Neu-IsenburgerExtrablatt · Odo Marquard: Zukunft braucht Herkunft ALTE NEUE WELT S. 1...

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zu unterhalten, machte Offenbach bald zum Zentrum des hebräischen Buch- drucks. Mit der Ansiedlung von Juden in Offenbach wurden der Bau einer Synagoge und die Einrichtung eines jüdischen Friedhofes erlaubt. Toleranz im Zeichen einer durchdachten Wirt- schaftspolitik machte aus dem Dorf Offenbach bald eine florierende Han- delsstadt. Auch die soziale Fürsorge wurde gewährleistet und 1714 ein Zum Glück ist der Grundriss von Neu- Isenburg als eine der wenigen in Deutschland ideal geplanten und kom- plett ausgeführten Anlagen vollständig erhalten. Der geistige Vater eines sol- chen Plans war mit Sicherheit der Lan- desvater und Ortsgründer Graf Johann Philipp selbst. Er besaß mehrere Wer- ke die sich mit Stadtplanung und Architektur befassten. Das Rathaus war der Mittelpunkt Es war von zierlicher Gestalt Armen- und Waisenhaus, finanziert durch eine Lotterie, eingerichtet. Ne- ben den gut ausgebildeten Hugenotten kamen auch französische Flüchtlinge in die Grafschaft, die als einfache Handwerker und Bauern ihr Auskom- men suchten. Ihnen wurde Land im Süden Offenbachs zugesprochen. Am 24.07.1699 leisteten 30 Hugenotten im Offenbacher Schloss Graf Johann Philipp zu Ysenburg und Büdingen Bereits 1700 waren zwei Gasthäuser errichtet worden. 1702 wurde auch der Grundstein für die reformierte Kirche gelegt, zwei Jahre später die erste Schule errichtet. Das Rathaus wurde 1702 vollendet. Der Graf hatte es auf eigenen Kosten errichten lassen. Das 7,06 m breite und 9,18 m hohe Gebäu- de mit Uhrtürmchen ( 5,78 m), war ein zierliches Bauwerk, das in seiner un- verwechselbaren Gestalt in Neu-Isen- burg nie etwas vergleichbares hatte. Das Hugenottenrathaus diente 170 Jahre lang der langsam wachsenden Gemeinde auf vielfache Weise: ge- schützt vor der Witterung konnte das Wasser geschöpft werden. Der Rats- versammlung stand 36 Quadratmeter im Saal zur Verfügung, von dem aus allen Gassen und Gässchen des Huge- nottenkreuzes gesehen werden konnte. „Es ist weder möglich noch erträglich, alles zu bewahren und nichts zu ver- gessen das wäre das Ende der Ge- schichte“ konstatiert der Kultur- theoretiker Hartmut Böhme. Er weist darauf hin, dass Vergessen, Verfallen und Zerstören in Bezug auf die Ver- gangenheit wahrscheinlicher sind, als das Bewahren und Erinnern. Der Grundstein für Neu-Isenburgs Erfolgsgeschichte wurde 1699 gelegt, mit der Ansiedelung französischer Hugenotten. Die Siedlung hieß Ysen- burg und der fortschrittlich denkende Graf Johann Philipp gewährte den Flüchtlingen auch Glaubensfreiheit. Wer weiß das heute noch? Und warum soll man das Vergangene kennen, wenn alles auch „gegoogelt“ werden kann? Der Philosoph Odo Marquard antwor- tete in seinem Buch „Zukunft braucht Herkunft“, auf die Frage: ist das Le- ben so kurz, dass wir keine Zeit für Vergangenes haben? Er schrieb: „Das Neue, das wir suchen, braucht das Alte, sonst können wir das Neue auch gar nicht als solches erkennen. Ohne das Alte können wir das Neue nicht ertragen, heute schon gar nicht, weil wir in einer wandlungsbeschleunigten Welt leben.Deshalb ist es wichtig an Personen zu erinnern, die außerge- wöhnliches geschaffen haben. Ihr Na- me und ihre Leistung soll vor dem Vergessen bewahrt werden. Ihr Neu-Isenburger Extrablatt Umwelt + Energie + Verkehr + Konsum + Innenstadt + Bildung + Beruf + Demografischer Wandel + Gesundheit + Intelligente Stadt Tarek Al-Wazir: Mobilität 2035 LETZTE FOLGE S. 8-9 Stadtumbau: Bürgerschaft dringend gesucht INNENSTADT S. 11 Odo Marquard: Zukunft braucht Herkunft ALTE NEUE WELT S. 1 Neu - Isenburger Extrablatt Nr. 61 * 2018 Freitag 28. September Neues Fotoprojekt: In Neu-Isenburg zu Hause HUGENOTTENBANK S. 5 17. Woche der Toleranz und Mitmenschlichkeit Die jährlich stattfindende Themenwoche zeigt Integration und Vielfalt in Neu-Isenburg Seite 4-5 Smartphone Besitzer können App Neu-Isenburger Extra- blatt kostenlos nutzen. QR Code Scannen, runterla- den. Viel Spaß mit der App. Neu-Isenburg Die neue Serie über unsere Stadt. Am 21.09.1718 verstarb Graf Johann Philipp. Von 1655 bis 1718 war er der Regent der Grafschaft Isenburg-Offenbach. Wie alles begann… NEU: Iseborjer satirisches Gebabbel Das Top-Thema des Monats, direkt und schonungslos kommentiert, von der Satireredaktion: Seite 12 Graf Johann Philipp zu Ysenburg- Büdingen Gründer unserer Stadt Erinnerungen zum 300. Todestag 1655-1718 Er war ein weitsichtiger und toleranter Landesherr Unter seinem Schutz wurde Neu-Isenburg von 30 Hugenotten gegründet. G Der Grundriss kam vom Grafen selbst Vor dem Vergessen bewahren: Themenzeitung für Neu-Isenburg den Treueeid. Die Flüchtlinge erhiel- ten zwischen dem Dorf Sprendlingen und dem Frankfurter Stadtwald eine brachliegende Lichtung als Siedlungs- land. Das gegründet Dorf erhielt dann den Namen Ysenburg. Heute hat Neu-Isenburg fast 40.000 Einwohner und ist bedeutender Wirtschaftsstand ort. Namhafte Konzerne, die Dienst- leistungsbranche, Handel, Handwerk und Logistikzentren, auch mittelstän- dische Betriebe tragen zur hohen Wirt- schaftskraft von Neu-Isenburg bei. Die Uhr von den 4 Hauptgassen sichtbar - diente mit ihren Glocken zu- gleich dem Gottesdienst, der Feuer- warnung und zur Anmahnung der Steuern, Das Treppenhaustürmchen nahm die Arrestzelle und den Aufent- haltsraum des Nacht- und Feuerwäch- ters auf. Das Rathaus wurde 1876 wegen Baufälligkeit abgerissen. raf Johann Philipp zu Ysen- burg-Büdingen machte sich als weitsichtiger Landesherr einen Namen: In Folge des Dreißig- jährigen Krieges war seine Graf- schaft Offenbach verarmt, verwüs- tet, entvölkert. Doch Johann Philipp erkannte das Potential, dass in der Nachbarschaft zur Messe- und Han- delsstadt Frankfurt am Main lag. Verhinderten in Frankfurt die Hand- werksgilden den Zuzug von fremden Arbeitern und die Gründung neuer Unternehmen, warb er aktiv Immi- granten an. Vor allem die Hugenotten, protestantische Flüchtlinge aus Frank- reich, die über ein fortschrittliches Wissen im Manufakturwesen verfüg- ten, waren für ihn von Interesse. Die Hugenotten hatten nach der Auf- hebung des Toleranzedikts von Nantes ihr Land verlassen müssen. Ihre Flucht führte sie zu dem reformierten Graf Johann Philipp von Ysenburg-Büdin- gen. Er sicherte ihnen im Rahmen sei- ner Ansiedelungspolitik Schutz, freien Gebrauch der französischen Sprache und Religionsfreiheit zu. Zahlreiche Gewerbe entwickelten sich in Offenbach, insbesondere das Druckereiwesen gelang zu Bedeutung. In Offenbach wurde bald gedruckt, was in Frankfurt verboten war: reli- giöse Schriften von Abweichlern, aber auch hebräische Texte. Die Möglich- keit für Juden, ein eigenes Druckhaus Verhässlichung der Städte Stararchitekt und Stadtplaner Léon Krier kritisiert die Irr- wege der Nachkriegsmoderne Seite 10

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zu unterhalten, machte Offenbach bald

zum Zentrum des hebräischen Buch-

drucks. Mit der Ansiedlung von Juden

in Offenbach wurden der Bau einer

Synagoge und die Einrichtung eines

jüdischen Friedhofes erlaubt. Toleranz

im Zeichen einer durchdachten Wirt-

schaftspolitik machte aus dem Dorf

Offenbach bald eine florierende Han-

delsstadt. Auch die soziale Fürsorge

wurde gewährleistet und 1714 ein

Zum Glück ist der Grundriss von Neu-

Isenburg als eine der wenigen in

Deutschland ideal geplanten und kom-

plett ausgeführten Anlagen vollständig

erhalten. Der geistige Vater eines sol-

chen Plans war mit Sicherheit der Lan-

desvater und Ortsgründer Graf Johann

Philipp selbst. Er besaß mehrere Wer-

ke die sich mit Stadtplanung und

Architektur befassten.

Das Rathaus war der MittelpunktEs war von zierlicher Gestalt

Armen- und Waisenhaus, finanziert

durch eine Lotterie, eingerichtet. Ne-

ben den gut ausgebildeten Hugenotten

kamen auch französische Flüchtlinge

in die Grafschaft, die als einfache

Handwerker und Bauern ihr Auskom-

men suchten. Ihnen wurde Land im

Süden Offenbachs zugesprochen. Am

24.07.1699 leisteten 30 Hugenotten im

Offenbacher Schloss Graf Johann

Philipp zu Ysenburg und Büdingen

Bereits 1700 waren zwei Gasthäuser

errichtet worden. 1702 wurde auch der

Grundstein für die reformierte Kirche

gelegt, zwei Jahre später die erste

Schule errichtet. Das Rathaus wurde

1702 vollendet. Der Graf hatte es auf

eigenen Kosten errichten lassen. Das

7,06 m breite und 9,18 m hohe Gebäu-

de mit Uhrtürmchen ( 5,78 m), war ein

zierliches Bauwerk, das in seiner un-

verwechselbaren Gestalt in Neu-Isen-

burg nie etwas vergleichbares hatte.

Das Hugenottenrathaus diente 170

Jahre lang der langsam wachsenden

Gemeinde auf vielfache Weise: ge-

schützt vor der Witterung konnte das

Wasser geschöpft werden. Der Rats-

versammlung stand 36 Quadratmeter

im Saal zur Verfügung, von dem aus

allen Gassen und Gässchen des Huge-

nottenkreuzes gesehen werden konnte.

jemand klar und deutlich sagt: „Durch

Deutschland muss ein Ruck gehen.

Wir müssen Abschied nehmen von

„Es ist weder möglich noch erträglich,

alles zu bewahren und nichts zu ver-

gessen – das wäre das Ende der Ge-

schichte“ konstatiert der Kultur-

theoretiker Hartmut Böhme. Er weist

darauf hin, dass Vergessen, Verfallen

und Zerstören in Bezug auf die Ver-

gangenheit wahrscheinlicher sind, als

das Bewahren und Erinnern.

Der Grundstein für Neu-Isenburgs

Erfolgsgeschichte wurde 1699 gelegt,

mit der Ansiedelung französischer

Hugenotten. Die Siedlung hieß Ysen-

burg und der fortschrittlich denkende

Graf Johann Philipp gewährte den

Flüchtlingen auch Glaubensfreiheit.

Wer weiß das heute noch? Und warum

soll man das Vergangene kennen,

wenn alles auch „gegoogelt“ werden

kann?

Der Philosoph Odo Marquard antwor-

tete in seinem Buch „Zukunft braucht

Herkunft“, auf die Frage: ist das Le-

ben so kurz, dass wir keine Zeit für

Vergangenes haben? Er schrieb: „Das

Neue, das wir suchen, braucht das

Alte, sonst können wir das Neue auch

gar nicht als solches erkennen. Ohne

das Alte können wir das Neue nicht

ertragen, heute schon gar nicht, weil

wir in einer wandlungsbeschleunigten

Welt leben.“ Deshalb ist es wichtig an

Personen zu erinnern, die außerge-

wöhnliches geschaffen haben. Ihr Na-

me und ihre Leistung soll vor dem

Vergessen bewahrt werden.

Ihr Neu-Isenburger

Extrablatt

m

Umwelt + Energie + Verkehr + Konsum + Innenstadt + Bildung + Beruf + Demografischer Wandel + Gesundheit + Intelligente Stadt

Tarek Al-Wazir:

Mobilität

2035LETZTE FOLGE S. 8-9

Stadtumbau:

Bürgerschaft

dringend gesuchtINNENSTADT S. 11

Odo Marquard:

Zukunft braucht

Herkunft ALTE NEUE WELT S. 1

Neu-IsenburgerExtrablattNr. 61 * 2018 Freitag 28. September

Neues Fotoprojekt:

In Neu-Isenburg

zu HauseHUGENOTTENBANK S. 5

17. Woche der Toleranz und

Mitmenschlichkeit

Die jährlich stattfindende Themenwoche

zeigt Integration und Vielfalt

in Neu-Isenburg Seite 4-5

Smartphone Besitzer können

App Neu-Isenburger Extra-

blatt kostenlos nutzen.

QR Code

Scannen,

runterla-

den. Viel

Spaß mit

der App.

Neu-Isenburg

Die neue Serie über unsere

Stadt. Am 21.09.1718 verstarb

Graf Johann Philipp. Von 1655

bis 1718 war er der Regent der

Grafschaft Isenburg-Offenbach.

Wie alles begann…

NEU: Iseborjer satirisches Gebabbel

Das Top-Thema des Monats, direkt

und schonungslos kommentiert,

von der Satireredaktion:

Seite 12

Graf Johann Philipp zu Ysenburg-

Büdingen – Gründer unserer Stadt Erinnerungen zum 300. Todestag

1655-1718

Er war ein weitsichtiger und toleranter Landesherr Unter seinem Schutz wurde Neu-Isenburg von 30 Hugenotten gegründet.

G

Der Grundriss kam

vom Grafen selbst

Vor dem Vergessen

bewahren:

Themenzeitung für Neu-Isenburg

den Treueeid. Die Flüchtlinge erhiel-

ten zwischen dem Dorf Sprendlingen

und dem Frankfurter Stadtwald eine

brachliegende Lichtung als Siedlungs-

land. Das gegründet Dorf erhielt dann

den Namen „Ysenburg“. Heute hat

Neu-Isenburg fast 40.000 Einwohner

und ist bedeutender Wirtschaftsstand

ort. Namhafte Konzerne, die Dienst-

leistungsbranche, Handel, Handwerk

und Logistikzentren, auch mittelstän-

dische Betriebe tragen zur hohen Wirt-

schaftskraft von Neu-Isenburg bei.

Die Uhr – von den 4 Hauptgassen

sichtbar - diente mit ihren Glocken zu-

gleich dem Gottesdienst, der Feuer-

warnung und zur Anmahnung der

Steuern, Das Treppenhaustürmchen

nahm die Arrestzelle und den Aufent-

haltsraum des Nacht- und Feuerwäch-

ters auf. Das Rathaus wurde 1876

wegen Baufälligkeit abgerissen.

raf Johann Philipp zu Ysen-

burg-Büdingen machte sich

als weitsichtiger Landesherr

einen Namen: In Folge des Dreißig-

jährigen Krieges war seine Graf-

schaft Offenbach verarmt, verwüs-

tet, entvölkert. Doch Johann Philipp

erkannte das Potential, dass in der

Nachbarschaft zur Messe- und Han-

delsstadt Frankfurt am Main lag.

Verhinderten in Frankfurt die Hand-

werksgilden den Zuzug von fremden

Arbeitern und die Gründung neuer

Unternehmen, warb er aktiv Immi-

granten an. Vor allem die Hugenotten,

protestantische Flüchtlinge aus Frank-

reich, die über ein fortschrittliches

Wissen im Manufakturwesen verfüg-

ten, waren für ihn von Interesse.

Die Hugenotten hatten nach der Auf-

hebung des Toleranzedikts von Nantes

ihr Land verlassen müssen. Ihre Flucht

führte sie zu dem reformierten Graf

Johann Philipp von Ysenburg-Büdin-

gen. Er sicherte ihnen im Rahmen sei-

ner Ansiedelungspolitik Schutz, freien

Gebrauch der französischen Sprache

und Religionsfreiheit zu.

Zahlreiche Gewerbe entwickelten sich

in Offenbach, insbesondere das

Druckereiwesen gelang zu Bedeutung.

In Offenbach wurde bald gedruckt,

was in Frankfurt verboten war: reli-

giöse Schriften von Abweichlern, aber

auch hebräische Texte. Die Möglich-

keit für Juden, ein eigenes Druckhaus

Verhässlichung der Städte

Stararchitekt und Stadtplaner

Léon Krier kritisiert die Irr-

wege der Nachkriegsmoderne

Seite 10

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Seite 2 September 2018

zu gebieten. Die Neu-Isenburger hol-

ten sich nämlich Bau- und Feuerholz

im Frankfurter Stadtwald. Ein gefähr-

liches Unterfangen, denn der Förster

vom Stadtwald wachte vom Forsthaus

aus. Heute kennt man das Gebäude als

„Frankfurter Haus.“ (Siehe Bild).

Besonders viel Ärger

gab es mit Langen

Schlimmer trieben es die Untertanen

des Dorfes Langen! Unter Berufung

auf ihr althergebrachtes Recht des

„Weidgangs“ trieben sie ihre Rinder-

herde durch die frisch angelegten Hir-

se-, Rüben- und Tabakfelder der fran-

zösischen Flüchtlinge, worauf es zu

einem heftigen Zusammenstoß kam.

Graf Johann Philipp pochte beim

Landgrafen auf Schadenersatz. Der

drohte mit Gegenforderungen, da er

durch das „Ausrotten“ der Wälder für

das neue Dorf Ysenburg, seine Weide-

rechte geschmälert sah. Den Prozess

vor Gericht hatte der Graf allerdings

verloren, obwohl er einen Rechtsan-

walt aus Wien verpflichtete, das zeigt

sein Engagement für seine Leute.

as Wissen über die Wurzeln

unserer Stadt gerät immer

mehr in Vergessenheit. Wie

wichtig ist es, die Alte Welt zu ver-

stehen und wie kann unser kultur-

elles Erbe vor dem Vergessen be-

wahrt werden? Graf Johann Philipp

von Ysenburg sollte vor dem Ver-

gessen bewahrt werden und deshalb

allen Neu-Isenburgern in Erinne-

rung bleiben. Hier ist die Geschichte

unserer Stadtgründung und die Zeit

danach.

