Mythen und Fakten der perioperativen Infusionstherapie · 1 Mythen und Fakten der perioperativen...

18
1 Mythen und Fakten der perioperativen Infusionstherapie M. JACOB, D. CHAPPELL Problemstellung Die perioperative Infusionstherapie ist eine der zentralen Aufgaben des Anästhesisten. Ihre immense Bedeutung wird durch zahlreiche Übersichtsarbeiten belegt [29, 30, 71, 100, 109, 111], trotzdem konzentriert sich die internationale Diskussion derzeit auf qualitative Spezialgebiete wie die „Kristalloid-Kolloid-Debatte“ [8, 16, 52], die Frage nach dem idealen Kolloid [28, 89] oder die Zusammensetzung einer „physiologischen“ Kristalloidpräparation, die Elektrolytspiegel und Säure-Basen-Haushalt gleichermaßen berücksichtigt [23, 87, 103, 110]. Nur wenige valide Daten hingegen scheinen die quan- titative Seite der Infusionstherapie zu beleuchten. Die Situation ist verwirrend. So lobt beispielsweise eine aktuelle Arbeit die außerordentliche Effektivität der Kristalloide zur Wiederherstellung des intravasalen Volumens im Schock, beschreibt jedoch im gleichen Absatz das hohe Volumen, das dafür benötigt wird, sowie die damit einhergehende Leukozytenaktivierung und Erhöhung der Gefäßleckage. Trotzdem sehen die Autoren eine deutliche Überlegenheit von Kristalloiden gegenüber Kolloiden [37]. Die auf den ersten Blick triviale Frage „Wie viel Kristalloid und wie viel Kolloid gebe ich meinem Patienten?“ wird bislang im anästhesiologischen Alltag überwiegend empirisch gelöst. So gehört der Flüssigkeitsbolus zu Beginn anästhesiologischer Maßnahmen vielerorts zur perioperativen Standardtherapie [18, 62, 67, 74]. Er soll ein postuliertes intravasales Volumendefizit des Nüchternen ausgleichen. Durch die Erzeugung einer „moderaten Hypervolämie“ wird der Kreislauf des Patienten, so glaubt man, in die Lage versetzt, die während Regional und/oder Allgemeinanästhesie auftretende Vasodilatation zu kompensieren. In dieser Situation Katecholamine zu verabreichen wird als „Messwertkosmetik“ bei klinisch manifester Hypovolämie vermieden [18, 62, 67]. Man ist sich sicher: Katecholamine sind hier nicht kausal und gefährden den nutritiven Blutfluss wichtiger Organe („Increase in sympathomimetic hormones leads to renal cortical vasoconstriction, […] it causes ischemia.“) [97]. Gängige Lehrbücher unterstützen dieses Vorgehen (Tabelle 1) [56, 60, 64, 95]. 500 ml Ringerlösung [95] bei 70 kg Körpergewicht 110 ml/h Nüchternheit [64] 2 ml Ringerlaktat/kg/h [61] Tabelle 1: Beispiele für Empfehlungen aus Lehrbüchern und Übersichtsarbeiten zum präoperativen Ausgleich eines vermuteten Nüchternheitsdefizits. Während des Eingriffs selbst erhalten die Patienten große Mengen an kristalloiden Infusionslösungen. Dieses Vorgehen wird ebenfalls durch zahlreiche Lehrbücher und Übersichtsarbeiten forciert, die zum Teil genau gestaffelte „Infusionsanleitungen“ liefern, um die erwartete zusätzliche Flüssigkeitsevaporation bei kleinen, mittleren und großen Eingriffen zu beherrschen [56, 60, 97].

Transcript of Mythen und Fakten der perioperativen Infusionstherapie · 1 Mythen und Fakten der perioperativen...

1

Mythen und Fakten der perioperativen Infusionstherapie

M. JA C O B , D. CH A P P E L L

Problemstellung

Die perioperative Infusionstherapie ist eine der zentralen Aufgaben des Anästhesisten. Ihre immense Bedeutung wird durch zahlreiche Übersichtsarbeiten belegt [29, 30, 71, 100, 109, 111], trotzdem konzentriert sich die internationale Diskussion derzeit auf qualitative Spezialgebiete wie die „Kristalloid-Kolloid-Debatte“ [8, 16, 52], die Frage nach dem idealen Kolloid [28, 89] oder die Zusammensetzung einer „physiologischen“ Kristalloidpräparation, die Elektrolytspiegel und Säure-Basen-Haushalt gleichermaßen berücksichtigt [23, 87, 103, 110]. Nur wenige valide Daten hingegen scheinen die quan-titative Seite der Infusionstherapie zu beleuchten. Die Situation ist verwirrend. So lobt beispielsweise eine aktuelle Arbeit die außerordentliche Effektivität der Kristalloide zur Wiederherstellung des intravasalen Volumens im Schock, beschreibt jedoch im gleichen Absatz das hohe Volumen, das dafür benötigt wird, sowie die damit einhergehende Leukozytenaktivierung und Erhöhung der Gefäßleckage. Trotzdem sehen die Autoren eine deutliche Überlegenheit von Kristalloiden gegenüber Kolloiden [37].

Die auf den ersten Blick triviale Frage „Wie viel Kristalloid und wie viel Kolloid gebe ich meinem Patienten?“ wird bislang im anästhesiologischen Alltag überwiegend empirisch gelöst. So gehört der Flüssigkeitsbolus zu Beginn anästhesiologischer Maßnahmen vielerorts zur perioperativen Standardtherapie [18, 62, 67, 74]. Er soll ein postuliertes intravasales Volumendefizit des Nüchternen ausgleichen. Durch die Erzeugung einer „moderaten Hypervolämie“ wird der Kreislauf des Patienten, so glaubt man, in die Lage versetzt, die während Regional und/oder Allgemeinanästhesie auftretende Vasodilatation zu kompensieren. In dieser Situation Katecholamine zu verabreichen wird als „Messwertkosmetik“ bei klinisch manifester Hypovolämie vermieden [18, 62, 67]. Man ist sich sicher: Katecholamine sind hier nicht kausal und gefährden den nutritiven Blutfluss wichtiger Organe („Increase in sympathomimetic hormones leads to renal cortical vasoconstriction, […] it causes ischemia.“) [97]. Gängige Lehrbücher unterstützen dieses Vorgehen (Tabelle 1) [56, 60, 64, 95].

500 ml Ringerlösung [95]

bei 70 kg Körpergewicht 110 ml/h Nüchternheit [64]

2 ml Ringerlaktat/kg/h [61]

Tabelle 1: Beispiele für Empfehlungen aus Lehrbüchern und Übersichtsarbeiten zum präoperativen Ausgleich eines vermuteten Nüchternheitsdefizits.

Während des Eingriffs selbst erhalten die Patienten große Mengen an kristalloiden Infusionslösungen. Dieses Vorgehen wird ebenfalls durch zahlreiche Lehrbücher und Übersichtsarbeiten forciert, die zum Teil genau gestaffelte „Infusionsanleitungen“ liefern, um die erwartete zusätzliche Flüssigkeitsevaporation bei kleinen, mittleren und großen Eingriffen zu beherrschen [56, 60, 97].

2

leichtes operatives Trauma: 6 ml/kg/h [56]

mittleres operatives Trauma: 8 ml/kg/h

schweres operatives Trauma: 10 ml/kg/h schweres operatives Trauma: 10-15 ml/kg/h [12, 97]

basal: 7 ml/kg/h; Eröffnung der Abdominalhöhle: 10ml/kg/h [60]

Tabelle 2: Beispiele für Empfehlungen aus Lehrbüchern und Übersichten zur intraoperativen Flüssigkeits-substitution.

Die „klinische Erfahrung“ zeigt jedoch, dass oftmals selbst große intravasal applizierte Flüssigkeitsmengen kaum in der Lage sind, eine klinisch manifeste Hypovolämie zu beheben. In solchen Fällen wird eine Verschiebung in den so genannten „Dritten Raum“ angenommen und es werden, in der Hoffnung diesen Verlust ausgleichen zu können, in aller Regel Kristalloide infundiert [63, 91]. Ebenso glaubt man, durch großzügige Volumenapplikation, evtl. in Verbindung mit weiteren Nierenprotektiva, die Inzidenz des perioperativen akuten Nierenversagens zu senken zu können [31, 69].

Zusammenfassend wird perioperatives anästhesiologisches Handeln derzeit durch fol-gende Annahmen beeinflusst: 1. Präoperative Nüchternheit verursacht intravasale Hypovolämie. 2. Ein während Normovolämie intravasal applizierter Flüssigkeitsbolus ist eine geeig-

nete Maßnahme zur Expansion des Blutvolumens. 3. Bei Eröffnung großer Körperhöhlen steigt der insensible Flüssigkeitsverlust stark an. 4. Flüssigkeitsverluste in den so genannten „Dritten Raum“ sind proteinfrei. 5. Die erste Maßnahme bei Blutdruckabfall ist Volumengabe. 6. Eine reduzierte Urinausscheidung ist ein verlässlicher Indikator eines drohenden

akuten Nierenversagens.

