Natürliche Laboratorien der Biogeographie Inseln: Ursprung ... · Kontinenten eine große Rolle...

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riensis. Direkt daneben wächst ein kleines knorriges Bäumchen. Auch wenn es ganz anders aussieht – es ist ebenfalls eine Wolfsmilch, nämlich Euphorbia lamar- ckii. Nicht weit entfernt steht ein ganz ähnliches, aber stammsukkulentes Bäumchen, ein sehr skurriler Korb- blütler, Kleinia neriifolia (Abbildung 2d). Diese Bei- spiele zeigen eindrücklich, dass einerseits in derselben Gattung unterschiedliche ökologische Strategien und morphologische Anpassungen entwickelt wurden und andererseits aus sehr unterschiedlichen Verwandt- schaftskreisen ähnliche bis konvergente Lebensformen evoluierten. Die Theorie der Inselbiogeographie Aus der fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen dem Entomologen Edward Wilson und dem mathematisch- quantitativ orientierten Ökologen Robert MacArthur entwickelte sich in den 1960er Jahren die einflussrei- che Theorie der Inselbiogeographie [8]. Diese bezieht sich zunächst auf den Einfluss von Flächengröße und Entfernung zwischen Lebensräumen auf die Artenzahl eines Gebietes und hatte von Beginn an zum Ziel, auch auf festländische Lebensräume übertragen zu werden. Inseln sind faszinierende Spielwiesen der Evolution. Deshalb setzen sich Biologen und Geografen schon seit Langem mit den Lebens-Phänomenen auf ihnen auseinander. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Theorien der Inselbiogeographie und zeigt typische Evolutionsphänomene am Beispiel der Kanaren (Abbildung 1) und der Robinson Crusoe-Insel vor Chile auf, diskutiert den Bei- trag genetischer Untersuchungen zum Ver- ständnis dieser Phänomene und verdeutlicht abschließend, dass die Inselbiogeographie für verschiedene Aspekte der Ökologie und auch der Naturschutzbiologie von Relevanz ist. Natürliche Laboratorien der Biogeographie Inseln: Ursprung der Vielfalt C ARL B EIERKUHNLEIN I NGO HAHN A NKE J ENTSCH T HOMAS S CHMITT DOI:10.1002/biuz.201110464 384 | Biol. Unserer Zeit | 6/2011 (41) © 2011 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Online-Ausgabe unter: wileyonlinelibrary.com D er Blick geht am verholzten Stamm fast 3 m nach oben,der Blütenstand misst über einen halben Me- ter, aber bei der baumähnlichen Pflanze, die an steilen Flanken auf der Insel La Palma gedeiht, handelt es sich wirklich um einen Korbblütler der Gattung Sonchus, und zwar um Sonchus palmensis (Abbildung 2a). Bei uns in Deutschland schaffen es ihre krautigen Ver- wandten maximal auf einen halben Meter Wuchshöhe. Tiefer in den dunklen Schluchten des vor Feuchtig- keit triefenden kanarischen Lorbeerwaldes (Abbildung 2b), steht neben den riesigen bis zu 2,5 m langen Farn- wedeln des Tertiärreliktes Woodwardia radicans (Ab- bildung 2c) auch der vertraute Efeu (Hedera helix). Aber die hier vertretene Subspezies,welcher teils sogar Artstatus (Hedera canariensis) zugestanden wird, hat gigantische Blätter mit über 20 cm Durchmesser ent- wickelt. Groß zu werden ist auf einer solchen Insel ganz offensichtlich von Vorteil. Standortwechsel: Nur gut zehn Kilometer Luftlinie von diesem Lorbeerwald entfernt befinden sich Tro- ckenhänge, fast eine Halbwüste. Einer der Hänge steht voll mit Pflanzen, die aussehen wie Kakteen, aber es sind Wolfsmilchgewächse der Art Euphorbia cana- ABB. 1 Die Cal- dera des Cumbre Nueva auf der Kanareninsel La Palma. Die sich typischerweise bildende Passat- wolke hat sich in den Krater gedrückt.

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riensis. Direkt daneben wächst ein kleines knorrigesBäumchen. Auch wenn es ganz anders aussieht – es istebenfalls eine Wolfsmilch, nämlich Euphorbia lamar-ckii. Nicht weit entfernt steht ein ganz ähnliches, aberstammsukkulentes Bäumchen, ein sehr skurriler Korb-blütler, Kleinia neriifolia (Abbildung 2d). Diese Bei-spiele zeigen eindrücklich, dass einerseits in derselbenGattung unterschiedliche ökologische Strategien undmorphologische Anpassungen entwickelt wurden undandererseits aus sehr unterschiedlichen Verwandt-schaftskreisen ähnliche bis konvergente Lebensformenevoluierten.

Die Theorie der InselbiogeographieAus der fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen demEntomologen Edward Wilson und dem mathematisch-quantitativ orientierten Ökologen Robert MacArthurentwickelte sich in den 1960er Jahren die einflussrei-che Theorie der Inselbiogeographie [8]. Diese beziehtsich zunächst auf den Einfluss von Flächengröße undEntfernung zwischen Lebensräumen auf die Artenzahleines Gebietes und hatte von Beginn an zum Ziel, auchauf festländische Lebensräume übertragen zu werden.

Inseln sind faszinierende Spielwiesen derEvolution. Deshalb setzen sich Biologen und Geografen schon seit Langem mit denLebens-Phänomenen auf ihnen auseinander.Dieser Artikel gibt einen Überblick über dieTheorien der Inselbiogeographie und zeigttypische Evolutionsphänomene am Beispielder Kanaren (Abbildung 1) und der RobinsonCrusoe-Insel vor Chile auf, diskutiert den Bei-trag genetischer Untersuchungen zum Ver-ständnis dieser Phänomene und verdeutlichtabschließend, dass die Inselbiogeographie fürverschiedene Aspekte der Ökologie und auchder Naturschutzbiologie von Relevanz ist.

Natürliche Laboratorien der Biogeographie

Inseln: Ursprung der VielfaltCARL BEIERKUHNLEIN ⏐ INGO HAHN ⏐ ANKE JENTSCH ⏐ THOMAS SCHMIT T

DOI:10.1002/biuz.201110464

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Der Blick geht am verholzten Stamm fast 3 m nachoben,der Blütenstand misst über einen halben Me-

ter, aber bei der baumähnlichen Pflanze, die an steilenFlanken auf der Insel La Palma gedeiht, handelt es sichwirklich um einen Korbblütler der Gattung Sonchus,und zwar um Sonchus palmensis (Abbildung 2a). Beiuns in Deutschland schaffen es ihre krautigen Ver-wandten maximal auf einen halben Meter Wuchshöhe.

Tiefer in den dunklen Schluchten des vor Feuchtig-keit triefenden kanarischen Lorbeerwaldes (Abbildung2b), steht neben den riesigen bis zu 2,5 m langen Farn-wedeln des Tertiärreliktes Woodwardia radicans (Ab-bildung 2c) auch der vertraute Efeu (Hedera helix).Aber die hier vertretene Subspezies,welcher teils sogarArtstatus (Hedera canariensis) zugestanden wird, hatgigantische Blätter mit über 20 cm Durchmesser ent-wickelt. Groß zu werden ist auf einer solchen Inselganz offensichtlich von Vorteil.