Johann Philipp zu Ysenburg, der im

Offenbacher Schloss residierende

Graf, kannte in seiner Regierungszeit

von 1685 bis 1718 nur wenige Frie-

densjahre als Atempause. Ansonsten

gab es immer nur Kriegszustand des

Reiches mit Frankreich und an der

Türkenfront. Seine Aufbauleistung in

dieser schwierigen Zeit, die zur Grün-

ung von Neu-Isenburg geführt hat, ist

daher um so höher zu bewerten.

Was war seine Motivation?

Die unmittelbare Konfrontation mit

der Härte der französischen Politik

war für seine Haltung – das christliche

Mitleiden, mit den um der Wahrheit

und der Religion wegen aus ihrem Va-

terland in Armut und Elend Verstoß-

enen – sicher mit ausschlaggebend ge-

wesen. Die Aufnahme einer kleinen

französischen Hugenottengemeinde in

der Residenz Offenbach und die Grün-

dung des „welschen Dorfes“ (auslän-

disch Sprechende) sind Resultate, die

vor dem Vergessen zu bewahren sind.

Bereits auf den 01.07.1699 datiert, ist

ein Maßstab aus Messing – der Isen-

burger Fuß – mit dem der Graf die

Siedlungsgrundstücke durch den Bau-

meister Andreas Löber vermessen

ließ. Im Gründungsprivileg billigte der

Landesherr den Flüchtlingen weiter-

gehende Selbstverwaltungsrechte und

gewährte den Mittellosen großzügig

Hilfe beim Häuserbau. Der kam aller-

dings nur schleppend voran, noch im

Mai 1700 gab es weder fest gebaute

Häuser noch eine Kirche.

Kirche, Rathaus und Schule

entstehen

Im Mai erfolgte die Grundsteinlegung

einer Kirche am Marktplatz, die 1708

fertiggestellt wurde. Im gleichen Jahr

lässt Graf Johann Philipp auf seine

Kosten auf dem Marktplatz ein kleines

Rathaus errichten. Heute noch ein oft

dargestelltes Symbol. Ecke Pfarrgasse

und Wiesenstraße entstand 1704 das

erste Schulhaus, indem in französi-

scher Sprache unterrichtet wurde.

Ärger mit Frankfurt

Doch handelte sich der Graf, mit der

neuen Siedlung auf der grünen Wiese,

oder besser gesagt, mitten im Wirt-

schaftsstandort „Wald“, zunächst eine

Menge Ärger mit den Nachbarn ein.

Dazu gehörte die Reichsstadt Frank-

furt, die sofort gegen die Gründung

unmittelbar an der Grenze ihres Stadt-

waldes protestierte und schon 1701

dort ein wehrhaftes Forsthaus erbauen

ließ, um jeglichem Waldfrevel Einhalt

Graf Johann Philipp zu Ysenburg-Büdingen

N E U - I S E N B U R G

Den Grafen vor dem Vergessen bewahrenSeine Lebensleistung ist eng mit der Geschichte von Neu-Isenburg verbunden

Sprendlingen

Frankfurter Stadtwald

Neu-Isenburg: ein kleines Dorf inmitten großer Wälder. Zeichnung um das Jahr 1800

Siedlungs-

land

Ausstellung und Programm zum 300. Todestag

D

Frankfurter

Haus

Frankfurter Straße

Schloss des Grafen von IsenburgIn Offenbach am Main residierte der Graf

Die ersten Steuern wurden

ab 1711 erhoben.

Deshalb kehrten aber nicht ein Drittel

der hugenottischen Familien Neu-

Isenburg wieder den Rücken. Es war

eher die Unzufriedenheit mit den Le-

bensumständen und die Erinnerung an

die alte Heimat, die ein Drittel der Hu-

genotten veranlassten, zurückzukeh-

ren. Den hugenottischen Gründern ist

nichts geschenkt worden. Sie mussten

einen harten Kampf ums tägliche Brot

führen, der Boden für landwirtschaft-

liche Nutzung war wenig ergiebig.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wird

Offenbach Residenz und Sitz der Lan-

desverwaltung der Grafen von Isen-

burg. Unter Einbeziehung älterer Teile

wurde Anfang des 16. Jahrhunderts

bis zur Fertigstellung 1559 ein reprä-

sentativer Schlossbau errichtet. Es ist

eines der wenigen Renaissanceschlös

ser Hessens von Bedeutung. Während

des 30-jährigen Krieges residierte

Gustav Adolf 1631 im Schloss. Die

Grafschaft Isenburg hatte auch Jahr-

zehnte danach unter den verheerenden

Kriegsfolgen zu leiden.

Johann Philipp von Isenburg-Offen-

bach wurde 1655 als drittes Kind und

erster Sohn von Johann Ludwig, Graf

von Isenburg-Büdingen-Offenbach,

und Luise, Prinzessin von Nassau-Dil-

lenburg, im Schloss geboren. Der

zweiten Ehe entstammt eine Tochter,

Deutsche siedelten sich

in Neu-Isenburg an

Damit die Häuser nicht verfallen,

Äcker nicht brach liegen, damit das

Dorf lebensfähig bleibt, erlaubte der

Graf offiziell, dass sich Deutsche in

Neu-Isenburg ansiedeln durften. Das

damalige Dorf war verschuldet und

konnte in den ersten Jahren seines

Daseins nur mit der Unterstützung

holländischer Freunde der Hugenotten,

lebensfähig erhalten werden.

Den Hugenotten gefiel nicht, dass die

zugezogenen Deutschen „Lutheraner“

waren. Es gab ständig Ärger. Per Er-

lass schrieb Johann Phillips Nachfol-

ger Graf Wilhelm Moritz II: „Dieses

Dorf soll für immer eine französische

Colonie bleiben“. Deutsche sollten

ihre Kinder in die französische Schule

schicken. Der Kampf um heimatliche

Wurzeln war somit entbrannt.

Wie viel Heimat braucht

der Mensch?

Wenn Neu-Isenburg sich trotzdem gut

entwickeln konnte, so lag es an der

geistigen Regsamkeit seiner Bewohner

französischen Ursprungs und der kom-

merziellen Geschicklichkeit und des

Fleißes, den diese Bevölkerung aus-

zeichnete. Leider erinnert nur noch

wenig an Gründerzeiten im Alten Ort.

Luise Charlotte von Isenburg-Birstein-

Offenbach, sie ist 1715 in Offenbach

am Main geboren. Südlich von Offen-

bach ließ er das Schloss Philippseich

bauen, er verstarb in der neuen Graf-

schaft Isenburg-Philippseich 1718.

Mit dem Ende der Herrschaft der

Isenburger 1816 und mit der Einglie-

derung Offenbachs in das Großher-

zogtum Hessen-Darmstadt, wurde das

Isenburger Schloss zur Verwaltung

des Wald- und Grundbesitzes bei

Offenbach benötigt.

Das Isenburger Schloss ist heute Be-

standteil des Campus der Hochschule

für Gestaltung Offenbach. Hier sind

der Bereich Fotografie und der

Computer-Arbeitsraum untergebracht.

Das Erdgeschoss wird für Veranstal-

tungen genutzt.

Das Isenburger Schloss in Offenbach am Main

Fr. 21.9.2018, 18 Uhr

Eröffnung der Sonderausstellung

im Plenarsaal des Rathauses durch Bürgermeister

Herbert Hunkel und Grußwort von

Alexander Fürst von Isenburg

21.9.2018- 24.02.2019

Stadtmuseum Haus zum Löwen

„1718 – Graf Johann Philipp Zu Ysenburg-Büdingen

und seine Zeit

Sonderausstellung zum 300. Todestages des

Neu-Isenburger Stadtgründers

Mo. 24.9.2018 19:30 Uhr Hugenottenhalle

Die Streiche des Scapin

Komödie von Molière,

Einführung 18:45 Uhr.

Zwei reiche und gierige

Kaufleute überlassen ihre

beiden Söhne den Dienern

zur Aufsicht…

Fr. 05.10. 2018, 18:30 Uhr

Stadtmuseum Haus zum Löwen

Modenschau

Die Gewänder von Graf Johann und Charlotte Amalie,

Pfalzgräfin bei Rhein zu Zweibrücken-Landsberg

So. 14.10.2018, 18 Uhr

Treffpunkt Stadtmuseum

Kostümführung durch Alten Ort

Stadtgeschichte als Zeitreise: Eine Hugenottin

trifft den Geist des Grafen. (Die Zeitreise findet

auch 4.11. um 17 Uhr statt)

Sa. 26.8.2018, 11-18 Uhr

Barockes Sommerfest im Bansapark

Historischer Holzspiele-

park und 12 Riesen-

spielstationen laden

zum Mitspielen ein.

Mit Gästen aus dem

Barock und Lesung

mit Chantal, Prinzessin

zu Ysenburg

So. 30.09.2018, 11 Uhr

Stadtmuseum Haus zum Löwen

Druckwerkstatt – Fremde Zeichen

Auf den Spuren der Druckerei

Lanoy geht es zu den hebräischen

Drucken „Gestalt der Erde“ und

„Die Spiegel der versammelten

Frauen“, die Ausdruck der Tole-

ranzpolitik des Grafen waren.

So. 07.10.2018, 17 Uhr Hugenottenhalle

Barockkonzert Vierfarben Saxophonquartett

Das Vierfarben

Saxophonquartett

präsentiert Werke

aus dem Barock

von Frescobaldi,

Bach, Händel

und anderen.

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Das Stadtmuseum befindet sich seit

1958 im „Haus zum Löwen“, einem

1976 abgerissenen und 1978 original-

getreu wiederaufgebauten ehemaligen

Gasthaus aus dem frühen 18. Jahr-

hundert. Nach einer mehrjährigen

Umbau- und Sanierungsphase öffnete

im Februar 2011 das Museum mit

einer neugestalteten und erweiterten

Dauerausstellung wieder die Pforten.

In der Löwengasse 24 präsentiert seit-

dem das Stadtmuseum seine Dauer-

ausstellung: eine facettenreiche Ge-

schichte von Neu-Isenburg. Themen-

schwerpunkte sind die Gründung und

Entstehung des Dorfes, theologische

Aspekte und Lebensweise der ersten

Hugenotten sowie die wirtschaftliche

und demografische Entwicklung zur

Stadt, anhand ausgewählter Hand-

werks- und Gewerbezweige. Die The-

men der Dauerausstellung werden

durch regelmäßige Sonderausstellung-

en, Veranstaltungen, und museums-

Seite 3 September 2018N E U - I S E N B U R G

Die Ausstellung zu seinem 300. TodestagEs gilt den Grafen vor dem Vergessen zu bewahren

pädagogische Angebote ergänzt. Der

300. Todestag des Stadtgründers von

Neu-Isenburg ist eine dieser Sonder-

ausstellungen, die vom Stadtmuseum

konzipiert und realisiert wurden.

Seit 2016 ist Christian Kunz Muse-

umsleiter und auch Kurator der Aus-

stellung zu Graf Johann Philipp zu

Ysenburg-Büdingen und seine Zeit.

Das Neu-Isenburger Extrablatt hatte

die Gelegenheit während der Aufbau-

phase in den letzten Tagen vor der

Eröffnung, noch mit Christian Kunz

zu sprechen. Hier ist das Interview:

Herr Kunz, welche Größe hat die

Ausstellung insgesamt und was

erwartet den Besucher – speziell

auch bei den Exponaten? Wie viel

Zeit sollte man sich für den Besuch

mitbringen?

Die Ausstellung ist die bislang größte

im Stadtmuseum „Haus zum Löwen“

und verteilt sich über das ganze Haus.

Sie setzt sich zusammen aus 39 Infor-

mationstafeln und 13 hochkarätigen

Exponaten, die zusätzlich ausgeliehen

wurden.

Neben dem einzigen erhaltenen

Originalporträt des Neu-Isenburger

Stadtgründers Graf Johann Philipp,

können wir 300 Jahre alte Bücher aus

der Hofdruckerei Lanoy in Offenbach

sowie eine „Schnepper“-Armbrust,

die Kugeln verschießt, präsentieren.

Sie wurde zur Vogeljagd verwendet.

In der Ausstellung kann man mehrere

Stunden verbringen, es lohnt sich aber

auch die intensive Betrachtung eines

einzelnen Themas an einem Tag und

weitere Besuche an anderen Tagen.

Wie lange haben Sie und ihr Team

an der Ausstellung gearbeitet?

Vom ersten Konzept, über die

Anfrage der geliehenen Objekte

bis zu Realisierung, haben wir

etwa anderthalb Jahre an der

Ausstellung gearbeitet.

Welchen Überblick gibt die Aus-

stellung den Besuchern und was

sind die Themen?

Von Graf Johann Philipp hört in

Neu-Isenburg jedes Grundschulkind,

aber in welcher Zeit hat er überhaupt

gelebt? Wie kleidete man sich, was

hat man gegessen? Wer arbeitete an

einem kleinen Grafenhof?

Was glaubte man, was war umstritten?

Wie wurde gespielt, gejagt, wie hat

man sich unterhalten? Was passierte

um Neu-Isenburg herum und in ganz

Europa? Was waren die Erfindungen

und Entwicklungen 1718?

Diese Fragen und noch einige mehr,

kann man in der Ausstellung erfahren.

Anhand einiger Punkte im Leben Graf

Johann Philipps können detaillierte

Lebensumstände aus der Zeit um 1718

erfahren werden. Die Ausstellung

stellt auch intime Fragen nach Körper-

hygiene und Parfumkultur, zeigt

aktuelle Mode, beschreibt Kunst,

Kultur und Freizeitvergnügen sowie

Ernährungsgewohnheiten der Zeit.

Museumsleiter und Kurator der Ausstellung

Christian Kunz hier im Exklusivinterview

Alexander Fürst von Isenburg und Gemahlin Dr. med. Sarah Fürstin von Isenburg

Was ist das Besondere an der

Ausstellung, warum muss man

sie gesehen haben?

Die Ausstellung möchte auch Sinne

ansprechen, die sonst im Museum

selten bedient werden: An einer Duft-

station kann man die Bestandteile der

ältesten Parfümmarke der Welt, das

Farina Eau de Cologne von 1709

riechen, eine Kostümstation lädt

Kinder ein, sich im Stil des Barocks,

bis hin zur Perücke, zu kleiden und

Barocke Spiele können nachgespielt

werden. „1718 – Graf Johann Philipp

zu Ysenburg – Büdingen und seine

Zeit“ ist also eine Ausstellung für alle

Sinne und für Groß und Klein!

Vielen Dank für das Interview

Stadtmuseum „Haus zum Löwen“

Löwengasse 24

63263 Neu-Isenburg

Öffnungszeiten:

Fr. 17–20 Uhr

Sa., So., Feiertage 11–17 Uhr

Telefon

(0 61 02) 5 60 91 94

Aktuelles

Gruppenführungen nach

Voranmeldung bei: Dagmar Seitz,

Tel.: (0 61 02) 7 47-4 34 oder

Verena Stein-Fuckner,

Tel.: (0 61 02) 7 47-4 16

Eintritt:

Zahle was du willst!

Auch Trauer auf Schloss Birstein

in Hessen

Franz Alexander Fürst von Isenburg

ist tot. Das teilte das Fürstenhaus am

8. Mai 2018 mit. Seine Durchlaucht

sei, so heißt es in der Traueranzeige,

die auch auf der Webseite des Fürsten-

hauses zu finden ist, "nach langem,

mit großer Geduld getragenem Lei-

den“ gestorben. Die Herzen der Bir-

steiner habe er unter anderem mit

seiner Bodenständigkeit und Naturver-

bundenheit gewonnen, berichten die

Medien über den beliebten Adeligen.

Zusammen mit seiner Frau Fürstin

Christine, mit der er im Januar noch

die Goldene Hochzeit feiern konnte,

hat der Fürst fünf Kinder: Katharina

Erzherzogin von Österreich, Isabelle

Fürstin zu Wied und Viktor Prinz von

Isenburg. Die zweite Tochter des Fürs-

tenpaares, Sophie, ist mit Georg Fried-

rich Prinz von Preußen verheiratet.

Haus Isenburg hat

neues Oberhaupt

Das Haus Isenburg kann auf eine

Geschichte zurückblicken, die bis ins

10. Jahrhundert reicht und zählt damit

zu den ältesten Adelsgeschlechtern

Europas. Fürst Franz Alexander war

schon 1956 – damals war er noch ein

Kind – auch Chef des Hauses.

Sein Nachfolger wird nach seinem

Tod nun sein ältester Sohn, Alexander,

der nun den Titel Fürst von Isenburg

trägt. Er hatte bereits seit einigen

Jahren die Geschäfte des Hauses von

Birstein aus geführt. Alexander Fürst

von Isenburg, wurde am 16.6.1969 in

Frankfurt am Main geboren. Seine

Leidenschaft gehört der Hege und

Pflege des Waldes, der Landwirt-

schaft, der Jagd sowie des Schlosses.

So. 20.01.2019, 15 Uhr

Stadtmuseum Haus zum Löwen

Barocke Spiele

Das höfische Spiel war eine

Form des festlichen Zere-

moniells, das mehrere Ele-

mente vereinigte und die Hof-

ordnung repräsentierte.

Fr. 01.02.2019, 18:30 Uhr

Stadtmuseum zum Löwen

Das Leben am Hofe des Grafen

Hirte und Lakai oder Gärtner und Fasanenpfleger

waren übliche Berufe vor 300 Jahren am Hof.

Ein Vergleich mit anderen europäischen Höfen.

Vortrag Christian Kunz

Fr. 07.12.2018, 19 Uhr

Stadtmuseum Haus zum Löwen

300 Jahre Duftgeschichte mit Farina 1709

Die älteste Parfümmarke der Welt.

Johann Maria Farina war der Erfinder

eines Aqua mirabilis, Eau de Cologne

Vortrag Aqua Mirabilis

Fr. 30.11.2018, 18 Uhr

Stadtmuseum Haus zum Löwen

Was nützt die Beschäftigung mit GJP heute?

Wen interessiert eigentlich noch jemand der schon

300 Jahre tot ist? Aber vielleicht lohnt sich doch

mal ein anderer Blickwinkel.

Vortrag von Matthias Loesch, Pfarrer i.R.

So. 18.11.2018, 14 Uhr

Stadtmuseum Haus zum Löwen

Da wir nemlich (…) zu fünf Morgen Aecker ein

Morgen Wiese beyfügen…

Auf unbebauter Wiese entstand das Dorf Isenburg.

Mit dem Isenburger Fuß wurden die Parzellen

vermessen. Wie sahen die Landkarten aus?

Vortrag von Martin Klöffler

Fr. 02.11.2018, 18:30 Uhr

Rathaus Plenarsaal

Vortragsabend mit Gästen aus dem Haus Ysenburg

Gemeinschaftsveranstaltung mit GHK Neu-Isenburg

Sa. 20.10.2018, 14 Uhr

Radtour zu den Zeitzeugen Graf Johann Philipps

Forstamt Langen zeigt Naturdenkmäler der Region.

Wie hat der Wald vor 300 Jahren ausgesehen?

Gemeinschaftsveranstaltung mit Hessen Forst

Do. 18.10.2018, 19 Uhr

Stadtmuseum Haus zum Löwen

Religion und Weltanschauung um 1700

Graf Johann Philipp regierte über Lutheraner,

Katholiken, calvinistische Hugenotten und Juden.