In den letzten Jahren sorgten jedoch mehrere Studien für Verunsicherung. Sie beschrieben im Zusammenhang mit übermäßiger Volumenzufuhr während großer Abdominal-chirurgie eine Steigerung der perioperativen Komplikationsraten. Diskutiert wurden z.B. eine gesteigerte Inzidenz des Lungenödems, eine reduzierte Darmmotilität, Anastomoseninsuffizienzen, Wundheilungsstörungen und Gerinnungsprobleme [10, 14, 17, 19, 34, 36, 46, 70, 76, 105].

Befanden wir uns jahrzehntelang auf einem Irrweg?

Ziele dieses Refresher Courses

Dieser Refresher Course zur perioperativen Flüssigkeitstherapie möchte den klinisch tätigen Anästhesisten bei einem wichtigen Teilaspekt seiner perioperativen Arbeit unter-stützen, indem er Mythen entzaubert und Fakten liefert. Er konzentriert sich auf den erwachsenen, internistisch gesunden Patienten (Status I-II nach der Risikoklassifikation der American Society of Anesthesiologists). Er beschäftigt sich nicht mit der Blutkom-ponententherapie. 1. Die Zielgröße der perioperativen Infusionstherapie wird definiert, 2. die Komponenten des perioperativen Flüssigkeitsverlustes werden dargestellt und 3. anhand wissenschaftlicher Daten quantitativ eingeordnet. 4. Aktuelle Informationen zur Physiologie der vaskulären Barriere sollen verdeutlichen,

3

warum die tatsächlichen Volumeneffekte unserer Infusionslösungen die Erwartungen oft nicht erfüllen.

5. Es folgt ein abschließendes Beispiel für ein mögliches Infusionsregime beim erwach-senen, internistisch gesunden Routinepatienten.

Der Teilnehmer soll in die Lage versetzt werden, seine individuelle Praxis der periope-rativen Flüssigkeits- und Volumentherapie anhand der aktuellen Datenlage kritisch zu hinterfragen.

Perioperative Pathophysiologie der Flüssigkeitsräume

Der Körper des Erwachsenen besteht zu etwa 60% aus Wasser, 1/3 davon (entsprechend etwa 15 l) befindet sich extrazellulär [30]. Diese Flüssigkeit verteilt sich in etwa zu 1/4 auf den Intravasalraum und zu 3/4 auf das Interstitium. Chirurgischer Stress wird vom Körper in der Regel mit einer Kombination aus entzündlicher und endokrinologischer Reaktion beantwortet [22, 36, 104], die im Wesentlichen das Ziel hat, die Flüssigkeitsräume des Körpers zu erhalten (z.B. durch die gesteigerte Sekretion von ADH [22, 104]). Eine oftmals zu beobachtende Abnahme der Diurese scheint somit als physiologische Reaktion während der unphysiologischen Rahmenbedingungen „Chirurgie“ oder „Trauma“ [97] durchaus sinnvoll zu sein. Wird einem normovolämen Patienten ein Flüssigkeitsbolus appliziert, kommt es zur Freisetzung von atrialem natriuretischem Peptid (ANP) [47, 57, 96, 108] und dadurch zu einer erhöhten Natrium- und Wasserexkretion über die Niere [57, 66, 108]. Auch andere wichtige hormonelle Regelkreise sind von den direkten [4, 5, 41] und indirekten [66] Auswirkungen eines Flüssigkeitbolus betroffen.

Insgesamt scheint eine artifizielle Hypervolämie, beispielsweise als prä- oder intraope-rativer Flüssigkeitsbolus, einer „Antagonisierung“ der physiologischen Reaktion des Körpers auf chirurgischen Stress gleichzukommen.

Welche Bedeutung hat diese Erkenntnis?

Zielgrößen der Infusionstherapie

Wie bei jeder anderen medizinischen Therapie auch, ist es bei der perioperativen Infusionstherapie hilfreich, sich zunächst klar zu machen, was eigentlich erreicht werden soll. Es erscheint hierbei sinnvoll, zwischen „Flüssigkeitssubstitution“ und „Volumen-therapie“ zu unterscheiden [109].

Flüssigkeitssubstitution

Die Flüssigkeitssubstitution erfasst den gesamten verfügbaren Extrazellulärraum [109]. Dieser besteht aus Intravasalraum (ca. 1/4) und Interstitium (ca. 3/4). Der gesamte Extrazellulärraum ist, vereinfacht gesagt, für den Anästhesiologen perioperativ insofern von Bedeutung, als der Intravasalraum ein Teil davon ist und mit dem Interstitium im Gleichgewicht steht. In der Regel werden Kristalloide zur Flüssigkeitssubstitution ein-gesetzt. Sie werden von der Gefäßbarriere kaum zurückgehalten und verteilen sich daher nach intravasaler Infusion schnell in beiden Kompartimenten. Einsatzgebiet dieser Prä-parate ist demnach der Ersatz permanent, auch unter Normalbedingungen, vom Körper verlorener kolloidfreier Flüssigkeit, z.B. als Urin oder als Wasserdampf. Die perioperative Substitution dieser Verluste imitiert die Resorption von Wasser und Elektrolyten aus dem Gastrointestinaltrakt.

4

Volumentherapie Ziel der Volumentherapie ist die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung einer intra-vasalen Normovolämie, ohne gleichzeitiger Expansion des Interstitiums. Die Zielgröße der perioperativen Volumentherapie ist demnach nur ein Teil des Extrazellulärraumes, nämlich isoliert das Blutvolumen. Adäquate Volumenersatzstoffe sind Kolloide, sie verbleiben unter „Normalbedingungen“ zum größten Teil intravasal und werden eingesetzt, wenn Flüssigkeit und kolloidosmotische Kraft plötzlich aus dem Intravasalraum verloren wurden, beispielsweise beim akuten Blutverlust. Die perioperative Substitution solcher Verluste soll also eine pathophysiologisch relevante, unter „Normalbedingungen“ nicht auftretende Imbalance korrigieren.

Perioperative Infusionstherapie als „Blindflug“ Primäres Ziel des Anästhesiologen ist es, eine intravasale Hypovolämie zu vermeiden oder, wenn nötig, zu beheben. Leider können im klinischen Routinebetrieb die meisten Flüssigkeits- und Volumenverluste nicht exakt bestimmt werden. Auch die Zielgrößen der Therapie, das intravasale Blutvolumen und der Extrazellulärraum insgesamt, entziehen sich derzeit noch der routinemäßigen Quantifizierung. Dieses Problem versucht der Kliniker durch die Abschätzung der Verluste auszugleichen. Die daraus erstellte Bilanz ergibt das geschätzte Flüssigkeits- und Volumendefizit, das er mit einer möglichst adäquaten Substitutionstherapie beantworten muss.

Die korrekte Erstellung der perioperativen Flüssigkeitsbilanz

Perioperative Verluste bestehen aus Perspiratio insensibilis (Wasserdampfverluste über Haut, Atemwege und Wundflächen), Urinproduktion, Exsudation aus chirurgischen Wunden, Blutverlusten und sogenannten Verlusten in den „Dritten Raum“. Sie geschehen sowohl präoperativ (Perspiratio insensibilis und Urinproduktion) als auch intraoperativ (zusätzlich Exsudation aus chirurgischen Wunden, Blutverluste und Verluste in den „Dritten Raum“).

Komponente quantifizierbar? Art

Perspiratio insensibilis Urinproduktion Exsudation aus chirurgischen Wunden Blutverlust Verlust in den „Dritten Raum“

nein ja

nein mit Einschränkungen

nein

FlüssigkeitsverlustFlüssigkeitsverlsut

Volumenverlust Volumenverlust

???

Tabelle 3: Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenverlust.

Problematischerweise können weder Perspiratio insensibilis noch der nur inkonstant auf-tretende Flüssigkeitsshift in den sogenannten „Dritten Raum“ oder die aus Wunden exsudierte Menge an proteinreicher Flüssigkeit [51] im klinischen Alltag quantifiziert werden, an die Stelle exakter Messungen treten zwangsläufig Schätzwerte und „Erfahrung“. Oft wird hierzu auf die eingangs vorgestellten Lehrbuchformeln zurückge-griffen [56, 64], denen nur selten verlässliche Quellen zugrunde liegen.

Wir wollen im Folgenden die verbreiteten Annahmen zu diesen insensiblen Verlusten mit den korrespondierenden wissenschaftlichen Fakten vergleichen.

5

Die Perspiratio insensibilis Der Mensch verliert permanent Wasser über die intakte Haut und die Atemwege. Bei Verletzungen wird die Hautbarriere zerstört, dadurch erhöht sich zwangsläufig die eva-porierte Flüssigkeitsmenge. Auch aus Schweiß entsteht letztlich Wasserdampf, der für den Körper verloren ist.

