-schen Lage? An der Ausstattung bzw. Ein-

richtung eines Raums kann man mit etwasGeschick sehr viel ändern, den Güterbahn -hof gegenüber kann man nicht verlegen.Was ist eine günstige Lage? Mögliche Kri-terien für einen geeigneten Ort können –in Abhängigkeit von der Zielgruppe, dieman ansprechen möchte – sein: Nähe zumWohnort der Hauptzielgruppe, städtebau-liches Umfeld, Verkehrsanbindung, Park-möglichkeiten etc.2

Grundsätzlich muss eine Entscheidung ge-fällt werden, ob es sich bereits zu Beginneiner selbstständigen Tätigkeit lohnt, einenseparaten Raum anzumieten, müssen dochsämtliche Kosten, die dieser Raum ver -ursacht, zusätzlich erwirtschaftet werden(Informationen zur steuerlichen Behand-lung in einem der nachfolgenden Beiträge).Alternativ kann man über gemeinschaft -liche Nutzung von Räumen nachdenken,entweder gemeinsam mit KollegInnen –Bedingungen klar regeln: Unter Umstän-den zeichnet sich hier bereits der Weg zueiner privaten Musikschulen ab! – oder inForm einer entgeltlichen Mitnutzung vonRäumen anderer Einrichtungen (Kinder-gärten, Schulen, Vereine, Kirchen, Jugend-zentren o. Ä.).Eine finanzielle und in punkto Organisa -tion ideale Variante ist sicherlich, ein Stu-dio oder Atelier von der eigenen Wohnung

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Professionellvon Anfang an

Zu Beginn einer geplantenSelbstständigkeit solltedie eigene Organisations-struktur bedacht werden

Reinhild Spiekermann

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abzugrenzen, wenn möglich sogar mit se-paratem Eingangsbereich. Ein in die Woh-nung direkt integrierter Unterrichtsbe-reich ist zwar am einfachsten einzurich-ten, jedoch müssen mögliche Nachteilegut abgewogen werden: Schaffe ich es, im-mer ein aufgeräumtes Ambiente zu bie-ten? Darf ich mit Knoblauch nur noch amWochenende kochen? Was ist mit Kindernoder dem Hund? Und der Störfaktor Tele-fon, auch wenn es nur die privaten Anrufeim Nebenraum sind?

Fallbeispiel 1:Musikschule Saltarello

Eine meiner früheren Studentinnen, Chris -tina Manook, hat sich mit großem unter-nehmerischen Geschick und der nötigenPortion Glück erfolgreich selbstständig ge-macht: www.saltarello-musikschule.de. IhrWeg begann am Studienort zunächst alsHonorarkraft an einer großen kommuna-len Musikschule in den Bereichen EMPund Blockflöte. Nach weiterer, jedoch be-fristeter Tarifanstellung erfolgte aus priva-ten Gründen ein Umzug in eine andereStadt und damit zunächst in die Arbeits -losigkeit. Der Neuanfang – in einem Stadt-teil mit glücklicherweise hohem Kinderan-teil – setzte sich aus vielen kleinen Mosaik -steinen zusammen: eigenes Angebot struk-turieren, Flyer entwerfen, Zettel aushän-gen, Infozettel zu Fuß und damit persön-lich verteilen, Kindergärten ansprechen,Internetpräsenz vorbereiten, Gebühren-struktur, „Papierkram“ etc.Es gelang ihr, in einem Kindergarten nach-mittags einen Raum anzumieten und mitersten Unterrichtsgruppen zu starten. Pa-rallel dazu verfolgte sie die Variante, mitihrem Instrumentarium (Minimalausstat-

