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Naturgefahren im Kanton Schwyz Kantonale Naturgefahrenstrategie Revision 2010 RRB Nr. 324/2010 vom 23. März 2010 Schwyz, 16. März 2010

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Naturgefahren im Kanton Schwyz

Kantonale Naturgefahrenstrategie

Revision 2010

RRB Nr. 324/2010 vom 23. März 2010

Schwyz, 16. März 2010

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Naturgefahren im Kanton Schwyz

Kantonale NaturgefahrenstrategieRevision 2010

INHALT Seite

Zusammenfassung 5

1. Einleitung 71.1 Zielsetzung 71.2 Ausgangslage im Kanton Schwyz 7

2. Sicherheit 82.1 Einleitung 82.2 Quantitative Aspekte 92.3 Hintergründe 102.3.1 Entwicklung der Raumnutzung und des Schadenpotenzials 102.3.2 Klimawandel 112.3.3 Sicherheitsbedürfnis 13

3. Umgang mit Naturgefahren 143.1 Gesetzlicher Auftrag 143.2 Praxis Schweiz 15

4. Integrales Risikomanagement 164.1 Einleitung 164.2 Fachliche Grundlagen und Methoden 164.2.1 Detaillierungsgrad 174.2.2 Gefahrenkarte, Gefahrenhinweiskarte 174.2.3 Intensitätskarten 194.2.4 Richtlinien, Wegleitungen, Empfehlungen 194.3 Welcher Schutz zu welchem Preis? 204.3.1 Personenrisiken 204.3.2 Sachrisiken 214.3.3 Risikoaversion 214.4 Vorbeugung 224.4.1 Schutzziele 234.4.2 Prävention 264.4.2.1 Raumplanerische Massnahmen 264.4.2.2 Baulich-technische Massnahmen 324.4.2.3 Biologische Massnahmen 324.4.3 Vorsorge 334.5 Ereignisbewältigung (Intervention) 344.6 Wiederinstandstellung (Regeneration) 36

5. Risikokonzept 36

6. Organisation 386.1 Aktuelle Situation 386.2 Wichtigste Akteure 386.2.1 Bund 386.2.2 Kanton 396.2.3 Gemeinden und Bezirke 416.2.4 Führungsstäbe auf Stufe Kanton und Gemeinden 426.2.5 Öffentlich-rechtliche Körperschaften 42

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6.2.6 Privatwirtschaft und Hochschulen 426.2.7 Versicherungen 436.2.8 Bürgerinnen und Bürger 436.3 Ausblick 43

7. Mittel 457.1 Finanzielle Mittel 457.2 Personelle Mittel 487.2.1 Eigenleistungen Kanton 487.2.2 Aufwand Gemeinden und Bezirke 507.2.3 Fremdleistungen 50

8. Zeitplan 51

9. Schlussbemerkungen 51

10. Handlungsebenen und Konsequenzen 53

11. Bibliografie und weiter führende Grundlagen 55

12. Glossar 57

13. Abkürzungsverzeichnis 60

FIGUREN1 Risiko ist ein Zustand, Umstand oder Vorgang, aus dem ein Schaden

entsteht.9

2 Entwicklung der Schadensummen von Hochwassern in der Schweizseit 1972.

10

3 Übersicht über grosse Hochwasserereignisse in der Schweiz seit1800.

11

4 Temperaturentwicklung in der Schweiz als Abweichung vom langjäh-rigen Mittel.

12

5 Integrales Risikomanagement. 16

6 Die Gefahrenstufen im Intensitäts-Wahrscheinlichkeits-Diagramm. 17

7 Skalierung des individuellen Todesfallrisikos. 20

8 Generelles Vorgehen bei der Gefahren- und Risikoevaluation. 22

9 Umsetzung von Gefahrenkarten in die Nutzungsplanung. 30

TABELLEN

1 Bearbeitungstiefen der Gefahrenkarte in Abhängigkeit der Schaden-potenziale.

18

2 Hauptsächlich beteiligte kantonale Verwaltungseinheiten auf Stufeder Vorbeugung.

23

3 Schutzzielmatrix für Punkt- und Flächennutzungen im KantonSchwyz.

25

4 Schutzzielmatrix für Liniennutzungen im Kanton Schwyz. 26

5 Instrumente der raumplanerischen Umsetzung von Naturgefahren imKanton Schwyz.

27

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6 Charakterisierung der Naturgefahren hinsichtlich Vorwarn-, Reakti-ons- und Interventionszeiten.

28

7 Bezeichnung der Gefahrenzonen im Nutzungsplan. 29

8 Bedeutung der Gefahrenstufen für die Zonenausscheidung sowie fürdas Bau- und Zonenreglement.

31

9 Mögliche Beteiligung kantonaler Verwaltungseinheiten im Falle derEreignisbewältigung.

35

10 Mögliche Beteiligung kantonaler Verwaltungseinheiten auf Stufe derRegeneration.

36

11 Ablauf der risikoorientierten Planung von Sicherheitsmassnahmen. 37

12 Organisation kantonale Arbeitsgruppe Naturgefahren. 44

13 Budgetierte Gesamtkosten für das Naturgefahrenmanagement nachWaG und WBG für die NFA-Periode 2008-2011.

45

14 Relative Beteiligung der kantonalen Verwaltungseinheiten im integ-ralen Risikomanagement in den Bereichen Intervention, Regenerati-on und Vorbeugung.

48

15 Aufwand AWN und AWB im Naturgefahrenbereich. 49

ANHÄNGE

A Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Aspekte

B Methoden und Verfahren der Gefahrenbeurteilung

C Naturgefahrenkarte

D Intensitäts-Wahrscheinlichkeits-Diagramm, Intensitätskriterien

E Bedeutung der Gefahrenstufen

F Meldeschema Naturgefahrenereignisse und Meteowarnungen

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Naturgefahren im Kanton Schwyz

Kantonale Naturgefahrenstrategie (Revision 2010)

Zusammenfassung

Der Bericht „Kantonale Naturgefahrenstrategie“ vom 13. Januar 2004 zu RRB Nr. 166/2004befasste sich erstmals konzeptuell und zeitgemäss mit dem Umgang mit Naturgefahren imKanton Schwyz. Seither hat sich die Ausgangslage in verschiedener Hinsicht verändert. Neueformale und organisatorische Rahmenbedingungen, neue Methoden und Konzepte sowie neuefachliche und wissenschaftliche Erkenntnisse bedingen eine Revision der bestehenden Stra-tegie.Integrales Risikomanagement ist das Grundprinzip des risikoorientierten Umgangs mit Natur-gefahren im Kanton Schwyz. Es stützt sich auf die Pfeiler Vorbeugung (Prävention und Vorsor-ge), Ereignisbewältigung (Intervention) und Regeneration.

Integrales Risikomanagement setzt fachliche Grundlagen voraus, welche die vorhandenen Ri-siken darstellen. Risiko ist ein Zustand, Umstand oder Vorgang, aus dem ein Schaden ent-steht. Es bemisst sich nach Grösse und Wahrscheinlichkeit eines möglichen Schadens infolgeeines Naturgefahrenprozesses. Das Gefahrenpotenzial wird im Wesentlichen durch Gefahren-,Gefahrenhinweis- und Intensitätskarten ausgewiesen. Die Schadenpotenziale ergeben sich ausder aktuellen Raumnutzung, respektive in erster Näherung aus den ihr zugrunde liegendenPlangrundlagen (vorab kommunale Nutzungspläne).

Die Gegenüberstellung von Gefahren- und Schadenpotenzialen deckt die vorhandenen Risikenauf. Überschreiten diese einen bestimmten Schwellenwert (Schutzziel, Todesfallrisiko), so be-steht ein Handlungsbedarf. Dabei geht es primär darum, Risiken mittels raumplanerischerMassnahmen zu vermeiden oder zu begrenzen. Technisch-bauliche Massnahmen sind zweit-rangig, aufgrund der heute intensiven Nutzung des Raumes jedoch oft nötig, insbesonderedort, wo raumplanerische Massnahmen nicht ausreichend greifen. Wichtig ist, bestehendeSchutzbauten konsequent zu unterhalten. Organisatorische Massnahmen beinhalten weitereElemente (unter anderem Notfallkonzepte, Frühwarnsysteme), um Schäden zu begrenzen. Einentscheidender Faktor ist zudem der Schutzwald. Er leistet einen sehr wichtigen Beitrag zumSchutz unseres Lebensraumes.

Risikomanagement ist eine Daueraufgabe. Es kann nicht von heute auf morgen implementiertwerden. Als ein dynamischer Prozess passt es sich laufend neuen Erkenntnissen und Gegeben-heiten an. Auf Stufe Kanton sind verschiedene Verwaltungseinheiten involviert. Das Amt für Waldund Naturgefahren ist federführend und sorgt in enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Was-serbau für ein interdepartemental koordiniertes, integrales Gefahrenmanagement.

Plangemäss wird der Kanton bis Ende 2011 für das gesamte Kantonsgebiet über zeitgemässeintegrale Naturgefahrenkarten verfügen. Derweil die Erarbeitung der Naturgefahrenkarten imKanton Schwyz Sache des Kantons ist und durch das Amt für Wald und Naturgefahren fachlichkoordiniert und begleitet wird, ist die grundeigentümerverbindliche Umsetzung der Naturgefah-renkarten Sache der Gemeinden / Eingemeindebezirke. Sie haben im Zonenplan die erforderli-chen Bau-, Landwirtschafts-, Schutz- und Gefahrenzonen auszuscheiden und den Raumbedarfder Fliessgewässer zu sichern. Die Gemeinden haben die Gefahrenzonen in ihren Nutzungsplä-nen innert zwei Jahren nach Erstellung der Gefahrenkarten auszuscheiden.

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Grundsätze für den Umgang mit Naturgefahren im Kanton Schwyz

§ Naturgefahren sind Teil unseres Lebensraumes. Die Nutzung des Raumes ist diesen natür-lichen Gegebenheiten anzupassen.

§ Primat: Der Schutz von Menschen hat oberste Priorität. Andere Schutzansprüche oder In-teressen sind dem unterzuordnen.

§ Der Kanton Schwyz will seinen Bürgerinnen und Bürgern einen bestmöglichen Schutz vorNaturgefahren bieten. Der Aufwand für diesen Schutz muss indes zweckmässig und an-gemessen sein (Kosten/Nutzen). Die Anstrengungen der öffentlichen Hand entbinden dasIndividuum nicht, in eigener Verantwortung mit Naturgefahrenrisiken adäquat umzugehen(Risikokultur).

§ Der Kanton Schwyz betreibt ein integrales Risikomanagement. Hauptpfeiler ist die Vor-beugung (Prävention und Vorsorge).

§ In der Prävention liegt der Schwerpunkt bei raumplanerischen Massnahmen (Zonenpla-nung, Baureglement), einschliesslich der Ausscheidung des Raumbedarfs der Fliessge-wässer. Dort, wo mit raumplanerischen Mitteln und dem Unterhalt bestehender Schutz-massnahmen keine ausreichende Sicherheit erzielt werden kann, sind biologische (etwadurch die Anlage neuen Schutzwaldes) oder technisch-bauliche Massnahmen zu prüfen.

§ Nicht alle Objekte des Raumes und nicht alle Raumnutzungen benötigen denselbenSchutz. Deshalb werden differenzierte Schutzziele definiert. Aus vorhandenen Schutzdefi-ziten kann kein Anspruch auf Behebung dieses Zustandes durch die öffentliche Hand er-hoben werden.

§ Der Schutzwald im Kanton Schwyz ist ein wichtiger Einflussfaktor im Gefahrenmanage-ment. Er wird auf der Grundlage der „Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald(NaiS)“ gepflegt und bewirtschaftet.

§ Die Kostenwirksamkeit einer Massnahme ist ein wichtiges Kriterium bei der Evaluationvon Schutzmassnahmen. Allerdings sind auch der verfassungsrechtliche Grundsatz dernachhaltigen Entwicklung und das Prinzip der ganzheitlichen Betrachtungsweise gebüh-rend zu beachten. Somit können im Einzelfall auch zweckmässige Massnahmen mit unge-nügender Kostenwirksamkeit mit öffentlichen Mitteln unterstützt werden.

§ Der Umgang mit Naturgefahren ist ein partizipativer Prozess. Beteiligte und Betroffenewerden angemessen in das Finden und Ausgestalten tragbarer Lösungen einbezogen.

§ Entscheide im Naturgefahrenmanagement können mitunter dekretierenden Charakter ha-ben (primordiales Verfügungsrecht auf Basis der polizeilichen Generalklausel).

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1. Einleitung

1.1 Zielsetzung

Der Umgang mit Naturgefahren ist komplex. Menschen, Tiere und erhebliche Sachwerte sol-len unter Berücksichtigung ökonomischer, sozialer und ökologischer Aspekte bestmöglich undnachhaltig vor Naturgefahren geschützt werden. Das Hauptgewicht aller Aktivitäten liegt beider Vorbeugung.

Die gesetzlichen Vorgaben weisen der öffentlichen Hand – insbesondere dem Kanton – eineführende und koordinierende Funktion im Umgang mit diesen Gefahren und Risiken zu. Nachdiesen Rechtssätzen sind raumplanerische Massnahmen technischen Verbaumassnahmenstets vorzuziehen. Dies widerspiegelt den Wechsel von der früheren Gefahrenabwehr zu einerauf präventiven Prinzipien basierenden Risikokultur.

Losgelöst von einzelnen Gefahren und Ereignissen führt dieser Wechsel dazu, dass rasch undangemessen auf sich ändernde Gefahrensituationen sowie auf die sich wandelnden Bedürfnis-se, Wertvorstellungen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Gesellschaft reagiert werdenkann.

In der Schweiz wird in vielen sicherheitsrelevanten Bereichen mit risikoorientierten Planungs-instrumenten gearbeitet. Diesen Bemühungen ist eines gemeinsam: Es soll in Zukunft bei derPlanung der Sicherheit nicht nur darum gehen, wie wir uns vor einzelnen Gefahren schützenkönnen. Vielmehr steht die Frage im Vordergrund, welche Sicherheit und welcher Schutz zuwelchem Preis erhältlich und nötig sind. Dahinter steht die Vorstellung einer gesamtheitli-chen, interdisziplinären Planung, die eine ausgewogene Sicherheit für das Gesamtsystem an-strebt. Voraussetzung dazu ist eine systematische und vergleichbare Beurteilung aller Risikenund der Möglichkeiten zu deren Reduktion.

1.2 Ausgangslage im Kanton Schwyz

Der erläuternde Bericht „Kantonale Naturgefahrenstrategie“ zu RRB Nr. 166/2004 befasstesich erstmals konzeptuell mit dem Umgang mit Naturgefahren im Kanton Schwyz. Unter demAspekt des Vollzugs der gesetzlichen Vorgaben des Bundes, wonach die Kantone die Grundla-gen für den Schutz vor Naturereignissen - insbesondere Gefahrenkataster und Gefahrenkarten- zu erarbeiten haben (Art. 15 Abs. 1 WaV), fokussierte die Naturgefahrenstrategie 2004 aufdie Gefahrenkarte als wichtige planerische Grundlage. Seither hat sich die Ausgangslage inverschiedener Hinsicht verändert:

§ Neue Rahmenbedingungen durch den NFA (Programmvereinbarungen BAFU/Kanton imBereich Schutzbauten nach WaG und WBG 2008-2011);

§ Inkrafttreten des in Teilen revidierten Planungs- und Baugesetzes PBG am 1. Juli 2008;§ Grossereignis Starkniederschläge 21.-23. August 2005 (Unwetter „Norbert“) und Lehren

daraus (Kanton Schwyz: Synthesebericht des Regierungsrates an den Kantonsrat, 7. Feb-ruar 2006; Bund: Ereignisanalyse BAFU/WSL [Bezzola & Hegg, Eds.] 2007, 2008);

§ Hochwasserereignis 20. Juni 2007 im Raum Ybrig;§ Erkenntnisse aus den Programmen des Aktionsplans 2005-2008 der PLANAT;§ IPCC: wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zum global climate change;§ Neue Organisationsstrukturen (Departementsreform, Inkrafttreten 1. Juli 2008);§ Neue Organisationsstrukturen beim Bund: Seit dem 1. Januar 2006 ist das BWG in das

BAFU integriert. Es besteht eine gemeinsame Abteilung Gefahrenprävention, in der dieTrennung der Zuständigkeiten für die Naturgefahren laut Wasserbaugesetz und jenen lautWaldgesetz aufgehoben ist.

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§ Fortschreitender Erschliessungs- und Besiedlungsdruck (Metropolitanraum Zürich). Dieserführt zu einer Zunahme der Schadenpotenziale.

Der vorliegende Bericht ersetzt den Bericht „Kantonale Naturgefahrenstrategie“ vom 13. Ja-nuar 2004.

In der Schweiz hat sich in den letzten Jahren eine anerkannte Praxis zeitgemässen Naturge-fahrenmanagements etabliert. Grundlage dazu bilden verschiedene Wegleitungen, Richtlinienund Methoden des Bundes. Diese wurden in enger Zusammenarbeit mit den Fachstellen derKantone und den verschiedenen nationalen Fachgremien ausgearbeitet. Der Kanton Schwyzhält sich im Wesentlichen an diese Grundlagen, die auch in die vorliegende kantonale Natur-gefahrenstrategie eingeflossen sind. Aufgrund ihrer schweizweiten Anwendung und grossenAnerkennung unter den Fachleuten haben manche dieser Grundlagen den Status von Sachre-geln erlangt.

Im Umgang mit Naturgefahren überträgt die kantonale Gesetzgebung - vorab das Planungs-und Baugesetz (PBG) - den Gemeinden einen grossen Handlungsspielraum und viel Eigenver-antwortung.

Der Regierungsrat erwartet daher von den Gemeinden und Bezirken, dass sie das Naturgefah-renmanagement in ihren Hoheitsgebieten entsprechend der vorliegenden kantonalen Naturge-fahrenstrategie gestalten. Nur so kann ein kantonal einheitliches und angemessenes Gefah-renmanagement sichergestellt werden.

2. Sicherheit

2.1 Einleitung

Leben in Sicherheit ist ein Grundbedürfnis menschlicher Existenz. Sicherheit ist eine wesent-liche Voraussetzung für die Prosperität einer Gesellschaft. Letztlich ist die Gewährleistung vonSicherheit der Grundgedanke der Gesetzgebung.

Der moderne Mensch lebt in einer Risikolandschaft. Gewisse Risiken gehen wir freiwillig ein(z.B. Freizeitaktivitäten). Den meisten sind wir jedoch mehr oder weniger oder mit nur gerin-ger Selbstbestimmung ausgesetzt (z.B. Pandemie). Die Gefährdung durch Naturgefahren istein Teil dieser vielfältigen Risiken.

Die individuelle und kollektive Wahrnehmung von Risiken ist unterschiedlich und einem ste-ten Wandel unterworfen. Sie ändert sich graduell oder sprunghaft. Beispiele hierzu bilden dieDebatten um das Waldsterben vor 25 Jahren oder die Forderungen von Gesellschaft und Poli-tik unmittelbar nach den verheerenden Hochwassern vom August 2005. Dem entsprechendist auch der Umgang mit Risiken variabel. Umgesetzt auf Naturgefahrenrisiken heisst dies:„Das Katastrophale an Naturgewalten sind ihre Folgen. Das Ausmass dieser Folgen hängt we-sentlich von der Verfassung der jeweiligen Gesellschaft ab, in der sie sich zerstörerisch aus-wirken.“ (Wolf R. Dombrowsky, Katastrophenforschungsstelle Universität Kiel).

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Fig. 1: Risiko ist ein Zustand, Umstand oder Vorgang, aus dem ein Schaden entsteht. Es bemisst sichnach Grösse und Wahrscheinlichkeit eines möglichen Schadens. Ein Risiko besteht dort, wo diemenschliche Nutzung den Naturgefahrenraum überlagert.

Der Antipode von Risiko ist Chance. Im Umgang mit Naturgefahrenrisiken bestehen Hand-lungsspielräume. Sie reichen vom Individuum, dessen Handlungsspielraum durch eigenver-antwortliches Handeln auszuschöpfen ist, bis hin zum Staatswesen, das durch die Gesetzge-bung Spielräume schafft, die es im Rahmen des Vollzugs sachdienlich und angemessen zunutzen gilt.

2.2 Quantitative Aspekte

Aus Sicht des Bevölkerungsschutzes (KATARISK 2003) beinhalten Naturgefahren etwa einenDrittel des Gesamtrisikos von Alltagsereignissen, Katastrophen und Notlagen. Etwas wenigerals die Hälfte der Risiken gehen zu Lasten von Alltagsereignissen wie Unfällen auf Strasse,Schiene, im Beruf, im Haushalt oder beim Sport. Knapp ein Fünftel entfällt auf Epidemienund der Rest verteilt sich auf technische sowie gesellschaftliche Risiken. Klammert man diehäufigen Alltagsereignisse aus, machen Naturgefahren gar über 60% der ermittelten Risikenbei Katastrophen und Notlagen aus.

KATARISK 2003 zeigt, dass sich unsere bisherige Vorbeugung vorab auf häufige Ereignisse(Alltagsereignisse) konzentriert hat. Die Sicherheit der Gesellschaft ist jedoch primär durchseltene oder sehr seltene Ereignisse gefährdet. Ohne deren Berücksichtigung bei Vorsorge undVorbereitung sind im Eintretensfall verheerende Schäden, eine Überforderung bei der Bewäl-tigung und eine überproportional lange Regeneration zu erwarten.

Das Unwetter „Norbert“ im August 2005 verdeutlichte letztmals in grösserem Ausmass dieVerletzlichkeit unseres Lebensraumes gegenüber selteneren Grossereignissen. Mit einerschweizerischen Gesamtschadensumme von drei Milliarden Franken bildet es den bisherigenHöhepunkt in einer Kette grösserer Ereignisse (Fig. 2). Auch der Kanton Schwyz wurde von„Norbert“ stark betroffen, wenngleich sich die Gesamtschadenkosten nach damaliger Schät-zung mit 80-90 Millionen Franken in Grenzen hielten.

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Fig. 2: Entwicklung der Schadensummen von Hochwassern in der Schweiz seit 1972 (Quelle: BAFU,Angaben ergänzt).

2.3 Hintergründe

2.3.1 Entwicklung der Raumnutzung und des Schadenpotenzials

Das vergangene Jahrhundert ist gekennzeichnet durch eine enorme räumliche Konzentrationund Ausbreitung menschlicher Aktivitäten. Gerade im Alpen- und Voralpenraum, wo Bodenein knappes Gut darstellt, führten wachsender Bevölkerungs-, Siedlungs- und Erschliessungs-druck zu einer zunehmenden Exposition von Personen und Sachwerten gegenüber Naturgefah-ren. Vermehrt wurden auch Gebiete erschlossen, die gegenüber Naturgefahren potenziell undsubstanziell gefährdet sind. Dies gilt insbesondere für jene Gebiete, die im Rahmen vonHochwasserschutzprojekten sicherer wurden und eine verstärkte Besiedlung nach sich zogen.Doch jede Schutzmassnahme hat eine begrenzte Wirkung. Da Häufigkeit und Intensität vonHochwassern zunehmen, stossen die Kapazitäten bestehender Schutzbauten an ihre Grenzenoder sie werden sogar überschritten. Die Wahrscheinlichkeit von Schäden in den zwischenzeit-lich besiedelten und früher als Hochwassergebiete bekannten Tallagen nimmt zu. Mit dieserEntwicklung wurde ein enormes Risikopotenzial geschaffen, denn die Schutzwirkung derfrüheren Hochwasserschutzprojekte ist begrenzt und viele der alten Schutzmassnahmen sindsanierungsbedürftig (siehe auch Hochwasserschutzprojekt „Linth 2000“, EidgenössischeLinthverwaltung 2003).

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Fig. 3: Übersicht über grosse Hochwasserereignisse in der Schweiz seit 1800. Die Übersicht zeigt eineLücke in der Reihe grösserer Schadenereignisse im Zeitraum zwischen etwa 1870 und 1977. DieseLücke kann auch als eine Folge der grossen Investitionen in den Hochwasserschutz gedeutet werden.Im Schutz der im Rahmen zahlreicher Bach- und Flusskorrektionen des 19. und beginnenden 20.Jahrhunderts errichteten Massnahmen wurden die Siedlungsgebiete unentwegt in vormals hochwasser-gefährdete Gebiete ausgedehnt, was zu einem grossen Anwachsen von Personenkreisen und Sachwer-ten in potenziellen Gefahrenräumen führte. Intensivere Hochwasser und Überschreiten der Rückhalte-kapazitäten der bestehenden Schutzwerke führten ab 1977 vermehrt zu Schadenereignissen grösserenAusmasses (Quelle: Bezzola, G. R. & Hegg, Ch. (Eds.) 2007).

Aus Figur 3 ist zu folgern, dass in der Nutzung von durch Schutzmassnahmen gesichertenRäumen Zurückhaltung angebracht ist. Darüber hinaus ist dem Unterhalt der Massnahmenund jenem der Gewässer grosses Augenmerk zu schenken.

2.3.2 Klimawandel

In welchem Ausmass klimatische Änderungen Umwelt und Gesellschaft beeinflussen, wurdeauf nationaler Ebene erstmals im Rahmen des NFP 31 (1990-1996) untersucht. Heute liegtder Fokus auf den Resultaten des IPCC. Dieser zeigt die Klimaveränderungen als globalen

Die Entwicklung des Schadenpotenzials im Kanton Schwyz lässt sich anhand verschiedener Zahlenverdeutlichen. Dazu einige Beispiele:

§ Bevölkerungswachstum: Zwischen 1984 und 2000 (war eine Zunahme der Bevölkerung um26% zu verzeichnen. Kein anderer Kanton wuchs stärker (Reutener, B. 2003). Betriebe undArbeitsplätze: Die Zahl der im Handelsregister eingetragenen Betriebe stieg zwischen 1988und 2002 um knapp 74%. Die Arbeitsplätze verzeichneten zwischen 1985 und 2001 eine Zu-nahme von knapp 45% (Reutener, B. 2003).