Standortwechsel: Nur gut zehn Kilometer Luftlinievon diesem Lorbeerwald entfernt befinden sich Tro-ckenhänge, fast eine Halbwüste. Einer der Hänge stehtvoll mit Pflanzen, die aussehen wie Kakteen, aber essind Wolfsmilchgewächse der Art Euphorbia cana-

A B B . 1 Die Cal-dera des CumbreNueva auf derKanareninsel LaPalma. Die sichtypischerweisebildende Passat-wolke hat sich in den Kratergedrückt.

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Zur Ermittlung der potenziellen Artenzahl einer ech-ten Insel werden nicht direkte Prozesse, sondern Ra-ten angewandt. Die Einwanderungsrate, also die Zahlankommender Arten pro Zeiteinheit, nimmt theore-tisch mit zunehmender Artenzahl ab, weil entspre-chende ökologische Nischen mehr und mehr gesättigtbeziehungsweise besetzt sind. Die Aussterberate, alsodie Zahl der Arten, die einer Insel pro Zeiteinheit ver-loren geht, nimmt dagegen mit der Gesamtartenzahlzu, weil die Ressourcen limitiert sind und eine höhereArtenzahl zwangsläufig zu geringeren Populationsgrö-ßen der einzelnen Arten führen muss. Sekundär wirddie Einwanderungsrate durch die Entfernung zu einemKontinent (also der Quelle) beeinflusst, die Aussterbe-rate jedoch durch die Flächengröße der Insel (Abbil-dung 3).

Dieses Konzept forderte gerade dazu auf, überprüftund weiterentwickelt zu werden (s. a. [15]). Immigrati-onsraten können auch durch die Größe einer Insel(„Target Area Effect“) beeinflusst werden, und die Ex-tinktion wird ebenfalls durch die Entfernung zu einerQuelle modifiziert, wenn von dort von derselben Artimmer wieder Individuen nachkommen und dadurchdas Erlöschen einer Inselpopulation, die sonst nichtüberlebensfähig wäre, verhindert wird („Rescue Ef-fect“). Diese Gedanken führten letztlich auch zur Ent-wicklung der Metapopulationstheorie, die im Natur-schutz eine große Bedeutung besitzt.

Die Verfügbarkeit einer so expliziten theoretischenAnnahme stimulierte folglich sowohl die Grundlagen-forschung als auch die Naturschutzpraxis. ModerneGroßschutzgebiete – wie Nationalparks und Biosphä-renreservate – sowie der nationale Biotopverbund ba-sieren wesentlich auf dieser Theorie: Die Theorie derInselbiogeographie lässt sich im Prinzip auf alle Artenvon „Inseln“ anwenden, seien dies Habitatinseln, diedurch die menschliche Zerstörung ehemals zusam-menhängender Lebensräume entstanden sind oder na-türliche Isolate wie Oasen in der Wüste oder Gebirgs-stöcke in der Ebene. Auch zeichnen sich die inselbio-geographischen Muster sehr deutlich in der Verteilungvon Artenzahlen und Endemitenzentren von Schmet-terlingen in den Hochgebirgen Europas ab [13].

Das Konzept von MacArthur & Wilson [8] darf nichtallgemein mit Inselbiogeographie gleichgesetzt wer-den. Das Konzept ist aktualistisch und hypothetisch,denn einerseits werden evolutive Prozesse ignoriertund andererseits geht es um eine Gleichgewichtsarten-zahl, die keineswegs erreicht werden muss. Auch dasRelief beziehungsweise die interne Heterogenität vonInseln wird nicht ausreichend berücksichtigt: auf einerSeychelleninsel mit Felsen und Hügeln wird man mehrArten antreffen als auf einer Malediveninsel, deren san-diger Körper sich nur wenige Meter über das Meer er-hebt,auch wenn beide gleich groß und gleich weit vonder nächsten Besiedlungsquelle entfernt liegen sollten.

Das Klima wird ebenfalls nicht ausreichend beachtet,doch offensichtlich werden auf Jan Mayen in der Grön-landsee weniger Arten zu erwarten sein als beispiels-weise auf St. Helena knapp 2000 km vor der Küste An-golas. Schließlich spielt die Richtung von Vektoren indiesem theoretischen Ansatz keine Rolle, sondern nurdie direkte Entfernung zu einer Quelle beziehungs-weise zu einem Kontinent. Meeresströmungen verlau-fen aber meist nicht geradlinig vom Festland auf eineInsel zu. Durch den Golfstrom beispielsweise werdenaber Diasporen über sehr große Entfernungen trans-portiert und erreichen so Gebiete fernab der Freiset-zung dieser Ausbreitungseinheiten (Abbildung 4a). DieFunktionalität von Vektoren, also welche Arten in wel-cher Weise transportiert werden, erfährt ebenfallskeine Berücksichtigung.

Bei all diesen Einschränkungen soll aber der Erfolgdes Konzeptes gerade wegen seiner Einfachheit nichtin den Hintergrund treten.Theorien müssen eben ge-rade dies leisten: zu abstrahieren und zu vereinfachen,um allgemein gültige Prinzipien zu ergründen und zuhinterfragen. Inseln eignen sich hierfür in besondererWeise.

Gigantismus und Nanismus – von Riesen und Zwergen

Arten, die auf eine Insel gelangen, finden dort beson-dere Lebensbedingungen vor. Biotische Wechselwir-kungen wie Konkurrenz oder Prädation, die auf den

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A B B . 2 Die Anpassung und Skurrilität der Lebensformen auf den Kanaren istimmens. a) Sonchus palmensis, ein verholzter Korbblütler, der auf La Palma en-demisch ist. b) Der kanarische Lorbeerwald weist viele Tertiärrelikte auf, wie c) den riesenwüchsigen Farn Woodwardia radicans. d) Der Korbblütler Kleinianeriifolia (links) und das Wolfsmilchgewächs Euphorbia lamarckii haben völligunabhängig voneinander sehr ähnliche Lebensformen entwickelt.

a) b)

c) d)

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Kontinenten eine große Rolle spielen,werden wenigerbedeutsam, aber der begrenzte Raum und die oft gege-bene klimatische Konstanz bringen neue Einschrän-kungen und Möglichkeiten mit sich.

Ein limitierter Raum bedeutet für viele Organis-men ein eingeschränktes Angebot an Ressourcen.Nährstoffe sind zumeist limitiert, weil die Inseln nochsehr jung und ihre Gesteine noch wenig verwittertsind. Später sind Nährstoffe oft durch das Fehlen an-stehenden Gesteins limitiert. Raum begrenzt auch dieEntwicklung von Biomasse und damit von Nahrungfür Konsumenten und Destruenten. Eine solche Limi-tierung ist bei kleinen Arten weniger bedeutsam alsbei größeren, da erstere auch auf kleinem Raum aus-reichend große Populationen aufbauen können. Fehltjedoch zusätzlich die Kontrolle durch Prädatoren undist die Umwelt durch Konstanz geprägt, dann zeigenkleinere Organismen auf Inseln häufig die Tendenz,sich zu größeren Individuen hin zu entwickeln (Ab-bildung 4b).