Mythen zur Perspiratio insensibilis Die Lehrbücher handeln die Perspiratio insensibilis nach wie vor als eine der Haupt-determinanten des perioperativen Flüssigkeitsverlustes [56, 91]. Über ihr Ausmaß besteht jedoch Uneinigkeit [56, 73, 91], entsprechend ist auch ihre Substitution in der klinischen Praxis kaum standardisiert. Scheinbar ist die Gabe von Flüssigkeitsboli zu Narkosebeginn gerechtfertigt, um das angenommene Flüssigkeitsdefizit auszugleichen und die als „symptomatisch“ interpretierte Hypotonie während Anästhesieinduktion zu verhindern.

Fakten zur Perspiratio insensibilis Die Perspiratio insensibilis korreliert mit Schweißproduktion, Luft- und Körpertemperatur sowie Hydratationsgrad [7, 35, 53]. Eine Erhöhung der relativen Luftfeuchte vermindert die Perspiratio insensibilis, keinen Einfluss üben Geschlecht, Alter und Körpergewicht aus [24, 26].

Insgesamt wird die Perspiratio insensibilis des Erwachsenen in der perioperativen Situation derzeit maßlos überschätzt.

Für den wachen Probanden in den gemäßigten bis nördlichen Breitengraden konnte die Evaporation mit ca. 0,5 ml/kg/h (Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht pro Stunde) ermittelt werden [7, 68, 90, 101]. Während einer Nüchternzeit von 8 h entsteht daher im Extrazellulärraum ein kalkuliertes Defizit von ca. 700 ml (maximal 300 ml durch die Perspiratio und etwa 400 ml durch die Urinproduktion [56]). Bereits rein rechnerisch ist das daraus resultierende intravasale Defizit von deutlich weniger als 200 ml also ver-nachlässigbar. Direkte Messungen der Ausgangsblutvolumina verschiedener Kollektive konnten sogar zeigen, dass internistisch gesunde Routinepatienten nach mehr als 8 h Nüchternzeit mit einem zumindest normalen, meist sogar leicht erhöhtem Ausgangsblutvolumen im Operations saal eintreffen [45, 83, 84].

Während Allgemeinanästhesie konnte ein Flüssigkeitsgesamtverlust von 20 ml/m2 KOF/h (Milliliter pro Quadratmeter Körperoberfläche pro Stunde) [88] als Perspiratio insensibilis ermittelt werden. Diese gegenüber dem wachen Probanden leicht verringerte Evaporation wurde sogar unter Verwendung eines Nicht-Rückatmungssystems beobachtet [88]. Aber auch die maximale Eventeration führt nicht zu einer relevanten Steigerung, der zusätzliche Verlust beträgt lediglich ca. 0,5 ml/kg/h [54] und er nimmt im Verlauf großer Chirurgie schnell ab [54].

Bei Säuglingen hingegen ist bereits die basale Perspiratio insensibilis, wahrscheinlich durch die relativ größere Körperoberfläche, mit 2-3 ml/kg/h im Vergleich zum Erwachs-enen deutlich gesteigert [32]. Auch die spezielle Gruppe der Patienten mit Brand-verleztungen weist mit 1-2 ml/kg/h, also insgesamt rund 2000-4000 ml/d eine deutlich erhöhte Perspiratio insensibilis auf [90], vermutlich aufgrund einer zerstörten Haut-barriere.

6

Kollektiv Perspiratio insensibilis Quelle

Erwachsener wach 0,5 ml/kg/h [7, 101]

Erwachsener in Narkose < 0,5 ml/kg/h [88]

über eventeriertem Darm zusätzlich 0,5 ml/kg/h [54]

Säugling 2-3 ml/kg/h [32]

Brandverletzter 1-2 ml/kg/h [55]

Tabelle 4: Perspiratio insensibilis.

Dies bedeutet: - Erwachsene Routinepatienten haben zu OP-Beginn kein intravasales Defizit. - Die Perspiratio insensibilis ist während Allgemeinanästhesie gegenüber dem

Wachzustand vermindert. - Große Baucheingriffe sind nicht in der Lage, die Perspiratio insensibilis relevant

zu steigern.

Warum kommt es aber im klinischen Alltag trotzdem oftmals zu Situationen, in denen sich der Patient intraoperativ hypovoläm präsentiert – und wie ist mit dieser Situation umzugehen?

Die Flüssigkeitsverluste in den sogenannten „Dritten Raum“ Die Bezeichnung „Dritter Raum“ ist eine historischer Ausdruck für ein Kompartiment, dem Flüssigkeitsverluste aus dem Kreislauf zugeschrieben wurden, die man sich nicht erklären konnte.

Mythen zum „Dritten Raum“ Über den „Dritten Raum“ wird viel spekuliert. Er sei ein Flüssigkeitskompartiment, das weder zum funktionellen Extrazellulärraum noch zum Intrazellulärraum gehört und man ist sich nach wie vor nicht wirklich sicher, ob dieser Raum überhaupt existiert [73]. Falls doch, so befindet er sich „transzellulär“ und entzieht sich jeglichen Regulationsmecha-nismen des Wasser- und Elektrolythaushaltes. Als Beispiele für derartige Flüssigkeits-ansammlungen werden Ödeme, Sekrete des Magen-Darm-Traktes, Urin, der Liquorraum und das Augenkammerwasser angeführt [78]. Aber auch durch Gewebetraumatisierung kommt es nach einem neueren Lehrbuch zu Flüssigkeitsverschiebung in den „Third Space“, ein interstitielles Ödem ist die Folge [91]. Dieses Ödem, so ist man sich sicher, besteht nur aus Wasser und Elektrolyten. Als adäquate Therapie des damit einhergehen-den intravasalen Volumenmangels wird daher isotone Kochsalzlösung angegeben [91].

Auch in einen anatomischen und einen nicht-anatomischen Anteil wurde der „Dritte Raumes“ eingeteilt [13, 14]. Ersterer bezeichnet nach dieser Interpretation pathologische Flüssigkeitsansammlungen in Interstitium, Pleuraraum oder Peritoneum im Kontext von Trauma und großer Chirurgie und scheint sehr stark abhängig vom Infusionsregime [14]. Letzterer besteht in einer nur fraglich nachweisbaren Abnahme des funktionellen, also an Austauschvorgängen teilnehmenden Anteils des Extrazellulärraumes [99] und soll im Folgenden nicht näher betrachtet werden.

Insgesamt ist der „Dritte Raum“ in der Literatur nur vage definiert und damit schwer fassbar. Offensichtlich verschwindet der Großteil der Flüssigkeit, die „perioperativ in den Dritten Raum verloren wird“, ganz einfach im Interstitium. Wir werden den

7

Terminus „Dritter Raum“ daher an dieser Stelle verlassen und uns im Folgenden aus-schließlich auf die Fakten konzentrieren.

Quantitative Fakten zum interstitiellen Raum

Durch direkte Blutvolumenmessungen konnte belegt werden, dass es während großer Baucheingriffe oft zu einem zunächst unerklärlichen Verlust von fast 4 l Flüssigkeit aus dem Kreislauf kommt (Abbildung 1) [84]. Wie wir zuvor gesehen haben, kommt die an dieser Stelle oft strapazierte, aber quantitativ zu vernachlässigende Perspiratio insensibilis als „Übeltäter“ nicht in Frage. Auch ein während großer Operationen regelhaft notierter Gewichtszuwachs zwischen 3 und 6 kg [21, 58, 72] deutet an, dass diese „ver-schwundene“ Flüssigkeit noch im Körper sein muss. Offensichtlich hat hier ein Stand-ardinfusionsregime zu einem interstitiellen Ödem von 4 l geführt [84]. Die Literatur enthält darüber hinaus viele Hinweise, dass im Rahmen eines perioperativen Shiftes nach extravasal nicht nur Flüssigkeit, sondern auch Protein in relevantem Umfang die vaskuläre Barriere überquert [6, 80, 82, 107]. Aber auch unter „Normalbedingungen“ scheinen sich die Proteinkonzentrationen in Kreislauf und Interstitium nicht nennenswert zu unterscheiden [1, 11, 45, 83, 85, 86].

Abbildung 1: Volumenstatus während großen chirurgischen Eingriffen unter einem „Standardinfusionsregime“ (n = 13, Blutvolumina per Double-Tracer-Technik direkt gemessen, Einfuhr = infundierte Kristalloide und Kolloide, Ausfuhr = Urinproduktion und Blutverlust). Es konnte ein perioperativer Verlust von annähernd 4 Litern Flüssigkeit aus dem Kreislauf notiert werden [82].

Wie aber ist dies möglich, wo doch die vaskuläre Barriere, erklärt nach dem allgemein anerkannten Prinzip von Starling, nur dann funktionieren kann, wenn ein ausgeprägter kolloidosmotischer Konzentrationsgradient Flüssigkeit im Gefäßsystem zurückhält (Abbildung 2) [50, 94]? Warum und wann kommt es zu diesem Shift in den interstitiellen Raum und damit zum Zusammenbruch dieser Barriere?