Vortrag von Sven Lichtenegger

Ausstellung und Programm zum 300. Todestag

So. 24.2.2019, 14 Uhr

Stadtmuseum zum Löwen

Finissage der Sonderausstellung

Unter anderem mit „Lieder aus der Zeit“, Führung

durch die Ausstellung, Kinderlaufsteg mit Kostümen.

Serenadenkonzert mit dem Ensemble Avara von

deutschen sowie italienischen Komponisten im

17. und 18. Jahrhundert.

Stolz präsentiert Christian Kunz in der Ausstellung das einzig erhaltene Gemälde des Grafen zu Ysenburg

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Seite 4 September 2018N E U - I S E N B U R G

Programm zur 17. Woche der Toleranz und Mitmenschlichkeit

Wie viel Heimat

braucht der Mensch?

Seine Ansiedelungspolitik war ja

in der Region nicht sehr beliebt.

Was musste der Graf da alles

durchstehen?

In der Tat war die Ansiedlungspolitik

des Grafen Johann Philipp nicht

beliebt. Zum einen störte sich die

freie Reichsstadt Frankfurt am Main

über die unliebsame Siedlung in ihrem

Süden und unmittelbaren Nachbar-

schaft und machte meinem Vorfahren

auf allen Wegen Schwierigkeiten.

Zum anderen hatte Graf Johann

Philipp auch aus seinem eigenen Land

einiges durchzustehen, weil er den

Hugenotten verschiedene Privilegien,

wie z.B. Steuerfreiheit, gestattete, die

in seiner Grafschaft nicht auf frucht-

baren Boden fiel und Neid und Miss-

gunst erzeugte. Es kann nicht nur eine

große Portion Mut gewesen sein die

Hugenotten anzusiedeln; es gehörte

auch sehr viel innere Überzeugung

dazu.

Gibt es noch schriftliche Unterlagen

die zeigen, wie wichtig ihm "sein

Neu-Isenburg" war?

Ja, es gibt Unterlagen die zeigen wie

wichtig dem Grafen Johann-Philipp

sein Neu-Isenburg war. Er hat sich

zum Beispiel regelmäßig über die

Entwicklung von Neu-Isenburg

informieren lassen und sogar

Privilegien verlängert, um den

Hugenotten die Möglichkeit zu

geben sich etwas aufzubauen

und in Sicherheit zu leben.

Vielen Dank für das Interview

So. 09. September, 19:30 Uhr

Cineplace, Beethovenstr. 89a

Nach dem Brand

Film und Gespräch mit Ibrajim Arslan. In

Mölln legten Neonazis in der Nacht zum

23. November 1992 einen Brand im Haus

der türkischstämmigen Familie Arslan.

Mo. 10.09. – 28.09.2018,

Foyer Plenarsaal, Rathaus

„Rechts Außen – Mitten Drin“

Eine Ausstellung über Rechtsextremismus,

Erscheinungsformen und Handlungs-

möglichkeiten.

Alexander Fürst von Isenburg mit dem „Isenburger Fuß“ von 1699 zur Grundstücksvermessung in den Händen

„So war Graf Johann Philipp“Das Interview mit Alexander Fürst von Isenburg

DAS FAMILIENWAPPEN

Das Familienwappen der Grafen und

heutigen Fürsten von Isenburg besteht

aus zwei schwarzen Balken auf silber-

nem Schild. Mit der Erhebung der Bir-

steiner Linie in den Reichsfürstenstand

durch Kaiser Karl VII. im Jahre 1744

war eine Wappenvermehrung verbun-

den. Dies bedeutet, dass dem Stamm-

wappen eine neue Komponente hinzu-

gefügt werden durfte. Es war dies der

„Hardecker Löwe“: Ein nach rechts

blickender, goldener Löwe mit dop-

peltem Schweif auf blauem Schild,

ziert seither das Herzschild auf dem

alten Isenburger Wappen.

Um die Entstehung des Wappens rankt

sich folgende Sage: Kaiser Barbarossa

hatte sich bei einer winterlichen Jagd

im Büdinger Wald verirrt. Bei der ver-

zweifelten Suche nach einem Ausgang

traf er auf einen Köhler. Der erkannte

den Kaiser nicht, führte ihn aber hilfs-

bereit aus dem Wald heraus. Der Kai-

ser gab sich zu erkennen und sprach

zu dem Köhler: „Knie nieder, denn ich

will Dich als Belohnung für die Hilfs-

bereitschaft zum Ritter schlagen.“ Der

Köhler zeichnete mit schwarzen Fin-

gern zufällig zwei Linien im Schnee,

woraufhin der Kaiser sprach: „Dieses

soll Dein Wappen sein, zwei schwarze

Balken auf silbernem Schild“.

Mi. 12. September, 16:00 Uhr

Stadtbibliothek Gravenbruch

Dreiherrensteinplatz

„Das Allerwichtigste“

Von Antonella Abbatiello

Italienisch-Deutsche Vorlesestunde.

Die Tiere des Waldes streiten sich. Der

Igel meint, es sei das Wichtigste, Stacheln

zu haben, die Giraffe hält einen langen

Hals für das Wichtigste und der Vogel,

Flügel zu haben. Ob die kluge Eule eine

Lösung findet?

Bedürfnis nach Zugehörigkeit,

Anerkennung und Sicherheit

Psychologen stellen bei der Beobach-

tung seelischer Prozesse bei Einwan-

derern heute zunehmend fest: es be-

steht das grundlegende Bedürfnis nach

Zugehörigkeit, Anerkennung und Si-

cherheit. Doch dazu gilt es neue Re-

geln des Zusammenlebens zu erlernen,

sich anderen Menschen und vor allem

einer anderen Sprache anzupassen.

Dabei erweist sich Migration und Inte-

gration immer mehr zum zentralen,

gesellschaftlichen Problemfeld.

Das Angebot zum Zusammenleben,

hat den verstörenden Erfahrungen der

Migranten in vielen Städten bisher

wenig Rechnung getragen. Wie geht

Neu-Isenburg mit dieser Situation um?

Einwanderung gibt es in Neu-Isenburg

ja schon seit 1699. Durch seinen

hugenottischen Ursprung kennt Neu-

Isenburg von Anfang an die Heraus-

forderungen und Chancen der Ein-

wanderung.

Die Woche der Toleranz und

Mitmenschlichkeit

Heute ist Neu-Isenburg eine inter-

nationale Stadt geworden, in der Men-

schen aus 122 Nationen leben. Zum

siebzehnten Mal veranstaltet die Stadt,

gemeinsam mit vielen Partnern, die

Woche der Toleranz und Mitmensch-

lichkeit. Der jährliche Termin ist in-

zwischen Tradition in Neu-Isenburg

und bietet vielfältige Möglichkeiten

der Begegnung, der Reflexion, der

Information und des Zusammenfeiern

in unserer immer internationaler wer-

denden Stadt

Mit einem Programm vom 10. August

bis zum 29. Oktober 2018 lädt die

Stadt zum Mitmachen und zum Be-

such ein. Überall kann man teilneh-

men, bei Ausstellungen, Initiativen

und Veranstaltungen.

seinem Doppelleben wissen. Als Dinos

Vater erkrankt und seinen Sohn bittet, den

Fastenmonat Ramadan an seiner Stelle

zum begehen, bekommt der in Religions-

fragen ungeübte Sprössling ein Problem...

Sa. 25. August, ab 13:30 Uhr

Rosenauplatz

Tag der Nationen – Ein Fest der

Integration

Das Fest wird dieses Jahr mit Podiums-

diskussion zum Thema Integration

bereichert. Neben kulinarischen

Spezialitäten gibt es ein abwechselndes

Programm.

Die Gründungsgeschichte der Stadt ist

die Geschichte von Graf Johann

Philipp, der bis zu seinem Tod vor 300

Jahren als weitsichtiger und toleranter

Regent wirkte. Seine Leistung als

Landesherr ist immer mit seiner An-

siedelungspolitik in Verbindung zu

bringen, als er nämlich aktiv Immi-

granten anwarb, vor allem die Huge-

notten, aus Frankreich. Und aller An-

fang ist bekanntermaßen schwer: denn

schon damals, wurde die „Immigra-

tion“ von anderen Fürsten, Landgrafen

oder Landesherren, vehement verhin-

dert, oder versucht zu verhindern. Wie

sich die Zeiten gleichen…

Als „Integration“ noch

ein Fremdwort war

Dass die Integration in den ersten

hundert Jahren – das heißt in diesem

Falle das Zusammenleben der Huge-

notten mit den Anderen in der Region

– nicht funktionierte konnte, war auch

für den Graf nur schwerlich in den

Griff bekommen. Die Streitigkeiten

mit den „Nachbarn“ waren Streitig-

keiten um Wälder, Weiderechte, Fel-

der, Äcker und Wiesen. Denn am An-

fang war es der Kampf ums tägliche

Überleben, um Nahrung und Aus-

kommen, dass die Hugenottenfamilien

beschäftigte.

Damit die Hugenotten überhaupt über-

leben konnten, gewährte der Graf den

Mittellosen großzügige Hilfe beim

Häuserbau. 1702 baute der Graf dann

auf eigene Kosten auf dem zentralen

Platz ein kleines Rathaus. Danach

folgte das erste Schulhaus und die

erste Kirche. Natürlich wurde überall

französisch gesprochen, denn es gab ja

keine anders sprechenden Einwohner.

Mit dem vermehrten Zuzug von Deut-

schen, wurde die Sprache zur Grün-

derfrage: Deutsche sollten also ihre

Kinder in die französische Schule

schicken. Für alle, die kein französisch

sprechen, soll es allerdings einmal im

Monat einen Gottesdienst in Deutsch

geben. Doch um diese Verfügung

scherte sich der französisch-reformier-

te Pfarrer allerdings wenig, da die

Franzosen eine Schmälerung ihrer

Rechte nicht dulden wollten.

Randale in der Kirche

Heute unvorstellbar aber war: am 18.

Januar 1761 besetzten die deutsch-

sprachigen Neu-Isenburger die evan-

gelische Kirche am Marktplatz. Kaum

hatte der lutherische Pfarrer die Kann-

zel betreten, drangen hugenottische

Franzosen ein und rissen den Pfarrer

von der Kanzel. In der Folge entstand

ein Tumult in der Kirche, der in eine

Schlägerei ausartete. Von da an wurde

jeden Sonntag auch ein Gottesdienst

auf deutsch gehalten. Deutsch wurde

erst 1829 offizielle Amtssprache.

Fr. 10. August, 16.00 Uhr

Westend-Bibliothek, Alicestr. 107

Kinder-Lese-Reise: Kroatien

Zweisprachige Vorlesestunde für Kinder

ab 5 Jahren.

Fr. 24. August, 20:30 Uhr

Rosenauplatz Hugenottenhalle

Open Air Kino „Fasten auf Italienisch“

Dino Fabrizzi ist ein cooler Typ,

doch hat ein Geheimnis, er heißt Mourad

Ben Saoud und ist Sohn algerisch-

stämmiger Einwanderer, die nichts von

Das Foto entstand auf dem Schloss

Bierstein, dass seit 1517 die Residenz

der Fürsten von Isenburg ist. Dort fra-

gen wir den Fürsten:

In welcher Linie stehen Sie zu Graf

Johann Philipp?

Graf Johann Philipp, der Stifter und

Gründer der Stadt Neu-Isenburg war

der jüngere Bruder meines Ur-ur-ur-

ur-ur-ur-Grossvaters. Da er ohne

Erben verstarb, fiel seine Grafschaft,

aufgrund von Erbverträgen, an seinen

älteren Bruder, der in Birstein lebte,

zurück. Offenbach blieb Regierungs-

sitz der beiden wieder vereinten

Linien und somit meines Hauses.

Woher kam diese Motivation sich für

hugenottische Flüchtlinge

einzusetzen?

Die Motivation sich für hugenottische

Flüchtlinge einzusetzen war vielfältig.

Zum einen, und wichtigsten, war die

Verbindung im Glauben. Mein

Vorfahre war auch Protestant.

Es war Graf Johann Philipp ein

Herzensanliegen seinen Brüdern im

Glauben beizustehen und ihnen die

Möglichkeit zu eröffnen in seinem

Land, nach der Vertreibung und

Flucht aus Frankreich, einen Neu-

anfang in Sicherheit zu wagen.

Zum anderen waren die Hugenotten

als tüchtige Handwerker bekannt.

Es kann daher vermutet werden, dass

Graf Johann-Philipp auch auf wirt-

schaftliche Impulse für seine Graf-

schaft hoffte, die von den Hugenotten

ausgehen konnten und sollten.

Mi. 29. August, 15:00 Uhr

Stadtteilzentrum Westend

Maud Gonne – ein Leben für Irland

Er war der Paradiesvogel des irischen

Freiheitskampfs sehr groß, sehr glamourös,

sehr eigensinnig. 100 Jahre nach dem

Osteraufstand in Dublin, dem Fanal der

irischen Unabhängigkeit, ist sie noch

immer eine Ikone des geistigen und

militanten Widerstands.

Lesung mit Elesemarie Maletzke.

Die Autorin lebt und arbeitet als

Herausgeberin und freie Journalistin

in Frankfurt.

Page 5: Neu-IsenburgerExtrablatt · Odo Marquard: Zukunft braucht Herkunft ALTE NEUE WELT S. 1 Neu-IsenburgerExtrablatt Nr. 61 * 2018 Freitag 28. September Neues Fotoprojekt: In Neu-Isenburg

Seite 5 September 2018N E U - I S E N B U R G

Programm zur 17. Woche der Toleranz und Mitmenschlichkeit

Vermittlerpool

Der Vermittlerpool der Stadt Neu-

Isenburg wird aktuell neu aufgelegt.

Gesucht werden ehrenamtlich enga-

gierte Isenburgerinnen und Isenburger

mit oder ohne Migrationshintergrund.

Ihre Aufgabe wird sein, in Situationen,

in denen aus sprachlichen und/oder

kulturellen Gründen Kommunikation

misslingt oder schwierig wird, Hilfe

zu leisten. Informationen: Frau Müller

Internationaler Frauentreff

Ein monatlicher Nachmittags-Treff für

alle Frauen. Jeden letzten Samstag im

Monat von 15:00 bis 18:00 Uhr im

Stadtteilzentrum West (Kurt-Schuma-

cher-Straße 8). Kontakt und Informa-

tionen: Koordination Stadtteilzentrum

West, Frau Lack: Tel. 06102-241456

Sportcoach für geflüchtete

Menschen

Im Jahr 2016 wurde Neu-Isenburg in

das Förderprogramm „Sport und

Flüchtlinge“ aufgenommen. Frau Ayse

Tschischka ist als Sportcoach bei der

Integration von zugewanderten und

geflüchteten Menschen in Neu-Isen-

burg unterwegs diese zu unterstützen

in der Gesellschaft Fuß zu fassen.

Runder Tisch der Religionen

Seit dem Jahr 2011 lädt das Integra-

tionsbüro der Stadt Neu-Isenburg zwei

Mal im Jahr Vertreterinnen und Ver-

treter verschiedenen Religionen und

Glaubensgemeinschaften der Stadt ein,

um ins Gespräch zu kommen und ge-

meinsam über aktuelle Themen zu dis-

kutieren. Die Treffen finden im Tur-

nus der jeweiligen Einrichtungen statt.

Projekt Rechtsstaatsklassen an der

Brüder-Grimm Schule

Das hessische Justizministerium führt

flächendeckend ein Programm mit

sechs Modulen zu den Themen Demo-

kratie und Rechtsstaat, Asylverfahren,

Gleichberechtigung, Arbeitsmarkt, So-

ziales und Familie für geflüchtete

Menschen durch. Das Programm soll

in Naher Zukunft gemeinsam mit der

Brüder Grimm Schule durchgeführt

werden. Informationen Frau Müller

Information für alleinerziehende

Mütter mit Migrationshintergrund

Am 17.10. 2018 findet um 14 Uhr eine

Informationsveranstaltung der ProAr-

beit für alleinerziehende Frauen mit

Migrationshintergrund statt. Anmel-

dung und Information bei Integrations-

büro, Frau Müller

Mieterqualifizierung für Menschen

mit Migrationshintergrund

Ende November startet die Stadt Neu-

Isenburg das Projekt „Fit für die ei-

gene Wohnung!“ Die Teilnehmer er-

halten nach 5 Modulen ein Zertifikat.

Informationen: Frau Müller

Sa. 22. September, 10:00-15:00 Uhr

St. Christoph Gravenbruch

Internationaler Kochkurs

Marokkanische, türkische und deutsche

Gerichte. Teilnahmegebühr 12 €

Mo. 24. September, 19:30 Uhr

Buchenbuschgemeinde

Kunstprojekt „O-ToNne“

Ein Kunstprojekt von Tobias Boos.

Mi. 26. September, 19:00 Uhr

Cineplace, Beethovenstraße 89a

Die Schattenseite der Mode

Dokumentarfilm zur Textilbranche.

Die 17. Woche der

Toleranz und Mit-

menschlichkeit bietet

mit ihren vielen Pro-

grammpunkten – an-

lässlich des 300. To-

destags des toleran-

ten und weitsichtigen

Stadtgründers – eine

Vielzahl von gelung-

enen Beispielen für

Integration und Viel-

falt. Das Neu-Isen-

burger Extrablatt hat

deshalb das 2013 be-

gonnene Fotoprojekt

„In Neu-Isenburg zu

Hause“, fortgesetzt.

Die Hugenottenbank

steht diesmal im Fo-

kus der Aufnahmen.

Das Fotoprojekt soll ein lebendiges

Miteinander aufzeigen, das von kultu-

reller Freiheit und Vielfalt geprägt ist.

Auf insgesamt 15 Fotomotiven werden

Integrationsthemen aufgezeigt, die alle

eines gemeinsam haben: Sie sind am

gleichen Ort zu Hause und scheinen

sich dort wohl zu fühlen.

Diesmal nehmen die Protagonisten auf

einer Bank platz, die im letzten Jahr

von Flüchtlingen aus Neu-Isenburg er-

stellt wurde und sich mit der Flucht

der Hugenotten beschäftigt. (Siehe Be-

richt „Die preisgekrönte Bank“).

Altes Rathaus als Hintergrund

Als Hintergrund für die Fotos wurde

bewusst das „Relief des Alten Rat-

hauses“ gewählt, zu sehen im Rathaus

Hugenottenallee im 1. Stock. Kein an-

deres Symbol steht für den Stadt-

gründer Graf Johann Philipp, wie das

Alte Rathaus, welches 1876 wegen er-

wirkter Baufälligkeit und wegen des

vorherigen Krieges gegen die Franzo-

sen, aus Hass abgerissen wurde. Auf

der Hugenottenbank sitzend, zeigen

die neu angekommenen Isenburgerin-

nen und Isenburger, wie man vonei-

nander Lernen und sich gegenseitig

helfen kann. Die Entdeckung von ge-

teilten Gemeinsamkeiten verbindet

und die Wahrnehmung von Unter-

schieden erzeugt Bewegung.

Fr. 28. September, ab 10:00 Uhr

Weltladen in der Lessingstraße

Banana Fairday

Bundesweiter Aktionstag zum Abschluss

der Fairen Woche 2018.

