„Natürliche Bestandteile“ als Ableitung Ableitungseinrichtung/7... · Verfasser: Dipl.-Ing....

4
Verfasser: Dipl.-Ing. Jürgen Wettingfeld / Burkhard Fuhr Stand 06/2016 Seite 1 von 4 7.2.3 „Natürliche Bestandteile“ als Ableitung 1. Allgemeines „Natürliche Bestandteile“ sind leitende Werkstoffe, die immer in der baulichen Anlage verbleiben und nicht geändert werden. Dies können Metallfassaden, me- tallene Installationen, die Stahlkonstruktion oder das bewehrte Betonskelett einer baulichen Anlage sein. Voraussetzung für die Nutzung „natürlicher Bestand- teile“ als Ableitungseinrichtung sind folgende Bedin- gungen: 1. Die elektrische Durchgängigkeit zwischen den ver- schiedenen Teilen muss dauerhaft bestehen. 2. Die Werkstoffe der genutzten „natürlichen Bestand- teile“ müssen den elektrischen und elektrodynami- schen Einwirkungen des Blitzstroms und den vor- hersehbaren zufälligen Beanspruchungen stand- halten, ohne beschädigt zu werden. 3. Die Abmessungen müssen mindestens denen der genormten Ableitungen entsprechen. 2. Metallfassaden Die Nutzung von Metallfassaden als Ableitungsein- richtung wird durch den konstruktiven Aufbau maß- geblich beeinflusst. Die Einbindung von Metallfas- saden in den Blitzschutz muss mit dem Errichter der Metallfassade abgestimmt werden. Der Planer und / oder Errichter des Blitzschutzsystems muss sich über den konstruktiven Aufbau der Metall- fassade informieren und Ausführungsdetails mit dem Errichter der Metallfassade abstimmen. Metallfas- saden sind großen Temperaturschwankungen durch Sonneneinstrahlungen oder jahreszeitlich bedingte Temperaturen ausgesetzt, die zu großen Längenän- derungen führen können. Um die Temperatureinflüsse zu kompensieren, werden Gleitelemente vorgesehen. Zusätzlich können Kunststoffisolierungen vorgesehen werden, damit durch einzelne Elemente einer Fassade keine Geräusche entstehen. Der geringste Aufwand für eine Nutzung als Ablei- tungseinrichtung ist bei Metallfassaden gegeben, die aus Trapezblechelementen erstellt werden (Bild 1). Die kunststoffbeschichteten Trapezblechelemente haben in der Regel eine Sandwichstruktur, das heißt, zwischen zwei Trapezblechen befindet sich eine Wär- medämmung. Die einzelnen Elemente überlappen sich an den Stoßkanten und werden in Abstand von ca. 10 cm mit Blechtreibschrauben miteinander ver- schraubt. Durch die große Zahl der Verschraubungen wird eine ausreichend leitende Verbindung erreicht, so das die Trapezbleche in der Regel nur am Hochpunkt mit der Fangeinrichtung und am Tiefpunkt mit der Er- dungsanlage verbunden werden. Typisches Beispiel hierfür ist ein Lagergebäude. Die Innenschale einer „Sandwich-Fassade“ muss ebenfalls in die Blitzschutzmaßnahmen einbezogen werden. Besteht die Unterkonstruktion aus einer Stahlkon- struktion, dann werden die Trapezbleche mit der Stahl- konstruktion leitend verbunden. In diesen Fällen reicht es aus, wenn lediglich die Stahlkonstruktion am Tief- punkt geerdet wird. Typisches Beispiel hierfür ist ein Hochregallager. Bild 1: Metallfassade als Ableitungseinrichtung

Transcript of „Natürliche Bestandteile“ als Ableitung Ableitungseinrichtung/7... · Verfasser: Dipl.-Ing....

Verfasser: Dipl.-Ing. Jürgen Wettingfeld / Burkhard Fuhr Stand 06/2016

Seite 1 von 4

7.2.3

„Natürliche Bestandteile“ als Ableitung1. Allgemeines

„Natürliche Bestandteile“ sind leitende Werkstoffe, die immer in der baulichen Anlage verbleiben und nicht geändert werden. Dies können Metallfassaden, me-tallene Installationen, die Stahlkonstruktion oder das bewehrte Betonskelett einer baulichen Anlage sein.

