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SCHRIFTEN DES NATURWISSENSCHAFTLICHEN VEREINS FÜR SCHLESWIG-HOLSTEIN SUBMITTED 08-11-2014 ACCEPTED 21-11-2014 ONLINE 20-12-2014 © 2014 The Author SCHR NATURWISS VER SCHLESW-HOLST 74 54–71 Kiel XI-2014 FORSCHUNGSBEITRAG Naturschutz in Afrika: die Große Grüne Mauer durch die Sahelzone als Maßnahme gegen Deserti- fikation Nouhou Ali Karlsruhe Seit Anfang der 1970er Jahren ist die Sahelzone wegen ihrer komplexen Prob- lemkonstellation eine häufig behandelte Thematik in den Umweltwissenschaften. Zu den drängendsten Problemen gehört das Vorrücken der Sahara nach Süden. Diese Wüstenausbreitung oder Desertifikation hat verheerende Folgen für die Humanökologie. Zwar sind inzwischen immer mehr Akteure auf nationaler als auch auf internationaler Ebene in verschiedene Ansätze zur Problemlösung invol- viert, doch die Ergebnisse sind noch fern von den Erwartungen. Ein Beispiel dafür ist das 2005 von der Gemeinschaft der Sahel-Sahara-Staaten (CEN–SAD) gestar- tete Projekt zum Bau einer sogenannten Grünmauer von den Küsten Senegals und Mauretaniens über die Sahelzone bis hin zu den Küsten Dschibutis am Roten Meer. Nach mehrjährigem Engagement sind noch viele Fragen offen, zumal ein wissenschaftliches Monitoring kaum erfolgt. Dabei sollte die Desertifikationsbe- kämpfung aufgrund der inzwischen gewonnenen Erfahrungen neu bewertet werden. Die vorliegende Arbeit basiert auf Feldstudien, durchgeführt in Westafrika zwischen 2005 und 2011. Die Studie untersucht, unter welchen Bedingungen die Grünmauer ökologisch nachhaltig angelegt werden kann. Es wird ausgewertet, welche Baumarten angesichts ihrer Eigenschaften in den unterschiedlichen betroffenen Gebieten gezielt gepflanzt werden sollten. Vegetationsgeographie, Umweltschutz, Baumstreifen EINFÜHRUNG Von den arabischen Emiraten bis hin zu Kapverden ist die Sahara das größte trockene Gebiet der Erde. Als Stein-, Fels- oder Sandwüste dehnt es sich jährlich mehrere Kilometer insbeson- dere nach Süden aus. Die Ökosys- teme dieses Übergangsbereiches, der Sahelzone, werden konstant be- droht, es gibt für sie keine Stabilität (Leser 1993; Hammer 2001; Hadjali et al. 2006: Paeth 2010; Baumhauer 2010). Darüber hinaus ist die Sahelzone schwer von den Folgen des globalen Klimawandels betroffen (Ditter 2009),

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  • SCHRIFTEN DES NATURWISSENSCHAFTLICHEN VEREINS FÜR SCHLESWIG-HOLSTEIN

    SUBMITTED 08-11-2014 ACCEPTED 21-11-2014 ONLINE 20-12-2014 © 2014 The Author

    SCHR NATURWISS VER SCHLESW-HOLST 74 54–71 Kiel XI-2014

    FORSCHUNGSBEITRAG

    Naturschutz in Afrika: die Große Grüne Mauer durch die Sahelzone als Maßnahme gegen Deserti-fikation

    Nouhou Ali Karlsruhe

    Seit Anfang der 1970er Jahren ist die Sahelzone wegen ihrer komplexen Prob-lemkonstellation eine häufig behandelte Thematik in den Umweltwissenschaften. Zu den drängendsten Problemen gehört das Vorrücken der Sahara nach Süden. Diese Wüstenausbreitung oder Desertifikation hat verheerende Folgen für die Humanökologie. Zwar sind inzwischen immer mehr Akteure auf nationaler als auch auf internationaler Ebene in verschiedene Ansätze zur Problemlösung invol-viert, doch die Ergebnisse sind noch fern von den Erwartungen. Ein Beispiel dafür ist das 2005 von der Gemeinschaft der Sahel-Sahara-Staaten (CEN–SAD) gestar-tete Projekt zum Bau einer sogenannten Grünmauer von den Küsten Senegals und Mauretaniens über die Sahelzone bis hin zu den Küsten Dschibutis am Roten Meer. Nach mehrjährigem Engagement sind noch viele Fragen offen, zumal ein wissenschaftliches Monitoring kaum erfolgt. Dabei sollte die Desertifikationsbe-kämpfung aufgrund der inzwischen gewonnenen Erfahrungen neu bewertet werden. Die vorliegende Arbeit basiert auf Feldstudien, durchgeführt in Westafrika zwischen 2005 und 2011. Die Studie untersucht, unter welchen Bedingungen die Grünmauer ökologisch nachhaltig angelegt werden kann. Es wird ausgewertet, welche Baumarten angesichts ihrer Eigenschaften in den unterschiedlichen betroffenen Gebieten gezielt gepflanzt werden sollten.

