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Mark R. Thompson Nach der Wirtschaftskrise und den Terroranschlägen: Was bleibt vom „Asiatische Werte“ – Diskurs? Was ist nach der jüngsten Finanzkrise und der Terrorwelle in der asi- atisch-pazifischen Region mit den „asiatischen Werten“ geschehen? Während des Wirtschaftsbooms in den 90er Jahren war dieser Diskurs – in dem der Individualismus, die Dekadenz und die Demokratie des Westens an den Pranger gestellt und die „asiatischen“ Tugenden des Kommunitarismus, der Disziplin und des Autoritarismus („asiatische Demokratie“) gepriesen werden – in erster Linie von asiatischen Re- gierungsbeamten in internationalen Zeitschriften wie Foreign Affairs, Foreign Policy und The Journal of Democracy geführt worden. 1 Die Aufmerksamkeit westlicher Eliten erregten die asiatisch-pazifischen Autokraten dabei primär, weil sie ihrer These von der kulturellen Be- sonderheit als Rechtfertigung für das Fehlen von Demokratie ein- drucksvolle wirtschaftliche Resultate zur Seite stellten. Diese asiati- schen Staaten zogen ihren Vorteil aus der Zweischneidigkeit der in- ternationalen Legitimität, die sowohl der Demokratie als auch der 1 Vgl. z.B. Kausikan (aus dem Außenministerium in Singapur) 1993, Zakaria 1994 und Mahbubani (ebenfalls aus dem Außenministerium in Singapur) 1995.

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Mark R. Thompson Nach der Wirtschaftskrise und den Terroranschlägen: Was bleibt vom „Asiatische Werte“ – Diskurs?

Was ist nach der jüngsten Finanzkrise und der Terrorwelle in der asi-

atisch-pazifischen Region mit den „asiatischen Werten“ geschehen?

Während des Wirtschaftsbooms in den 90er Jahren war dieser Diskurs

– in dem der Individualismus, die Dekadenz und die Demokratie des

Westens an den Pranger gestellt und die „asiatischen“ Tugenden des

Kommunitarismus, der Disziplin und des Autoritarismus („asiatische

Demokratie“) gepriesen werden – in erster Linie von asiatischen Re-

gierungsbeamten in internationalen Zeitschriften wie Foreign Affairs,

Foreign Policy und The Journal of Democracy geführt worden.1 Die

Aufmerksamkeit westlicher Eliten erregten die asiatisch-pazifischen

Autokraten dabei primär, weil sie ihrer These von der kulturellen Be-

sonderheit als Rechtfertigung für das Fehlen von Demokratie ein-

drucksvolle wirtschaftliche Resultate zur Seite stellten. Diese asiati-

schen Staaten zogen ihren Vorteil aus der Zweischneidigkeit der in-

ternationalen Legitimität, die sowohl der Demokratie als auch der 1 Vgl. z.B. Kausikan (aus dem Außenministerium in Singapur) 1993, Zakaria 1994 und Mahbubani (ebenfalls aus dem Außenministerium in Singapur) 1995.

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Entwicklung großen Stellenwert einräumt. Die erfolgreiche Wettbe-

werbsposition auf den globalen Märkten ermöglichte es diesen Län-

dern, beim Thema politische Liberalisierung auf Konfrontationskurs

zu den westlichen Staaten zu gehen. Drei Jahrzehnte hoher Wachs-

tumsraten im asiatisch-pazifische Raum, der in seiner Gesamtheit zu

dieser Zeit die am schnellsten wachsende Region überhaupt war

(World Bank 1993, S. 2. Abbildung 1), machten die „asiatische Her-

ausforderung“ weitaus interessanter als die anti-westlichen Positionen

der Vergangenheit, da „die autoritären Regime Asiens aus einer Posi-

tion des wirtschaftlichen und sozialen Erfolgs heraus argumentieren“

(„Competitive Order“, Economist, 15.2.1992, S. 58-59).

Zweifelsohne erschütterte die Finanzkrise im asiatisch-pazifischen

Raum von 1997 bis 1999 das internationale Prestige der „asiatischen

Werte“: Ein Regierungsbeamter aus Singapur fühlte sich dermaßen in

die Enge gedrängt, dass er auf die bisher übliche Lobpreisung dieser

Werte verzichtete und sich statt dessen gar zu deren Verteidigung ge-

nötigt sah, indem er darauf hinwies, dass man ihnen nicht die Schuld

am jüngsten wirtschaftlichen Abschwung zuschreiben könne (Tommy

Koh, „In Fact, East Asia is Diverse, Resilient and Unstoppable“, In-

ternational Herald Tribune, 12.12.1997, S. 8).

Auch andere Befürworter der „asiatischen Werte“, z.B. politische

Strategen und wohlwollende Geschäftsleute, sahen sich in ihrer Posi-

tion geschwächt. Die Wissenschaftler, die in Umkehrung der ur-

sprünglichen These von Max Weber, dass der Konfuzianismus die

wirtschaftliche Entwicklung behindere, nun behaupteten, dass ein

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konfuzianisches Ethos den Kapitalismus in Asien in ähnlicher Weise

vorangetrieben habe wie die protestantische Ethik im Westen, fanden

kein Wirtschaftswunder mehr vor, das sie hätten erklären können.2 Die

Kulturrelativisten waren der Meinung gewesen, der liberaldemokrati-

sche Universalismus sei ein arroganter und naiver Versuch, dem „Os-

ten“ die Werte des „Westens“ aufzuzwingen. Sie mussten aber fest-

stellen, dass viele Asiaten, z.B. in Indonesien und Malaysia, lauthals

den Autoritarismus für die Wirtschaftsmisere verantwortlich machten

und hofften, die Demokratie würde zur Genesung ihrer Länder beitra-

gen.

In seiner These vom „Kampf der Kulturen“ zwischen dem demokrati-

schen Westen und den kapitalistischen, aber autoritären Ländern Ost-

asiens, die er als ebenso gefährlich einstufte wie die islamische Welt,

malte Samuel P. Huntington einen durch das Wirtschaftswachstum

schnell erstarkten „Feind“ an die Wand.3 Nun aber sind diese „Feinde“

wirtschaftlich und politisch geschwächt und befinden sich unter De-

mokratisierungsdruck. Anders als beim islamischen „Fundamentalis-

mus“ scheint die „asiatische Herausforderung“ keine große Gefahr

2 Weber 1989 und Roderick MacFarquhar, „The post-Confucian Challenge”, Economist, 9.2.1980, S. 67-72 und Lodge und Vogel 1987: Singapurs ehemaliger Staatschef Lee Kuan Yew und der jetzige Premierminister Goh Chok Tong haben beide das von Lodge und Vogel herausgegebene Buch zitiert, um ihre Behauptung zu unter-mauern, der Konfuzianismus sei entscheidend gewesen für die Wirtschaftserfolge ihres Landes. Vgl. Berger 1997, S. 270-271. 3 Huntington 1996, besonders Kapitel 9 und 12. Einer der rätselhaftesten Aspekte in Huntingtons Schriften ist, dass er trotz seiner eindeutigen Neigung in Nach-ahmung Carl Schmitts zwischen Freund und Feind zu unterscheiden („The West versus the rest”), an anderer Stelle eine an Tocqueville erinnernde Perspektive einer weltweiten Verbreitung der Demokratie bietet. Vgl. auch Thompson 2001.

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mehr für den Westen zu sein. Im Gegenteil, vor allem im Hinblick auf

die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus gibt es Zeichen

wachsender Kooperation zwischen einigen Regimen der asiatisch-pa-

zifischen Region und dem Westen.