Voraussetzung für die Nutzung „natürlicher Bestand-teile“ als Ableitungseinrichtung sind folgende Bedin-gungen:

1. Die elektrische Durchgängigkeit zwischen den ver-schiedenen Teilen muss dauerhaft bestehen.

2. Die Werkstoffe der genutzten „natürlichen Bestand-teile“ müssen den elektrischen und elektrodynami-schen Einwirkungen des Blitzstroms und den vor-hersehbaren zufälligen Beanspruchungen stand-halten, ohne beschädigt zu werden.

3. Die Abmessungen müssen mindestens denen der genormten Ableitungen entsprechen.

2. Metallfassaden

Die Nutzung von Metallfassaden als Ableitungsein- richtung wird durch den konstruktiven Aufbau maß- geblich beeinflusst. Die Einbindung von Metallfas-saden in den Blitzschutz muss mit dem Errichter der Metallfassade abgestimmt werden.

Der Planer und / oder Errichter des Blitzschutzsystems muss sich über den konstruktiven Aufbau der Metall-fassade informieren und Ausführungsdetails mit dem Errichter der Metallfassade abstimmen. Metallfas-saden sind großen Temperaturschwankungen durch Sonneneinstrahlungen oder jahreszeitlich bedingte Temperaturen ausgesetzt, die zu großen Längenän-derungen führen können. Um die Temperatureinflüsse zu kompensieren, werden Gleitelemente vorgesehen. Zusätzlich können Kunststoffisolierungen vorgesehen werden, damit durch einzelne Elemente einer Fassade keine Geräusche entstehen.

Der geringste Aufwand für eine Nutzung als Ablei-tungseinrichtung ist bei Metallfassaden gegeben, die aus Trapezblechelementen erstellt werden (Bild 1). Die kunststoffbeschichteten Trapezblechelemente haben in der Regel eine Sandwichstruktur, das heißt, zwischen zwei Trapezblechen befindet sich eine Wär-medämmung. Die einzelnen Elemente überlappen sich an den Stoßkanten und werden in Abstand von ca. 10 cm mit Blechtreibschrauben miteinander ver-schraubt. Durch die große Zahl der Verschraubungen wird eine ausreichend leitende Verbindung erreicht, so das die Trapezbleche in der Regel nur am Hochpunkt mit der Fangeinrichtung und am Tiefpunkt mit der Er- dungsanlage verbunden werden. Typisches Beispiel hierfür ist ein Lagergebäude.

Die Innenschale einer „Sandwich-Fassade“ muss ebenfalls in die Blitzschutzmaßnahmen einbezogen werden.

Besteht die Unterkonstruktion aus einer Stahlkon- struktion, dann werden die Trapezbleche mit der Stahl-konstruktion leitend verbunden. In diesen Fällen reicht es aus, wenn lediglich die Stahlkonstruktion am Tief-punkt geerdet wird. Typisches Beispiel hierfür ist ein Hochregallager.

Bild 1: Metallfassade als Ableitungseinrichtung

Verfasser: Dipl.-Ing. Jürgen Wettingfeld / Burkhard Fuhr Stand 06/2016

Seite 2 von 4

7.2.3

„Natürliche Bestandteile“ als Ableitung2. Metallfassaden- Fortsetzung

Schwieriger wird die Nutzung von Metallfassaden als Ableitungseinrichtung, wenn die Metallfassade aus einzelnen Elementen besteht.

Hierbei müssen folgende unterschiedliche Situati- onen beachtet werden:

a) Die metallenen Elemente werden direkt leitend mit der Unterkonstruktion verbunden. In diesen Fällen reicht es aus, die Metallfassade am Hochpunkt mit der Fangeinrichtung und am Tiefpunkt mit der Er-dungsanlage zu verbinden. Der Abstand der Verbin-dungen muss den Anforderungen für Ableitungen entsprechen.

b) Die metallenen Elemente werden isoliert an der Unterkonstruktion befestigt, die vertikalen Elemen-te der Unterkonstruktion sind durchgängig leitend von oben nach unten verbunden. In diesen Fällen müssen Elemente der Unterkonstruktion am Hoch-punkt mit der Fangeinrichtung und am Tiefpunkt mit der Erdungsanlage verbunden werden. Im Fall eines Blitzeinschlags kann es an einigen Stellen zu Überschlägen zwischen Unterkonstruktion und Elementen kommen, die zu Verschmorungen im Bereich der Isolierungen führen können. Um die Gefahr möglicher Beschädigungen zu reduzieren, sollten die vertikalen Elemente der Unterkonstruk-tion durch horizontale Verbindungsleitungen mit-einander verbunden werden. Der Abstand für die Erdung der Unterkonstruktion und für horizontale Verbindungsleitungen muss den Anforderungen für Ableitungen entsprechen.