tung in einer Art Handwagen) in andereEinrichtungen zu gehen, um dort zu un-terrichten. Mund-Propaganda und hohePräsenz bei Aktionen im Stadtteil führtenrasch zu weiteren Unterrichtsnachfragen,sodass sie sich entschloss, eigene, großzügigeRäumlichkeiten anzumieten. Diese wur-den noch auf die Bedürfnisse vor allemvon Elementargruppen umgebaut; es ent-standen ein Kursraum (65 qm), ein Vor-raum mit Umziehmöglichkeit, ein Lager-raum und Sanitärbereich. Durch Expan -sion (inzwischen arbeiten weitere sechsLehrkräfte im Team) wurde vor einigerZeit ein weiterer Raum im Souterrain desGebäudes hinzugenommen.Der Gründerzuschuss der Bundesagenturfür Arbeit (Förderkriterien unter www.ar-beitsagentur.de > Bürgerinnen und Bürger> Finanzielle Hilfen > Existenzgründung)ermöglichte Christina Manook ein allmäh-liches (wenngleich von Anfang an vollstän-dig durchdachtes) Anschaffen und Ver-vollständigen des notwendigen Instrumen-tariums und Zubehörs. Farblich fallen diewarmen Gelb-/Orange-/Rottöne auf, diesich auch im Web-Design wiederfinden.Kindgerechtes Mobiliar sowie einladendeSitzgelegenheiten für Erwachsene nebstGarderobe sprechen Besucher der Musik-schule direkt an.

Fallbeispiel 2:Musik auf Rädern

Eine in letzter Zeit verstärkt anzutreffendeVariante ist der „Unterricht auf Rädern“.Gemeint ist damit, dass der Instrumental-lehrer (gegebenenfalls ein Team aus Lehr-kräften) mobil ein ganzes Gebiet oder ei-nen Stadtteil mit Unterricht „versorgt“.Googelt man „Instrumentalunterricht“

bzw. „Musikunterricht“ gepaart mit Wör-tern wie „mobil“ oder „zu Hause“, landetman bei unterschiedlichsten Geschäftsmo-dellen. Geworben wird mit dem für Erzie-hungsberechtigte wegfallenden Anfahrts-weg, mit vertrautem Ambiente („daheim“),oft einhergehend mit weiteren Serviceleis-tungen (Instrumentenvermittlung, zusätz-liches Tutorial via Skype, Vermittlung vonLehrkräften in anderen Gebieten o. Ä.).Kalkuliert werden solche Angebote meisttransparent, der Kunde erfährt, welchenAufpreis (je nach Anfahrtsweg) er für denHausbesuch zu zahlen hat.Zugegeben: Viele dieser Modelle wirkenaus der Not heraus geboren, bei manchenschreckt bereits der Internetauftritt ab. Aneinem äußerst gelungenen Beispiel möch-te ich jedoch darlegen, dass die Mobilvari-ante funktionieren kann, wenn die Kon-zeption sehr gut und die Zeit dafür reif ist.„Musik auf Rädern – Ambulante Musik-therapie“ wurde 2003 von vier Diplom-Musiktherapeutinnen gegründet, seit 2005wird das Dienstleistungsunternehmen ausMünster als Franchise-Unternehmen ge-führt: www.musikaufraedern.de.Inzwischen gibt es in 17 Städten entspre-chende Franchisenehmer, die das Konzeptumsetzen. „Wir bringen Musik ins Haus“steht als Firmenmotto auf den Autos, jenach Profil des einzelnen Franchiseneh-mers gibt es zusätzlich auch instrumen tal -pädago gische Angebote für Kinder undJugend liche.In einer sich demografisch rasant verän-dernden Gesellschaft könnte das „bewegli-che Arbeitsplatzmodell“, das Instrumental-unterricht zu Menschen bringt, die nichtmehr mobil sein können, eines der Zu-kunft sein.