Perioperative Pathophysiologie der vaskulären Barriere Schon seit langer Zeit ist bekannt, dass die endotheliale Oberfläche mit einer Glykokalyx ausgekleidet ist [59]. Ihre tatsächliche Ausdehnung in vivo jedoch blieb der Eletronen-mikroskopie lange Zeit verborgen, jede herkömmliche Fixierungstechnik zerstört sie

8

Abbildung 2: Die Formel nach Starling erklärt die Gefäßbarriere über einen kolloidosmotischen Gradienten zwischen dem intravasalen und dem interstitiellen Raum: F = L p ( (P G – P I) – ó(π G – π I) ) F = Filtrationsrate; Lp = hydraulische Leitfähigkeit der Gefäßwand; PG – PI = hydrostatische Druckdifferenz zwischen dem Gefäßlumen [G] und dem Interstitium [I]; πG – πI = onkotische Druckdifferenz zwischen dem Gefäßlumen und dem Interstitium; ó = Reflexionskoeffizient der Barriere für Kolloide.

augenblicklich [59]. Entsprechend war auch ihre (patho-) physiologische Bedeutung lange Zeit unbekannt. Eine moderne Fixierungstechnik auf Lanthanbasis [11, 43, 44, 86, 102] war schließlich in der Lage, eine Glykokalyx mit relevanter Dicke abzubilden (Abbildung 3). Mittlerweile wurden dieser unscheinbaren Struktur mehrere entscheiden-de Funktionen zugeordnet: aus der Abnahme des Glykokalyxdurchmessers resultiert eine erhebliche Zunahme der Leukozytenadhäsion, der Thrombozytenaggregation sowie eine erhöhte Permeabilität des Endothels für Makromoleküle [40, 86]. Eine der wichtigsten Funktionen für den Anästhesisten ist ihre Rolle als vaskuläre Barriere durch die Bindung von Plasmaproteinen baut sich ein Endothelial Surface Layer auf, die kreislaufphysiologische Wirkform der endothelialen Glykokalyx, [43, 44, 86]. Die Gesamtmenge dieses nichtzirkulierenden Plasmaanteils beträgt beim Erwachsenen zwischen 500 und 1000 ml [45, 77]. Der entscheidende Gradient, der Flüssigkeit in den Gefäßen zurückhält und den Starling zwischen Intravasalraum und Interstitium vermutete, bildet sich offensichtlich zwischen der mit Kolloid beladenen Glykokalyx und dem schmalen, noch intravasal gelegenen Spalt direkt unterhalb der Glykokalyx aus (Abbildung 4) [2, 43]. Der kolloi-dosmotische Druck des Interstitiums ist also, entgegen der gängigen Ansicht, neben-sächlich und er scheint sich nach experimentellen Befunden auch tatsächlich nicht nen-nenswert von dem des Plasmas zu unterscheiden [38, 39, 44, 86]. Ein Verlust der end-othelialen Glykokalyx muss nach diesem Modell zum Zusammenbruch der vaskulären Barrierefunktion führen (Abbildung 5). Erst unter diesen pathophysiologischen Bedingungen kommt das klassische Starling-Prinzip zum Tragen, allerdings unter den katastrophalen Bedingungen eines nicht existenten kolloidosmotischen Konzentrations-gradienten: Es kommt zum massiven Ausstrom von Flüssigkeit und Kolloid. Vieles

9

Abbildung 4: Die „revidierte“ Formel nach Starling erklärt, warum nahezu gleiche kolloidosmotische Drucke in Gefäßlumen und Interstitium kein Widerspruch zu einer funktionierenden vaskulären Schranke sein müssen: Der Gradient bildet sich lediglich über der endothelialen Glykokalyx aus.

F = Lp ((PG – PI ) – (π E S L – π S ))

F = Filtrationsrate pro Fläche; Lp = hydraulische Leitfähigkeit der Gefäßwand; PG – PI = hydrostatische Druckdifferenz zwischen dem Gefäßlumen [G] und dem Interstitium [I]; πE S L = onkotischer Druck innerhalb des Endothelial Surface Layer (ESL); πS = onkotischer Druck unterhalb („sub“) des Endothelial Surface Layer.

spricht d a f ü r , da s s es sich beim per iopera t iv gelegent l ich zu beobach tenden F lüss igke i tsund

Kol lo idshi f t in den inters ti t ie l len Raum um genau d i eses pa thophys io log i sche Problem handeln

k önn t e : Eine Zers tö rung der endo the l i a l en G ly k o k a l y x .

Abbildung 3:

Die endotheliale Glykokalyx in der elektronenmikroskopischen Aufnahme,fixiert mit einer speziellen Technik aufLanthanbasis [43, 44, 86, 102].

10

Abbildung 5: Bei zerstörter endothelialer Glykokalyx kommt es aufgrund nahezu gleicher Kolloidkonzen-tratiojn zwischen intravasal und interstitiell zu massivem Ausstrom von Flüssigkeit und Kolloid, eine Situation, die z.B. iatrogen, durch intravasale Flüssigkeitsbelastung eines primär normovolämen Kreislaufsystems, erzeugt werden kann.

Warum aber kommt es perioperativ dazu? Und hat der Anästhesist darauf Einfluss?

Verschiedene pathophysiologische Noxen, die z.B. unter den Bedingungen der Intensiv-medizin auftreten können, sind in der Lage, den Endothelial Surface Layer zu degradieren, [11, 33, 44, 86]. Besonders interessant für die perioperative Situation jedoch ist die noch relativ neue experimentelle Erkenntnis, dass auch ANP, das unter Hypervolämie aus den Vorhöfen freigesetzt wird [47, 57, 96] als pathogenetischer Faktor in der Lage ist, die endotheliale Glykokalyx zu zerstören [11]. Der zugrundeliegende Mechanismus wird derzeit untersucht.

Kann man diese Vermutung, eine intravasale Hypervolämie würde die vaskuläre Barriere zerstören, auch am Patienten nachvollziehen? Gibt es also ein klinisch-praktisches Korrelat zu diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen? Werfen wir hierzu einen Blick auf die zentrale pharmakodynamische Eigenschaft unserer Infusionslösungen: ihren Volumeneffekt.

Volumeneffekte von Infusionslösungen

Zu diesen Volumeneffekten kursieren unzählige Daten. Einzig verlässlich jedoch scheinen die zu sein, die aus der direkten Messung des Blutvolumens vor und nach der Applikation resultieren.

Mythen zu den Volumeneffekten Für die „isoonkotischen Lösungen“ [9, 65] wird ein initialer Volumeneffekt von ca.

100% angenommen. Daher glaubt man, mit diesen Präparaten, appliziert im Volumen-

11

verhältnis 1:1, im Rahmen akuter Blutverluste das intravasale Blutvolumen konstant halten zu können [56, 60, 95]. Durch einen Volumenbolus wird das Blutvolumen entsprechend vergrößert. Diese präoperativ durchgeführte, sogenannte, „hypervoläme Hämodilution“, reduziert minimalinvasiv den Einsatz von Fremdblut [106]. Höherprozentige Kolloidpräparationen rekrutieren interstitielle Flüssigkeit, ihr Volumeneffekt liegt daher deutlich über 100% [56, 60, 95]. Kristalloide hingegen verteilen sich auf den gesamten Extrazellulärraum. Sie können ebenso wie Kolloide als Volumenersatzstoffe herangezogen werden, müssen dann allerdings vierfach dosiert werden [37, 63].

Fakten zu den Volumeneffekten Durch direkte Blutvolumenmessung konnte mehreren klinisch gebräuchlichen Kolloiden (6% HES 200/0,5, 6% HES 130/0,4 und 5 % Humanalbumin) als Substitutionstherapie bei akutem Blutverlust tatsächlich ein Volumeneffekt von 90-100% beim Menschen zugeordnet werden [45, 83]. Dieselben Präparate jedoch weisen als zusätzliche Flüssig-keitsbelastung eines zuvor normovolämen Kreislaufs einen Volumeneffekt von lediglich ca. 40% auf [83-85]. Innerhalb von Minuten setzt in dieser Situation ein messbarer Flüssigkeits- und Proteinshift nach extravasal ein, parallel nimmt das Gesamtvolumen des Endothelial surface layers signifikant ab [45, 83]. Offensichtlich alteriert ein Flüssigkeitsbolus tatsächlich die vaskuläre Barriere und könnte iatrogene Ursache einer ganzen Reihe perioperativ auftretender Probleme sein [11, 74]. Zum Volumeneffekt der Kristalloide existieren unseres Wissens keine validen Daten aus der direkten Blutvolumenmessung.

Dies bedeutet: - Hauptdeterminante einer physiologisch wirksamen vaskulären Barriere ist die

endotheliale Glykokalyx. - Ihre Zerstörung könnte nach aktueller Datenlage das pathophysiologische

Korrelat des Shifts in den interstitiellen Raum sein. - Hypervolämie kann diese Zerstörung verursachen. - Kommt es zum Shift in den interstitiellen Raum, so wird neben Flüssigkeit auch

Protein verschoben. - Den „Volumeneffekt“ gibt es nicht. Er ist abhängig vom vorbestehenden

Volumenstatus des jeweiligen Patienten und damit kontextsensitiv.