Die Kritiker der „asiatischen Werte“ konnten ihre Schadenfreude

kaum verbergen. Sie behaupteten, die machiavellistischen Führer der

Region, die ihr autoritäres Gebaren lange Zeit hinter konfuzianischen

und anderen kulturellen Traditionen versteckt hätten, seien endlich

demaskiert (Lee 1997). Der „asiatische Weg“, argumentierten die

Kritiker weiter, sei nur eine kulturelle Rechtfertigung autoritärer Am-

bitionen gewesen, eine Instrumentalisierung und willkürliche Mani-

pulation der Kultur für persönliche politische Ziele.4 Frustriert über

die Wirkungslosigkeit ihrer Kritik an den Begrenzungen persönlicher

Freiheit, die mit den Erfordernissen der wirtschaftlichen Entwicklung

begründet wurden, hatten sie schließlich in Anlehnung an Albert Ca-

mus vorausgesagt, dass diejenigen, die Freiheit für Brot opferten, ei-

nes Tages feststellen würden, dass sie auch kein Brot mehr hätten.

Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte vorab klar gestellt werden,

dass es bei der in diesem Papier vertretenen These nicht darum geht,

offensichtliche und wichtige kulturellen Unterschiede zwischen „dem

Westen“ und „Asien“ zu verleugnen, auch wenn die kulturelle Vielfalt

4 Siehe Lingle 1998. Lingles Kritik vor allem an Singapur hatte ein persönliches Nachspiel: Nachdem er als Wissenschaftler an der University of Singapore einen kritischen Artikel in einer internationalen Zeitschrift geschrieben hatte, wurde er nicht nur entlassen, sondern auch von der Polizei verhört. Lingle floh aus dem Land, wurde aber in absentia von einem Gericht in Singapur verurteilt und seine Ersparnisse konfisziert. Siehe dazu Lingle 1996.

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Asiens wohl eine gewisse Skepsis gegenüber der Behauptung recht-

fertigt, ganz Asien (geschweige denn der ganze Westen) verfüge über

gemeinsame Werte. Es geht stattdessen um die Untersuchung einer

ideologischen Instrumentalisierung kultureller Unterschiede, vor allem

durch staatliche Stellen, wobei insbesondere eine demokratische Re-

gimeform als „westlich“ und deswegen „unasiatisch“ verunglimpft

wird.

Im Folgenden werde ich versuchen zu zeigen, dass „asiatische Werte“

als innenpolitische Ideologie weiter von Bedeutung sind, auch wenn

sie im internationalen Diskurs durch die Finanzkrise diskreditiert und

außenpolitisch von der gemeinsamen Terrorbekämpfung mit dem We-

sen überlagert sind. Es muss jedoch zwischen zwei Formen des inter-

nen ideologischen Gebrauchs der „asiatischen Werte“ unterschieden

werden. Zum einem können sie als Entwicklungsideologie fungieren:

die „westliche Demokratie“ ist so lange unangebracht, bis westliche

Lebensstandards erreicht sind. Zum anderen aber können sie auch Teil

eines „Post-Entwicklungs“-Diskurses sein: demnach ist die „westliche

Demokratie“ in Asien auch nach einer erfolgreichen Modernisierung

aus kulturellen Gründen (ein Verweis auf die Andersartigkeit des asi-

atischen Wertesystems) nicht angebracht.

Das Ende eines internationalen Diskurses

Es ist wohl unbestritten, dass der international beachtete Diskurs über

die „asiatischen Werte“ mit der Finanzkrise an Ansehen verloren hat.

Darüber hinaus haben die jüngsten Terroranschläge in Bali und an-

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dernorts in Südostasien von Meinungsunterschieden zwischen auto-

kratischen asiatischen Staaten und westlichen Ländern in Europa und

Nordamerika abgelenkt. Im Vordergrund steht statt dessen die ge-

meinsame Bemühung um die Bekämpfung des Terrorismus’. Ein aus-

sagekräftiges Beispiel dieser neuen Annährung ist die Kooperation

zwischen amerikanischen und singapurischen Geheimagenten. So

führten Informationen aus Afghanistan nach dem Sieg über das Tali-

ban-Regime zur Verhaftung führender Mitglieder von Jemaah Isla-

miyah (JI) in Singapur Ende letzten Jahres, wodurch offenbar An-

schläge auf westliche Einrichtungen verhindert wurden (Gunaratna

2002, Kap. 4, „Asia: Al Qaeda's New Theatre“). Die enge Zusammen-

arbeit Singapurs mit dem Westen in der Terrorbekämpfung lässt die

Kritik der singapurischen Regierung an den dekadenten „westlichen

Werten“ in Vergessenheit geraten.

Ein anderes Beispiel betrifft Malaysia, dessen Regierung sich neben

Singapur am meisten um einen internationalen Diskurs um die „asiati-

schen Werte“ bemüht hatte. Der malaysische Premierminister Ma-

hathir Mohamad wurde in der letzten Zeit von den US-Regierung häu-

figer für seine repressive Politik kritisiert: Die offene Attacke des

amerikanischen Vizepräsidenten Al Gore auf der im Oktober 1998 in

Kuala Lumpur abgehaltenen APEC-Konferenz (Asia-Pacific Econo-

mic Cooperation) gegen die anti-demokratischen Tendenzen der Re-

gion im Allgemeinen und den Prozess gegen Anwar Ibrahim im Be-

sonderem war der Höhepunkt dieser offenen (un)diplomatischen Aus-

einandersetzung. Doch nach dem 11. September war eine deutliche

Trendwende zu erkennen (obwohl die Anschläge außer in Hamburg

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wohl vor allem in Kuala Lumpur vorbereitet worden waren). Mahathir

konnte sich im gemeinsamen Kampf gegen den islamistischen Terro-

rismus wieder als Freund des Westens präsentieren, obwohl seine

Kritik in anderen Bereichen, vor allem in Wirtschaftsfragen, nicht ver-

stummte (Gershman, 2002, S. 60). Dass dieser „Anti-Terror“ Kampf

der malaysischen Regierung auch dabei half, ihren wichtigsten Geg-

ner, die muslimisch geprägte Islamische Partei Malaysias (PAS), zu

schwächen, wurde von den meisten westlichen Ländern aus Interes-

sensgründen absichtlich übersehen. Der neuer internationale Diskurs

über den Terrorismus hat den alten über die „asiatischen Werte“

überlagert.

„Asiatische Werte“ als Entwicklungsideologie

Inwiefern die „asiatischen Werte“ als innenpolitische Ideologie über-

leben können, hängt davon ab, in welchem wirtschaftlichen Entwick-

lungsstadium sich ein Land befindet, wenn die jeweils Herrschenden

den Diskurs über kulturelle Eigenheiten initiieren. So wurden „asiati-

sche Werte“ manchmal als Entwicklungsideologie eingesetzt, um die

Modernisierung eines Landes voranzutreiben. In anderen Fällen aber

wurden solche Werte offiziell propagiert, nachdem schon ein hoher

Entwicklungsstand erreicht worden war. Wenn „asiatische Werte“ als

Entwicklungsideologie eingesetzt werden, kann eine Wirtschaftskrise

die Legitimität dieses Diskurses sehr nachhaltig erschüttern. Werden

„asiatische Werte“ aber trotz einer vollzogenen Entwicklung ange-

wendet, sind die zersetzenden Einflüsse einer Finanzkrise weniger ge-

fährlich.

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Die erste Form, die der Entwicklung dienen soll, geht mit der Be-

hauptung autoritärer Regime einher, die Modernisierung als höchstes

Staatsziel lasse den „Luxus“ der Demokratisierung nicht zu. Oft wird

dies vermischt mit der Unterstellung, dass die Bevölkerung des eige-

nen Landes noch nicht reif genug sei, um mit der Demokratie umzu-

gehen, so z. B. im heutigen China. Staatliche Repressionsmaßnahmen

können und müssen nach dieser ideologischen Vorstellung konsequent

eingesetzt werden, um die Individuen oder Gruppen, welche die Ent-

wicklung zu blockieren drohen, „aus dem Weg zu räumen“. Diese

Denkweise erklärt, warum die Vertreter der „asiatischen Werte“ unter

Hinweis auf die wirtschaftliche Entwicklung ihres Landes internatio-

nale Menschenrechtskonventionen unterlaufen.5

Dieter Senghaas hat die These aufgestellt, dass der „programmatische

Stellenwert der 'asiatischen Werte' [...] mit jenen Entwicklungsdoktri-

nen vergleichbar [ist], die typischerweise in den Peripherien der

Weltwirtschaft als Antwort auf die Herausforderungen der europäisch-

westlichen Moderne formuliert wurden“ (Senghaas 1995, S. 7 und 8).