Fr. 29. September, 15:00 Uhr

Stadtbibliothek Neu-Isenburg

Kinder-Lese-Reise „Kongo“

Zweisprachige Vorlesestunde.

Fr. 05. Oktober, 15:00 bis 18:00 Uhr

Ev. Gemeinde Gravenbruch

Kreativtag

Kunsthandwerke ausprobieren.

In Neu-Isenburg zu HauseNeues Fotoprojekt zum 300. Todestag des Stadtgründers

Die Gründung

der Colonie

Zeichnung: Arthur-Peter Wickerath

Vor 319 Jahren wurde Neu-Isenburg

auf einer Lichtung mitten im Wald

von 30 Hugenotten gegründet. Das

Dorf wurde als „welsches Dorf“ be-

zeichnet: es bedeutet „Ausländerdorf.“

Heute leben und arbeiten über 120 Na-

tionen in unserer Stadt, eine Stadt die

noch nie so international war, wie

heute. Die jährlich stattfindende Wo-

che der Toleranz und Mitmenschlich-

keit bietet vielfältige Möglichkeiten

der Begegnung, der Reflektion, der

Information und des Zusammenfeiern.

INTEGRATION UND VIELFALT

Integration wird innerhalb der Stadt-

verwaltung im Fachbereich Soziales,

Wohnungswesen, Integration, wahrge-

nommen.

Fachbereichsleiterin ist:

Cornelia Mateos

Ansprechpartner Flüchtlingsarbeit

und Arbeitsmarktintegration:

Alexander Gerstenberger-Vogt

Monika Semsroth (Allgemeine

Aufgaben der Flüchtlingsarbeit)

Integrationsbüro:

Stefanie Müller

Tel. 06102-241763

integrationsbuero@stadt-neu-

isenburg,de

Migrationsberatungsstelle (KUBI)

Herr Ismet Küpelikilinc,

Rathaus, Hugenottenallee 53

Dienstag, 09:30 - 13:00 Uhr

Donnerstag, 14:30 – 16:30 Uhr

Tel. 0177 - 63620052

Die Stadt hat ein umfangreiches Bün-

del an Projekten und Veranstaltungen:

Integrationskurse

Seit Februar 2009 bietet Neu-Isenburg

Integrationskurse an. Sie bestehen aus

einem Sprach- und einem Orientie-

rungskurs und umfassen insgesamt

645, bzw. 945 Unterrichtseinheiten.

Ziel des Sprachkurses ist der Erwerb

"ausreichender" Sprachkenntnisse Ni-

veau B1. Am Ende des Kurses legen

die Teilnehmerinnen und Teilnehmer

eine Prüfung ab. Kontakt: vhs Neu-

Isenburg e.V. Bahnhofstraße 2

Telefon: 254746

Sa. 15. September, 15:00 Uhr

Weltladen in der Lessingstraße

10 Jahre Weltladen Neu-Isenburg

Ein Fest für Alle!

So. 16. September, 10:00 Uhr

Ev.-ref. Buchenbuschgemeinde

Gottesdienst in ca. 15 Sprachen

Im Anschluss internationaler Imbiss,

Begegnung und Austausch.

17. bis 28. September,

Rathaus Neu-Isenburg

Der Faire Handel der Weltläden

Ausstellung zum 10-jährigen Jubiläum.

Deutschkurs für Mütter

mit Migrationshintergrund

Das Thema „Sprache“ spielt nach wie

vor eine große Rolle. Insbesondere für

Mütter mit kleinen Kindern ist es

schwierig, an Sprachkursen teilzuneh-

men. Daher gibt es das Angebot. Der

Kurs findet immer montags und

donnerstags von 9.00 Uhr bis 13.00

Uhr im Jugendbüro statt. Es gibt eine

Kinderbetreuung. Das Sprachniveau

ist „Anfänger“ (Alphabetisierung) und

„Fortgeschrittene“.

Sprachpaten

Das Projekt hat als Ziel, Partnerschaf-

ten zwischen deutschsprachigen Isen-

burger/innen und Zugewanderten zu

bilden. Diese sollen an erster Stelle da-

zu dienen, Migranten/innen beim Er-

lernen der deutschen Sprache zu un-

terstützen. Zum anderen ermöglicht

das Projekt allen Beteiligten, Einblicke

in andere Denk- und Lebensweisen zu

erhalten und neue Kontakte zu knüp-

fen. Für beide Seiten ist es wichtig,

solche persönlichen Kontakte aufzu-

bauen und zu pflegen, um Vorurteilen

und dem Rückzug in die jeweils ei-

genen Gruppen entgegenzuwirken.

Weitere Informationen: Flüchtlings-

hilfe Neu-Isenburg e.V.

Mutter-Kind- Spielkreis

Der Spielkreis trifft sich immer diens-

tags und freitags von 10.00 Uhr bis

12.00 Uhr im Jugendbüro. Unter einer

ehrenamtlichen Anleitung erhalten die

Frauen die Möglichkeit, sich auszu-

tauschen, mit ihren Kindern zu spielen

oder zu singen. Dabei soll gemeinsam

mit den Kindern spielerisch die deut-

sche Sprache erlernt werden. Mütter

und Kinder sind bereits teilweise seit

2015 in Neu-Isenburg zu Hause.

Mi. 19. September, 15:00 Uhr

Stadtteilbibliothek Zeppelinheim

Huch! Wir kriegen Besuch!

Bilderbuchkino. Vorlesereihe: Kinder

lesen für Kinder.

Mi. 19. September, 10:00 Uhr

Treff im Quartier IV, Luisenstraße

Frauenfrühstück

Als Sport Coach unterwegs.

Do.20. September, 20:00 Uhr

Ev.-ref. Buchenbuschgemeinde

Stellung beziehen gegen Rechts

Vortrag und Diskussion.

Die preisgekrönte Bank

Eine kunstvoll gestaltete Bank steht

seit über zwei Jahren im Eingangs-

bereich des Neu-Isenburger Rathauses.

David Distelmann, Lehrer an der Drei-

eicher Max-Eyth-Schule, hat sie im

Unterricht mit Flüchtlingen in seiner

Integrationsklasse gebaut (siehe Foto

unten). Letztes Jahr hat die „Hugenot-

tenbank“ den Förderpreis beim Wett-

bewerb „Demokratisch Handeln“ ge-

wonnen.

Das Sitzmöbel mit den schwarz-rot-

goldenen Lehnen ist mit dem Huge-

notten- und Waldenserpfad bemalt und

zeigt einen Kartenausschnitt des 2000

Kilometer langen Kulturfernwegs. Der

gleichnamige, in Neu-Isenburg ansäs-

sige Verein war nämlich der Anstoß-

geber für die Bank. Auf der Sitzfläche

haben die Jugendlichen ihre eigenen

Migrationsgeschichten einfließen las-

sen. „Sie alle sind seit maximal zwei

Jahren hier in Deutschland“, so Distel-

mann.

Die Juroren waren begeistert von der

blau-grünen Bank und der Botschaft,

die sie ausstrahlt: Wer darauf sitzt, ist

nicht mehr unterwegs, ist angekom-

men. Grund genug also diese Huge-

nottenbank im Rahmen des Fotopro-

jektes „In Neu-Isenburg zu Hause“

weiter zu Ehren kommen zu lassen.

Do. 25. Oktober, 19:30 Uhr

Buchenbuschgemeinde

Kino Abend „Rabbi Wolff“

Der ungewöhnlichster Rabbiner der Welt

So. 28. Oktober, 10:00 Uhr

Buchenbuschgemeinde

Filmgottesdienst

Kinofilm „Rabbi Wolff“.

Anschließend Diskussion mit Frühstück

Mo. 29. Oktober, 16:00 Uhr

Jüdische Gemeinde Darmstadt

Rabbi Jehoshua Ahrens

Exkursion zu einer Synagoge

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12 Millionen recycelte

Plastikflaschen für Bottich-

Produktion

Recycelte Plastikflaschen werden für die

Produktion der Bottiche verwendet (©

Grundig Intermedia GmbH)

Im Bereich Waschen hat Grundig ein

neues Produktionsverfahren entwick-

elt, das sowohl die Umweltverschmut-

zung durch nicht recycelte Kunststoffe

minimiert, als auch die Kohlendioxid

emissionen dank gesteigerter Energie-

einsparungen verringert. Mit diesem

Verfahren ist Grundig in der Lage,

recycelte Plastikflaschen bei der Pro-

duktion von Bottichen für alle Wasch-

trockner-Modelle zu verwenden. Die

aktuelle Bilanz: Bei 200.000 produ-

zierten Waschtrocknern wurden circa

12 Millionen Kunststoffflaschen à 500

ml verwendet.

90 Prozent recycelte Materialien:

der Bodyguard Staubsauger von

Grundig

Besonders nachhaltig: der Grundig Body-

guard Staubsauger (© Grundig Inter-

media GmbH)

Mit dem Bodyguard Staubsauger stellt

Grundig ein umweltfreundliches Pro-

dukt vor, dass einen wegweisenden

Schritt darstellt, um Erdölprodukte –

wie Kunststoff – zu recyceln und die

weltweite Belastung der Mülldeponien

deutlich zu senken.

Im April 2018 wurde Arçelik, die

Muttergesellschaft von Grundig, be-

reits für diese nachhaltige Produk-

tionsweise ausgezeichnet. Von der

Plastics Recycling Show (PRS) Eu-

rope erhielt das Unternehmen den

„Recycled Plastic Consumer Lifestyle

Product of the Year“1 Award, da für

die Herstellung des Bodyguard Staub-

saugers 90 Prozent der Kunststoffma-

terialien aus den Elektro- und Elek-

tronikaltgeräten (EEAG) der Arçelik

Recyclinganlagen verwendet wurden.

Sauberes Grundwasser,

ein recycelter Staubsauger

und die intelligente

Wiederverwendung von

Fischernetzen unterstrei-

chen die Nachhaltig-

keitsstrategie von Grundig

auf der IFA 2018.

Berlin/Neu-Isenburg Mit den auf der

IFA 2018 vorgestellten Technologien

bestärkt Grundig sein anhaltendes

Engagement, Produkte für die wachs-

enden Anforderungen der Verbraucher

zu entwickeln, die gleichzeitig für

mehr Nachhaltigkeit im Haushalt sor-

gen und die Umwelt schonen.

Neu gedacht: recycelte Fischernetze

für Grundig Öfen

Kunststoffabfälle, die sich in großen

Mengen im Wasser ansammeln, stel-

len eine große Bedrohung für Tiere

dar. Verloren gegangene Fischernetze

sind die Haupttodesursache von einer

halben Million Meereslebewesen pro

Jahr, einschließlich Fischen, Krusten-

tieren, Meeressäugern und Meeres-

schildkröten. Grundigs Beitrag für die

Reduzierung der Meeresverschmut-

zung umfasst das Recyceln von Fisch-

ernetzen und dessen nützliche Ver-

wendung in Haushaltsgeräten des

Unternehmens.

So wurden Verbundstoffe auf Nylon-

basis mit hoher mechanischer Festig-

keit und Wärmebeständigkeit aus

recycelten Fischernetzen sowie Textil-

und Schrottabfällen entwickelt, die zur

Produktion von Ofenteilen verwendet

werden. Bis Ende 2018 werden ins-

gesamt 65 Tonnen dieser Abfallstoffe

recycelt, um daraus verbesserte Ny-

lonverbundstoffe herzustellen.

Ab September 2018 werden die recy-

celten Materialien bereits in Grundig

Öfen eingesetzt (wie zum Beispiel bei

Display-Abdeckungen von Öfen, Tei-

len des Kühlgebläses oder Halterun-

gen für die Elektroniksteuerung). Ca.

30 Komponenten des gesamten Haus-

gerätesortiments stehen 2019 dann für

die Serienproduktion zur Verfügung.

Im kommenden Jahr soll sich der

Verbrauch der recycelten Materialien

auf Nylonbasis auf insgesamt 330

Tonnen erhöhen, indem die Nutzung

der Materialien auch auf andere

Produktkategorien ausgedehnt wird.

Filtersystem für Grundig

Waschmaschinen sorgt für sauberes

Grundwasser

Einen weiteren Lösungsansatz im Ein-

satz gegen die Umweltverschmutzung

liefert Grundig mit einer neuartigen

Filtertechnologie. Mit dem Filtersys-

tem, das in der Waschmaschine inte-

griert ist, werden 99 Prozent der Stoff-

mikrofasern aus dem Wasser gefiltert.

Neben dem positiv geleisteten Beitrag

für sauberes Grundwasser und einem

gesunden Ökosystem soll damit auch

das Bewusstsein für dieses Problem

und das Verantwortungsgefühl der

Menschen für eine bessere Umwelt

gefördert werden.

Arçelik führt seit 2014 eine Kampagne

durch, bei der gebrauchte Haushalts-

geräte in speziell dafür vorgesehenen

Recycling Zentren wiederverwertet

werden. Mit innovativen Verfahren

werden die Kunststoffmaterialien aus

diesen Second-HandGeräten entfernt

und im Bodyguard Beutelstaubsauger

von Grundig wiederverwertet

Über Grundig Intermedia Grundig:

Intermedia ist einer der führenden An-

bieter von Produkten aus den Berei-

chen Unterhaltungselektronik sowie

kleine und große Haushaltsgeräte. Mit

einem Portfolio von über 500 ver-

schiedenen Produkten – von Ultra

HD-TVs und mobilen Audiogeräten

über Hairstyler, Bodenstaubsauger und

Küchengeräten – bietet die Marke für

jeden Raum im modernen Zuhause

eine Lösung.

Als europäischer Vollsortimenter setzt

Grundig mit seinen Home-Electronics-

Produkten kontinuierlich neue Maß-

stäbe mit dem Fokus auf Qualität,

Design und Innovation. Grundig ist

Teil von Arçelik A.S., die Nummer

drei in Europa im Bereich Elektro-

großgeräte und Teil der international

tätigen, börsennotierten Koç-Gruppe

mit über 80.000 Mitarbeitern.

Weltweit arbeiten über 1.000 Mit-

arbeiter in Forschung & Entwicklung,

um zukunftsweisende und umwelt-

freundliche Produkte herzustellen. Am

Standort Neu-Isenburg sind die Be-

reiche Marketing, Vertrieb, Produkt-

und Qualitätsmanagement sowie Lo-

gistik und Service für den deutschen

Markt angesiedelt. Grundig Produkte

werden hauptsächlich in eigenen Pro-

duktionsstätten in Europa produziert

und in über 55 Ländern weltweit

vertrieben. Mehr: www.grundig.de.

Wissenschaftler tüfteln weltweit da-

ran, wie Kunststoffe anderweitig her-

gestellt werden können, als wie her-

kömmlich aus Erdöl. Und manche

Möglichkeiten, um Plastik zu vermei-

den, haben sich auch schon durch-

gesetzt. Hier ein Überblick:

Papier- statt Plastiktüten

Wenn es nur so einfach wäre: Statt

Plastiktüte kauft man sich im Super-

markt schnell einen aus Papier und hat

schon damit die Umwelt gerettet. Das

ist falsch. Denn laut Naturschutzbund

Deutschland fängt eine Papiertüte erst,

wenn sie vier Mal benutzt worden ist,

an, ökologischer zu sein als ihr Plas-

tik-Pedant.

Auch Baumwolltaschen sind nur dann

ökologisch sinnvoller, wenn sie häufig

genutzt werden. Hundertmal so oft wie

eine normale Plastiktüte müssen sie im

Einsatz sein, um die schlechtere Kli-

mabilanz auszugleichen. An der Kasse

eine kaufen und sie dann auf einen

großen Stapel im Schrank legen, hilft

der Umwelt also nicht.

Biokunststoff PLA

Bereits vielfach eingesetzt wird der

Biokunststoff Polylactid (PLA). Er

wird auf Basis vom Milchsäure und

Maisstärke hergestellt. PLA und ande-

ren Kunststoffen sind seit vielen Jah-

ren etabliert, zum Beispiel im medi-

zinischen Bereich als Verpackungen,

Die Wachsmotte und Ideonella sind

nicht allein: Neben ihnen gibt es

unter anderem auch Pilze und En-

zyme, die Plastik abbauen – ihr

Tempo reicht aber (noch) nicht aus.

Teller aus Blättern

Inspiriert von einer Reise nach In-

dien ist im Jahr 2013 das Start-Up

„Leaf Republic“ gegründet worden:

Der Firmengründer Pedram Zolgadri

sah dort Menschen, die ihre Mahl-

zeiten von Blättern aßen. Die Idee

fand er so gut, dass er sich nach

Deutschland mitbrachte. Die Teller

und Schüsseln aus Blättern einer in-

dischen Schlingpflanze werden von

einer eigens entwickelten Maschine

in Taufkirchen bei München in

Form gepresst. Auf dem Kompost

verrottet das Einweggeschirr nach

Unternehmensangaben innerhalb

von vier Wochen. Der Haken: Die

Blätter werden aus Indien importiert,

die Klimabilanz ist nicht Lupenrein.

Fazit

Wirklich nachhaltig ist also nur der

Versuch, möglichst wenig Müll zu

verursachen.

U M W E L T & K L I M A

„NACHHALTIG“

Die Kolumne:

Folge 4

Seite 6 September 2018

Plastik in neuer Mission:

Recycelte Materialien für nachhaltige

Haushaltsgeräte

NACHHALTIG

Kunststoffe ander-

weitig herstellen?

Petra Klink

Wegwerfbesteck oder Mulchfolien in

der Landwirtschaft. Auch in 3D-

Druckern kommt PLA zum Einsatz.

Der Kunststoff ist biologisch abbau-

bar, allerdings braucht es dafür be-

stimmte Umweltbedingungen, die in

der Natur kaum vorkommen, zum

Beispiel hohe Temperaturen. Er ist al-

so keine Option für den heimischen

Kompost. Selbst in industriellen Kom-

postieranlagen dauert der Vorgang ge-

raume Zeit.

Lebende Plastikfresser

Vielleicht auch einen Lösung: Die

Larven der Großen Wachsmotte

fressen den Kunststoff Polyethylen

(PE). Er besonders häufig benutz und

ist biologisch sehr schwer abbaubar.

Ein Forschungsteam in Spanien fand

heraus, dass hundert dieser Larven in

zwöf Stunden rund 92 Milligramm

einer normalen Einkaufstüte fressen.

Es bräuchte also sehr viele Larven für

die großen Mengen Müll, die weltweit

anfallen.

2016 entdeckte das Institut für Tech-

nologie in Kyoto ein Bakterium names

Ideonella sakaiensis. Es kann PET-

Flaschen verdauen. Selbst bei opti-

malen Bedingungen braucht aber auch

das Bakterium noch zu lange, um ein

kleines Stück Kunststoff zu zersetzen.

Handy-

sammel-

aktion!

Abfallaufkommen aus Elektro- und Elektronikgeräten

Die Nutzungsdauer der meisten Elektrogeräte ist begrenzt.