Daraus folgt für die klinische Praxis: − Hypervolämie sollte perioperativ vermieden werden. − Ein intravenöser Flüssigkeitsbolus vor Narkoseinduktion scheint bei Erwachsenen

nicht indiziert zu sein. − Narkose ist kein Grund für eine Erhöhung der Infusionsrate. − Die Eröffnung großer Körperhöhlen allein ist noch kein Grund für eine relevante

Erhöhung der Infusionsrate. − Die Substitution von „ unerklärlich“ verlorener Flüssigkeit durch die Infusion von

Kolloiden erscheint sinnvoll.

Ist dies derzeit klinisch umsetzbar? Sind Flüssigkeitsboli nicht erfahrungsgemäß ideal, um hypotensive Episonden „minimalinvasiv“ zu kupieren und die Nierenfunktion auf-rechtzuerhalten? Oder täuscht uns hier unsere „Erfahrung“?

Flüssigkeitsboli in der klinischen Anwendung

Rückenmarksnahe Regionalverfahren sind geeignet, den peripheren Gefäßwiderstand zu reduzieren und somit den Blutdruck zu senken. Man kann sie daher gewissermaßen als

12

Modellsituation der sog. „relativen Hypovolämie“ betrachten [25]. Oftmals „antizipiert“ oder „therapiert“ der Anästhesist dieses Phänomen mit einem intravenösen Flüssigkeits-bolus. Dieses Vorgehen hielt kontrollierten Studien jedoch nicht stand: Weder die Inzidenz noch die Ausprägung eines Blutdruckabfalls bei zuvor normovolämen Patienten werden durch diese Maßnahme signifikant beeinflusst [42, 48, 49, 92]. Auch schwangere Patientinnen profitieren nach aktueller Datenlage nicht von einer Flüssigkeitsbeladung im Kontext der geburtshilflichen neuraxialen Blockade. Es wurde gezeigt, dass hohe Flüssigkeitsgaben weder die Inzidenz von Hypotonien nach Anlage von rückenmarksnahen Regionalanästhesien senken konnten, noch einen Vorteil im neonatalen Outcome zeigten [42, 49, 92]. Alternativ applizierte Vasopressoren hatten keinen negativen Einfluss auf die Uterusperfusion, konnten jedoch die Inzidenz von Hypotonien signifikant senken [15].

Flüssigkeitsbelastung und Outcome

Mehrere Arbeitsgruppen konnten in der jüngeren Vergangenheit Daten vorlegen, die an verschiedenen Kollektiven ein restriktives Infusionsregime im Vorteil gegenüber der liberalen Flüssigkeitszufuhr sehen. Besonders eindrucksvoll waren die Unterschiede bei großen abdominalchirurgischen Eingriffen. So konnte die Inzidenz von Lungenödemen, Anastomoseninsuffizienzen, Wundheilungsstörungen und Gerinnungsproblemen durch Flüssigkeitsrestriktion gesenkt werden, auch war die Darmmotilität postoperativ signifikant gesteigert [10, 14, 17, 19, 34, 36, 46, 70, 76, 105]. Viele dieser Komplikationen entgehen dem perioperativ tätigen Anästhesisten, da sie sich erst nach der Betreuungszeit in Operationssaal und Aufwachraum einstellen.

Die bedeutet: - Flüssigkeitsboli sind offensichtlich nicht effektiv in der Prävention oder Therapie

hypotensiver Episoden, wenn diese während Normovolämie aufgrund einer Vasodilatation entstehen (sog. „relative Hypovolämie“).

- Liberale Flüssigkeitstherapie ist nicht harmlos, sondern offensichtlich ein rele-vanter perioperativer Risikofaktor.

Ein häufig ins Feld geführtes Argument für die eher liberale Versorgung der Patienten mit Flüssigkeit ist die Sorge um die perioperative Nierenfunktion. Aber ist diese Sorge beim gesunden Erwachsenen wirklich gerechtfertigt?

Perioperative Nierenfunktion

Die perioperative Nierenfunktion und deren versuchte Protektion ist geradezu ein Musterbeispiel medizinischer Empirie.

Mythen zur perioperativen Nierenfunktion Die „Logik empfiehlt“ [97] eine perioperative Urinproduktion von mehr als 0,5 ml/kg/h aufrecht zu erhalten und Vasokonstriktoren zu vermeiden. Auch soll die renale Vasodila-tation mittels Dopamin erhöht [31, 69, 97], der renale tubuläre Fluss mittels Schleifen-diuretika angehoben [31, 69, 97] und auf ausreichende Volumenzufuhr geachtet werden [31, 69, 97]. Daten werden für keine dieser Behauptungen geliefert, trotzdem folgten ihnen Generationen von Anästhesisten.

Fakten zur perioperativen Nierenfunktion Allgemeinanästhesie reduziert die glomeruläre Filtrationsrate und die Natriumausschei-

13

dung [20]. Wie wir bereits eingangs erwähnt haben, dient diese Reaktion des Körpers der Bewahrung der Flüssigkeitsräume in einer für ihn bedrohlichen Situation. Allerdings senken Allgemeinanästhesie und rückenmarksnahe Regionalverfahren auch den arteriellen Mitteldruck und beeinflussen dadurch die renale Hämodynamik [97]. Eine gewisse Skepsis ist daher durchaus angebracht. Die Befürchtung allerdings, moderate anästhe-sieassoziierte hypotensive Episoden könnten mit der Inzidenz des postoperativen akuten Nierenversagens im kausalen Zusammenhang stehen, bestätigte sich nicht [98]. Auch ist eine perioperativ reduzierte Urinproduktion weder Trigger noch verlässlicher Vorbote eines akuten Nierenversagens [3, 75, 81, 97]. Präoperative Flüssigkeitsgaben senkten die Inzidenz des akuten Nierenversagens nicht [79].

Derzeit gibt es keinen wissenschaftlich fundierten Grund für den Versuch, bei einer gesunden Niere den Durchsatz durch Flüssigkeitsgabe zu erhöhen. Die Indikation für Diuretika in der perioperativen Situation ist beim gesunden Erwachsenen einzig die Hypervolämie. Eine anästhesie- und chirurgieassoziierte moderate Reduktion der Urin-ausscheidung ist beim Nierengesunden als normale Reaktion des Körpers zu akzeptieren. Dies gilt jedoch nur für den Routinepatienten im normovolämen Steady-State, also nicht für Situationen mit großem Volumenumsatz oder nicht beherrschter Hypovolämie (Polytrauma, Sepsis, Operationen mit hohen Blutverlusten etc.). Hier steht aus vielen Gründen uneingeschränkt die schnelle, im Zweifel auch überkorrigierende Restitution der Flüssigkeitsräume im Vordergrund.

Dies bedeutet: - Weder bedarfsadaptierte Flüssigkeitstherapie noch moderate Hypotonie gefährdet

nach derzeitiger Datenlage die gesunde Niere im perioperativen Steady-State. - Die Urinausscheidung kann derzeit unter stabilen Kreislaufverhältnissen weder als

prognostischer Faktor noch als Trigger des perioperativen akuten Nieren-versagens gewertet werden.

Daraus folgt für die klinische Praxis: − Weder prä- noch intraoperativ scheinen „prophylaktische“ Flüssigkeits- oder

Volumenboli beim klinisch normovolämen Erwachsenen gerechtfertigt zu sein. − Es gibt beim gesunden Erwachsenen derzeit keinen Grund für eine primär liberale

Flüssigkeits- und Volumenzufuhr. Sie muss nach Möglichkeit bedarfsadaptiert erfol- gen.

Moderne Flüssigkeitstherapie für den erwachsenen, internistisch gesunden Routinepatienten

Wie wir gesehen haben, wirkt sich das perioperative Infusionsregime signifikant auf das Patientenoutcome aus. Bedarfsgerechte Substitution verlorener Flüssigkeiten und Pro-teine scheint einer eher liberalen Infusionstherapie, zumindest während großer Abdomi-nalchirurgie, überlegen, die korrekte Bilanzierung bedarf allerdings der genauen Kenntnis der Datenlage: Auch eine mehrstündige Nüchternzeit erzeugt in aller Regel keine intravasale Hypovolämie. Die intraoperative Perspiratio insensibilis ist quantitativ zu vernachlässigen. Der sogenannte perioperative „Shift in den Dritten Raum“ ist eigentlich ein Shift in das Interstitium und tritt inkonstant auf, möglicherweise getriggert durch eine unreflektierte, d.h. über den Bedarf hinausgehende Flüssigkeitstherapie. Verloren wird i.d.R. Flüssigkeit und Protein. Anästhesieassoziierte Hypotonie ist in der Regel das klinische Korrelat einer Vasodilatation. Hypervoläm applizierte Flüssigkeitsboli haben nur einen geringen Volumeneffekt, gefährden die vaskuläre Barriere und belasten zu einem großen Teil das Interstitium. Die Niere kommt als „Opfer“ einer bedarfsadaptier-

14

ten Flüssigkeitstherapie derzeit nicht in Frage. Die Nierenfunktion ist perioperativ ein-geschränkt, und diesem Phänomen muss das Infusionsregime unter stabilen Kreis-laufverhältnissen zum Schutz des Gesamtorganismus Rechnung tragen. Die Inzidenz des perioperativen akuten Nierenversagens korreliert nicht mit der Ausprägung dieser in der Regel nur vorübergehenden Funktionseinschränkung, solange die Kreislaufverhältnisse stabil sind.