§ Infrastrukturen in Alpgebieten: Gegenüber den vorhergehenden Jahrzehnten wurde im Zeitraumzwischen 1988 und 2002 jährlich ein Mehrfaches an Erschliessungen realisiert und die Zahlder neu erstellten Gebäude nahm zu. Damit wurde auch das Schadenpotenzial in potenziellenGefahrengebieten erhöht (Walder, F. 2003).

§ Die Eröffnung der Autobahn A4 durch das Knonaueramt im November 2009 bindet die Zent-ralschweiz näher an den Metropolitanraum Zürich. Deswegen ist besonders im inneren Kan-tonsteil ein Wachstumsschub zu erwarten. Die Verdichtung des öffentlichen Verkehrs steigertdie Attraktivität des Kantons Schwyz und führt mit der Zunahme der Fahrbewegungen und desPendlerverkehrs zu weiteren Schadenpotenzialen.

§

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Prozess und bietet die Grundlage für regionale Aussagen. Aufgrund des neuesten IPCC-Berichtes 2007 kann mit Sicherheit gesagt werden: Klimaveränderungen sind eine Realität.Ihre Auswirkungen manifestieren sich bereits heute (z.B. Gletscherrückgang). Es wird erwar-tet, dass sie sich im Laufe des 21. Jahrhunderts akzentuieren.

Den substanziellen Beitrag menschlicher Aktivitäten an der Erhöhung der Treibhausgase alswichtigste Förderer einer globalen Erwärmung zeigen die Analysen der Gaseinschlüsse in Eis-kernen aus der Antarktis: In den letzten 800'000 Jahren waren die CO2- und CH4-Konzentra-tionen in der Atmosphäre noch nie so hoch wie heute.

Treibhauseffekt und Klimaerwärmung werden denn auch von 82% der Schweizer Bevölkerungals grösste Gefahr für Mensch und Umwelt wahrgenommen (Quelle: Umweltsurvey 2007,ETHZ).

Fig. 4: Temperaturentwicklung in der Schweiz als Abweichung vom langjährigen Mittel (1961-1990).Zwischen 1970 und 2006 ist die Durchschnittstemperatur in der Schweiz um 1.5°C angestiegen (Quel-le: MeteoSchweiz).

Jahr 2006: +1.35 °C

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2.3.3 Sicherheitsbedürfnis

Das Bedürfnis der Schweizer Bevölkerung nach Sicherheit und Absicherung ist gross. Diesveranschaulichen die geleisteten Versicherungsprämien (Swiss Re, 2007): Bezogen auf die 31führenden Industrieländer, aus denen 92% des globalen Prämienvolumens stammen, nimmtdie Schweiz bezüglich Versicherungsdichte und –durchdringung Spitzenpositionen ein: ImNichtlebenbereich, dem auch die Versicherung von Sachwerten angehören, liegt sie an erster,beim Gesamtgeschäft (Leben- und Nichtlebenbereich) an dritter Stelle. Kein anderes Landder Welt gibt mehr Geld im Nichtlebenbereich aus (2006: 4.9% des BIP).

Zuweilen geht dieses Sicherheitsbedürfnis einher mit einer verzerrten Wahrnehmung von Risi-ken. Einerseits wird Schutz und Sicherheit vor Naturereignissen gefordert, andererseits wirdbei Freizeitaktivitäten zunehmend eine erhöhte Risikobereitschaft eingegangen (z.B. Varian-tenskifahrer, Canyoning).

Steigende Temperaturen verändern das Klima weltweit. Dies hat auch Auswirkungen auf den Alpen-raum. Es nehmen nicht nur die Temperaturen zu, auch der Wasserkreislauf und andere Klimagrössenverändern sich. Für die Schweiz nördlich des Hauptalpenkamms kann nach heutigem Wissensstandund neueren Modellrechnungen von folgenden Trends ausgegangen werden (Frei, Ch. 2004):

Temperaturen§ Die mittleren Temperaturen nehmen in allen Jahreszeiten zu.§ Bis Mitte des 21. Jahrhunderts wird mit 95prozentiger Wahrscheinlichkeit eine Erwärmung von

0.9 - 1.8 - 3.4°C im Winter und eine solche von 1.4 - 2.7 - 4.7°C im Sommer erwartet (fett: Me-dian = wahrscheinlichster zu erwartender Wert).

§ Bis ins Jahr 2070 steigen die zu erwartenden Temperaturen weiter an.

Niederschlag§ Bis Mitte des 21. Jahrhunderts nimmt der Niederschlag im Winter mit 95prozentiger Wahr-

scheinlichkeit um 0 - 8 - 20% zu. Im Sommer dagegen ist eine Abnahme von 7 - 17 - 30% zuerwarten (fett: Median = wahrscheinlichster zu erwartender Wert).

§ Bis ins Jahr 2070 ist eine Akzentuierung obiger Tendenzen zu erwarten.§ Obschon die mittlere Niederschlagsmenge im Sommer abnimmt, ist wegen der energiereicheren

Atmosphäre mit intensiveren Niederschlagsereignissen zu rechnen (mehr Niederschlag pro Zeit-einheit).

Gemäss einer Gesamtbetrachtung über die Jahre 2000-2005 wendete die Schweiz pro Jahr rund 2.9Mia. Fr. für Sicherheit vor Naturgefahren auf (PLANAT 2007). Das entspricht 0.6% des Bruttoinland-produktes oder jährlich 400 Franken pro Einwohner. Davon fliessen knapp die Hälfte (45%) in diePrävention und 37% in die Vorsorge (v.a. Versicherungsprämien und Rückstellungen der Versicherun-gen). Die Vorsorge für Interventionen umfasst 14%, die Grundlagenerarbeitung 4%. Ein Vergleich mitanderen europäischen Ländern ist schwierig, da diese den Schutz vor Naturgefahren im Gegensatzzur Schweiz ausgesprochen sektoriell und wenig koordiniert betreiben.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 14

3. Umgang mit Naturgefahren

3.1 Gesetzlicher Auftrag

Seit 1874 verfügt der Bund über Rechtsgrundlagen, welche die Kantone verpflichten, geeig-nete Schutzvorkehrungen für häufige Naturereignisse wie Lawinen, Murgänge und Über-schwemmungen zu ergreifen. Verschiedene Gesetze und Verordnungen auf Stufe Bund undKanton präzisieren diesen Auftrag (siehe Anhang A):

§ Bundesgesetz über die Raumplanung (SR 700, RPG)§ Bundesgesetz über den Wasserbau (SR 721.100, WBG)§ Bundesgesetz über den Wald (SR 921.0, WaG)§ Verordnung über den Wald (SR 921.01, WaV)§ Verordnung über den Wasserbau (SR 721.100.1, WBV)§ Gewässerschutzverordnung (SR 814.201, GSchV)§ Kantonale Verordnung zum Bundesgesetz über den Wald (SRSZ 313.110)§ Vollzugsverordnung zur Kantonalen Verordnung zum Bundesgesetz über den Wald (SRSZ

313.111)§ Wasserrechtsgesetz (SRSZ 451.100, WRG)§ Vollzugsverordnung zum Wasserrechtsgesetz (SRSZ 451.111)§ Kantonales Planungs- und Baugesetz (SRSZ 400.100, PBG)

Gestützt auf diese Rechtsgrundlagen wurden seitens des Bundes verschiedene Fachgrundla-gen entwickelt, welche die schweizweite Harmonisierung des Umgangs mit Naturgefahren be-zwecken. Diese und andere Grundlagen des Bundes oder der PLANAT werden heute als fach-lich anerkannte Regeln betrachtet. Analog den anerkannten Regeln der Baukunde bilden sieSachregeln, welchen die Rechtsordnung rechtliche Geltung und damit erhöhte Wirksamkeitverleiht. Sie regeln Sachverhalte des Umgangs mit Naturgefahren. Sachregeln müssen, umrechtliche Geltung zu erlangen, sowohl durch die Theorie als auch durch die Praxis des ein-schlägigen Fachgebietes gestützt und gefestigt sein sowie in den betroffenen Fachkreisen einegewisse Verbreitung aufweisen (Tausky 1996). Im Falle des Naturgefahrenmanagements sinddiese Voraussetzungen erfüllt.

Der gesetzliche Auftrag bezieht sich konkret auf folgende Gefahrenarten (Prozesse):

§ Hochwasser, Überflutung, Übersarung, Ufererosion§ Murgang§ Sturzprozesse (Stein- und Blockschlag, inkl. Eissturz, Felssturz, Bergsturz)§ Rutschungen und Hangmuren§ Lawinen und Gleitschnee§ Bodenabsenkung, Dolinen

Andere Naturgefahren wie Windsturm, Hagel, Schädlinge werden nicht explizit angesprochen.Sie können aber indirekt Auswirkungen auf die genannten Gefahren haben, indem sie derenEntstehung, Ablauf und Wirkung beeinflussen können (z.B. reduzierte Schutzwirkung desWaldes infolge von Sturm- und/oder Käferschäden).

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Bei Erdbeben – der Naturgefahr mit dem grössten Risiko (KATARISK 2003) – besteht keinverfassungsmässiger Auftrag. Der Bund hat diese Bedrohung jedoch erkannt und das UVEKhat unter Federführung des damaligen BWG im Jahre 2005 ein entsprechendes Massnahmen-Programm lanciert. Es umfasst folgende Schwerpunkte:

§ Konsequente Einhaltung der aktuellsten Erdbeben-Baunormen bei Neubauten (SIA 261,261/1, 2018).

§ Überprüfung von Sanierungsprojekten hinsichtlich ihrer Erdbebensicherheit.§ Inventarisierung bestehender Bauten der Bauwerksklassen II und III sowie Ermittlung

möglicher Schutzvorkehrungen.

§ Ermittlung der Gefährdung von Kulturgütern von nationaler und regionaler Bedeutung so-wie Aufzeigen allenfalls notwendiger Schutzvorkehrungen.

§ Verbesserung der Rechtsgrundlagen.

§ Abklärung der Deckung von Erdbebenschäden.§ Ausarbeitung eines umfassenden Einsatzkonzeptes für Einsatz- und Führungsorgane von

Kantonen, Gemeinden und Betrieben.

Der Regierungsrat hat sich im Nachgang zur „Kantonalen Naturgefahrenstrategie“ (RRB Nr.166/2004) bereits dieser Thematik angenommen. Zwischenzeitlich kam die SchweizerischeBau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK) 2007 bezüglich Erdbeben zumSchluss, dass auf Stufe der Kantone kein Gesetzgebungsbedarf (kantonale Baugesetze) be-steht, da der Bauherr und seine Hilfspersonen für die Einhaltung des Standes der Technik,der im Wesentlichen durch die SIA-Normen (SIA 261) gegeben ist, vollumfänglich verantwort-lich sei (Ganz, G. 2008). Hinsichtlich der Erdbebengefährdung drängt sich deshalb keine wei-tere Regelung auf Stufe Kanton auf. Im Bereich der kantonalen öffentlichen Bauten prüft dasBaudepartement allfällige Massnahmen zur Erdbebenertüchtigung bestehender Bauten undAnlagen.Die vorliegende Naturgefahrenstrategie äussert sich nicht weiter zum Thema Erdbeben.

Nebst den bundesrechtlichen Vorgaben ist zu erwähnen, dass gemäss kantonalem Richtplan-geschäft Nr. L-3.3 Naturgefahren und Raumbedarf Fliessgewässer die sachzuständigen kan-tonalen Stellen (Amt für Wald und Naturgefahren, Amt für Wasserbau) die fachlichen Grund-lagen erarbeiten. Der kantonale Richtplan regelt das weitere Vorgehen und die Berücksichti-gung in den kantonalen oder kommunalen Nutzungsplänen. Die Federführung obliegt den fürdie Richt- und Nutzungsplanung zuständigen kantonalen Behörden.

3.2 Praxis Schweiz

Der Umgang mit Naturgefahren ist in der Schweiz etabliert. Trotz kantonaler Besonderheitenist er zunehmend kohärent, koordiniert und im internationalen Vergleich auf hohem Niveau.Schweizweite Kohärenz ist nicht zuletzt deshalb notwendig, weil Naturgefahren unabhängigvon politischen Grenzen eintreten (zum Beispiel Sturm Lothar, Dezember 1999; HochwasserAugust 2005) und Gefahrenpotenziale oft überregionale Bewältigungsstrategien erfordern(z.B. Hochwasserschutzkonzept „Linth 2000“ unter Beteiligung der Kantone GL, SG, SZ,ZH). Das Naturgefahrenmanagement des Kantons Schwyz fügt sich in diesen Kontext ein undsteht im Einklang mit dem Bund und mit der Mehrheit der Kantone.

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4. Integrales Gefahren- und Risikomanagement

4.1 Einleitung

Integrales Risikomanagement ist das Grundprinzip des risikoorientierten Umgangs mit Natur-gefahren im Kanton Schwyz (Fig. 5). Es stützt sich auf die Pfeiler Vorbeugung, Ereignisbewäl-tigung (Intervention) und Regeneration. Bei integralem Risikomanagement handelt es sichnicht um einen zirkulären Prozess. Es beinhaltet zwar die Gleichwertigkeit der drei Pfeiler,aber die Anstrengungen in den Bereichen Prävention und Vorsorge sollen dazu führen, dassdie Prinzipien des Reagierens, nämlich Interventionen und vor allem Instandstellungen undWiederaufbau, längerfristig in den Hintergrund treten.

Fig. 5: Integrales Risikomanagement.

4.2 Fachliche Grundlagen und Methoden

Integrales Risikomanagement setzt fachliche Grundlagen voraus, welche die vorhandenen Ri-siken darstellen. Das Gefahrenpotenzial wird im Wesentlichen durch Gefahren-, Gefahrenhin-weis- und Intensitätskarten ausgewiesen. Eine grobe Übersicht über die Schadenpotenzialeliefern die kommunalen Nutzungspläne. Bei detaillierten Risikobeurteilungen sind fallweisevertiefte Abklärungen erforderlich, welche die räumliche Verteilung der Schadenpotenziale(Schadenpotenzialkarte) und deren Charakteristika (Wert, Schadenempfindlichkeit) aufzeigen.Das Risikokonzept der PLANAT (Bründl 2009) liefert die methodischen Grundsätze dazu, wieRisiken bewertet werden und wie damit umgegangen wird.

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4.2.1 Detaillierungsgrad

Der Raum wird unterschiedlich intensiv genutzt und beinhaltet verschiedene Nutzungen. Beider Ausarbeitung der Gefahrengrundlagen wird diesem Sachverhalt durch einen abgestuftenDetaillierungsgrad der Bearbeitung Rechnung getragen (Tab. 1).

4.2.2 Gefahrenkarte, Gefahrenhinweiskarte

Die Gefahrenkarte macht flächendeckend Aussagen zur Gefährdung (oder Nichtgefährdung)eines Gebietes, der Art des gefährlichen Prozesses (Gefahrenart) sowie der Intensität und derEintretenswahrscheinlichkeit bzw. Häufigkeit des zu erwartenden Prozesses. Die Bestimmungder Gefahrenstufe (rot, blau, gelb, gelb-weiss) erfolgt anhand der Kriterien Intensität undWahrscheinlichkeit eines Gefahrenprozesses (Intensitäts-Wahrscheinlichkeits-Diagramm,Fig. 6).

Fig. 6: Die Gefahrenstufen im Intensitäts-Wahrscheinlichkeits-Diagramm.

Bei Rutschungen handelt es sich oft um kontinuierliche Prozesse. Phasen langsamer oder kaum wahr-nehmbarer Bewegungen können mit Phasen verstärkter Bewegung wechseln (aktive Phasen). Die Wahr-scheinlichkeit von aktiven Phasen ist fallweise zu beurteilen. Wegen des permanenten Charakters man-cher Rutschungen erfolgt die Gefahrenbeurteilung im 1-Säulen-Diagramm. Die Disposition zu aktivenPhasen oder räumlicher Konzentration von differenziellen Bewegungen kann zu einer Verschärfung derGefahrenstufe führen (siehe Pfeile). Umgekehrt ist bei sehr tiefgründigen, sich homogen verhaltendenRutschungen eine Reduktion der Gefahrenstufe möglich.

Die Bedeutung der Gefahrenstufen ist aus Tab. 7 und Anhang E ersichtlich. Beispiele: SS3 (häufigerSteinschlag schwacher Intensität), RPM10R (permanente mittelgründige Rutschung schwacher Aktivi-tät mit Potenzial zu mässigen Aktivierungen).

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Die Gefahrenkarte mit den Gefahrenstufen rot, blau, gelb und gelb-weiss beschränkt sich aufGebiete grosser Bearbeitungstiefe (Perimeter A, Tab. 1). Im Perimeter B (Tab. 1) wird die Ge-fährdung durch Prozesswirkungsräume ausgedrückt. Intensität und Wiederkehrperiode einerGefahrenart bleiben dort unbestimmt, die Darstellung erfolgt einfarbig (braun). Die Gefahren-hinweiskarte macht die Aussage, ob an einer bestimmten Stelle eine Gefahr vorhanden istoder nicht. Bei Einzelgebäuden wird jedoch eine konkrete Aussage zur lokalen Gefährdungdurch Angabe der mutmasslichen Gefahrenstufe (rot, blau, gelb, gelb-weiss) gemacht.

Im Perimeter C (Tab. 1) wird keine Gefahrenhinweiskarte erstellt. Analog zum Perimeter Bwird bei Einzelgebäuden eine Aussage zur lokalen Gefährdung gemacht.

Tab. 1: Bearbeitungstiefen der Gefahrenkarte in Abhängigkeit der Schadenpotenziale. Die Bedeutungder Gefahrenstufen sind aus Tab. 7 und Anhang E, weitere Einzelheiten zur Naturgefahrenkarte ausAnhang C ersichtlich.

Die Gefahrenkarte ist kein statisches, unabänderliches Dokument. Bedrohungen durch Natur-gefahren können sich im Laufe der Zeit ändern (Wald, Klima) und aus Naturgefahrenereignis-sen können neue Erkenntnisse gewonnen werden. Daher ist die Gültigkeit von Gefahrenkartenperiodisch zu überprüfen, insbesondere nach grösseren Ereignissen. Und gegebenenfalls sindAnpassungen vorzunehmen. Nach der Realisierung von wirksamen Schutzmassnahmen ist ei-ne Rückstufung der Gefahrenbereiche möglich. „PLANAT Protect“ (Romang et al. 2009) lie-fert dazu konkrete Angaben.

Für weitere Einzelheiten zu den Naturgefahrenkarten wird auf Anhang C verwiesen.

Der Kanton Schwyz wird im Rahmen der verfügbaren Ressourcen bis Ende 2011 für das ge-samte Kantonsgebiet über zeitgemässe integrale Naturgefahrenkarten verfügen.

Perimeter Bearbeitungstiefe Darstellungder Gefahrenflächen

A. Gebiete mit permanenter oder zeitweiseerhöhter Präsenz von Personen, Konzentra-tion von Sachwertenà Siedlungsgebiete,Ansammlung von bewohnten Häusern (Wei-ler), Restaurants, Hotels, Stationen (aus-serhalb des eigentlichen Siedlungsgebie-tes).

Detailliert („parzellenscharf“). Gefahrenstufen

rot

blau

gelb

gelb-weiss

B. Gebiete mit permanenter oder zeitweiserPräsenz einzelner Personen, lokale Sach-werte à dauernd bewohnte Einzelgebäude,zeitweise bewohnte Gebäude (u.a. Ferien-häuser), Landwirtschaftsgebäude (u.a.Ställe), Landwirtschaftsgebiet.

Weniger detailliert. Darstel-lung der Gefahrenflächen alsGefahrenhinweisbereiche. Beivorhandenen Schadenpotenzi-alen punktuell detailliertereBearbeitung (analog A).

Gefahrenhinweisbereich

braun

C. In diesen Gebieten halten sich Personenzeitlich und zahlenmässig äusserst begrenztauf. Sachwerte sind nur sehr lokal vorhan-den (z.B. Alphütte).Dieser Perimeter wird nur in einzelnen ab-gelegenen Gebieten ausgeschieden.

Keine Darstellung von Gefah-renflächen. Bei vorhandenenSchadenpotenzialen punktuelldetailliertere Bearbeitung(analog A).

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Die Gefahrenkarte bildet die fachliche Grundlage für die Berücksichtigung der Naturgefahrenbei allen raumwirksamen Aufgaben und Tätigkeiten. Zu beachten ist sie besonders beim:

· Erarbeiten und Genehmigen von Richt- und Nutzungsplänen, bei Konzepten und Sachplä-nen des Bundes sowie in den dazu erforderlichen Grundlagen.

· Planen, Errichten, Verändern und Nutzen von Bauten und Anlagen.· Erteilen von Konzessionen und Bewilligungen für Bauten und Anlagen sowie anderer Nut-

zungsrechte.· Ausrichten von Beiträgen an Bauten und Anlagen (insbesondere Verkehrs- und Versor-

gungsabgaben, Wohnbauten, Hangsanierungen, Bodenverbesserungen oder Schutzmass-nahmen).

Laut § 93, Bst h, des kantonalen Planungs- und Baugesetzes (PBG) ist die Bevölkerung in ge-eigneter Form in die Erarbeitung von Gefahrenkarten einzubeziehen. Dies geschieht im Rah-men eines Mitwirkungsverfahrens. Während der 30-tägigen öffentlichen Auflage kann sich dieBevölkerung zuhanden des federführenden Amtes schriftlich äussern. Berechtigte Einwändekönnen zu Anpassungen an der Gefahrenkarte führen. Eine Einsprachemöglichkeit bestehterst auf Stufe Umsetzung in die kommunale Nutzungsplanung. Bei der Umsetzung werden dieGemeinden auf Wunsch durch die kantonalen Fachstellen unterstützt (Amt für Wald und Na-turgefahren, Amt für Wasserbau, Amt für Raumentwicklung).

4.2.3 Intensitätskarten

Intensitätskarten sind eine Vorstufe der Gefahrenkarte. Darin werden szenarienbezogen Flä-chen gleicher Intensität bzw. Intensitätsbereiche abgebildet. Die Darstellung erfolgt in dender Gefahrenkarte zu Grunde gelegten Intensitätsabstufungen (siehe Anhang D) und den Sze-narien für ein häufiges (30-jährliches), seltenes (> 30- bis 100-jährliches) und sehr seltenes(> 100- bis 300-jährliches) Ereignis. Im Rahmen der Gefahrenkartenerstellung werden imKanton Schwyz Intensitätskarten durchwegs bei den Hochwassergefahren (inkl. Murgang),meist bei den Sturzgefahren und teils bei den Lawinengefahren erstellt.Bei der Erstellung von Gefahrenkarten konzentriert sich die Erarbeitung von Intensitätskartenauf den Perimeter A. Sie bilden zudem eine unentbehrliche Grundlage für Risikoanalysen unddie Massnahmenplanung gemäss dem PLANAT-Risikokonzept (Bründl 2009). Je nach Prob-lemstellung (z.B. Risikoanalyse von Verkehrsachsen) können dabei auch andere Szenarienoder Intensitätsbereiche abgebildet werden.

4.2.4 Richtlinien, Wegleitungen, Empfehlungen

Die Erstellung der erwähnten Gefahrengrundlagen stützt sich auf verschiedene Regelwerke,vorab solcher des Bundes. Sie werden periodisch revidiert und den neuen Gegebenheiten oderErkenntnissen angepasst. Für die wichtigsten, zum Zeitpunkt des Erlasses der vorliegendenkantonalen Naturgefahrenstrategie gültigen Regelwerke des Bundes wird auf die Literatur inKap. 11 verwiesen.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 20

4.3 Welcher Schutz zu welchem Preis?

Integrales Risikomanagement ist eine Daueraufgabe und kann nicht von heute auf morgenimplementiert werden. Vielmehr ist es ein Prozess. Dessen Ziel besteht darin, die vorhande-nen Risiken auf ein tragbares Mass zu verringern.

Ein wichtiger Bestandteil jeder sicherheitsrelevanten Planung ist die Bestimmung der Risikenund deren Vergleich mit vorgegeben Richtgrössen (Schutzziele, Grenzwerte). Dabei ist zwi-schen Personenrisiken und Sachrisiken zu unterscheiden. In einer Gefahrensituation, welcheaus den unter Kap. 4.2 aufgeführten Grundlagen hervorgeht, sind in der Regel sowohl Perso-nen- als auch Sachrisiken betroffen. Je nach Prozessart ist der Anteil der jeweiligen Risiko-gruppe unterschiedlich gross. Hochwasser schlagen sich tendenziell vor allem in Sachschädennieder, Sturzereignisse oder Lawinen auch in Personenschäden.

Die in Kap. 4.4.1 dargestellten Schutzziele bilden die Grundlage für eine erste, übersichts-mässige Bewertung allfälliger Schutzdefizite auf der Basis von Gefahren- (Kap. 4.2.2) respek-tive Intensitätskarten (Kap. 4.2.3).