musikschule )) DIREKT 1.201410

Informationsstand in der Fußgängerzone

„Farblich fallen die warmenGelb-/Orange-/Rottöne auf,

die sich auch im Web-Design wiederfinden.“

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Ausstattung

Instrumente, Noten, Bücher, PC, Medien,Mobiliar… Lang ist die Liste der Dinge,die zu Beginn einer freiberuflichen Unter-richtstätigkeit angeschafft werden müssen.Abhängig vom Instrument wird man überSchülerinstrumente nachdenken müssen;für PianistInnen stellt sich die Frage, ob einvorhandenes, eventuell wertvolleres Inst -rument benutzt werden oder lieber einZweitinstrument gekauft werden soll.Die Einrichtung einer Bibliothek möchteich – den Möglichkeiten der Download-portale zum Trotz – dringend empfehlen.Nichts ist schöner, als vor einem Bücher -regal zu stehen und aus dem Vollen zuschöpfen, für seine SchülerInnen neue Li-teratur zu überdenken, Nachschlagewerkezu zücken oder sich einfach an einer Lei-nenausgabe zu erfreuen!Bei der Medienausstattung hängt es sehrvom Unterrichtsprofil ab, in welchem Maßman die Möglichkeiten digitaler Medienkonzeptionell einbringen möchte. Die„Checkliste Medienausstattung“ ist einVorschlag zur medialen Erstausstattung,grundsätzlich gilt aber: Guter Unterrichtkann auch ohne diese Hilfsmittel funktio-nieren!Man muss kein Schöner wohnen-Expertesein, um die Möblierung seines Unter-richtsraums ansprechend vorzunehmen.Wie im Fallbeispiel 1 erwähnt, ist es sehrangenehm, wenn Farben und verwendeteMaterialien gut aufeinander abgestimmtund darüber hinaus von hoher Funktiona-lität sind. Mit geschicktem Einsatz vonLichtquellen lassen sich auch dunklereRäume gut „inszenieren“. Eine Ideenquellefür Kreative (und handwerklich Begabte)kann das „crowddesign“ sein. Von sich re-

den macht der Architekt Van Bo Le-Ment-zel, der mit Hilfe der „crowd“ (also einerMenschenmenge) Designideen im Internetzusammenträgt (www.hartzivmoebel.de).Pädagogisch verantworteter Unterricht um -fasst eine gute Planung für die Schüler inihren jeweiligen Unterrichtssequenzen.Hierfür ist eine Struktur anzulegen: Das„alte“ Karteikastensystem und digitale Ver-waltung haben ihre jeweils eigenen Vortei-le. Bei Stefan Lindemann3 finden sich imAnhang Musterlisten mit Ideen, wie manVorgespräch, Anwesenheit oder pädagogi-sche Beurteilung protokollieren kann.Ein digitales Instrument ist beispielsweisedie Software qupil (zum kostenlosen Down -load unter www.lehrsaiten.de), die darü-ber hinaus weitere Daten erfassen kann:Teilnahme von SchülerInnen an Ensemb -les, an Vorspielen, gespielte Stücke, Biblio-theksdaten etc. Bento oder CUEcards (s.Checkliste) sind hingegen elektronischeZettelkästen, die unterschiedlichsten Zwe-cken dienen können und deshalb von je-dem individuell eingerichtet werden müs-sen. Zu überlegen bleibt, ob man pädago-gische und buchhalterische Daten trenntoder in einem System erfasst. ))

1 vgl. Michael Roske: „Umrisse einer Sozialgeschich -te der Instrumentalpädagogik“, in: Chris tophRichter (Hg.): Instrumental- und Vokalpäda gogik 1:Grundlagen (= Handbuch der Musikpädagogik,Bd. 2), Kassel 1993, S. 158-196, hier: S. 175.2 vgl. Stefan Lindemann: Marketing und Manage-ment für Musikpädagogen, Kassel 2002, S. 27.3 s. Lindemann, Anhang.

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Reinhild Spiekermann ist Professorinfür Allgemeine Instrumentalpädagogik,Klavierdidaktik/-methodik sowie Studien-gangsleiterin für instrumentalpädagogi-sche Studiengänge an der Hochschulefür Musik Detmold.

Checkliste Medienausstattung

Computer❑ Laptop, eventuell mit zusätzlichemMonitor für den Arbeitstisch, Sys-temvoraussetzungen der gewünsch-ten Software beachten, CD-Brenner➔ Vorteile: flexibler Arbeitsplatz inklusive Notations- und Audio -verarbeitungsmöglichkeiten❑ alternativ: Heimcomputer undTablet für den Unterricht unterwegs➔ Vorteile: Tablet lässt sich an denNotenständer montieren, bieteteine Reihe von Zusatzapplikationenfür den Unterricht wie Stimmgerät,Metronom etc.❑ Midi-Keyboard zur schnellerenEingabe von Noten, z. B. M-AudioKeystation 49e (ca. 60,– Euro)❑ externe Festplatte zur Daten -sicherung

SoftwareJede spezialisierte Software benö-tigt eine gewisse Einarbeitungszeit,Notationsprogramme wie Sibeliusgenügen professionellen Ansprü-chen und müssen zunächst erlerntwerden. Andere Programme wiePrimus funktionieren etwas intui -tiver. Auch im Bereich der Audio -verarbeitung und Erstellung vonPlay-alongs ist eine ausgiebige Be-schäftigung mit der Software nötig.