Senghaas war zuversichtlich, dass die „asiatischen Werte“ sich zu ei-

nem bereits aus dem Westen bekannten Individualismus wandeln

würden, nachdem sich der „Modernisierungsschub“ vollzogen habe.

In Anlehnung an die so genannte Modernisierungstheorie erwartete er,

dass die entstehenden Differenzierungen und die neue Komplexität

5 Dieses Argument lag der Deklaration der von der UNO organisierten Asiati-schen Regionalkonferenz im April 1993 über Menschenrechte in Bangkok zugrunde, auf der die asiatisch-pazifischen Länder die westliche „Instrumentali-sierung” der Menschenrechte kritisierten. Vgl. Michael Richardson, „Value Clash Looms for U.S. and Asia”, International Herald Tribune, 3.5.1993, S.1.

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mit einem autoritären politischen System nicht mehr zu vereinbaren

sein würden. Dies wiederum werde dazu führen, dass die ehemals

entwicklungsfördernde Kollektivideologie als obsolet und sogar hin-

derlich für eine moderne Gesellschaft angesehen werden würde

(Ebd.).

Senghaas' Prophezeiung bezieht sich auf einen Zeitraum von einigen

Jahrzehnten. Er konnte nicht wissen, dass es schon 1997 zu einem

wirtschaftlichen Zusammenbruch in der Region kommen würde. Ge-

rade aber diese „development in reverse“ führte in Indonesien zu einer

endgültigen Diskreditierung der Entwicklungsideologie Pancasila, so

dass es dort schließlich sogar zum Sturz des Präsidenten Suharto, ei-

nes der führenden Ideologen der „asiatischen Werte“, kam (Uhlin

1999). Auch die Wirtschaftskrise auf den Philippinen Anfang der 80er

Jahre hat die kulturell orientierte Rechtfertigung der Marcos-Diktatur

in Frage gestellt und ihrem Sturz Vorschub geleistet. In all diesen

Fällen wurde selbst ernannten Entwicklungsdiktaturen die ideologi-

sche Grundlage durch eine Wirtschaftskrise entzogen.

Die jetzige Wirtschaftskrise hat auch die Position der Anwälte der

„asiatischen Werte“ in bereits entwickelten Ländern geschwächt.

Doch in Malaysia oder Singapur war dieser Diskurs nicht dazu genutzt

worden, die vorenthaltene Demokratisierung zugunsten einer noch zu

vollziehenden Entwicklung zu rechtfertigen. Da diese Länder bereits

einen Lebensstandard erreicht hatten, der sich dem des Westens annä-

herte oder ihn sogar zum Teil übertraf, war es dort nicht mehr mög-

lich, ein demokratisches Regierungssystem als „Luxus“ abzuweisen,

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den man sich während der Aufbauphase nicht leisten könne. Statt des-

sen wurde Demokratie mit Verweis auf andersartige Traditionen als

westliches Produkt abgetan, das für asiatische „Konsumenten“ kultu-

rell grundsätzlich unpassend sei.

Für die Innenpolitik Singapurs und Malaysias lässt sich sogar vermu-

ten, dass die derzeitigen ökonomischen Schwierigkeiten einen gewis-

sen ideologischen Entlastungseffekt ausüben. Mit anderen Worten: In

einer Krisensituation ist der Hinweis auf die kulturelle Andersartigkeit

der Demokratie nicht mehr dringend erforderlich. Die gespannte Lage

selbst erfordert Disziplin und Ordnung. In Malaysia z. B. ist es auffäl-

lig, wie Mahathir vor vier Jahren, auf dem Höhepunkt der Wirt-

schaftskrise, einen anti-globalkapitalistischen Populismus mit antise-

mitischen Tönen vertrat. Darüber hinaus implementierte er eine Wirt-

schaftspolitik, die aus einer Mischung von Protektionismus und Key-

nesianismus besteht. In Singapur erlaubte die Krisenstimmung der

Regierung, alte Sicherheitsängste der Inselbevölkerung zu schüren,

die auch durch die neue terroristische Bedrohung durch den mit der El

Qaida verbundenen Jemaah Islamiah verstärkt werden. Erst eine wirt-

schaftliche Normalisierung und ein Rückgang der Terrorismusgefahr

würden einen Rückgriff auf den Diskurs um die „asiatischen Werte“

erforderlich machen.

Im folgenden Teil dieses Aufsatzes soll deutlich werden, welche Be-

deutung die „asiatischen Werte“ für ein autoritäres Regime in einem

entwickelten Land haben können. Der Versuch, auf diese Weise eine

autoritäre Regimeform trotz des hohen Modernisierungsgrades auf-

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rechtzuerhalten, zeigt gewisse Ähnlichkeiten mit dem „zivilisations-

kritischen“ Diskurs des Kaiserreichs – auch die Entstehung des asiati-

schen Diskurses ist zumindest indirekt mit dem deutschen verbunden.

Genealogie der „asiatischen Werte“ in Singapur und Malaysia

Die Geschichte des Wirtschaftswunders in Singapur und Malaysia ist

oft dargestellt worden. Sie soll an dieser Stelle nicht wiederholt wer-

den (einen guten Überblick bieten Rodan 1989 und Crouch 1993). In

beiden Ländern aber hat diese rapide Modernisierung bisher nicht zu

einer merklichen politischen Liberalisierung geführt: Im Gegenteil,

die letzten Jahre waren eine Zeit zunehmender Repression, vor allem

Mitte der 80er, aber auch am Ende der 90er Jahre. Ob diese Länder als

„semi-demokratisch“ oder „quasi-autoritär“ bezeichnet werden, ist nur

eine Frage der Perspektive, weil die eindeutig demokratischen Ele-

mente in den Systemen dieser Länder (freie Wahlen, eine gewisse

Rechtsstaatlichkeit und das Vorhandensein von Oppositionsparteien)

nur zusammen mit klaren Verstößen gegen die üblichen demokrati-

schen Spielregeln zu finden sind (Sicherheitsgesetze, welche die Fest-

nahme aller erlauben, die angeblich die nationale Sicherheit gefähr-

den, Pressezensur, häufige Verhaftungen und andere Repressalien ge-

gen Oppositionelle). Diese Verbindung von relativem Wohlstand ei-

nerseits und illiberaler Politik andererseits machen diese Länder zu

internationalen Ausnahmen (Thompson 1997). Singapur ist das ein-

zige nicht-ölproduzierende Land in der „high-income economy“-Kate-

gorie der Weltbank, das kein demokratisches politisches System be-

sitzt. Der Statistik zufolge war Singapurs Bruttosozialprodukt im

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Jahre 1994 fast genauso groß wie das Australiens. Bis vor kurzem war

Malaysia das zweitreichste nicht-ölproduzierende Land, das nichtde-

mokratisch genannt werden konnte (Deutsche Gesellschaft für die

Vereinten Nationen 1994, Tabelle 1, S.157-159 und World Bank

1992, S. 219).