Insgesamt größere Organismen hingegen werden,um noch hinreichend große Populationen überhauptausbilden und damit ein genetisches Spektrum beibe-halten zu können, eher hin zu kleineren Individuen se-lektiert. Ein Beispiel sind die ausgestorbenen, kaumüber 1 m großen Zwergelefanten der Mittelmeer-In-seln. Bis vor wenigen tausend Jahren fand sich auf na-hezu jeder größeren Insel eine eigene endemische Ele-fantenart. Datierungen belegen ihr Überleben bis etwa2400 v. Chr.

Die ausgestorbenen Moas Neuseelands, flugunfä-hige herbivore Vögel, die mit etwa 15 Arten bis in his-torische Zeit hinein vorkamen, zeigten allerdings, ähn-lich wie die madegassischen Elefantenvögel der Gat-tungen Aepyornis und Mullerornis, die den Elefantenentgegengesetzte Tendenz zum Gigantismus. Hier wares vor allem das Fehlen von Raubtieren auf diesen ver-gleichsweise großen Inseln, welches aller Wahrschein-lichkeit nach das Größenwachstum förderte.

Ökologie ozeanischer InselnInseln entstehen und vergehen. Ein Charakteristikumvieler Inseln ist ihre vulkanische Genese (Abbildung5a),die sich aus der Lage auf der ozeanischen Kruste er-

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Nach der Inseltheorie von MacArthur & Wilson [8]lässt sich für die Organismen einer Insel die Immigrati-onsrate in Abhängigkeit von der Entfernung zu einemKontinent (Besiedlungsquelle) sowie die Extinktions-rate in Abhängigkeit von der Größe der Insel (und derMindestgröße überlebensfähiger Populationen alsFunktion der Ressourcenverfügbarkeit) ermitteln (aus [1]).

ABB. 3

Caesalpinia bonducDioclea reflexaEntada gigasMerremia discoidespermaMucuna sloaneiSacoglottis amazonicaCocos nucifera

a) Funde verdrifteter exotischer Diasporen an der iri-schen Küste: Caesalpinia bonduc, Fabaceae (Molukken-bohne, Gray Nickernut), Dioclea reflexa, Fabaceae (SeaPurse), Entada gigas, Fabaceae (Riesenhülse, SeaHeart), Merremia discoidesperma, Convolvulaceae(Mary’s Bean), Mucuna sloanei, Fabaceae (Grand Isle’sHamburger Bean), Sacoglottis amazonica, Humiriaceae(Bubblenut), Cocos nucifera, Palmae (Kokosnuss) [1].

b) Kleine Arten tendieren auf Inseln eher dazu, größerzu werden, größere Arten eher zu kleineren Indivi-duen. Allerdings ist Gigantismus im engeren Sinn eineKonsequenz des Fehlens von Prädatoren und kanndann auch größere herbivore Arten betreffen. Ver-zwergung ist in erster Linie auf Ressourcenlimitierungzurückzuführen. Bären (Ursidae), als anpassungs-fähige Allesfresser ohne Feinde auf Inseln zeigen keineAntwort [1].

ABB. 4

BeuteltiereInsektenfresserNagetiereHasenartigeRaubtierePaarhufer

1g 100g 10 kg 1000 kg

150

125

100

75

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gibt. Sie bestehen vorwiegend aus undifferenziertemBasalt. Solche Inseln scheinen nach erdgeschichtlichenMaßstäben relativ jung, da es um Altersangaben vonmaximal 200 Millionen Jahren geht. Die ältesten Berei-che ozeanischer Kruste erreichen nur wenige hundertMillionen Jahre, während kontinentale Kruste mit ei-nem Alter von mehr als drei Milliarden Jahren erhaltenist.

Nicht mehr bestehende ozeanische Inseln könnenzwar nicht untersucht werden,doch erkennen wir hie-rin ein Prinzip,welches lange übersehen wurde:Als Le-bensräume,die in dieser Art schon seit Langem und im-mer wieder verfügbar waren, haben Inseln eine großeKontinuität.Wir können davon ausgehen,dass Inseln imVerlauf der gesamten Entwicklung der Organismeneine wichtige Rolle spielten. Auf der Grundlage derheute zu erkennenden Prozesse, die sich aus der Isola-tion, jungen individuellen Entstehungszeiten und ge-ringen Nischensättigungen etc. ergeben, können wirdie Bedeutung von Insellebensräumen nur erahnen. Si-cherlich haben sich einige Taxa, die wir heute auf Kon-tinenten antreffen, ursprünglich auf Inseln entwickelt,die es schon lange nicht mehr gibt. Die Inselbiogeogra-phie befasst sich daher mit Phänomenen, welche weitüber die jeweils betrachtete einzelne Insel hinaus rei-chen und von grundlegender Bedeutung sind.

Auch wenn sie an Zahl und Fläche keineswegs vor-herrschen, so repräsentieren die meist relativ jungenVulkaninseln der Ozeane einen zentralen Typus von In-seln (Abbildung 5b). Sie zeigen in Abhängigkeit ihresAlters und der Lage in einer Klimazone spezifische Ent-wicklungsphasen, die mit Relief- und Bodenbildungverbunden sind. Einer aufbauenden Phase, in welcherbemerkenswerte Höhen erreicht werden können, folgtnach Erlöschen der vulkanischen Aktivität der durchErosions- und Zerfallsprozesse (beispielsweise Flanken-Abrutschungen) bestimmte Abbau. Dieser führt letzt-endlich zu Seamounts, Guyots etc. oder im tropischenMilieu zu Korallenriffen, die zunächst als Saumriff dievulkanische Insel umgeben (beispielsweise Bora Bora)oder letztendlich allein verbleiben und an eine ehema-lige Insel erinnern.

Von großer biogeographischer Bedeutung sindauch die auf dem kontinentalen Schelf gelegenen In-seln, mit dem indo-malayischen Archipel als prominen-testem Beispiel. Solche Inselgruppen sind relevant fürdie Evolution und die Entwicklung der Biodiversität, je-doch sind hier weniger vulkanische Prozesse vorherr-schend als vielmehr Meeresspiegelschwankungen wäh-rend des Pleistozäns, die zu sich abwechselnden Zu-sammenschlüssen und Verinselungen führten.

Das Meer zwischen Borneo und anderen Inseln istgrößtenteils nur 50 m tief; der Meeresspiegel währendder Eiszeiten lag um 120 bis 160 m unter dem heutigenNiveau. Folglich waren viele Inseln über lange Zeitenund bis vor relativ kurzem keineswegs Inseln, sondern

gebirgige Teile von Kontinenten. Dies erklärt das Vor-kommen von Großsäugern wie Nashörnern und Ti-gern,die erst im frühen Holozän isolierte Populationendarstellen.

