Neue Ansätze in der Dekubituspropylaxe

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43 Heilberufe / Das Pflegemagazin 2014; 66 (2) PflegePraxis Prävention Entstehung, Vermeidung und Behandlung Neue Ansätze in der Dekubitusprophylaxe Mit dem demographischen Wandel nimmt auch die Zahl schwer pfle- gebedürftiger Menschen stetig zu. Daher spielt die Vermeidung und Behandlung von Druckgeschwüren im pflegerischen Alltag nach wie vor eine herausragende Rolle. Doch was wissen wir heute über die Entstehung von Dekubitus? Und: Wie sollte modernes Dekubitus- management aussehen? Der folgende Beitrag gibt einen Überblick. D ie Prävention von Dekubitus wird seit Jahrzehnten zum großen Teil der pflegerischen Verantwortung zugerechnet. Florence Nightingale schrieb bereits im Jahr 1860: „If a patient … has a bed-sore, it is generally the fault not of the disease, but of the nursing.“ Heute würde man dieser Aussage natür- lich nicht uneingeschränkt zustimmen, doch pflegerisches Handeln hat in der Tat erhebliches Potential, Dekubitus wirksam zu vermeiden. Gleichzeitig er- fordern effiziente Dekubitusprophylaxen und -therapien interdisziplinäres Vorge- hen. Viele Prozesse führen zum Gewebeschaden Dekubitus entstehen durch länger anhal- tende Verformung, Kompression und Scherung von weichen Geweben. Sie tre- ten typischerweise zwischen „hervorste- henden“ Knochen und harten Oberflä- chen (z.B. Sitzfläche eines Stuhls) auf, auf denen sich die Personen befinden. Im Sitzen entwickeln sich Druckdefekte ty- pischerweise über den Sitzbeinen, im Liegen über dem Kreuzbein oder an den Fersen. Die Gewebe sind an diesen Kör- perstellen deshalb besonders anfällig (Prä- dilektionsstellen), weil die „Knochenspit- zen“ im Vergleich zu anderen Körperstel- len dort besonders „tief “ in vergleichs- weise dünne Haut oder/und Muskel- schichten drücken. Dadurch werden die Gewebe in diesen Körperregionen beson- ders stark belastet. Wie genau es unter diesen Belastungen zur Entstehung von Gewebeschäden und Nekrosen kommt, ist erst teilweise bekannt. Wahrscheinlich laufen auf zellulärer Ebene eine ganze Reihe pathologischer Prozesse ab, die sich in ihren schädigenden Wirkungen gegen- seitig verstärken. Ein wichtiger Prozess ist die lang an- haltende mechanische Verformung von Muskel- und/oder Fettzellen. Dadurch geht das Zellskelett zugrunde und die stark erhöhte Durchlässigkeit der Zell- membran führt zum Absterben der Zel- len. Je nach Größe dieses Areals entstehen nekrotische Bereiche in der Muskulatur und/oder im subkutanen Fettgewebe. Ein weiterer Prozess scheint die länger andauernde Kompression von Blutge- fäßen zu sein, wodurch es zu einer lokalen Ischämie kommt. Zellen werden nicht ausreichend mit Sauerstoff und Nähr- stoffen versorgt und dadurch geschädigt. Weit verheerender scheint jedoch die an- schließende Wiederdurchblutung nach Entlastung des zuvor komprimierten Ge- webes zu sein: Durch angesammelte Stoff- wechselendprodukte und freie Radikale kommt es zur erhöhten Durchlässigkeit von Kapillarwänden und zu Entzün- dungsprozessen (Reperfusionsschädi- gung). Insbesondere bei moderaten Druckbelastungen kommt es unter nor- malen physiologischen Bedingungen zur Weiterstellung der Gefäße, um die Durch- blutung auch unter Belastung zu gewähr- leisten (druckindizierte Vasodilatation). Im höheren Lebensalter oder beispiels- weise bei Diabetikern fehlt dieser Schutz- mechanismus, was wiederum die Anfäl- ligkeit für Dekubitus erhöht. Weitere Mechanismen der Gewebeschädigung sind beispielsweise ein gestörter lympha- tischer Abfluss und Scherverletzungen von Gewebe und Blutgefäßen, die zu lo- kalen Thrombosen führen. Wahrschein- lich spielen alle genannten Mechanismen eine Rolle bei der Dekubitusentstehung, wobei die zeitlichen Abfolgen verschieden sind. Klinische und experimentelle Be- funde deuten darauf hin, dass die Zellver- formung besonders am Anfang der De- kubitusentstehung von Bedeutung ist und ischämische Prozesse erst später relevant werden (Abb. 1). Neben den Mechanismen auf zellulärer Ebene spielt auch die betroffene Gewebe- art eine Rolle. Während Muskulatur und subkutanes Fettgewebe vergleichsweise anfällig für Druckschäden sind, ist die Haut vergleichsweise widerstandfähig. Ober- und Unterhaut können deutlich längere ischämische Phasen ohne Schäden überstehen, was für die gut durchblutete Muskulatur nicht gilt. Viele weitere in- trinsische (z.B. Körperbau, Trainingszu- stand, Erkrankungen), extrinsische (z.B. Härte, Form und Oberfläche der Auflage) DOI: 10.1007/s00058-014-0235-4 Dekubitus-Experten tagen Vom 27. bis 29. August 2014 findet in Stockholm die 17. EPUAP Konferenz statt. Unter dem Motto „Pressure ulcers from birth to death – Prevention, treat- ment and rehabilitation“ vertiefen Ex- perten aus Wissenschaft und Praxis intensiv einzelne Aspekte der Dekubi- tusprävention, -behandlung und -reha- bilitation. www.epuap.org