Vielfach gehen die Geräte nach einigen Jahren kaputt oder

es gibt neue Entwicklungen, die die vorhandenen Geräte

„alt“ aussehen lassen. Gerade die Entwicklung im Bereich

Computer- und Handytechnik ist rasant. Viele erst neu ge-

kaufte Geräte sind nach einem oder zwei Jahren nicht mehr

auf dem neuesten Stand und werden ersetzt. Obwohl die

meisten Geräte noch funktionieren. „Hier wollen wir etwas

tun“ sagt Petra Klink, Vorstand der DLB AöR. „Sowohl

privat als auch bei meiner täglichen Arbeit ist das Smart-

phone nicht mehr wegzudenken. Der Trend immer auf dem

neuesten Stand der Technik zu sein geht an vielen nicht

spurlos vorüber. So lagern nach aktuellen Schätzungen Mil-

lionen Mobiltelefone ungenutzt in deutschen Haushalten.

Deshalb haben wir uns entschlossen an der Handysammel-

aktion „Verbindung getrennt? Loslassen für die Zukunft!“

der Nachhaltigkeitsstrategie Hessen teilzunehmen. Bis Ende

des Jahres steht auf dem Wertstoffhof in Neu-Isenburg eine

Handysammelbox bereit, um ihnen eine Alternative zum E-

Schrottcontainer anzubieten. Noch funktionsfähigen Geräte

werden nach der sorgfältigen Löschung der Daten in Europa

und Asien weiterverwendet. Defekte Geräte werden zu Gra-

nulat zerkleinert. Spezialisierte Recyclingunternehmen neh-

men schließlich die Rückgewinnung von (Edel-)Metallen

(Kupfer, Gold, Silber, Palladium) aus dem Granulat vor. Bis

zu 100 % der eingesetzten Materialien lassen sich als recy-

celte Metalle oder zur Energieerzeugung weiterverwenden.

Mehr Informationen:

www.dlb-aoer.de

Page 7: Neu-IsenburgerExtrablatt · Odo Marquard: Zukunft braucht Herkunft ALTE NEUE WELT S. 1 Neu-IsenburgerExtrablatt Nr. 61 * 2018 Freitag 28. September Neues Fotoprojekt: In Neu-Isenburg

Was ist das Contracting-Netzwerk

Hessen CNH?

Das Contracting-Netzwerk Hessen ist

eine Plattform zum Informations- und

Erfahrungsaustausch. Das CNH ist

eine Initiative des Hessischen Minis-

teriums für Wirtschaft, Energie, Ver-

kehr und Landesentwicklung und hat

sich als wirkungsvolles Instrument bei

der Umsetzung von Energieeffizienz-

maßnahmen in Hessen etabliert.

Das Contracting-Netzwerk Hessen

trägt dazu bei, dass weitere potenzielle

Zielgruppen für Contracting von den

bereits in Hessen gesammelten Erfah-

rungen profitieren können. Durch den

Austausch erweitert und aktualisiert

sich das Netzwerk selbst, es wächst

sozusagen mit seinen Aufgaben. Als

Plattform informiert das CNH zu den

Chancen und Möglichkeiten von

Contracting und zu den Angeboten

des Bundes und des Landes Hessen.

Ihr Ansprechpartner

Alexander Becker

0611 95017-8942

[email protected]

benötigt Unterstützung, kann sie sich

auch mit meinen Kollegen der LEA-

Fördermittelberatung in Verbindung

setzen.

Was sind zurzeit wichtige Themen im

Bereich Gebäude-Energieeffizienz,

Nutzung erneuerbarer Energien?

In der Vergangenheit hat man sich in

der Analyse der Energieeinsparungen

und Nutzung der erneuerbaren Ener-

gien auf ein Gebäude bezogen. Der

Ansatz in größeren Maßstäben zu

denken, wie bei Installation von

Wärmenetzen, hat die Entwicklung

befördert für ganze „Stadtquartiere“

Energiekonzepte zu entwickeln.

Die Entwicklung von sogenannten

„energetischen Quartierskonzepten“

wird staatlich bezuschusst und ist ein

wichtiger Baustein in der gesamtheit-

lichen Betrachtung nachhaltiger

Stadtentwicklung.

Ihr Ansprechpartner

für Kommunen

Jürgen Werner

0611 95017-8628

[email protected]

Herr Becker, was verbirgt sich hinter

dem Begriff „Contracting“?

Contracting ist eine umfangreiche

Energiedienstleistung. Im Bereich der

Modernisierung, sowie der Neuerrich-

tung von Energieanlagen finden die

Modelle ihre Anwendung. In der Re-

gel bietet der Contractor die Planung,

die Installation, den Betrieb, sowie die

Finanzierung von Energieanlagen an:

es gibt Angebote für Energiespar-,

Energieliefer-, Betriebsführungs-

Contracting, Pachtmodelle, Ener-

giesparpartnerschaften, etc.

Für wen ist Contracting interessant?

Contracting ist grundsätzlich für alle

Arten von Unternehmen, für Kommu-

nen und für private Haushalte attraktiv

und kann durch Einsparung von Ener-

giekosten und Treibhausgasen einen

Beitrag zur Energiewende leisten. Für

jede dieser Zielgruppen und deren An-

forderungen und Bedürfnisse gibt es

passgenaue Contracting-Angebote

Welche Maßnahmen können konkret

ergriffen werden?

Es ist immer abhängig vom Zustand

des Gebäudes. Wichtig es jedoch,

wenn man verschiedene Energiespar-

maßnahmen plant, sich vorab genau zu

überlegen, welche Maßnahmen man

nacheinander durchführt. Es sollte

zum Beispiel bei einer Dachsanie-

rung überlegt werden, ob der Dach-

überstand für die spätere Dämmung

der Außenwand ausreichend ist.

Eine nachträgliche Änderung dieses

Details erzeugt höhere Kosten. Um

diese Fehler zu vermeiden, hilft ein

sogenannter Sanierungsfahrplan. Die

Energieberatung vor Ort und die Er-

stellung eines Sanierungsfahrplans für

Privatgebäude wird staatlich gefördert

(www.bafa.de).

Zusätzlich können sich Bürgerinnen

und Bürger Unterstützung und hilf-

reiche Tipps von den Kollegen der

Hessischen Energiespar-Aktion (Anm.

d. Red.: ebenfalls ein LEA-Angebot)

bekommen.

Gibt es Fördermöglichkeiten?

Für Kommunen in Hessen gibt es

umfassende Förderungen durch das

Hessische Energiezukunftsgesetz. Hat

sich eine Kommune für eine oder

mehrere Maßnahmen entschieden und

Contracting-Modelle werden für Im-

mobilien jeglicher Art bedarfsgerecht

angeboten und umgesetzt. Gebäude-

eigentümer für Bestands- und Neubau

immobilien erschließen sich somit at-

traktive Einsparpotentiale. Kommu-

nen, Wohnungswirtschaft, Gewerbe

und Industrieunternehmen erhalten bei

der LEA eine Impulsberatung zu den

unterschiedlichen Contracting-Formen

und einer zielgerichteten Umsetzung.

Etwa ein Drittel des Endenergiever-

brauchs entfallen auf Gebäude. Der

Gebäudebereich bietet daher große

Energieeinsparpotenziale. Eine Ein-

schätzung der LEA zum Status Quo

und zu Möglichkeiten.

Herr Werner, welche Rolle spielt

Gebäude-Energieeffizienz bei der

Energiewende/dem Klimaschutz?

Ein Ziel der Energiewende ist die jähr-

liche Sanierungsquote der Gebäude

von zurzeit ca. 1 Prozent auf zukünftig

2 bis 3 Prozent zu erhöhen. Im Gegen-

satz zu der Nutzung von erneuerbaren

Energien ist im Bereich der energeti-

schen Sanierung von Gebäuden in der

Vergangenheit zu wenig geschehen.

Die Energiewende basiert auf dem

Grundsatz, die Effizienz zu verbessern

und hohe Energieeinsparungen zu er-

zielen, um dann den restlich verblie-

benen Energiebedarf durch die Nut-

zung von erneuerbaren Energien

erzeugen zu können.

Zweiter Contracting-Tag Hessen

30. August 2018

Wer nachhaltig Energie einsparen

will, muss nicht zwangsläufig selbst in

neue Energieanlagen investieren und

diese betreiben. Darauf hat Hessens

Minister der Finanzen Dr. Thomas

Schäfer am zweiten Contracting-Tag

Hessen hingewiesen: „Inzwischen gibt

es vielfältige Geschäftsmodelle von

Energiedienstleistern, die effiziente

und ökologische Energiekonzepte im

Rahmen von Contracting-Lösungen

anbieten und ermöglichen,“ sagte der

Minister auf dem hessischen Contrac-

ting-Tag in Frankfurt.

„Die hessische Landesverwaltung soll

ab dem Jahr 2030 CO2-neutral arbei-

ten. Bis zum Jahr 2050 soll ganz

Hessen klimaneutral sein und der

Bedarf an Strom und Wärme mög-

lichst zu 100 Prozent aus erneuerbaren

Energien gedeckt werden. Dafür

müssen wir auch die Energieeffizienz

deutlich steigern, und dazu kann

Contracting einen erheblichen Beitrag

leisten. Zudem verlagert das jeweils

beteiligte Unternehmen das wirtschaft-

liche und technische Risiko der In-

vestition auf den Energiedienstleister.“

Herr Ideker, als Reifenentwickler im

europäischen Entwicklungszentrum

von Hankook können Sie uns sicher-

lich erklären, warum der Jahreszei-

tenwechsel auch für Autofahrer in

unseren Breitengraden relevant ist?

Natürlich. Im besten Falle haben Sie

vor dem ersten Frost auf Winterreifen

umgerüstet. Auch wenn sich Sommer-

und Winterreifen auf den ersten Blick

"nur" im Profil voneinander unter-

scheiden, sind Sie nur mit der richti-

gen Bereifung bei kälteren Tempera-

turen, Frost und Schnee sicher unter-

wegs. Die "goldene Regel" für die

Nutzung von Winterreifen lautet

hierbei von "O bis O", also von

Oktober bis Ostern.

Und das liegt woran?

Im Wesentlichen an zwei Bereichen,

die einen Winter- von einem Sommer-

reifen unterscheiden: Das sind die

Laufflächenmischung und das Profil.

Die Gummimischung eines Winter-

reifensist speziell dafür gemacht bei

Temperaturen unter 7 °C elastisch zu

bleiben und im Winter die optimale

Straßenhaftung zu bieten.

Das Profil ist dafür entwickelt Wasser

und Schneematsch optimal zu

verdrängen während sich die feinen

Lamellen auf verschneiten Straßen mit

dem Schnee verzahnen, Traktion

geben und den Bremsweg verkürzen

Der Landesbetrieb Bau und Immobi-

lien Hessen (LBIH) hat bereits 36 Pro-

jekte seit 2001 bei landeseigenen Im-

mobilien umgesetzt. Die durchschnitt-

liche garantierte Kosteneinsparung be-

läuft sich auf 31 Prozent. Insbesondere

Praxisbeispiele standen im Vorder-

grund der Veranstaltung. Hier zeigt

sich die große Bandbreite der heute

schon praktizierten Geschäftsmodelle.

Ganz unterschiedliche Energielösun-

gen wie zum Beispiel mit Kraft-

Wärme-Koppelung (BHKW) oder

dem Einsatz von Biomasse-Heizkes-

seln wurden vorgestellt.

Diese Projekte können in nahezu allen

größeren Immobilien und Quartieren

umgesetzt werden. Aktuelle Umfragen

zeigen, dass im Bereich der neu er-

richteten Wohn- und Gewerbequartie-

ren bereits sehr häufig Contracting-

Modelle zum Einsatz kommen.

Veranstalter des Contracting-Tags ist

das Contracting-Netzwerk Hessen

(CNH), das 2016 auf Initiative des

Hessischen Wirtschaftsministeriums

gegründet wurde. Ihm gehören Ver-

bände, Unternehmen, die Bürgschafts-

bank Hessen und die Ingenieurkam-

mer Hessen an.

Informationen zu Contracting in

Hessen finden Sie unter:

energieland.hessen.de/contracting

Was passiert denn, wenn ich mit

meinen Sommerreifen auch im

Winter unterwegs bin?

Ein Sommerreifen ist darauf ausgelegt

auch bei starker Hitze optimalen Halt

zu bieten. Bei sinkenden Temperatu-

ren verhärtet sich die Laufflächenmi-

schung des Reifens zunehmend, so

dass selbst ohne Glatteis oder Schnee

auf dem Straßenbelag nicht mehr die

nötige Haftung geboten ist und er

spätestens beim Bremsmanöver ins

Rutschen kommt.

Wie schafft es dann ein Allwetter-

reifen sowohl im Sommer als auch im

Winter sicher unterwegs zu sein?

Ein Ganzjahresreifen muss naturge-

mäß ein paar Kompromisse machen.

Für den urbanen Bereich oder Auto-

fahrer, die vor allem auf kürzeren

Strecken unterwegs sind, kann ein

Allwetterreifen aber die richtige

Wahl sein. Mit dem Wechsel von

Sommer- auf Winterreifen ist man

immer mit einem Spezialisten unter-

wegs und somit „bestmöglich bereift“.

Seite 7 September 2018U M W E L T & K L I M A

Gebäude-Energieeffizienz und

nachhaltige QuartiersentwicklungJürgen Werner informiert:

Alexander Becker informiert:

„Contracting Modelle mindern

Energieverbrauch und Energiekosten“

Zweiter Contracting-Tag in Frankfurt fand großes Interesse

„Jahreszeitenwechsel“ für Autofahrer Hankook im Interview:

Die LandesEnergieAgentur (LEA) baut ihr Beratungsangebot aus Energiekonzepte und Contracting-Modelle

Page 8: Neu-IsenburgerExtrablatt · Odo Marquard: Zukunft braucht Herkunft ALTE NEUE WELT S. 1 Neu-IsenburgerExtrablatt Nr. 61 * 2018 Freitag 28. September Neues Fotoprojekt: In Neu-Isenburg

„Vielleicht werden wir in

Zukunft eine Flatrate für

Robotertaxis haben. Das

braucht einen klaren

Rechtsrahmen, den die öf-

fentliche Hand abstecken

muss. Die Automobil- und

Mobilitätskonzerne wer-

den diesen Rahmen dann

mit ihren Angeboten

ausfüllen.“Stefan Gerwens, Leiter Ressort

Verkehr, ADAC

Mobilität neu denken und

neu planen

Die Hessische Landesregierung nimmt

diese Herausforderungen an, sie zwin-

gen dazu, Mobilität und ihre Angebo-

te neu zu definieren. Gleichzeitig er-

fordert der Eintritt neuer Akteure im

Markt auch die Neudefinition der Rol-

le des Staates als Mobilitätsanbieter.

Neu zu diskutieren ist die Frage, wo

der Markt mit seinen Angeboten endet

und staatliche Angebote (zwingend)

erforderlich sind, gerade wenn Mobi-

lität auch künftig als Teil der Daseins-

vorsorge dazu beitragen soll, soziale

Teilhabe für alle Bürgerinnen und

Bürger möglich zu machen.

Und nicht nur das: Die Infrastruktur-

planung und –umsetzung mit zeitli-

chen Dimensionen von 15 bis 20 Jah-

ren kann mit der heutigen Geschwin-

digkeit von Innovationen und Verän-

derungen durch neue Technik und

Dienstleistungen nicht Schritt halten.

Hier müssen wir Lösungen entwi-

ckeln, die dies spiegeln und unsere

Flexibilität erhöhen.

Für die innerörtliche Planung setzt die

Landesregierung auf die im Verkehrs-

weißbuch der EU (2011) vorgeschla-

genen nachhaltigen urbanen Mobili-

tätspläne (SUMP) und hat zu deren

Umsetzung ein Fachzentrum im House

of Logistics & Mobility (HOLM) ein-

gerichtet.

Sustainable Urban Mobility Planning

(SUMP)

SUMP (oder „Nachhaltige Urbane

Mobilitätsplanung“) ist ein neues In-

strument, mit dessen Hilfe die EU die

Verkehrsplanung auf der lokalen Ebe-

ne stärker strukturieren möchte. Das

Land Hessen unterstützt die Kom-

munen bei der Etablierung eines

SUMP durch das Fachzentrum Nach-

haltige Urbane Mobilität, das über

das HOLM den Kommunen hilft. Den

Anfang machen die 11 Städte und Ge-

meinden in Hessen, die die Stickoxid-

grenzwerte nicht einhalten.

Das Land wird die ersten dieser Pro-

esse fachlich und inhaltlich in enger

Zusammenarbeit mit den Kommunen

und dem Fachzentrum modellhaft be-

gleiten. Die so beispielhaft entwickel-

ten Lösungen sollen für andere Kom-

munen als Blaupause zur Umsetzung

eigener SUMP dienen.

Flexibler Rechtsrahmen

und Offenheit für Neues

Gleichzeitig ist zu spüren, dass die

neuen Mobilitätsangebote und der

Rechtsrahmen, in dem sich der Ver-

kehr und insbesondere der öffentliche

sich auf der anderen Seite die Planung

von Mobilität und Verkehr:

• Verkehr ist nach wie vor wesent-

licher Bestandteil der klassischen

Raum- und Stadtplanung, zum Bei-

spiel mit Paradigmen wie der „Stadt

der kurzen Wege“ der Planung von

Siedlungen an leistungsfähigen Ver-

kehrsachsen oder ähnlichem. Neue

Mobilität muss sich auch in einer

integrierten Stadtentwicklung

widerspiegeln.

• Gleichzeitig ist in Hessen mit dem

im Gesetz über den ÖPNV in Hessen

verankerten Nahverkehrsplan ein

weiteres, rechtlich normiertes Plan-

werk vorgegeben, mit dem die Ver-

Verkehrsverbünde und lokalen Auf-

gabenträger des ÖPNV Entwicklung

und Angebote des Verkehrs in ihrem

Zuständigkeitsbereich darstellen

müssen.

• Viele Kommunen leisten sich – auf

freiwilliger Basis – teilweise noch

eine eigene übergeordnete Verkehrs-

entwicklungsplanung. Verkehrsent-

wicklungspläne kamen in den 1970er

Jahren auf und sind der Versuch ei-

ner ganzheitlichen und verkehrsträ-

gerübergreifenden Verkehrsplanung

auf kommunaler Ebene. Ihre fehlen-

de Rechtsgrundlage und infolgedes-

sen fehlende Rechtsverbindlichkeit

haben oft dazu geführt, dass die Plä-

ne zwar mit aufwendigen Verfahren

erstellt, aber im Weiteren nicht oder

nur teilweise umgesetzt wurden.

Außerdem reichen die realen Ver-

flechtungen häufig über die Grenzen

einer Kommune und damit über den

Geltungsbereich dieser Pläne hinaus.

• In der Lärmminderungsplanung wird

mittlerweile für einzelne Verkehrsträ-

ger in die Verkehrsabläufe steuernd

eingegriffen, um die vom Verkehr

ausgehende Lärmbelastung durch

Straßen-, Schienen- und Luftver-

kehrslärm zu reduzieren.