4.3.1 Personenrisiken

Besondere Schwierigkeiten bereitet die Bewertung des Menschenlebens (Personenrisiko). DasRisikokonzept der PLANAT (Bründl 2009) liefert dazu konkrete Angaben. Dabei sind zwei Ar-ten von Personenrisiken zu betrachten:

§ Individuelles Todesfallrisiko: Risiko eines Individuums, in einer bestimmten Gefahrensitu-ation zu Tode zu kommen. Es drückt die zusätzliche Wahrscheinlichkeit zur natürlichenSterbewahrscheinlichkeit aus.

§ Kollektives Todesfallrisiko: jährliche Wahrscheinlichkeit, dass aus einer bestimmten Per-sonengruppe oder Gemeinschaft in einer bestimmten Gefahrensituation zufällig eine Per-son ums Leben kommt.

Bei einer Risikobeurteilung sind sowohl das individuelle wie auch das kollektive Todesfallrisi-ko zu bewerten. Als Grenzwert für das individuelle Todesfallrisiko gilt nach heutiger Auffas-sung der Bereich zwischen 1´10-4 bis 1´10-5 (Bründl 2009, Teil A, Tab. 4.2).

Individuelles Todesfallrisiko1´10-2 1´10-3 1´10-4 1´10-5 1´10-6 1´10-7 1´10-8

Fig. 7: Skalierung des individuellen Todesfallrisikos.

Ist das individuelle Todesfallrisiko grösser als 1´10-5, so sind Massnahmen zu prüfen, um dasSchutzdefizit zu reduzieren. Inwieweit dabei das Todesfallrisiko im Grenzbereich zwischen1´10-4 bis 1´10-5 noch zu akzeptieren ist, hängt auch von der Personengruppe ab, die diesesRisiko zu tragen hat. Der Wert von 1´10-5 steht für Personengruppen mit weitgehend fehlen-der Selbstbestimmung, derjenige von 1´10-4 für Gruppen mit einer gewissen Selbstbestim-mung. So hat beispielsweise ein Benutzer eines öffentlichen Verkehrsmittels praktisch keineSelbstbestimmung, währenddem bei der Ausübung verschiedener Berufsgattungen (z.B.Strassenunterhaltsdienst) eine gewisse Selbstbestimmung bzw. Sensibilisierung für Risikosi-tuationen vorhanden ist. In der Praxis ist es jedoch meist nicht möglich, eine Unterscheidungzwischen diesen Personengruppen vorzunehmen. Deshalb wird der Grenzwert des zulässigen

nicht akzeptabel akzeptabelgrenzwertig

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 21

individuellen Todesfallrisikos auf 1´10-5 festgelegt. Bei Aktivitäten, die in eigener Verantwor-tung ausgeübt werden, sieht dies jedoch anders aus: Hier können die Betroffenen nicht davonausgehen, dass eine Institution das Risiko für sie begrenzt (zum Beispiel Freizeitaktivitätenim Gebirge).

Selbst wenn die individuellen Risiken aller Personen in einem Gefahrenbereich tief genugsind, kann für das Kollektiv dennoch ein hohes kollektives Risiko bestehen. Die Gesellschafthat ein Interesse, die Gesamtzahl der Opfer niedrig zu halten, unabhängig davon, ob es sichum Personen mit niedrigem oder hohem individuellem Todesfallrisiko handelt. Das kollektiveTodesfallrisiko wird nicht als Sterbewahrscheinlichkeit, sondern über einen Grenzkostenansatzausgedrückt. Die Grenzkosten für die Verhinderung eines Todesfalls werden auf fünf MillionenFranken festgelegt. Dabei ist zu betonen, dass diese Zahl nicht den Wert eines Menschenle-bens beziffert, sondern demjenigen Betrag entspricht, den die Gesellschaft im Rahmen ihrerrisikoübergreifenden Sicherheitsanstrengungen zu zahlen bereit oder in der Lage ist. Im Rah-men einer Risikoanalyse wird das kollektive Todesfallrisiko mit fünf Millionen Franken pro To-desfall monetarisiert und in der Regel zusammen mit den Sachschäden zu einem gesamtenSchadenerwartungswert kumuliert.

Konkrete Angaben zu den in Abhängigkeit von Gefahrenart und Intensität auftretenden Letali-täten liefern die gefahrenbezogenen Richtwerte nach EconoMe (siehe Glossar Kap. 12).

4.3.2 Sachrisiken

Sachrisiken werden über das im Ereignisfall zu erwartende Schadenausmass quantifiziert.Dabei ist zu unterscheiden zwischen direkten und indirekten Schäden. Während die direktenSchäden mehr oder weniger deutlich sicht- und messbar sind, können auch indirekte Schädenoder Folgeschäden auftreten, die nicht unmittelbar sichtbar sind (z.B. BetriebsunterbruchGewerbe, Streckenunterbruch Bahn). Hinweise zur Quantifizierung von Sachschäden liefertBründl 2009. Für die Richtwerte (Schadenempfindlichkeit in Abhängigkeit der Intensität ei-nes bestimmten Gefahrenprozesses) wird auf das Berechnungstool EconoMe verwiesen.

4.3.3 Risikoaversion

Als Risikoaversion wird das Phänomen bezeichnet, dass Risiken von Ereignissen mit wachsen-dem Schadenausmass trotz abnehmender Eintretenswahrscheinlichkeit aus verschiedenenGründen eine überproportionale Bedeutung beigemessen wird. Grossereignisse werden ten-denziell gravierender wahrgenommen als kleinere Ereignisse. In der Risikoanalyse kann dieseAversion durch den Einbezug von Aversionsfaktoren berücksichtigt werden. Ansätze dazu lie-fert das Risikokonzept der PLANAT (Bründl 2009).

Bei der Quantifizierung von Naturgefahrenrisiken im Kanton Schwyz wird auf die Verwendungvon Aversionsfaktoren verzichtet, welche die momentane Wahrnehmung der Bevölkerung ge-genüber grösseren Ereignissen reflektieren („weicher“ Faktor). Ausnahmen sind klar zu be-gründen. Vorbehalten bleiben Entscheide des Bundes im Rahmen des NFA, welche schweiz-weit die Verwendung von Aversionsfaktoren verlangen würden.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 22

4.4 Vorbeugung

Vorbeugung will Risiken vermeiden oder vermindern. Sie erfolgt risikoorientiert und setzt beimSchadenpotenzial, dem Gefahrenpotenzial oder beidem an. Vorbeugung wird in die BereichePrävention und Vorsorge unterteilt. Auch andere Pfeiler des integralen Risikomanagements(Intervention, Regeneration) tragen zu einer Verminderung der Risiken bei.

Präventive und/oder organisatorische Massnahmen setzen dort an, wo in einem ersten Schrittder Gefahren- und Risikobeurteilung Schutzdefizite (Kap. 4.4.1) erkannt worden sind. In ei-nem zweiten Schritt geht es darum, geeignete Massnahmen zu evaluieren und diese unter Be-rücksichtigung ökonomischer (Kosteneffizienz), sozialer (Partizipation) und ökologischer As-pekte hinsichtlich ihrer Zweckmässigkeit zu prüfen. Das grundsätzliche Vorgehen geht ausdem PLANAT-Risikokonzept (Bründl 2009) hervor.

Figur 8 illustriert die Vorgehensschritte, die - basierend auf den Gefahrengrundlagen - län-gerfristig eine Minimierung der Risiken herbeiführen.

Fig. 8: Generelles Vorgehen bei der Gefahren- und Risikoevaluation.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 23

Nebst den mit dem Naturgefahrenmanagement beauftragten Amt für Wald und Naturgefahrensowie dem Amt für Wasserbau sind im Bereich Vorbeugung des integralen Risikomanage-ments hauptsächlich folgende Verwaltungseinheiten involviert:

Departement Verwaltungseinheit Aufgabenbereiche

Volkswirtschaft Amt für Raumentwicklung Richt- und Nutzungsplanung, Baugesuchszentrale

Amt für Landwirtschaft Strukturverbesserungen

Sicherheit Amt für Militär, Feuer- undZivilschutz

§ Vorsorge in den Bereichen Ereignisbewältigung(Schadenwehren*, Zivilschutz)§ Stabsführung, Katastrophenhilfe

§ Koordination in Notlagen

Kantonspolizei Alarmierungskonzept

Bau Tiefbauamt kantonale Verkehrswege

Hochbauamt kantonale Liegenschaften

Umwelt Amt für Umweltschutz § Trinkwasserversorgung

§ Entsorgungseinrichtungen

Amt für Vermessung undGeoinformation

Visualisierung der relevanten Gefahrengrundlagenfür Behörden und Öffentlichkeit (WebMap, Internet)

Inneres Amt für Gesundheit undSoziales

Gesundheitsvorsorge, Spitalversorgung

Bildung Amt für Kultur Kulturgüterschutz

* unter Leitung der Gemeinde

Tab. 2: Hauptsächlich beteiligte kantonale Verwaltungseinheiten auf Stufe der Vorbeugung.

4.4.1 Schutzziele

Vorbeugung ist das A und O des integralen Risikomanagements. Nicht alle Raumnutzungenbedürfen derselben Sicherheit (Schutzziel). Der Schutz eines Siedlungsgebietes etwa ist un-gleich wichtiger einzustufen als jener einer landwirtschaftlichen Nutzfläche.

Schutzziele legen fest, bis zu welchem Ausmass Naturgefahrenereignisse unter Inkaufnahmevon Schäden tolerierbar sind. Deshalb sind sie für verschiedene Nutzungs- oder Objektkatego-rien abgestuft (differenzierte Schutzziele).

Bei den nach Objektkategorien differenzierten Schutzzielen wird in verallgemeinernder Formein Bezug zu Personen- und Sachrisiken hergestellt. Je intensiver eine Nutzung ist, destogrösser ist im Falle eines Naturgefahrenereignisses ein Personen- und/oder Sachschaden. Ineinem Siedlungsgebiet halten sich stets Personen in relativ grosser Zahl auf und die Sachwer-te sind räumlich konzentriert. Ein Naturgefahrenereignis kann aufgrund der Konzentrationschnell zu erheblichen Schäden führen. Deshalb gelten in solchen Gebieten hohe Schutzziele.Naturgefahren sollen in solchen Gebieten nur sehr selten und mit schwacher Intensität wirkenkönnen.

Bei den Nutzungen sind zwei Kategorien zu unterscheiden: Die Punkt-/Flächennutzungen unddie Liniennutzungen. Letztere beinhalten Infrastrukturen, die für die Funktionstüchtigkeit derGesellschaft und der Wirtschaft wichtig sind (vorab Verkehrsachsen, Ver- und Entsorgungsan-lagen). Dabei spielt die Verfügbarkeit eine wesentliche Rolle, weshalb bei Infrastrukturenauch Schutzziele für sehr häufige Ereignisse (Wiederkehrperiode < 3 Jahre und 3-10 Jahre)festgelegt werden. Vereinfacht wird davon ausgegangen, dass die Intensität eines Naturgefah-renereignisses proportional zur Unterbruchsdauer einer Infrastrukturanlage steht. Weiter ist zubeachten, dass beispielsweise Leitungen der Energieversorgung durchaus durch ein Gefahren-

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 24

gebiet führen können, sofern die erdgebundenen Anlageteile (Masten) nicht gefährdet respek-tive entsprechend geschützt sind.

Bei den Verkehrsachsen sind die Schutzziele weniger hoch angesetzt, als bei den Raumnut-zungen. Das hat mit der Präsenzwahrscheinlichkeit und dem Todesfallrisiko von Personen zutun: Auf einer Strasse ist die Wahrscheinlichkeit eines Treffers durch einen Gefahrenprozessum ein Vielfaches kleiner als in einem Siedlungsgebiet, wo die Präsenzwahrscheinlichkeit ei-ner Person wegen ihres Aufenthaltes wesentlich grösser ist.

Bei Versorgungs- und Entsorgungsanlagen und bei Bahnen gilt in der Regel die Werkeigentü-merhaftung. Danach haben die Betreiber solcher Anlagen für deren sicheren Betrieb zu sor-gen. Das gilt speziell für touristische Einrichtungen (Seilbahnen, Sessellifte, Skilifte), wo diePersonensicherheit auch mittels organisatorischer Massnahmen (u.a. Sperrungen, Einstellungdes Betriebs, vorsorgliche Lawinenauslösung) gewährleistet werden kann.

Schutzziele gelten als Richtwerte, die im Idealfall erfüllt sein sollten. Daraus kann aber keinAnspruch auf Erfüllung abgeleitet werden; dies weder bei bestehenden noch bei zukünftigenNutzungen. Aufgrund limitierter Ressourcen und unter dem Aspekt der Verhältnismässigkeitallfälliger Massnahmen kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese umfassend undüberall realisiert werden können. Im Vordergrund der Zielerreichung stehen Siedlungsgebieteoder Gebiete, in denen eine hohe Konzentration von Schadenpotenzialen besteht. Als Grund-satz gilt:

Der Schutz von Menschen hat oberste Priorität. Andere Schutzansprüche oder Interessen sinddem unterzuordnen.

Gestützt auf die Gefahrenkarte können vor dem Hintergrund der aktuellen Raumnutzung (z.B.gemäss Nutzungsplan) und den in Tab. 3 und 4 für den Kanton Schwyz dargestellten Schutz-zielen Bereiche oder Stellen bestimmt werden, wo in Abhängigkeit der Art des Schadenpoten-zials eine vorgegebene Sicherheit gegenüber Naturgefahren nicht vorhanden ist. Solche Berei-che weisen ein Schutzdefizit (Kap. 4.3) auf. Sie zeigen Schwachstellen auf und verlangennach der Prüfung möglicher Schutzmassnahmen.

Werden nicht tolerierbare Schutzdefizite festgestellt, so ist gemäss dem Ablaufschema(Fig. 8) zu prüfen, mit welchen Massnahmen die vorhandenen Schutzdefizite beseitigt oderreduziert werden können. Dabei ist die gesamte Massnahmenpalette (raumplanerische, bau-lich-technische und/oder organisatorische Massnahmen) in Betracht zu ziehen.

Schutzziele können auch qualitativ bewertet werden, wie dies Borter et al.1999 zeigen (klei-nes, mittleres, hohes Schutzdefizit), was eine Priorisierung des Handlungsbedarfs ermöglicht.

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Objektkategorien bei Punkt- und Flächennutzungen Wiederkehrperiode eines nen-nenswerten Naturgefahrenereig-nisses (in Jahren)

< 30 30-100 100-300

1.1 Sonderobjekte Schutzziel fallweise festlegen

1.2 Geschlossene Siedlungen

Gewerbe- und Industriegebiete

Bauzonen

Freizeit- und Sportanlagen (grosse Menschenansammlungen)

Stationen von Beförderungsmitteln

Campingplätze

2.1 Mehrere Einzelgebäude, Weiler

Freizeit- und Sportanlagen

2.2 Einzelgebäude permanent/zeitweise bewohnt

Ställe, Scheunen

Unbewohnte Gebäude (Sachwert > ca. Fr. 100'000)

3.1 Unbewohnte Gebäude (Sachwert < ca. Fr. 100'000)

Schuppen, Schöpfe, Remisen

Intensive Landwirtschaft

3.2 Wander- und Fusswege (gelb)

Flurwege

Alpweiden mit grossen Viehbeständen

Extensive Landwirtschaft

3.3 Berg- und Wanderwege (rot-weiss, blau-weiss)

Standortgebundene Bauten (Objektschutz erforderlich)

Naturlandschaften

Alpweiden

Legende: Maximal zulässige Intensität bezogen auf verschiedene Wahrscheinlichkeitsklassen (Wieder-kehrperioden). Bei kontinuierlichen Prozessen (Fig. 6, 1-Säulen-Diagramm rechts) ist die zulässige In-tensität durch die Kolonne für die Wiederkehrperiode 30-100 Jahre bestimmt. Die Intensität ist danngleichzusetzen mit der Gefahrenstufe (schwache Intensität = gelbe, mittlere = blaue, starke = rote Ge-fahrenstufe).

Intensität keine Einwirkung schwach mittel stark

Lesebeispiel: Für Siedlungsgebiete (Objektkategorie 1.2) darf bis zu einem 30-jährlichen (häufigen)Ereignis kein Gefahrenprozess einwirken. Bei einem seltenen (> 30- bis 100-jährlichen) wie auch sehrseltenen (> 100- bis 300-jährlichen) Ereignis dürfen maximal schwache Intensitäten auftreten.

Tab. 3: Schutzzielmatrix für Punkt- und Flächennutzungen im Kanton Schwyz.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 26

Objektkategorien bei wichtigen Liniennutzungen Wiederkehrperiode eines nennenswerten Natur-gefahrenereignisses (in Jahren)

< 3 3-10 10-30 30-100 100-300

1.1 Bahn international (Alp-Transitstrecke) gemäss internen Weisungen SBB

2.1 Seilbahnen, Ski- und Sessellifte (*)

2.2 Strasse national, nationales Ergänzungsnetz

Versorgungsanlagen transnational/national (*)

3.1 Ver- und Entsorgungsanlagen regional (**)

Verkehrswege kantonal wichtig

3.2 Ver- und Entsorgungsanlagen kommunal (**)

Verkehrsweg kantonal untergeordnet

Verkehrswege kommunal wichtig

3.3 Verkehrswege kommunal

(*) wichtige Anlageteile(**) soweit nicht Sonderobjekt (z.B. ARA)

Legende: Maximal zulässige Intensität und mutmassliche Korrelation mit der Verfügbarkeit bezogen aufverschiedene Wahrscheinlichkeitsklassen (Wiederkehrperioden).

Intensität keine Einwirkung schwach mittel stark

Verfügbarkeit/Unterbruch

Kein Unterbruchoder maximal we-

nige Stunden

Mehrere Stundenbis maximal 1 Tag

1-7 Tage > 7 Tage

Tab. 4: Schutzzielmatrix für Liniennutzungen im Kanton Schwyz.

4.4.2 Prävention

Ziel der Prävention ist es, mittels permanent wirksamen Massnahmen zu einer langfristigenRisikoreduktion beizutragen. Es ist zu unterscheiden zwischen§ raumplanerischen Massnahmen (Richtplan, Zonenplan),§ baulich-technischen Masssnahmen (Verbauwerke),§ biologischen Massnahmen (Schutzwald).

4.4.2.1 Raumplanerische Massnahmen

Raumplanerische Massnahmen stehen im Vordergrund aller präventiven Massnahmen. Sie zie-len auf das Schadenpotenzial und beeinflussen das Gefahrenpotenzial nicht. Mit den Mittelnder Raumplanung wird sichergestellt, dass die Nutzung des Raumes auf die potenzielle Ein-wirkung von Naturgefahren abgestimmt ist, vorhandene Risiken gesenkt und neue vermiedenwerden (Instrumente siehe Tab. 5).

Für Siedlungsgebiete gilt im Wesentlichen, Gefahrenräume zu meiden oder – wo dies mangelsvertretbarer Alternativen nicht möglich ist – durch andere Massnahmen dafür zu sorgen, dassdas Risikopotenzial begrenzt bleibt. In Gebieten mit bewohnten Gebäuden in Bereichen er-heblicher Gefährdung kann in einzelnen Fällen auch eine Umsiedlung in ein gefahrenloses

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 27

Gebiet geprüft werden. Nach heutiger Praxis (NFA Schutzbauten) anerkennt der Bund eineUmsiedlung als eine beitragsberechtigte Schutzmassnahme, sofern das erheblich gefährdeteHaus permanent bewohnt ist oder sich innerhalb des rechtskräftig ausgeschiedenen Sied-lungsgebietes befindet und die Umsiedlung innerhalb der Gemeinde oder wenigstens inner-halb der Region stattfindet.

Ist der bestehende Schutzgrad ausreichend, ist durch geeignete Nutzungsvorschriften sicherzu stellen, dass Gefahren- und/oder Schadenpotenziale nicht unkontrolliert wachsen und des-halb Schutzmassnahmen notwendig werden. Dort wo dank Schutzmassnahmen (verbreitet istdies bei den bestehenden Hochwasserschutzmassnahmen der Fall) keine oder eine akzeptableGefährdung gemäss den festgelegten Schutzzielen besteht, ist die Schutzwirkung durch Un-terhalt und Erneuerung zu gewährleisten.

Die Instrumente der Umsetzung von Gefahrengrundlagen in die Raumplanung gehen aus Tab.5 hervor.

Instrumente Funktion Bemerkungen

Gesetzgebung Bund: Nach WBG und WaG berücksichtigendie Kantone die Gefahrenkarten bei allenraumwirksamen Tätigkeiten.Kanton: Das Planungs- und Baugesetz PBGbildet die rechtliche Grundlage des Um-gangs mit Naturgefahren in der Raumpla-nung

PBG in Kraft seit 1. Juli 2008

KantonalerRichtplan

Das Richtplangeschäft Nr. L-3.3 Naturge-fahren und Raumbedarf Fliessgewässer legtden Handlungsbedarf fest (Ausarbeitungvon Naturgefahrenkarten) und bezeichnetdie sachzuständigen kantonalen Stellen(Amt für Wald und Naturgefahren, Amt fürWasserbau).

Behördenverbindlich

KommunalerNutzungsplan

Im Nutzungsplan wird die zweckmässigeNutzung des Bodens festgelegt. Dort woGefährdungen vorhanden sind, werden Ge-fahrenzonen ausgeschieden (§ 20 Abs. 3PBG). Im Weiteren wird der Raumbedarfder Fliessgewässer festgelegt (§ 66 Abs. 2PBG).

Parzellengenau, grundeigentü-merverbindlich

Baureglement Erlass von Vorschriften für Bauten und An-lagen in Gefahrenzonen.

Gefahrenzonen bezogen undprozessabhängig, grundeigen-tümerverbindlich

Baubewilligung Prüfung, ob ein konkretes Bauprojekt diegesetzlichen und planerischen Vorgabenhinsichtlich Naturgefahren erfüllt

Gesuchsstellerverbindlich

Bei Bedarf Antrag auf Nichtbe-willigung oder Auflage von Mas-snahmen (z.B. Objektschutz)

Richtlinien Festlegung einer einheitlichen und rechts-gleichen Vollzugspraxis

Behördenverbindlich

Wegleitungen,Empfehlungen etc.

Aufzeigen von Strategien, Methoden undVerfahren im Umgang mit Naturgefahrenund deren Risiken

Informationsmaterialien, welcheje nach Verbreitung den Statusvon anerkannten Sachregeln er-langen können

Tab. 5: Instrumente der raumplanerischen Umsetzung von Naturgefahren im Kanton Schwyz (in Anleh-nung an ARE, BWG, BUWAL 2005).

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 28

Ausscheidung von Gefahrenzonen im Zonenplan

Laut dem PBG sind Gefahrenkarten innerhalb von zwei Jahren in die kommunale Nutzungs-planung umzusetzen. Damit stehen die Gemeinden in Verantwortung. Im Zonenplan sind dieentsprechenden Gefahrenzonen auszuscheiden (§ 20 Abs. 3 PBG). Sinnvollerweise erfolgt pa-rallel dazu die Ausscheidung des Raumbedarfs Fliessgewässer (§ 66 Abs. 2 PBG).

Die Umsetzung der integralen Naturgefahrenkarte in die Raumplanung ist anspruchsvoll. Sieerfordert von den kommunalen Behörden eine intensive Auseinandersetzung mit der Naturge-fahrensituation. Zweckmässigerweise erfolgt diese Auseinandersetzung in einer Kommission,in der neben den Behörden und dem Ortsplaner auch ein Naturgefahrenspezialist, vorzugswei-se der mit den örtlichen Gegebenheiten vertraute Ersteller der Naturgefahrenkarte, vertretensein sollte.

Bei der Umsetzung werden die Gefahrenflächen der integralen Naturgefahrenkarten nicht 1:1in den Zonenplan übertragen, sondern die Begrenzung der Gefahrenbereiche wird auf den Ver-lauf der Parzellengrenzen umgesetzt (Fig. 9). Parzellen können von mehr als einem Gefahren-prozess betroffen sein und auch mehrere Gefahrenstufen umfassen, besonders bei grösserenParzellen. Demzufolge sind auf einer Parzelle grundsätzlich verschiedene Nutzungsbestim-mungen möglich.

Gefahrenzonen werden als eine die Grundnutzung überlagernde Zone ausgeschieden.

Brutale Gefahren [B] Graduelle Gefahren [G]§ Im Ereignisfall in der Regel keine oder nur

relativ kurze Vorwarn-/Reaktions-/Interventionszeit.

§ Hohe Verletzlichkeit von Personen. Potenzialfür rasche Gebäudezerstörungen. HoheSchadenempfindlichkeit von Sachwerten.

§ Es besteht wenig Zeit für Evakuationen. DieMöglichkeit für temporäre Schutzmassnah-men ist stark begrenzt.

§ Im Ereignisfall in der Regel begrenzte bisausreichende Vorwarn-/Reaktions-/Interventionszeit.

§ Verletzlichkeit von Personen begrenzt bis sehrgering. Schäden an Gebäuden, aber in derRegel keine raschen Gebäudezerstörungen.Schadenempfindlichkeit von Sachwerten be-grenzt.

§ Es besteht Zeit für Evakuationen. Es könnentemporäre Schutzmassnahmen getroffen wer-den.

Gefahrenarten Kürzel Gefahrenarten KürzelFels- und Bergsturz SFStein-/Blockschlag SSEissturz ESSpontane Rutschung RS Permanente Rutschung, Hangkriechen RPFliess- und Staublawine FL/SL Gleitschnee GHangmure HMHochwasser: Murgang Wildbäche MHochwasser: Überschwemmung,Übersarung Wildbäche

U/US Hochwasser: Talbäche und –flüsse U

Ufererosion Wildbäche, Talbäche und-flüsse

E

Seeuferrutschung RU Hochwasser: Seen UEinsturz (Doline), Bodenabsenkung D

Tab. 6: Charakterisierung der Naturgefahren hinsichtlich Vorwarn-, Reaktions- und Interventionszeiten(stark vereinfacht und schematisch).

