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Hans R. Knobel und Manuela Stier Netze statt Märkte – Geschäftsmodell der Zukunft Karl Aberer ı Christian Appert ı Matthias Bölke ı Andreas Brennwald ı Fredy Brunner Marc Bürki ı Ivan Bütler ı Veit V. Dengler ı Elgar Fleisch ı Marco Gadola ı Michael Ganser Manuel Grenacher ı Balz Halter ı Dieter Georg Herbst ı Franz Kagerbauer Walter B. Kielholz ı Christiane Leister ı Michael Leitner ı Felix Mayer ı Jens Meier Kai Millarg ı Frank M. Rinderknecht ı Daniel Schafer ı Hans-Kaspar Scherrer Werner Schiesser ı Wolfgang Schüssel ı Severin Schwan ı Heinrich Spoerry Markus Waibel ı Stefan Zanetti ı Alexandre Zeller ı Jürg Zumtobel

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Hans R. Knobel und Manuela Stier

Netze statt Märkte –Geschäftsmodell der Zukunft

Karl Aberer ı Christian Appert ı Matthias Bölke ı Andreas Brennwald ı Fredy Brunner

Marc Bürki ı Ivan Bütler ı Veit V. Dengler ı Elgar Fleisch ı Marco Gadola ı Michael Ganser

Manuel Grenacher ı Balz Halter ı Dieter Georg Herbst ı Franz Kagerbauer

Walter B. Kielholz ı Christiane Leister ı Michael Leitner ı Felix Mayer ı Jens Meier

Kai Millarg ı Frank M. Rinderknecht ı Daniel Schafer ı Hans-Kaspar Scherrer

Werner Schiesser ı Wolfgang Schüssel ı Severin Schwan ı Heinrich Spoerry

Markus Waibel ı Stefan Zanetti ı Alexandre Zeller ı Jürg Zumtobel

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Netze statt Märkte –Geschäftsmodell der Zukunft

HerausgeberDr. Hans R. KnobelIdee, Konzeption und ProjektleitungDr. Knobel Management Consulting Sonnenberg 758610 [email protected]

Manuela StierWirtschaftsmagazinStier Communications AGAckerstrasse 438610 [email protected]

PreisSFR 49.– (inkl. MWST) zuzüglich Versandkostenanteil

ErscheinungsdatumMai 2015

Gestaltung /PublishingStier Communications AG, Usterwww.stier.ch

DruckEffingerhof AG, Bruggwww.effingerhof.ch

Auflage10 000 Expl. deutsch

CopyrightWeiterverwendung des Inhalts nur mit schriftlicher Genehmigung der Herausgeber/Redaktion/Autoren gestattet.

FotosPeter Ruggle, St. GallenPetra Tschofen, Uster

Hans R. Knobel und Manuela Stier

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Die Buch-Trilogie zu Führungsthemen

Von Dr. Hans R. Knobel und Manuela Stier

128 aussergewöhnliche Persönlichkeiten im Gespräch mit dem Herausgeber. Antworten und Beispiele zu Führungsthemen aus der Praxis für die Praxis. Informieren und bestellen auf: www.wirtschaftsmagazin.ch

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VORWORT

Fundamentale Veränderungen durch Digitalisierung und moderne Netze erfordern neue Geschäftsmodelle

Mit atemberaubendem Tempo führen Digitalisierung und interaktive Ver­netzung von Menschen und Dingen zu faszinierenden Innovationen, Ent­wicklungen und praktischen Anwendungen. Unser ganzes Leben ist davon betroffen. Das Internet, das Internet der Dinge, das Internet für Roboter, das Internet für Strom, das Internet of Everything, in Zusammenwirken mit Sensoren und Robotern, etwa im Rahmen der Industrie 4.0 mit vernetzten Fabriken, machen Dinge möglich, die bisher kühnen Visionen vorbehalten blieben. Heute eilen die technologischen Entwicklungen den Ideen voraus, ein Paradigmenwechsel. Bisherige Konsumenten können heute gleichzeitig zu Produzenten werden. Input für Problemlösungen wird dank Crowd Engi­neering weltweit und ausserhalb klassischer Unternehmensstrukturen abgeholt. Fundamentale Veränderungen erfordern neue Geschäftsmodelle.

Heute noch Erstaunliches wird morgen selbstverständlich und kann die Lebensbedingungen, Gesundheit und Chancen für Millionen von Men­schen – gerade auch von bisher weniger Privilegierten – entscheidend verbessern. Papst Franziskus bezeichnet das Internet als «ein Geschenk Gottes». Intelligente Technologien können einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung der zentralen Herausforderungen unserer Zeit leisten. Es liegt an uns, die enormen Chancen und Möglichkeiten sinnvoll und klug zu nutzen. Wir haben es in der Hand, durch Innovationen und Weiterent­wicklung dieser Technologien auch neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Die Schweiz ist mit ihrem Bildungssystem, sowie ihrer Forschung und Wirtschaft bestens positioniert und für eine Vorreiterrolle prädestiniert. Gerade für KMU, Unternehmer und Gründer bieten die neuen Technologien enorme Chancen. In «Netze statt Märkte – Geschäftsmodell der Zukunft», dem vierten Band der Buchreihe zu Führungsthemen zeigen ausserge­wöhnliche Persönlichkeiten im Gespräch mit dem Herausgeber, wer bereits erfolgreich in die spannende Welt der Digitalisierung und modernen Netze unterwegs ist.