Es ist auffällig, dass der Diskurs über die „asiatischen Werte“ in Sin-

gapur und in Malaysia just zu dem Zeitpunkt entstand, als sich prode-

mokratische Gruppen in diesen aufstrebenden Wohlstandsgesell-

schaften zu Wort meldeten (Vennewald 1994). Von Regierungsseite

wurde argumentiert, dass man trotz des hohen Wirtschaftsniveaus die

westliche Demokratie nicht einführen dürfe. Der jetzige Premiermi-

nister von Singapur, Goh Chok Tong, befürchtete, dass „Singapurs

Wirtschaftserfolg erschüttert werden könnte [...] falls man den Wegen

des Westens folgen würde“. Er drängte die Singapurer, Materialismus,

„westliche“ Demokratie, freie Presse, ausländisches Fernsehen und

Popmusik zu meiden, „welche das Land zu Fall brächten“ (Economist,

27.8.1994, S. 46-47). Oppositionelle, die nach freien Wahlen und ei-

ner freien Presse rufen, werden als „radikal“ und „unasiatisch“ denun-

ziert. Der Premierminister Malaysias hat Hinweise auf Demokratie

und Menschenrechte als „westlichen Imperialismus“ abgetan. Er wirft

dem Westen vor, Malaysia „an arbitrary version of democracy“ auf-

drücken zu wollen (Michael Vatikiotis, „The Mahathir Paradox“, Far

Eastern Economic Review, 20.8.1992, S. 17).

Diese Attacken gegen die Demokratie und die „westlichen Werte“ seit

Anfang der 80er Jahre sind die Reaktion eines besorgten Regimes auf

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den Aufstieg einer Demokratiebewegung, die durch eine neue breite

Mittelklasse getragen wurde. Einige Statistiken zeigen das rapide

Wachstum und die beachtliche Größe der Mittelklasse in diesen Län-

dern. In Malaysia stellten nach der Unabhängigkeit die „professionals

and technicals“ und die „administratives and managerials“ nur 4%

der Erwerbsbevölkerung dar. Gleichzeitig wurden 11,5% der Er-

werbstätigen in den Bereichen „clerical and sales occupation“ ge-

zählt. Das machte eine breite Mittelklasse von etwas über 15% aus.

Das rapide Wirtschaftswachstum in den 60er Jahren erhöhte diesen

Prozentsatz auf 20% bis zum Ende des Jahrzehnts. Bis zum Jahr 1990

war allein die „professional/administrative“-Kategorie auf 11,3 % an-

gewachsen, die Mittelklasse insgesamt auf fast ein Drittel der arbei-

tenden Bevölkerung (Crouch 1993, S. 142 und 156, Fußnote 1). In

Singapur erweiterte sich die gebildete Elitenklasse („professionals,

managers and executives“) rasant schnell: Von 7% 1960 über 13,6%

1980 auf 16,9% 1986. Wenn, wie in Malaysia, Angestellte zu den

„clericals and sales“ hinzugerechnet werden, umfasste die breite

Mittelklasse schon 1986 fast die Hälfte der Erwerbstätigen (Chen,

1993).

Von Kaiser Wilhelm zu Lee Kuan Yew

In seinem Werk Social Origins of Dictatorship and Democracy zeigt

Barrington Moore, Jr. die Nützlichkeit historischer Parallelen für das

Verständnis moderner Formen des Autoritarismus (Moore, 1966). Ei-

nige Autoren behaupten nun, es bestünde eine große Ähnlichkeit zwi-

schen dem Autoritarismus im heutigen Singapur und Malaysia und

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dem deutschen Kaiserreich im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert

(Jayasuriya 1997, Robison und Goodman 1996 und Thompson 1996).

Dabei sind die Parallelen zwischen dem Kaiserreich auf der einen und

Singapur und Malaysia auf der anderen Seite wohl nicht zufällig ent-

standen. Das politische System des Kaiserreichs und die Ideologie der

„Zivilisationskritik“ wurden von Deutschland nach Meiji-Japan und

von dort aus weiter in andere ost- und südostasiatische Staaten „im-

portiert“. Der Historiker Bernd Martin (Martin 1987) zeigt, wie nach

der Beschäftigung mit verschiedenen westlichen Modellen die Meiji-

Führer sich schließlich klar für den „deutschen Weg in die Moderne“

entschieden: Im Jahre 1873 konsultierte eine hochrangige Delegation

der Meiji-Regierung Reichskanzler Bismarck, im Jahr darauf wohnte

der japanische Finanzminister der Eröffnung der Reichstags bei. Die

Japaner zeigten sich beeindruckt von der Stärke der Monarchie auf

Kosten der Volksvertretung sowie von der herausragenden Stellung

des Militärs, Charakteristika, die schließlich auch in der japanischen

Verfassung ihren Niederschlag fanden. Die Rohfassung dieser Verfas-

sung von 1889 schrieb der preußische Jurist Hermann Roesler, und ein

deutscher Generalstabsoffizier, Jakob Meckel, reorganisierte das japa-

nische Militär (Martin 1987, S. 25/26). Martin argumentiert, dass

Meji-Japan irriger Weise angenommen habe, es bestehe eine „We-

sensverwandtschaft“ zwischen Preußendeutschland und Japan (Ebd.,

S. 18). Die Meiji-Parole „östliche Ethik und westliche Wissenschaft“

verläuft parallel zur preußisch-deutschen Kritik an der Zivilisation im

Namen der Kultur. Bruce Cumings (Cumings 1987) zeigt, wie der

Autoritarismus Vorkriegsjapans dann die Ex-Kolonien Taiwan und

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Südkorea nach 1945 beeinflusste. Der malaysische Premier Mahathir,

der die Parole „Look East!“ ausgegeben hat, sagt in einem Buch, wel-

ches er zusammen mit dem japanischen Nationalisten Shintaro Ishi-

hara geschrieben hat, dass trotz der Gräueltaten des Krieges Japan

„eine Quelle der Inspiration und der Zuversicht“ bleibe (Mahathir und

Ishihara 1995). Die singapurische Regierung hat mit ihrer Bewunde-

rung für das „Modell Japan“ nie hinter dem Berg gehalten. Aber es ist

offensichtlich, dass diese bewusste Nachahmung weniger dem demo-

kratischen System Nachkriegsjapans als vielmehr der autoritären

Meiji Zeit gilt.

Wie im Kaiserreich entstanden auch in Singapur und mit Einschrän-

kungen in Malaysia „starke“ bürokratische Staaten, die eine wichtige

Rolle bei der Industrialisierung spielten, wie es schon Alexander Ger-

schenkron vorausgesagt hat (Gerschenkron 1962). Wie Singapur und

Malaysia besaß das politische System des Kaiserreichs eine parla-

mentarische Komponente, kann aber wegen der Unabhängigkeit der

Regierung vom Parlament, des preußischen Dreiklassenwahlrechts,

der mangelnden parlamentarischen Kontrolle über das Militär, der

Stellung des Kaisers und der offiziellen Diskriminierung von Sozia-

listen und Katholiken, vor allem aber wegen der konservativen Eliten,

die sogar über einen Putsch nachdachten, falls das System nicht nach

ihren Plänen lief, nur pseudodemokratisch genannt werden. Es gibt

auch die These, dass die soziale Wohlfahrtspolitik dieser Staaten (ob-

wohl vor allem die Wohnungspolitik und das Rentensystem Singapurs

sich erheblich von Bismarcks Aufbau des Sozialstaates unterscheiden)

benutzt worden seien, um vor allem die Arbeiterklasse an den Staat zu

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binden (Dahrendorf 1967 und Tremewan 1994). Aus meiner Sicht

aber ist die wichtigste Gemeinsamkeit der Versuch, Demokratieforde-

rungen aus der Gesellschaft durch einen Hinweis auf die angebliche

kulturelle Andersartigkeit zu entkräften. Man versuchte, den Autorita-

rismus als noch zeitgemäß für ein bereits stark industrialisiertes Land

darzustellen. Ideologen des Kaiserreiches waren sich bewusst, dass sie

sich durch die Verweigerung der Demokratisierung signifikant vom

Modernisierungsweg anderer Nationen, vor allem Großbritanniens,

Frankreichs und der USA, unterschieden (Faulenbach 1980). Während

heute der so genannte „deutsche Sonderweg“ oft als entscheidender

Faktor für die „deutsche Katastrophe“ angesehen wird, war er im 19.

und frühen 20. Jahrhundert für viele ein Grund zum Stolz (ebd.).