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 29

Bei der Ausscheidung von Gefahrenzonen ist zwischen brutalen und graduell ablaufenden Ge-fahrenprozessen zu differenzieren (Tab. 6). Diese beiden Prozessgruppen sind gekennzeichnetdurch unterschiedliche Vorwarn-/Reaktions- und Interventionszeiten. Im Ereignisfall ergebensich daraus verschiedene Gefährdungen, namentlich von Personen. Beispielsweise ist einBlocksturz ein plötzlich eintretendes und rasch ablaufendes Ereignis, währenddem sich einSeehochwasser relativ langsam und kontinuierlich heranbildet, dann aber auch längere Zeitbestehen kann. Diese prozessabhängigen Unterschiede bedingen eine raumplanerisch diffe-renzierte Behandlung, welche sich in der Nutzung und im Baureglement niederschlagen.

Brutale Gefahrenprozesse sind in der Nutzung und im Baureglement grundsätzlich restriktiverzu handhaben als graduelle Gefahren.

Die aus der Gefahrenkarte übertragenen Gefahrenbereiche bilden die Gefahrenzonen gemäss§ 20 Abs. 3 PBG. Sie sind wie folgt zu bezeichnen:

Gefahrenstufe in Gefahrenkarte Gefahrenzone im Nutzungsplan

Brutale Gefahren [B] Graduelle Gefahren [G]

erhebliche Gefährdung Gefahrenzone B1 Gefahrenzone G1

mittlere Gefährdung Gefahrenzone B2 Gefahrenzone G2

geringe Gefährdung Gefahrenhinweiszone B* Gefahrenhinweiszone G*

Restgefährdung In der Regel keine Ausscheidung. Information der Betroffe-nen durch die Gemeinde.

Gefahrenhinweis

* Falls die Lesbarkeit des Nutzungsplans eingeschränkt ist, kann allenfalls auf eine grafische Darstel-lung verzichtet werden. Jedoch hat die Gemeinde die Betroffenen über den Sachverhalt zu orientieren.

Tab. 7: Bezeichnung der Gefahrenzonen im Nutzungsplan.

Die allgemeine Bedeutung der Gefahrenstufen für die Nutzungsplanung geht aus Tab. 8 her-vor. Sie kann im Zonen- und Baureglement sinngemäss differenziert und präzisiert werden.

Treten innerhalb einer Parzelle mehrere Gefahrenstufen auf, so ist die höhere Stufe zonenbe-stimmend (rot > blau > gelb > gelb-weiss; brutale Gefahren vorrangig vor graduellen Gefah-ren). Im Gefahrenhinweisbereich (braun) ist eine Betrachtung des Einzelfalls auf der Basis derEinzelgefahrenkarten erforderlich (brutal > graduell). Eine Parzelle kann zudem von mehr alseinem Gefahrenprozess betroffen sein. Bei grossen Parzellen oder solchen, auf denen topogra-fische Gegebenheiten die Gefährdung unzweifelhaft auf eine klar definierte Teilfläche begren-zen, kann die Parzelle in verschiedene Gefahrenzonen unterteilt werden.

Werden Gefahrengebiete durch Schutzmassnahmen (z.B. Schutzdamm) gesichert, so ist eineRückstufung der ursprünglich ausgeschiedenen Gefahrenstufe möglich. Eine Rückstufungkann allerdings nur erfolgen, wenn die Schutzmassnahme verschiedene baulich-technische(Wirksamkeit) und organisatorische (langfristig geregelter Unterhalt) Voraussetzungen erfüllt(siehe Kap. 4.4.2.2 und Romang et al. 2009).

Die raumplanerische Berücksichtigung von Schutzmassnahmen hat fallweise, in Absprachemit den zuständigen kantonalen Ämtern (AWN, AWB, ARE) zu erfolgen. In einem durchSchutzmassnahmen gesicherten Gebiet bleibt mindestens eine Restgefährdung bestehen,denn jede Schutzmassnahme hat einen Überlastfall und kann ab einer bestimmten Ereignis-grösse versagen.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 30

Fig. 9: Umsetzung von Gefahrenkarten in die Nutzungsplanung (Beispiel schematisch). Links: Aus-schnitt aus der Gefahrenkarte. Die Kürzel kennzeichnen Gefahrenart (Tab. 6) und Feldnummer (Fig. 6)des Gefahrenstufendiagramms. Rechts: Umsetzung der Gefahrenbereiche im Zonenplan.

Für Änderungen in der Gefahrenkarte ist der Kanton zuständig. Sie erfolgen in Absprache mitder betroffenen Gemeinde. Der Kanton führt die Gefahrenkarten laufend nach. MassgebendePlangrundlage sind die digitalen, georeferenzierten Gefahrenkarten gemäss dem kantonalendigitalen Datenmodell, welche für die Gemeinden in geeigneter Form zugänglich sind (z.B. imWebMap). Die zuständigen Fachstellen des Kantons sind dafür besorgt, dass quartalsweise(Stichtag 1. Januar, 1. April, 1. Juli, 1. Oktober) jeweils die aktuellste synoptische Naturge-fahrenkarte einer Gemeinde aufgeschaltet wird.

Bei erheblichen Veränderungen der Gefahrensituation sind die Nutzungspläne zu überprüfenund nötigenfalls anzupassen (Art. 21 RPG). Für die Anpassung bei Veränderungen infolge vonSchutzbautenprojekten (Reduktion der Gefährdung) bestehen noch keine Erfahrungen. Daskonkrete Vorgehen muss in den nächsten Jahren anhand der Praxis entwickelt werden.

Zwecks kantonal einheitlicher Darstellung der Gefahrengebiete in den kommunalen Nutzungs-plänen gibt das ARE in Zusammenarbeit mit dem AWN Darstellungsrichtlinien heraus.

Baureglement

Im Bau- und Zonenreglement der Gemeinde werden Vorschriften für die Gefahrenzonen erlas-sen. Vorschriften sind unerlässlich für die Gefahrenzonen 1 und 2 (Tab. 7). Sie schaffenTransparenz und Rechtssicherheit für die Betroffenen (Bauherrschaft, Käufer, Verkäufer). Jeumfassender Auflagen oder Einschränkungen formuliert sind, desto klarer ist die Situation be-reits in einem frühen Planungsstadium.

Die Bestimmungen im Baureglement sind gemäss Tab. 8 differenziert darzustellen. In be-gründeten Fällen können für ein bestimmtes, durch eine spezielle Gefahrensituation charakte-risiertes Gebiet abweichende Vorschriften formuliert werden.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 31

Gefah-renzone

Zonenausscheidung Bau- und Zonenreglement Weitere MassnahmenG

efah

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B1

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1(e

rheb

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Gef

ährd

ung,

rot)

§ Keine Ausscheidungneuer Bauzonen;

§ Rückzonung bzw. Auszo-nung nicht überbauterBauzonen

§ Keine Errichtung oder Erwei-terung von Bauten und Anla-gen;

§ Erlass der notwendigen Nut-zungsbeschränkungen bei be-stehenden Bauten

§ Umbauten und Zweckände-rungen nur mit Auflagen zurRisikoverminderung;

§ Wiederaufbau zerstörter Bau-ten nur in Ausnahmefällenund nur mit Auflagen.

§ Rasche Information der be-troffenen Grundeigentümerund Grundbesitzer über diebestehende Gefährdung unddie notwendigen Massnah-men;

§ Erlass kommunaler Planungs-zonen prüfen (PBG3)

§ Bei Bedarf Anmerkung vonNutzungseinschränkungen imGrundbuch;

§ Rasche Planung und Umset-zung der notwendigen techni-schen und organisatorischenSchutzmassnahmen.

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2,G

2(m

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§ Ausscheidung neuerBauzonen nur mit Aufla-gen und nach Prüfungvon Alternativen und Vor-nahme einer Interessens-abwägung.

§ Keine Erstellung von sensib-len Objekten;

§ Baubewilligung mit Auflagen;§ Erlass der notwendigen Nut-

zungsbeschränkungen bei be-stehenden Bauten;

§ Festlegen von Anforderungenan die räumliche Anordnung,Nutzung und Gestaltung, evtl.auch an die Erschliessung vonBauten und Anlagen;

§ Detaillierte Vorschriften müs-sen je nach Gefahrenart undIntensität unterschiedlichenSchutzmassnahmen Rech-nung tragen.

§ Information der betroffenenGrundeigentümer über die be-stehende Gefährdung;

§ Beratung für mögliche Scha-denverhütungsmassnahmen inZusammenarbeit mit den Ver-sicherungen.

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§ Vermeiden von Zonen, indenen Anlagen mit ho-hem Schadenpotenzialerstellt werden können;

§ Hinweis auf die Gefahren-situation.

§ Empfehlungen für bestehendeBauten;

§ Erwägen von Auflagen beisensiblen Nutzungen odergrösseren Überbauungen jenach Risiko.

§ Information der betroffenenGrundeigentümer über die be-stehende Gefährdung;

§ Beratung für mögliche Scha-denverhütungsmassnahmen inZusammenarbeit mit den Ver-sicherungen;

§ Spezielle technische und or-ganisatorische Massnahmenfür sensible Objekte mit Auf-lagen der Versicherung.

Tab. 8: Bedeutung der Gefahrenstufen (Grundlage Gefahrenkarte) für die Zonenausscheidung sowie fürdas Bau- und Zonenreglement (nach ARE, BWG, BUWAL 2005).

3 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 19. September 2007

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 32

4.4.2.2 Baulich-technische Massnahmen

Infolge der intensiven baulichen Entwicklung sind mancherorts Schutzdefizite entstanden, dienicht mehr allein durch Unterhalt und raumplanerische Massnahmen behoben werden kön-nen. In besiedelten und intensiv genutzten Gebieten stösst die Beschränkung der Nutzung aufungefährdete Räume nicht zuletzt dann an ihre Grenzen, wenn die Spielräume einer Gemein-de zur Siedlungsentwicklung ausgeschöpft sind. Im Kanton Schwyz ist dies zunehmend derFall.

Baulich-technische Massnahmen bieten Schutz vor Naturgefahren. Dies allerdings nur in be-grenztem Ausmass, denn keine Massnahme bietet einen hundertprozentigen Schutz. Bei jederMassnahme gibt es einen Überlastfall. Dazu zählen auch die umfangreichen Hochwasser-schutzprojekte, denen die Siedlungsentwicklung des letzten Jahrhunderts auf den Schwemm-kegeln, in den Talsohlen und den Ebenen letztlich zu verdanken ist.

Baulich-technische Massnahmen wirken auf den Gefahrenprozess. Sie wirken entweder an derGefahrenquelle selbst (z.B. Stützpfeiler zur Sicherung einer instabilen Felspartie, Lawinenver-bau im Anrissgebiet) oder im Transit-/Ablagerungsbereich (z.B. Steinschlagschutznetze,Schutzdamm).

Die Planung baulich-technischer Massnahmen erfolgt risikoorientiert, in Anlehnung an dieGrundsätze des PLANAT-Risikokonzepts für Naturgefahren (Bründl 2009). Das systematischeVorgehen dazu geht aus Tab. 11 hervor.

Eine wichtige Voraussetzung für technisch-bauliche Massnahmen ist deren Kosteneffizienz.Der Nutzen sollte grösser sein als die Kosten, was auch eine Voraussetzung für Beiträge desBundes ist (Mindestanforderungen NFA). Laut Hepperle 2008 ist beim Risikomanagement je-doch klarzustellen, dass ein rein auf Kosteneffizienz ausgerichtetes Denken (wo bringt der in-vestierte Franken am meisten) rechtlich nicht haltbar ist. Die Schutzpflicht besteht schweiz-weit überall, wo Menschen und erhebliche Sachwerte bedroht sind. Folgerichtig kann die Kos-teneffizienz allein nicht einziges Beurteilungskriterium für die Zweckmässigkeit einer Mass-nahme sein. Auch der verfassungsrechtliche Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung und dasPrinzip der ganzheitlichen Betrachtungsweise sind gebührend zu beachten.

Die prozentualen Beitragssätze von Bund und Kanton an technische Schutzmassnahmen sindim Kanton Schwyz für den Hochwasserschutz durch das Wasserrechtsgesetz und die dazu ge-hörende Vollzugsverordnung, im forstlichen Schutzbautenbereich durch eine regierungsrätli-che Richtlinie geregelt.

4.4.2.3 Biologische Massnahmen

Unter den biologischen Massnahmen ist der Schutzwald von herausragender Bedeutung. In-genieurbiologische Massnahmen können ebenfalls dieser Kategorie zugerechnet werden, sindaber von untergeordneter Bedeutung, da ihre Wirkung oft nur schwierig zu erfassen ist (siehePLANAT-Protect, Romang et al. 2009). Sie können indes eine sinnvolle flankierende Mass-nahme sein.

Aufgrund seiner Bedeutung im Kontext Naturgefahren ist der Schutzwald ein Hauptpfeiler dereidgenössischen Forstpolitik. Im Kanton Schwyz umfasst das Schutzwaldareal gut zwei Drittelder Waldfläche (Schweiz: 10-75%). Die Anforderungen an den Schutzwald hinsichtlich Na-turgefahren sind im Bericht „Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald (NaiS)“ fürjede Gefahrenart dargestellt (Frehner et al. 2005). Gesamthaft betrachtet leistet das SystemSchutzwald sehr gute Wirkungen bei Ereignissen kleiner und mittlerer Intensitäten. Bei Ereig-nissen starker Intensität spielen prozessspezifische Besonderheiten eine entscheidende Rolle.Die generelle Wirkung des Schutzwaldes ist hier je nach Ereignis verschiedenartig. Nicht ver-

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 33

gessen werden darf, dass der Schutzwald gegenüber technischen Verbausystemen entschei-dende Vorteile hat: Er wirkt gleichzeitig und auf der gesamten Fläche gegen alle Prozesse(Sandri 2006). Zudem ist der Wald technischen Verbauungen auch in ästhetischer Hinsichtvorzuziehen.

4.4.3 Vorsorge

Die Vorsorge umfasst alle Handlungen, die dazu dienen, das Ausmass eines Naturgefahrener-eignisses zu begrenzen. Dazu gehören:

§ Das Bereitstellen von Schadenwehren und Zivilschutz sowie der für einen wirksamen Ein-satz erforderlichen Gerätschaften. Die Planung der personellen und materiellen Ressour-cen und deren Führung im Einsatz ist im Wesentlichen eine Aufgabe der Organe des Be-völkerungsschutzes (Amt für Militär, Feuer- und Zivilschutz) und seiner Partnerorganisati-onen.

§ Der wirksame Einsatz der Schadenwehren und des Zivilschutzes bei Naturgefahrenereig-nissen setzt eine regelmässige Ausbildung der Einsatzkräfte voraus. Notfallkonzepte fürkonkrete Gefahrensituationen erleichtern den Einsatz.

§ Die Information der Öffentlichkeit über die in einem Gebiet vorhandenen Gefährdungenerleichtert die Arbeit der Einsatzkräfte im Ereignisfall.

§ Überwachungs- und Warnsysteme erlauben es, kritische Entwicklungen vorzeitig zu erken-nen und Massnahmen einzuleiten. Solche Systeme vermögen das Naturgefahrenereignisan sich nicht zu verhindern. Sie zielen darauf ab, mögliche Schadenfolgen desselben zulimitieren. Die technischen Möglichkeiten der Überwachung und Frühwarnung werden lau-fend weiterentwickelt und verbessert. Mit dem Projekt OWARNA soll die Warnungs- undAlarmierungskette bei Naturgefahren seitens der Organe des Bundes optimiert werden.Darin enthalten ist auch eine gemeinsame Informationsplattform Naturgefahren (GIN). DieProjektierungsarbeiten laufen und können hinsichtlich der Auswirkungen auf Stufe desKantons Schwyz noch nicht abschliessend beurteilt werden. Unabhängig von den Bestre-bungen des Bundes für ein koordiniertes Warn- und Alarmwesen liefern für die Belangedes Kantons folgende Quellen wichtige Entscheidungsgrundlagen auf kantonaler bis regio-naler Stufe (vorab hinsichtlich kritischer Entwicklungen im Bereich Wetter und Hydrolo-gie):

- Meteoschweiz: Lieferung von Gefahrenhinweisen und Warnungen im Zusammenhangmit dem Wettergeschehen (www.meteoschweiz.ch). Informationen sind auch über pri-vate Anbieter erhältlich.

- WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF: Schnee- und Lawinenvorhersage(www.slf.ch)

- Interkantonales Frühwarn- und Kriseninformationssystem für Naturgefahren(IFKIS): Ab November 2006 hält der Kanton Schwyz im Rahmen des InterkantonalenMess- und Informationssystems (IMIS) zwei Schnee- und eine Windmessstation in Be-trieb. Über IFKIS hat der Kanton uneingeschränkt Zugang zu den schnee- und lawi-nenrelevanten Informationen des SLF.

- Bundesamt für Umwelt (BAFU), Hydrologische Daten: Abflusswerte und Pegelständean einzelnen Gewässern des Kantons.

- Nationale Alarmzentrale (NAZ) mit passwortgeschütztem Zugang zur elektronischenLagedarstellung (ELD).

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 34

- Auf lokaler Ebene sind mehrheitlich Systeme im Einsatz, die der Überwachung vonHangbewegungen dienen. In Riemenstalden ist zudem permanent eine automatisierteWarnanlage für einen bestimmten Lawinenzug in Betrieb.

- Lokale Überwachungssysteme können zeitlich begrenzt zum Einsatz kommen. Wird ei-ne Gefahrenstelle saniert oder wird deren Verhalten aufgrund von Messungen beurteil-bar, dann kann unter Umständen auf weitere Messungen verzichtet werden.

§ Durch vorsorglichen Abtrag von Fels- und Erdmassen (z.B. Felssäuberungen) können Ge-fahrenpotenziale beseitigt oder entschärft werden.

§ Durch Abschluss von Versicherungen können finanziell jene Schäden durch Elementarer-eignisse abgefedert werden, welche trotz Vorbeugung und Intervention entstehen. Im Kan-ton Schwyz wird die Versicherung von Elementarschadenereignissen durch private Versi-cherungen abgedeckt.

Die prozentualen Beitragssätze von Bund und Kanton an Überwachungs- und Warnsystemesowie an den vorsorglichen Abtrag von Fels- und Erdmassen sind im Kanton Schwyz analog zutechnisch-baulichen Massnahmen geregelt.

4.5 Ereignisbewältigung (Intervention)

Naturgefahrenereignisse lassen sich meist nicht verhindern. Aufgrund der im Kanton Schwyzräumlich relativ engen Verflechtung von Gefahren- und Schadenpotenzialen muss regelmässigmit Interventionen gerechnet werden, bei denen Polizei, Feuerwehr und Sanität („Blaulichtor-ganisationen“) zum Einsatz kommen. Ereignisbewältigungen werden auch zukünftig nicht zuverhindern sein, denn es wird immer Ereignisgrössen und -abläufe geben, welche die Kapazi-täten der vorhandenen Vorbeugemassnahmen überschreiten (worst case, Überlastfall).

In der Regel erfolgt die Alarmierung und erste Koordination durch die Einsatzzentrale derKantonspolizei. Gemäss Meldeschema Naturgefahrenereignisse und Meteowarnungen(Anhang F) orientiert die Einsatzzentrale die Naturgefahrenspezialisten des Fachbereichs Na-turgefahren (Amt für Wald und Naturgefahren) oder des Amtes für Wasserbau. Diese sorgenfür die fachliche Beratung der Einsatzkräfte und der betroffenen Gemeinden, vor allem hin-sichtlich der Gefahrensituation und deren möglichen Entwicklungen („was kann noch passie-ren?“). Die Naturgefahrenspezialisten des Kantons wirken rein beratend. Die Entscheidungs-gewalt zum Schutz der Bevölkerung obliegt den Gemeinden (Gemeinde- oder Bezirksfüh-rungsstäbe oder Teile davon) und/oder der Polizei, bei ausserordentlichen Lagen beim Stabs-chef des kantonalen Führungsstabes (KFS).

In Fällen, in denen die kommunalen Mittel zur Ereignisbewältigung nicht ausreichen, kom-men im Sinne der aufwuchsfähigen Mittel Formationen des Zivilschutzes (Entscheid durchStabschef KFS) oder - in speziellen Situationen - Mittel der Armee zum Tragen (Antrag Kan-ton/KFS an das Kdo Ter Reg 3). Vor allem für Überwachungen oder Sperrungen ist auch derEinsatz privater Sicherheitsfirmen ins Auge zu fassen.

Die Mindestkriterien für eine Benachrichtigung gemäss Meldeschema (Anhang F) unterliegenin einem gewissen Mass dem freien Ermessen. Es existieren Weisungen des Fachbereichs Na-turgefahren an die Kapo, ab welchen Schwellenwerten (Ereignisgrössen, Warnstufe bei Meteo-warnungen) die Benachrichtigung gemäss Meldeschema erfolgen sollte. Diese Weisungen sindals Hilfsmittel zu betrachten und werden von Zeit zu Zeit neuen Erkenntnissen und Erfahrun-gen angepasst.

Die Ereignisbewältigung kann den Einsatz unterschiedlicher kantonaler Verwaltungseinheitenbetreffen.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 35

Departement Verwaltungseinheit Auftretende Gefährdungen, Aktionen

Sicherheit Kantonspolizei Alarmierung, Einsatzleitung, Medienorientierung

AMFZ (Stabschef KFS) Führung und Koordination bei überkommunalen Er-eignissen und ausserordentlichen Lagen

AMFZ (Zivilschutz) § Einsatzkompanie (Pikettzug)

§ Schützen, Retten und Instandstellen sowie Kul-turgüterschutz

Umwelt Amt für Wald und Naturgefahren Sofortbeurteilung und Beratung (generell, alle Pro-zesse)

Amt für Wasserbau Sofortbeurteilung und Beratung (Hochwasser)

Amt für Umweltschutz § Freisetzung von umweltgefährdenden Stoffen§ Gewässerverschmutzungen§ Beeinträchtigung von nutzbaren Grundwasservor-

kommen (Gefährdung von Wasserversorgungen)§ Notablagerungsstellen§ Bodenschutz

Bau Tiefbauamt kantonale Verkehrswege betroffen

Hochbauamt kantonale Liegenschaften betroffen

Amt für öffentlicher Verkehr Unterbruch öffentlicher Verkehr

Schiffsinspektorat Treibholz auf Seen, Schifffahrt

Inneres Laboratorium der Urkantone Kontrolle/Überwachung von Verschmutzungsparame-tern in Boden und Wasser

Amt für Gesundheit und Soziales Gesundheit der Bevölkerung gefährdet (v.a. bei Ver-schmutzungen und Störfällen)

Bildung Amt für Kultur Kulturdenkmal betroffen, Kulturgüterschutz

Tab. 9: Mögliche Beteiligung kantonaler Verwaltungseinheiten im Falle der Ereignisbewältigung. DieEinsätze sind situativ sehr verschieden (fett gedruckt = Hauptakteure).

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 36

4.6 Wiederinstandstellung (Regeneration)

Der Ereignisbewältigung folgt die Phase der Instandstellung und des Wiederaufbaus. Im Vor-dergrund steht dabei das Wiedererlangen der Gebrauchstauglichkeit einer Baute oder Anlage,möglichst unter gleichzeitiger Verringerung der Verletzlichkeit derselben gegenüber zukünfti-gen Ereignissen. Instandstellung und Wiederaufbau bilden innerhalb des integralen Risikoma-nagements jenen Teil, der durch Vorbeugemassnahmen sukzessive minimiert werden soll.

Die Regeneration schliesst von Fall zu Fall unterschiedliche Akteure ein. Je nach betroffenemSchadenpotenzial können verschiedene Amtsstellen involviert sein.

Departement Amt oder Fachstelle Schadenpotenziale, Schutzgüter, Aktionen

Bau Tiefbauamt kantonale Verkehrswege betroffen

Hochbauamt kantonale Liegenschaften betroffen

Amt für öffentlicher Verkehr Öffentlicher Verkehr betroffen

Schiffsinspektorat Schifffahrt, Treibholz auf Seen

Umwelt Amt für Wald und Naturgefahren Beratung (generell, alle Prozesse)

Amt für Wasserbau Beratung (Hochwasser)

Amt für Umweltschutz § Gewässerschutz§ Notablagerungsstellen

Amt für Natur, Jagd und Fischerei Eingriffe in Gewässer (Fischerei)Objekte des Natur- und Landschaftsschutzes

Volkswirt-schaft

Amt für Landwirtschaft,Abt. Strukturverbesserungen

Landwirtschaftliche Bauten, Anlagen und Nutz-flächen

Sicherheit AMFZ (Zivilschutz) Diverse Instandstellungsarbeiten, Schadenbehe-bungen, Verbauungen

Inneres Laboratorium der Urkantone Kontrolle/Überwachung von Verschmutzungspa-rametern in Boden, Wasser und Luft

Bildung Amt für Kultur Kulturdenkmal betroffen, Kulturgüterschutz

Tab. 10: Mögliche Beteiligung kantonaler Verwaltungseinheiten auf Stufe der Regeneration (Einsätzesituativ verschieden).