DankUnser Dank geht an die zahlreichen Persönlichkeiten, die in diesem Band mitgewirkt haben. Insbesondere danken wir den engagierten Sponsoren, ohne deren Unterstützung die Realisierung nicht möglich gewesen wäre. Es sind dies als Hauptsponsoren die Firmen Roche und Swiss Re; als Sponsoren die Firmen Amstein + Walthert, BDO, Cisco, Frey + Cie, Leister­Gruppe, Schneider Electric, SFS, Six Group, Swisspower, Swissquote, Zumtobel Group. Ebenfalls danken möchten wir der Druckerei Effingerhof für ihre Unterstützung.

Dr. Hans R. Knobel und Manuela Stier

Herausgeber

Dr. Hans R. Knobel

Unternehmerberater und Autor

Doktorat in Biochemie an der ETH Zürich. 16 Jahre Praxis in Führungspositionen der Industrie, u.a. als Geschäftsführer inter­nationaler Unternehmen. Über 20 Jahre Beratung von Firmen­Inhabern, Verwaltungs­räten und Geschäftsleitungen. Entwickeln, Umsetzen und Überprüfen von integrierten Strategien für Eigner und Unternehmen; Unternehmensnachfolge; Beurteilen von Führungskräften (Portfolio der «potential leaders»). Initiant, Autor und Mitherausgeber der Buchreihe zu Führungsthemen mit dem Wirtschaftsmagazin, mit den Bänden «Netze statt Märkte – Geschäftsmodell der Zukunft» (2015), «Leuchtfeuer in die Zukunft – Menschen, Ideen, Produkte» (2013), «Gewinnen der Besten – Rezepte der Leader» (2011) und «Führen durch Vorbild – Persönlichkeiten im Gespräch» (2009), sowie der Sonderbände des Schweizer Arbeitgebers «Erfolgreiche Nach­folgeplanung in Familienunternehmen» (2007) und «Frauen – der Schlüssel für die wirtschaft liche Zukunft» (2008).

Dr. Knobel ist Inhaber der Dr. Knobel Management Consulting, Uster.

Manuela StierVerlegerin des Wirtschaftsmagazins und der crossmedialen Unternehmerplattform www.wirtschaftsmagazin.ch

Inhaberin der Stier Communications AG in Uster. Branding – Corporate Design – Corporate Identity

Soziales Engagement: Gründung des gemein­nützigen Fördervereins für Kinder mit seltenen Krankheiten mit Prof. Dr. med. Thierry Carrel als Präsident. www.kmsk.ch

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INHALT

VORWORT

FOKUS

DIE NETZEDER ZUKUNFT

SENSOREN, ROBOTER UND NETZE

NETZE DER LEADER

DATEN IM NETZ:SICHERHEIT,

DATENSCHUTZ, RECHTSLAGE

Fundamentale Veränderungen durch Digitalisierung und moderne Netze 5 erfordern neue GeschäftsmodelleDr. Hans R. Knobel und Manuela Stier

Führen in immer komplexeren globalen Netzen 10Walter B. Kielholz, Präsident des Verwaltunsrates der Swiss Reinsurance Company Ltd.

Klug regulieren heisst, Innovationen und Entwicklungen nicht zu behindern 15Dr. Wolfgang Schüssel, ehem. Bundeskanzler der Republik Österreich

Digitalisierung und Internet werden die Geschäftsmodelle verändern 20Prof. Dr. Elgar Fleisch, Professor für Technologie­ und Informationsmanagement an der Universität St. Gallen und der ETH Zürich

Digitalisierung und interaktive Vernetzung werden überall stattfinden 26Michael Ganser, Senior Vice President Central Europe, EMEAR, Cisco

«Born Globals» wie Sensirion richten sich dank Internet 31 von Beginn an auf den Weltmarkt ausDr. Felix Mayer, Co­Gründer und Co­CEO der Sensirion AG

Die Vernetzung von Maschinen und Robotern wird sich rasant entwickeln 35Dr. Markus Waibel, Programm­Manager des Cloud­Robotics­Projekts RoboEarth, ETHZ

Digitalisierung und Vernetzung der Dinge werden alle Branchen erfassen 40Roundtable­Gespräch Christiane Leister, Inhaberin Leister­Gruppe und Präsidentin Verwaltungsrat Leister AG im Gespräch mit Manuel Grenacher, Gründer, Verwaltungsrats­ präsident und CEO, Coresystems AG, CEO von Mila AG, Dr. Kai Millarg, Mit­ gründer und Managing Partner der Intellion AG und Stefan Zanetti, Gründer, Geschäftsführer und VR qipp ag

Ethische Hacker für mehr Sicherheit im Cyberspace 46Ivan Bütler, CEO Compass Security AG

Digitalisierung und interaktive Netze werden unser Leben durchdringen 50Werner Schiesser, CEO der BDO AG

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INHALT

VERNETZTE MOBILITÄT UND LOGISTIK

VERNETZTES BAUEN UND

WOHNEN

GESUNDHEIT UNDMEDIZIN

Im ZVV ist das Internet der Dinge schon heute Realität 54Franz Kagerbauer, Direktor des Zürcher Verkehrsverbundes ZVV

Mit dem Internet der Dinge komplexe Prozesse automatisieren 59Jens Meier, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburg Port Authority (HPA)

Weltspitze durch firmenübergreifende Prozessketten und Vernetzung 63Heinrich Spoerry, VRP und CEO, SFS Group AG und Michael Leitner, Mitglied der Geschäftsleitung, Bereichsleiter Befestigungstechnik, SFS unimarket AG