    Vegetationsgeographie, Umweltschutz, Baumstreifen

    EINFÜHRUNG

    Von den arabischen Emiraten bis hin zu Kapverden ist die Sahara das größte trockene Gebiet der Erde. Als Stein-, Fels- oder Sandwüste dehnt es sich jährlich mehrere Kilometer insbeson-dere nach Süden aus. Die Ökosys-teme dieses Übergangsbereiches,

    der Sahelzone, werden konstant be-droht, es gibt für sie keine Stabilität (Leser 1993; Hammer 2001; Hadjali et al. 2006: Paeth 2010; Baumhauer 2010). Darüber hinaus ist die Sahelzone schwer von den Folgen des globalen Klimawandels betroffen (Ditter 2009),

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    vor allem durch die Verschiebung der Isohyeten, die einen Wandel des Zono-biums und insbesondere einen Rück-gang der Baumbestände bewirkt (Ali 2010). Angesichts dieser Bedrohung, die Krings (2002) sowie Ozer et al. (2010) anhand einer Vielzahl von Syn-dromen darstellen, drängt es nach Lö-sungsversuchen. Seit den Dürren der 1970er Jahren fokussierten sich die Bemühungen auf begrenzte Natur-schutzgebiete und Grünstreifen um die Städte herum (Rouchiche 1999). Anabaum (Acacia albida), Roter Eu-kalyptus (Eucalyptus camaldulensis), Niembaum (Azadirachta indica), Ka-schu (Anacardium occidentale), Gum-miarabikumbaum (Acacia senegal) und Mango (Mangifera indica) sind die am häufigsten gepflanzten Arten dieser neuen Waldökosysteme. Futtersträu-cher- und Bäume bedecken 10 Milli-onen Hektar, und ein Drittel dieses Bestandes ist in den semi-ariden Re-gionen gepflanzt (Le Houérou 2006). Allerdings herrscht in der Sahelzone nur ein schwaches, oft sogar unkon-trolliertes Umweltmanagement (Ozer

    2002). Auch die Vorbildprojekte des CILSS (Comité Inter-Etats de Lutte Contre la Sécheresse au Sahel) zei-gen lediglich begrenzte positive Aus-wirkungen im Laufe der Zeit (vgl. Ham-mer 2000; Roose 2008).

    Infolgedessen hatten die CEN-SAD Staaten im Juli 2005 das Projekt Af-rikas Große Grüne Mauer gegründet. Statt Baumarten mit begrenzter Bedeu-tung anzupflanzen wie Kasuarine (Ca-suarina equisetifolia), Balsam-Wolfs-milch (Euphorbia balsamifera) oder den Niembaum (Azadirachta indica) (vgl. Maydell 1990: 2005 ff.; Rouchi-che 1999), wird hierbei integriert über eine Strecke von 7000 km und einer Breite von 15 km eine Kombination von Arten mit ökologischen, ökonomi-schen und sozialen Nutzungsmöglich-keiten verwendet. Dieser Baumstreifen wird insgesamt elf Länder durchziehen (Abb.1). Er beginnt an der Mündung des Senegalflusses an der Küste des Atlantiks und zieht sich über die Sa-helzone bis hin zu den Küsten Dschi-butis am Roten Meer. Auch das Land

    Abbildung 1: Verlauf der Grünmauer über die Sahelzone und die betroffen Länder. Quel-len: Initiative GMV; Maplibrary (2012); Be-arbeiter: Nouhou Ali.

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    Kamerun hat Interesse an der Großen Grünmauer: In diesem Staat werden entsprechende Baumstreifen im Sü-den des Tschadsees geplant.Einige Länder wie Senegal haben in-zwischen größere Fortschritte erzielt als beispielsweise Niger. Allein im Ni-ger soll der Baumstreifen über 933 km lang und 15 km breit sein, das heißt etwa 14000 km² Fläche bedecken. Die Umsetzung wird mit den schon exis-tierenden Waldgebieten oder ande-ren geplanten Anpflanzungsvorhaben verknüpft. Wie Leser (1993), Krings (2002) und Hammer (2008) zeigen, sind bei solchen Projekten stets lokale und staatliche Machtstrukturen, Ak-teurkonstellationen und wirtschaftliche

    Interessen als Einflussfaktoren zu be-rücksichtigen. Hammer (2008) ergänzt überdies, dass dabei die meist kom-plexen Wechselwirkungen zwischen Menschen und Natur wenig beachtet werden. Am Anfang hatte das Projekt rein ökologische Zwecke, doch inzwi-schen ist es immer stärker agrar-forst-wirtschaftlich und sozio-ökonomisch orientiert. Anpflanzungspläne und -ent-scheidungen werden in Top-down-Pro-zessen durchgesetzt. Vor diesem Hin-tergrund stellt sich die Frage, ob ohne eine maßgebliche Partizipation der direkt betroffenen Bevölkerung eine erfolgreiche Bekämpfung der Deser-tifikation überhaupt möglich ist (Ibra-him 2003).

    DIE AUSGANGSSITUATION

    Den aktuellen klima-ökologischen Zustand um die Gebiete des Baum-streifens „Grüne Mauer“ herum ver-deutlicht Tabelle 1. Der trockene und warme Wind (Harmattan) bringt häu-fig Sandstürme und verursacht hohe Verdunstungsraten. Die unregelmäßige zeitliche und räumliche Verteilung der Niederschläge ist der Auslöser für die Mehrzahl der Probleme im Sahel. Die Regenzeit dauert maximal die vier Mo-nate von Juni bis September (Penven et al. 2008; Ali 2009: 11). Die dabei oft heftigen Niederschläge erodieren den Boden, der meist wenig organisches Material und Wasser enthält (Issa et al. 2009). Jüngere Beispiele für die-ses Phänomen sind die sintflutarti-gen Regenfälle des Jahres 2009, die in Ouagadougou und Agadez jeweils große Teile der Stadt überschwemmten.