Durch eine Unterscheidung zwischen westlicher „Zivilisation“ und

deutscher „Kultur“ ließ sich zeigen, dass Modernität nicht mit Demo-

kratisierung gleichzusetzen war: Im Gegenteil, sie sollte nicht zur

Demokratie führen, weil diese nicht zum Wesen der deutschen Kultur

gehörte.6

6 Die vielleicht bekannteste Formulierung dieser Ideologie stammt von Thomas Mann. Deutschland, sagt er, protestiere gegen den „Imperialismus der Zivilisa-tion“ und dessen westlichen Anspruch auf Universalismus. Der geistige und un-politische Charakter der Deutschen unterscheide sich fundamental von anderen Völkern, auf Individualismus werde zugunsten des Kollektivs verzichtet (Mann 1956, S. 267). Mann sagte, er könne „es den großen dieses Volkes, Nietzsche, Lagarde und Wagner, nur aus tiefster eigener Überzeugung nachsprechen, dass die Demokratie im westlichen Sinn und Geschmack bei uns landfremd ist, ein Übersetztes, das ‚nur in der Presse vorhanden' und niemals deutsches Leben und deutsche Wahrheit werden kann ... Nie wird der mechanisch-demokratische Staate des Westens Heimatrecht bei uns erlangen.“ (Ebd., S. 268 u. 270). Um der Fairness willen muss allerdings hinzugefügt werden, dass er seine während des ersten Weltkrieges geäußerte Meinung in der Weimarer Zeit deutlich änderte.

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Was bleibt vom „Asiatische Werte“ – Diskurs? 403

„Asiatische Werte“ und „Zivilisationskritik“

Ähnlich wie bei der „Zivilisationskritik“ geht es auch bei den „asiati-

schen Werten“ letztlich nicht um „Asien“ und den „Westen“, sondern

um eine autoritäre und eine demokratische Modernität. Das Kaiser-

reich war ein europäisches Land, das es nichtsdestoweniger ablehnte,

Teil der westlichen Zivilisation zu sein. Ein kultureller Unterschied

wurde nur vorgeschoben, um eine andere, autoritäre Vorstellung von

der Moderne zu verschleiern. Auch die patriarchale Sozialstruktur, die

Betonung der Rolle der Familie im Kaiserreich (Stichwort „Kinder-

Küche-Kirche“) entspricht dem Hinweis auf traditionelle Werte in

Asien als Bollwerk gegen die Dekadenz der Moderne. In diesem

Kontext ist Jeffrey Herfs Aussage vom „reactionary modernism“

(Herf 1984) nicht nur für die „Zivilisationskritik“, sondern auch für

die „asiatischen Werte“ relevant. Kultur wird essentialisiert und als

statisch präsentiert, statt sie als an sich differenziert und verschieden

auslegbar zu betrachten, da sie jederzeit wandelbar ist oder subtil mo-

difiziert werden kann. Im Deutschland der Kaiserzeit wurde dieser

Schritt hin zu einer statischen Kulturinterpretation „Wesensschau“ ge-

nannt, die metaphysische Suche nach der „wahren“ Essenz der Kultur

(Faulenbach 1980, S. 123). So gesehen sind „asiatische Werte“ auch

als eine Art umgekehrter „Orientalismus“ zu betrachten. Edward Saids

Kritik am stark vereinfachten Bild des „Ostens“, das westliche Wis-

senschaftler im Dienste hegemonialer Ziele entworfen hatten, ist jetzt

durch den aus der Region selbst stammenden Diskurs über die „asiati-

schen Werte“ und seiner gewollten Vereinfachung „Asien gegen den

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404 Mark R. Thompson

Westen“ abgelöst worden, um die politische Macht autoritärer Führer

in Asien zu konsolidieren (Said 1978, Chua 1995 und Berger 1997).

„Zivilisationskritik“ wie „asiatische Werte“ sollten auf eine entste-

hende Mittelklassegesellschaft wirken. Die notorische politische

Schwäche des Bürgertums im Kaiserreich ist nicht aus der numeri-

schen Größe der mittleren und oberen Klassen zu erklären. Das Deut-

sche Reich war ein zunehmend urbanisiertes Land mit einem expan-

dierenden Beamtentum, einem Geschäfts- und professional-Sektor

(d.h. Angehörige hochqualifizierter Berufe, z.B. Ärzte oder Anwälte).

Am Beispiel des Kaiserreichs haben David Blackbourn und Geoff

Eley die Frage gestellt, ob die „Bourgeoisie“ notwendigerweise die

Liberaldemokratie fordere (Blackbourn und Eley, 1984). „Zivilisati-

onskritik“ war eine Waffe im Kampf zwischen Liberalismus und Au-

toritarismus. Durch die Gleichstellung der Demokratie mit der frem-

den, westlichen Zivilisation konnte die Ideologie des „deutschen We-

ges“ die politische Marginalisierung der linksliberalen Advokaten der

Demokratie bewirken. Das besondere am deutschen Sonderweg war

eben, dass die meisten Liberalen gemeinsam mit den aristokratischen

Konservativen eine autoritäre Staatsführung unterstützten (Blackbourn

und Eley, 1984 und Röhrich 1983, Kapitel II). Nicht unähnlich verlief

die Marginalisierung von Demokraten in Singapur und Malaysia in

den 80er Jahren. Der Hinweis auf „asiatische Werte“ hat nicht unbe-

dingt die Zustimmung der breiten Bevölkerung hervorgerufen (be-

zeichnenderweise werden in beiden Ländern keine politischen Mei-

nungsumfragen über „heikle“ Themen erlaubt). Entscheidend aber ist,

dass dieser kulturelle Diskurs die politische Agenda bestimmte. In

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Was bleibt vom „Asiatische Werte“ – Diskurs? 405

Singapur z. B. gilt der führende Oppositionelle Joshua B. Jeyaretnam

wegen seiner unverblümten Forderungen nach Demokratie, die wie-

derum von der regierungstreuen Presse als unzulässige Verwestli-

chung kritisiert wird, als radikal. In Malaysia fällt auf, dass auch Dis-

sidenten wie Chandra Muzaffar trotz ihrer Kritik an der Menschen-

rechtspolitik der Regierung die offiziellen Angriffe auf den „westli-

chen Imperialismus“ in der Vergangenheit teilweise mittrugen.

Die nationale Begeisterung, welche die Nationalstaatsgründung von

oben durch Bismarck auslöste, schwächte die liberale Kritik an den

autoritären Strukturen erheblich. Unter dem Hinweis auf die nationale

Integrität konnten Sozialdemokraten und Katholiken mit antidemo-

kratischen Mitteln ausgegrenzt werden, was wiederum zu Bestrebun-

gen dieser Gruppen führte, ihre nationale Loyalität zu bekräftigen

(Röhrich 1983, Kapitel II). „Zivilisationskritik“ kann unter anderem

auch als ein Versuch verstanden werden, eine gemeinsame deutsche

Identität für das neue Kaiserreich aufzubauen, die von dem Feindbild

der „westliche Zivilisation“ zehrt. Hier zeigen sich gewisse Parallelen

zur Situation in Singapur und Malaysia. Die erfolgreiche Schaffung

von Nationalstaaten in den multikulturellen Ländern Singapur und vor

allem Malaysia, wo nur die Hälfte der Bevölkerung ethnisch malaiisch

ist, hat liberale Forderungen insoweit eingedämmt, als man die Prio-

rität auf die Aufrechterhaltung des Staates legte, der durch eine De-

mokratisierung angeblich gefährdet werden könnte. In Malaysia

mussten vor allem chinesisch stämmige Bürger ihre politische Margi-

nalisierung hinnehmen; in Singapur war die Situation der Malaien

zum Teil ähnlich.