Mobilität muss effizienter werden 69Frank M. Rinderknecht, Gründer und CEO von Rinspeed AG

Industrialisierte Prozesse und Big Data werden 73 unsere Branche radikal verändern Christian Appert, Geschäftsführer, Mitinhaber, VR­Mitglied, Amstein + Walthert AG

Digitalisierung und moderne Netze werden unsere Branche beeinflussen 77Andreas Brennwald, Delegierter des VR und CEO, Frey+Cie Techinvest22 Holding AG

Die Baubranche wird durch Digitalisierung fundamental verändert werden 81Balz Halter, Inhaber und Verwaltungsratspräsident der Halter AG

Digitale Technologien beschleunigen den Wandel 85 zum produzierenden Dienstleister Dipl. Ing. Jürg Zumtobel, Präsident des Aufsichtsrates der Zumtobel Group

Digitalisierung wird die Qualität von Zahnimplantat-basierten 89 Behandlungen erhöhen und deren Kosten senkenMarco Gadola, CEO Institut Straumann AG

Personalisierte Medizin ist Wirklichkeit 93Dr. Severin Schwan, Chief Executive Officer der Roche Gruppe

HAUPTSPONSOREN

SPONSOREN

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ENERGIE SMARTVERNETZT

DIGITALEKOMMUNIKATION

UND MEDIEN

AUSBILDUNG IN DER DIGITALEN WELT

BANKEN UNDBÖRSEN

Digitalisierung der Energie als Basis für mehr Effizienz und Nachhaltigkeit 99Dr. Matthias Bölke, CEO Schneider Electric Schweiz AG und CEO Feller AG

Wenn Stadtwerke durch Vernetzung die Energiezukunft mitgestalten 103Roundtable­Gespräch Fredy Brunner, ehem. Stadtrat von St.Gallen, Daniel Schafer, CEO von Energie Wasser Bern und Dr. Hans­Kaspar Scherrer, Vorsitzender der Geschäftsleitung der IBAarau AG

Massive Veränderungen und neue Chancen in der Medienwelt 110Veit V. Dengler, CEO der NZZ­Mediengruppe

Digitale Kommunikation: 5 wichtige Trends 113Prof. Dr. Dieter Georg Herbst, Experte für digitale Kommunikation und Professor an verschiedenen Universitäten

Universitäten in der digitalen Revolution 117 Prof. Dr. Karl Aberer, Vize­Präsident für Informations­Systeme der ETH Lausanne

Heute stehen wir am Anfang einer Revolution für Finanzdienstleistungen 123Marc Bürki, CEO Swissquote Bank AG und Swissquote Group Holding AG

Die Dienstleistungen des Finanzplatzes Schweiz sind Weltklasse 127Alexandre Zeller, Präsident des Verwaltungsrats, SIX Group Ltd

INHALT

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NETZE DER LEADER

Digitalisierung und Vernetzung der Dinge werden alle Branchen erfassen

VIELE BEISPIELE ZEIGEN, DASS RIESIGE POTENZIALE FÜR GANZ NEUE GESCHÄFTSMODELLE

in allen Branchen vorhanden sind. Das Positive der neuen Technologien ist, dass auch KMU und Start­ups dank

interaktiver Netze enorme Chancen nutzen können.

Roundtable­Gespräch

CHRISTIANE LEISTER im Gespräch mit MANUEL GRENACHER,

DR. K AI MILL ARG und STEFAN ZANETTI

Dr. Kai Millarg: Die Komponente der Spielerei sehe ich nicht altersabhängig. Alle Generationen haben Freude daran, wenn etwas grundsätzlich Nützliches in der Anwendung auch noch Spass macht. Technologische Entwicklung können wir recht gut prognostizieren und deren Integration im Rahmen des Internet der Dinge wird weitergehen. Hingegen ist es nicht möglich, seriöse Voraussagen für deren Anwendung zu machen. Das haben uns gerade die letzten 20 Jahre in aller Deutlichkeit gezeigt. Letztlich wird entscheidend sein, welche Produkte oder Dienstleistungen der Kunde als nützlich betrachtet. Da kann ich mir gut vorstellen, dass nicht in jedem Fall die absolute Spitzentechnologie eingesetzt werden muss, um den grössten Kundennutzen zu erbringen.

Als Treiber für die genannten Entwicklungen sehe ich die Unter­nehmer. Es geht nicht nur darum, bekannte Leistungen immer billiger zu machen, sondern ganz neue mit höherem Nutzen anzubieten. Die Technologien stehen uns allen praktisch glei­chermassen zur Verfügung. Die Differenzierung wird über kluge Kundendatenanalysen und darauf aufbauende, gänzlich neue Produkte und Services stattfinden. Gewinnen werden diejeni­gen, die «neu denken».

Manuel Grenacher: Was die genannten Treiber betrifft, möchte ich noch einen Schritt weiter gehen: Für mich ist es die Col­laborative Economy mit ihrer stark verbesserten Sichtbarkeit der einzelnen Elemente für alle. Heute werden Hardware, Software, Produkte und Dienstleistungen miteinander vernetzt. Ein Beispiel ist die Taxi­App Uber. Hier kommen das Fahrzeug als Hardware, die Vernetzung zwischen Gast und Fahrer als Software und der Fahrdienst als Service zusammen. Das Ganze hat Sichtbarkeit für alle Nutzer und Player in der neuen Welt des Taxigeschäfts. Ich bin überzeugt, dass wir bei der Entwicklung von Digitalisierung und modernen Netzen noch ganz am Anfang stehen. Entsprechend riesig ist das Potenzial.

