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ARMIN HERB Neue Rundfunkfinanzierung – neue Datenschutzprobleme? Datenschutzrecht Datenschutzrechtliche Normen im neuen Rundfunkbeitrags- staatsvertrag (RBStV) Die Rundfunkgebühren für Hörfunk- und Fernsehgeräte sollen zum 31.12.2012 abgeschafft werden. Denn die Finanzierung des dualen Rundfunksystems in Deutschland und damit insbe- sondere der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten soll auf eine neue, von Geräten unabhängige Basis gestellt werden. Da- für muss ab dem 1.1.2013 ein Rundfunkbeitrag für jede Woh- nung und Betriebsstätte geleistet werden. Damit betrifft die neue Abgabe, für deren Erhebung und Einzug auch eine Viel- zahl von Daten erhoben, gespeichert und genutzt werden müs- sen, praktisch jeden, zumal er auch mit einem einmaligen Ab- gleich mit den Daten aller bei den Einwohnermeldeämtern ge- meldeten Personen einhergeht. Im Rahmen dieses Modell- wechsels wird der bisherige Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) durch einen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) der Länder ersetzt. Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit den datenschutzrechtlichen Vorschriften, die sowohl für den Modellwechsel als auch für die die neuen materiellen Regelun- gen geschaffen wurden, und beleuchtet sie kritisch. I. Einleitung Zur Finanzierung der dualen Rundfunkordnung müssen seit Jahrzehnten für empfangsbereite Rundfunkgeräte (für Hörfunk oder Fernsehen) entsprechende Zahlungen geleistet werden. 1. Von der Gebühr zum Rundfunkbeitrag Aus der ursprünglichen Genehmigungsgebühr für den Betrieb einer Fernmeldeanlage entstanden die Rundfunkgebühren für Hörfunk und Fernsehen. 1 1 Mit dem 1. RGebStV wurde zum 1.1.1970 ein einheitliches Regelwerk für alle Bundesländer geschaffen. Anknüpfungspunkt und Grundregel war und ist bis heute, dass für jedes einzelne Hörfunk- und Fern- sehgerät eine Gebühr zu entrichten ist. 2 2 § 2 Abs. 2 RGebStV; zur Geschichte Hesse, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 1999, sowie Ohliger, in: Beck’scher Komm. zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, Vor RGebStV. Nunmehr will der Ge- setzgeber an das bloße Innehaben einer Wohnung oder Be- triebsstätte (bzw. eines Kraftfahrzeugs) anknüpfen und aus der Gebühr soll ein Beitrag werden. Hintergrund ist zum einen die technische Geräteentwicklung, welche die Einteilung in Hör- funk- und Fernsehgeräte immer schwieriger machte, wie die Beispiele von Handys oder Radios mit Display („Sichtbarma- chung“) oder internetfähigen PCs („neuartige Rundfunkemp- fangsgeräte“) zeigen. Aber auch die zunehmend als Belastung empfundenen Kontrol- len, z.B. durch Gebührenbeauftragte, führten schließlich nach vielen Anläufen, Gutachten 3 3 Bull, Rundfunkbeitrag und Datenschutz, 2010, sowie unter: http://www.ard.de/ intern/Standpunkte; Dittmann, Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rund- funks durch eine Medienabgabe, 2008; Kirchhof, Die Finanzierung des öffentlich- rechtlichen Rundfunks, 2010. und Modellüberlegungen 4 4 Eicher, in: FS für Hans-Dieter Drewitz, 2009, S. 213 ff. zum vorliegenden Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV). Er erfuhr im Laufe des Jahres 2010 nach diversen Anhörungen 5 5 U.a. wurden die Rundfunkbeauftragten für den Datenschutz und die Landesda- tenschutzbeauftragten zweimal angehört. immer wieder Änderungen und wurde mehr und mehr datenschutz- freundlich ausgestaltet. Schließlich unterzeichneten alle Minis- terpräsidenten am 15.12.2010 den vorliegenden Staatsver- trag, 6 6 Er ist öffentlich zugänglich unter: http://www.rlp.de/ministerpraesident/staats kanzlei/medien/. der jetzt noch von allen Landtagen ratifiziert, d.h. in Lan- desrecht umgesetzt werden muss, damit er am 1.1.2013 in Kraft treten kann. 7 7 Einzelne Vorschriften sollen bereits zum 1.1.2012 gelten. 2. Datenschutzrechtliche Entwicklung Seit den ersten Rundfunkgebührenstaatsverträgen (RGebStV) hat sich die Bedeutung des Datenschutzes als Persönlichkeits- schutz der betroffenen Gebührenschuldner verstärkt. Daten- schutzrechtliche Normierungen wurden deshalb schon im Zuge der Änderungen anlässlich der Wiederherstellung der deut- schen Einheit in den RGebStV aufgenommen. 8 8 Dadurch war z.B. der bereits vorhandene „interne“ Datenschutzbeauftragte der GEZ als Datenschutzbeauftragter nach dem BDSG zu bestellen; ausf. dazu Herb, in: FS für Hans-Dieter Drewitz, 2009, S. 167 ff. Auch wenn da- tenschutzrechtliche Fragen oft nur vorgeschoben werden, um sich der Gebührenpflicht zu entziehen, führte der strikte und stringente Gesetzesvollzug zum Aufspüren auch des letzten Schwarzhörers zu einem Negativimage der GEZ 9 9 Die seit dem 1.1.1976 bestehende Gebühreneinzugszentrale der öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland ist ein auf einer Verwaltungsvereinbarung beruhendes rechtlich unselbstständiges Rechenzentrum, das die Gebühren zusammen mit den jeweiligen Gebührenabteilungen der Landes- rundfunkbeauftragten und der von ihnen beschäftigten Gebührenbeauftragten einzieht. und damit letztlich auch der sie tragenden öffentlich-rechtlichen Rund- funkanstalten. Ein wesentliches Ziel der Reform ist die weitgehende Abschaf- fung der Datenerhebungstätigkeiten des Beauftragtendienstes, auch wenn nicht verkannt werden darf, dass letztlich jede Erhe- bung von Abgaben einer Kontrolle bedarf. Durch die Aufnahme und Konkretisierung von Normen insbesondere zur Datenbe- schaffung soll schließlich dem Grundrecht auf Datenschutz der betroffenen Beitragsschuldner Rechnung getragen werden. Ein- schränkungen sind demnach nur im überwiegenden Allgemein- interesse – wozu aber auch die Funktionsfähigkeit des öffent- lich-rechtlichen Rundfunks zählt – zulässig. II. Umsetzung grundsätzlicher datenschutzrechtlicher Vorgaben Zu den wichtigsten datenschutzrechtlichen Prinzipien gehören das Zweckbindungsgebot und das Erfordernis einer wirksamen Datenschutzkontrolle. 1. Zweckbindungsgebot im RBStV Das datenschutzrechtliche Zweckbindungsgebot besagt, dass „der Gesetzgeber den Verwendungszweck bereichsspezifisch 232 Herb: Neue Rundfunkfinanzierung – neue Datenschutzprobleme? MMR 4/2011