• Die aufgrund der teilweise erhebli-

chen Überschreitungen der Stickox-

idgrenzwerte in der Luftreinhaltepla-

nung festgelegten Maßnahmen grei-

fen tief in das Verkehrsgeschehen

ein. Sie sind aber notwendig, um die

Gesundheit der Anwohnerinnen und

Anwohner zu schützen.

Die aktuelle Diskussion um Die-

selabgase und die Luftreinhaltung

bestärkt uns darin, dass neben inte-

grierten, inter- und multimodalen

Lösungen die Einführung einer

blauen Plakette zur Senkung der

Belastung notwendig werden kann,

um generelle Fahrverbote zu

vermeiden.

• Schließlich zeigt sich, dass gerade

bei der Planung 49 von Verkehrswe-

gen und -abläufen Betroffenheiten

unter den Bürgerinnen und Bürgern

entstehen, die deren Beteiligung zum

Ausgleich der unterschiedlichen

Interessen erfordern.

• Nur mithilfe dieser partizipativen

Ansätze wird es überhaupt möglich

sein, neue Infrastruktur – egal für

welchen Verkehrsträger – zu errich-

ten. Und neue Infrastruktur ist auch

künftig erforderlich, sei es in Form

von neuen Schienenstrecken für den

öffentlichen Personennahverkehr,

von Radschnellwegen oder von Was-

serstraßen für den Güterverkehr, die

auch bei Niedrigwasser nutzbar sind.

„Der Klimaschutz ist das Ziel,

dem sich die Verkehrsplanung

unterordnen muss: verkehrs-

trägerübergreifend planen, kur-

ze Wege ermöglichen und Ver-

kehrsvermeidung durch Tele-

arbeit und Bündelung von Lie-

ferungen fördern. In der Fläche

brauchen wir eine stärkere För-

derung des Radverkehrs und

mehr Sharing-Angebote, damit

auch dort die Mobilität multi-

modal werden kann, nicht nur in

den Städten.“

Matthias Biemann,

Landesvorsitzender, VCD Hessen

Neues Mobilitätsfördergesetz setzt

verlässlichen Finanzierungsrahmen

Ab 2019 will die Hessische Landes-

regierung mit dem neuen Mobilitäts-

fördergesetz mindestens 100 Millionen

Euro jährlich für die Verkehrsinfra-

struktur der Kommunen bereitstellen.

Damit wird ein verlässlicher Finanzie-

rungsrahmen für Verkehrsprojekte ge-

schaffen. Die Mittel werden je zur

Hälfte zwischen dem Straßenbau und

dem öffentlichen Verkehr aufgeteilt.

Die ab 2020 entfallenden Bundesmit-

tel werden damit ausgeglichen und

hohe Planungssicherheit für die Kom-

munen wird gewährleistet.

Mehr Raum zum Teilen:

Hessisches Carsharing-Gesetz

Weiterhin wird die Landesregierung

ein hessisches Carsharing-Gesetz erar-

beiten, um die Einrichtung von Car-

sharing-Stellplätzen zu fördern. Künf-

tig sollen so die Entwidmung öffent-

lichen Straßenraums oder die Gestat-

tung von Sondernutzungen geregelt

werden. Diese Maßnahmen würden

das Carsharing-Gesetz des Bundes

und die Initiative der Landesregierung

zur Nutzung von Stellplätzen an Lan-

desliegenschaften für Carsharing un-

terstützen.

Dabei steht die Annahme im Vor-

dergrund, dass Carsharing ein hervor-

ragendes Mittel ist, um die Inan-

spruchnahme des Straßenraums durch

Autos zu reduzieren, denn nach An-

gaben des Bundesverbands Carshar-

ing kann ein „geteiltes“ Auto bis zu

zehn Privat-Pkw ersetzen und damit

entsprechenden Parkraum frei machen.

Damit besteht die Möglichkeit, auf

den Straßen mehr Raum zum Laufen

und Leben zu schaffen.

Das Neu-Isenburger Extrablatt hat

sich entschlossen die „Hessenstrategie

Mobilität 2035“ zum Inhalt einer

mehrteiligen Serie zu machen und die

Leser über die Ziele, Strategien und

Maßnahmen zur Hessenstrategie

Mobilität 2035 zu informieren. In der

6. Folge informieren wir ausführlich

über das letzte Fokusfeld der Hessen-

strategie: Verlässlichen Rahmen

schaffen. Planung und Gesetze. Der

Text wurde uns freundlicherweise

vom HMWEVL zur Verfügung

Das Hessische Ministerium für Wirt-

schaft, Energie, Verkehr und Landes-

entwicklung schreibt im Strategiepa-

pier die folgenden Sätze: „Mobilität

wird in vieler Hinsicht auch als Belas-

tung erlebt – von Autofahrerinnen

und Autofahrern, die im Stau stehen,

ebenso wie von Anwohnerinnen und

Anwohnern von Verkehrswegen.

Die zu hohen Schadstoffemissionen

vor allem durch Dieselfahrzeuge ge-

fährden die Gesundheit der Menschen

in vielen Städten. Doch Schadstoffe

machen nicht an den Stadttoren Halt.

Gleichzeitig sind Folgen des Klima-

wandels bereits überall zu spüren.

Dem Wachstum des Individualver-

kehrs ist mit klassischem Straßenbau

nicht mehr Herr zu werden.

Es steht außer Zweifel,

dass es so nicht mehr

weiter gehen kann.

Die Verkehrswende

ist ein (über)lebens-

wichtiges Projekt. Tarek Al-Wazir

Fokusfeld 5

VERLÄSSLICHEN RAHMEN

SCHAFFEN: PLANUNG UND

GESETZE

Individualisierung trifft

auf fragmentierte Planung

Klassischerweise wird Verkehr in In-

dividual- und öffentlichen Verkehr un-

terteilt. Ergänzend wird noch als wie-

teres übliches Kriterium hinzugefügt,

ob es sich um motorisierten Verkehr

handelt oder nicht. In den vergangenen

Jahren hat sich zunehmend gezeigt,

dass diese Differenzierung nicht mehr

greift. Die Fortbewegungsmittel ver-

ändern sich und werden sich in Zu-

kunft noch stärker verändern – ebenso

wie die Anforderungen und das Mobi-

litätsverhalten.

Angesichts der oben skizzierten Ent-

wicklungen und Faktoren leuchtet ein,

dass auch der rechtliche Ordnungs-

rahmen und die Planungsprozesse der

Mobilität entsprechend weiterentwi-

ckelt werden müssen. Aber während

sich auf der einen Seite die Nachfrage

nach Mobilität individualisiert und die

Angebote vervielfältigen fragmentiert

H E S S E NSeite 8 September 2018

Verlässlichen Rahmen schaffen: Planung und GesetzeHessenstrategie Mobilität 2035 – letzte Folge

Verkehr bewegen, nicht zusammen-

passen. Zwar hilft das Personenbeför-

derungsgesetz einerseits bei der Struk-

turierung und Regulierung bestimmter

Verkehrsmärkte, andererseits erweist

es sich für neue Angebote oft als

Hemmschuh.

Das gilt für Angebote wie Bürgerbus-

se ebenso wie für neue Organisations-

formen des öffentlichen Personennah-

verkehrs im ländlichen Raum. Hier

wird die Hessische Landesregierung

sich für eine Flexibilisierung des

Rechtsrahmens einsetzen. Dieser muss

es schaffen, eine verlässliche Basis für

eine Grundversorgung der Menschen

mit Mobilitätsangeboten sicherzustel-

len, wo der Markt keine Angebote hat,

und muss auch offen für Neues sein.

Die hessischen Verkehrsverbünde ge-

hören oftmals zu denjenigen, die Neu-

es ausprobieren möchten – sei es beim

Mobile Ticketing, bei Apps oder emis-

sionsarmen Antrieben. Die Landesre-

gierung unterstützt dies ausdrücklich

und sieht auch in Zukunft starke Ver-

kehrsverbünde mit einem breiten An-

gebotsspektrum an Verkehrsmitteln.

Gesetzlicher Ordnungsrahmen

für Radschnellverbindungen

Wenn der Fuß- und insbesondere der

Radverkehr mit der Nahmobilität eine

zentrale Funktion erhalten soll, müs-

sen in den nächsten Jahren über die im

engeren Rhein-Main-Gebiet diskutier-

ten Verbindungen hinaus zahlreiche

Radschnellwege geplant und gebaut

werden. Da die Verbindungen überört-

lich sein sollen, bietet es sich an, dass

das Land diese Wege in Abstimmung

mit den Kommunen plant und baut.

Deswegen werden wir prüfen, ob eine

Aufnahme der Radschnellwege in das

Hessische Straßengesetz sinnvoll und

möglich ist, damit das Land hier ko-

ordinierend tätig werden kann. Vor-

rangiges Ziel ist es, für Verbindungen

mit großen Pendlerpotenzialen in

hochverdichteten Regionen Nord-,

Mittel- und Südhessens Radschnell-

verbindungen zu schaffen, eingebun-

den in ein hochwertiges Radnetz.

Nutzung von Carsharing-Angeboten

Page 9: Neu-IsenburgerExtrablatt · Odo Marquard: Zukunft braucht Herkunft ALTE NEUE WELT S. 1 Neu-IsenburgerExtrablatt Nr. 61 * 2018 Freitag 28. September Neues Fotoprojekt: In Neu-Isenburg

immer steiler wird. Auf diesen Wen-

depunkt steuern wir zu. Bei einem an-

deren Verkehrsmittel haben wir das in

den vergangenen Jahren ja schon

beobachten können: Inzwischen ist

jedes fünfte neu verkaufte Fahrrad

elektrisch unterstützt. Hier hat die

Elektromobilität ihren Durchbruch

bereits geschafft. Sie hat viele Men-

schen zurück - oder neu - auf den Sat-

tel geholt und ihnen neue Möglichkei-

ten für ihre Alltagsmobilität eröffnet –

zum Beispiel für den Weg zur Arbeit.

Der Ausbau der Schieneninfra-

struktur im Rhein-Main-Gebiet ist

unumgänglich. Wer stellt jetzt die

Weichen: Bund, Land, gemeinsam?

Die Schieneninfrastruktur ist über-

lastet, sie ist sogar der gravierendste

Engpass im deutschen Bahnnetz und

eine Hauptquelle von Verspätungen.

Leider ist hier viel zu lange nichts

passiert. Zwar wurde 2003 das Maß-

nahmenpaket FrankfurtRheinMainPlus

beschlossen, aber erst in den vergan-

genen Jahren ist Bewegung in die

Sache gekommen: Gerade wurde die

neue Signaltechnik im S-Bahn-Tunnel

in Betrieb genommen, von der wir uns

mehr Pünktlichkeit versprechen.

Wie sieht denn der Zeitplan aus?

Zur Wahrheit gehört leider auch:

Schienenprojekte sind immer komplex

und zeitaufwendig. Die Strecken ver-

laufen ja selten im Niemandsland, son-

dern durch ein dichtbesiedeltes Bun-

desland, wo jeder Quadratmeter ge-

nutzt wird – als Siedlungsfläche, für

Industrie und Gewerbe, für die Land-

wirtschaft, als Schutzgebiet für Tiere

und Pflanzen…da müssen die Planer

erst einmal einen Weg finden, der

möglichst wenig Konflikte auslöst.

Danach geht es an Finanzierung und

Realisierung.

FrankfurtRheinMainPlus wird die

heutige Situation in vielen Punkten

verbessern, aber letztlich ist es die

Antwort auf den Handlungsbedarf,

wie er sich im Jahr 2002 abgezeichnet

hat. Seitdem haben sich viele Dinge

anders entwickelt, als damals erwartet

– nicht zuletzt die Einwohnerzahl der

Stadt Frankfurt. Heute wissen wir,

dass FrankfurtRheinMainPlus nicht

ausreichen wird. Wir müssen also die

Weichen für die Zeit danach stellen.

Sobald klar ist, was der Bund vorhat,

werden wir ermitteln, welche Maß-

nahmen wir sinnvoll für den Nah-

verkehr ergänzen können. Dies bedarf

einer Prognose der künftig zu erwar-

tenden Verkehrsströme. Ich bin über-

zeugt davon, dass ein Schienenring um

Frankfurt – so wie es ihn in Berlin

oder London gibt – eine große Ver-

besserung wäre, nach der Regionaltan-

gente West eine im Süden und Osten.

Vielen Dank für das Interview

Integrierte Lärmbetrachtung auf

Bundesebene

Vor allem in den Ballungsräumen,

aber nicht nur dort, sind die Lärm-

belastung und die Lärmsensibilität der

Menschen in den letzten Jahren ge-

stiegen. Mit Lärmaktionsplänen be-

müht sich die Landesregierung schon

lange, einen guten Ausgleich zu fin-

den. Grundlage sind die Lärmkarten,

die mit kommunaler Beteiligung er-

stellt werden. Die Lärmkartierung und

entsprechende Lärmminderungsmaß-

nahmen beruhen auf Berechnungsver-

fahren, die in der 34. Bundesimmissi-

onsschutzverordnung festgelegt sind.

Im Hinblick auf die Gesamtlärmbelas-

tung ist die Landesregierung bestrebt,

die Belastungen durch verkehrsträger-

übergreifende Lärmquellen weiter zu

minimieren. Nach der derzeit gelten-

den Rechtslage ist jedes Verkehrsseg-

ment für sich zu betrachten und zu be-

werten. Das Konzept spiegelt sich in

der bundesrechtlichen Verkehrslärm-

schutzverordnung (16. BimSchV) wi-

der, die in den Berechnungsvorschrif-

ten für Straßen- und Schienenver-

kehrslärm jeweils eine isolierte Erfas-

sung der Verkehrslärmarten vor sieht.

An diese Vorgaben ist Hessen gebun-

den. Anerkannt ist bisher nur, dass von

dem Grundsatz der getrennten Be-

trachtung der einzelnen Verkehrsseg-

mente eine Ausnahme zu machen ist,

wenn der Lärm des jeweiligen Ver-

kehrsträgers einen beachtlichen Bei-

trag zu einer Gesamtlärmbelastung be-

wirkt, die die Schwelle zur Gesund-

heitsgefährdung (70 dB(A) tags, 60

dB(A) nachts) übersteigt. Ungeachtet

dessen setzt sich das Land Hessen in

den zuständigen Gremien dafür ein,

dass die Gesamtlärmbetrachtung recht-

lich und technisch etabliert wird.

Ziel ist es, dass die Gesamtlärmbe-

trachtung auch unterhalb der Schwelle

zur Gesundheitsgefährdung sowohl

bei der Planfeststellung als auch bei

der Lärmsanierung zur Anwendung

kommt. Dies setzt jedoch vor allem

ein einheitliches Berechnungspro-

gramm für zum Beispiel Straße und

Schiene voraus.

Das könnte CNOSSOS-EU liefern,

dessen Einführung für 2019 vorge-

sehen ist. Ob darauf aufbauend mittel-

fristig ein einheitliches Berechnungs-

verfahren für den Gesamtlärm ent-

wickelt wird beziehungsweise werden

kann, ist derzeit offen. Wir engagieren

uns dafür, dass in Zukunft eine inte-

grierte Betrachtung und Minderung

von Lärm möglich sein wird.

Lärmschutz

Nach den derzeitigen bundesgesetz-

lichen Grundlagen ist jede Verkehrs-

art als eigene Lärmquelle zu betrach-

ten. Das Land Hessen setzt sich dafür

ein, dass eine neue Gesamtlärmbe-

trachtung rechtlich und technisch

etabliert wird, die sowohl in der

Planfeststellung als auch bei Lärm-

sanierungen zur Anwendung kommt.

Dafür ist auch ein einheitliches

Berechnungsprogramm für Lärm

erforderlich.

ZIELSETZUNGEN

PLANUNG UND GESETZE

• Mobilitätsplanung vor Ort und

überörtlich neu denken.

• Stärker auf nachhaltige integrierte

Verkehrsplanung achten, das heißt

Luftreinhalte-, Lärmminderungs- und

klassische Verkehrsplanung und

Nahmobilität. Zum Beispiel mittels

SUMP.

• Vorreiterrolle des Fachzentrums

Nachhaltige Urbane Mobilität

künftig noch ausbauen.

• Regulierung auf Bundesebene den

Anforderungen anpassen, Regeln für

autonomes Fahren schaffen und Per-

sonenbeförderungsgesetz reformie-

ren, zum Beispiel für neue alternative

Bedienformen oder Bürgerbusse.

• Dabei oberste Priorität: Sicherung

des Gemeinwohls.

• Einfache Mobilitätsangebote

schaffen, die allen zugänglich sind.

• Weiterentwicklung der Verkehrs-

verbünde zu multioptionalen Mobi-

litätsanbietern unterstützen.

• Bis 2035 Radschnellverbindungen in

den Ballungsräumen schaffen, einge-

bunden in ein hochwertiges Radnetz

in Hessen.

• Dazu: Prüfen, ob Radschnellwege in

das Hessische Straßengesetz mit

aufzunehmen sind.

• Auf kommunaler Ebene verlässliche

Finanzierung von Mobilitätsvorhaben

realisieren mit neuem Mobilitäts-

fördergesetz.

• Hessisches Carsharing-Gesetz zu-

sätzlich zum Bundesgesetz soll

geeignete Rahmenbedingungen

setzen für neue Angebote, Sicherung

der Mobilität und die Zahl der

Eigentums-Pkw reduzieren.

• Integrierte Lärmbetrachtung auf

Bundesebene anstreben.

Das Neu-Isenburger Extrablatt hat in

monatlichen Folgen die Hessen-

strategie „Mobilität 2035“ vorgestellt

und aufgezeigt, wie Hessen die Ver-

kehrswende schaffen und Vorreiter bei

der neuen Mobilität werden will.

Zum Abschluss der Berichterstattung

befragt das Neu-Isenburger Extrablatt

Verkehrsminister Tarek Al-Wazir

nochmals zur aktuellen Situation:

Geschieht die Verkehrswende nur in

den Ballungsräumen?

Auch abseits der Zentren ist viel in

Bewegung: Auch dort entstehen Car-

sharing-Angebote, werden Ladesäulen

für Elektrofahrzeuge aufgestellt, neue

Konzepte des öffentlichen Nahver-

kehrs erprobt. Rund 200 hessische

Städte und Gemeinden sind inzwi-

schen der Arbeitsgemeinschaft Nah-

mobilität Hessen beigetreten mit dem

Ziel, den innerörtlichen Verkehrsraum

neu zu gestalten und Fußgängern und

Radlern die notwendige Bedeutung

einzuräumen. Mit dem Schülerticket

Hessen haben wir einen ersten landes-

weiten Flatrate-Tarif, der Busse und

Bahnen bequem nutzbar macht.

Elektromobilität ist der Schlüssel der

Energiewende im Verkehr. Wann

erwarten Sie den großen Durch-

bruch, schon zur IAA 2019?