    Seit zwei Jahrzehnten ist eine starke Abnahme des Vegetationsbestandes

    zu beobachten (vgl. Hountondji et al. 2005). In den letzten 15 Jahren starben zahlreiche mächtige Bäume, insbeson-dere Baobabs (Adansonia digitata) und Kapokbäume (Ceiba pentandra). Sie trocknen wegen der Dürre aus oder werden von den Menschen gefällt. In der Sahel- und Savannenzone Westaf-rikas wurde vor allem der Baumbestand der Höhenstufe konstant vernichtet. Flächenextensive Subsistenzwirtschaft führte zur ökologischen Belastung (An-huf 2009) und Destabilisierung der ländlichen Produktionssysteme (Krings 2002). Die Migration nach Südsahel in den Gebieten zwischen den Isohyeten 600-800 mm nahm nach jedem Dür-rejahr weiter zu (Ali 2009, 2010; Houn-tondji et al. 2005; Boutrais 2007; Sö-rensen 2009; Paeth 2010). Dies führte zu Überweidung, illegaler Abholzung, Waldbränden, Landnutzungskonflikten und ähnlichem.

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    Wind Regen Boden & Morphogenese Vegetation Humanökologie

    • Harmattan: Oktober bis Mai

    • Monsun: Juni bis Septem-ber

    • Sandstürme zwischen No-vember und Februar, Juni und Juli

    • 200 – 700 mm

    • unregelmäßige Verteilung zeitlich und räumlich

    • Gewitterstürme

    • heftiger Regen

    • regelmäßige Dürre

    • Profil: 0-2 m: A1 - C a ; B -A2-Ca

    • Lithosole, Rego-sole, Areno-sole, Fluvisole, Solonchakis, Luvisole

    • Auslaugung, Versalzung

    • Krustenbildung

    • Dornbüsche

    • einjährige Kräuter, Süßgräser

    • starke Abnahme der Baumbe -stände, vor allem in der obersten Höhenstufe

    • Massenabwande-rung in jedem Dürrejahr

    • hoher ökologischer Fußabdruck in den Gebieten zwischen Isohye-ten 600-800mm

    Tabelle 1: Besondere öko-klimatische Merkmale der umliegenden Gebiete der Grünmauer.

    Abbildung 2: Wichtige Indikatoren der Desertifikation in der Sahelzone. A: Niamey (Niger), B: Tillabéry (Niger), C: Kayes (Mali), D: Gao (Mali).

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    Sandstürme sowie extreme hydrolo-gische und morphodynamische Pro-zesse sind in der Sahelzone ebenso häufige wie – im Hinblick auf dro-hende Desertifikationen – alarmie-rende Klimaereignisse. Die daraus re-sultierenden Erosionsschäden sind die wichtigsten Indikatoren der Land-degradierung (Abb. 2; Ibrahim 2003; Kiepe et al. 2001; Mulders et al. 2001; Pagliai 2008). Ähnliche Prozesse fin-den von Mauretanien bis nach Kenia statt (Mäckel 2000). Laut Roose (2008) fällt der Niederschlag in den Tropen zwischen zehn- bis hundertmal stär-ker als in Gebieten mit gemäßigten Klima. Die Wassererosion ist meist in den Monsunmonaten durch mesoska-lige konvektive Systeme (MCSs) ver-ursacht (Paeth 2010). Gleichzeitig sind die bestehenden Land-schaften sensibel gegenüber Dürre (Abb. 3).

    Bombacaceae (Baobab und Kapok-baum) leiden wegen ihrer flachen Wurzelsysteme besonders unter Bo-denverarmung infolge der mit Stark-regenereignissen verbundenen Ero-sion. Nach jedem Dürrejahr sterben

    sie in großer Zahl, weil ihre Wurzeln den tief gesunkenen Grundwasser-spiegel nicht mehr erreichen können. Die kurzen aber kräftigen Gewitter, die mehr Abfluss als Infiltration verursa-chen, wirken zusätzlich negativ. Abbil-dung 3 zeigt die Landschaft im Vorfeld der Sand- und Steinwüste der Sahara. In den gezeigten Gebieten wird der Boden konstant degradiert, die ab-gebildeten Bäume werden nach und nach absterben. Ähnliche Prozesse haben das Massensterben der Com-bretaceae in der Sahelzone beschleu-nigt, und weitere Baumarten sind akut vom Aussterben bedroht. Dazu zählen insbesondere Roter Kapok (Bombax costatum), Marula (Sclerocarya bir-rea) und der Afrikanische Mahagoni-baum (Khaya senegalensis) (Breman & Kessler 1995: 22ff; Wezel 2005; Teka et al. 2007). Hauptgründe sind in die-sen Fällen Austrocknung, Abholzung und auch unkontrollierte Überweidung (Maranz 2009). Vor allem die Wüsten-dattel (Balanites aegyptiaca) eignet sich als Indikator für Überweidung (Arbon-nier 2002: 190). Der illegale Verkauf von Holzprodukten (Brennholz, Kohle, Baumkunstmaterial) und die Verwen-dung von Baumschnitt als ergänzendes

    Abbildung 3: Fragile Ökosysteme und Landschaften am Rand der Sahara: Kayes (Mali, links) und Tahoua (Niger, rechts).