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ARMIN HERB

Neue Rundfunkfinanzierung – neueDatenschutzprobleme?

DatenschutzrechtDatenschutzrechtliche Normen im neuen Rundfunkbeitrags-staatsvertrag (RBStV)

Die Rundfunkgebühren für Hörfunk- und Fernsehgeräte sollenzum 31.12.2012 abgeschafft werden. Denn die Finanzierungdes dualen Rundfunksystems in Deutschland und damit insbe-sondere der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten soll aufeine neue, von Geräten unabhängige Basis gestellt werden. Da-für muss ab dem 1.1.2013 ein Rundfunkbeitrag für jede Woh-nung und Betriebsstätte geleistet werden. Damit betrifft dieneue Abgabe, für deren Erhebung und Einzug auch eine Viel-zahl von Daten erhoben, gespeichert und genutzt werden müs-

sen, praktisch jeden, zumal er auch mit einem einmaligen Ab-gleich mit den Daten aller bei den Einwohnermeldeämtern ge-meldeten Personen einhergeht. Im Rahmen dieses Modell-wechsels wird der bisherige Rundfunkgebührenstaatsvertrag(RGebStV) durch einen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV)der Länder ersetzt. Der nachfolgende Beitrag befasst sich mitden datenschutzrechtlichen Vorschriften, die sowohl für denModellwechsel als auch für die die neuen materiellen Regelun-gen geschaffen wurden, und beleuchtet sie kritisch.

I. EinleitungZur Finanzierung der dualen Rundfunkordnung müssen seitJahrzehnten für empfangsbereite Rundfunkgeräte (für Hörfunkoder Fernsehen) entsprechende Zahlungen geleistet werden.