❑ Notationssoftware: Sibelius (ca.540,– Euro, Studenten ca. 240,–Euro), Finale (ca. 500,– Euro, Stu-denten ca. 300,– Euro), Primus(ca. 280,– Euro) oder für den An-fang auch einfachere Freeware,Testversionen zu allen großen Programmen erhältlich❑ Tabellenverwaltungsprogrammzur übersichtlichen Stundenproto-kollierung: für Mac z. B. Bento (ca.30,– Euro), für Windows z. B. CUE-cards 2000 (Freeware) oder CUE-cards 2005 (30 Tage Testversion)❑ Audio-Verarbeitungssoftwarefür Schüleraufnahmen oder selbsterstellte Mitspiel-CDs, je nach An-spruch: für Mac z. B. mitgeliefertesGarageband oder Logic Pro (ca.180,– Euro)

Aufnahmegerät❑ kleiner Handrecorder, z. B. Olym-pus LS-5 (ca. 180,– Euro)

www.musikaufraedern.de

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)) Um es vorweg zu nehmen: Diese Appist ihr Geld (iPad: 12,99 Euro, iPhone:6,99 Euro) mehr als wert! Denn für diesesGeld erhält man vier hervorragende Ein-spielungen von Beethovens 9. Symphonieaus dem Archiv der Deutschen Grammo-phon: von Ferenc Fricsay mit den BerlinerPhilharmonikern (1958), Herbert von Ka-rajan (ebenfalls mit den Berliner Philhar-monikern, 1962), Leonard Bernstein mitden Wiener Philharmonikern (1979) undJohn Eliot Gardiner mit dem OrchestreRévolutionnaire et Romantique (1992).Die Bernstein-Aufnahme ist auch als Filmvorhanden, was bei einem so charismati-schen Dirigenten wie Leonard Bernsteinein zusätzliches, besonderes Vergnügen be-reitet. Allein die Gestik und Mimik diesesDirigenten verfolgen zu können, lohnt be-reits die Anschaffung dieser App.Natürlich können die Lautsprecher einesiPad oder gar iPhone keine HiFi-Qualitäterzeugen, doch bei der Verwendung vonqualitativ hochwertigen Kopfhörern kannsich der Klang gegenüber einer einfache-ren Stereoanlage klar behaupten.Doch eine App bietet nicht nur die Mög-lichkeit des Hörens, sondern auch des Se-hens. Hier kann man aus mehreren Modiwählen. Am naheliegendsten ist das Ver-folgen der synchronisierten Partitur, wobeisowohl die vollständige Partitur gewähltwerden kann als auch eine kuratierte Fas-sung, die nur die jeweils thematisch wich-tigsten Stimmen anzeigt. Als dritte Mög-lichkeit kann man auch Beethovens Manu-

skript von 1825 mitlesen. Kleiner Nach-teil: Selbst wenn man das iPad hochkanthält, passt nicht die gesamte Partitur insBlickfenster, sodass man je nach Interessehin und her scrollen muss.Wer keine Noten lesen kann oder möchte,wird sich vielleicht für eine grafische No-tation entscheiden oder, so der Hersteller,„in die hypnotisierende grafische BeatMap(Übersicht) des Orchesters eintauchen“ –eine auf Dauer eher langweilende Spiele-rei. Doch angesichts der Fülle an hochwer-tigen Informationen ist solch Gemäkel aneinigen wenigen verzichtbaren Featuresganz unangebracht.Weitere Funktionen sind kurze erläutern-de Kommentare, die oberhalb der Partiturmitlaufen (Erläuterungen wie „Ein Drachevon einem d-moll-Akkord, der mit seinemrhythmischen Schwanz peitscht“ mögennicht jedermanns Geschmack treffen), so-wie ein ausführlicher Expertenkommen-tar, der zur Partitur hinzugeschaltet wer-den kann. Auch hier wurde an alles ge-dacht: Weil dieser Kommentar zu lang ist,als dass man ihn während des Hörens mit-lesen könnte, gibt es den „Abschnitt-für-Abschnitt-Modus“, mit Hilfe dessen manselbst entscheiden kann, wann der nächstemusikalische Abschnitt erklingen soll. Einwunderbares Instrument für eine einge-hende Analyse dieser Symphonie.Der eigentliche Clou jedoch: Während desHörens kann man nahtlos und ohne Ver-lust einer einzigen Note zwischen den vierEinspielungen hin und her springen! Eine