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    Futter für Vieh sind in der Sahelzone alltäglich (Ali 2010). Der Druck auf die Ressourcen steigt ständig, weil die Desertifikation die ländlichen Bewohner in eine tiefe Armut stürzt. Zudem ver-größern sich die Viehbestände weiter, und das jährliche Bevölkerungswachs-tum liegt in allen betroffenen Staaten über 3%. Die Folgen von Abholzung und Überweidung sind unübersehbar und besonders in der Trockenzeit von November bis Anfang Juli gravierend, da in dieser Zeit immer wenig Gras

    als Viehweide zur Verfügung steht. Holz von Combretum glutinosum, ei-nem Langfäden-Baum, wird in großen Mengen in die Städte transportiert, und Äste der Kinkéliba (Combretum micranthum) aus derselben Verwandt-schaft schneiden Hirten als Ergän-zungsfutter für ihre Tiere (Abb. 4). Die Abholzung dieser Combretaceae führt zu ihrem schrittweisen Rückgang und letztlich zur Vernichtung des charak-teristischen Tigerbusch zwischen Ni-amey und Fada N’Gourma.

    Abbildung 4: Links: illegaler Holztransport nach Niamey (Niger, links). Rechts: Ausmaß der Überweidung im Norden Fada N’Gourma im Juli (Burkina Faso, rechts).

    DIE FOKUSBÄUME IM PROJEKT GROßE GRÜNE MAUER

    Die an der Grünmauer beteiligten Staa-ten verfolgen damit konkrete Ziele. Dies sind der nachhaltige Schutz der natur-räumlichen Ressourcen (Vegetation, Boden, Wasser), die Schaffung von Pro-fit durch sozio-ökonomischen Aktivitä-ten und die Verwirklichung der grund-legenden Infrastrukturen. Die Kriterien für die Auswahl der zu fördernden Bau-marten sind wie folgt festgelegt:

    • bereits existierende Baumarten, je nach Region;

    • Resilienz gegenüber den herrschen-den klima-ökologischen Bedingun-gen;

    • im nördlichen Teil des Baumstrei-fens soll die ökologische Plastizi-tät der Bäume bis 100 mm jährliche

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    Niederschlagsmenge reichen;

    • wirtschaftlicher Nutzen für die Men-schen entlang des Baumstreifens;

    • Förderung weitverbreiteter Arten.

    In Anlehnung an diese Kriterien kon-zentriert sich jeder Staat auf bestimmte Baumarten (Tabelle 2). Eritrea und Nigeria fokussieren sich auf elf bzw. zwölf, Niger auf 32 Baumarten. Bal-sambäume (Commiphora africana) und die Chinesische Kordie (Cordia gharaf – ihr Name ist irreführend, denn die Art ist in Afrika und Asien weitverbreitet) werden in allen Ländern gezielt ge-pflanzt, Senegal-Tamarisken (Tama-rix senegalensis), Ziziphus nummula-ria, Rhus oxyacantha und der Zottige Rosinenstrauch (Grewia villosa) nur in einzelnen. Abbildung 5 und 6 zeigen die Mobilisation der Bevölkerung bei der Bepflanzung sowie Beispiele von Baumarten, die die herrschenden öko-logischen Bedingungen gut aushalten.

    In den semi-ariden Zonen beeinflussen die Bäume die Phänologie und die Qua-lität der Pflanzenvegetation (Grouzis &

    Akpo 2006). Sträucher und Bäume ha-ben eine große Bedeutung im Kampf gegen Winderosion und Desertifikation (Abb.7; Le Houérou 2006). Die Bau-ern wissen, dass die Präsenz von Ar-ten wie Anabaum (Acacia albida) oder Kaschu (Anacardium occidentale) auf ihren Äckern erhöhte Nährstoffzufuhr und damit höhere Erträge bringt.

    Diese ökologischen Maßnahmen bil-den die Grundlage für das Konzept der Großen Grünen Mauer. Hinzu kommt die Vergrößerung von bestehenden Schutzwäldern aus Anabaum und an-deren Baumarten wie in der Region Maradi (Niger) (Mahamane et al. 2007) und in den Kapverden (Olehowski & Haspel 2009).

    Die Finanzierung des Projekts wird zum großen Teil von der BAD (Banque Africaine de Developpement, dt.: Afri-kanische Bank für Entwicklung) über-nommen. Experten von jeweiligen Mi-nisterien treffen sich regelmäßig, um über den Stand des Großprojektes und auftretende Probleme zu diskutieren. Auf nationaler und lokaler Ebene ko-operieren die zentralen Verwaltungen

    Abbildung 5: Links: Massenbeteiligung bei einer Bepflanzung in einem degradierten Pla-teau (Say, Niger). Rechts: Bestände von Balsam-Wolfsmilch (Euphorbia balsamifera) in Nordwesten Kayes.

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    und Kommunen. Allein im Niger zum Beispiel sind 34 Kommunen betroffen. Die Sahelländer sind generell sehr ländlich geprägt, und über 80% der Be-völkerung sind Ackerbauern und Hir-ten. Um den Umweltschutz nachhaltig zu gestalten, sollen die Wünsche die-ser Völker berücksichtigt werden. Das Komitee der Großen Grünmauer hat deshalb Baumarten mit sowohl ökolo-gischer als auch agrar-ökonomischer Funktion in das Aufpflanzungskonzept integriert (vgl. Tabelle 2 und 3). Acacien, Tiliaceae, Capparidaceae, Bursera-ceae werden besonders aus ökono-mischen Gründen gepflanzt, gezielt ausgesucht je nach Land. In Sudan, Dschibuti, Senegal, Mali und Niger ha-ben Baumarten, die Gummiarabikum liefern, große Bedeutung. Die Tabelle 3 zeigt die Liste der wesentlichen Bäume der Grünmauer und deren Eigenschaf-ten in der traditionellen und modernen Medizin, der Ernährung für Menschen und Vieh, der Energiegewinnung, bei ihrem Verkauf, in der Kunst oder hin-sichtlich ihrer ökologischen Plastizität. Dabei wird deutlich, dass die sämtli-che Arten in der traditionellen Medizin nützlich oder sogar sehr nützlich sind. Bestandteile von Bäumen (Wurzel,