5. Risikokonzept

Im Umgang mit Naturgefahren betreibt der Kanton Schwyz eine risikoorientierte Planung vonSicherheitsmassnahmen. Er stützt sich dabei auf die Grundsätze des PLANAT-Risikokonzeptsfür Naturgefahren (Bründl 2009). Mit diesem sind folgende Fragen zu beantworten:§ Welche Risiken sind vorhanden? (Risikoanalyse)§ Welche Risiken sind akzeptierbar? (Risikobewertung)§ Wie ist mit nicht akzeptierbaren Risiken umzugehen? (Massnahmenplanung und Mass-

nahmenbewertung)

Das systematische Vorgehen zur Beantwortung dieser Fragen geht aus Tab. 11 hervor. WeitereEinzelheiten sind dem Glossar und den ausgewählten Kapiteln des vorliegenden Berichts zuentnehmen.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 37

Element Inhalt, Aussage Instrumente, Methoden, Konzepte(*siehe Glossar)

Ris

ikoa

naly

se

Gefahrenanalyse Ereignis- und Wirkungsanalyse dermassgebenden Szenarien und Ein-tretenswahrscheinlichkeiten

Synoptische Gefahrenkarte*

Einzelgefahrenkarten*à Kap.4.2.2

Intensitätskarten*à Kap. 4.2.3

Erläutender Bericht

Expositionsanalyse Identifikation von Art, Lage undPräsenzwahrscheinlichkeit gefähr-deter Objekte (Personen undSachwerte) in einem Gefahrenge-biet

Karte der Schadenpotenziale*(Schadenobjekte)

Zonenplan, Grundlagen der Raum-planung

Konsequenzanalyse Ermittlung des Schadenausmas-ses für die gefährdeten Objekte

Schadenempfindlichkeiten*

Letalitäten*

Räumliche Auftretenswahr-scheinlichkeiten*

Risikoermittlung Ermittlung der Personen- (kollek-tiv und individuell) und Sachrisi-ken

Risikoberechnungen, evtl. unterBerücksichtigung der Risikoaversi-on*, ggf. auch Folgeschäden* er-fassen

Ris

iko-

bew

ertu

ng

Überprüfung derRisikosituation

Identifikation von Schutzdefi-ziten* und Aufzeigen des Hand-lungsbedarfs (sofern Schutzdefizi-te nicht akzeptabel)

Vergleich der Risikosituation (Ist-Zustand) mit den Schutzzielen* àKap. 4.3, 4.4.1 (Soll-Zustand)

Mas

snah

men

plan

ung

und

-bew

ertu

ng

Massnahmen-evaluation

Identifikation möglicher Mass-nahmen zur Behebung des/derSchutzdefizite(s)

Variantenvergleich

Bestimmung von Kosten undWirksamkeit

Intensitätskarten nach Massnah-me(n)

Risikoberechnungen nach Mass-nahme(n) für Personen- und Sach-risiken

Massnahmenbewertung unter Be-rücksichtigung ökonomischer, so-zio-politischer und ökologischerAspekte (Interessenabwägung)

Grenzkostenkriterium und Kriteri-um individuelles Risiko. Berück-sichtigung „weicher“ Faktoren.Überprüfung der Schutzziele nachKap. 4.3, 4.4.1.

Massnahmen-vorschlag

Vorschlag der optimalen Mass-nahme(n)

Planerische Konkretisierung (Vor-studie/Vorprojekt oder vergleichba-re Grundlage)

Tab. 11: Ablauf der risikoorientierten Planung von Sicherheitsmassnahmen. (Grundsätzlich ist dieseSystematik auf alle Massnahmenformen anwendbar, also auch auf die Raumplanung, auf Warnsystemeetc.).

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 38

6. Organisation

6.1 Aktuelle Situation

Der Umgang mit Naturgefahren gemäss den Grundsätzen des integralen Risikomanagementsist komplex und interdisziplinär. Es deckt verschiedene Tätigkeits- und Planungsstufen abund erfordert deshalb eine interdepartementale, Ämter übergreifende, institutionalisierte Zu-sammenarbeit.

Laut RRB Nr. 166/2004 sorgt das Kantonsforstamt (ab 1. Juli 2008 Amt für Wald und Na-turgefahren) in interdepartementaler Zusammenarbeit für ein kantonsweit koordiniertes, integ-rales Naturgefahrenmanagement. Dementsprechend hat sich die Ämter übergreifende Zu-sammenarbeit in den letzten Jahren institutionalisiert. Tab. 14 zeigt die Beteiligungen derkantonalen Verwaltungseinheiten am integralen Risikomanagement in vereinfachter Form,Kap. 6.2 die wichtigsten Akteure.

In der Praxis der letzten Jahre hat sich gezeigt, dass die Aufgaben der im Bericht zur kantona-len Naturgefahrenstrategie vom 13. Januar 2004, Kap. 6.2, aufgeführten Kantonale Naturge-fahrenkommission (KNK) weitgehend erfüllt sind. Mit der Ausarbeitung einer erstmaligen,durch den RRB Nr. 166/2004 erlassenen kantonalen Naturgefahrenstrategie wurden die ent-scheidenden Schritte zur Implementierung eines koordinierten und kohärenten Naturgefah-renmanagements auf Stufe Kanton eingeleitet. Im Bestreben, möglichst rasch, wirkungs- undlösungsorientiert naturgefahrenrelevante Fragen anzugehen, verlagerten sich die Tätigkeiten inden letzten Jahren zunehmend auf bi- oder multilaterale Koordination zwischen den fallweisehauptsächlich betroffenen Verwaltungseinheiten. Die zukünftige Funktion der Naturgefahren-kommission ist in Kap. 6.3 skizziert.

Auch die Zusammenarbeit mit den Gemeinden und Bezirken, öffentlich-rechtlichen Träger-schaften (z.B. Wuhrkorporationen, Flurgenossenschaften) und Privaten hat sich stetig entwi-ckelt. Dazu tragen wesentlich die Arbeiten im Zusammenhang mit der Erstellung der integra-len Naturgefahrenkarten und deren Umsetzung in die Nutzungsplanung, Schutzbautenprojek-te sowie Überwachungs-/Warnsysteme bei. Zukünftig wird die Zusammenarbeit mit Gemein-den und Bezirken namentlich im Bereich der Umsetzung der Gefahrenkarten und der Vorsorge(Notfallplanung, Interventionskarten) ausgebaut werden.

Nachteilig mag sich auswirken, dass die Gebäudeversicherung im Kanton Schwyz durch pri-vate Versicherer erfolgt. In Kantonen mit öffentlich-rechtlichen Gebäudeversicherungen be-steht nämlich ein bedeutendes Potenzial für die Erwirkung eines verbesserten Schutzes vorabim Bereich der Vorbeugung (bauliche Auflagen, Objektschutzmassnahmen).

6.2 Wichtigste Akteure

Nachfolgend sind die Aufgaben der wichtigsten Akteure im kantonalen Naturgefahrenma-nagement dargestellt. Tab. 14 vermittelt zudem eine Übersicht über die Beteiligung der kan-tonalen Verwaltungseinheiten.

6.2.1 Bund

Mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen dem Bundund den Kantonen (NFA) bleibt der Schutz vor Naturgefahren und damit auch die Subventio-nierung von Schutzbauten und Gefahrengrundlagen eine Verbundaufgabe zwischen Bund undKanton. Gestützt auf die gesetzlichen Vorgaben sorgt der Bund für ein schweizweit koordinier-tes Vorgehen und eine gerechte Zuteilung der Bundesmittel. Wichtigste Partner im Bereich

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 39

Naturgefahren bilden das Bundesamt für Umwelt (BAFU, Abteilung Gefahrenprävention), dasBundesamt für Raumentwicklung (ARE) und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS).

6.2.2 Kanton

Amt für Wald und Naturgefahren (AWN)

Mit Beschluss Nr. 1556/2001 hat der Regierungsrat des Kantons Schwyz dem damaligenKantonsforstamt den Auftrag erteilt, die Grundlagen zum Schutz vor Naturgefahren, insbeson-dere Gefahrenkataster (Ereignisdokumentation) und -karten zu erstellen. In diesem Zusam-menhang wurde der Fachbereich Naturgefahren als operatives Element des Naturgefahrenma-nagements geschaffen, dessen heutige Aufgaben wie folgt zusammengefasst werden können:

§ Fachliche Begleitung und Koordination aller Aktivitäten des Kantons im Bereich Naturge-fahren, in Absprache und in Zusammenarbeit mit anderen Amtsstellen.

§ Projektleitung bei der Erstellung von Gefahrenkarten, Ereignisdokumentationen, Risiko-analysen und anderen naturgefahrenbezogenen Grundlagen.

§ Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben von Bund und Kanton.§ Ansprechpartner bei Naturgefahrenereignissen (Ereignisbewältigung).§ Beratung von Gemeinden und Bezirken hinsichtlich dem Umgang mit Naturgefahren.§ Regelung der Subventionen im Bereich Gefahrenerfassung, -beurteilung und Massnah-

menplanung (exkl. Hochwasserschutz, für welchen das Amt für Wasserbau zuständig ist).

§ Erarbeitung und Sicherstellung eines zweckmässigen Know-hows im Bereich Naturgefah-ren durch Kontakte zu den zuständigen Bundesstellen und Hochschulen.

§ Sicherstellung eines zweckmässigen Qualitätsmanagements im Naturgefahrenbereich.

Zusammen mit dem Amt für Wasserbau vereint der Fachbereich Naturgefahren die notwendi-gen Kompetenzen des Naturgefahrenmanagements.

Das Amt für Wald und Naturgefahren kann, gegebenenfalls unterstützt durch Mitarbeiter ausanderen Ämtern oder Unterakkordanten aus der Privatwirtschaft, selbständig gutachterlich tä-tig sein, Grundlagendokumente erstellen, Schutzmassnahmenprojekte erarbeiten, die Baulei-tung oder Oberbauleitung bei Schutzbauten übernehmen sowie Überwachungsaufgaben wahr-nehmen. Die Entschädigung für die erbrachten Leistungen ist fallweise zu regeln.

Mit den Kreis- und Revierförstern verfügt der Kanton über einen flächendeckenden Territorial-dienst. Aufgrund der umfassenden Gebietskenntnisse und des örtlichen Beziehungsnetzessind die Revierförster oft auch die Meldestelle für lokale Naturgefahrenereignisse. Sie sind dieErsteller der retrospektiven Ereignisdokumentation und erfassen auch aktuelle Ereignisseselbständig (StorMe-Formulare). Im Rahmen der Erstellung der Ereignisdokumentation arbei-ten die Revierförster mit den Strassenmeistern des Tiefbauamtes und dem Amt für Wasserbauzusammen. Damit soll sichergestellt werden, dass Naturgefahrenereignisse möglichst umge-hend und lückenlos erfasst und dem Fachbereich Naturgefahren gemeldet werden. Die ge-nannten Akteure wurden im November 2003 entsprechend geschult.

Gemäss Meldeschema bei Naturgefahrenereignissen (Anhang F) können die Revierförster zueiner ersten Beurteilung der Situation vor Ort eingesetzt werden. Sie orientieren den Fachbe-reich Naturgefahren.

Die Revierförster übernehmen sodann in Gefahrengebieten Kontroll- und Überwachungsaufga-ben (z.B. Rutschüberwachung). Sie sollten wegen ihrer Gebietskenntnisse und ihrer Erfahrun-gen aus der Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Naturgefahren in die kommunalen Füh-rungsstäbe eingebunden werden. Dadurch wird sichergestellt, dass das Amt für Wald und Na-

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 40

turgefahren bei grösseren Naturgefahrenereignissen möglichst frühzeitig in die Ereignisbewäl-tigung integriert wird und fachlich unterstützend einwirken kann. Damit würde auch der Ab-sicht des BAFU entsprochen, zwecks besserer Unterstützung der kommunalen Führungsorga-ne sogenannte lokale Naturgefahrenbeobachter einzusetzen.

Amt für Wasserbau (AWB)

Das Amt für Wasserbau bildet das Kompetenzzentrum hinsichtlich der Beurteilung der Hoch-wassergefahren und des Hochwasserschutzes. Es ergänzt den Fachbereich Naturgefahren beiFragen im Zusammenhang mit den Wassergefahren und grenzt sich gegen diesen auch klardurch die fachliche und organisatorische Zuständigkeit für diese Prozesse ab (Projektentwick-lung und -realisierung; Verkehr mit Bund, Bezirken, Gemeinden, Wuhrkorporationen; Bei-tragswesen). Zwischen beiden Akteuren findet eine enge, interdisziplinäre Zusammenarbeit inallen Bereichen des integralen Naturgefahrenmanagements statt, was durch die Zusammenle-gung im Umweltdepartement zusätzlich gefördert wird.

Das Amt für Wasserbau unterstützt die Revierförster fachlich und inhaltlich bei der Dokumen-tation von Hochwasserereignissen.

Amt für Umweltschutz (AfU)

Das Amt für Umweltschutz gelangt bei wesentlichen Naturereignissen im Zusammenhang mitdrohenden Gewässerverschmutzungen, Freisetzungen von umweltrelevanten Stoffen, Trink-wasserversorgungen, beim Bezeichnen von Notablagerungsstellen und beim Organisieren vonEntsorgungslösungen zum Einsatz.

Tiefbauamt (TBA)

Zum Schutz der Kantonsstrassen ist namentlich mit den Abteilungen Betrieb, Projektierung,Realisierung und Kunstbauten eine enge Zusammenarbeit erforderlich. Der Fachbereich Na-turgefahren unterstützt und berät das Tiefbauamt in Gefahrensituationen, bei Gefahrenana-lysen, der Evaluation des Schutzbedarfs und der Planung allfälliger Schutzmassnahmen. Erist, in Absprache mit dem Tiefbauamt, um die Implementierung eines zeitgemässen Naturge-fahrenmanagements längs der Strassen unter Einbezug der Empfehlungen und Richtlinien desBundes besorgt.

Die Strassenmeister melden Naturgefahrenereignisse längs den Strassen dem FachbereichNaturgefahren (sofern Meldung nicht gemäss Meldeschema über die Einsatzzentrale der Kapoerfolgte) und unterstützen die Revierförster bei der Ereignisdokumentation.

Amt für Raumentwicklung (ARE)

Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Amt für Raumentwicklung und dem Fachbereich Na-turgefahren zielt darauf ab, den Schutz vor Naturgefahren möglichst frühzeitig mittels raum-planerischer Massnahmen zu erwirken. Mit dem Ziel, potenzielle Konflikte mit Naturgefahrenauf früher Planungsstufe zu erkennen, wird das Amt für Wald und Naturgefahren in die Beur-teilung raumrelevanter Grundlagen (Richt-, Nutzungs-, Gestaltungspläne, Sondernutzungen)einbezogen.

Das seit dem 1. Juli 2008 institutionalisierte neue Baubewilligungsverfahren bezweckt, dieGefährdung von Bauvorhaben auf früher Planungsstufe zu erfassen und, wo erforderlich, mit-

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 41

tels baulicher Vorkehrungen zu begegnen (Objektschutzmassnahmen). Für Bauten und Anla-gen innerhalb der Bauzonen werden den kommunalen Baubewilligungsbehörden über die kan-tonale Baugesuchzentrale entsprechende Anträge (Bauverbot, Auflagen, Empfehlungen, Ge-fahrenhinweise) gestellt. Für Bauvorhaben ausserhalb der Bauzonen entscheidet die Bauge-suchszentrale auf Antrag des Fachbereichs Naturgefahren.

Kantonspolizei (KaPo)

Bei Meldungen von Naturgefahrenereignissen an die Einsatzzentrale der Kantonspolizei wer-den ab einer bestimmten Ereignisgrösse das Amt für Wald und Naturgefahren respektive dasAmt für Wasserbau avisiert. Grundlage bildet das Meldeschema gemäss Anhang F. Das Vorge-hen ist verwaltungsintern etabliert, wird aber bei Bedarf neuen Erkenntnissen angepasst.

Amt für Militär, Feuer- und Zivilschutz (AMFZ)

Im Rahmen des Bevölkerungsschutzes ist zwecks Bewältigung von Naturgefahrenereignisseneine enge Zusammenarbeit zwischen dem Amt für Militär, Feuer- und Zivilschutz und demFachbereich Naturgefahren sowie dem Amt für Wasserbau unabdingbar. Die Zusammenarbeitumfasst die Phasen der Vorsorge, der Ereignisbewältigung und der Regeneration. Bei der Er-eignisbewältigung stehen die fachliche Beratung und die Unterstützung des Stabschefs KFSim Falle grösserer Naturgefahrenereignisse durch das Amt für Wald und Naturgefahren sowiedas Amt für Wasserbau im Vordergrund (z.B. Unwetter „Norbert“, August 2005). Bei Begeh-ren von Gemeinden kann das Amt für Militär, Feuer- und Zivilschutz Einheiten des Zivilschut-zes zur Unterstützung und/oder Ablösung der im Einsatz stehenden Formationen aufbieten.Von grosser Bedeutung sind die Pikettzüge als rasch mobilisierbare Ersteinsatzelemente desZivilschutzes.

Die integralen Naturgefahrenkarten liefern eine Gesamtübersicht über die Gefahrenstellen ei-nes Gebietes. Sie ermöglichen es den kommunalen Schadenwehren entsprechende Notfall-konzepte und Einsatzpläne zu erarbeiten. Ein wichtiges Instrument bilden Interventionskar-ten. Hier sind die relevanten Gefahrenstellen und notwendige Interventionen der Schadenweh-ren im Ereignisfall dargestellt. Die Interventionskarten bilden einen wichtigen Bestandteil desintegralen Risikomanagements und sind Grundlage für eine effiziente Ereignisbewältigung.Sie reihen sich ein in verschiedene Massnahmen, die darauf abzielen, die Handlungsfähigkeitdes Kantons in ausserordentlichen Lagen sicherzustellen (mittelfristiges Strategieziel desUmweltdepartements). Die Erarbeitung dieser Plangrundlagen ist eine Verbundaufgabe zwi-schen den kommunalen Wehrdiensten, dem Amt für Militär, Feuer- und Zivilschutz, dem Amtfür Wald und Naturgefahren sowie dem Amt für Wasserbau. Sie soll nach der Erstellung derintegralen Naturgefahrenkarten in die Wege geleitet werden. Das konkrete Vorgehen und dieOrganisation müssen noch festgelegt werden.

6.2.3 Gemeinden und Bezirke

Die Gemeinden und Bezirke sind verantwortlich für die Sicherheit auf ihrem Hoheitsgebiet.Sie verfügen über entsprechend instruierte Führungsstäbe, die mit den erforderlichen Kompe-tenzen ausgestattet sind.

Die Gemeinden und Bezirke sind gehalten, den Fachbereich Naturgefahren oder, bei Fragendes Hochwasserschutzes, das Amt für Wasserbau bei allen naturgefahrenrelevanten Tätigkei-ten, Planungen wie auch im Ereignisfall beratend beizuziehen.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 42

Als Subventionsgeber verlangt der Kanton, dass externe Gutachter aus Privatwirtschaft oderHochschule nur bei Bedarf und in Absprache mit dem Fachbereich Naturgefahren oder demAmt für Wasserbau beigezogen werden. Ohne verbindliche Zusicherungen seitens des Kantonsdürfen keinesfalls Arbeiten in Auftrag gegeben werden, ansonsten der Anspruch auf möglicheBeiträge von Bund und Kanton erlöschen (Subventionsgesetz, SR 616.1 SuG). Zur Sicherstel-lung der qualitativen und normativen Anforderungen an externe Dienstleistungen und/oderProdukte im Naturgefahrenbereich ist das Pflichtenheft in Zusammenarbeit mit dem Fachbe-reich Naturgefahren und dem Amt für Wasserbau festzulegen. Aus subventionstechnischenGründen sind in der Regel die Gemeinden oder Bezirke Auftraggeber externer Leistungen. Da-von ausgenommen ist die Erarbeitung von Naturgefahrenkarten, bei denen der Kanton Auf-traggeber ist.

6.2.4 Führungsstäbe auf Stufe Kanton und Gemeinden

Gegenüber den mit klaren Kompetenzen und Pflichtenheften ausgestatteten Führungsstäbentreten das Amt für Wald und Naturgefahren wie auch das Amt für Wasserbau im Ereignisfallfachlich beratend auf. Die Führungs- und Entscheidungskompetenz liegt bei den Stäben. Eswird davon ausgegangen, dass die beiden Ämter bei Ereignissen frühzeitig durch die Füh-rungsstäbe kontaktiert werden. Durch die Integration der Revierförster in die kommunalenFührungsstäbe (siehe oben) wird angestrebt, dass die fachliche Unterstützung möglichst rascheinsetzen kann.

Der Leiter des Fachbereichs Naturgefahren ist Mitglied der Arbeitsgruppe Katastrophenhilfeund Mitglied des kantonalen Führungsstabs.

6.2.5 Öffentlich-rechtliche Körperschaften

Im Kanton Schwyz sind die Bachanstösser für den Hochwasserschutz und den Unterhalt derGewässer zuständig. Wo diese Aufgabe die Möglichkeiten der Pflichtigen übersteigt oder inkeinem Verhältnis zu den Werten der Grundstücke stehen, können Wuhrkorporationen als So-lidargemeinschaft diese Aufgabe übernehmen. Sie sind zuständig für den baulichen Hoch-wasserschutz, die Instandhaltung der entsprechenden Bauwerke sowie den Unterhalt der Ge-wässer. Im Kanton Schwyz bestehen heute 45 Wuhrkorporationen. Die Koordination und Zu-sammenarbeit mit dem Amt für Wasserbau und den betreffenden Bezirken ist etabliert.

Im Bereich der Schutzbauten nach Waldgesetz (etwa Steinschlagschutznetze, Lawinenver-bauungen, Rutschungsentwässerungen) besorgen oftmals Flurgenossenschaften oder EinfacheGesellschaften als öffentlich-rechtliche Trägerschaften den Bau und den Unterhalt vonSchutzmassnahmen. Die Projektierung und der Bau derartiger Schutzmassnahmen werden inder Regel durch das Amt für Wald und Naturgefahren koordiniert (Planung, Bauleitung, Sub-ventionierung, Abrechnung).

6.2.6 Privatwirtschaft und Hochschulen

Für zahlreiche Tätigkeiten im Naturgefahrenbereich ist die Zusammenarbeit mit Spezialistenaus der Privatwirtschaft oder der Hochschule erforderlich. Dies gilt besonders für die Erarbei-tung von Naturgefahrenkarten und deren Grundlagen, Risikoanalysen, EDV-basierte Produkteoder Konzepte und Methoden. Die Entschädigung erfolgt in der Regel nach den jährlichenWeisungen des Regierungsrates auf der Basis der Jahresansätze nach KBOB (Koordination derBau- und Liegenschaftsorgane des Bundes). Bei Hochschulen können auch andere Entschä-digungsmodelle zum Tragen kommen (z.B. Pauschale).

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 43

6.2.7 Versicherungen

Versicherungen spielen im Bereich der Vorbeugung eine wichtige Rolle. Einerseits beim Scha-denereignis, wo sie im Falle eines versicherten Schadens finanzielle Leistungen erbringen.Andererseits sind sie ein wichtiger Akteur im Bereich der Prävention, indem sie die Versicher-barkeit einer Sache von objektbezogenen Schutzmassnahmen abhängig machen können. Indiesem Zusammenhang ist auf die in 19 Kantonen bestehenden, öffentlich-rechtlichen Ge-bäudeversicherungen hinzuweisen, welche – gestützt auf ihre kantonale Gebäudeversiche-rungsgesetzgebung – entsprechend gezielt einwirken. Da die Gebäudeversicherung im KantonSchwyz privat erfolgt, sind die Möglichkeiten einer gezielten, kantonsweit koordinierten Prä-ventionsstrategie eingeschränkt respektive abhängig davon, inwieweit in der schweizerischenVersicherungslandschaft eine Harmonisierung stattfindet.

6.2.8 Bürgerinnen und Bürger

Das Naturgefahrenmanagement zielt darauf ab, Menschen, erhebliche Sachwerte und unsereLebensgrundlagen nachhaltig zu schützen. Den Bürgerinnen und Bürgern kommt dabei einewichtige Rolle zu. Sie sind nicht nur Zielgruppe vieler Bestrebungen des Naturgefahrenmana-gements, sondern auch Akteure, die durch eigenverantwortliches und solidarisches Verhaltenzur Minimierung unnötiger Naturgefahrenrisiken beitragen sollen. Konkret können die Aufga-ben von Bürgerinnen und Bürgern im Naturgefahrenkontext wie folgt zusammengefasst wer-den:

§ Wahrnehmung von Eigenverantwortung und Umsichtigkeit in allen Bereichen individuellerTätigkeiten, welche die Wirkungsräume von Naturgefahren tangieren (z.B. Vorsorgemass-nahmen bei Bauten, ausreichender Versicherungsschutz, umsichtiges Verhalten bei Frei-zeitaktivitäten);

§ Die Mittel und die Bereitschaft der öffentlichen Hand, Schutz vor Naturgefahren zu bie-ten, ist begrenzt und an gewisse Voraussetzungen gebunden. Es kann daher nicht erwartetwerden, dass die öffentliche Hand in jedem Fall zum Schutz vor Naturgefahren verpflich-tet ist. Die Bereitschaft, gewisse Naturgefahrenrisiken und daraus hervorgehende Ein-schränkungen zu akzeptieren, sind eine wichtige Aufgabe der Bürgerinnen und Bürger.Dazu gehört auch das Anerkennen des Umstandes, dass ein hundertprozentiger Schutz vorNaturgefahren niemals möglich sein wird.

§ Die Gesetze geben den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zur Mitwirkung (Gefah-renkarten) und zur Wahrung ihrer Interessen im Rahmen des Zonenplanverfahrens. Vondiesen Möglichkeiten soll in fachlich begründbaren Fällen Gebrauch gemacht werden.