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43Heilberufe / Das P�egemagazin 2014; 66 (2)

PflegePraxis Prävention

Entstehung, Vermeidung und Behandlung

Neue Ansätze in der DekubitusprophylaxeMit dem demographischen Wandel nimmt auch die Zahl schwer pfle-gebedürftiger Menschen stetig zu. Daher spielt die Vermeidung und Behandlung von Druckgeschwüren im pflegerischen Alltag nach wie vor eine herausragende Rolle. Doch was wissen wir heute über die Entstehung von Dekubitus? Und: Wie sollte modernes Dekubitus- management aussehen? Der folgende Beitrag gibt einen Überblick.

Die Prävention von Dekubitus wird seit Jahrzehnten zum großen Teil der pflegerischen Verantwortung

zugerechnet. Florence Nightingale schrieb bereits im Jahr 1860: „If a patient … has a bed-sore, it is generally the fault not of the disease, but of the nursing.“ Heute würde man dieser Aussage natür-lich nicht uneingeschränkt zustimmen, doch pflegerisches Handeln hat in der Tat erhebliches Potential, Dekubitus wirksam zu vermeiden. Gleichzeitig er-fordern effiziente Dekubitusprophylaxen und -therapien interdisziplinäres Vorge-hen.

Viele Prozesse führen zum Gewebeschaden Dekubitus entstehen durch länger anhal-tende Verformung, Kompression und Scherung von weichen Geweben. Sie tre-

ten typischerweise zwischen „hervorste-henden“ Knochen und harten Oberflä-chen (z.B. Sitzfläche eines Stuhls) auf, auf denen sich die Personen befinden. Im Sitzen entwickeln sich Druckdefekte ty-pischerweise über den Sitzbeinen, im Liegen über dem Kreuzbein oder an den Fersen. Die Gewebe sind an diesen Kör-perstellen deshalb besonders anfällig (Prä-dilektionsstellen), weil die „Knochenspit-zen“ im Vergleich zu anderen Körperstel-len dort besonders „tief “ in vergleichs-weise dünne Haut oder/und Muskel-schichten drücken. Dadurch werden die Gewebe in diesen Körperregionen beson-ders stark belastet. Wie genau es unter diesen Belastungen zur Entstehung von Gewebeschäden und Nekrosen kommt, ist erst teilweise bekannt. Wahrscheinlich laufen auf zellulärer Ebene eine ganze Reihe pathologischer Prozesse ab, die sich in ihren schädigenden Wirkungen gegen-seitig verstärken.