    Rinde, Stamm, Ast, Blätter, Schote, Frucht, Saft, Blüte) werden bei den indigenen Bevölkerungen therapeu-tisch oder prophylaktisch verwendet (Ali 2010). Bei den Nahrungs- oder Futtermittelbäumen stehen Cappari-daceae (Boscia und Maerua), Tilia-ceae (Grewia) und Rhamnaceae (Zi-ziphus) im Vordergrund. Für Ziegen und Kamele zum Beispiel liefert die Schwarzdorn-Akazie (Acacia melli-fera) gutes Futter (Maydell 1990: 109). Die gesamte Sahelzone und insbe-sondere ihr Abschnitt im Sudan sind für die Produktion von Gummiarabi-kum bekannt. Acacia senegal liefert Gummi von höchster Qualität (Arbon-nier 2002: 375; Maydell 1990: 126). Deshalb ist der Gummiarabikumbaum im Projekt Grünmauer vielerorts pri-vilegiert. Der Verkauf von Baumpro-dukten für medizinisch-energetische oder für Kunstzwecke bringt überdies finanziellen Gewinn für die Menschen in dieser Region.

    Für den Bau der Großen Grünen Mauer sind die Eigenschaften der Bäume im Zusammenhang mit dem Umweltschutz hochgradig bedeutsam. Wie Pagliai

    Abbildung 6: Links: Akazien und Wüstendatteln in Niamiga (Kayes, Mali). Rechts: Meer-rettichbaum (Moringa oleifera) in Torodi (Niger).

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    Baumtypen Senegal Mali Burkina Faso Niger Nigeria Tschad

    Acacia ehrenbergiana 0 0 0 + 0 +Acacia hebecladoides 0 0 0 0 + +Acacia laeta 0 + + + + +Acacia mellifera 0 0 0 0 + +Acacia nilotica + + 0 + + 0Acacia radiana + + 0 + 0 +Acacia senegal + + 0 + + +Acacia seyal + + + + + 0Balanites aegyptiaca + + + + + +Boscia angustifolia + + + + + +Boscia salicifolia 0 0 0 + 0 +Boscia senegalensis + + + + 0 +Cadaba farinosa + + + + 0 +Cadaba glandulosa 0 + + + 0 +Calotropis procera + + + + 0 +Capparis decidua + + + + 0 +Combretum aculeatum + + + + 0 +Commiphora africana + + + + + +Commiphora quadricincta 0 0 0 + + +Cordia gharaf + + + + + +Ficus ingens + + 0 + + +Ficus salicifolia 0 0 0 + 0 +Grewia bicolor + + 0 + 0 0Grewia flavescens + + 0 + 0 0Grewia tenax + + 0 + 0 0Grewia villosa 0 0 0 + 0 0Leptadenia pyrotechnica + + + + 0 +Maerua aethiopica 0 0 0 + 0 +Maerua angolensis + + 0 0 0 0Maerua crassifolia + + 0 0 0 0Maerua oblongiflora 0 0 0 + 0 +Rhus oxyacantha 0 0 0 + 0 0Salvadora persica + + 0 + 0 +Tamarix aphylla 0 0 0 0 0 0Tamarix senegalensis 0 0 0 + 0 0Ziziphus mauritiana + + + + 0 +Ziziphus nummularia 0 + 0 0 0 0

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    Baumtypen Senegal Mali Burkina Faso Niger Nigeria Tschad

    Acacia ehrenbergiana 0 0 0 + 0 +Acacia hebecladoides 0 0 0 0 + +Acacia laeta 0 + + + + +Acacia mellifera 0 0 0 0 + +Acacia nilotica + + 0 + + 0Acacia radiana + + 0 + 0 +Acacia senegal + + 0 + + +Acacia seyal + + + + + 0Balanites aegyptiaca + + + + + +Boscia angustifolia + + + + + +Boscia salicifolia 0 0 0 + 0 +Boscia senegalensis + + + + 0 +Cadaba farinosa + + + + 0 +Cadaba glandulosa 0 + + + 0 +Calotropis procera + + + + 0 +Capparis decidua + + + + 0 +Combretum aculeatum + + + + 0 +Commiphora africana + + + + + +Commiphora quadricincta 0 0 0 + + +Cordia gharaf + + + + + +Ficus ingens + + 0 + + +Ficus salicifolia 0 0 0 + 0 +Grewia bicolor + + 0 + 0 0Grewia flavescens + + 0 + 0 0Grewia tenax + + 0 + 0 0Grewia villosa 0 0 0 + 0 0Leptadenia pyrotechnica + + + + 0 +Maerua aethiopica 0 0 0 + 0 +Maerua angolensis + + 0 0 0 0Maerua crassifolia + + 0 0 0 0Maerua oblongiflora 0 0 0 + 0 +Rhus oxyacantha 0 0 0 + 0 0Salvadora persica + + 0 + 0 +Tamarix aphylla 0 0 0 0 0 0Tamarix senegalensis 0 0 0 + 0 0Ziziphus mauritiana + + + + 0 +Ziziphus nummularia 0 + 0 0 0 0