Auf Inseln lassen sich vielfältige Anpassungen andie besonderen Gegebenheiten beobachten. Flugunfä-hige Vögel (und Insekten) sind vor allem auf größerenInseln wie Neuseeland oder Madagaskar bedeutsam.Beim Fehlen spezifischer Bestäuber besteht die Ten-denz, Blütenfarben zu vernachlässigen.Vor allem in In-selgruppen können sich aus einer ankommenden Art-population, gefiltert durch deren begrenztes Spektrumbezüglich der gesamten Art (Founder Effect, [9]), neueArten entwickeln. Der stark begrenzte Austausch zwi-schen benachbarten Inseln fördert die Isolation neuerTaxa.

Galapagos und Ternate – die Stimulation der Evolutionstheorie auf Inseln

Genau diese Prozesse waren, auch wenn sie in derMitte des 19. Jahrhunderts funktionell noch nicht ver-standen wurden,entscheidend für die Ideen von AlfredRussel Wallace und Charles Darwin.

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A B B . 5 a) Durch die dunkle Farbe hebt sich ein relativ junger und noch fastunbesiedelter Lavastrom auf Teneriffa von seiner Umgebung ab. Solche Störun-gen setzen die Sukzession immer wieder auf Null und ermöglichen so die Ko-existenz unterschiedlicher Arten auf kleinem Raum. b) Beeindruckend erhebtsich der Vulkankegel des Teide (3701 m) über dem großflächigen und natürli-cherweise monotonen Kanarenkiefernwald auf Teneriffa. Es gehört zu denEigentümlichkeiten ozeanischer Inseln, dass immer wieder vulkanische Hoch-gebirge entstehen. c) Der Passatwind türmt an den Nordostflanken der gebir-gigen Kanareninseln konstante Wolken auf, deren Niederschläge die Voraus-setzung für das dort üppige Pflanzen- und Tierleben darstellen. d) Die Kanaren-kiefern (Pinus canariensis) „kämmen“ mit ihren bis zu 30 cm langen NadelnFeuchtigkeit aus der Passatwolke, welche dann zu Boden tropft und einenwesentlichen Beitrag zur Wasserversorgung der Kanarischen Inseln bildet.

a) b)

c) d)

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Wallace sammelte in den Jahren 1854 bis 1862 imindo-malayischen Archipel Tiere und Pflanzen. SeitJahren stand er mit Darwin aus naturforschendemInteresse heraus in Briefkontakt. Als er sich im März1858 auf der kleinen Insel Ternate von einer Malaria-attacke erholen musste, erinnerte er sich an Malthus’Ideen vom Kampf um die Existenz. Er verband dieseGedanken mit seinen Beobachtungen in der südasiati-schen Inselwelt und in nur drei Tagen schrieb er aufwenigen Seiten ein Manuskript („Ternate Manu-skript“) in welchem er die wesentlichen Züge derEvolutionstheorie skizzierte, welches er an Darwinschickte.

Darwin schrieb später, Wallace habe ein „perfectabstract“ zu seinem Buch, an dem er schon seit Jahrenim Stillen arbeitete, geschrieben. Charles Lyell sorgtezusammen mit Joseph Dalton Hooker dafür, dass es zu-sammen mit einem kurzen Beitrag Darwins vor der Lin-nean Society am 1. Juli 1858 in Abwesenheit beider Au-toren gelesen wurde.Die entstehende gemeinsame Ver-

öffentlichung „On the Tendency of Species to form Va-rieties;and on the Perpetuation of Varieties and Speciesby Natural Means of Selection“ war somit noch vor derDrucklegung von Darwins Buch die erste Publikationzur Evolutionstheorie.

Häufig wird ein enger Bezug zwischen der Ent-wicklung der Evolutionstheorie und den Galapagos-In-seln hergestellt. Dieser ist aber wohl weit weniger ge-rechtfertigt als meist angenommen wird.Die äquatoria-len Galapagos-Inseln sind tatsächlich ein natürlichesLabor der Evolution. Flugunfähige Kormorane, verdrif-tete Pinguine, gigantische Landschildkröten, skurrileMeerechsen und anderes mehr stehen stellvertretendfür die eigenständige Entwicklung von Arten auf In-seln.Vor allem aber werden immer wieder die Darwin-finken als ein Muster der Artbildung und der adaptivenRadiation angeführt. Darwin wird jedoch die auf dieseArtengruppe wirkenden Prozesse vor Ort kaum er-kannt haben, auch wenn er 31 erlegte Finken mit nachEngland brachte. Die Bälge waren mangelhaft beschrif-tet und konnten nicht bestimmten Inseln zugeordnetwerden. Die Beschreibung dieser Arten erfolgte durchJohn Gould in England. Eigentlich haben die Darwin-finken, die diesen Trivialnamen erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch Percy Roycroft Lowe erhielten,deshalb nicht sehr viel mit der Entwicklung der Evolu-tionstheorie zu tun, auch wenn sie dies durchaus hät-ten tun können [12].

Die Kanarischen InselnAls Alexander von Humboldt auf seinem Weg nach Süd-amerika zusammen mit Bonpland 1799 in Santa Cruzde Tenerife eine Woche Station machte, erfüllte er sichden lange gehegten Wunsch, mehr über die Vegetationund Landschaften dieser Inseln zu erfahren. Er machteausgedehnte Touren in die Berge und schrieb nicht nurüber einzelne besonders auffallende Arten, wie denDrachenbaum (Dracaena drago, Abbildung 6a), son-dern erfasste auch die Regelhaftigkeiten in der räumli-chen Organisation von Höhenstufen und deren Beein-flussung durch die spezifischen klimatischen Gegeben-heiten.

Einige Jahre später lag im Januar 1832 Charles Dar-win mit der Beagle ebenfalls im Hafen von Santa Cruzde Tenerife. Doch er hatte Pech. Aufgrund einer Cho-lera-Epidemie durfte er das Schiff nicht verlassen. DenTeide (Abbildung 5b) vor Augen musste es viel Beherr-schung von einem Naturforscher verlangen,diese Inselnicht zu betreten.Er hatte Humboldts Schriften gelesenund wollte unbedingt die Drachenbäume und andereBesonderheiten der Kanaren sehen (Abbildung 6). Si-cherlich wären ihm bei einem Landgang sofort die ver-holzenden Vertreter von Familien aufgefallen (Abbil-dung 6d), die er aus persönlicher Anschauung nur alskrautige Pflanzen kannte.Auch die Vielfalt der Aeonien,Echien und Euphorbien (Abbildung 6e, f) mit ihren un-

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A B B . 6 Auf den Kanaren haben sich zahlreiche endemische Pflanzen- und Tier-arten entwickelt. a) Der Drachenbaum Dracena drago, b) das Kanaren-Wald-brettspiel Pararge xiphioides, c) der Korbblütler Pericallis papyracea, d) diebaumförmige Winde Convolvulus floridus, e) das Dickblattgewächs Aeoniumdavidbramwellii sowie f) der verholzte Natternkopf Echium gentianoides.

a) b)

c) d)

e) f)

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terschiedlichen Anpassungen an bestimmte Umwelt-bedingungen hätte seinen sensiblen Geist sicherlichangeregt. Jedenfalls wäre es für Darwin eher auf denKanarischen Inseln wahrscheinlich gewesen, die evo-lutiven Prozesse zu erkennen, als auf den vegetations-ärmeren Galapagos-Inseln.