c) Die metallenen Elemente werden isoliert an der Unterkonstruktion befestigt, die Unterkonstruktion besteht aus Gleitelementen und ist nicht durchgän-gig leitend von oben nach unten verbunden. In die-sen Fällen muss die Unterkonstruktion im Bereich der Dehnungselemente leitend überbrückt werden. Auch hier kann es zu Überschlägen zu den Elemen-ten kommen. Um die Gefahr möglicher Beschädi-gungen zu reduzieren, sollten die vertikalen Ele-mente der Unterkonstruktion durch horizontale Ver-bindungsleitungen miteinander verbunden werden. Der Abstand für die Erdung der Unterkonstruktion und für horizontale Verbindungsleitungen muss den Anforderungen für Ableitungen entsprechen.

d) Wenn die flexible Überbrückung der Unterkon- struktion nicht möglich ist oder nicht erlaubt wird, dann müssen Ableitungen unterhalb der Metallfas-sade verlegt werden. Die Unterkonstruktion muss dann wenigstens im unteren Bereich geerdet wer-den. Überschläge von den Ableitungen zu der Un-terkonstruktion oder zu den Metallpaneelen können nicht vermieden werden und zu Schäden an der Metallfassade führen.

e) In die Metallfassade einer baulichen Anlage kön-nen metallene Fensterelemente eingesetzt werden. Häufig werden diese Fensterelemente isoliert ein-gesetzt. Der Planer und / oder Errichter der Blitz-schutzanlage muss auf eine ordnungsgemäße Ein-bindung dieser Fensterelemente in den Blitzschutz achten.

Bild 2: Verbindung zwischen Metallfassade

Je besser die Metallfassade eines Gebäude als Ablei-tungseinrichtung genutzt wird, um so weniger müssen Näherungen und Sicherheitsabstände beachtet wer-den. Durch die hohe Zahl der parallelen Stromwege wird der Spannungsfall in der Ableitungseinrichtung und damit die elektromagnetische Beeinflussung in das Innere der baulichen Anlagen verringert.

Verfasser: Dipl.-Ing. Jürgen Wettingfeld / Burkhard Fuhr Stand 06/2016

Seite 3 von 4

7.2.3

„Natürliche Bestandteile“ als Ableitung3. Stahlkonstruktionen

Stahlkonstruktionen kommen überwiegend in Indu-strieanlagen zum Einsatz. Je nach Umgebungsbe-dingungen haben Stahlkonstruktionen einen Korrosi-onsschutz aus Feuerverzinkung und/oder einen mehr-schichtigen Schutzanstrich.

Bild 3: Stahlkonstruktion einer Industrieanlage

Die Nutzung einer verzinkten Stahlkonstruktion ist un-problematisch. Die Stahlstützen im Außen- und Innen-bereich müssen geerdet werden. Der möglicherweise größere Aufwand für die Erdung der Stahlkonstruktion wird durch den geringeren Aufwand für Potentialaus-gleichsmaßnahmen kompensiert, die Schirmwirkung gegen elektromagnetische Störimpulse wird wesent-lich erhöht.

Hat die Stahlkonstruktion einen Schutzanstrich, der z. B. durch ein Tauchbadverfahren erstellt wurde, dann können die einzelnen Elemente der Stahlkon-struktion voneinander isoliert sein. Der Schutzanstrich kann unter Umständen so stark sein, dass auch durch Schraubverbindungen keine leitende Verbindungen entstehen. Im Falle eines Blitzeinschlags kann es dann im Bereich der Stoßstellen zu kleineren Funken-überschlägen und Verschmorungen kommen. Ein kon-struktive oder korrodierende Beeinträchtigung ist hier-bei meistens nicht gegeben. Bestehen in diesen Fällen aber Bedenken, so können zusätzliche Überbrückun-gen die Gefahr von Funkenüberschlägen minimieren, aber nicht gänzlich ausschließen.