Zunächst einmal: Klimafreundlich ist

die Elektromobilität nur dann, wenn

der Strom aus erneuerbaren Quellen

stammt. Sonst verlagert man nur die

Emissionen vom Auspuff zum Schorn-

stein, womöglich dem eines Kohle-

kraftwerks. Aber auch mit sauberem

Strom genügt es nicht, nur den Auto-

antrieb auszutauschen, und ansonsten

so weiterzufahren wie bisher. Eine

wirklich nachhaltige und gleichzeitig

leistungsfähige, also den Ansprüchen

einer modernen Industriegesellschaft

genügende Mobilität gibt es nur in

einem intelligent vernetzten System,

das alle Verkehrsmittel möglichst

nahtlos verknüpft und effizient nutzt.

Ein solches System stellen wir gerade

auf die Beine, und das können Sie

ganz wörtlich verstehen. Wir begrei-

fen die Nahmobilität – also das Zufuß-

gehen und das Radfahren – nicht als

Freizeitvergnügen, sondern als den

Anfang jeder Wegekette und versu-

chen, dafür optimale Bedingungen

und bequeme Schnittstellen zu den

motorisierten Verkehrsmitteln zu

schaffen. Und natürlich werden

diese motorisierten Verkehrsmittel

mehr und mehr elektrisch betrieben.

Bis jetzt verläuft der Absatz in

Deutschland aber eher schleppend…

Es ist unübersehbar, dass die Ent-

wicklung auch auf dem Automobil-

sektor Fahrt aufgenommen hat. Viele

deutsche Hersteller haben Modell-

offensiven angekündigt, Kommunen

haben begonnen, ihre Busflotten um-

zustellen. Solche Entwicklungen ver-

laufen meistens nicht linear, sondern

in einer Kurve, die eine ganze Weile

flach bleibt, aber dann sehr schnell

Seite 9 September 2018H E S S E N

Jetzt ist Frankfurt als erste hessische

Stadt zum Handeln verurteilt. Hilft

die Gerichtsentscheidung bei der

Verkehrswende?

Mein Ziel sind nicht Fahrverbote,

sondern saubere Luft, und wir hoffen

immer noch, das ohne Fahrverbote zu

schaffen. Es wäre für alle besser ge-

wesen, wenn die Bundesregierung

rechtzeitig gehandelt hätte, dann wäre

es gar nicht erst zu diesem Urteil ge-

kommen wäre. Gewiss: Ohne die

vielen anhängigen Verfahren hätte

die Bundesregierung bestimmt nicht

den Eine-Milliarde-Euro-Fonds für die

betroffenen Städte eingerichtet. Davon

wird eine Menge Geld auch nach Hes-

sen kommen, allein Wiesbaden hat 46

Mio. Euro beantragt – ziemlich genau

zehnmal so viel wie Frankfurt, was ja

durchaus etwas über unterschiedlich

entwickelten verkehrspolitischen

Ehrgeiz aussagt.

Aber der Bund hätte viel früher han-

deln und die Autohersteller zu wirk-

samen Hardware-Nachrüstungen

zwingen müssen. Und natürlich hätte

er schon früher damit anfangen müs-

sen, die Kommunen bei einer vernünf-

tigen Verkehrspolitik zu unterstützen,

so wie das Land Hessen es im Rahmen

seiner Möglichkeiten seit Jahren tut –

mit der Förderung von Radverkehrs-

konzepten, mit Zuschüssen zur An-

schaffung von E-Bussen, mit dem

Fachzentrum für nachhaltige urbane

Mobilität und vielem mehr.

Klar ist: Ein Fahrverbot für hundert-

tausende Fahrzeuge in Frankfurt und

Umgebung, ziemlich kurzfristig ange-

ordnet– das ist eine drastische Maß-

nahme, die keine Freude auslöst. Wer

im Vertrauen auf die Herstelleranga-

ben vor gar nicht langer Zeit einen

Euro 5-Diesel gekauft hat fühlt sich

zu Recht betrogen. Und die Bundesre-

gierung ist mitverantwortlich, weil sie

gescheut hat, die Hersteller zu Hard-

ware-Nachrüstungen zu verpflichten.

Aber es stimmt, die Dringlichkeit

einer Verkehrswende wird in diesen

Tagen noch einmal deutlicher.

Hat in Hessens Städten die neue

Mobilität bereits begonnen?

Ja, ihre Ansätze sind an vielen Stellen

erkennbar. In den größeren Städten

gehören Leihfahrrad- und Carsharing-

systeme inzwischen zum gewohnten

Straßenbild. Logistik-Unternehmen

erproben dort auch, wie sie mit Elek-

trofahrzeugen oder Lastenrädern den

Lieferverkehr in den Innenstädten

flüssiger und klimafreundlicher

machen können.

Sehr interessant ist das Projekt e-Mo-

bil in meiner Heimatstadt Offenbach,

das ein Netz von Mobilitätsstationen

anlegt, an denen man nahtlos vom

ÖPNV in ein elektrisches Leihauto

oder ein Miet-Pedelec wechseln kann.

In Darmstadt wird der Straßenverkehr

digital und in Echtzeit gesteuert –

Kameras erfassen das Verkehrsauf-

kommen und passen automatisch die

Ampelschaltungen an.

Zwischen Frankfurt und Darmstadt

beginnt demnächst der Bau der ersten

hessischen Radschnellverbindung.

Viele dieser Initiativen hat das Land

begleitet und unterstützt.

Neue Mobilität für alle –

wird Hessen Vorreiter werden?Tarek Al-Wazir im Extrablatt Interview

Hankook

Hessenstrategie

Mobilität 2035

Page 10: Neu-IsenburgerExtrablatt · Odo Marquard: Zukunft braucht Herkunft ALTE NEUE WELT S. 1 Neu-IsenburgerExtrablatt Nr. 61 * 2018 Freitag 28. September Neues Fotoprojekt: In Neu-Isenburg

Was brachte Sie zur traditionellen

Architektur?

Das ist über Jahre gewachsen. Ein

Anstoß war ein altes Bauernhaus in

der Toskana, das ich mir 1973 gekauft

hatte. Da musste man ein paar Sachen

flicken. Und dann fragt man sich: Wie

mache ich das Dach? Natürlich so, wie

es war. Auf diese Weise lernte ich das

Elementare des Bauens. Für einen

Freund entwarf ich ein Haus in der

Nähe, da habe ich zum ersten Mal

gewagt, traditionelle Details zu

zeichnen.

Ein anderer Schlüsselmoment: In

meiner Heimatstadt Luxemburg sollte

der Parkgürtel abgeholzt werden für

eine riesige Tiefgarage. Ich habe in

einer Zeitung einen Artikel gegen den

Zonierungsplan publiziert mit einem

städtebaulichen Gegenentwurf.

Sie arbeiten unter anderem auch

für Prince Charles?

Ja, ich bin Stadtplaner des Prince of

Wales und Entwickler der im rein

traditionellen Baustil geplanten Stadt

Poundbury, südwestlich von London.

Ich lernte ihn 1987 bei der Eröffnung

einer Ausstellung über traditionelle

Architektur kennen, wo er die Er-

öffnungsrede hielt. Er kam auf mich

zu. Damals ging es um eine Neube-

bauung direkt neben St. Paul’s Cathe-

dral, da waren zehn Geschosse ge-

plant. Das wollte Charles verhin-

dern. So kamen wir ins Gespräch.

Was haben Prince Charles und

Poundbury gemeinsam?

Das Städtchen Poundbury ist eine

Modellstadt zur Umsetzung der

Grundsätze der nachhaltigen Ent-

wicklung und der Gestaltungsgrund-

sätze, die der britische Thronfolger

Prinz Charles in seinem Buch

A Vision Of Britain dargelegt hat.

Seite 10 September 2018

Prinz Charles war maßgeblich an

der Konzeption und Umsetzung

beteiligt, die er dann zusammen

mit mir realisiert hat.

Gab es ein architektonisches

Gesamtkonzept?

Ja, das architektonische Gesamt-

konzept basiert auf einer Ablehnung

der Gestaltungsprinzipien der Moder-

ne und orientiert sich stattdessen an

Es gibt in der Welt nur einige wenige

Stadtplaner, wie Jan Gehl zum Bei-

spiel der seine Projekte zur Stadtent-

wicklung für Menschen in den Städten

geplant hat. Sein Buch Public Spaces,

Public Life beschreibt am Beispiel

Kopenhagen, wie innerhalb von 40

Jahren aus einer vom Autoverkehr

stark geprägten Stadt ein Ort der Ver-

kehrsberuhigung mit vielen verschie-

denen Begegnungszonen entstand.

Das wäre doch auch ein gutes Fallbei-

spiel für unsere vom Autoverkehr be-

lastete Stadt Neu-Isenburg. In unserer

zweiten Folge der Serie „Große Stadt-

planer helfen Neu-Isenburg“ die am

26. Oktober erscheinen wird, bringen

wir das Interview mit Jan Gehl.

Gehl betreut Stadtentwicklungspro-

jekte auf der ganzen Welt. So arbeitete

er eine Studie für Transport for

London über die Qualität des öffent-

lichen Raums in London aus. Im Jahr

2007 wurde er vom Department of

Transportation von New York City

beauftragt, dort die Bedingungen für

Radfahrer und Fußgänger zu verbes-

sern. Das von ihm geleitete Büro Gehl

Architects arbeitet mit in der Däni-

schen Fahrrad-Botschaft (Cycling

Embassy of Danmark, CED), die

Léon Krier ist Architekt, Theoreti-

ker und Stadtplaner aus Luxem-

burg und einer der bedeutendsten

Vertreter der neorationalistischen

und neoklassizistischen Architektur

des späten 20. Jahrhunderts, vor

allem durch seine provokanten

theoretischen Beiträge zum Thema

Städtebau und Stadtplanung. Léon

Krier hat als einer der ersten – und

besonders polemisch – die Irrwege

der Nachkriegsmoderne kritisiert.

Auf Einladung von Jürgen Aha und

dem Neu-Isenburger Extrablatt weilte

Leon Krier – der persönliche Stadt-

planer von Price Charles – in Frank-

furt am Main. Der Luxemburger gilt

als der Protagonist einer weltweiten

Architektenbewegung, die sich für ei-

nen traditionellen Baustil einsetzt, ge-

nannt "New Urbanism". Und in der

Tat: Alle Städte, die Leon Krier bis-

lang plante, u.a. in Großbritannien,

Belgien, Italien und nun sogar Gua-

temala, waren große Erfolge, vor al-

lem für die Menschen, die dort leben,

aber auch für die Investoren.

Aha ergriff die Gelegenheit und fuhr

Leon Krier auch nach Neu-Isenburg.

Was würde der große Meister zur

Stadtgestaltung sagen und welche

Vorschläge würde er für den geplan-

ten Stadtumbau mitbringen?

Herr Krier, warum haben Sie in

Frankfurt zu tun und warum

interessiert Sie Neu-Isenburg?

Die Frankfurter Altstadtfreunde hatten

mich anlässlich der Eröffnung der

Frankfurter Altstadt zu einem

Symposium eingeladen. Altstadt-

Initiator Jürgen Aha bat mich dann,

vor meinem Rückflug noch Neu-Isen-

burg zu besuchen. So konnte ich mir

einen ersten stadtplanerischen Ein-

druck von der Nachkriegsmoderne

dieser Innenstadt verschaffen.

klassischer und traditioneller Archi-

tektur. Es gehört zum Konzept, Sozial-

wohnungen und Privathäuser in einem

kleinstädtischen Gefüge zu mischen.

Poundbury ist ein Beispiel für die Be-

wegung des New Urbanism, die in den

1980er Jahren als Gegenbewegung zu

immer weiter ausufernde Zersiedelung

von Landschaft gegründet wurde.

Prince Charles wollte Poundbury

eine Alternative aufzeigen, gab das

keine Probleme?

Die gab es in der Tat, wir können

keine richtige Stadt machen, weil es

das Baurecht nicht zulässt und wir

eine zu große Konkurrenz für andere

Kommunen darstellen. Wir wollten

eine Highstreet mit vielen Geschäften,

aber das war nicht erlaubt. Und wir

dürfen unsere Highstreet nicht einmal

„Highstreet“ nennen. Poundbury gilt

heute landesweit vielen als Vorbild.

Es ist uns also gelungen, ein architek-

tonisches Gesamtkonzept, das sich an

klassizistischer und traditioneller

Architektur orientiert, umzusetzen.

Queen Elizabeth hat vor zwei Jahren

den Hauptplatz eingeweiht. Alles in

allem: ein großer Erfolg.

Kenntnisse und Erfahrungen bei der

Förderung des Radverkehrs welt-weit

verbreitet. Was sagt uns der weltweit

renommierte Stadtplaner auf unsere

frage woran man die Lebensqualität

einer Stadt erkennt? Er sagt:

„Es gibt einen sehr simplen Anhalts-

punkt. Schauen Sie, wie viele Kinder

und alte Menschen auf Straßen und

Plätzen unterwegs sind. Das ist ein

ziemlich zuverlässiger Indikator. Eine

Stadt ist nach meiner Definition dann

Was ist ihr erster Eindruck

von Neu-Isenburg?

Ich war zunächst begeistert von Neu-

Isenburgs Geschichte. Dann machte

ich schon beim Betreten der Frankfur-

ter Straße einige Vorschläge: Die

Frankfurter Straße muss natürlich

überarbeitet werden. Es sollten

schmale, hohe Laubbäume am Rand

gepflanzt werden, um einen Alleen-

Charakter zu erhalten. Die Fassaden

könnten durch davor gestellte Balkone

auf Gusseisernen Trägern an Charme

gewinnen und somit südländischen

Flair verströmen.

Die große Kreuzung Frankfurter

Straße/Carl-Ulrich-Straße sollte durch

einen großen Kreisel für den Auto-

verkehr beruhigt werden. Auch vor

dem Isenburg-Zentrum ließe sich

durch einen kleineren Kreisel das

Tempo rausnehmen.

Den Wiederaufbau des alten Rat-

hauses fand Krier eine ausgezeichnete

Idee. Dort machte er den Vorschlag,

auch gleich den Bordstein mit abzu-

senken, um das Platzerlebnis zu

verbessern.

Krier erklärte sich grundsätzlich

bereit, mehr für Neu-Isenburg zu

planen, wenn die Stadt daran

interessiert wäre.

lebenswert, wenn sie das menschliche

Maß respektiert. Wenn sie also nicht

im Tempo des Automobils, sondern in

jenem der Fußgänger und Fahrrad-

fahrer tickt. Wenn sich auf ihren über-

schaubaren Plätze und Gassen wieder

Menschen begegnen können. Darin

besteht schließlich die Idee einer

Stadt. Das ganze Interview und warum

wir Innenstädte ganz neu denken müs-

sen, lesen Sie am 26.10. im Neu-Isen-

burger Extrablatt. Ein Monat später ist

„Jaime Lerner“ im Interview.

Woran erkennt man die Lebensqualität einer Stadt? Das Interview mit Jan Gehl, dänischer Architekt und Stadtplaner im nächsten Extrablatt

N E U - I S E N B U R G

Gegen die „Verhässlichung“ der StädteExperte Léon Krier zum Stadtumbau – Neu-Isenburg soll schöner werden

Jürgen Aha zeigt Léon Krier die Entwicklungsgebiete Frankfurter Straße und den Alten Ort

Krier ist seit über 15 Jahren der persönliche Stadtplaner des Prinzen

Hankook

Page 11: Neu-IsenburgerExtrablatt · Odo Marquard: Zukunft braucht Herkunft ALTE NEUE WELT S. 1 Neu-IsenburgerExtrablatt Nr. 61 * 2018 Freitag 28. September Neues Fotoprojekt: In Neu-Isenburg

Seite 11 September 2018

Sicherlich eine interessante Frage,

wenn es um den STADT.UMBAU

vom „Alten Ort bis zur Neuen Welt“

geht. Denn so formuliert unser Bür-

germeister Herbert Hunkel gerne das

definierte Fördergebiet und erklärt da-

bei auch gerne ausführlich, was es

bedeutet. Nun will Neu-Isenburg seine

Innenstadt umbauen – sie soll schöner

werden, mehr Aufenthaltsqualität bie-

ten und sich auch besser auf die Fol-

gen des Klimawandels einstellen.

Wer entscheidet mit?

Von den Nachfolgern der Hugenotten

wohnen vielleicht noch eine Handvoll

in Neu-Isenburg. Aber inzwischen le-

ben über 120 Nationen in unserer

Stadt: Neu-Isenburg ist als Standort

attraktiv, die Stadt wächst, sie wird

immer internationaler – aber wird sie

sich deshalb auch immer fremder? In

einer Dorfgemeinschaft zum Beispiel

gibt es keine Fremden. In der Stadt

sind fremde Gesichter das Normale,

nur die vertrauten fallen auf. Aber

ohne den Zuzug von Fremden gibt es

keine großen und schon gar keine

kulturell und ökonomisch produktiven

Städte.

Wo ist unsere Bürgerschaft?

Fast 40.000 Einwohner hat Neu-Isen-

burg. Leider interessiert sich kaum

jemand dafür, wie Neu-Isenburg schö-

ner werden soll. Die Bürgerbeteili-

gung beim größten Stadtumbauprojekt

– unsere Innenstadt – ist so gering,

dass die Frage: „wo ist unsere Bürger-

schaft?“, berechtigt ist. Zur Erarbei-

tung des Integrierten Stadtentwick-

lungskonzeptes (ISEK) soll das die

Gruppe „Lokale Partnerschaft“ über-

nehmen. Sie umfasst die verschiedens-

ten Institutionen und ist als fester

Bestandteil des Planungsprozesses zu

integrieren.

Wer engagiert sich?

Es sind immer dieselben

An den ersten Sitzungen nahmen rund

40 Vertreterinnen und Vertreter aus

Interessengruppen teil. Es wurden drei

Arbeitsgruppen entlang der Förderge-

biete gegründet. Das Neu-Isenburger

Extrablatt war bei den ersten Treffen

der drei Arbeitsgruppen „Alter Ort“,

„Neue Welt“ und „Innenstadt“ dabei.

Ideen und Anregungen sollten von den

ohne dass die Lebensqualität der

Anwohner leidet. Also kein Projekt,

das mit aller Gewalt durchgezogen

werden soll. Aber es ist nun mal unser

früheres Wahrzeichen und soll im

Nutzen eine Bereicherung für all

werden. Zu unseren Festen soll es ein

Mittelpunkt werden und mehr noch

ein Grund sein, den schönen Alten Ort

wieder als Zentrum unserer Stadt zu

sehen und zu erleben.

Wir hoffen das sich viele für diese

Idee begeistern können. Wir haben

jetzt auch Facebook und Email:

Hugenotten Rathaus Neu-Isenburg

Mail: [email protected]

Ein Blick zurück – Fußgängerzone

Das Neu-Isenburger Extrablatt hat ins

Archiv gesehen: Die Fußgängerzone

war eine der Ersten in Deutschland

und wurde am 04.09.1976 eröffnet.