Ein wichtiger Prozess ist die lang an-haltende mechanische Verformung von Muskel- und/oder Fettzellen. Dadurch geht das Zellskelett zugrunde und die stark erhöhte Durchlässigkeit der Zell-membran führt zum Absterben der Zel-len. Je nach Größe dieses Areals entstehen nekrotische Bereiche in der Muskulatur und/oder im subkutanen Fettgewebe.

Ein weiterer Prozess scheint die länger andauernde Kompression von Blutge-fäßen zu sein, wodurch es zu einer lokalen Ischämie kommt. Zellen werden nicht

ausreichend mit Sauerstoff und Nähr-stoffen versorgt und dadurch geschädigt. Weit verheerender scheint jedoch die an-schließende Wiederdurchblutung nach Entlastung des zuvor komprimierten Ge-webes zu sein: Durch angesammelte Stoff-wechselendprodukte und freie Radikale kommt es zur erhöhten Durchlässigkeit von Kapillarwänden und zu Entzün-dungsprozessen (Reperfusionsschädi-gung). Insbesondere bei moderaten Druckbelastungen kommt es unter nor-malen physiologischen Bedingungen zur Weiterstellung der Gefäße, um die Durch-blutung auch unter Belastung zu gewähr-leisten (druckindizierte Vasodilatation). Im höheren Lebensalter oder beispiels-weise bei Diabetikern fehlt dieser Schutz-mechanismus, was wiederum die Anfäl-ligkeit für Dekubitus erhöht. Weitere Mechanismen der Gewebeschädigung sind beispielsweise ein gestörter lympha-tischer Abfluss und Scherverletzungen von Gewebe und Blutgefäßen, die zu lo-kalen Thrombosen führen. Wahrschein-lich spielen alle genannten Mechanismen eine Rolle bei der Dekubitusentstehung, wobei die zeitlichen Abfolgen verschieden sind. Klinische und experimentelle Be-funde deuten darauf hin, dass die Zellver-formung besonders am Anfang der De-kubitusentstehung von Bedeutung ist und ischämische Prozesse erst später relevant werden (Abb. 1).

Neben den Mechanismen auf zellulärer Ebene spielt auch die betroffene Gewebe-art eine Rolle. Während Muskulatur und subkutanes Fettgewebe vergleichsweise anfällig für Druckschäden sind, ist die Haut vergleichsweise widerstandfähig. Ober- und Unterhaut können deutlich längere ischämische Phasen ohne Schäden überstehen, was für die gut durchblutete Muskulatur nicht gilt. Viele weitere in-trinsische (z.B. Körperbau, Trainingszu-stand, Erkrankungen), extrinsische (z.B. Härte, Form und Oberfläche der Auflage) D

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Dekubitus-Experten tagen

Vom 27. bis 29. August 2014 findet in Stockholm die 17. EPUAP Konferenz statt. Unter dem Motto „Pressure ulcers from birth to death – Prevention, treat-ment and rehabilitation“ vertiefen Ex-perten aus Wissenschaft und Praxis intensiv einzelne Aspekte der Dekubi-tusprävention, -behandlung und -reha-bilitation.

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und weitere unbekannte Faktoren beein-flussen die Dekubitusentstehung. Deshalb sind verlässliche Vorhersagen wer, unter welchen Umständen und nach welcher Dauer welche Gewebeschädigungen er-leidet, praktisch unmöglich. Sicher lässt sich sagen, je länger und je intensiver die Druckbelastungen in den Geweben an-halten, desto stärker steigt die Wahr-scheinlichkeit, dass Dekubitus entstehen (Abb. 1).