1. Von der Gebühr zum RundfunkbeitragAus der ursprünglichen Genehmigungsgebühr für den Betriebeiner Fernmeldeanlage entstanden die Rundfunkgebühren fürHörfunk und Fernsehen.1

1 Mit dem 1. RGebStV wurde zum 1.1.1970 ein einheitliches Regelwerk für alleBundesländer geschaffen.

Anknüpfungspunkt und Grundregelwar und ist bis heute, dass für jedes einzelne Hörfunk- und Fern-sehgerät eine Gebühr zu entrichten ist.2

2 § 2 Abs. 2 RGebStV; zur Geschichte Hesse, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 1999, sowieOhliger, in: Beck’scher Komm. zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, Vor RGebStV.

Nunmehr will der Ge-setzgeber an das bloße Innehaben einer Wohnung oder Be-triebsstätte (bzw. eines Kraftfahrzeugs) anknüpfen und aus derGebühr soll ein Beitrag werden. Hintergrund ist zum einen dietechnische Geräteentwicklung, welche die Einteilung in Hör-funk- und Fernsehgeräte immer schwieriger machte, wie dieBeispiele von Handys oder Radios mit Display („Sichtbarma-chung“) oder internetfähigen PCs („neuartige Rundfunkemp-fangsgeräte“) zeigen.

Aber auch die zunehmend als Belastung empfundenen Kontrol-len, z.B. durch Gebührenbeauftragte, führten schließlich nachvielen Anläufen, Gutachten3

3 Bull, Rundfunkbeitrag und Datenschutz, 2010, sowie unter: http://www.ard.de/intern/Standpunkte; Dittmann, Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rund-funks durch eine Medienabgabe, 2008; Kirchhof, Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, 2010.

und Modellüberlegungen4

4 Eicher, in: FS für Hans-Dieter Drewitz, 2009, S. 213 ff.

zumvorliegenden Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV). Er erfuhrim Laufe des Jahres 2010 nach diversen Anhörungen5

5 U.a. wurden die Rundfunkbeauftragten für den Datenschutz und die Landesda-tenschutzbeauftragten zweimal angehört.

immerwieder Änderungen und wurde mehr und mehr datenschutz-freundlich ausgestaltet. Schließlich unterzeichneten alle Minis-terpräsidenten am 15.12.2010 den vorliegenden Staatsver-trag,6

6 Er ist öffentlich zugänglich unter: http://www.rlp.de/ministerpraesident/staatskanzlei/medien/.

der jetzt noch von allen Landtagen ratifiziert, d.h. in Lan-desrecht umgesetzt werden muss, damit er am 1.1.2013 inKraft treten kann.7

7 Einzelne Vorschriften sollen bereits zum 1.1.2012 gelten.

2. Datenschutzrechtliche EntwicklungSeit den ersten Rundfunkgebührenstaatsverträgen (RGebStV)hat sich die Bedeutung des Datenschutzes als Persönlichkeits-schutz der betroffenen Gebührenschuldner verstärkt. Daten-schutzrechtliche Normierungen wurden deshalb schon im Zugeder Änderungen anlässlich der Wiederherstellung der deut-schen Einheit in den RGebStV aufgenommen.8

8 Dadurch war z.B. der bereits vorhandene „interne“ Datenschutzbeauftragte derGEZ als Datenschutzbeauftragter nach dem BDSG zu bestellen; ausf. dazu Herb, in:FS für Hans-Dieter Drewitz, 2009, S. 167 ff.

Auch wenn da-tenschutzrechtliche Fragen oft nur vorgeschoben werden, umsich der Gebührenpflicht zu entziehen, führte der strikte undstringente Gesetzesvollzug zum Aufspüren auch des letztenSchwarzhörers zu einem Negativimage der GEZ9

9 Die seit dem 1.1.1976 bestehende Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland ist ein auf einerVerwaltungsvereinbarung beruhendes rechtlich unselbstständiges Rechenzentrum,das die Gebühren zusammen mit den jeweiligen Gebührenabteilungen der Landes-rundfunkbeauftragten und der von ihnen beschäftigten Gebührenbeauftragteneinzieht.und damit

letztlich auch der sie tragenden öffentlich-rechtlichen Rund-funkanstalten.

Ein wesentliches Ziel der Reform ist die weitgehende Abschaf-fung der Datenerhebungstätigkeiten des Beauftragtendienstes,auch wenn nicht verkannt werden darf, dass letztlich jede Erhe-bung von Abgaben einer Kontrolle bedarf. Durch die Aufnahmeund Konkretisierung von Normen insbesondere zur Datenbe-schaffung soll schließlich dem Grundrecht auf Datenschutz derbetroffenen Beitragsschuldner Rechnung getragen werden. Ein-schränkungen sind demnach nur im überwiegenden Allgemein-interesse – wozu aber auch die Funktionsfähigkeit des öffent-lich-rechtlichen Rundfunks zählt – zulässig.