Konkreter Vorschlag für die anästhesiologische Betreuung des erwachsenen, internistisch gesunden (ASA Status I - II) Patienten während großer Abdominalchirurgie

Hypervolämie durch die Infusion von Kristalloiden als auch durch unreflektierte Kolloidgabe sollte als möglicher Trigger des Flüssigkeits- und Proteinshiftes nach inter-stitiell vermieden werden. Dies ist die Grundintention einer modernen, bedarfsgerechten Flüssigkeits- und Volumentherapie.

Folgender Therapievorschlag soll das Gesagte illustrieren, entbindet den perioperativ tätigen Arzt jedoch nicht von der Pflicht, die in dieser Arbeit vorgestellten Daten für sich selbst kritisch abzuwägen, bevor er die nun folgende Interpretation der Datenlage auf die Therapie seiner Patienten überträgt.

1. Erhaltungstherapie

Der erwachsene, internistisch gesunde Routinepatient sollte keinen Flüssigkeitsbolus vor oder während Narkoseinduktion erhalten. Die perioperative kristalloide Infusionsrate zur Deckung der laufenden Verluste über Perspiratio insensibilis und Urinausscheidung sollte 0,5 (bei geschlossener Bauchdecke) bis maximal 1 ml/kg/h (bei maximal eventeriertem Darm) plus die gemessene Urinmenge betragen. Diuretika werden zunächst eingesetzt, um eine positive Flüssigkeitsbilanz zu korrigieren, nicht zur prophylaktischen Nephroprotektion.

2. Therapie der Hypotonie

2.1 aufgrund einer Vasodilatation Eine Hypotonie im Rahmen der Narkoseinduktion sollte durch niedrige Dosen eines Vasopressors behandelt werden. Erst wenn dies nicht ausreicht, lautet die klinische „Hypovolämie“.

2.2 aufgrund einer Hypovolämie Die Therapie einer ausnahmsweise diagnostizierten präoperativen Hypovolämie sollte durch titrierende Kolloidgaben erfolgen. Gemessene Blutverluste sollten zeitnah im Ver-hältnis 1:1 mit einem Kolloid ersetzt werden, für das ein Volumeneffekt von rund 100 % beschrieben ist. Auch hierbei gilt es, Hypervolämie nach Möglichkeit zu vermeiden.

Eine intraoperativ auftretende symptomatische Hypovolämie trotz intakter Bilanz legt die Diagnose „Verschiebung in den interstitiellen Raum“ nahe. Die Therapie dieser Komplikation muss den oben vorgestellten Erfordernissen der Hypotonie aufgrund einer Hypovolämie entsprechen und ebenfalls durch titrierende Kolloidgaben erfolgen. Die Erhaltungstherapie bleibt davon unberührt und ist weiterhin anhand der o.g. Kriterien bedarfsgerecht festgelegt.

15

Fazit für die Praxis

Moderne Flüssigkeitstherapien, für die ein verbessertes Patientenoutcome gezeigt werden konnte, sind nicht restriktiv, sondern bedarfsadaptiert. Die insensiblen Flüssigkeitsverluste wurden in der Vergangenheit stark überschätzt, ebenso wie die Möglichkeiten des Organismus, auf inadäquate Flüssigkeitsbeladungen angemessen zu reagieren. Die Niere limitiert den Einsatz einer rationalen Infusionspraxis nicht, vielmehr entzieht die aktuelle Datenlage der gefühlten Sicherheit bei liberaler Volumenzufuhr zunehmend die Grundlage. Die Ursache könnte eine im Kontext der Hypervolämie auftretende nachhaltige Störung der vaskulären Barriere sein.

Zusammenfassung

Perioperative Infusionstherapie orientiert sich derzeit vielerorts an Lehrbüchern, deren Angaben oft nicht auf wissenschaftlichen Daten basieren und ein liberales Flüssigkeits-regime im Vorteil sehen. In den letzten Jahren jedoch mehrten sich die Hinweise, dass die Niere mit der Aufgabe, überschüssiges Volumen zeitnah auszuscheiden, überfordert sein dürfte und dass Hypervolämie womöglich ähnlich fatal wirken kann wie Hypovolämie. Flüssigkeitssubstitution sollte daher bedarfsgerecht erfolgen, Ziel ist die Auf-rechterhaltung intravasaler Normovolämie. Das Blutvolumen als Zielgröße kann jedoch derzeit im Routinebetrieb nicht gemessen werden, die Erstellung einer korrekten peri-operativen Flüssigkeitsbilanz ist also zwingend zur adäquaten Abschätzung und Substitution der Verluste. Hierzu sind folgende Fakten von Bedeutung: Patienten sind präoperativ nicht hypovoläm, ein Flüssigkeitsbolus scheint daher in der Regel nicht indi-ziert. Darüber hinaus werden die insensiblen Flüssigkeitsverluste stark überschätzt. Bedarfsgerechte Therapie bedeutet für den internistisch gesunden Erwachsenen im nor-movolämen Steady-State maximal 1 ml/kg/h während abdomineller Eingriffe zum Ersatz der Perspiratio insensibiblis, dazu noch eine Substitution der produzierten Urinmenge. Blutverluste sind durch Kolloide zu ersetzen, ebenso wie die sogenannten „Verluste in den Dritten Raum“. Letztere sind eigentlich Verluste in das Interstitium und erscheinen bei streng bedarfsgerechter Flüssigkeits- und Volumentherapie durch Erhaltung der vaskulären Barriere vermeidbar.

Literatur 1. Adamson RH, Clough G (1992) Plasma proteins modify the endothelial cell glycocalyx of frog mesent-

eric microvessels. J Physiol 445:473-486 2. Adamson RH, Lenz JF, Zhang X, Adamson GN, Weinbaum S, Curry FE (2004) Oncotic pressures oppo-

sing filtration across non-fenestrated rat microvessels. J Physiol 557:889-907 3. Alpert RA, Roizen MF, Hamilton WK, Stoney RJ, Ehrenfeld WK, Poler SM, Wylie EJ (1984)

Intraoperative urinary output does not predict postoperative renal function in patients undergoing abdominal aortic revascularization. Surgery 95:707-711

4. Andersen LJ, Jensen TU, Bestle MH, Bie P (1999) Isotonic and hypertonic sodium loading in supine humans. Acta Physiol Scand 166:23-30

5. Andersen LJ, Norsk P, Johansen LB, Christensen P, Engstrom T, Bie P (1998) Osmoregulatory control of renal sodium excretion after sodium loading in humans. Am J Physiol 275:R1833-R1842

6. Barnadas MA, Cistero A, Sitjas D, Pascual E, Puig X, de Moragas JM (1995) Systemic capillary leak syn-

drome. J Am Acad Dermatol 32:364-366 7. Baumber CD, Clark RG (1974) Insensible water loss in surgical patients. Br J Surg 61:53-56 8. Bellomo R (2002) Fluid resuscitation: colloids vs. crystalloids. Blood Purif 20:239-242 9. Boldt J (2000) The good, the bad, and the ugly: should we completely banish human albumin from our

intensive care units? Anesth Analg 9 1:887-95, table

16

10. Brandstrup B, Tonnesen H, Beier-Holgersen R, Hjortso E, Ording H, Lindorff-Larsen K, Rasmussen MS, Lanng C, Wallin L, Iversen LH, Gramkow CS, Okholm M, Blemmer T, Svendsen PE, Rottensten HH, Thage B, Riis J, Jeppesen IS, Teilum D, Christensen AM, Graungaard B, Pott F (2003) Effects of intra-venous fluid restriction on postoperative complications: comparison of two perioperative fluid regimens: a randomized assessor-blinded multicenter trial. Ann Surg 238:641-648

11. Bruegger D, Jacob M, Rehm M, Loetsch M, Welsch U, Conzen P, Becker BF (2005) Atrial natriuretic peptide induces shedding of endothelial glycocalyx in coronary vascular bed of guinea pig hearts. Am J Physiol Heart Circ Physiol 289:H1993-H1999

12. Campbell IT, Baxter JN, Tweedie IE, Taylor GT, Keens SJ (1990) IV fluids during surgery. Br J Anaesth 65:726-729

13. Carrico CJ, Canizaro PC, Shires GT (1976) Fluid resuscitation following injury: rationale for the use of balanced salt solutions. Crit Care Med 4:46-54

14. Chan ST, Kapadia CR, Johnson AW, Radcliffe AG, Dudley HA (1983) Extracellular fluid volume expan- sion and third space sequestration at the site of small bowel anastomoses. Br J Surg 70:36-39

15. Chan WS, Irwin MG, Tong WN, Lam YH (1997) Prevention of hypotension during spinal anaesthesia for caesarean section: ephedrine infusion versus fluid preload. Anaesthesia 52:908-913