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406 Mark R. Thompson

In gewisser Hinsicht sind die „asiatischen Werte“ sogar als ein Ver-

such zu verstehen, die unterschiedlichen Kulturen dieser Staaten mit

dem Hinweis auf die gemeinsame „asiatische“ kulturelle Herkunft zu-

sammenzuschweißen. In Singapur waren sie ursprünglich als „konfu-

zianische Werte“ konzipiert, wurden dann jedoch, dem multikulturel-

len Charakter des Landes entsprechend, zu ethnische Gruppen über-

greifenden „asiatischen Werten“ erweitert. Die Übernahme dieses

Diskurses durch die malaysische Regierung verstärkte diese „multi-

kulturelle“ Tendenz im Interesse einer Erhöhung der Legitimität des

Staates. In diesem Zusammenhang wird ein häufig übersehener As-

pekt der Gefahr klar, die islamischer Extremismus und Terrorismus

für diese beiden Ländern darstellt. Eine Islamisierung Malaysias, das

nur knapp zur Hälfte von muslimischen Malaien bevölkert wird (ganz

zu schweigen Singapur, das mehrheitlich von Chinesen bewohnt wird)

würde das Ende dieses multiethnischen Staates bedeuten. Die „asiati-

schen Werte“ dagegen sind unter anderem als Versuch zu verstehen,

einen ethnisch übergreifenden kulturellen Diskurs zu führen, welcher

der Staatsraison dieser Länder dienlich sein soll.

Kulturelle Traditionen und demokratische Ideen

Die „Zivilisationskritik“ ist nicht alleine durch die deutsche Nieder-

lage im Zweiten Weltkrieg beseitigt worden; es war auch die Entste-

hung einer demokratischen politischen Kultur in der Bundesrepublik,

die diesen Diskurs zur Randerscheinung werden ließ. Auch die Dis-

kussion um die „asiatischen Werte“ wird durch die Diffusion der De-

mokratie in der asiatisch-pazifischen Region in ihrer Existenz bedroht.

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Was bleibt vom „Asiatische Werte“ – Diskurs? 407

In Malaysia ist der wachsende Einfluss von „demokratischen Werten“

deutlich zu sehen. Seit der Entlassung und Festnahme des ehemaligen

Vize-Premierministers Anwar Ibrahim im September 1998 ist eine

demokratische Oppositionsbewegung mit starker Verankerung in der

Mittelklasse entstanden. Auch wenn der unmittelbare Anlass für die

neuerliche politische Krise in Malaysia ein persönlicher Streit zwi-

schen Mahathir und Anwar war, stößt die jetzige Reformbewegung in

der Bevölkerung auf noch mehr Resonanz als jene Opposition, welche

sich 1987 nach einem Konflikt innerhalb der regierenden UMNO-

Partei gebildet hatte.

Ein ausschlaggebender Grund für die nunmehr recht starke Reaktion

in der Mittelschicht war Mahathirs „unmalaiisches“ Verhalten gegen-

über Anwar, der unvermittelt entlassen, vom Chef der Polizeikräfte

geschlagen, der Korruption und der Sodomie angeklagt und schließ-

lich zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde.7 Ein Beobachter

urteilte: „Die Art und Weise, mit der der Fall Anwar gehandhabt

wurde, setzte latente Kritik in großem Umfang aus vielen verschiede-

nen Lagern frei. Viele haben beschlossen, dass es an der Zeit sei, die

Unzufriedenheit mit der Regierung laut auszusprechen“ (zitiert in:

Murray Hiebert und S. Jayasankaran, „A Single Spark“, Far Eastern

Economic Review, 29.10.1998, S.13). Eine informelle Umfrage

7 Zitiert nach Murray Hiebert und Andrew Sherry, „After the Fall”, Far Eastern Economic Review, 17.9.1998, S.12. Es gab auch eine heftige und bisher bei-spiellose Reaktion von Malaysias Nachbarn in Südostasien. Vgl. Thomas Fuller, „Asians Criticize Treatment of Anwar”, International Herald Tribune, 2.10.1998, S. 1 u.4.

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zeigte, dass sieben von zehn Malaien, die 61% der Bevölkerung aus-

machen, über Anwars Entlassung verärgert waren (Ebd.).

Ein weitere Ursache für den Aufschrei des Volkes liegt schon in der

Zeit vor Anwars unrühmlicher Entfernung von der Macht begründet.

Bereits vor seinem Bruch mit Mahathir hatte sich Anwar als Mitglied

einer neuen Generation von Politikern im asiatisch-pazifischen Raum

profiliert, die grundsätzlich mehr Offenheit für ihre Gesellschaften

forderten. Er distanzierte sich zunehmend von Mahathirs Politik der

„harten Hand“ und sprach sich für die universale Anerkennung der

Menschenrechte aus. Darüber hinaus begann er sogar, eine kulturspe-

zifische Argumentation zugunsten einer Demokratisierung („The

Asian Renaissance“) in der Öffentlichkeit zu vertreten, wie es schon

Demokraten in Südkorea und Taiwan vorgemacht hatten.8 Anwar ver-

knüpfte außerdem sein liberales Programm äußerst effektiv mit sei-

nem islamischen Bekenntnis und vertrat die Idee einer „islamischen“

Demokratie, die sich vor ihm schon viele muslimische Intellektuelle

und Aktivisten in Indonesien im Kampf gegen Suharto zu Eigen ge-

macht hatten (über Malaysia siehe Derichs 2000, über Indonesien Uh-

lin 1997). Festzuhalten ist, dass Anwar und andere islamische Akti-

visten traditionelle „religiöse“ Werte äußerst effektiv gegen ein säku-

lares und trotz des öffentlich propagierten Diskurses um die „asiati-

schen Werte“ eigentlich stark verwestlichtes Regime einsetzten. Das

neue oppositionelle Bündnis nach Anwars Verhaftung vereinte Oppo-

sitionelle aus dem Mittelstand über ethnische Klüfte hinweg: Selbst

malaysische Oppositionelle chinesischer Abstammung schlossen sich 8 Anwar 1996. Über Südkorea siehe Kim 1994, S. 191 u. 194.

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Was bleibt vom „Asiatische Werte“ – Diskurs? 409

an (Keith Richburg, „Opposition in Malaysia Joins Forces and Ral-

lies“, International Herald Tribune, 28.09.1998, S.1 u. 9). Seit Ende

1998 und durch das ganze Jahr 1999 hindurch fanden in Kuala Lum-

pur und anderen städtischen Gebieten friedliche Straßendemonstratio-

nen statt. Dabei unterstützten auch viele Intellektuelle, die einst mit

den „asiatischen Werten“ geliebäugelt hatten, jetzt offen die oppositi-

onelle Sache, so z.B. Chandra Muzaffar, der sogar einer ihrer Anfüh-

rer war.