6.3 Ausblick

Der Umgang mit Naturgefahren ist ein partizipativer Prozess. Der Einbezug der verschiedenenAkteure (Kap. 6.2) in das Finden und Ausgestalten tragbarer Lösungen ist wichtig. Strategienund Planungsinstrumente nützen nichts, wenn nicht situativ angepasste und sozial akzeptier-te Lösungen ausgehandelt und umgesetzt werden können (Gouvernanz). Gewisse Entscheideim Naturgefahrenmanagement können jedoch auch dekretierenden Charakter haben. Dannnämlich, wenn es darum geht, im Rahmen von Sofortmassnahmen Menschen gestützt auf diepolizeiliche Generalklausel vor mutmasslich lebensbedrohlichen Situationen zu schützen.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 44

Die Bedeutung der kantonalen Naturgefahrenkommission KNK als strategisches Gremium hatin den letzten Jahren abgenommen (siehe Kap. 6.1). Das Gremium sollte jedoch weiterhinfolgende Aufgaben und Ziele verfolgen:§ Grundlegende Fragen des kantonalen Naturgefahrenmanagements erörtern;§ Umsetzung der Strategie auf den massgebenden Stufen der betroffenen Ämter der kanto-

nalen Verwaltung sicherstellen;

§ Netzwerk- und Schnittstellenfunktion (kantonale Verwaltung > Gemeinden/Bezirke > Ver-sicherer > Private) wahrnehmen;

§ Verwaltungsinterner Fach- und Informationsaustausch.

Zu diesem Zweck soll das Gremium periodisch zusammenkommen, analog zur kantonalen Ar-beitsgruppe Katastrophenhilfe des KFS. Es wird vorgeschlagen, die Kommission in KantonaleArbeitsgruppe Naturgefahren KAN umzubenennen, äquivalent zur Arbeitsgruppe Katastro-phenhilfe.

Politisches Leitorgan

Vorsteher BaudepartementRegierungsrätliche Delegation für Raumentwick-lungVorsteher Volkswirtschaftsdepartement

Vorsteher Umweltdepartement

Kantonale Arbeitsgruppe Naturgefahren KAN

Amt für Wald und Naturgefahren Leitung: Fachbereich Naturgefahren

§ Periodische Sitzungen§ Protokoll an Mitglieder Arbeitsgruppe sowie re-

gierungsrätliche Delegation für Raumentwick-lung

Amt für Wasserbau

Amt für Raumentwicklung

Tiefbauamt

Amt für Landwirtschaft, Abteilung Strukturver-besserung

Amt für Militär, Feuer- und Zivilschutz

Amt für Umweltschutz

Tab. 12: Organisation kantonale Arbeitsgruppe Naturgefahren KAN.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 45

7. Mittel

7.1 Finanzielle Mittel

Der Bund entrichtet Beiträge an das kantonale Naturgefahrenmanagement im Rahmen desNFA. Die Aufgaben, Anforderungen und die zugewiesenen Mittel sind in den „Programm-vereinbarungen Schutzbauten“ für die Periode 2008-2011 zwischen dem BAFU und demKanton aus dem Jahre 2008 festgelegt4. Die Programmvereinbarungen für die Schutzbautenumfassen drei Bereiche: Gefahrengrundlagen, Grundangebot und Einzelprojekte.

Programmvereinbarung2008 - 2011

Bestandteile BeitragBundmax.

Budgetierte Gesamtkosten2008 - 2011 in Franken

AWN AWB

Gefahrengrundlagen § Gefahren- und Risikobeurtei-lungen

§ Gefahren- und Gefahrenhin-weiskarten, Intensitätskarten

§ Ereignisdokumentation§ Konzepte

50% 3'100'250.- 0

Grundangebot § Schutzbautenprojekte mitInvestitionskosten < 1 Mio.Fr. (inkl. laufende altrechtli-che Projekte)§ Periodische Instandstellun-

gen und Ersatz bestehenderSchutzbauten < 1 Mio. Fr.§ Messstellen§ Frühwarndienste

35% 4'177'317.- 6'300'000.-

Einzelprojekte Schutzbautenprojekte mit In-vestitionskosten > 1 Mio. Fr.(Neubauten und periodischeInstandstellungen)

35-45%* 3'900'000.- 27'825'714.-

Gesamttotal 11'177'567.- 34'125'714.-

Durchschnitt pro Jahr in Franken 2.8 Mio. 8.5 Mio.

* variabel. Abhängig von der Erbringung von Mehrleistungen gemäss Programmvereinbarung NFA.

Tab. 13: Budgetierte Gesamtkosten für das Naturgefahrenmanagement nach WaG und WBG für dieNFA-Periode 2008-2011.

Die Programmvereinbarungen Schutzbauten werden jeweils für eine vierjährige Periode neuausgehandelt. Nach der Departementsreform per 1. Juli 2008 werden die beiden Programm-vereinbarungen im Naturgefahrenbereich (Programmvereinbarung 2012 – 2015) zwischendem Umweltdepartement und dem BAFU ausgehandelt.

In ausserordentlichen Fällen (z.B. überkantonale Grossereignisse wie das Hochwasser„Norbert“, August 2005) können die vom Bund zugewiesenen Mittel innerhalb einer NFA-Periode erhöht werden, sofern das Parlament die entsprechenden Mittel spricht. Sollten dieauf Stufe Kanton verfügbaren Mittel durch ein regionales Grossereignis (z.B. vergleichbar dem

4 Schutz vor Naturgefahren gemäss WaG: Vereinbarung zwischen dem BAFU und dem Volkswirtschaftsdepartement(ab 1. Juli 2008 Umweltdepartement). Schutz vor Naturgefahren gemäss WBG: Vereinbarung zwischen dem BAFUund dem Baudepartement (ab 1. Juli 2008 Umweltdepartement).

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 46

Hochwasserereignis im Raum Ybrig-Einsiedeln im Juni 20075) überschritten werden, müssteder Mittelfluss im konkreten Fall geregelt werden (z.B. Umlagerung innerhalb der Programm-vereinbarung, eventuell Ergänzung zur bestehenden Vereinbarung).

Kosten Erarbeitung Gefahrengrundlagen

In der kantonalen Naturgefahrenstrategie vom 13. Januar 2004 wurden für die Erarbeitungder Gefahrengrundlagen (Naturgefahrenkarten, Ereigniskataster) Gesamtkosten von 3.3 Mio.Franken (exklusive Mehrwertsteuer) veranschlagt, wobei diese vollumfänglich vom Kantonübernommen werden. Bezogen auf die Fläche des Kantons Schwyz entspricht dies einemAufwand von Fr. 3'600.-- pro km2 (exklusive Mehrwertsteuer). Darin nur begrenzt enthaltensind grossflächige, zweidimensionale Hochwassermodellierungen, welche in Gefahrenkartender jüngsten Generation in flachen Talböden meist Standard sind.

Heute Fakt ist, dass

§ in den Talböden des Kantons Schwyz durchwegs grossflächige, zweidimensionale Hoch-wassermodellierungen durchgeführt werden;

§ ab Vorliegen des digitalen Höhenmodells DTM-AV im Jahre 2004 sämtliche Gefahrenkar-ten auf der Basis dieser präzisen Geländedaten erstellt worden sind;

§ die heutigen Gefahrenkarten einen höheren Qualitätsstandard aufweisen, als der Kosten-schätzung der Naturgefahrenstrategie vom 13. Januar 2004 zugrunde gelegt wurde.

Per Ende 2008 belaufen sich die Aufwände für die Erstellung der Gefahrengrundlagen aufetwa Fr. 3'600.- pro km2 (exklusive Mehrwertsteuer). Darin enthalten sind nebst den Fremd-leistungen auch sämtliche Eigenleistungen, inklusive Submission, Gesamtprojektleitung undAufbereitung der digitalen Gefahrenkarte für das WebMap. Für die ausstehenden Gefahrenkar-ten werden tendenziell etwas geringere Kosten erwartet, da die zu bearbeitenden Gebiete ge-genüber Naturgefahren weniger exponiert (z.B. Bezirke Höfe und Küssnacht) und deswegenweniger aufwendig sind.

Gesamthaft betrachtet kann davon ausgegangen werden, dass die Erarbeitung der integralenNaturgefahrenkarten (inklusive retrospektive Ereignisdokumentation) im Rahmen der in derkantonalen Naturgefahrenstrategie vom 13. Januar 2004 veranschlagten 3.3 Mio. Frankenliegen wird. Dies, obschon die heutigen Naturgefahrenkarten qualitativ hochstehender sind.Offen bleibt die Frage, inwieweit die zwischenzeitlich von Gesetzes wegen verlangte öffentli-che Mitwirkung zu Mehrkosten führen wird.

Anderweitige Gefahren- und Risikobeurteilungen sowie Massnahmenplanungen

Bei Gefahren- und Risikobeurteilungen, die nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Erar-beitung von Gefahrenkarten stehen, sind die entsprechenden finanziellen Mittel bei der Budge-tierung der entsprechenden NFA-Programmperiode einzuplanen. Von den anerkannten Kostenbei Grundlagen für das Risikomanagement übernimmt der Bund derzeit 50%.

Schutzmassnahmenprojekte mit Gesamtkosten unter 1 Mio. Franken sind im Grundangebot ein-zuplanen, wo seitens des Bundes Beiträge bis 35% in Aussicht gestellt werden, sofern die Min-destanforderungen gemäss NFA-Programmvereinbarung erfüllt sind. Diese Projekte liegen im Zu-ständigkeitsbereich des Kantons und werden vom Bund stichprobenartig kontrolliert. Zudemmuss dem Bund jährlich Rechenschaft abgegeben werden. Projekte mit einem Umfang von über1 Mio. Franken laufen als Einzelprojekte, bei denen der Bund von Beginn an in die Projektierung

5 Trotz der Tragweite des Ereignisses für die Region Ybrig-Einsiedeln wurde das Unwetter vom Bund lediglich als„lokal“ eingestuft.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 47

einzubeziehen ist. Der variable Beitragssatz zwischen 35 und 45% ermöglicht es, bei besonderswirksamen Einzelprojekten über 1 Mio. Franken Mehrleistungen zu entschädigen, deren Fokusauf die Umsetzung strategischer Ziele des Bundes im Bereich der Nachhaltigkeit gerichtet ist.Die Bewertung für Mehrleistungen geht aus der NFA-Programmvereinbarung Schutzbauten res-pektive dem Handbuch NFA im Umweltbereich hervor.

Kostenbeteiligung von Nutzniessern

Generell ist anzustreben, die direkten Nutzniesser an den Kosten von Schutz- und Überwa-chungsmassnahmen zu beteiligen. RRB Nr. 366/2005 vom 22. März 2005 liefert die Beurtei-lungskriterien für ein der Kenntnis/Vorhersehbarkeit einer Naturgefahr und der Risikosituationangemessenes Modell abgestufter Beitragssätze. Eine angemessene Kostenbeteiligung von Nutz-niessern ist fallweise auch bei der Finanzierung von Dienstleistungen des Kantons oder externerBegutachter zu prüfen, sofern solche auf Antrag Dritter durch kantonale Stellen selbst durchge-führt oder durch den Kanton in Auftrag gegeben werden (z.B. Gefahren- und Risikoanalyse füreine Bezirksstrasse). Dies gilt nicht für den Wasserbau, bei dem das Wasserrechtsgesetz die Bei-träge regelt.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 48

7.2 Personelle Mittel

7.2.1 Eigenleistungen Kanton

Der Regierungsratsbeschluss RRB Nr. 166/2004 vom 3. Februar 2004 besagt, dass das Kan-tonsforstamt (seit 1. Juli 2008 Amt für Wald und Naturgefahren) in interdepartementaler Zu-sammenarbeit kantonsweit für ein integrales Naturgefahrenmanagement verantwortlich zeich-net. Wichtigste Partner im kantonalen Naturgefahrenmanagement sind das Amt für Wasserbau(Hochwasserschutz), das Tiefbauamt (Sicherheit längs Kantonsstrassen) und die Kantonspoli-zei (Alarmierung und Ersteinsatz bei Ereignissen).

Dept. Verwaltungseinheit Ereignisgrösse

Alltag Gross Alltag Gross Alltag GrossIntervention Regeneration Vorbeugung

UD AWN/Fachbereich Naturgefahren

UD AWN Territorialdienst 1

UD AWB 2

UD AfU

BD TBA Betrieb

BD TBA Projektierung/Realisierung

BD AöV

BD VA Schiffsinspektorat 3

BD HBA 4

SiD Kapo

SiD AMFZ

VWD ARE Raumplanung

VWD ARE Baugesuchszentrale

VWD AFL Strukturverbesserung

DI Gesundheit

DI Labor Urkantone

BiD Kulturgüterschutz

Untergeordnet oder marginal involviertTeilweise involviert

Meist oder stets involviert

wichtigste Partner des AWN/FBN in der Ämter übergreifenden Zusammenarbeit

1 Bei Naturgefahren nach WaG, 2 bei Naturgefahren nach WBG, 3 nur bei Seehochwasser, 4 bei Liegen-schaften des Kantons

Tab. 14: Relative Beteiligung der kantonalen Verwaltungseinheiten in den Bereichen Intervention, Re-generation und Vorbeugung des integralen Risikomanagements für „Alltagsereignisse“ und Grossereig-nisse. In Einzelfällen können auch weitere Verwaltungseinheiten tangiert sein.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 49

Wie die Bewältigung des Grossereignisses „Norbert“ im August 2005 zeigte, können auf Stufeder Ereignisbewältigung (Intervention, Kap. 4.5) und Wiederinstandstellung (Regeneration,Kap. 4.6) je nach Ereignisgrösse indes verschiedene kantonale Verwaltungseinheiten involviertsein (Tab. 14).

Das gemäss RRB Nr. 166/2004 im kantonalen Naturgefahrenmanagement federführende Amtfür Wald und Naturgefahren wendete für diese Aufgaben im Durchschnitt der Jahre 2005-2008 rund 5'500 Arbeitsstunden auf. Dies entspricht zirka 250 Stellenprozenten. In dieserZeitperiode sind äusserst ereignisreiche Jahre (national: Hochwasser „Norbert“, August 2005;regional: Hochwasser Ybrig, Juni 2007) und ein eher ereignisarmes Jahr 2008 enthalten.

Tätigkeitsbereich AWN AWB Total TrendArbeitsstunden (Jahresmittel Periode 2005-2008) Prognose

2009-2012

Konzept und Methodik 350 50 400 î

Ereigniskataster 900 25 925 î

Gefahrenkarten 1 900 200 1’100 è (î)

Gefahren- und Risikobeurtei-lungen

1’000 800 1’800 è

Richt- und Nutzungsplanung 300 250 550 ì

Frühwarnsysteme, Überwa-chung

250 0 250 è

Organisatorische Massnahmen 150 50 200 ì

Projekte Schutzbauten undWarnsysteme

1’650 1’900 3’550 ì

Total 5’500 3’275 8’775 è1 Gefahrenkarten ab 2011 abnehmend.

Tab. 15: Aufwand AWN und AWB im Naturgefahrenbereich (Zahlen auf 50 Stunden gerundet. Grundla-ge: AZE). Trend (Häufung aussergewöhnlicher Ereignisse ausgenommen):è gleich bleibend, ì zu-nehmend, î abnehmend.

Wie aus Tab. 15 hervorgeht, entfällt der Hauptaufwand des integralen Naturgefahrenmanage-ments mit rund 258 Stellenprozenten auf das Amt für Wald und Naturgefahren, speziell aufden seit dem 1. Februar 2003 bestehenden Fachbereich Naturgefahren. Zurzeit umfasst derFachbereich zwei 100%-Stellen. Der Fachbereich wird unterstützt durch die Mitarbeit desTerritorialdienstes (Kreis- und Revierförster) sowie durch einen technischen Sachbearbeiter imStab des Amtes (hauptsächlich im Bereich der digitalen Gefahrengrundlagen, zirka 20-Stel-lenprozente). Einige wenige Stellenprozente umfasst zurzeit auch die in unregelmässigen Ab-ständen erforderliche juristische Beratung durch den Rechtsdienst des Umweltdepartements.

Das Amt für Wasserbau wendet jährlich etwa 3’275 Arbeitsstunden für das Naturgefahrenma-nagement auf. Die Schwerpunkte liegen bei Hochwasserschutzprojekten, der Zusammenarbeitund Koordination mit dem Amt für Wald und Naturgefahren, der Erarbeitung von Gefahrenkar-ten und deren Umsetzung in die Raumplanung.

Die Beanspruchung von Mitarbeitern anderer Ämter beschränkt sich einerseits auf die Vorbe-reitung und Teilnahme an Sitzungen der Arbeitsgruppe Naturgefahren KAN (voraussichtlichzwei Sitzungen pro Jahr, zusätzliche Sitzungen bei besonderen Ereignissen), andererseits aufkonzeptuelle und projektbezogene Besprechungen und Begehungen. Da der Fachbereich Na-

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 50

turgefahren vermehrt naturgefahrenrelevante Beratungen und teils Projektierungen vonSchutzmassnahmen (z.B. Schutzmassnahmen an Kantonsstrassen gemäss WaG) übernimmt,entfallen diese Aufwände bei den unterstützten Ämtern (vor allem Tiefbauamt). Gemäss regie-rungsrätlicher Weisung werden solche Leistungen verwaltungsintern nicht verrechnet.

Der Personalaufwand beim Tiefbauamt für integrales Naturgefahrenmanagement ausserhalbspezieller Projekte (z.B. Sanierung Muotathalstrasse im Bereich Gibelhorn, Sanierung Wägi-talstrasse) wird auf maximal zehn Stellenprozente geschätzt. In vergleichbarer Grössenord-nung dürfte dieser Aufwand auch beim Amt für Raumentwicklung liegen.

Während der sich über mehrere Jahre erstreckenden Erarbeitung der Gefahrenkarten hat sicheine engere Zusammenarbeit mit dem Amt für Wasserbau etabliert. In den nächsten Jahrenwird sich diese vermehrt auf Fragen der Umsetzung der Gefahrenkarten in die Raumplanungund die Notfallplanung verlagern. Beim Amt für Wasserbau könnten diese Themen etwa zehnStellenprozente Mehraufwand zur Folge haben.

Allgemein schwierig abzuschätzen sind Mehraufwände der kantonalen Rechtsdienste im Kon-text Naturgefahren. Dies ist mitunter davon abhängig, wie sich die Rechtspraxis im Naturge-fahrenbereich schweizweit entwickelt (präjudizierende Rechtsurteile). In grober Näherung wirdvon einer möglichen Spanne zusätzlicher Beanspruchung von Rechtsdiensten zwischen 5 und25% ausgegangen.

Gesamthaft betrachtet beansprucht das Naturgefahrenmanagement in der kantonalen Verwal-tung gegenwärtig etwa 450% Stellenprozente. Diese Grössenordnung dürfte auch für dienächsten Jahre zutreffen, vorausgesetzt, dass keine Häufung aussergewöhnlicher Naturgefah-renereignisse eintritt.

7.2.2 Aufwand Gemeinden und Bezirke

Gemeinden und Bezirke sind mehr als bisher gefordert, Naturgefahren in ihrer Verwaltungstä-tigkeit zu berücksichtigen (u.a. Nutzungsplanung, Baubewilligungsverfahren, Notfallplanung).Es wird davon ausgegangen, dass das Naturgefahrenmanagement auf Stufe Gemeinde oderBezirk einen personellen Mehraufwand von durchschnittlich etwa 10-15 Stellenprozent be-dingt. Obschon die Fachstellen des Kantons beratend zur Verfügung stehen, ist die Beanspru-chung von Fremdleistungen, vorab im Bereich der raumplanerischen Umsetzung der Gefah-renkarte (Ortsplaner) erforderlich. Je nach den vorhandenen Gefahren- und Schadenpotenzia-len sowie den Möglichkeiten und der Bereitschaft der Verwaltung, eigene Leistungen zu er-bringen, sind mittlere jährliche Fremdleistungskosten von Fr. 3'000.-- bis Fr. 20'000.-- denk-bar. Bei einer konsequenten raumplanerischen Umsetzung werden diese Kosten über mehrereJahre hinweg betrachtet wesentlich reduziert werden können.

Nicht in diesen Kosten enthalten sind allfällige Entschädigungen an Grundstückbesitzer beiAuszonungen aus Gefahrengebieten.

7.2.3 Fremdleistungen

Die Erarbeitung von Gefahrenkarten und deren Grundlagen erfolgt mehrheitlich durch Spe-zialisten aus der Privatwirtschaft. Aufgrund des Umfanges und der Komplexität der zu erstel-lenden Produkte führen meist fachspezifisch qualifizierte Arbeitsgemeinschaften diese Arbei-ten aus. Die zu erbringenden Leistungen bedingen den Einsatz qualifizierter, im Umgang mitNaturgefahren erfahrener und möglichst über Gebietskenntnisse verfügender Büros. Da dieseBüros teilweise auch in anderen Kantonen mit der Ausarbeitung von Gefahrenkarten be-schäftigt sind, können Kapazitätsengpässe entstehen.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 51

8. Zeitplan

Integrales Risikomanagement ist eine Daueraufgabe. Es kann nicht von heute auf morgen im-plementiert werden und ist zudem ein dynamisches Konzept, das sich dauernd neuen Erkennt-nissen und Gegebenheiten anzupassen hat. Naturgefahrenmanagement wird auf Dauer einewichtige Aufgabe der Behörden sein, insbesondere auf Stufe Regierung.

Gestützt auf RRB Nr. 166/2004 hat der Kanton die Ausarbeitung von Gefahrengrundlagen (Er-eignisdokumentation, integrale Naturgefahrenkarten) vorangetrieben. Wegen personeller Kapazi-tätsengpässe, insbesondere auf Seiten der beauftragten Büros und speziell im Zusammenhangmit der Bewältigung der Hochwasserereignisse der Jahre 2005 und 2007 (Projektierung vonSchutzmassnahmen), kann die Gefahrenkartenerstellung indes nicht wie ursprünglich vorgesehenper Ende 2010 abgeschlossen werden. In Übereinstimmung mit den Vorgaben des Bundes istdie Fertigstellung der Gefahrenkarten neu auf Ende 2011 terminiert. Aus heutiger Beurteilungkann dieser Termin eingehalten werden.

Gefahrenkarten sind keine statischen Planungsinstrumente. Sie sind voraussichtlich mindestensim Rhythmus der Ortsplanungsrevisionen (zirka alle 10 bis 15 Jahre) zu überprüfen und gegebe-nenfalls anzupassen. Lokale Anpassungen sind auch dort nötig, wo mittels Schutzmassnahmenein verbesserter Schutz erzielt worden ist (vergleiche Kap. 4.2.2) oder wo infolge grösserer bauli-cher Veränderungen (z.B. Terrainveränderungen infolge von Aufschüttungen) andere Ereignisab-läufe möglich sind. Auch ein grösseres Naturgefahrenereignis kann zu veränderten Randbedin-gungen und neuen Erkenntnissen führen, welche punktuelle Anpassungen der Gefahrenkarte er-fordern.

9. Schlussbemerkungen

Naturgefahren gehören zu unserem Lebensraum. In einem sich stetig ändernden Umfeld(Raumnutzung, vorhandene Mittel, Wertvorstellungen, Klimaveränderungen) ist es eine wich-tige Aufgabe des Gemeinwesens, die Einwohnerinnen und Einwohner, ihre natürlichen Le-bensgrundlagen und erhebliche Sachwerte angemessen und effizient vor Naturgefahren zuschützen.

Im Umgang mit Naturgefahren hat in den letzten Jahren ein Wandel von der reinen Gefahren-abwehr zu einer Risikokultur stattgefunden. Die Zeiten der sektoriellen Gefahrenbekämpfungsind vorbei.

Losgelöst von einzelnen Gefahren und Ereignissen soll dieser Kulturwandel dazu führen, alleFragen der Vorbeugung im Bereich Naturgefahren in Gegenwart und Zukunft kohärent zu be-urteilen und der Eigenverantwortung wieder einen höheren Stellenwert beizumessen.

In Zukunft darf sich das Gefahrenmanagement nicht darauf beschränken, innerhalb von klarabgegrenzten Zuständigkeitsbereichen sektoriell einzelne Sachwerte vor bestimmten Gefah-renarten zu schützen. Statt Hochwasser, Steinschlag, Rutschungen oder Lawinen isoliert zubetrachten, müssen alle Beteiligten die gesellschaftlichen Schutzinteressen ganzheitlich undinterdisziplinär wahrnehmen.

Im Rahmen des integralen Risikomanagements wird angestrebt, dass Massnahmen ergriffenwerden, die ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich effizient sind. Dabei liegtdas Hauptgewicht aller Aktivitäten bei der Prävention.

Bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrages orientiert sich der Kanton Schwyz an diesenZielvorgaben. Sie stehen im Einklang mit den Anforderungen gemäss NFA. In Einzelfällenkann der Regierungsrat auch Massnahmen unterstützen, die rein ökonomisch betrachtet nichtkostenwirksam, aber unter sozialen oder ökologischen Aspekten zweckmässig sind. Bei der

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 52

Aushandlung der Programmvereinbarung für die Periode 2012-2015 ist dieser Grundsatz indie Ausführungsbestimmungen aufzunehmen.

Die regierungsrätlichen Zielvorgaben werden durch folgende Grundsätze konkretisiert:

§ Naturgefahren sind Teil unseres Lebensraumes. Die Nutzung des Raumes ist diesen natür-lichen Gegebenheiten anzupassen.