Aufgrund der relativ südlichen Lage in Verbindungmit einem kühlenden Meeresstrom und verstärkt durchden Passatwindeinfluss (Abbildung 5c, d), haben sichdie Kanaren zu einem „Melting Pot“ unterschiedlicherHerkünfte von Organismen entwickelt. Ihre Kategori-sierung zusammen mit Madeira, den Azoren und Kap-verden zur makaronesischen Region ist daher umstrit-ten. Es finden sich beispielsweise Elemente der nördli-chen Hemisphäre (der Holarktis), insbesondere desMittelmeergebietes, neben solchen Afrikas (als Teil derPaläotropis).

Obwohl nur wenige hundert Kilometer entfernt,kann die benachbarte Sahara unter den heutigen kli-matischen Gegebenheiten nur wenigen Arten der Ka-naren eine Heimstatt bieten. Im Umkehrschluss istnicht zu erwarten, dass eine intensive Besiedlung derKanaren von dort erfolgen könnte. In der Vergangen-heit war dies durchaus anders. Noch vor 6000 Jahrenwaren weite Teile der heutigen Wüsten Nordafrikaseher savannenartige Ökosysteme. Allerdings erklärenauch diese Savannen nicht das Vorkommen von Relik-ten einer feuchtwarmen tertiären Flora auf den Kana-ren. Dies kann nur, wie oben in der Theorie erörtert,über inzwischen zu Seamounts und Guyots erodierteehemalige Inseln geschehen sein, die sich nordöstlichdes heutigen Archipels befinden. Diese heute versun-kenen Inseln müssen, mit ähnlichen Gegebenheitenwie wir sie heute finden, folglich schon vor sehr langerZeit existiert und ein Rückzugsgebiet der ehemaligenTethysflora verkörpert haben.

Die Robinson Crusoe-Insel: Einsiedelei im Pazifik

Noch isolierter liegt die Robinson Crusoe-Insel im Süd-ostpazifik,denn nicht nur ihre kleine Fläche,große Ent-fernung zu Südamerika, der trennende Humboldt-Strom und die westlichen Winde separieren sie im bio-geographischen Sinne, sondern auch der Mensch griffnur in Maßen ein: Sie gehört zu den wenigen Eilanden,die von Menschenhand erst spät berührt und bis heutespärlich besiedelt wurden.

Alexander Selkirk wurde im Jahr 1704 auf der Inselausgesetzt und so zum Vorbild für Defoes Roman „Ro-binson Crusoe“. Er setzte alles daran, die Insel wiederzu verlassen, ganz im Gegensatz zum Juan Fernandez-Kolibri (Sephanoides fernandensis, Abbildung 7a) derseit Jahrmillionen auf dem Eiland ausharrt.

Vielleicht konnte dies nur solch einem Sonderlingvon Vogel glücken: er repräsentiert unter den Kolibrisdiejenige Art, die geographisch am weitesten entferntvom neotropischen Herkunftsfestland der Familie be-ziehungsweise der nächsten Kolibripopulation lebt.Auch zeigt er den stärksten Geschlechtsdimorphismusder mehr als 330 Kolibriarten (Abbildung 7b). Bei sei-ner wissenschaftlichen Beschreibung im Jahr 1830ging King sogar von zwei Arten aus – ein taxonomi-scher Irrtum, der erst etliche Jahre später korrigiertwurde, als beide „Arten“ bei der Paarung beobachtetwerden konnten.

Dieser außergewöhnliche Vogel musste Außerge-wöhnliches leisten um zu überleben, denn die Robin-son Crusoe-Insel ist möglicherweise jünger als der Ko-libri selbst. Belegt ist solch eine zeitliche Diskrepanzbereits für einige der auf der Insel vorkommenden Kä-fer und Pflanzen [11]. Und richtig, im Osten liegt tat-sächlich unter dem Meeresspiegel der Überrest einerehemaligen Insel,welche vermutlich als vorherige Sied-

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a) b) c)

A B B . 7 Die Robinson Crusoe Insel. a) Ein Männchen des Juan Fernandez-Kolibris (Sephanoides fernandensis) saugt Nektaran dem endemischen verholzten Korbblütler Dendroseris litoralis auf der Robinson Crusoe-Insel. Um Energie zu sparen,halten sich die Vögel bei der Nahrungsaufnahme an der Blüte fest und fliegen nicht, wie es die anderen südamerikani-schen Kolibris tun. b) Männchen (backsteinrot; links) und Weibchen (grünlich-weiß) des Juan Fernandez-Kolibris unter-scheiden sich nicht nur durch die Färbung sehr deutlich voneinander, sondern auch durch ein geringeres Gewicht undeine geringere Körpergröße der Weibchen. Aufgrund dieses markanten Geschlechtsdimorphismus können verschiedeneRessourcen genutzt werden. c) Der Ambossberg auf der Robinson Crusoe-Insel mit dem vorgelagerten Tal Plazoleta delYunque. Die montanen Myrtenwälder dieses zentralen Tales stellen den wichtigsten Nist- und Fortpflanzungsort vonSephanoides fernandensis dar, witterungsgeschützt durch die umliegenden Berggrate.

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lungs- (und Evolutions-)Stätte dieser Organismendiente! Sephanoides fernandensis muss nach dem Er-reichen dieser heute versunkenen Insel und der Ent-wicklung auf derselben die Distanz zur neuen (undzeitweise gleichzeitig existierenden) Robinson Crusoe-Insel überwunden haben. Die für Kolibris unverzicht-bare Nektarnahrung war anfangs sicherlich ein Haupt-problem im Insellebensraum, weil die (wenigen) vor-handenen Pflanzen keine nektarreichen Kolibriblütenhatten. Offensichtlich förderte aber die Anwesenheitdieser Blütenbesucher koevolutiv die Ausbildung sol-cher Blüten – und aus der Familie der Korbblütler ent-standen durch Radiation gleich mehrere Arten (bei-spielsweise Dendroseris litoralis, Abbildung 7a).

Überlebensprobleme ganz anderer Art traten je-doch durch die Veränderung des Insellebensraumsdurch den Menschen auf. Bereits der portugiesischeSeefahrer Juan Fernandez brachte 1574 Hausziegenmit.Spätere Segler schleppten noch Kaninchen,Nasen-bären, Katzen, Ratten und Hunde ein: eine gefährlicheMixtur von Säugetieren, die sowohl als Prädatoren fun-gieren, als auch den Lebensraum des endemischen Ko-libris auf 20 km2 reduzierten.Wie schafft er es aber,dieneuartigen Pflanzen zu nutzen, wie den Habitatverlustzu überleben? Wie entgeht er den verwilderten Fress-feinden? Um diese Fragen zu beantworten, wurde vor19 Jahren eine Langzeitstudie begonnen.