Fast 3 Milliarden Menschen – Trend stark steigend – verschaffen sich über das Internet Informationen und Wissen oder tauschen Daten aus. Im Internet der Dinge kommuni­zieren heute schon mehr als sechs Milliarden Geräte und Systeme miteinander. Im Jahr 2020 sollen es 50 Milliarden sein. Durch den Einbezug von Digitalisierung, Big Data, Sensoren, Robotern und 3D­Printing wird durch vernetzte Technik Unglaubliches möglich, wir stehen vor faszinieren­den Entwicklungen. Welche Formen und Anwendungen dieser Entwicklungen sehen Sie als durchaus realistische Möglichkeiten und welche sehen Sie eher als Spielereien oder sogar Utopien?

Stefan Zanetti: Die Vernetzung der Dinge wird mit Sicherheit stark zunehmen. Die Gründe liegen einerseits bei der Physik, in der Miniaturisierung der Dinge, also zum Beispiel bei Sensoren und Rechnern. Diese werden immer kleiner, billiger und damit überall eingesetzt. Ich sehe die Entwicklung aber nicht als Revolution, sondern sie wird eher schrittweise verlaufen. Das hat damit zu tun, dass die Vernetzung ja physisch hergestellt werden muss. Es geht um Engineeringaufgaben in grossem Massstab. Und da ist es schnell klar, dass nicht alle Maschinen oder Dinge weltweit sozusagen gleichzeitig für die Vernetzung ausgerüstet werden können und am nächsten Tag schon am Internet der Dinge hängen. Je stärker die Integration zunehmen wird, desto mehr wird sich das Tempo der Vernetzung reduzie­ren. Das gilt für die Vernetzung von Maschinen und Menschen und dürfte die heutige rasante Entwicklung selbstkorrigierend in etwas ruhigere Bahnen lenken.

Technologisch sehe ich eigentlich kaum Grenzen für die Digi­talisierung und die Vernetzung. Hingegen wird mittel­ und langfristig nur das gemacht werden und Bestand haben, was einen wirklichen Kundennutzen generiert. Kurzfristig führt die Begeisterung und Freude an den Möglichkeiten der neuen Tech­nologien noch zu Übertreibungen in der Anwendung.

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NETZE DER LEADER

USA wird in Europa meistens zu spät und zu wenig investiert. Hier liegt für mich der Hauptgrund dafür, dass aus der Schweiz bisher keine Digitalgiganten hervorgegangen sind.

Dr. Kai Millarg: Die Amerikaner haben natürlich neben ihrer Risikobereitschaft weitere Vorteile, einen grossen einheit­lichen Heimmarkt mit über 300 Mio. Konsumenten und die Bereitschaft, global zu denken und zu handeln. Daher haben die Investitionssummen immer eine Null mehr. Wir sollten das aber nicht kopieren, sondern auf unsere Stärken bauen, die beispielsweise in der Herstellung von Präzisionsprodukten in Verbindung mit der digitalen Welt liegen – womit wir wieder beim Internet der Dinge sind.

Stefan Zanetti: Auch als Schweizer Unternehmen haben wir bei qipp eine Kultur entwickelt, die auf den Weltmarkt ausgerichtet ist. Damit versuchen wir, die genannten Stärken in unserem Land mit einer über die Grenzen hinaus reichenden Mentalität zu kombinieren.

Was hat Sie veranlasst, gerade in diesen neuen und spannenden Technologien eine Firma zu gründen?

Dr. Kai Millarg: Gemeinsam mit drei Kollegen habe ich die Intellion AG im Jahr 2000 als Spinoff der Universität St. Gallen gegründet. Das war damals die grosse Zeit der Internet­Gründungen. Unternehmerischer Geist war überall spürbar. Wir wurden bei der Gründung von unserem Professor, der selber unternehmerisch tätig war, sehr unterstützt. Nachdem wir im Rahmen von Uni­Projekten zunächst Produktionsnetzwerke aufgebaut haben, sind wir mit der Intellion den nächsten logi­schen Schritt zum Internet der Dinge gegangen. Heute bauen wir Anlagen auf der Basis von Funktechnologien (RFID) für die Intralogistik und unterstützen damit grosse internationale Unternehmen, die im Bereich der Industrie 4.0 unterwegs sind, ihre Prozesse effizienter zu machen. Dazu gehört zum Beispiel das flexible automatische Nachbestellen von Produkten in der C­Teilelogistik. Weltweit haben über 300 Industrieunternehmen unsere Lösungen im Einsatz. Ich möchte noch einmal betonen, dass für uns als junge Menschen damals das inspirierende Umfeld ganz entscheidend war, um den Schritt zum Unterneh­mer zu wagen.

Stefan Zanetti: Ich kam als Unternehmensentwickler in einem grossen Konzern auf den Geschmack. Aber der Gestaltungsspiel­raum in einem Konzern ist naturgemäss etwas eingeschränkt, und deshalb habe ich an die ETH Zürich gewechselt und von dort aus meine ersten beiden Firmen, careware AG und synesix solutions AG gegründet. Aufgrund der gewonnen Erfahrung als Unternehmer und dem Drang, nach 7 Jahren nochmals etwas Neues zu beginnen, habe ich die beiden Firmen dann übergeben

Natürlich darf man nicht vergessen oder schönreden, dass die aktuelle Situation der Collaborative Economy, gut illustriert durch das genannte Beispiel, an die Zeiten und Regulierungs­lücken des Wilden Westens erinnert. Trotzdem glaube ich nicht, dass solche technologischen Entwicklungen zu bremsen sind und auch nicht durch rigorose Verbote oder Regulierungen ein­geschränkt werden sollten. Vielmehr geht es darum, dass der Gesetzgeber den Fortschritt mit den enormen Chancen für neue Geschäftsmodelle und letztlich auch für neue Arbeitsplätze begleitet und fördert.