    Baumtypen Sudan Eritrea Dschibuti

    Acacia ehrenbergiana + 0 0Acacia hebecladoides 0 0 0Acacia laeta + + +Acacia mellifera + + +Acacia nilotica + 0 +Acacia radiana + + +Acacia senegal + + +Acacia seyal + 0 +Balanites aegyptiaca + 0 +Boscia angustifolia + 0 +Boscia salicifolia + + +Boscia senegalensis + 0 0Cadaba farinosa + 0 0Cadaba glandulosa + 0 0Calotropis procera + 0 0Capparis decidua + 0 +Combretum aculeatum + + +Commiphora africana + + +Commiphora quadricincta + + +Cordia gharaf + + +Ficus ingens 0 0 0Ficus salicifolia + + +Grewia bicolor 0 0 0Grewia flavescens 0 0 0Grewia tenax + 0 0Grewia villosa 0 0 0Leptadenia pyrotechnica + 0 0Maerua aethiopica + 0 +Maerua angolensis + + +Maerua crassifolia + 0 +Maerua oblongiflora + 0 0Rhus oxyacantha 0 0 0Salvadora persica 0 0 0Tamarix aphylla + 0 +Tamarix senegalensis 0 0 0Ziziphus mauritiana 0 0 0Ziziphus nummularia 0 0 0

    Tabelle 2: Fokusbäume in den einzelnen Staaten, die die Grünmauer durchzieht. Fokusbaum: 0 = nein, + = ja. Für Mauretanien und Äthi-opien liegen keine Angaben vor.

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    ► Tabelle 3: Fokusbäume der Grünmauer und deren agrar-ökonomische Eigenschaften. Bedeutung: ++ = sehr groß, + = groß, 0 = gering, - = sehr gering.

    (2008) ausführt, sind Bodenschutz und die Verminderung von negativen Aus-wirkungen durch Subsistenzwirtschaft sehr wichtig für einen nachhaltigen

    Umweltschutz. Ökologische Plastizität bedeutet in diesem Zusammenhang die Abwehrfähigkeit der Bäume ge-genüber der Desertifikation.

    Abbildung 7: Links: Kaschubaum, Anabaum und Doumpalme in einem Hirsefeld. Rechts: Prosopis juliflora und Niembaum schützen einen Garten gegen Winderosion.

    SCHLUSSFOLGERUNG

    Die tatsächlich im Fokus der am Projekt Große Grünmauer beteiligten Staaten stehenden Baumarten entsprechen nur noch wenig dem ursprünglich definier-ten Ziel. Eigentlich sollten die Bäume gegen das Vorrücken der Wüsten an-gepflanzt werden (++ in Tab. 3 hin-sichtlich der ökologischen Plastizität), die wichtigsten ökologischen Ziele wa-ren Minderung der Winderosion, Fixie-rung der Böden und Sanddünen, Bo-denverbesserung wie die Erbringung von Streuschütten oder Stickstofffixie-rung. Aber Vegetationstypen, die solche Funktionen erfüllen, finden sich kaum auf der Vorbildliste des Grünmauer Projekts. Gummi-Akazien (Acacia ni-lotica), Schirmakazien (Acacia raddi-ana), Gummiarabikumbäume (Acacia senegal), Wüstendatteln (Balanites ae-gyptiaca) und Oscher oder Fettblatt-baum (Calotropis procera) gelten als resistenter gegenüber der Desertifika-tion: Akazien können in Klimaten mit unter 100 mm Niederschlagmenge pro

    Jahr sehr geeignet gegen Desertifika-tion sein. Die Seyal-Akazie (Acacia se-yal) wird oft zur Fixierung von Böden in Niederungen gepflanzt. Die Wüsten-dattel (Balanites aegyptiaca) hat eine weite ökologische Amplitude von 100 mm bis 1000 mm Niederschlagsmenge und kann in vielen Bodenarten oder in verschiedenen Höhenlagen gepflanzt werden. Acacia hebecladoides hält schwere Tonböden fest (Arbonier 2002: 364). Als wenig effizient gegenüber vor-rückenden Sandwüsten gelten Acacia ehrenbergiana, Acacia laeta, Acacia mellifera, Acacia seyal, Ficus ingens, Maerua aethiopica, Maerua oblongif-lora und Rhus oxyacantha. Die öko-logische Resistenz an Standorten, an denen die aufgelisteten Bäume aktuell angepflanzt und verbreitet sind, wird in den folgenden Abschnitten diskutiert

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    Baumarten Medizin Nahrung/FutterBrenn-stoff

    Ver-kauf Kunst

    Ökologische Plastizität

    Acacia ehrenbergiana + + 0 0 0 0Acacia hebecladoides + 0 0 0 + -Acacia laeta + + + 0 + 0Acacia mellifera + + + + + 0Acacia nilotica ++ ++ + ++ ++ ++Acacia radiana ++ + ++ + + ++Acacia senegal ++ + + ++ ++ ++Acacia seyal ++ + 0 0 - 0Balanites aegyptiaca ++ ++ + ++ + ++Boscia angustifolia ++ ++ 0 - - +Boscia salicifolia + ++ 0 - - +Boscia senegalensis ++ ++ - 0 - +Cadaba farinosa ++ + - 0 - -Cadaba glandulosa + + - - - -Calotropis procera + - + + ++ ++Capparis decidua + ++ - 0 + -Combretum aculeatum ++ + 0 - 0 -Commiphora africana ++ ++ + 0 + -Commiphora quadricincta ++ 0 0 ++ + -Cordia gharaf ++ ++ + + ++ -Ficus ingens + ++ 0 + ++ 0Ficus salicifolia + + 0 0 + -Grewia bicolor ++ ++ + + + -Grewia flavescens ++ + + + + -Grewia tenax ++ ++ + + + -Grewia villosa + ++ 0 + + -Leptadenia pyrotechnica + ++ 0 + + +Maerua aethiopica + + 0 0 + 0Maerua angolensis ++ ++ 0 + + -Maerua crassifolia ++ ++ - ++ + +Maerua oblongiflora + + 0 0 0 0Rhus oxyacantha + + 0 0 0 0Salvadora persica ++ ++ + ++ + +Tamarix aphylla + + 0 + + +Tamarix senegalensis ++ + + + 0 +Ziziphus mauritiana ++ ++ + ++ + +Ziziphus nummularia ++ ++ + + + +