Schon damals hieß es, dass nun der

erste Schritt zur Erneuerung unserer

Innenstadt getan sei. Zu den bereits

vorhandenen guten Spezialitäten- und

Fachgeschäften, sollen weitere attrak-

tive Einkaufsmöglichkeiten kommen,

die den sehr kaufbewussten Bürger

anziehen und ihn fern von Abgasen

das Einkaufen ermöglichen. Der dabei

entstehende Boulevard-Charakter soll

für einkaufende Isenburger, eine ge-

mütliche Atmosphäre schaffen. Bür-

germeister Hans Fey wurde im Neu-

Isenburger Anzeigeblatt wie folgt

zitiert: „Neu-Isenburg soll schöner

werden. Heute sehen wir, dass man

mit relativ einfachen Mitteln eine In-

nenstadt schöner gestalten kann. Wir

haben 14 Pflanzkombinationen für die

Verschönerung aufgestellt, 25 Papier-

körbe (für Umweltbewußte) und 25

Fahrradständer, womit die Fußgänger-

zone nun mit allem ausgestattet sein

dürfte, was das Leben und Einkaufen

hier zu einer echten Freude werden

läßt.“

Bürger in Bewegung:

Der Alte Ort: Torsten von Juterzenka

(links im Bild). Die Attraktivität des

Alten Orts ist unbestritten. Es kommt

nur darauf an ob man dort wohnt oder

den Alten Ort besuchen will. Und da

mangelt es an vielen Ecken. Es geht in

erste Linie um die Lebensqualität für

alle Isenburger die ihren Stadtkern

erleben wollen.

Ideen für einen Wochenmarkt oder

Geschäfte wie Bäcker und Metzger

sind schon geboren. Der Aufbau des

Alten Rathauses sollte als Initialzün-

dung und als Belebung fungieren. So

dass sich vom Kern aus andere Ge-

schäfte und Gastronomen ansiedeln,

Liebe Leser vom Neu-Isenburger

Extrablatt, seit 2014 bin ich Vorstand

der „City Neu-Isenburg Interessen-

gemeinschaft“, zu der 33 Einzelhänd-

ler, Dienstleistungsbetriebe sowie das

Isenburg-Zentrum gehören. Unsere

Geschäfts- und Kaufwelt lebt von und

mit dem Wettbewerb. Unser Motto

„Gut für die Leut, gut für die Stadt“

bringt unsere Botschaft auf den Punkt.

Und wenn die Bürger von sich aus da-

zu stehen „Gude, du hast mein Wort,

ich kauf´s im Ort,“ dann freuen wir

uns besonders für die IG City.

Das Stadtumbauprojekt ist die wohl

größte Herausforderung für die Zu-

kunft unserer Innenstadt. Der oft be-

vorzugte Einkauf auf der „grünen

Wiese“ und der boomende Online-

Handel, setzen Innenstädte immer

mehr unter Druck. Und der demo-

grafische Wandel lässt die klassische

Einkaufsklientel langsam aber sicher

weniger werden. Wir brauchen für

unsere Innenstadt ein ganzheitliches

Konzept, das Wohnen, Leben und Ein-

kaufen, kurz städtisches Leben fördert.

Neue Wohnungen müssen in der In-

nenstadt gebaut werden damit die Ge-

schäfte der Innenstadt leben können.

Die Wahlbeteiligung bei der letzten

Kommunalwahl 2016 in Neu-Isenburg

war mit 40,4 Prozent die bisher nied-

rigste. 1997 waren es noch 58 Prozent.

War das bereits ein erstes Warnsignal,

dass die Politik sich vom Bürger ent-

fremdet? Heute spielt sicherlich auch

die Bundespolitik mit eine große Rol-

le, die Ereignisse der letzten Wochen

und die für Bürger nicht nachvollzieh-

baren Entscheidungen, verstärken wei-

ter die Entfremdungstendenzen.

Brauchen wir eine neue Kultur

des Miteinanders?

Scheinbar hat die alte Kultur des Mit-

einanders auch in Neu-Isenburg aus-

gedient und sollte überprüft werden.

So zumindest lässt sich ein erstes

Resümee aufgrund des Desinteresses

am „Stadtumbau in der Bevölkerung“

ziehen. Man kann ja das Interesse der

Bevölkerung am Stadtgeschehen nicht

nur an den Besucherzahlen bei städti-

schen Festen messen: wie Altstadtfest,

Open Doors, Weinfest.

Wie kann man aber das Interesse der

Bürger wecken, damit diese sich zum

Beispiel bei der Gruppe der „Lokalen

Partnerschaft“ mit einbringen? Sicher-

lich ist das einen Aufgabe, die von der

Öffentlichkeitsarbeit der Stadt zu lö-

sen ist. Da kann man auch von ande-

ren Kommunen lernen, die einen kon-

tinuierlichen Bürgerdialog führen und

dabei sich auch verstärkt der sozialen

Medien bedienen. Eine Medienplatt-

form, die natürlich besonders von der

Generation Mitte genutzt wird.

Auch die NH ProjektStadt

ist gefordert

Für die nächsten 10 Jahre (plus 5 Jah-

re) berät das beauftragte externe Be-

ratungsteam unsere Stadt bei der Ent-

wicklung des Konzeptes. Sicherlich

kann man als erfahrenes und mit Neu-

Isenburg vertrautes Unternehmen,

nicht mit der Bürgerbeteiligung zufrie-

den sein. Letztendlich geht es um In-

vestitionen von über 20 Millionen

Euro im Rahmen des Stadtumbau

Projektes.

Es gibt sogar im Budgetplan zu ver-

wendende Mittel für die Öffentlich-

keitsarbeit. Gibt es ein Konzept für

den Bürgerdialog? Oder wie soll eine

permanente Information über die

geplanten Maßnahmen erfolgen? Das

Neu-Isenburger Extrablatt wollte in

dieser Ausgabe bereits mehr über das

berichten, was die Stadt plant. Leider

wurden wir vertröstet mit dem Hin-

weis doch auf der Homepage der Stadt

nachzusehen. Doch da ist letzte Infor-

mation vom 28.08.2018.

Wem gehört eigentlich die Stadt?Den Beamten, Stadtplanern, Investoren, Bürgern – oder diesen Gründerfamilien von 1699?

N E U - I S E N B U R G

Torsten von Juterzenka redet Klartext auf dem Alten Marktplatz

Christian Kahnke (IG City) redet Klartext zur Fußgängerzone

Arbeitsgruppen miteingebracht wer-

den, was auch von den Anwesenden

rege geschah. Aber wer war eigentlich

anwesend? Wenn man zunächst die

Zahl der „Offiziellen“ abzieht, dann

waren im Durchschnitt pro Veran-

staltung ca. 10-15 interessierte Bürger

pro Fördergebiet anwesend. Übrigens

Personen, die in der Tat meistens bei

Veranstaltungen zur Stadtentwicklung

zu sehen sind. Es sind engagierte

Bürger, die sich einbringen und somit

auch bereit sind, für ihre Ideen ein-

zustehen. Aber repräsentieren sie die

Bevölkerung unserer Stadt?

Nein…

Man könnte in diesem Fall von einem

harten Kern sprechen: eher ältere,

Ende 60-jährige, über 70-jährige Neu-

Isenburger, mit einer hohen Affinität

zu ihrer Stadt. Sie sind sozusagen das

Fundament, das zur Meinungsbildung

in unserer Stadt wesentlich beiträgt,

aber nicht die Mehrheit der Bevölke-

rung ausmacht. Wie setzt sich denn

die Bevölkerung zusammen?

Hier ein Blick auf die Einwohnersta-

tistik aus dem Jahr 2017: Bemerkens-

wert ist, dass fast 9.000 Neu-Isenbur-

gerInnen nicht älter als 25 Jahre sind.

Die über 65-jährigen haben einen

Anteil von 21 Prozent an der Gesamt-

bevölkerung. Die sogenannte „Gene-

ration der Mitte“ (im Alter zwischen

25 und 55 Jahren) macht knapp 44

Prozent der Bevölkerung aus und stellt

somit den Hauptanteil der Isenburger.

Aber warum engagiert sich nicht die

„Generation der Mitte“, die letztend-

lich die Mehrheit von Neu-Isenburgs

Bürger ausmacht?

Was denkt unsere

„Generation Mitte?“

Im Kern der Gesellschaft – so offen-

sichtlich auch in Neu-Isenburg –

macht sich nach einer aktuellen Al-

lensbach-Studie zu Folge, eine massi-

ve Unsicherheit breit. Seit 2016 ist der

Anteil der Bürger, die eine Schwä-

chung des gesellschaftlichen Zusam-

menhalts beklagen, von 56 Prozent auf

67 Prozent angestiegen. Eine große

Mehrheit von 65 Prozent empfindet

ihn insgesamt "schwach" oder sogar

"sehr schwach". Begründet wird dies

damit, dass sich die Politik zuneh-

mend vom Bürger entfremdet.

Impressum: Das Neu-Isenburger Extrablatt ist eine monatliche Themenzeitung für die Stadt

Neu-Isenburg. Sie erscheint zum Thema nachhaltige Stadtentwicklung im Umfang von 12

Seiten. Druck: PNP Druck die Hybrid-Spezialisten, Passau. Vertrieb: Deutsche Post. Idee,

Redaktion und Gestaltung: Klaus Reinhardt. Fotos: Redaktion, Agron Babalija. Titel-Illus-

trationen: Torsten von Juterzenka, Film und Postproduction: Peter Kochems. Facebook Neu-

Isenburger Extrablatt. Telefon: 06102 – 8394757 Email: [email protected]

Page 12: Neu-IsenburgerExtrablatt · Odo Marquard: Zukunft braucht Herkunft ALTE NEUE WELT S. 1 Neu-IsenburgerExtrablatt Nr. 61 * 2018 Freitag 28. September Neues Fotoprojekt: In Neu-Isenburg

W. Eritas kommentiert:

Wer hat schon was gegen

frische Luft.

Wir laden jedes Schäfchenwölkchen

mit Sauerstoffkapazität herzlich

ein in unserer Stadt zu verweilen.

Wenn da nicht die böse Physik

wäre. Die, die noch böseren Aus-

puff schleudern, in ihrem Unter-

fangen zu unterstützen, die ach

so geliebte Frischluft (die leider

zu leicht ist) in ihre Schranken

zu weisen.

Wir können leider nicht alle

Nicht-Isenburger die hier durch-

brettern an ihrem Vorhaben

hindern früh nach Hause kommen

zu wollen. Weil´s ja keinen Weg

außen rum gibt. Wäre mal ne

gute Idee. Haben andere schon

umgesetzt…und läuft. Gibt’s aber

bei uns noch nicht.

Also werden auch in Zukunft alle

mit Tunnelblick fahrenden SUV

Prols und ihre Kleinwagenfreunde

immer den schnellsten Weg

nutzen und sämtliche Schönheiten

die unsere Stadt zu bieten hat,

galant ignorieren, damit sie sich

daheim über die Scheißluft in der

Stadt beschweren können.

Da wir aber erst in ca. 20

Jahren alle schwebende und

autonome Elektroautos haben,

oder fahren, oder gefahren

werden, bleibt uns wohl

nichts anderes übrig, mal

dahin zu spazieren, wo es

eine Überdosis an H2O gibt.

Also aufhören zu jammern,

Schuhe anziehen und die un-

endlichen Hektar an Wald und

Wiese erkunden, die unser

Städtchen umgibt. Und immer

schön ein- und ausatmen…

es beruhigt!!!

wird nun von den Erwachsenen ge-

staltet. Über alle Maßnahmen ent-

scheidet der Magistrat der Stadt Neu-

Isenburg, beraten von der NH Projekt

Stadt als externes Team. Wie hieß

noch der Song von Herbert Gröne-

meier: Gebt den Kindern das Kom-

mando. Sie berechnen nicht, was sie

tun. Die Welt gehört in Kinderhände.

Dem Trübsinn ein Ende…

Zuerst die gute Nachricht…

Frischluftschneisen, oder auch Frisch-

luftbahnen genannt, leiten luft-hygie-

nisch unbelastete, thermisch aber nicht

näher differenzierte Luftmassen. Hier-

durch kann frische, kühle Umlandluft

weit in den Stadtkörper hineingeführt

werden. Das Lexikon der Geowissen-

schaften definiert die Frischluftschnei-

se als zusammenhängendes, hindernis-

freies Gebiet vom Umland bis in das

Stadtgebiet, in dem die Frischluft ver-

frachtet werden kann.

…nun die schlechte Nachricht

Die Frischluftschneisen müssen aller-

dings möglichst weit weg von Straßen

und Industriegebieten verlaufen, damit

die Luft auf ihrem Weg in die Innen-

stadt sich nicht mit Schadstoffen an-

reichert wie CO2, NOx, CO, Feinstaub,

Benzol, Ozon oder SO2. Hoppla, sagt

unsere Satireredaktion und hat ihr neu-

es Thema für die Seite 12 gefunden.

Unsere Innenstadt

ist also keine Frischluftschneise?

Nein! Und so informiert die Satirere-

daktion weiter: Liebe „Bürgerinitiati-

ven und „Arbeitsgruppen Stadtumbau“

da habt ihr wohl etwas in die falsche

Luftröhre bekommen. Wo soll denn

eine Frischluftschneise durch unsere

Innenstadt gehen? Liebe „Bürger in

Bewegung“, die Grafik unten zeigt,

wie Frischluftschneisen funktionieren:

sie gehen nicht durch dicht bebaute

Innenstadtbereiche, weil es dort an

Anschlüssen für eine Kaltluft leitende

Kinder müssen draußen bleiben Stadtumbau nur für Erwachsene geeignet

N E U - I S E N B U R G

Neu-Isenburg, und beschießen uns mit

Abgasen, Feinstaub und anderen Gift-

stoffen. Aber wie lange hält die Burg

Neu-Isenburg noch stand? Wann muss

sie wegen der Übermacht des motori-

sierten Verkehrs kapitulieren? Oder

müssen wir mit den Kommunen im

Rhein-Main-Gebiet ein Pkw-Rückfüh-

rungsabkommen an der Stadtgrenze

schließen? Dafür muss Neu-Isenburg

dann allerdings selbst Pkws die aus

Neu-Isenburg kommen, auch wieder

zurücknehmen.

Neu-Isenburg wird Frischluftzone

Neu-Isenburg wächst rasant und die

Politik muss sich auf mehr Bürger,

mehr Unternehmen und mehr Verkehr

einstellen. Unsere Stadt gehört zu den

besonders mit Feinstaub und Stickoxi-

den belasteten Städten im Rhein-

Main-Gebiet. Deshalb sind große freie

Flächen, nötig, um den dringend erfor-

derlichen Luftaustausch in der bereits

zu dicht verbauten Stadt zu gewähr-

leisten.

Der einfachste Weg ist, im Rahmen

des Programm STADT.UMBAU die

Innenstadt zur Frischluftzone zu er-

klären. So kann treu dem Motto Neu-

Isenburg wird schöner, bzw. STADT.

MOBIL Staufrei in die Zukunft, unse-

re Stadt „überlebenswerter“ werden.

führt. Dabei wäre dies doch ein erster

Schritt in die richtige Richtung gewe-

sen, um den gesellschaftlichen Zusam-

menhalt von früh auf zu stärken. Nun

hat man offensichtlich diese Chance

vertan und Neu-Isenburgs Innenstadt

„Satirisches“ Gebabbel zum Stadtklima und zur Lufthygiene

Seite 12 September 2018

Das sind Frischluftschneisen bzw. Frischluftbahnen

CO2

Feinstaub

NOX

Benzol

COOzon

Frischluftsterben: Rettet unsere Innenstadt Von Frischluftschneisen, sauberer Luft und Pkw-Rückführungsabkommen

Nachbarstädte Isenburg

Wir werden euch schon zeigen Wie eure

Stadt in 10 Jahren auszusehen hat…

Frischluftschneise fehlt. Es handelt

sich bei Frischluftschneisen vielmehr

um freigehaltene Flächen, die Frisch-

luftströmungen erst ermöglichen sol-

len. Dort allerdings, wo enge Häuser-

schluchten, Asphalt und Pflastersteine

sowie fehlendes Grün die Innenstadt

im Sommer aufheizen, sind primär an-

dere Maßnahmen gefordert, um dort

die Luftqualität zu verbessern. Doch

von wo kommt eigentlich die soge-

nannte „frische“ Luft?

Stadtklima und Luftqualität

Die Satireredaktion hat tagelang re-

cherchiert und konnte folgendes er-

mitteln: über Neu-Isenburg weht zu

ca. 70 % im Jahr der Westwind. So die

Aussage vom Flughafen Frankfurt, der

es ja wissen muss in welcher Richtung

Flugzeuge starten. Die frisch-gekühlte

Luft kommt also aus Richtung Flug-

hafen und trifft in Neu-Isenburg erst-

mals auf Höhe des Bahnhofs ein.

Die noch frische Luft zieht dann über

Neu-Isenburg hinweg und lädt sich

Straße für Straße, Haus für Haus mit

Schadstoffen und Feinstaub auf, um

die Innenstadt mit „frisch“ belasteter

Luft zu durchströmen.

„Frischluftschneise“

Carl-Ulrich-Straße

So sieht es aus, wenn sich die noch

frische Luft der Frischluftschneise

Carl-Ulrich-Straße nähert, bevor diese

dann mit Schadstoffen angereichert

wird. Entlang der Carl-Ulrich-Straße

nimmt die Luft dann immer mehr

Schadstoffe auf und so wird aus einer

Frischluftschneise – entlang der Straße

– eine „Dreckluftschneise“, über die

das ganze Übel in die Innenstadt ge-

blasen wird. Von frischer Luft, ist nun

nichts mehr vorhanden, geschweige

von sauberer Luft, die eigentlich euro-

paweit ein höchstrichterlich bestätigtes

Recht ist. Handlungsbedarf ist gege-

ben: im integrierten Klimaschutzkon-

zept der Stadt ist aufzunehmen:

Saubere Luft mit

Pkw-Rückführungsabkommen

In Neu-Isenburg verursacht der Ver-

kehr fast die Hälfte der CO2 Emissio

nen. Der motorisierte Individualver-

kehr hat jetzt bereits einen Anteil von

64%. Das Tagesverkehrsaufkommen

betrug 2016 ca. 100.000 Kfz/24h. Da-

von kommen ca. 37.000 Verkehrsteil-

nehmer aus beruflichen Gründen nach

Die Satireredaktion vom Neu-Isenbur-

ger Extrablatt – bekannt für ihre klare

und unverblümte Meinungsäußerung –

sagt, was Sache ist – denn die Zukunft

unserer Innenstadt ist nur etwas für die

Erwachsenen, die Erziehungsberechti-

gen, oder sonstige Vormünder.

In 10 Jahren (plus 5 Jahre) ist das För-

derprogramm Stadtumbau verbaut und

wir blicken voller Staunen auf das,

was wir geschaffen haben. Toll, wird

dann wahrscheinlich die Politik sagen,

wer auch immer im Stadtparlament

noch sitzen wird. Und hoffentlich le-

ben dann auch noch die engagierten

Bürger, die sich so vehement für ein

schöneres Neu-Isenburg eingesetzt ha-

ben.

Aber vor allem werden die damals

jungen Neu-Isenburger dann staunen,

die man nicht befragt hatte, weil sie ja

noch so jung und unerfahren waren.

Kinder fragt man nicht, wie sie sich

ihre Stadt in Zukunft vorstellen, in der

sie in Zukunft leben sollen. Wir hoffen

für alle, dass dies gut geht und nicht

zu einem Konflikt der Generationen