§ Der Schutz von Menschen hat oberste Priorität. Andere Schutzansprüche oder Interessensind dem unterzuordnen.

§ Der Kanton Schwyz betreibt ein integrales Risikomanagement. Hauptpfeiler ist die Vor-beugung (Prävention und Vorsorge).

§ In der Prävention liegt der Schwerpunkt bei raumplanerischen Massnahmen (Zonenpla-nung, Baureglement, Raumbedarf Fliessgewässer), bei der Schutzwaldpflege und beimUnterhalt von Gewässern und bestehenden Schutzbauten. Dort, wo mit raumplanerischenMitteln und dem Unterhalt bestehender Schutzmassnahmen keine ausreichende Sicher-heit erzielt werden kann, sind biologische (etwa durch die Anlage neuen Schutzwaldes)oder technisch-bauliche Massnahmen zu prüfen.

§ Der Schutzwald im Kanton Schwyz wird unter Aufsicht des kantonalen Forstdienstes (Amtfür Wald und Naturgefahren) flächendeckend auf der Grundlage der „Nachhaltigkeit undErfolgskontrolle im Schutzwald (NaiS)“ gepflegt und bewirtschaftet.

§ Der Umgang mit Naturgefahren ist ein partizipativer Prozess. Der Einbezug der verschie-denen Akteure in das Ausgestalten tragbarer Lösungen ist wichtig. Gewisse Entscheide imNaturgefahrenmanagement können mitunter dekretierenden Charakter haben (polizeilicheGeneralklausel).

§ Nicht alle Objekte des Raumes beziehungsweise Raumnutzungen benötigen den gleichenSchutz. Deshalb gilt es, die Ziele bezüglich Sicherheit differenziert zu betrachten (flexibleSchutzziele). Aus vorhandenen Schutzdefiziten kann kein Anspruch auf Behebung diesesZustandes durch die öffentliche Hand geltend gemacht werden.

§ Der Kanton Schwyz ist bestrebt, seinen Bürgerinnen und Bürgern einen nachhaltigen undbestmöglichen Schutz vor Naturgefahren zu bieten. Der Aufwand für den Schutz muss in-des zweckmässig und angemessen sein (Kosten/Nutzen). Die Anstrengungen der öffentli-chen Hand entbinden das Individuum nicht, in eigener Verantwortung mit Naturgefahren-risiken umzugehen (Risikokultur).

§ Die Kostenwirksamkeit einer Massnahme ist ein wichtiges Kriterium bei der Evaluationvon Schutzmassnahmen. Aufgrund gesellschaftlicher und politischer Abwägungen könnenuntergeordnet auch zweckmässige Massnahmen mit ungenügender Kostenwirksamkeit mitöffentlichen Mitteln unterstützt werden, dies vorab unter Würdigung des verfassungsrecht-lichen Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung und des Prinzips der ganzheitlichen Be-trachtungsweise.

§ Der Kanton Schwyz fördert in der Bevölkerung das Bewusstsein für einen angemessenenUmgang mit Naturgefahren durch Information und Kommunikation.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 53

10. Handlungsebenen und Konsequenzen

1. Die kantonale Naturgefahrenstrategie aus dem Jahre 2004 hat sich in ihren Grundzügenbewährt und wird mit der vorliegenden Revision weiter entwickelt. Die Erfahrung hat aber ge-zeigt, dass bei der Raumnutzung Gefahrengebiete wesentlich konsequenter als bisher gemie-den werden müssen.

Fazit: Nur eine sorgfältige und die Naturgefahren berücksichtigende Raumnutzung kann einweiteres unkontrolliertes Anwachsen der Schaden- und Risikopotenziale verhindern. Das PBGüberträgt den Gemeinden und Bezirken diesbezüglich eine grosse Verantwortung, was von denkommunalen Behörden eine intensive Auseinandersetzung mit der Naturgefahrensituation er-fordert.

2. Wesentliche Grundlage zur Gefahren- und Risikobeurteilung bilden die Gefahrenkarten. Da-rauf abgestützt werden notwendige (Schutz-)Massnahmen definiert. Schliesslich können ausden Gefahrenkarten neue Produkte wie Interventionskarten als Grundlage für Einsatzkräfteoder Risikokarten für die Finanz- und Versicherungsplanung abgeleitet werden.

Fazit: Naturgefahrenkarten sind keine statischen Instrumente. Sie sind regelmässig zu kon-trollieren und periodisch nachzuführen. Dies gilt auch für die daraus abgeleiteten Planungsin-strumente und Entscheidgrundlagen.

3. Von zentraler Bedeutung ist und bleibt die Schutzwaldpflege. Pflegeeingriffe im Schutz-wald sind Unterhaltsmassnahmen in einem biologischen Schutzwerk. Nachhaltige und vor-beugende Schutzwaldpflege ist und bleibt eine wenig spektakuläre, aber wichtige und wirk-same Daueraufgabe. Und wie sich bei den Unwettern von August 2005 gezeigt hat, kommtder Schutzwaldpflege entlang von Fliessgewässern - als ein zentrales Instrument der Gefah-renprävention – eine hohe Priorität zu.

Fazit: Die Schutzleistung ist ein öffentliches Gut und daher nicht marktfähig. Mit der Über-nahme des Defizits bei der Pflege und bei der Verjüngung der Schutzwälder unterstreichenBund und Kanton die Bedeutung, welche sie dem Schutz vor Naturereignissen beimessen. DieSchutzwirkung des Waldes ist durch konsequente Schutzwaldpflege aufrecht zu erhalten und– wo nötig - zu stärken (Referenz NaiS). Der Schutzwald dient dem Schutz von Menschen,dem obersten Schutzgut. Andere Interessen, die der Schutzfunktion des Waldes abträglichsind, sind diesem Anspruch unterzuordnen.

4. Die Naturgefahrenstrategie formuliert Schutzziele. Der optimale Mix zwischen der Präventi-on und der Schadensbehebung sind letztlich volkswirtschaftliche und politische Fragestellun-gen: Welcher Schutz zu welchem Preis? Häufig geht es um Ermessensentscheide, da das Wis-sen über den künftigen Verlauf der Risiken von Klima, Bio- und Geosphäre beschränkt ist. Ri-sikokultur und Unsicherheiten sind und bleiben zentrale Themen des Naturgefahrenschutzes.

Fazit: Der Umgang mit Naturgefahren ist eine Daueraufgabe. Ändernde Rahmenbedingungenerfordern einen steten Risikodialog unter den verschiedenen Beteiligten. Der Kanton wird hierwie bisher Führung und Verantwortung wahrnehmen.

5. Die Hochwasserereignisse vom August 2005 haben mit aller Deutlichkeit gezeigt, wieschnell Bäche bei Hochwasser zu reissenden Flüssen anschwellen und dabei Siedlungsgebie-te, Verkehrsinfrastrukturen und landwirtschaftliche Nutzflächen schädigen können. Rückbli-ckend ist der zunehmende Nutzungsdruck im Einzugsgebiet von Fliessgewässern eine derHauptursachen für die grossen Hochwasser- und Umweltschäden. Zwar sind die August-Hochwasser des Jahres 2005 in jüngerer Zeit ohne Parallele, historisch betrachtet sind sie je-doch nicht einmalig. Mit überregionalen Grossereignissen muss auch künftig gerechnet wer-den. Auch deshalb brauchen Fliessgewässer genügend Raum. Wesentlicher Inhalt der vorlie-genden Naturgefahrenstrategie bildet daher die Absicht, diesen Gewässerraum vorausblickend

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 54

sicher zu stellen. Nur so lassen sich die anspruchsvollen Ziele einer verbesserten Hochwasser-sicherheit für unsere Siedlungsgebiete, geringere Hochwasserschutzkosten und einer Verbes-serung des ökologischen Zustandes und des Erholungswertes der Gewässer erreichen.Fazit: Mit der Änderung von Art. 21 der Wasserbauverordnung auf den 1. Januar 1999 erhiel-ten die Kantone den Auftrag, die Gewässerräume für die natürlichen Fliessgewässer in derRicht- und Nutzungsplanung zu berücksichtigen. Ein Gewässerraum trägt erwiesenermassenzu relevanten Kosteneinsparungen beim Hochwasserschutz bei, da auf aufwändige Wasser-bauten ganz oder teilweise verzichtet werden kann. Der Raumbedarf für die Fliessgewässer istdemgemäss konsequent umzusetzen (§ 66 PBG).

6. Naturgefahrenkarten stellen einen rechtserheblichen Sachverhalt dar. Sie dürfen von denBehörden in ihrer Verwaltungstätigkeit nicht ignoriert werden. Unterlässt sie dies, kann sie imFalle eines Personen- oder Sachschadens haftbar gemacht werden.

Fazit: Der Kanton wird die Gemeinden und Bezirke in vermehrtem Masse als bisher in diePflicht nehmen, die Erkenntnisse aus den Naturgefahrenkarten in der Nutzungsplanung sowiebei einzelnen Bauvorhaben konsequent umzusetzen.

7. Vorbeugende Schutzmassnahmen sowie eingeübte Notfallmassnahmen sind nach wie vornotwendig. Dazu gehören auch die rechtzeitige Warnung und Alarmierung. Die verschiedenenUnwetteranalysen haben aufgezeigt, dass bei der Notfallplanung und beim Informationsaus-tausch noch Defizite bestehen. Der Vorsorge im Bereich der Bereitstellung der kantonalen undkommunalen Einsatzformationen (Ausbildung, Ausrüstung/Einsatzgerätschaften) ist daher dasnotwendige Gewicht beizumessen. Gerade kommunale Einsatzkräfte sind in Zukunft in ver-mehrtem Masse gefordert.

Fazit: Im Hinblick auf eine wirksame Intervention bei Naturgefahrenereignissen sind die not-wendigen personellen und materiellen Ressourcen sicherzustellen. Es sind geeignete Ent-scheidungsgrundlagen (Interventionskarten inklusive Notablagerungsmöglichkeiten) zu erar-beiten. Gleichzeitig sind die Schadenwehren entsprechend zu schulen. Die kommunalen Be-hörden werden dabei vom Kanton unterstützt.

8. Schutz vor Naturgefahren bleibt eine Daueraufgabe, welche nicht nur Fachleute betrifft,sondern in den kommenden Jahren auch die breite Bevölkerung in vermehrtem Masse einzu-beziehen hat.Fazit: Hinsichtlich des Umgangs mit Naturgefahren ist die Bevölkerung gezielt zu sensibilisie-ren. Dazu ist in Zusammenarbeit mit dem Beauftragten für Information und Kommunikationein Konzept für die Öffentlichkeitsarbeit zu entwickeln.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 55

11. Bibliografie und weiter führende Grundlagen

Wichtigste, zum Zeitpunkt des Erlasses der vorliegenden kantonalen Naturgefahrenstrategie gültigenWerke mit schweizweit regulierendem, normativem Charakter sind kursiv gedruckt.

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Bezzola, G. R. & Hegg, Ch. (Eds.) 2008: Ereignisanalyse Hochwasser 2005, Teil 2 - Analyse von Pro-zessen, Massnahmen und Gefahrengrundlagen. Bundesamt für Umwelt BAFU, Eidgenössische For-schungsanstalt WSL. Umwelt-Wissen Nr. 0825. 429 S.

Borter, P., Bart, R., Egli, Th. & Gächter, M. 1999: Risikoanalyse bei gravitativen Naturgefahren, Me-thode. Naturgefahren, Umwelt-Materialien Nr. 107/I und II. Bundesamt für Umwelt, Wald undLandschaft (BUWAL), 115 S. (I), 129 S. (II).

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http://www.meteoschweiz.ch Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie, Me-teoschweiz

http://www.planat.ch Nationale Plattform Naturgefahren PLANAT

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 57

http://www.proclim.ch Forum for Climate and Global Change ProClim

http://www.seismo.ethz.ch Schweizerischer Erdbebendienst

http://www.econome.admin.ch Berechnungstool des Bundes für Sach- und Perso-nenrisiken (BAFU)

http://www.kgvonline.ch Kantonale Gebäudeversicherungen à Objekt-schutzmassnahmen

12. Glossar

Akzeptanz Empirisch feststellbare individuelle oder gesellschaftliche Bereit-schaft, das subjektiv erkannte Risiko eines Zustandes oder einerHandlung hinzunehmen.

Aversion Siehe Risikoaversion.

EconoMe EconoMe (www.econome.ch) ist ein Berechnungstool des Bundeszur Quantifizierung von Risiken und der Kostenwirksamkeit vonMassnahmen. Damit soll ein gesamtschweizerisch einheitlicher Um-gang mit Naturgefahrenrisiken ermöglicht werden. Es basiert auffallweise zu bestimmenden Expositionssituationen (Menschen,Sachwerte, Verfügbarkeit) und verwendet vorgegebene Richtwerte zuSchadenempfindlichkeiten (Sachwerte) und Letalitäten (Personen).EconoMe bildet die Grundlage für alle Schutzmassnahmenprojekteunter dem NFA. Der Zugang zu EconoMe ist passwortgeschützt.EconoMe wird periodisch den neuen Erkenntnissen angepasst. Zur-zeit gilt die Version 2.0, Stand Februar 2010.

Einzelgefahrenkarte Darstellung der durch einen einzelnen Gefahrenprozess gefährdetenGebiete (z.B. Lawine). Weiteres siehe Gefahrenkarte.

Ereignisdokumentation Die Ereignisdokumentation (auch Ereignis- oder Gefahrenkataster)ist ein Verzeichnis beobachteter Naturgefahrenereignisse. Sie um-fasst Angaben zur Gefahrenart (Prozess), zum Wirkungsbereich, zuUrsachen sowie zu festgestellten Schäden. Sie gibt Antwort auf dieFrage was sich wann, wo, warum in welchem Ausmass ereignet hatund bildet eine wichtige Grundlage für die Gefahrenkarte. Die Er-stellung der Ereignisdokumentation erfolgt anhand standardisierterFormulare (StorMe). Die erfassten Ereignisse werden beim Bund ineiner Datenbank zentral registriert. Die Erfassung aller relevantenEreignisse, die Aktualisierung und die digitale Registrierung erfolgendurch das Amt für Wald und Naturgefahren.

Ereigniskataster Siehe Ereignisdokumentation.

Folgeschaden Ein Naturgefahrenereignis kann nebst einem direkten Schaden (z.B.Gebäudeschaden infolge Überflutung) auch sekundäre, kostenrele-vante Schäden hervorrufen, wie beispielsweise Betriebsunterbruch,Umweltschäden infolge ausgelaufenen Heizöls oder unterbrocheneVerkehrsverbindungen.

Flexible Schutzziele Siehe Schutzziel

Gefahr Zustand oder Vorgang, aus dem ein Schaden für Menschen, Tiere,Umwelt und/oder Sachwerte entstehen kann.

Gefahrenkataster Siehe Ereignisdokumentation

Gefahrenhinweiskarte Karte mit Hinweisen auf Gefahren und deren Wirkungsräume, ohneAngaben zur Intensität und Wiederkehrperiode der Gefahrenart.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 58

Gefahrenkarte Die Gefahrenkarte macht innerhalb eines Untersuchungsgebietesflächendeckend Aussagen zur Gefährdung (oder Nichtgefährdung)einer Zone, der Art des gefährlichen Prozesses (Gefahrenart) sowieder Intensität und der Eintretenswahrscheinlichkeit bzw. Häufigkeitdes zu erwartenden Prozesses. Die Bestimmung der Gefahrenstufe(rot, blau, gelb, gelb-weiss) erfolgt anhand des Intensitäts-Wahr-scheinlichkeits-Diagrammes.

Gefahrenpotenzial Gesamtheit aller Einflussfaktoren eines Systems in einem gegebe-nen Zustand, welche ein gegebenes Gebiet oder Objekt gefährden.

Gravitative Naturgefahren Alle an der Terrainoberfläche ablaufenden Gefahrenprozesse, welcheden Gesetzmässigkeiten der Schwerkraft unterliegen. Konkret ge-meint sind Hochwassergefahren, Sturzprozesse (Stein- und Block-schlag, Felssturz, Bergsturz), Schneeprozesse (Lawinen, Gleit-schnee), Rutschprozesse (Rutschungen, Hangmuren), Bodenabsen-kung und Einsturzphänomene.

Grenzkosten Die Grenzkosten bringen zum Ausdruck, wieviel die Gesellschaftaufzuwenden bereit ist, um Schäden im Ereignisfall zu verhindern(z. B. Kosten pro verhinderter Todesfall). In der Schweiz liegen dieGrenzkosten für einen verhinderten Todesfall bei gravitativen Natur-gefahren bei 5 Mio. Franken, bei Erdbeben sind sie höher angesetzt.Bewertet wird nicht das Leben an sich, sondern die Bereitschaft unddie finanzielle Möglichkeit, Todesfälle zu verhindern. Dies entsprichtdem Grenzkostenkonzept, wonach Investitionen bis zu einem be-stimmten Grenzbetrag als verhältnismässig angesehen werden.

Individuelles Todesfallrisiko Risiko eines Individuums, in einer bestimmten Gefahrensituation zuTode zu kommen. Es drückt die zusätzliche Wahrscheinlichkeit zurnatürlichen Sterbewahrscheinlichkeit aus

Intensitätskarten Auf Intensitätskarten werden szenarienbezogen Flächen gleicher In-tensität bzw. Intensitätsbereiche eines einzelnen Gefahrenprozesses(z.B. Stein-/Blockschlag) dargestellt.

IPCC Intergovernmental Panel on Climate Change (www.ipcc.ch). Interna-tionale Plattform von Fachleuten, die sich im Auftrag der UNO (UN-EP und WMO) mit Fragen der Klimaveränderungen und ihrer Aus-wirkungen befasst.

IW-Diagramm Intensitäts-Wahrscheinlichkeits-Diagramm. Es bildet die Grundlagefür die Bestimmung der Gefahrenstufe durch die Einwirkung einesbestimmten Gefahrenprozesses an einem gegebenen Ort. Massge-bende Kriterien sind die Intensität (Stärke) der Einwirkung einer Ge-fahr und die Wahrscheinlichkeit für deren Eintreten.

Karte der Phänomene Die Karte der Phänomene hält die im Gelände beobachteten Merk-male und Indikatoren („stumme Zeugen“) vergangener Ereignisse inobjektiver Art und Weise fest. Sie stellt die Phänomene (z.B. Ablage-rungs-, Erosionsspuren) gefährlicher Prozesse sowie vorhandeneSchutzbauten dar und bezeichnet gefährdete Gebiete wie auch po-tenzielle Gefahrenstellen, unabhängig von der Gefahrenstufe. DieKarte der Phänomene bildet eine wichtige Grundlage zum Verständ-nis der Gefahrenkarte.

KATARISK Studie des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz aus dem Jahre2003 zum Thema Katastrophen und Notlagen in der Schweiz.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 59

Kollektives Todesfallrisiko Jährliche Wahrscheinlichkeit, dass aus einer bestimmten Personen-gruppe oder Gemeinschaft in einer bestimmten Gefahrensituationzufällig eine Person ums Leben kommt

Letalität Der Begriff bezeichnet die Schadenempfindlichkeit von Personen. Erbeziffert die Wahrscheinlichkeit der Todesfolge einer Person in einerbestimmten Expositionssituation (z.B. im Freien, in einem Gebäude)unter der Einwirkung einer bestimmten Intensität eines Gefahren-prozesses. Die Letalität wird mit Werten zwischen 0 und 1 (100%Todesfall) beziffert.

OWARNA Das Projekt OWARNA beschäftigt sich mit der Optimierung der War-nungs- und Alarmierungskette bei Naturgefahren, von den Organendes Bundes bis zur ersten Behördenstufe.

PLANAT Die Nationale Plattform Naturgefahren PLANAT (www.planat.ch) isteine ausserparlamentarische Kommission, die auf strategischerEbene den Umgang mit Naturgefahrenrisiken in der Schweiz auf-zeigt.

Raumbedarf Fliessgewässer Räumlicher Bedarf eines fliessenden Gewässers zur Sicherstellungder Transport- (Aspekt Hochwasserschutz) und minimalen Vernet-zungsfunktion (Aspekt Ökologie).

RäumlicheAuftretenswahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit, dass bei Eintritt eines Gefahrenprozesses dieser

einen bestimmten Punkt des Untersuchungsperimeters (z. B. Ver-kehrsachse) erreicht. Dabei wird dem Umstand Rechnung getragen,dass ein Einzelereignis in Abhängigkeit der Gefahrenart und desSzenarios nicht den gesamten potenziellen Gefahrenraum treffenkann. Beispielsweise wirkt ein Blockschlag nur sehr punktuell, wäh-rend ein Hochwasser eine grössere Fläche gleichzeitig zu über-schwemmen vermag.

Risiko Risiko ist ein Zustand, Umstand oder Vorgang, aus dem ein Schadenentsteht. Es bemisst sich nach Grösse und Wahrscheinlichkeit einesmöglichen Schadens. Ein Risiko besteht dort, wo die menschlicheNutzung den Naturgefahrenraum überlagert.

Risikoaversion Unter Risikoaversion wird die Aversion gegenüber Katastrophen undNotlagen verstanden. Ein Ereignis mit einem grossen Schaden-ausmass wird von der Gesellschaft intensiver wahrgenommen alszahlreiche kleinere mit geringem Schadenausmass. Ein Ereignis mit50 Toten wird wesentlich schlimmer empfunden als 50 Ereignissemit je einem Toten.

Schadenempfindlichkeit Charakterisierung des Ausmasses der Beeinträchtigung, welche einObjekt unter einer bestimmten Prozessweinwirkung erfährt (Syno-nym: Verletzlichkeit).

Schadenpotenzial Objekt das infolge einer oder mehrerer Gefahren (Gefahrenpotenzial)einen Schaden erleiden kann. Die Karte der Schadenpotenziale istdie kartografische Darstellung aller in einem bestimmten Gebietvorhandenen Objekte.

Schutzdefizit Siehe Schutzziel.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 60

Schutzziel Für eine Objektkategorie festgelegtes Mass, bis zu welchem 1. keineGefahreneinwirkung oder 2. eine bestimmte Intensität eines Natur-gefahrenereignisses einer festgelegten Wiederkehrperiode unter In-kaufnahme von Schäden akzeptiert wird. Wird dieses Mass über-schritten, besteht ein Schutzdefizit. Variiert dieses Mass in Abhän-gigkeit der Objektkategorien, spricht man von flexiblen oder variab-len Schutzzielen.

StorMe Siehe Ereignisdokumentation

Szenario Mögliche Ereignisabläufe eines Gefahrenprozesses für eine be-stimmte Jährlichkeit. Bei Gefahren- und Risikoanalysen werden inder Regel das 30-, 100- und 300-jährliche Ereignis beurteilt, teilsauch das Extremereignis (EHQ beim Hochwasser) oder das 10-jährliche Ereignis (v.a. bei Strassen und Bahnen).

Synoptische Gefahrenkarte Die synoptische Gefahrenkarte geht aus der Überlagerung der ver-schiedenen Einzelgefahrenkarten hervor. Sie liefert die Gesamtüber-sicht über die Gefährdung eines Gebietes durch Naturgefahren. Dortwo sich die Gefahrenzonen von mehr als zwei Prozessen überlagern,gelten folgende Bestimmungen:1. Die höhere Gefahrenstufe geht vor (rot vor blau vor gelb vor

gelb-weiss).2. Bei gleichwertigen Gefahrenstufen bestimmt diejenige mit der

stärkeren Intensität den Gefahrenindex.3. Bei äquivalenten Gefahrenstufen gleicher Intensität geht der

wahrscheinlichkeitsmässig häufigere Prozess vor.

Verletzlichkeit Siehe Schadenempfindlichkeit

13. Abkürzungsverzeichnis

ARE Amt für RaumentwicklungAWB Amt für WasserbauAWN Amt für Wald und NaturgefahrenBAFU Bundesamt für UmweltBWG Bundesamt für Wasser und Geologie (bis Ende 2005)IPCC Intergovernmental Panel on Climate ChangeKFS Kantonaler FührungsstabNAZ Nationale AlarmzentraleNFA Neuer Finanzausgleich, in Kraft seit 1. Januar 2008NFP Nationales ForschungsprogrammPBG kantonales Planungs- und Baugesetz (SRSZ 400.100)PLANAT Nationale Plattform NaturgefahrenRPG Bundesgesetz über die Raumplanung (SR 700)WaG Bundesgesetz über den Wald (SR 921.0)WaV Verordnung über den Wald (SR 921.01)WBG Bundesgesetz über den Wasserbau (SR 721.100)WBV Verordnung über den Wasserbau (SR 721.100.1)WSL Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 61

Anhang A

Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Aspekte

Der Schutz der Bevölkerung vor Naturgefahren ist grundsätzlich Aufgabe der Kantone und derGemeinden. Der Bund hat lediglich die Kompetenz, Grundregeln zu erstellen.

Hinsichtlich der Naturgefahren hervorzuheben sind folgende gesetzlichen Vorgaben:

Bundesrecht

§ Die Kantone sind nach Art. 6 RPG verpflichtet, jene Gebiete zu ermitteln, die durch Na-turgefahren gefährdet sind. Von Naturgefahren bedrohte Flächen eignen sich im Sinne vonArt. 15 RPG nicht oder nur sehr beschränkt als Bauland. (Art. 15: Bauzonen umfassenLand, das sich für die Überbauung eignet…).

§ Die Kantone erarbeiten die Grundlagen für den Schutz vor Naturereignissen, insbesondereGefahrenkataster und Gefahrenkarten (Art. 15 WaV, Art. 27 WbV).

§ Die Kantone berücksichtigen die Grundlagen bei allen raumwirksamen Tätigkeiten, insbe-sondere in der Richt- und Nutzungsplanung (Art. 15 WaV, Art.21 WbV).