    GRÜNE MAUER DURCH DIE SAHELZONE

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    DISKUSSION

    Die Prozesse der Desertifikation in der Sahelzone sind durch Wasser- und Winderosion sowie durch die flä-chendeckende Abnahme der Vegeta-tion geprägt (Penven 2008; Slingerland & Kiema 2001). Dazu kommen die menschlichen Einflüsse der ländlichen Ackerbauern, Hirten und Nomaden, die wegen der vorherrschenden Sub-sistenzwirtschaft direkten Zugriff auf die naturräumlichen Ressourcen aus-üben (Hayashi et al. 2008; Ali 2010). Die Große Grünmauer ist ein Fort-schritt im Vergleich gegenüber den üblichen Kämpfen gegen die Deserti-fikation, aber wo soll welche Baumar-ten gepflanzt werden, damit sie in gu-ten Bedingungen gedeiht, geschützt werden kann und nachhaltig profitabel wird? Bereits Hammer (2001) stellte die Frage, wie eine Desertifikations-bekämpfung Erfolg haben kann.

    Es ist wichtig, sowohl aus den erfolg-reichen wie den fehlgeschlagenen Pro-jekten zu lernen. Betrachtet man die landesspezifischen Baumarten, so ste-hen die Vorteile für ökologische oder sozio-ökonomische Interessen im Vor-dergrund. Aber wie effizient ist zum Beispiel die Leistung der nicht immer-grünen Arten wie Gummiarabikum-baum (Acacia senegal) gegenüber der Winderosion? Die Vorteile dieser Baumart sind ganz eindeutig ökono-mischer Natur – wegen der Lieferung von Gummiarabikum. Ähnliches gilt auch für die Tiliaceae (Grewia bicolor, Grewia flavescens), die Burseraceae (Commiphora africana, Commiphora quadricincta) sowie die Capparidaceae (Cadaba farinosa, Cadaba glandulosa). Zukünftig sollte bei der Desertifikati-onsbekämpfung die ökologische und

    biologische Interaktion viel mehr be-achtet werden. Baumarten wie Aka-zien sind in vielen Gebieten vor der Wüste geeignet wegen ihrer Verwur-zelungssysteme über verschiedener Bodenschichten, ihrer Fähigkeit, Tief-grundwasser zu erreichen und des Vermögens, die Evaporation-Trans-piration zu reduzieren (vgl. Le Houé-rou 2006). Dies gilt auch für Arten wie Prosopis juliflora und Euphorbia bal-samifera, die sich schnell auch unter schwierigen Bedingungen verästeln (Ci & Yang 2010: 363ff).

    Im Kampf gegen die Desertifikation ist es wichtig, die Ausbreitung solcher invasiven Vegetation oder Vegetation simultannée zu berücksichtigen (Ab-bildung 8). Wissenschaftler wie Ozer et. al (2010) haben über das Phäno-men der Vegetation simultannée be-richtet. Sie betonen auch das Potential der Möglichkeit, Restbestände diese Bäume in abgelegenen Gebieten in der Sahara zu schützen. Mit Zaïsys-tem oder micro catchment kann das Stürzwasser während der Regenzeit sehr nützlich für die Vegetation sein (Issa et al. 2009; Roose 2008). Zu den invasiven Arten gehört auch der süd-amerikanische Prosopis juliflora, der wegen seiner vielfältigen Fähigkeiten (immergrün, Verwurzelungssystem) gut gegen Winderosion wirkt. Überdies ist in den Isohyeten 600-900 mm der ge-samten Sahelzone die Verbreitung der Wüstendattel (Balanites aegyptiaca) zu beachten (vgl. Maranz 2009; Pen-ven et al. 2008). Auch diese Baumart sollte gebietsweise unterstützt werden.Außer den ökologischen und biologi-schen Interaktionen, sind die ökonomi-schen Interaktionen und die Mentalität

    ALI

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    der ländlichen Bewohnern – Bauern und Hirten – von entscheidender Be-deutung für ein dauerhaftes Gelingen des Großen Grünmauer-Projektes (vgl. Grouzis & Akpo 2006; Ali 2009: 59ff.). Die Integration des ökonomischen In-teresses der Bevölkerung ist vor al-lem mit Blick auf die dort herrschende extreme Armut geboten (Binot, Cas-tel & Caron 2006). Raison (1988) so-wie Grouzis & Akpo (2006) schlugen deshalb bereits vor, die schon gut in das agro-pastorale System integrier-ten Arten Anabaum (Acacia albida), Schirmakazie (Acacia radiana), Vitel-laria paradoxa, Parkia biglobosa, Cor-dyla pinnata gezielt zu fördern. Ozer (2002) sowie Arbonnier (2002: 485f.) forderten in diesem Zusammenhang einen großen nationalen Einsatz, wo-bei aber sowohl die Staaten als auch die ländliche Bevölkerung mehr an ex-terner Hilfe denken (Ali 2004: 69). In jedem Fall sind Bäume, die für viele Zwecke benutzt werden, sehr wichtig. Wie Slingerland & Wiersum (2001) ar-gumentierten, haben Niembaum (Aza-dirachta indica) und Roter Eukalyptus (Eucalyptus camaldulensis) ökologi-sche und sozio-ökonomische Bedeu-tung im ländlichen Sahel. Slingerland

    & Kiema (2001) ergänzen, dass diese Baumarten den Boden fixieren, Schutz gegen Winderosion bieten und über-dies oft in der traditionellen Medizin verwendet werden.