4. Stahlbetonkonstruktionen

Bewehrte Betonstützen oder -wände können auf zwei Arten als Ableitungseinrichtung genutzt werden:

a) In die Bewehrung wird ein zusätzlicher Leiter ein-gezogen. Der Leiter, in der Regel Flachband 30 * 3,5 mm oder Rundstahl 10 mm, wird so eingebaut, dass eine durchgängige stromtragfähige Verbin-dung zwischen Fangeinrichtung und Erdungsanla-ge gegeben ist. Zusätzlich sollte der Leiter mit der Bewehrung im Abstand von 2-3 Metern verklemmt werden. Mit diesen Maßnahmen wird sichergestellt, dass die Bewehrung als Ableitungseinrichtung mit-genutzt wird und für die Ableitung des Blitzstroms möglichst viele parallele Strompfade zur Verfügung stehen.

b) In der Bewehrung werden Bewehrungsstäbe fest-gelegt, die an den Stoßstellen stromtragfähig mit-einander verbunden werden müssen. Die Verbin-dung kann mit Klemmen oder durch Schweißung erfolgen. Schweißungen an Bewehrungen müssen allerdings im Vorfeld vom verantwortlichen Prüfsta-tiker genehmigt werden und dürfen nur von Fach-kräften mit entsprechender Ausbildung und gültigem Schweißnachweis ausgeführt werden. Der Beweh-rungsstab muss durch den Planer im Bewehrungs-plan besonders gekennzeichnet werden. Weiterhin sollte dieser Bewehrungsstab mit Abstand von 2-3 Metern mit weiteren Bewehrungseisen stromtragfä-hig verklemmt werden, damit für die Ableitung des Blitzstroms möglichst viele parallele Strompfade vorhanden sind. Der Aufwand, der für diese Art der Erstellung einer Ableitungsanlage erforderlich ist, lässt sich im allgemeinen bei der üblichen Hektik des Baugeschehens nicht mit der erforderlichen Sorgfalt realisieren. Der Überwachungsaufwand ist bei dieser Art der Ausführung erheblich größer.

Bei Stahlbetongebäuden sollten Ableitungen immer im Beton verlegt werden. Die Gesamtimpedanz derarti-ger Ableitungseinrichtungen ist sehr niedrig und stellt einen wirkungsvollen Blitzschutz für die innere Instal-lation dar.

Verfasser: Dipl.-Ing. Jürgen Wettingfeld / Burkhard Fuhr Stand 06/2016

Seite 4 von 4

7.2.3

„Natürliche Bestandteile“ als Ableitung5. Nutzung von Fertigbetonstützen und Metallfassaden als Ableitung

Fertigbetonstützen können gut als Ableitungen ge- nutzt werden. Da nicht in allen Stützen Ableitungen verlegt werden müssen, muss der Planer im Vorfeld der Planung festlegen, in welche Stützen Ableitungen einzubauen sind. Voraussetzung für die dauerhafte Nutzung ist die korrosionsbeständige Ausführung der Anschlussfahnen (z. B. Anschlussfahnen aus V4A, Werkstoff -Nr. 1.4571). Als Alternative zu den An-schlussfahnen können auch Erdungsfestpunkte mit einer Anschlussplatte aus Edelstahl zum Einsatz kom-men.

Wird vor die Stahlbetonstützen eine Metallfassade montiert, dann muss die Metallfassade am Hoch- und Tiefpunkt mit dem Blitzschutzsystem verbunden wer-den. Falls die Verbindung am Tiefpunkt der Metallfas-sade unterbleibt, kann es im unteren Bereich zu Fun-kenüberschlägen kommen, die zu einer Schädigung der Betonkonstruktion führen kann. Darüber hinaus kann eine Personengefährdung nicht ausgeschlossen werden.

Bild 4: Nutzung von Fertigbetonstützen und Metallfas-saden als Ableitungsanlage

Bild 5: Fertigbetonstütze, Anschlussfahne unten, Runddraht 10 mm, V 4A, Werkstoff -Nr. 1.4571

Bild 6: Fertigbetonstütze, Anschlussfahne oben, Rund-draht 10 mm, V 4A, Werkstoff -Nr. 1.4571

Bild 7: Metallfassade, Anschlussfahne Fertigbeton-stütze, Runddraht 10 mm, V 4A, Werkstoff -Nr.1.4571, Anschlussfahne Fundamenterder, Flachband30x3,5 mm, V4A Werkstoff -Nr. 1.4571