16. Choi PT, Yip G, Quinonez LG, Cook DJ (1999) Crystalloids vs. colloids in fluid resuscitation: a syste-matic review. Crit Care Med 27:200-2 10

17. Christopherson R, Beattie C, Frank SM, Norris EJ, Meinert CL, Gottlieb SO, Yates H, Rock P, Parker SD, Perler BA, . (1993) Perioperative morbidity in patients randomized to epidural or general anesthesia for lower extremity vascular surgery. Perioperative Ischemia Randomized Anesthesia Trial Study Group. Anesthesiology 79:422-434

18. Coe AJ, Revanas B (1990) Is crystalloid preloading useful in spinal anaesthesia in the elderly? Anaesthesia 45:241-243

19. Collins JV, Cochrane GM, Davis J, Benatar SR, Clark TJ (1973) Some aspects of pulmonary function after rapid saline infusion in healthy subjects. Clin Sci Mol Med 45:407-410

20. Cousins MJ, Skowronski G, Plummer JL (1983) Anaesthesia and the kidney. Anaesth Intensive Care 11:292-320

21. Dawson JL (1968) Acute post-operative renal failure in obstructive jaundice. Ann R Coll Surg Engl 42: 163-18 1

22. Desborough JP (2000) The stress response to trauma and surgery. Br J Anaesth 85:109-117 23. Dorje P, Adhikary G, Tempe DK (2000) Avoiding latrogenic hyperchloremic acidosis--call for a new cry-

stalloid fluid. Anesthesiology 92: 625-626 24. Dosios T, Billis A, Skalkeas G (1974) Evaporative water loss of adult surgical patients in Greece. Am J

Surg 128:15-18 25. Drobin D, Hahn RG (1996) Time course of increased haemodilution in hypotension induced by extradural

anaesthesia. Br J Anaesth 77:223-226 26. Elebute EA (1969) Evaporative fluid loss in adult Nigerian males. Br J Surg 56:213-216 27. Entholzner E, Mielke L, Plotz W, Malek A, Kling M, Burgkart R, Hargasser S, Hipp R (1994)

[Hypervolemic hemodilution as a means of preventing homologous blood transfusion. A simple alterna- tive to acute normovolemic hemodilution]. Fortschr Med 112:410-414

28. Finfer S, Bellomo R, Boyce N, French J, Myburgh J, Norton R (2004) A comparison of albumin and sali-ne for fluid resuscitation in the intensive care unit. N Engl J Med 350:2247-2256

29. Grebe D, Sander M, von HC, Carl M, Spies CD (2006) [Fluid therapy -- pathophysiological principles as well as intra- and perioperative monitoring]. Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 4 1:392-398

30. Grocott MP, Mythen MG, Gan TJ (2005) Perioperative fluid management and clinical outcomes in adults. Anesth Analg 100: 1093-1106

31. Henderson IS, Beattie TJ, Kennedy AC (1980) Dopamine hydrochloride in oliguric states. Lancet 2:827-828

32. Hendrikson EC, Seacat JM, Neville MC (1985) Insensible weight loss in children under one year of age. Acta Paediatr Scand 74:678-680

33. Henry CB, Duling BR (2000) TNF-alpha increases entry of macromolecules into luminal endothelial cell glycocalyx. Am J Physiol Heart Circ Physiol 279:H2815-H2823

34. Hillebrecht A, Schulz H, Meyer M, Baisch F, Beck L, Blomqvist CG (1992) Pulmonary responses to lower body negative pressure and fluid loading during head-down tilt bedrest. Acta Physiol Scand Suppl 604:35-42

35. Hindmarsh JT, Clark RG (1967) The influence of fluid and electrolyte administration on postoperative weight-loss. Br J Surg 54:872-874

36. Holte K, Sharrock NE, Kehlet H (2002) Pathophysiology and clinical implications of perioperative fluid excess. Br J Anaesth 89:622-632

37. Honma K, Koles NL, Alam HB, Rhee P, Rollwagen FM, Olsen C, Keith JC, Jr., Pollack M (2005) Administration of recombinant interleukin-11 improves the hemodynamic functions and decreases third space fluid loss in a porcine model of hemorrhagic shock and resuscitation. Shock 23:539-542

38. Hu X, Adamson RH, Liu B, Curry FE, Weinbaum S (2000) Starling forces that oppose filtration after tis-sue oncotic pressure is increased. Am J Physiol Heart Circ Physiol 279:H1724-H1736

17

39. Hu X, Weinbaum S (1999) A new view of Starling's hypothesis at the microstructural level. Microvasc Res 58:281-304

40. Huxley VH, Williams DA (2000) Role of a glycocalyx on coronary arteriole permeability to proteins: evi-dence from enzyme treatments. Am J Physiol Heart Circ Physiol 278:H1177-H1185

41. Ishihara H, Ishida K, Oyama T, Kudo T, Kudo M (1978) Effects of general anaesthesia and surgery on renal function and plasma ADH levels. Can Anaesth Soc J 25:312-318

42. Jackson R, Reid JA, Thorburn J (1995) Volume preloading is not essential to prevent spinal-induced hypotension at caesarean section. Br J Anaesth 75:262-265

43. Jacob M, Bruegger D, Rehm M, Stoeckelhuber M, Welsch U, Conzen P, Becker BF (2007) The endothelial glycocalyx affords compatibility of Starling`s principle and high cardiac interstitial albumin levels. Cardiovasc Res accepted for publication.:

44. Jacob M, Bruegger D, Rehm M, Welsch U, Conzen P, Becker BF (2006) Contrasting effects of colloid and crystalloid resuscitation fluids on cardiac vascular permeability. Anesthesiology 104:1223-1231

45. Jacob M, Rehm M, Orth V, Lotsch M, Brechtelsbauer H, Weninger E, Finsterer U (2003) [Exact measu-rement of the volume effect of 6% hydoxyethyl starch 130/0.4 (Voluven) during acute preoperative nor-movolemic hemodilution]. Anaesthesist 52:896-904

46. Jonsson K, Jensen JA, Goodson WH, III, Scheuenstuhl H, West J, Hopf HW, Hunt TK (1991) Tissue oxy-genation, anemia, and perfusion in relation to wound healing in surgical patients. Ann Surg 214:605-613

47. Kamp-Jensen M, Olesen KL, Bach V, Schutten HJ, Engquist A (1990) Changes in serum electrolyte and atrial natriuretic peptide concentrations, acid-base and haemodynamic status after rapid infusion of isotonic saline and Ringer lactate solution in healthy volunteers. Br J Anaesth 64:606-610

48. Karinen J, Rasanen J, Alahuhta S, Jouppila R, Jouppila P (1995) Effect of crystalloid and colloid preloading on uteroplacental and maternal haemodynamic state during spinal anaesthesia for caesarean section. Br J Anaesth 75:53 1-535

49. Kinsella SM, Pirlet M, Mills MS, Tuckey JP, Thomas TA (2000) Randomized study of intravenous fluid preload before epidural analgesia during labour. Br J Anaesth 85:311-3 13

50. Klinke R, Pape HC, Silbernagl S (2005) Physiologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 51. Kragelund E (1971) Loss of fluid and blood to the peritoneal cavity during abdominal surgery. Surgery

69:284-287 52. Kuhn MM (1991) Colloids vs crystalloids. Crit Care Nurse 11:37-51 53. Lamke LO, Nilsson GE, Reithner HL (1977) Insensible perspiration from the skin under standardized

environmental conditions. Scand J Clin Lab Invest 37:325-331 54. Lamke LO, Nilsson GE, Reithner HL (1977) Water loss by evaporation from the abdominal cavity during

surgery. Acta Chir Scand 143:279-284 55. Larkin JM, Moylan JA (1978) Evaporative water losses in patients treated in a laminar flow burn unit. J Surg

Res 24:65-69 56. Larsen R (1990) Anästhesie, 5. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München 57. Lewis H, Wilkins M, Selwyn B, Yelland U, Griffith M, Bhoola KD (1989) Relationship between ANP,

cyclic GMP and tissue kallikrein following saline infusion in healthy volunteers. Adv Exp Med Biol 247A:281-286

58. Lobo DN, Bostock KA, Neal KR, Perkins AC, Rowlands BJ, Allison SP (2002) Effect of salt and water balance on recovery of gastrointestinal function after elective colonic resection: a randomised controlled trial. Lancet 359:1812-1818

59. Luft JH (1966) Fine structures of capillary and endocapillary layer as revealed by ruthenium red. Fed Proc 25:1773-1783

60. Lutz H (1986) Anästhesiologische Praxis, 2. Auflage. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 61. Maharaj CH, Kallam SR, Malik A, Hassett P, Grady D, Laffey JG (2005) Preoperative intravenous fluid

therapy decreases postoperative nausea and pain in high risk patients. Anesth Analg 100:675-82 62. McCrae AF, Wildsmith JA (1993) Prevention and treatment of hypotension during central neural block.