Dekubitalulzera vorbeugenRisikoeinschätzung. Jede dekubitusge-fährdete Person benötigt eine wirksame und individuelle Prophylaxe. Aus pflege-rischer Sicht ist es deshalb hilfreich, zu-nächst den Grad der Gefährdung zu be-stimmen. Als Faustregel gilt, dass bei allen Personen, die in ihrer Aktivität oder Mo-bilität eingeschränkt sind, ein Dekubitus-risiko sehr wahrscheinlich ist. Das sind zum Beispiel Schwerkranke oder be-wusstseinseingeschränkte Patienten im OP oder auf Intensivstationen, Personen mit Querschnittlähmungen, oder stark pflegebedürftige Pflegeheimbewohner. Sobald ein Dekubitusrisiko nicht sicher ausgeschlossen werden kann, muss ein gründliches individuelles Risikoassess-ment erfolgen. Dafür gibt es zwar kein allgemeingültiges Rezept, doch die For-schung und klinische Erfahrungen zeigen, dass die Risiken in der Regel bereichs- und gruppenspezifisch sind. Zum Beispiel sind Rollstuhlfahrer sehr stark gefährdet,

Dekubitus am Gesäß zu entwickeln. Bei Krankenhauspatienten mit Spinalanäs-thesie treten häufig Fersendekubitus auf. Aufgrund der Körperproportionen haben Kleinkinder eine Neigung zu Dekubitus am Kopf. Ein zielgerichtetes Risikoassess-ment bedeutet auch, die Ressourcen und Potentiale zu erfassen, die dekubituspro-tektiv wirken, z.B. Selbstpflegefähigkeiten. Darauf können sinnvoll präventive Maß-nahmen aufgebaut werden.

Mit dem heutigen Tag gibt es interna-tional mindestens 80 so genannte Deku-bitus-Risikoskalen. Diese bestehen aus einer Zusammenstellung von Faktoren (z.B. Mobilität, Kontinenz, Ernährungs-zustand), die einzeln bewertet werden, und danach meist in Form von Gesamt-

werten Auskunft über das Dekubitusrisi-ko geben sollen. Aufgrund der dargestell-ten Komplexität der Dekubitusentstehung sind diese vereinfachten Skalenwerte eher schlechte Werkzeuge. Erhobene Einschät-zungswerte können das Dekubitusrisiko über- oder unterschätzen und sie sind selten handlungsrelevant. Das bedeutet nicht, dass Dekubitus-Risikoskalen in der Pflegepraxis nicht verwendet werden dür-fen, aber Anwender müssen sich immer bewusst sein, dass erhobene Skalenwerte sehr ungenaue Risikodiagnosen sind und ein umfassendes Assessment keinesfalls ersetzen können.

Prophylaktische Maßnahmen. Die zurzeit am besten durchzuführenden Maßnah-men sind Frei- und Weichlagerungen. Da Dekubitus durch lang andauernde Defor-mationen von Geweben entstehen, gilt es die Dauer zu verkürzen und/oder die Intensität der Deformation zu reduzieren. Freilagerungen helfen, zuvor belastete Haut und Gewebe zu entlasten und sie schaffen Zeit für Regenerationsprozesse. Weichlagerungen sorgen für einen grö-ßeren Kontakt der Körperoberfläche zur Auflagefläche. Belastungsspitzen werden dadurch reduziert und das Gewebe kann Druckbelastungen etwas länger tolerieren, ohne Schaden zu nehmen.

Sowohl für Frei- und Weichlagerungs-intervalle als auch für die Wahl spezieller Antidekubitussysteme gibt kein allgemein gültiges Rezept. Unter Umständen kön-nen schwerwiegende druckbedingte Ge-webedefekte innerhalb von 20 Minuten auftreten. Andere Personen können In-

Zeit der Druckbelastung

Deformation von Geweben

Ischämie und Reperfusionsschädigungen

Abb. 1: Zeitliche Abfolge pathologischer Mechanismen unter Druckbelastung

Dekubitusrelevante evidenzbasierte Standards und Leitlinien (deutschsprachig)

▶ Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung e.V. (Hrsg.). Lokal- therapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus, chronisch venöse Insuffizienz. 2012. www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/091-001.html

▶ Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (Hrsg.). Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege. 1. Aktual. 2010.

▶ Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (Hrsg.). Expertenstandard Pflege von Menschen mit chronischen Wunden. 2009.