Christiane Leister: Für mich ist bei diesen Entwicklungen eigentlich alles möglich, was visionär denkbar erscheint. Die Grenzen sehe ich dann erreicht, wenn man beginnt, Menschen zu technisieren oder gegen soziale Grundbedürfnisse zu ver­stossen. Bei der Anwendung der neuen Technologien ist nicht nur der Kundennutzen ganz zentral für den Erfolg, sondern wir müssen uns auch gut überlegen, welche Bedürfnisse die Kunden in den verschiedenen Ländern und Regionen wirklich antreiben und welche Technologien sie bei neuen Produkten und Services überhaupt verkraften können. Wir müssen uns davor hüten, die Welt nur mit der Brille der Schweiz oder hoch technisierter Länder zu betrachten.

Jeder kennt heute Apple, Microsoft, Google, Amazon, Face­book oder Twitter. Diese Firmen sind zum Teil erst einige Jahre alt und trotzdem gehören sie schon zu den bekanntes­ten und grössten weltweit. Interessanterweise sind sie alle in Bereichen und Technologien unterwegs, von denen dieses Buch handelt. Und es sind alle amerikanische Unternehmen. Wie beurteilen Sie die Chancen von Schweizer Unternehmen, die Herausforderungen in den Bereichen Digitalisierung, Robotik, Sensorik und Netze in Wettbewerbsvorteile umwan­deln zu können oder anders gefragt, ist der Standort Schweiz ein Vorteil bei diesen Entwicklungen?

Christiane Leister: In der Schweiz haben wir sehr gute Voraus­setzungen, um bei Innovationen und in Technologien führend zu sein. Wo es aus meiner Sicht fehlt, das ist bei der raschen Umsetzung von Chancen in Anwendungen. Dafür braucht es Unternehmer und den Geist des Unternehmertums, inklusive Risikobereitschaft und Begeisterung für Tempo. Hierin sind wir, jetzt etwa im Vergleich zum Silicon Valley, mit schlechteren Karten unterwegs. Gründe sehe ich in unserer Kultur und vor allem in der schon viele Jahre andauernden, komfortablen Wohl­fühllandschaft mit entsprechender Risikoaversion.

Manuel Grenacher: Auch ich möchte sagen, dass uns die genannte Silicon Valley Kultur mit den Gründern und Machern hierzulande fehlt. Aus meiner Sicht liegt das vor allem an den geringeren Investitionssummen und der Art der Investoren. Anders als in den

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Manuel Grenacher

Gründer, Verwaltungsratspräsident und CEO, Coresystems AG, CEO von Mila AG

Manuel Grenacher hat an der Fachhochschule Aargau das Studium als Informatikingenieur abgeschlossen.

2006 gründete er als 25­Jähriger die Firma Coresystems AG, eine der am schnellsten wachsen­den Cloud­Anwendungs­Entwicklungsfirmen der Schweiz. Sie verzeichnet ein jährliches Umsatzwachs­tum von 30 Prozent und mehr als 7’000 Kunden. Die auf Geschäftsapplikationen für KMU speziali ­sierte Firma mit Hauptsitz in Windisch verkauft ihre Lö sungen zu ca. 80% an internationale Kunden. Die Applikationen kommen bei Geschäfts abläufen wie z.B. dem firmeneigenen Zahlungsverkehr zum Einsatz. Coresystems AG beschäftigt rund 140 Mitarbeiter in Windisch, Freiburg/Deutschland, New York, Miami, Sao Paulo, Cluj, Shanghai und London.

2013 lancierte Manuel Grenacher zudem in Zürich «Mila», einen Community­Marktplatz für Dienst­leistungen aller Art. Mila beschäftigt Mitarbeiter in Zürich und Berlin.

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Manuel Grenacher Gründer, Verwaltungsratspräsident und CEO,

Coresystems AG, CEO von Mila AG

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Christiane Leister: Ich bin sehr beeindruckt vom unterneh­merischen Elan der drei Herren. Aus eigener Erfahrung mit Start­ups und deren Internationalisierung möchte ich auf eine entscheidende Limitierung beim Aufbau einer globalen Präsenz hinweisen: Das ist die Sprache. Je nach Industrie, Land und Kontaktebene genügt Englisch allein nicht, um Anwender und End kunden zu erreichen, sich auf allen Ebenen zu vernetzen und Ska lierungseffekte zu nutzen.

Wie nutzen Sie als Unternehmer moderne Kommunikations­technologien und wie profitieren Ihre Kunden davon?

Manuel Grenacher: Unsere Cloud­Technologie kann jederzeit schnell und einfach implementiert werden. Kunden profitieren vor allem von effizienteren Serviceprozessen und mehr Trans­parenz, denn alle Daten sind jederzeit einsehbar. Am Ende geht es aber immer darum, die Art und Weise, wie der Endkunde Service erfährt, zu verbessern. Aus unserer Sicht ist der Gang in die Cloud für den Kunden entscheidend, um die Vorteile der Digitalisierung vollständig ausnutzen zu können.