Br J Anaesth 70:672-680 63. Miller RD (1999) Anesthesia, 5. Auflage, Churchill Livingston, Philadelphia 64. Morgan GE, Mikhail MS (1996) Clinical Anesthesiology, 2. Auflage. Appleton & Lange, Stanford 65. Mortelmans YJ, Vermaut G, Verbruggen AM, Arnout JM, Vermylen J, Van AH, Mortelmans LA (1995)

Effects of 6% hydroxyethyl starch and 3% modified fluid gelatin on intravascular volume and coagula- tion during intraoperative hemodilution. Anesth Analg 8 1:1235-1242

66. Needleman P, Greenwald JE (1986) Atriopeptin: a cardiac hormone intimately involved in fluid, electrolyte, and blood-pressure homeostasis. N Engl J Med 314:828-834

67. Nishimura N, Kajimoto Y, Kabe T, Sakamoto A (1985) The effects of volume loading during epidural analgesia. Resuscitation 13:31-40

68. Paquin AJ, Jr. (1958) Insensible body weight los following uniformly severe surgical trauma. Ann Surg 148: 937-942

69. Parker S, Carlon GC, Isaacs M, Howland WS, Kahn RC (1981) Dopamine administration in oliguria and oliguric renal failure. Crit Care Med 9:630-632

70. Parquin F, Marchal M, Mehiri S, Herve P, Lescot B (1996) Post-pneumonectomy pulmonary edema: ana-lysis and risk factors. Eur J Cardiothorac Surg 10:929-932

71. Paut O, Lacroix F (2006) Recent developments in the perioperative fluid management for the paediatric patient. Curr Opin Anaesthesiol 19:268-277

72. Perko MJ, Jarnvig IL, Hojgaard-Rasmussen N, Eliasen K, Arendrup H (2001) Electric impedance for eva-luation of body fluid balance in cardiac surgical patients. J Cardiothorac Vasc Anesth 15:44-48

73. Peter K, Frey L, Hobbhahn J (1989) Anästhesiologie. Enke Verlag, Stuttgart 74. Pouta AM, Karinen J, Vuolteenaho OJ, Laatikainen TJ (1996) Effect of intravenous fluid preload on vaso-

active peptide secretion during Caesarean section under spinal anaesthesia. Anaesthesia 51:128-132 75. Priano LL, Smith JD, Cohen JI, Everts EE (1993) Intravenous fluid administration and urine output

during radical neck surgery. Head Neck 15:208-215 76. Prien T, Backhaus N, Pelster F, Pircher W, Bunte H, Lawin P (1990) Effect of intraoperative fluid admi-

nistration and colloid osmotic pressure on the formation of intestinal edema during gastrointestinal surgery. J Clin Anesth 2:317-323

77. Pries AR, Secomb TW, Gaehtgens P (2000) The endothelial surface layer. Pflugers Arch 440:653-666 78. Pschyrembel (2004) Klinisches Wörterbuch, 260. Auflage. Alter de Gruyter Verlag, Berlin 79. Pull ter Gunne AJ, Bruining HA, Obertop H (1990) Haemodynamics and 'optimal' hydration in aortic

cross clamping. Neth J Surg 42:113-117 80. Redden M, Wotton K (2002) Third-space fluid shift in elderly patients undergoing gastrointestinal surge-

ry: Part 1: Pathophysiological mechanisms. Contemp Nurse 12:275-283 81. Reddy VG (2002) Prevention of postoperative acute renal failure. J Postgrad Med 48:64-70 82. Rehm M, Haller M, Brechtelsbauer H, Akbulut C, Finsterer U (1998) Extra protein loss not caused by

surgical bleeding in patients with ovarian cancer. Acta Anaesthesiol Scand 42:39-46 83. Rehm M, Haller M, Orth V, Kreimeier U, Jacob M, Dressel H, Mayer S, Brechtelsbauer H, Finsterer U

(2001) Changes in blood volume and hematocrit during acute preoperative volume loading with 5% albumin or 6% hetastarch solutions in patients before radical hysterectomy. Anesthesiology 95:849-856

84. Rehm M, Orth V, Kreimeier U, Thiel M, Haller M, Brechtelsbauer H, Finsterer U (2000) Changes in intravascular volume during acute normovolemic hemodilution and intraoperative retransfusion in patients with radical hysterectomy. Anesthesiology 92:657-664

85. Rehm M, Orth VH, Kreimeier U, Thiel M, Mayer S, Brechtelsbauer H, Finsterer U (2001) [Changes in blood volume during acute normovolemic hemodilution with 5% albumin or 6% hydroxyethylstarch and intraoperative retransfusion]. Anaesthesist 50:569-579

86. Rehm M, Zahler S, Lotsch M, Welsch U, Conzen P, Jacob M, Becker BF (2004) Endothelial glycocalyx as an additional barrier determining extravasation of 6% hydroxyethyl starch or 5% albumin solutions in the coronary vascular bed. Anesthesiology 100:1211-1223

87. Reid F, Lobo DN, Williams RN, Rowlands BJ, Allison SP (2003) (Ab)normal saline and physiological Hartmann's solution: a randomized double-blind crossover study. Clin Sci (Lond) 104:17-24

88. Reithner L, Johansson H, Strouth L (1980) Insensible perspiration during anaesthesia and surgery. Acta Anaesthesiol Scand 24:362-366

89. Roberts I, Alderson P, Bunn F, Chinnock P, Ker K, Schierhout G (2004) Colloids versus crystalloids for fluid resuscitation in critically ill patients. Cochrane Database Syst RevCD000567

90. Roe CF, Kinney JM (1964) Water and heat exchange in third - degree burns. Surgery 56:212-220 91. Rossaint R, Werner C, Zwißler B (2004) Die Anästhesiologie. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg 92. Rout CC, Akoojee SS, Rocke DA, Gouws E (1992) Rapid administration of crystalloid preload does not

decrease the incidence of hypotension after spinal anaesthesia for elective caesarean section. Br J Anaesth 68:394-397

93. Saricaoglu F, Akinci SB, Celiker V, Aypar U (2005) The effect of acute normovolemic hemodilution and acute hypervolemic hemodilution on coagulation and allogeneic transfusion. Saudi Med J 26:792-798

94. Schmidt RF, Lang F, Thews G (2006) Physiologie des Menschen, 28. Auflage. Springer Verlag, Berlin 95. Schulte am Esch J, Kochs E, Brause H (2000) Anästhesie und Intensivmedizin. Thieme Verlag, Stuttgart 96. Schutten HJ, Johannessen AC, Torp-Pedersen C, Sander-Jensen K, Bie P, Warberg J (1987) Central

venous pressure--a physiological stimulus for secretion of atrial natriuretic peptide in humans? Acta Physiol Scand 131:265-272

97. Sear JW (2005) Kidney dysfunction in the postoperative period. Br J Anaesth 95:20-32 98. Sharrock NE, Mineo R, Urquhart B (1991) Haemodynamic effects and outcome analysis of hypotensive

extradural anaesthesia in controlled hypertensive patients undergoing total hip arthroplasty. Br J Anaesth 67: 17-25

99. Shires T, Willams J, Brown F (1961) Acute change in extracellular fluids associated with major surgical procedures. Ann Surg 154:803-8 10

100. Spies CD (2006) [Fluid therapy -- introduction]. Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 41:390-391

101. Trolle C. (2006) A study of the insensible perspiration in man and its nature. Skand Arch Physiol 76:225-246

102. Vogel J, Sperandio M, Pries AR, Linderkamp O, Gaehtgens P, Kuschinsky W (2000) Influence of the end-

othelial glycocalyx on cerebral blood flow in mice. J Cereb Blood Flow Metab 20:1571-1578 103. Wakim KG (1970) "Normal" 0.9 per cent salt solution is neither "normal" nor physiological. JAMA

214: 17 10 104. Wilmore DW (2000) Metabolic response to severe surgical illness: overview. World J Surg 24:705-7 11 105. Wilmore DW, Smith RJ, O'Dwyer ST, Jacobs DO, Ziegler TR, Wang XD (1988) The gut: a central organ

after surgical stress. Surgery 104:917-923 106. Winter V, Gille J, Richter A, Sablotzki A, Wiedemann B (2006) [Preoperative hypervolemic hemodilu-

tion with 6% hydroxyethyl starch 130/0,4 (HES 130/ 0.4) solution as a way of reducing needs for donor blood transfusion]. Anesteziol Reanimatol 43-47

107. Woerlee G.M (1988) Common perioperative problems and the anaesthetist. Kluwer Academic Publishers, 108. Yamaji T, Ishibashi M, Takaku F (1985) Atrial natriuretic factor in human blood. J Clin Invest 76:1705-

1709 109. Zander R (2006) Flüssigkeitstherapie. Bibliomed - Medizinische Verlagsgesellschaft mbH, Melsungen. 110. Zander R, Adams HA, Boldt J, Hiesmayr MJ, Meier-Hellmann A, Spahn DR, Standl T (2005)

[Requirements and expectations for optimal volume replacement]. Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 40:701-719

111. Zausig YA, Weigand MA, Graf BM (2006) [Perioperative fluid management: An analysis of the present situation.]. Anaesthesist 55:37 1-390.