▶ National Pressure Ulcer Advisory Panel und European Pressure Ulcer Advisory Panel. Leitlinie Dekubitusprävention (Kurzversion). 2009. www.epuap.org/guidelines/QRG_Prevention_in_German.pdf

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PflegePraxis Prävention

tervalle von mehreren Stunden tolerieren. Eine engmaschige Inspektionen der Haut und Beobachtungen der Kranken und Pflegebedürftigen sind notwendig, um ein optimales Lagerungsmanagement zu eta-blieren. Rötungen, blasse Areale oder Schmerzen sind Warnhinweise, dass be-reits pathologische Prozesse begonnen haben. In diesen Fällen müssen die be-troffenen Körperstellen sofort und solan-ge entlastet werden, bis alle Anzeichen einer möglichen Hautschädigung ver-schwunden sind. In jedem Fall sind alle Lagerungen und Mobilisierungen haut- und gewebeschonend durchzuführen.

Spezielle Ernährungsinterventionen und Hautpflegemaßnahmen werden ebenfalls zu dekubitusprophylaktischen Maßnahmen gezählt. Die Förderung der Ernährungssituation und die Hautpflege, sofern indiziert, sind essentielle Aufga-benbereiche der Pflege, doch die Beweise für spezifische Antidekubituswirkungen sind eher schwach. Eincremen hilft nicht, druckbedingte Muskel- oder Fettgewebs-nekrosen zu vermeiden.

Dekubitusbehandlung: Ohne Freilagerung keine HeilungLiegt ein Dekubitus vor, so muss dieser zunächst klassifiziert werden. Für weite Teile der Gesundheitsversorgung im deutschsprachigen Raum ist die Dekubi-tusklassifikation der ICD-10 verbindlich. Je nach vermuteter Tiefe der Gewebeschä-digung werden Dekubitus 1. Grades (Druckzone mit nicht wegdrückbarer Rötung) bis 4. Grades (Nekrose von Mus-keln, Knochen oder stützenden Struk-turen) unterschieden (Stand 2014). Dabei gilt es zu beachten, dass Dekubitus nicht analog dieser aufsteigenden Grade entste-hen. Tiefe Dekubitus 3. und 4. Grades können unter zunächst intakter Haut „hervorbrechen“ oder von außen als Grad 1 Dekubitus diagnostizierte Schädigungen können in Wirklichkeit schon alle Gewe-be betreffen. Ohne bildgebende Verfah-ren, die in der täglichen Praxis nicht zur Verfügung stehen, ist eine genaue Deku-bitusklassifikation unter intakter Haut sehr schwierig.

Im Falle vorhandener Dekubituswun-den muss neben der Klassifikation eine Wundbeurteilung erfolgen. Relevante Kriterien sind beispielsweise Größe, Flä-che, Tiefe, Unterminierungen, Rand, Ex-

sudat, Geruch und Schmerzen. Je nach Dekubituskategorie und Zustand der Wunde muss eine dem aktuellen Wissen entsprechende Wundbehandlung durch-geführt werden. Eine konsequente Frei-lagerung der Wunde ist für die Abheilung eines Dekubitus Voraussetzung.

PD Dr. rer. Jan KottnerCharité – Universitätsmedizin Berlin Klinik für Dermatologie, All-ergologie und Venerologie Charitéplatz, 10117 Berlin [email protected]

▶ Dekubitus gehören zu schwerwie-genden unerwünschten Ereignissen in der medizinisch- pflegerischen Ver-sorgung. Obwohl nicht jeder Deku- bitus vermeidbar ist, gibt es sehr wir-kungsvolle Strategien, einer Dekubi-tusentstehung entgegenzuwirken.

▶ Neben individuellen Präventionsmaß-nahmen sind auch persönliche Kom-petenzen der Pflegenden, Aufmerk-samkeit, Kontinuität des Versorgungs-prozesses und organisatorische Rahmenbedingungen für ein gutes Dekubitusmanagement wichtig.

▶ Aufgrund unzähliger nationaler und internationaler Forschungsaktivitäten ist davon auszugehen, dass das ver-fügbare Wissen zum Thema weiter zunimmt. Dieses Wissen auf Praxis-tauglichkeit und Effizienz hin zu eva-luieren und ggf. zu implementieren gehört mit zu den zukünftigen He-rausforderungen.

FA Z IT FÜ R D I E PFLEG E