Der Juan Fernandez-Kolibri führt auf der Robinson-Insel jahreszeitliche Wanderungen durch. In Frühjahrund Sommer konzentrieren sich die Vögel auf den ver-bliebenen Naturwald der montanen Stufe (Abbildung7c).Vom Herbst an ziehen sie bis ins Dorf hinunter, wosie die Blüten von Gartenpflanzen besuchen. Ihre Nes-ter befestigen sie an den extrem dünnen äußeren Zwei-gen der Myrtenbäume,so dass Katzen und selbst Rattendie Brut nicht erreichen. Dies sind nur einige der Me-chanismen, warum sich die Gesamtpopulation auf gut1000 Individuen stabilisiert hat [5]. Die erfolgreiche

Überlebensstrategie des Kolibris verdeutlicht ein gene-relles Phänomen: bei Inselorganismen handelt es sichum hervorragend an das spezielle Habitat angepassteLebewesen! Ihre spezifischen Merkmale sind Resultateiner lange währenden Selektion. Die Lebensgemein-schaft und ihre einzelnen Vogelarten sind ökologischstabil und können durchaus ausgleichend auf Verände-rungen reagieren – und die einzelnen Vogelarten sindauch konkurrenzstark. Beispielsweise behauptet sichder Juan Fernandez-Kolibri trotz erfolgreicher Einwan-derung des Chile-Kolibris, einer aggressiven und op-portunistischen Festlandsart, und ist dominant in derdirekten Auseinandersetzung.

Inselarten sind eben nicht zwangsläufig konkur-renzschwach, unflexibel und zum Aussterben be-stimmt. Im Gegenteil: Häufig stammen sie von genera-listischen Arten ab, tragen dadurch ein breites ökologi-sches Potenzial in sich und besetzen auf einer Inselverschiedene Nischen, welche auf dem Festland zwi-schen mehreren Arten aufgeteilt werden. Nur wenneine Reihe von Veränderungen und andersartigen Ein-wanderungen innerhalb relativ kurzer Zeit eintreten,führt das zum Aussterben von Inselformen und irrever-siblen Schäden in der ursprünglichen Biozönose.DieseErkenntnisse machen Mut für den Natur- sowie Arten-schutz und legen folgende Schlussfolgerung nahe: Jelänger ein Inselorganismus nach einer schwerwiegen-den Ökosystemveränderung überlebt, desto besser ste-hen die Chancen eines langfristigen Fortbestehens.

Bisher scheint zumindest von der Robinson Crusoe-Insel ein positives Signal auszugehen. Auch kein ande-rer endemischer Vogel starb hier seit der Ankunft desMenschen aus, obwohl sich die Vogelgemeinschaft umeinige Arten vergrößert hat.Vielleicht stellt die verän-derte neue Situation in langen Zeiträumen sogar einenVorteil für die alteingesessenen Arten dar, sozusageneine Art evolutiver Ansporn.

Detektivarbeit mit Genen: die molekulare Inselbiogeographie

Um die Besiedlungs- und Artbildungsprozesse auf In-seln und Inselgruppen besser verstehen zu können,sind molekulargenetische Untersuchungen von Insel-populationen ein effizientes „Werkzeug“ [3]. Eine Ana-lyse der genetischen Aufspaltungsereignisse ist vonhoher Relevanz, um den Ablauf der Besiedlung einerInselgruppe zu analysieren (Abbildung 8a). Allgemeinist die Suche nach monophyletischen und paraphyle-tischen Gruppen wichtig; siehe auch den Kasten aufdieser Seite. Stellen zum Beispiel alle Taxa auf allen In-seln klare Monophyla dar, dann hat die genetische Dif-ferenzierung auf den einzelnen Inseln erst begonnen,nachdem die jeweils benachbarten Inseln besiedeltworden sind (Abbildung 8b).

Stellt aber ein Taxon eine insgesamt monophyleti-sche Gruppe für zwei oder mehrere Inseln dar, von de-

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WICHTIG E BEG RIFFE DER PHYLOG ENE TISCHEN SYSTEMATIK

Zur Beschreibung der Abstammung und Verwandtschaft von Arten und Artengruppenmuss ihre Stellung zueinander definiert werden. Hierfür sind vor allem drei Verwandt-schaftsbeziehungen bedeutend. Zum einen können sich alle Vertreter einer Gruppevon einem einzigen gemeinsamen Vorfahren ableiten. Dies ist zum Beispiel der Fall fürdie Gruppe der Vögel, der Säugetiere oder der Schmetterlinge. In einem solchen Fallspricht man von Monophylie oder einer monophyletischen Gruppe. Geht eine Gruppezwar auf einen gemeinsamen Vorfahren zurück, umfasst aber nicht alle Vertreter die-ser Gruppe, so spricht man von einem Paraphylum oder einer paraphyletischenGruppe. Dies trifft zum Beispiel für die Gruppe der Menschenaffen zu, die ohne denMenschen paraphyletisch sind, mit dem Menschen aber ein Monophylum darstellen.Gleiches gilt auch für die Reptilien, die ohne die Gruppe der Vögel (letztere monophyle-tisch) eine paraphyletische Gruppe darstellen. Leitet sich eine Gruppe von keiner ge-meinsamen Stammform ab, so wird sie als polyphyletisch bezeichnet. Dies trifft zumBeispiel für die Warmblüter (also Vögel und Säuger) und, in höherem Grade, für die„Würmer“ zu, die verwandtschaftlich völlig unterschiedliche Gruppen umfassen.

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nen die Insel 2 ebenfalls ein untergeordnetes Mono-phylum in einem Paraphylum der Insel 1 repräsentiert,so ist äußerst wahrscheinlich, dass erst die Insel 1 be-siedelt wurde und erst nach begonnener Differenzie-

rung von dieser die Insel 2. Für nachfolgende Inselnkann sich dieser Prozess wiederholen (Abbildung 8c).

Für das Studium der molekularen Inselbiogeographiestellen die Kanaren einen der am besten untersuchtenRäume dar [6].Vor allem Arbeiten an Käfern zeigen dieBesiedlungs- und Artbildungsprozesse auf dieser Insel-gruppe deutlich.So konnte für die Laufkäfergattung Ca-lathus gezeigt werden, dass es vermutlich drei Besied-lungsereignisse vom Festland gab, einen auf die beidenöstlichen Inseln Lanzarote und Fuerteventura, einenzweiten auf die westlichen Inseln La Gomera,Teneriffaund Gran Canaria und einen dritten, bei dem nur Tene-riffa besiedelt wurde. Die für El Hierro endemische ArtC.spretus leitet sich von einer späteren Besiedlung vonVorfahren aus dem benachbarten La Gomera ab.

Für die Schwarzkäfer der Gattung Nesotes zeichnetsich insgesamt eine von Osten nach Westen erfolgendeBesiedlung der gesamten Inselgruppe ab;es folgte einehochgradig komplexe sekundäre Differenzierung aufden topografisch und ökologisch diversen großen In-seln Teneriffa und Gran Canaria,von wo die Besiedlungvon Teneriffa ausgehend weiter über La Palma nach ElHierro verlief.Die Rüsselkäfer der Gattung Brachydereserreichten wahrscheinlich erst Gran Canaria, besiedel-ten von dort Teneriffa,dann La Palma und als letztes vonhieraus El Hierro, was sich in einer hierarchischen Ab-folge von Para- und Monophyla ähnlich wie in Abbil-dung 8b und 8c zeigt.Für die kleine Insel La Palma kannfür diese Rüsselkäfer sogar gezeigt werden,dass die ge-netischen Typen, die im erdgeschichtlich älteren Insel-norden gefunden werden, auch stammesgeschichtlichälter sind als diejenigen, die im jüngeren Süden der In-sel auftreten.