Dr. Kai Millarg: Für unsere Industriekunden sind vor allem die Robustheit der Sensorik­ und Kommunikationstechnologien sowie ein geringer Energieverbrauch wichtig. Letztendlich kauft der Kunde aber immer einen Nutzen, keine Technologie. Das Engineering des Gesamtsystems aus Hardware, Software und dem Prozess ist erfolgsentscheidend.

Stefan Zanetti: Wir bauen für unsere Kunden einen spezifischen Kommunikationsdienst für und rund um Dinge auf. Dabei ist unser Fokus sehr stark darauf ausgerichtet, dass wir alle kri­tischen Elemente selber kontrollieren und ständig optimieren.

und 2012 die Firma qipp ag gegründet. qipp rüstet heute nicht vernetzte Dinge mit einfachen digitalen Identitäten aus und lädt sie mit digitalen Services auf. Dazu gehört etwa, dass wir im Immobiliensektor Wohnungen und Siedlungen mit digitalen Diensten ergänzen und es so ermöglichen, jede Wohnung mit ihrer eigenen App an Mieter zu übergeben. Im Kern sind wir ein soziales Netzwerk für Dinge.

Manuel Grenacher: Schon als Student konnte ich mir nie vor­stellen, einmal als Angestellter mein Geld zu verdienen. Darum habe ich bereits während dem Studium Software entwickelt und verkauft. So habe ich früh und ganz praktisch gelernt, wie man mit skalierbaren Produkten erfolgreich sein kann. Das Geschäft lief sehr gut und so konnte ich eine ganze Reihe von Studenten beschäftigen. Ich bin überzeugt, dass solche frühen Erfahrun­gen und natürlich auch Erfolgserlebnisse prägend sind für eine unternehmerische Ausrichtung. Nach dem Studium konnte ich 2006 als 25­Jähriger gleich mit 10 Mitarbeitenden meine erste Firma für Cloud­basierte Anwendungen im Dienstleistungssektor starten: Coresystems AG. Damals noch ganz neu, ist das Thema Cloud heute ja in aller Munde. Zu unseren Kunden zählen grosse internationale Unternehmen, wie beispielsweise Alstom. Wir können hier einen Trend feststellen, dass gerade grosse Firmen gerne mit Start­ups, wie wir es waren, bei der Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen zusammenarbeiten. Voraussetzung ist natürlich, dass man schnell, innovativ und effizient ist.

Im Jahr 2013 haben wir mit der Firma Mila, einem Spin­off von Coresystems, einen Online­Marktplatz für Dienstleistungen lanciert. Nach dem Prinzip «Kunden helfen Kunden» helfen wir Grossunternehmen wie Swisscom, Portale für zusätzliche Services zu bauen.

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Christiane Leister

Inhaberin Leister­Gruppe und Präsidentin Verwaltungsrat Leister AG

Christiane Leister studierte Volkswirtschaft an der Christian­Albrechts­Universität, Kiel. Während zehn Jahren baute sie ihre Karriere auf bei namhaften deutschen Familienunter­nehmen und erwarb dabei fundierte Fach­ und Führungskompetenzen auf dem Gebiet Finanzen und Controlling. Von 1989 bis 1993 war sie verantwortlich für operative und strategische Aufgaben im Familienunterneh­men Karl Leister Elektro­Gerätebau. In Nach folgeregelung übernahm sie 1993 das Einzelunternehmen und entwickelte dieses mit neuen Technologien und Geschäftsaktivi­täten zur Leister­Gruppe mit elf Konzernunter­nehmen in drei Kontinenten. Die Leister­ Gruppe hat einen Exportanteil von 98% und ist im Bereich Kunststoffschweissgeräte weltweit Markt­ und Innovationsführer.

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Christiane Leister Inhaberin Leister­Gruppe und

Präsidentin Verwaltungsrat Leister AG

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auch im Kontakt nach innen und betrifft nicht nur Unternehmen, sondern letztlich alle Strukturen und Organisationen.

Stefan Zanetti: Dem kann ich mich nur anschliessen. Die neuen Technologien erlauben es, Informationen in bisher unvorstell­barer Art und Weise über alles Mögliche zu sammeln. Mit den richtigen Filtern kann ich heute sehr rasch sehr wertvolle Daten einsammeln, auswerten und in Produkte und Dienstleistungen umsetzen.

Dr. Kai Millarg: Auch wir nutzen alle neuen Kommunikations­mittel, die für uns sinnvoll sind. Sie sind sehr hilfreich, persön­liche Gespräche und Kontakte vorzubereiten. Aber Verkaufen beispielsweise werden wir auch in Zukunft noch im persönlichen Gespräch, denn das setzt Vertrauen voraus. Und dies kann man nicht elektronisch aufbauen.

Manuel Grenacher: Ich bin sehr aktiv in den sozialen Netzwerken unterwegs und war zum Beispiel einer der ersten LinkedIn­User in der Schweiz. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit diesen Netzwerken noch viel mehr erreichen können und wir werden davon noch viele neue kommen sehen. Wir stehen hier erst am Anfang. Und trotzdem sind persönliche Netzwerke und Bezie­hungen auch für mich ganz wesentlich und durch Technik nicht zu ersetzen.

Neben Vorteilen wird bei modernen und globalen Netzen immer wieder auf Themen wie Qualität und Sicherheit der Daten hingewiesen. Wie beurteilen Sie die zunehmende Abhängigkeit von grossen und für die meisten Nutzer kaum transparenten Netzbetreibern und externen Datenspeichern, Stichwort «Clouds» und der damit einhergehenden Risiken?