kleine technische Meisterleistung, die ver-tiefende Einblicke in die Interpretationenerlaubt. Wie klingt die Stelle bei Karajanim Vergleich zu Bernstein? Was bewirktdie tiefere Orchesterstimmung bei Gar -diner, der auf historischen Instrumentenspielen lässt? Wie verändert sich Beetho-vens Stück bei unterschiedlichen Tempi(Fricsay braucht für den ersten Satz 16:39Minuten, wohingegen Gardiner nur 13:00Minuten benötigt…)?Doch auch das ist noch nicht alles: Im Bereich „Die Story“ bietet der britische Pianist und Musikwissenschaftler DavidOwen Norris einen kurzen Blick auf Beet-hovens Leben sowie Fakten und Hinter-gründe zur Entstehung der 9. Symphonie.Er gibt Hörempfehlungen (mit direkt an-zuwählenden Hörbeispielen) und Hinwei-se zu den vier Interpretationen. Im Be-reich „Einblicke“ schließlich erläutern in13 filmischen Interviews Leonard Bern-stein, John Eliot Gardiner, Gustavo Duda-mel, einige Musiker der Berliner Philhar-moniker und andere ihren Zugang undihre Gedanken zu Beethoven und seiner 9.Symphonie. – Diese App ist eine wahreSchatzkiste, die allen, die sich für Beetho-ven und seine 9. Symphonie interessieren,viele Stunden Hörgenuss, Information undUnterhaltung bietet! ))

musikschule )) DIREKT 1.201412

Meine App

„Beethoven 9“ – Hörgenuss purrund um Beethovens 9. Symphonie

Kennen Sie eine App, die Sie anderenLehrkräften empfehlen möchten?Schreiben Sie uns: [email protected]

Rüdiger Behschnitt

musikschule )) DIREKT erscheintalle zwei Monate als Supplementzu üben & musizieren

Redaktion: Anja Bossen und Rüdiger BehschnittLayout: Rüdiger BehschnittGrafik: Nele Engler

Page 13: Musikschule direkt 2014 01

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musizieren 1 14üben

ar�eggioMUSIK ZUM LEBEN 0|2013

FehlerMusik-Magier

PopkommuneWagnerwahn

Engeldraufhau’nKunstraum

Die Kunst, richtig zu scheitern. Seite 4

Marco Blaauw und seine Trompete. Seite 16

Drum Circle oder „Schießbude“. Seite 22

Jazzlegende Abdullah Ibrahim. Seite 6

Kunst braucht Raum. Seite 24

Der Klang der Revolte. Seite 10

Geschenkideen für Wagner-Fans. Seite 14

ar�eggio – Das neue Magazin als App

Wie klingt die Revolte? Kann eine Trompete mit zwei Schalltrichtern Engel in ihre Schranken weisen? Was hat das internationale Risikokapitalgeschäft mit unserer Angst zu tun, auf der Bühne zu scheitern? Und warum wollen alle trommeln? Erleben Sie mit ar�eggio die Welt der Musik – neu und überraschend.

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Schirmherr: Kurt Masur

HfM DetmoldHOCHSCHULE FÜR MUSIK

STREICHINSTRUMENTESCHLAGZEUG

10. DETMOLDER SOMMERAKADEMIE

19. – 27. JULI 2014FÜR BUNDESPREISTRÄGER „JUGEND MUSIZIERT“

Zu Gast: BundesjugendorchesterAnton Bruckner: 4. SinfonieLeitung: Markus Stenz

DozentenProf. Thomas Christian, ViolineProf. William Coleman, ViolaProf. Alexander Gebert, VioloncelloProf. Peter Prommel, SchlagzeugDorothea Geipel, PodiumstrainingAnja Damianov, ImprovisationKünstlerische Gesamtleitung:Prof. Norbert Stertz

www.detmolder-sommerakademie.de