Sensibilität von Inselökosystemen und -artenAufgrund ihre Artenarmut und geringen Nischensätti-gung fehlen auf Inseln in charakteristischer Weise Or-ganismen,die auf den Kontinenten bestimmte Funktio-nen erfüllen. Beispielsweise sind Prädatoren selten.Verständlicherweise besitzen Inselarten deshalb auchkeine Anpassung an solche Arten;Tiere sind oft wehr-los und zutraulich (Abbildung 9a), Pflanzen ohne Dor-nen, ungiftig etc. Aus diesem Grunde können durch

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Festland Insel 1 Insel 2 Insel 3

Taxon A Taxon B Taxon C Taxon D

Taxon A Taxon B Taxon C Taxon D

a) Die Abfolge der genetischen Aufspaltungen gibt in vie-len Fällen die Reihenfolge der Besiedlung einer Inselkettewieder. b) Haben sich auf einzelnen Inseln ausschließlichmonophyletische Gruppen von genetischen Linien oderTaxa evoluiert, so setzten diese Differenzierungen erst ein, nachdem die weitere Besiedlung schon erfolgt war. c) Stellen jedoch einzelne Inseln Paraphyla innerhalb einesgroßen Monophylums dar, so hat die Evolution in unter-schiedliche Linien hier schon begonnen, bevor die Koloni-sierung nachfolgender Inseln erfolgen konnte; diese soll-ten dann kleinere Monophyla innerhalb des großen Mo-nophylums darstellen und die Paraphylie der vorherigenInsel begründen. Verändert nach [3].

ABB. 8

Insel 1 Insel 2 Insel 3Festland

A B, C, D E, F, G H, I, K

A C F I KEDB HG

Insel 1 Insel 2 Insel 3Festland

A B, C, D E, F, G H, I, K

A C F I KEDB HG

a)

b)

c)

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den Menschen eingeführte Arten besonders großenSchaden anrichten. Auf Hawaii sind verwilderteSchweine immer noch ein großes Problem. Wahr-scheinlich haben Schweine auch das historische Aus-sterben der Dronte (Raphus cucullatus) auf Mauritiusbeschleunigt. Schweine, Ratten und Kaninchen verur-sachen auf vielen Inseln Bodenstörungen, welche dieEtablierung und Ausbreitung von Neophyten fördern.

Das Wandelröschen (Lantana camara),ein sich ag-gressiv ausbreitender Gartenflüchtling, scheint auf sol-che Störstellen für seine Etablierung in natürlichen Le-bensgemeinschaften angewiesen zu sein [7].Viele inva-sive Arten, die aufgrund natürlicher Filter Inseln bishernicht erreichen konnten, verhalten sich dort nach ih-rem Eintreffen sehr aggressiv. Oft werden sie aus Un-wissenheit von Menschen eingeführt und verursachendann immense Schäden (Abbildung 9b, c).

Entkommende Katzen und Hunde können direktdas Aussterben endemischer Kleintiere bewirken. Einprominentes Beispiel ist die Katze des Leuchtturmwär-ters Lyall von Stephens Island (Neuseeland). DieseKatze war sehr erfolgreich darin,kleine Vögel zu jagen.Der Leuchtturmwärter wurde misstrauisch undschickte einen Balg zur Bestimmung nach England. Alser von dort erfuhr,dass es sich um eine unbekannte Art,den Stephens-Schlüpfer Xenicus lyalli handelte, hatteseine Katze bereits weitere der letzten noch verbliebe-nen Individuen dieser Reliktpopulation einer ehemalsweit in Neuseeland verbreiteten Art erjagt.Tatsächlichstarb die Art jedoch erst kurz danach völlig aus [4].

Mit Xenicus lyalli sind noch weitere interessanteAspekte verbunden. Der kleine nachtaktive Vogel warflugunfähig, was auch für andere endemische ArtenNeuseelands galt.Diese Art jedoch war vergleichsweiseklein und damit erklärt sich das Verschwinden der Artauf den Hauptinseln mit der Besiedlung durch dieMaori,welche auch die polynesische Ratte (Rattus exu-lans) einschleppten. Diese ist als Prädator von Klein-

tieren sehr effizient. Auch wenn die Entfernung zwi-schen Stephens Island und der Südinsel nur 3 km be-trägt, so war diese Distanz für einen flugunfähigenVogel nur während der Eiszeiten bei tieferliegendemMeeresspiegel zu überwinden. 15 m Meeresspiegelab-senkung reichten bereits aus, um eine Landverbindungherzustellen.

Menschlicher Einfluss, Klimawandel und Naturschutz

Die zentralen Pazifikinseln wurden erst vor etwa 1000 Jahren von Polynesiern erschlossen. Archäologi-sche Untersuchungen belegen, dass es dort mit stein-zeitlicher Technologie gelang,mehr als 2000 Vogelartenauszurotten, etwa 15 % der holozänen Avifauna [10]!Dies verdeutlicht die besondere Qualität,aber auch daszentrale Problem von Inseln: ihre biologische Einzigar-tigkeit. Die natürliche Ausstattung an Pflanzen und Tie-ren sowie an Mikroorganismen und Lebensgemein-schaften ist von Insel zu Insel sehr unterschiedlich:Viele Inseln haben deshalb individuell für sich betrach-tet – und nicht etwa wegen einer hohen Artenzahl – ei-nen hohen Naturschutzwert.

Mithin wurden und werden vielfältige Naturschutz-aktivitäten entfaltet und Schutzgebiete definiert.GroßeFlächen (und teilweise gesamte Inseln) der Kanaren,von Galapagos und von Hawaii stehen unter Schutz.Solche Schutzgebiete tragen nicht zuletzt zur touristi-schen Attraktivität dieser Inseln bei.Eine effiziente Um-setzung dieses Schutzes allerdings erfordert immensenAufwand. Dieser kann jedoch selbst auf jenen Inseln,für welche die Europäische Union Verantwortung trägt,kaum so bewerkstelligt werden, wie es aufgrund deswachsenden Drucks auf die natürlichen Ökosystemenötig wäre.

Inseln sind aufgrund ihrer biotischen Ausstattungals in besonderem Maße durch den Klimawandel ge-fährdet anzusehen. Die orografische Gliederung kann

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a) b) c)

A B B . 9 a) Auf Inseln lebende Arten ohne natürlich Feinde zeichnen sich oft durch eine ungemeine Zutraulichkeit aus,wie hier der in Neuseeland heimische Kaka (Nestor meridionalis). Neophyten und Neozoen stellen gerade für die empfind-lichen Inselökosysteme eine große Bedrohung dar. b) Der blaugrüne Tabak (Nicotiana glauca) ist ein ursprünglich ausSüdamerika stammender verholzender Neophyt der unteren Lagen auf den Kanaren (und im Mittelmeerraum), der sich in aggressiver Ausbreitung befindet. c) Nebeneinander endemischer und invasiver Arten in der halbwüstenartigenuntersten Stufe auf Teneriffa. Die kandelaberartige Euphorbia canariensis wächst neben der mit langen gelben Dornenbewehrten Opuntia dillenii, welche zur Herstellung des natürlichen roten Farbstoffes mit Cochenille-Läusen eingeführtwurde und schon lange nicht mehr kontrolliert werden kann.