Christiane Leister: Wir haben alle technischen Voraussetzungen, damit unsere Kunden modernste Kommunikationstechnologien für die Fernwartung ihrer Maschinen oder GPS­Verbindung bei Geräten auf Baustellen nutzen können. Wir stellen aber fest, dass etliche Kunden diese Dienste aus Gründen ihres Know­how­Schutzes wenig in Anspruch nehmen. Um die bereits erwähnten Sprachbarrieren zu überwinden, stellen wir für die Kommuni­kation mit Kunden häufig Bilder, Zeichnungen und Videos auf verschiedenen Plattformen im Internet zur Verfügung.

Wie nutzen Sie selber als Führungspersönlichkeit und gleichzeitig als jemand, der aufgrund seiner beruflichen Erfahrung bestens mit den neuen Kommunikationstechnolo­gien vertraut ist, die modernen Netze, und welche Art von Netzwerken ist für Sie neben den technischen Möglichkeiten heute und in Zukunft wichtig?

Christiane Leister: Für mich ist es vorteilhaft, persönliche und digitale Netze zu nutzen. Digitale Netze sind für uns unter­stützende Instrumente in unterschiedlichen Unternehmensbe­reichen, von der Rekrutierung bis zur Kundenbetreuung, von Marketing bis zur Entwicklung und auch bei der weltweiten internen Mitarbeiterkommunikation. Hier setzen wir in allen Konzernunternehmen die neuen Möglichkeiten und Technolo­gien der Vernetzung ein.

Ich bin aber auch der Meinung, dass blosse digitale Kommunika­tion den Austausch mit Menschen sehr stark reduziert. Ich spüre mein Gegenüber – beispielsweise bei Verhandlungen – nicht mehr richtig, wenn das ausschliesslich elektronisch stattfindet. Wir verlieren soziale Kompetenzen und unsere menschliche Sensorik verkümmert. Das gilt nicht nur nach aussen, sondern

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Kai Millarg

Mitgründer und Managing Partner der Intellion AG

Dr. oec. HSG, Dipl.­Ing. Kai Millarg ist Mitgründer und Managing Partner der Intellion AG, einem Innovations­führer für funkbasierte Gesamtlösungen, die heute auch als «Industrie 4.0»­Anwendungen bezeichnet werden. Intellion entwickelt und realisiert RFID­basierte «Smart Automation»­Systeme, die flexible manuelle Prozesse in der Industrie optimal unterstützen und steuern. Das Unternehmen wurde 2000 als Spin­off der Universität St. Gallen ge gründet und beliefert heute grosse Industrie­kunden in Europa und Asien, z.B. Infineon Technologies, Osram, SFS, STMicroelectronics und Würth.

Als Mitgründer eines Business Angel Fonds ist Kai Millarg in mehreren Start­ups der Universität St. Gallen und der ETH Zürich investiert; die 42matters AG (Mobile Audience Intelligence) unter stützt er als Verwaltungsrat.

Kai Millarg studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen mit einem Studienaufenthalt am Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.); er promovierte an der Universität St. Gallen.

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Dr. oec. HSG, Dipl.-Ing. Kai Millarg Mitgründer und Managing Partner der Intellion AG

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In welchen Bereichen und Branchen sehen Sie – im Sinne des Buchtitels «Netze statt Märkte» – in den nächsten 10 Jahren die grössten Chancen durch den Einsatz moderner Netze, Digitalisierung und Big Data?

Christiane Leister: Grundsätzlich wird das praktisch überall stattfinden. Die Bereiche Logistik und Transport sehe ich ganz vorne. Dann erwarte ich entscheidende Entwicklungen und Anwendungen in der vernetzten Zusammenarbeit der Wissen­schaft selber, beispielsweise auch bei Simulationen komplexer Systeme. Fortschritte werden wir auch in der Medizin durch per­sonalisierte Diagnosen und Therapien erleben. Die Vernetzung von Maschinen mit Maschinen hingegen dürfte etwas länger dauern, als dies von vielen erwartet wird.

Manuel Grenacher: Das Beispiel Uber zeigt, dass riesige Poten­ziale für ganz neue Geschäftsmodelle im Bereich der Logistik vorhanden sind. Ich erwarte die grossen Durchbrüche überall dort, wo die wirklich grossen Geschäftsmöglichkeiten locken. Das Positive daran ist, dass sich gerade für KMU und Start­ups dank interaktiver Netze enorme Chancen ergeben.

Dr. Kai Millarg: Ich glaube, dass bei der Mobilität ganz viel geschehen wird. Also alles rund ums Auto und beim Transport. Als zweites grosses Anwendungsgebiet für Digitalisierung und Vernetzung sehe ich die Robotik, beispielsweise für Dienstleis­tungen und für die Betreuung und Pflege von Menschen.