Bei den Wahlen vom November 1999 errang Mahathirs Koalition un-

ter der Führung der UMNO dennoch wieder eine Zweidrittelmehrheit

im Parlament. Die Herausforderung durch die refomasi-Bewegung

schien endgültig fehlgeschlagen (Seth Mydans, „Bucking the Trend,

Malaysia's Voters Opted for Stability“, International Herald Tribune,

02.12.1999, S.7). Die Partei der Gerechtigkeit unter dem Vorsitz von

Anwars Ehefrau erhielt nur fünf Sitze, darunter Anwars ehemaliger

Sitz, den seine Frau gewann (Seth Mydans, „New Reform Party Does

Poorly in Malaysian Election“, New York Times, 30.11.1999: nyti-

mes.com/library/world/asia/113099malaysia-election.html). Premier-

minister Mahathir, „der freimütigste Advokat 'asiatischer Werte'„, er-

hielt scheinbar „eine tiefgreifende Billigung durch die Wahl“ („Odd

Man In“, Economist, 04.12.1999, S.67-68). Aber Mahathirs Stimmen-

hochburgen verschoben sich von malaiischen Wahlkreisen hin zu chi-

nesich-indischen. So verlor UMNO zwei vornehmlich malaiische

Bundesstaaten im Norden und erzielte allgemein schwache Ergebnisse

unter malaiischen Wählern. Indem Mahathir absichtlich Ängste vor

ethnischen Konflikten schürte und somit das Augenmerk vom politi-

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schem Wandel hin zu Stabilität lenkte, war es ihm und seinen Anhän-

gern erfolgreich gelungen, bei den Minderheiten Zweifel an der Oppo-

sition zu wecken. Denn die Minderheiten missbilligten deren Bündnis

mit der islamisch ausgerichteten PAS sowie die islamischen Bekun-

dungen Anwars (Murray Hiebert, „Playing the Chinese Card“, Far

Eastern Economic Review, 26.8.1999, S.18-20). Zusätzlich verhalfen

das weit verzweigte Patronagesystem der UMNO (ein Fünftel der

Wähler ist Parteimitglied), der kurze Wahlkampf (acht Tage), die Be-

schränkung oppositioneller Treffen, das völlige Ausschalten der

Presse (nur im Internet konnten pro-oppositionelle Artikel abgerufen

werden), der frühe Wahltermin (damit konnte eine große Zahl mögli-

cherweise kritischer Erstwähler ausgeschlossen werden) sowie Anzei-

chen für „schmutzige Tricks“ bei der Wahl der regierenden Koalition

zum Sieg.9 Nichtsdestoweniger konnte die Oppositionskoalition (pri-

mär die PAS) die Anzahl ihrer Parlamentssitze verdreifachen, wäh-

rend prominente UMNO-Politiker, Mahathir und seinen neuen Stell-

vertreter eingeschlossen, weit weniger Stimmen als üblich in ihren

Stimmkreisen erhielten. Mahathir musste seinen Gegenkandidaten in

seinem Wahlkreis sogar mit „character assassination“, wie man in

Malaysia sagt, und fragwürdigen Vorwürfen finanzieller Veruntreu-

ung ausschalten (Derichs 2000, S. 3).

9 „The Unstoppable Dr Mahathir”, Economist, 04.12.1999., S. 67-68 und Thomas Fuller, „Malaysia Well-Oiled Political Machine”, International Herald Tribune, 20./21.11.1999, S. 5. Zur Nutzung des Internets durch die Opposition: Siehe Thomas Fuller, „Mahathir Caught in Web of Internet Awareness”, International Herald Tribune, 10.09.1998, S.4. Anwar verfügte über eine eigene Website: an-war.com.my.

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Es besteht aber kaum Zweifel daran, dass ein Großteil des malaiischen

Mittelstands politisiert wurde. Die dominierende Partei in der Regie-

rungskoalition, UMNO, ist in sich gespalten, auch wenn Mahathir

weiterhin die Kontrolle besitzt und schon für eine parteiinterne Nach-

folge gesorgt hat. Die Schwächung der Regierungskoalition wurde er-

neut bei einer „by-election“ im November 2000 deutlich, als die

UMNO einen bis dahin sicher geglaubten Sitz an die Gerechtigkeits-

partei verlor (siehe Interview mit dem stellvertretenden Premiermi-

nister Abdullah Ahmad Badawi, „UMNO suffering isn't over“, Far

Eastern Economic Review, 14.12.2000, S.20).

Erst nach dem 11. September haben Mahathir und sein designierter

Nachfolger Badawi ein Thema gefunden, dass die ethnisch-religiöse

Polarisierung Malaysias auf unbegrenzten Zeit aufrechterhalten zu

können scheint. Vor dem Terroranschlag auf dem World Trade Center

hatte die PAS ihre Sympathien für Bin Laden nicht verheimlicht. Ob-

wohl sie anschließend versuchte, sich von der El Qaida zu distanzie-

ren – vor allem als Premierminister Mahathir der Partei direkte Ver-

bindungen zu dieser Terrororganisation vorwarf (Gunaratna 2002, S.

197-198) – wuchs das Misstrauen gegenüber dieser Partei unter chine-

sisch- und indischstämmigen Malaysiern sowie auch unter gemäßig-

ten Malaien deutlich an. Dies erschwerte den ohnehin schon kompli-

zierten Prozess der Bildung einer multi-ethnischen Oppositionskoali-

tion zusätzlich und erklärt unter anderem, warum sich reformasi of-

fensichtlich in Auflösung befindet. Doch die Oppositionsbewegung

hat die politische Agenda in Malaysia trotz allem grundlegend verän-

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dert: die Forderung nach Demokratisierung kann nicht mehr so ein-

fach rundweg als „fremd“ und „westlich“ abgetan werden.

Die Aussichten der Mittelklasse, aus der politischen Kooptierung

durch die Regierung auszubrechen, sind in Singapur geringer als in

Malaysia. Doch selbst hier registriert ein Wissenschaftler mit engen

Verbindungen zum Regime zunehmenden Missmut unter der „wach-

senden Anzahl gutgebildeter, redegewandter und material abgesicher-

ter professionals, Beamten, Akademikern und Schullehrern“, die „of-

fenkundig entfremdet“ sind (Chen 1993, S. 233-234). Das Regime hat

jedoch eine erfolgreiche Mischung aus Repression und Kooptation

gegen die in der Mittelklasse verwurzelte Opposition angewendet.

Darüber hinaus gab es bislang noch kein Ereignis, das die Mittelklasse

in gleicher Weise politisieren konnte wie die Anwar-Affäre in Malay-

sia. Es ist aber auffällig, dass viele Oppositionelle in Singapur, ähnlich

wie in Malaysia, weniger „verwestlicht“ und stärker traditionell ori-

entiert sind als ihr Regime. Die meisten Oppositionspolitiker, die am

unnachgiebigsten für die Demokratie eintreten, legen großen Wert auf

ihre chinesische, malaiische oder indische Identität.

Globalisierung und „Asiatische Werte“

Kapitalismus und Autoritarismus sind zweifelsohne bei einem niedri-

geren Entwicklungsgrad miteinander vereinbar. Bei fortgeschrittener

Entwicklung und dem Erreichen eines hohen Technologieniveaus mit

einer entsprechenden Schwerpunktsetzung auf „Humankapital“

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Was bleibt vom „Asiatische Werte“ – Diskurs? 413

scheint der Autoritarismus für das weitere Vorankommen einer Ge-

sellschaft hinderlich zu sein.

Die jüngste Wirtschaftskrise in Singapur hat der Führung einmal mehr

vor Augen geführt, dass die wirtschaftliche Zukunft des Landes in so

genannten knowledge-based industries wie Informationstechnologie,

Biotechnologie, Medizintechnik und dem Finanzsektor liegt (Ben

Dolwen, „Let's All Be Creative“, Far Easten Economic Review,

24.12.98, S. 10-12). Die paternalistische Führung Singapurs mahnt ihr

Volk zu größerer Kreativität, die für solche Leitindustrien der Zukunft

vonnöten sei. Singapurs „Senior minister“ Lee moniert, dass seiner

Stadt das „free-wheeling buzz“ von Hongkongs Finanzwelt fehle (Ben

Dolwen, „Where's the Buzz“, Far Eastern Economic Review,

24.12.98, S.13). Die offensichtliche Ironie solcher Bemerkungen ist

der Regierung Singapurs anscheinend nicht bewusst. Die von oben

propagierten „asiatischen Werte“ des Stadtstaates sind innovations-

feindlich und verhindern nicht nur eine offene politische Debatte, son-

dern auch Transparenz im Finanzsektor. Bildungseinrichtungen von

Schulen bis zu Universitäten sind starken Regierungskontrollen und

Konformität erzeugenden Regulierungen unterworfen (Garry Silver-

man, „Education: Silence of the Lambs“, Far Eastern Economic Re-

view, 14.11.1996, S. 24-26). Ein westlicher Diplomat hat diese Be-

denken so ausgedrückt: „Es ist hart für Singapurer zu lernen, dass es

akzeptabel ist, Fragen zu stellen. Die Menschen werden nicht zur Kre-

ativität erzogen. Firmen haben das Gefühl, dass jemand, der in Singa-

pur ausgebildet wurde, erst umerzogen werden muss, bevor er viele

Dinge tun kann“ (Murray Hiebert, „Good Idea: Singapore Wants Stu-

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dents with a Creative Bent“, Far Eastern Economic Review, 14.11.98,

S. 29-30). Unter dem Mangel an „kreativem Personal“ und an der

stark zensierten Presse leidet vor allem Singapurs Versuch, sich als

Medien- und Finanzzentrum zu etablieren.10 So hat sich nicht nur der

politische Teil der Zeitungen in Vorsicht zu üben, sondern auch die

Berichterstattung über Finanzereignisse unterliegt Beschränkungen.