    Auch invasive Pflanzenarten haben große Bedeutungen für die Sahelbe-wohner. Oscher (Calotropis procera) wird insbesondere von Nomaden und Dorfbewohnern der Sahara als Bau-material (Hütten oder Dach) verwen-det, Leptadenia pyrotechnica ist be-kannt in der Zahnpflege.

    Als Futterbäume und -pflanzen für das Vieh ist Echinochloa stagnina am Ufer der temporären Tümpel und Seen wie dem Lac Magui in Mali und dem Aba-lak in Niger zu unterstützen.

    Da das Projekt der „Green Belt Move- ment“ mit Nobelpreisträgerin Wangari Maathais großräumig ist, sind Schulun-gen im Bereich nachhaltiger Forst- und Landwirtschaft für die ländlichen Be-wohner willkommen (vgl. Wenz 2010). Die Berücksichtigung des Know-how der indigenen Bevölkerung (Le Drezen & Ballouche 2009; Oyama & Mam-mam 2010) sowie eine Zusammenarbeit

    Abbildung 8: Invasive Vegetation von Oscher und Leptadenia pyrotechnica am Rande der Sahara im Umfeld von Agadez und Gao.

    GRÜNE MAUER DURCH DIE SAHELZONE

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    mit den sozialen Strukturen durch Un-terstützungen in der Form von Cash for Work oder Food for Work sind die richtigen Methoden zur Mobilisierung und Beteiligung ganzer Dörfer (siehe Abb. 5, links).

    Ergänzende Studien über pedologische und geomorphologische Aspekte wie Bodentypen und ihre Veränderungen oder über die Entfernung der Baum-streifen von den Dörfern oder Sied-lungen sind notwendig. Da die Dürre eines der häufigsten Probleme der Sahelzone ist (Stroosnijder & Slegers 2008), sind tiefgehende Studien zur Bewässerung der gepflanzten Bäu-men während der ersten Monate bzw. Jahre notwendig. Auch die Lebenszeit eines Baumes und seine ökologischen Wirkungen auf die Umgebung sollten detaillierter analysiert werden.

    Die Desertifikationsbekämpfung durch die Große Grüne Mauer verlangt gro-ßen und langfristigen Einsatz. Die Sahara besteht aus hunderten ab-getrockneten Flusstälern, Stein- und Sandwüsten (Ozer 2002), doch Grün-streifen am südlichen und westlichen Ufer der großen Sandwüsten (vgl. Stroosnijder & Slegers 2008) können die Winderosion nachweislich stark reduzieren. Doch rasch sind nun wei-tergehende wissenschaftliche Studien über die Wassermenge in verschiede-nen Gebieten nahe der Grünmauer notwendig, da nur Areale mit Grund-wasserverfügbarkeit zur Desertifika-tionsbekämpfung geeignet sind. Nur so kann verhindert werden, dass die-ses großartige Projekt nicht als eine Art Ingenieurskunst hinter sozio-öko-nomischen und politischen Interessen verborgen wird.

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    ALI

    Herrn Prof. Dr. rer. nat. Joachim Vogt (KIT), die Herren Kone (Umweltministerium Mali) und Abu Zeid (Umweltministerium Niger) danke ich herzlich für die Unterstützung während der Feldarbeit. Ich möchte meine Dankbarkeit gegenüber dem KIT und des Landes Baden Württemberg aussprechen für die finanzielle Unterstützung.

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    ALI

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    NATURE CONSERVATION IN AFRICA: A GREEN WALL ON THE SAHEL REGION AGAINST DESERTIFICATION

    Nouhou Ali

    Since the early 1970s, for its complex constellation of problems which advances the desert to the south, the Sahel region is an often discussed topic in the environ-mental sciences. This desertification has devastating consequences on the human ecology. More and more Actors are trying to cure the problems. Though different initiatives at both national and international level are developed still the results are far from expectations. One example is the 2005 project of the Community of Sahel-Saharan States (CEN-SAD), which aims the construction of a Green Wall from the shores of Senegal and Mauritania over the Sahel to the coast of Djibouti on the Read Sea. After several years of engagement yet many questions are still unanswered. Scientific reports on this massive Green Wall of Africa are few. The fight against the desertification must be new considered. This Article work is based on field studies conducted in West Africa between 2005 and 2011. The study examines the conditions under which the Green Wall can be useful and ecologi-cally sustainable. It explores what types of trees to be planted in view of its properties in the affected areas.

    Nouhou Ali ([email protected])Institut für Regionalwissenschaft/RaumplanungFakultät für Bau-, Ingenieur-, Geo-, UmweltwissenschaftenKarlsruher Institut für Technologie (KIT)Kaiserstraße 12, Gebäude 10.50, 3. OG76131 Karlsruhe

    GRÜNE MAUER DURCH DIE SAHELZONE