Stefan Zanetti: Ich glaube ganz grundsätzlich nicht an die Prognostizierbarkeit von Technologieanwendungen. Aus der Geschäftsperspektive ist aber sicher: Die Digitalisierung erfasst alle Branchen. Die grössten Chancen entstehen nicht aus inkre­mentellen Verbesserungen oder Effizienzgewinnen, sondern

Manuel Grenacher: Klar, die Risiken sind einfach da, ob digi­tal oder analog. Denken Sie an die Programme, die einzelne Daten aggregieren und daraus Trendanalysen erstellen. Auch hier gibt es Fehler bei der Auswertung und in der Folge fal­sche Schlussfolgerungen. Man muss sich bewusst sein, dass persönliche Anfragen oder andere Spuren im Netz immer für jemanden interessant sein können und darum auch gehandelt werden. Die Hintergründe sind dabei kaum transparent. Das ist heute einfach Tatsache. Auch Mitteilungen aus einem sicheren E­Mail­Konto sind nur sicher, solange der Empfänger auch gesicherte Konten verwendet. Da trifft man immer wie­der auf unglaubliche Ahnungslosigkeit und Gutgläubigkeit, nicht nur bei Privatpersonen. Ich gehe übrigens davon aus, dass weit mehr Datendiebstahl intern erfolgt und nicht durch externe Hacker.

Christiane Leister: Wir betreiben sehr viel Prävention im Bereich IT und Datenzugriff, um unsere Geschäftsdaten zu schützen, intern und gegen Eingriffe von aussen. Regelmässig sensibi­lisieren, trainieren und testen wir unsere Mitarbeitenden auf korrektes und professionelles Verhalten, um die Sicherheit im Umgang mit Daten zu erhöhen.

Stefan Zanetti: Wir dürfen nicht vergessen, dass Daten – bei­spielsweise zu Kunden – schon immer gesammelt und ausgewer­tet wurden. Das ist nicht neu, findet heute nur intensiver statt. In der Konsequenz heisst es, dass wir eben beispielsweise auch intensiver auf die Sicherheitsmechanismen und dahinterliegen­den gesetzlichen Regelungen bei Cloud­Anbietern schauen.

Dr. Kai Millarg: Im Unternehmen sichern wir alles mehrfach und an verschiedenen Orten ab. Gegen einen konzentrierten Hackerangriff ist aber kein 100­prozentiger Schutz möglich.

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Stefan Zanetti

Gründer, Geschäftsführer und VR qipp ag

Stefan Zanetti hat in den vergangenen 10 Jahren drei Spin­offs – die Gesellschaften synesix ag, careware ag und qipp ag – aus der ETH Zürich ausgegründet. Er kombinierte damit seinen Enthusiasmus für Lösungen im Bereich der Nachhaltigkeit mit den Potentialen neuer Technologien. Seine Unternehmen bedienen sowohl Hersteller wie auch mittlere und grosse Unternehmen der Immobilien­, Versicherungs­ und Energiewirtschaft mit Plug­ & Play Softwarelösungen, die zu einer hohen Kundeninteraktion führen. Sein jüngstes, mehrfach ausgezeichnetes Venture qipp verfolgt einen disruptiven Internet­der­Dinge Ansatz, in dem Technologien sozialer Netzwerke auf Dinge angewendet werden.

Stefan Zanetti ist Naturwissenschaftler und hat zudem ein Nachdiplomstudium in Business Engineering an der HSG absolviert.

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Stefan Zanetti Gründer, Geschäftsführer und VR qipp ag

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Verbesserung der Lebensqualität vieler Menschen bisher nicht relevant beigetragen. Unterstützen können die neuen Technolo­gien bei der Analyse der grossen Probleme, effizientem Umgang mit Ressourcen und Zugang zu Wissen. Aber fundamentale Lö sungen werden damit nicht geliefert.

Dr. Kai Millarg: Den Nutzen sehe ich vor allem in den umfang­reich ausgebauten und für viel mehr Menschen als bisher zugänglichen Infrastrukturen. Dies erlaubt praktisch allen, sich Wissen am Wohnort via Internet anzueignen und so die eigenen Chancen für ein deutlich besseres Leben zu steigern. Zudem können aufgeklärtere Menschen eher für Themen wie Umwelt­ und Ressourcenschonung sensibilisiert werden.

Das Gespräch führte Dr. Hans R. Knobel

dort, wo aufgrund dieser Technologien disruptive Geschäftsmo­delle entstehen. Beispielsweise können Private heute Angebote in den Markt stellen, die bisher nur Firmen erbrachten, und das dreht natürlich ganze Branchen.

Papst Franziskus hat das Internet als Geschenk Gottes bezeichnet. Wo und wie könnten moderne Netze zur Lösung der dringendsten Probleme auf unserem Planeten beitragen?

Stefan Zanetti: Dass der Papst dies sagt, erstaunt mich zunächst einmal. Denn Technologien konnten schon immer zum Wohl wie auch zum Nachteil der Menschen genutzt wer­den. Ich würde es also eher neutral beurteilen. Aber klar, die neuen Technologien können ganz sicher einen grossen Sprung vorwärts bei den Menschen bewirken, die bis dato unterprivi­legiert waren. Denn auf einmal ist Zugang zu Informationen praktisch kostenlos geworden. Denken Sie beispielsweise an Aufklärung bezüglich Gesundheit, die jetzt dank Internet auch in ruralen Gebieten in weniger entwickelten Ländern einfacher verfügbar wird. Persönlich glaube ich, dass diese Technologien auch Lösungen zu drängenden Problemen unserer westlichen Gesellschaft, wie Energieverbrauch und ungesunder Lebens­stil, beitragen werden.

Manuel Grenacher: Den grössten Nutzen sehe ich darin, dass bisher wenig entwickelte und privilegierte Länder in vielen Bereichen rasch aufholen werden und so die Chancen für sich und ihre Bevölkerungen generell stark verbessern können.

Christiane Leister: Wenn ich die aktuelle Umweltsituation im Zuge der weltweiten Urbanisierung betrachte, so hat der Fortschritt durch Internet und Digitalisierung zur direkten