Ein Grund für diese Empfindlichkeit gegenüber Finanzpresseberichten

ist die noch immer dominierende Rolle des Staates in der Wirtschaft.

Die Analyse von Ben Dolwen in der Far Eastern Economic Review,

warum Taiwan unmittelbar nach der Wirtschaftskrise Singapur über-

rundet hat, verdient es, ausführlich zitiert zu werden: „... Taiwans de-

mokratische Regierung hat sich von einer Industriepolitik entfernt, die

versucht, sich Gewinner herauszusuchen ... Taiwanesische Unterneh-

men stehen untereinander in freiem Wettbewerb um Geldmittel auf

dem pulsierenden Kapitalmarkt der Insel [...] Es verwundert kaum,

dass Taiwan sich eines dynamischen einheimischen Fertigungssektors

rühmen kann, der voll ist von weltweit wettbewerbsfähigen Firmen

wie Acer, Asustek und Taiwan Semiconductor Manufacturing [...]

Doch der vielleicht wichtigste Faktor: Taiwans überschwängliche

Demokratie ermuntert nun die freie Äußerung von Ideen, so ausgefal-

len diese auch sein mögen. Das schafft eine Umgebung, in der das

10 Auch in Malaysia wird der Versuch der Mahathir-Regierung, ein Multimedia-Projekt in Verbindung mit internationalen Unternehmern wie Bill Gates aufzu-bauen, stark durch die Einschränkung der politischen Freiheiten im Lande er-schwert (selbstkritische Berichte dazu verfasste der ehemalige Regierungsspre-cher Basskaran Naer in The Straits Times, zit. nach Dolwen in „Where's the Buzz?”). Siehe auch Christoph Hein, „In Cyberjaya baut Malaysia am asiatischen Silicon Valley”, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.11.2000, S. 51.

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Was bleibt vom „Asiatische Werte“ – Diskurs? 415

Unternehmertum floriert. Die Singapurer dagegen wachsen in einer

Kultur auf, die sie ermuntert, der Führung der Regierung zu folgen

und nicht, sich einen eigenen Pfad zu schlagen“ („Taiwan's Trump“,

Far Eastern Economic Review, 6.8.1998, S. 13). Mit anderen Worten,

die Logik der Konkurrenz im Zeitalter der Globalisierung setzt die

Führungen Singapurs zunehmend unter Druck, ihr politisches System

zu liberalisieren, um die erforderliche wirtschaftliche Kreativität und

den Unternehmergeist zu entfalten.

Schlussbemerkungen

Der Diskurs um die „asiatischen Werte“ ist seit der Wirtschaftskrise

und den Terroranschlägen in der Region auf internationaler Ebene

diskreditiert bzw. überlagert worden. Innenpolitisch ist zudem die

panscasila-Entwicklungsideologie des Suharto-Regimes mit dem

Sturz des Diktators zusammengebrochen. Doch als interne Rechtferti-

gung des Autoritarismus’ nach Erreichen eines gewissen Wohlstands

sind die „asiatischen Werte“ in ihrer Gesamtheit nicht „falsifiziert“

worden. In Singapur und Malaysia wird weiter verkündet, dass eine

„starke Hand“ den kulturellen Eigenschaften der Bevölkerung ent-

spreche, eine Behauptung, die durch die Wirtschaftskrise nicht wider-

legt, sondern in gewisser Hinsicht bestätigt wird. In Krisenzeiten ge-

winnen solche national-kultuerellen Appelle oft an scheinbarer Plau-

sibilität. Auch internationaler Druck wirkt sich nicht so stark auf die-

sen Diskurs aus, wie man es vielleicht erwarten würde. Der Einfluss,

den internationale Finanzinstitutionen auf Singapur und Malaysia aus-

üben können, ist vor allem wegen des, im Vergleich zu den meisten

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anderen nicht-westlichen Ländern, hohen Entwicklungsgrades relativ

gering. Malaysias populistische und protektionistische Wirtschafts-

strategie hat das Land (recht erfolgreich) von den Wirtschaftsproble-

men der Region abgeschirmt. Die strategischen Überlegungen der

USA machten diese zwei asiatischen Länder rasch zu geschätzten

Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus.

Wie die „Zivilisationskritiker“ des Kaiserreiches versuchen die Ideo-

logen der „asiatischen Werte“ auch nach dem Erreichen der ange-

strebten Entwicklungsziele, die Entstehung eines politischen Libera-

lismus’ vor allem in der stark angewachsenen Mittelschicht zu verhin-

dern. Eben dieses Vorhaben scheint mittelfristig zum Scheitern ver-

urteilt zu sein. Die Ausbreitung der Demokratie ist in anderen Ländern

der Region mit höherem Entwicklungsniveau schon klar erkennbar. In

Südkorea fand im letzten Jahrzehnt ein Demokratisierungsprozess

statt, der sich nicht nur dem Versuch des alten Militärregimes wider-

setzte, den Konfuzianismus für seinen Herrschaftsanspruch zu instru-

mentalisieren, sondern diese Tradition auch als Verpflichtung zur Op-

position interpretierte. Immer wiederkehrende Forderungen nach einer

Mehrparteiendemokratie in Singapur und Malaysia konnten bisher

von den Regimen unterdrückt werden, doch es sind starke Zweifel an-

gebracht, ob dies noch viel länger möglich sein wird. Auch die zu-

nehmende Bedeutung der Informationstechnologie und das allgemeine

Verlangen nach „kreativen Köpfen“ schwächt die konformitätserzeu-

gende Ideologie, die immer mehr als wachstumshemmend angesehen

wird.

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Die große „Hoffung“ zeitgenössischer Kritiker der „westlichen Zivili-

sation“ der Region scheint die Volksrepublik China zu sein. Hier ist

der Wertediskurs, der vor allem von einer fast missionarisch agieren-

den Singapurer Regierung gefördert wurde, auf fruchtbaren Boden ge-

fallen. Ein namhafter chinesischer Wissenschaftler hat vom Exil aus

zu der andauernden Relevanz, welche die „asiatischen Werte“ trotz

der regionalen Wirtschaftskrise haben, Stellung genommen (Wei-

Ming 1998). Die Diskreditierung des Marxismus-Leninismus nach der

kommunistischen Konversion zum Kapitalismus und die Grenzen des

Nationalismus in Friedenszeiten lassen ein ideologisches Vakuum ent-

stehen, das die chinesische Führung durch einen erneuerten neokonfu-

zianischen Diskurs zu füllen versucht (Lackner 1998). Die Ironie, der-

art in einem Land zu agieren, in dem der Konfuzianismus jahrzehnte-

lang erbarmungslos bekämpft wurde, stört die Führung offensichtlich

wenig. Aber auch in China ist eine weitere Verbreitung von demokra-

tischen Ideen festzustellen. Dieser „Kulturkampf“ geht weiter.

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