§ Wo es der Schutz von Menschen oder erheblichen Sachwerten erfordert, sichern die Kan-tone die Anrissgebiete von Lawinen sowie Rutsch-, Erosions- und Steinschlaggebiete undsorgen für den forstlichen Bachverbau (Art. 19 WaG, 4. Oktober 1991).

§ Das Bundesamt erlässt Richtlinien namentlich über: b. die Erstellung der Gefahrenkatas-ter und Gefahrenkarten (Art. 20 WBV).

Kantonales Recht

§ Die Ausführung von Massnahmen zum Schutz von Menschen oder erheblichen Sachwertenvor Naturereignissen (§ 19 WaG) obliegt den Grund- und Werkeigentümern und, soweit esdie Verhältnisse erfordern, den betroffenen Gemeinden (§ 8, Abs. 1, Kantonale Verord-nung zum Bundesgesetz über den Wald, 21. Oktober 1998).

§ Bauten und Anlagen sind so zu erstellen und zu unterhalten, dass sie weder Personennoch Sachen gefährden. Zudem müssen Bauten und Anlagen den Regeln der Baukundeund den Anforderungen des Gesundheitsschutzes entsprechen (§ 54 PBG).

§ Die Gemeinde scheidet im Zonenplan die erforderlichen Bau-, Landwirtschafts-, Schutz-und Gefahrenzonen aus (§ 17 PBG).

§ Gefahrenzonen werden nach den vom Kanton erstellten Gefahrenkarten für jene Gebieteausgeschieden, die durch Naturgewalten gefährdet sind (§ 20 PBG).

§ Die Gemeinden haben die Gefahrenzonen in ihren Nutzungsplänen innert zwei Jahrennach Erstellung der Gefahrenkarten auszuscheiden. Für Gebiete mit erheblicher Gefähr-dung prüfen die Gemeinderäte den Erlass kommunaler Planungszonen (PBG).

§ Einbezug der Bevölkerung: öffentliche Mitwirkung gemäss teilrevidiertem Planungs- undBaugesetz (PBG, 1. Juli 2008).

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 62

Grundlagen mit normativem Charakter

Im Umgang mit Naturgefahren bestehen verschiedene Grundlagen, welche der schweizweitenHarmonisierung dienen. Dass ein einheitlicher Umgang unabdingbar ist, zeigt nicht zuletztArt. 20 WbV, wonach der Bund Vorgehensrichtlinien erlässt (siehe Bibliografie).

Diese und andere Grundlagen des Bundes oder der PLANAT zu Naturgefahren sind Dokumen-te, welche heute als fachlich anerkannte Regeln betrachtet werden. Analog an die anerkann-ten Regeln der Baukunde bilden sie Sachregeln, welchen die Rechtsordnung rechtliche Gel-tung und damit erhöhte Wirksamkeit verleiht. Sie regeln Sachverhalte des Umgangs mit Na-turgefahren. Sachregeln müssen, um rechtliche Geltung zu erlangen, sowohl durch die Theo-rie als auch durch die Praxis des einschlägigen Fachgebietes gestützt und gefestigt sein sowiein den betroffenen Fachkreisen eine gewisse Verbreitung aufweisen (Tausky 1996). Im Falledes Naturgefahrenmanagement ist dies klar gegeben.

Die bekanntesten Sachregeln sind die SIA-Normen. Die Tragwerksnormen SIA 260, 261,261/1 liefern Vorgaben zur Berücksichtigung von Lasten auf Bauwerke, beispielsweise vonSchneelasten. Mit der Berücksichtigung dieser Vorgaben wird die Funktionstüchtigkeit undGebrauchstauglichkeit der Baute nach heutigem Stand („nach den Regeln der Kunst“) alsgewährleist betrachtet. Es gibt aber kein Gesetz, welches die Berücksichtigung von Schnee-lasten explizit verlangt, ebenso wenig es ein Gesetz gibt, das Objektschutzmassnahmen fürBauten in Naturgefahrenbereichen fordert.

§ 54 PBG verlangt, dass Bauten und Anlagen sicher zu erstellen seien. Durch ein Bauwerkdarf somit weder der Benutzer selbst, noch Dritte gefährdet oder geschädigt werden. Darausist zu folgern, dass Bauten und Anlagen so zu entwerfen und zu bauen sind, dass sie denstandortgegebenen Belastungen standhalten. Dazu gehören beispielsweise nicht nur Schnee-lasten, sondern auch Einwirkungen aus Gefahrenprozessen.

Die rechtliche Geltung von anerkannten Normen geht auch aus dem Beschluss der BPUK(Schweizerische Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz) vom Oktober 2007 zurbaulichen Erdbebenvorsorge hervor. Gestützt auf die vorhandenen Normenwerke der SIAkommt die BPUK nämlich zum Schluss, dass bauliche Massnahmen zur Erdbebenvorsorgenicht im Gesetz zu verankern seien, da die vorhandenen anerkannten Regeln der Technik (SIA260-267, Tragwerksnormen) deren Berücksichtigung ausreichend gebieten. Diese Aussage istnicht rechtlicher Natur, kann jedoch in der rechtspolitischen Diskussion auch für die Rechts-sprechung Hinweis sein (Ganz 2008).

Fazit

Aus den gesetzlichen Vorgaben geht deutlich hervor, dass§ es eine Aufgabe der Kantone ist, Gefahrengebiete zu ermitteln und dafür zu sorgen, dass

sie in der Raumplanung und namentlich der Nutzungsplanung berücksichtigt werden(RPG, WaV, WbV, PBG);

§ der Bund zwecks schweizweit einheitlicher Handhabung von Gefahrengrundlagen Richt-linien erlässt (WbV);

§ Bauten und Anlagen den Erfordernissen der Sicherheit entsprechend zu erstellen sind(PBG);

§ Massnahmen erforderlich sind, wo Menschen und erhebliche Sachwerte von Gefahren-prozessen betroffen sind (WaG);

§ Schutzmassnahmen den Grund- und Werkeigentümern obliegen, wofür keine Abgeltunggewährt wird (Kantonale Verordnung zum WaG).

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 63

§ Im Zusammenhang mit der Nutzung des Raumes sind die Behörden verpflichtet, diestandortbezogenen Einwirkungen durch Naturgefahren bei der Beurteilung des Sachver-haltes zu berücksichtigen, auch wenn diese Resultate noch nicht in die Richt- und Nut-zungsplanung eingeflossen sind. Tut eine Behörde das nicht, begeht sie einen Fehler, in-dem sie den rechtserheblichen Sachverhalt nicht richtig festgestellt hat. Der Behörde be-kannte Fakten dürfen im Verwaltungsverfahren nicht ignoriert werden (Lüthi 2004).

Bibliografie

Ganz, G. 2008: Erdbebensicherheit von privaten Gebäuden: Massnahmen der Kantone. – In:Erdbebensicherheit von Gebäuden, Rechts- und Haftungsfragen. – SIA Dokumentation, D0227, S. 71-80.

Lüthi, R. 2004: Rechtliche Aspekte im Zusammenhang mit der Gefahrenkarte. Studie vonRolf Lüthi. – PLANAT Reihe 4/2004. 48 S.

Tausky, R. 1996: Die allgemein anerkannten Regeln der Baukunde. – In: Alfred Koller, Hrsg.:Bau- und Bauprozessrecht: Ausgewählte Fragen. – Verlag Vereinigung für Baurecht, St.Gallen, S. 177-224.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 64

Anhang B

Methoden und Verfahren der Gefahrenbeurteilung

Methoden und Verfahren zur Erfassung, Beurteilung und Bewertung von Naturgefahren undderen Risiken sind in verschiedenen, schweizweit bekannten und anerkannten Richtlinien,Wegleitungen, Empfehlungen und vergleichbaren Schriften dargestellt. Im Wesentlichen sindjene der mit dem Naturgefahrenmanagement beauftragten Fachstellen des Bundes (BAFU,ARE) oder jene der PLANAT gemeint. Besonders zu beachten sind folgende Grundlagen:

§ Bundesamt für Wasser und Geologie, 2001: Hochwasserschutz an Fliessgewässern. –Wegleitungen des BWG, Biel, 2001, 72 S.

§ Bundesamt für Forstwesen / Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung: Richtliniezur Berücksichtigung der Lawinengefahr bei raumwirksamen Tätigkeiten. Bern / Davos,1984, 21. S.

§ BRP, BWW, BUWAL, 1977: Empfehlungen zur Berücksichtigung von Hochwassergefahrenbei raumwirksamen Tätigkeiten. - BRP, BWW, BUWAL, Reihe Naturgefahren, Bern, 1977,32 S.

§ BWW, BRP, BUWAL, 1977: Empfehlungen zur Berücksichtigung von Massenbewegungs-gefahren bei raumwirksamen Tätigkeiten. - BRP, BWW, BUWAL, Reihe Naturgefahren,Bern, 1977, 42 S.

§ Bründl, M. (Ed.) 2009: Risikokonzept für Naturgefahren – Leitfaden. Nationale Plattformfür Naturgefahren PLANAT, Bern. 420 S.

§ BAFU 2010: Schutz vor Massenbewegungsgefahren - Technische Richtlinie als Vollzugs-hilfe. In Vorbereitung.

Die nachfolgende Liste stellt die wichtigsten Schritte zur Ausarbeitung der massgebenden Ge-fahrengrundlagen des integralen Risikomanagements dar.

1. Gefahrenerkennung

Ursachenbezogene Dokumentation (Grundlagenerhebung) durch:

· Zusammenstellung der topografischen Grundlagen (i. allg. Übersichtsplan 1:10 000, digi-tales Terrainmodell DTM-AV, Bruchkanten)

· Erfassen der naturgefahrenrelevanten Randbedingungen (Hydrologie, boden- und felsme-chanische Aspekte, Vegetationswirkung, Landnutzung etc.)

· Analyse vorhandener Gutachten zu naturgefahrenrelevanten Sachverhalten· Analyse vorhandener Messresultate (z. B. Abflussmessungen, Hangbewegungen)· Erfassung und Beurteilung der Funktionstüchtigkeit wasserbaulicher Massnahmen· Erfassung und Beurteilung der Funktionstüchtigkeit vorhandener Schutzmassnahmen ge-

gen Hangprozesse (z. B. Steinschlag, Lawinen)· Erfassung anthropogener Faktoren, die den Ablauf von Naturgefahren in unbeabsichtigter

Weise beeinflussen können (z. B. Gebäude, Bahn, Strassen)

· Erfassung der für Modellierungen erforderlichen Eingabedaten (z. B. Bodenrauigkeit,Dämpfungseigenschaften des Bodens, Vegetation)

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 65

· Auswertung des vorhandenen retrospektiven Ereigniskatasters (gemeindebezogenes Inven-tar von Naturgefahrenereignissen)

· Geländemorphologische Analysen aufgrund von Feldbegehungen und Luftbildanalysen· Erfassen von Spuren früherer Ereignisse („stumme Zeugen“)· Kartografische Darstellung der relevanten Sachverhalte (Grundlagenkarte oder Karte der

Phänomene)· Dispositionsanalysen (Anfälligkeit bestimmter Hangbereiche für die Entstehung von Ge-

fahrenprozessen)

2. Gefahrenbeurteilung

Flächen- und wirkungsbezogene Auswertungen:

· Szenarienbildung· Bestimmung von Prozessabläufen (Intensitäten, Wirkungsraum) mittels Modellierungen,

Berechnungen oder Schätzverfahren

· Szenarienbezogene Beurteilung der Wirkung vorhandener Schutzmassnahmen (z. B. Hoch-wasserschutzdämme, Steinschlagnetze)

· Beurteilung der Wirkung anthropogener Faktoren, die den Ablauf von Naturgefahren inunbeabsichtigter Weise beeinflussen können (z. B. Gebäude, Mauern)

· Ausscheidung von Gefahrenzonen anhand der Kriterien Intensität und Eintretenswahr-scheinlichkeit (Wiederkehrperiode)

· Kartografische Darstellung in Form von Intensitätskarten und Gefahren-/Gefahrenhin-weiskarten

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 66

Anhang C

Naturgefahrenkarte

Inhalte

Die Naturgefahrenkarte macht flächendeckend Aussagen zur Gefährdung (oder Nichtgefähr-dung) eines Gebietes, der Art des gefährlichen Prozesses (Gefahrenart) sowie der Intensitätund der Eintretenswahrscheinlichkeit bzw. Häufigkeit desselben. Die Bestimmung der Gefah-renstufe (rot, blau, gelb, gelb-weiss) erfolgt anhand der Kriterien Intensität und Wahrschein-lichkeit (Intensitäts-Wahrscheinlichkeits-Diagramm, Anhang D). Prozessart und Gefahrenstufejeder Gefahrenzone sind durch das Kürzel der Gefahrenart und den Feldindex des Gefahren-stufendiagrammes (Anhang D) bestimmt. Die Bedeutung der Gefahrenstufen ist aus Anhang Eersichtlich.

Aus Gründen der Praktikabilität und Lesbarkeit werden die zu beurteilenden Prozesse auf Ein-zelgefahrenkarten dargestellt. Die Gesamtübersicht über die Gefahrensituation liefert die sy-noptische Gefahrenkarte, in der sämtliche Einzelgefahrenkarten überlagert sind. Dort wo sichdie Gefahrenzonen von mehr als zwei Prozessen überlagern, gelten folgende Bestimmungen:

1. Die höhere Gefahrenstufe geht vor (rot vor blau vor gelb vor gelb-weiss).2. Bei gleichwertigen Gefahrenstufen bestimmt diejenige mit der stärkeren Intensität den

Gefahrenindex.3. Bei äquivalenten Gefahrenstufen gleicher Intensität geht der wahrscheinlichkeitsmässig

häufigere Prozess vor.

Die Gefahrenkarte mit den Gefahrenstufen rot, blau, gelb und gelb-weiss beschränkt sich aufGebiete grosser Bearbeitungstiefe (Perimeter A). Im Perimeter B wird die Gefährdung durchProzesswirkungsräume ausgedrückt. Intensität und Wiederkehrperiode einer Gefahrenart wer-den nicht bestimmt, die Darstellung erfolgt einfarbig (braun). Die Gefahrenhinweiskarte machtdie Aussage, ob an einer bestimmten Stelle eine Gefahr vorhanden ist oder nicht. Analog zurGefahrenkarte erfolgt die Darstellung in prozessbezogenen Einzelkarten sowie, als Übersicht,auf der synoptischen Gefahrenhinweiskarte. Bei Einzelgebäuden wird jedoch eine konkreteAussage zur lokalen Gefährdung durch Angabe der mutmasslichen Gefahrenstufe (rot, blau,gelb, gelb-weiss) gemacht.

Im Perimeter C wird keine Gefahrenhinweiskarte erstellt. Analog zum Perimeter B wird beiEinzelgebäuden eine Aussage zur lokalen Gefährdung gemacht.

Die Gefahrenkarte ist kein statisches, unabänderliches Dokument. Bedrohungen durch Natur-gefahren können sich im Laufe der Zeit ändern (Wald, Klima). Daher ist die Gültigkeit von Ge-fahrenkarten periodisch zu überprüfen, insbesondere nach grösseren Ereignissen, und gege-benenfalls Anpassungen vorzunehmen.

Bei der Realisierung von wirksamen Schutzmassnahmen ist eine Rückstufung der Gefahren-bereiche möglich, wozu PLANAT-Protect (Romang et al. 2009) konkrete Angaben liefert.

Detaillierungsgrad

Gefahrenkarten sind flächendeckend für den ganzen Kanton vorgesehen. Bei der Erstellungderselben ist jedoch der räumlichen Verbreitung und der Bedeutung der SchadenpotenzialeRechnung zu tragen, weshalb drei unterschiedliche Bearbeitungstiefen angewandt werden:

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 67

Grosse Bearbeitungstiefe (Perimeter A)

· Permanente Präsenz oder zeitweise erhöhte Präsenz zahlreicher Personen,· Räumliche Konzentration von Sachwerten,· Bedeutende oder sensible Infrastrukturen,

sind die Kriterien für eine detaillierte Bearbeitung. Wegen der räumlichen und zeitlichen Kon-zentration von Personen, Sachwerten und Infrastrukturanlagen stehen geschlossene Sied-lungs- und/oder Gewerbegebiete, Ortsteile oder Häusergruppen (Weiler oder ähnliches) mitpermanent bewohnten Liegenschaften im Vordergrund. Ausserhalb des Siedlungsgebietes de-tailliert abzuklären sind zudem Einzelobjekte mit permanent oder temporär erhöhter Präsenzvon Personen, wie Restaurants, Hotels, Stationen von Transporteinrichtungen etc. Ebenfallsdetailliert zu beurteilen sind Zonen, in denen solche Nutzungen vorgesehen sind (Bauentwick-lungsgebiete). Bei wichtigen Verkehrsachsen kann eine Detailbeurteilung fallweise angezeigtsein.

Das Produkt der detaillierten Bearbeitung bildet die aufgrund der Kriterien Intensität und Wahr-scheinlichkeit (siehe Anhänge C und D) erstellte Gefahrenkarte 1:5 000 mit den Gefahrenzonen rot,blau, gelb und gelb-weiss.

Mittlere Bearbeitungstiefe (Perimeter B)

· Permanente oder zeitweise Präsenz einzelner Personen,· Lokale Sachwerte,· Keine bedeutenden oder sensiblen Infrastrukturen,

erlauben eine weniger detaillierte Bearbeitung der Gefährdung. Darunter fallen dauernd oderzeitweise bewohnte Einzelgebäude, Ställe sowie Land- und Alpwirtschaftsgebiet. Streusied-lungsgebiete werden je nach Dichte der Besiedlung eventuell zweckmässiger unter PerimeterA bearbeitet.

Auf eine detaillierte Abklärung der Kriterien Intensität und Wahrscheinlichkeit wird verzichtet.Hingegen sind die bekannten und potenziellen Prozesswirkungsräume als im Gelände verifi-zierte Gefahrenhinweisbereiche auszuscheiden. Bei dauernd bewohnten Einzelgebäuden istdie vermutete Gefährdung, ausgedrückt durch den oder die massgebenden Prozesse und demZahlenindex gemäss Intensitäts-Wahrscheinlichkeits-Diagramm (siehe Anhang C) als Punktin-formation anzugeben.

Das Produkt dieser Bearbeitungstiefe bildet die Gefahrenhinweiskarte 1:10 000, auf der die Ge-fahrenräume einfarbig dargestellt sind.

Geringe Bearbeitungstiefe (Perimeter C)

In den restlichen Gebieten, in denen sich Personen zeitlich und zahlenmässig äusserst be-grenzt aufhalten und Sachwerte nur sehr lokal auftreten, werden die Prozessräume ebenfallsals Gefahrenhinweisbereiche erfasst. Diese müssen nicht im Gelände verifiziert, aber aufgrundder topografischen Kartengrundlagen plausibel dargestellt sein.

Gebiete, aus denen direkt eine Gefährdung der Gebiete grosser oder mittlerer Bearbeitungs-tiefe resultiert, sind entsprechend ihrer Relevanz als Gefahrenherde für die darunter liegendenGebiete zu untersuchen.

Die zur Gefahrenbeurteilung verwendeten Verfahren und Methoden sind dem gebietsweise un-terschiedlichen Detaillierungsgrad der Untersuchungen anzupassen. So ist es beispielsweisenicht zweckmässig, in Gebieten geringer Bearbeitungstiefe 2D-Sturzmodellierungen durchzu-führen.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 68

Verwendung

Die Gefahrenkarte bildet die fachliche Grundlage für die Berücksichtigung der Naturgefahrenbei allen raumwirksamen Aufgaben und Tätigkeiten. Zu beachten ist sie unter anderem beim:

· Erarbeiten und Genehmigen von Richt- und Nutzungsplänen, Konzepten und Sachplänenvon Bund und Kanton inklusive der dazu erforderlichen Grundlagen.

· Erfassen und beurteilen von Risiken.· Projektieren von Massnahmen sowohl zur Verringerung des Schadenausmasses als auch

zur Verringerung der Verletzlichkeit von Nutzungen.· Planen, Errichten, Verändern und Nutzen von Bauten und Anlagen.· Erteilen von Konzessionen und Bewilligungen für Bauten und Anlagen sowie anderer Nut-

zungsrechte.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 69

Anhang D

Intensitäts-Wahrscheinlichkeits-DiagrammWahrscheinlichkeit und Wiederkehrperiode

Intensitätskriterien

Intensitäts-Wahrscheinlichkeits-Diagramm

Verknüpfung von Wahrscheinlichkeit und Wiederkehrperiode

Wahrscheinlichkeit Wiederkehrperiode

hoch 1 bis 30 Jahre

mittel 30 bis 100 Jahre

gering 100 bis 300 Jahre

sehr gering > 300 Jahre

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 70

Intensitätskriterien

Prozess schwache Intensität mittlere Intensität starke Intensität

Überschwemmung h < 0.5 m oderv ´ h < 0.5 m2/s

2 m > h > 0.5 m oder2 m2/s > v ´ h > 0.5m2/s

h > 2 m oderv ´ h > 2 m2/s

Ufererosion d < 0.5 m 2 m > d > 0.5 m d > 2 m

Übermurung -h < 1 m oderv < 1 m/s

h > 1 m undv > 1 m/s

Block-/Steinschlag E < 30 kJ 30 kJ < E < 300 kJ E > 300 kJ

Fels- und Bergsturz - - E > 300 kJ

Permanente Rutschung

vR £ 2 cm/Jahr

Faustregel: „wenigeZentimeter pro Jahr“

2 cm/Jahr < vR £ 10cm/Jahr

Faustregel: „mehrereZentimeter pro Jahr“

vR > 10 cm/JahroderVerschiebungen > 1 mpro Ereignis

Faustregel: „Dezimeterbis Meter pro Jahr“

Hangkriechen vR £ 2 cm/Jahr2 cm/Jahr < vR £ 10cm/Jahr

vR > 10 cm/Jahr

Hangmure potentiell M < 0.5 m 0.5 m < M < 2 m M > 2 m

Hangmure real - hM < 1 m hM > 1 m

Lawine q < 3 kN/m2 3 < q < 30 kN/m2 q > 30 kN/m2

Absenkung Einsturz - Dolinen -

E = kinetische EnergieM = Mächtigkeit der mobilisierbaren Schichtv = Fliessgeschwindigkeit des Wassersh = WassertiefehM = Mächtigkeit der Ablagerung durch HangmurevR = langfristige durchschnittliche Rutschgeschwindigkeitd = mittlere Mächtigkeit der Abtragungq = Druck

Bei Rutschungen mit einem Potenzial zu Beschleunigungen oder zu verstärkten Differenzial-bewegungen können Verschärfungen der Intensität die Folge sein. Die genauen und definiti-ven Kriterien sind der technischen Richtlinie Massenbewegungen des BAFU zu entnehmen,welche in Erarbeitung ist und im Jahr 2010 erscheinen wird. Dasselbe gilt für allfälligeRückstufungen bei sehr tiefgründigen permanenten Rutschungen.

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Kanton Schwyz, Naturgefahrenstrategie, Revision 16. März 2010 71

Anhang E

Bedeutung der Gefahrenstufen

Grundlage: ARE 2005: Empfehlung Raumplanung und Naturgefahren. – ARE, Bern, 48 S.

Erhebliche Gefährdung rot

§ Personen sind sowohl innerhalb als auch ausserhalb von Gebäuden gefährdet.§ Mit der raschen Zerstörung von Gebäuden ist zu rechnen

oder:§ Die Ereignisse treten zwar in schwächerem Ausmass, dafür aber mit hoher Wahrschein-

lichkeit auf. In diesem Fall sind entweder Personen vor allem ausserhalb von Gebäudengefährdet oder Gebäude werden unbewohnbar.

Das rote Gebiet ist im Wesentlichen ein Verbotsbereich.

Mittlere Gefährdung blau

§ Personen sind innerhalb von Gebäuden kaum gefährdet, jedoch ausserhalb davon.§ Mit Schäden an Gebäuden ist zu rechnen, jedoch sind rasche Gebäudezerstörungen in

diesem Gebiet nicht zu erwarten, falls gewisse Auflagen bezüglich Bauweise beachtetwerden.

Das blaue Gebiet ist im Wesentlichen ein Gebotsbereich, in dem schwere Schäden durch ge-eignete Vorsorgemassnahmen (Auflagen) vermieden werden können.

Geringe Gefährdung gelb

§ Personen sind kaum gefährdet.§ Mit geringen Schäden an Gebäuden bzw. mit Behinderungen ist zu rechnen.

Das gelbe Gebiet ist im Wesentlichen ein Hinweisbereich.

Restgefährdung* gelb-weiss gestreift

Gefährdungen mit einer sehr geringen Eintretenswahrscheinlichkeit und einer hohen Intensitätkönnen durch eine gelb-weiss gestreifte Signatur bezeichnet werden. Das gelb-weiss gestreifteGebiet ist ein Hinweisbereich, der eine Restgefährdung bzw. ein Restrisiko aufzeigt.* Die Ausscheidung von Hinweisbereichen ist restriktiv zu handhaben.

Gefahrenhinweisbereich braun

Potenzieller Gefahrenbereich: Intensität und Eintretenswahrscheinlichkeit von gefährlichenProzessen nicht bestimmt.

Die Gefährdung von Personen, Tieren und Sachwerten ist fallweise zu prüfen.

Nach dem derzeitigen Kenntnisstand keine oder vernachlässigbare Gefährdung weiss

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Anhang F

Meldeschema NaturgefahrenereignisseStand: Juli 2017