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diese Gefährdung zu einem gewissen Teil kompensie-ren, aber nur dann, wenn die endemischen Arten auchtatsächlich dazu in der Lage sind, der Verlagerung ihresLebensraumes auf einer Insel zu folgen.Die neu entste-henden Lebensräume sind häufig noch durch andereArten besetzt, die diese Orte nicht sofort frei geben,wenn sich ihre Lebensbedingungen verschlechtern.Beider gegenwärtigen Geschwindigkeit des Klimawandelssind deutliche Artenverluste auf Inseln zu erwarten.

Aus der Einzigartigkeit der biologischen Ausstat-tung von Inseln ist eine globale Verantwortung für de-ren Schutz abzuleiten.Es ist jedoch nicht nur der Erhaltvon Organismen in einem natürlichen Museum,der da-mit bewirkt werden würde.Wir können auf Inseln sehrviel über die Natur lernen und besser verstehen als aufeinem komplexen Kontinent – beispielsweise,wie sichArten entwickeln und wie Ökosysteme funktionieren.

ZusammenfassungUrsprünglich wurde die Theorie der Inselbiogeographie ent-wickelt um zu ermitteln, wie sich die Größe von Inseln undihre Entfernung vom Festland auf ihre Artenzahl und -zusammensetzung auswirken. Mittlerweile wurde dieseTheorie ein wichtiges Konzept im Natur- und Artenschutz.Organismen, die auf Inseln gelangen, neigen im Laufe derEvolution aus unterschiedlichen Gründen entweder zur Ver-zwergung oder zur Ausbildung von Riesenformen. ObwohlInseln dem ständigen Prozess des Entstehens und Vergehensunterliegen, stellen sie dennoch eine dauerhafte Erschei-nung auf der Erde dar, weshalb sie auch besondere Bedeu-tung für Evolutionsprozesse besitzen. Heute kommt geneti-schen Analysen bei der Entschlüsselung der Besiedlungsge-schichte von Inseln ein hoher Stellenwert zu. Inseln stellenoft Orte mit hohem Anteil von endemischen Arten dar, diedurch die Einbringung gebietsfremder Arten zunehmend inihrer Existenz bedroht sind.

SummaryThe theory of island biogeography was originally developedto evaluate the influence of island size and distance frommainland on their number and composition of species.Meanwhile, this theory has become an important tool fornature conservation strategies. Due to various reasons, or-ganisms arriving at islands are tending along their evolu-tion to develop dwarf of giant forms. Although islands areconstantly emerging and decaying, they are representing aconstant phenomenon on earth, and therefore have a par-ticular importance for evolutionary processes. Today, ge-netic analyses have archived importance in the disentangle-ment of colonisation processes of islands. Furthermore, is-lands often represent localities with high proportions ofendemic species, which are increasingly threatened throughthe invasion of alien species.

SchlagworteInselbiogeographie, Evolutionstheorie, Kanarische In-seln, Robinson Crusoe-Insel, molekulare Analysen, Na-turschutz, Neozoen

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Lebens in einer sich verändernden Welt, Eugen Ulmer Verlag,Stuttgart, 2007.

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[15] R. Whittaker, J.-M. Fernandez-Palacios, Island Biogeography.Oxford University Press, Oxford, 2007.

Die Autoren Carl Beierkuhnlein (2. v. l.), geb. 1960, ist Professor für Biogeographie an derUniversität Bayreuth. Vorher hatte er eine Professur für Landschaftsökologiean der Universität Rostock inne. Beierkuhnlein ist Sprecher des AK Biogeogra-phie im VGDH. Er leitet den Forschungsverbund FORKAST zu ökologischenAuswirkungen des Klimawandels. Im Elitenetzwerk Bayern ist er zudem Spre-cher des Studienganges „Global Change Ecology”. Seine Forschungsobjektereichen von Waldquellen über ozeanische Inseln bis zu tropischen Hochgebir-gen. Er arbeitet experimentell, in Feldstudien und modellierend zu biogeogra-fischen Aspekten des Klimawandels.

Ingo Hahn (r.), geb. 1971, ist Akademischer Oberrat am Institut für Land-schaftsökologie der Universität Münster. In seiner Promotion arbeitete er zurBiogeographie und Ökologie von Inselvögeln im Pazifik. Während seiner uni-versitären Ausbildung verbrachte er über fünf Jahre im Ausland; als Postdocforschte er an Universitäten in Santiago und Valdivia (beide Chile), Tucson(USA) und Patras (Griechenland). In 2006 erlangte Hahn die Venia Legendi in„Landschaftsökologie und Biogeographie“ und leitet seither als Privatdozenteine Nachwuchsgruppe in Münster. Er nutzt vorwiegend Vögel, Ameisen undZwergbuntbarsche als Modellorganismen und Indikatoren der Umweltquali-

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tät – auch um angewandte Empfehlungen für den Naturschutz geben zukönnen.

Anke Jentsch (2. v. r.), geb. 1971, ist Professorin für Störungsökologie an derUniversität Bayreuth. Nach einer biologischen Ausbildung und der Promotionzur Vegetationsdynamik von Sandlebensräumen an der Universität Bielefeldübernahm sie die Koordination des Clusters Biodiversität und Störung am

UFZ in Leipzig. 2004 erhielt sie eine Juniorprofessur in gemeinsamer Berufungder Helmholtz-Gemeinschaft und der Universität Bayreuth. Von 2009 bis2011 war sie Professorin für Geoökologie an der Universität Koblenz-Landau.Jentsch erhielt 2003 den Horst-Wiehe Preis der Gesellschaft für Ökologie. Seit2007 ist sie Mitglied der Jungen Akademie der Deutschen Akademie der Na-turforscher Leopoldina und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wis-senschaften. Sie forscht zu Auswirkungen extremer Wetterereignisse, Feuer-ökologie und Naturrisiken.

Thomas Schmitt (l.), geb. 1968, ist Professor für Molekulare Biogeographiean der Universität Trier, an die er nach seiner Promotion und Postdoc-Zeit beiProf. Seitz an der Universität Mainz wechselte. Er arbeitet aktuell hauptsäch-lich an Forschungsprojekten zur klassischen und molekularen Biogeographiein der westlichen Paläarktis, wobei der Mediterranbereich und die europäi-schen Hochgebirge seinen besonderen Interessensschwerpunkt bilden, sowiezur klassischen und molekularen Ökologie, aber auch zur Evolutionsbiologieund Taxonomie von Tagfaltern, die ihn schon seit seiner Kindheit begeistern.

Korrespondenz:Prof. Dr. Thomas SchmittBiogeographie im Fachbereich VIUniversität TrierUniversitätsring 1554 286 TrierE-Mail: [email protected]

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