II. Umsetzung grundsätzlicherdatenschutzrechtlicher VorgabenZu den wichtigsten datenschutzrechtlichen Prinzipien gehörendas Zweckbindungsgebot und das Erfordernis einer wirksamenDatenschutzkontrolle.

1. Zweckbindungsgebot im RBStVDas datenschutzrechtliche Zweckbindungsgebot besagt, dass„der Gesetzgeber den Verwendungszweck bereichsspezifisch

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und präzise bestimmt und dass die Angaben für diesen Zweckgeeignet und erforderlich sind“.10

10 So bereits das BVerfG im Volkszählungsurteil v. 15.12.1983, BVerfGE 65, 1, 46;zur europarechtlichen Vorgabe in Art. 6 Abs. 1 EG-DS-RL vgl. Ehmann/Helfrich, EG-Datenschutzrichtlinie, 1999.

Der Schutz vor Zweckent-fremdung ist durch Weitergabe- und Verwertungsverbote zu si-chern. Mit § 11 Abs. 5 Satz 1 RBStV haben die Landesgesetzge-ber das strikte Zweckbindungsgebot im Bereich der Rundfunkfi-nanzierung fortgeschrieben. Die Zweckbindung erstreckt sichnicht nur wie in der Vorgängernorm (§ 3 Abs. 3 RGebStV) aufdie Daten, die der Anzeigepflicht unterliegen, sondern jetzt aufalle Daten. Danach dürfen alle personenbezogenen Daten,gleichgültig, woher sie stammen und ob sie freiwillig oder aufGrund einer gesetzlichen Pflicht an die Landesrundfunkanstalt(oder ihr Rechenzentrum) gelangt sind, nur für Zwecke des Bei-tragseinzugs verwendet werden.11

11 Also z.B. auch nicht für Programm- oder Sendungszwecke der Landesrund-funkanstalten, vgl. Herb, VBlBW 1992, 201, 203 sowie Gall, in: Beck’scher Komm.zum Rundfunkrecht (o. Fußn. 2), Rdnr. 56 zu § 3 RGebStV.

Soweit ersichtlich, handelt essich dabei inzwischen um die einzige landesrechtliche12

12 Im Bundesbereich ist das Autobahnmautgesetz (noch) die einzige Vorschrift miteiner derart strikten Zweckbindung.

Vor-schrift in Deutschland, die eine derart strikte Zweckbindung oh-ne Ausnahmen festschreibt. Dies ist bemerkens- und lobens-wert, da ansonsten insbesondere bei Gesetzen mit fiskalischemCharakter umfangreiche gesetzliche Vorschriften zum Durch-brechen der Zweckbindung existieren. Auf Grund der Zweck-bindung dürfen auch keine Auskünfte an andere Stellen gege-ben werden13

13 Insb. Finanzämter versuchten bislang (vergeblich), Kontenverbindungsdatenvon der GEZ zu erhalten, s. Gall (o. Fußn. 11), Rdnr. 57 zu § 3 RGebStV.

und damit wird auch das Schreckgespenst eines„Bundesmelderegisters“ Utopie bleiben. Denn anders als dieMeldeämter dürfen die Landesrundfunkanstalten keinen ande-ren Stellen für deren Zwecke irgendwelche Daten übermitteln.

2. Datenschutzkontrolle nach dem RBStVDie bisherigen Datenschutzkontrollen bei der GEZ haben sichbewährt, da es seit deren Gründung zum 1.1.1976 keine Daten-schutzskandale gab. Jetzt wird der Umfang der für den Beitrags-einzug erforderlichen Daten sogar geringer. Es muss nicht mehrfestgehalten werden, welche Geräte von welchen Personeneiner Wohnung (oder Betriebsstätte) zum Empfang bereitgehal-ten werden. Vielmehr reicht die Feststellung und dann die Spei-cherung eines Beitragsschuldners pro Wohnung (bzw. pro Be-triebsstätte) aus. Dennoch muss auch künftig kontrolliert wer-den, ob mit diesen (zweckgebundenen) Daten sachgerecht um-gegangen wird. Die datenschutzrechtliche Kontrolle beim Bei-tragseinzug wird (ebenso wie bislang die Kontrolle der GEZ)14

14 Ausf. dazu Herb (o. Fußn. 8), S. 167 ff.

zweistufig sein (§ 11 Abs. 2 RBStV). Neben einem behördlichenDatenschutzbeauftragten beim handelnden Rechenzentrum sindfür die Kontrolle jeweils die für die Landesrundfunkanstalten zu-ständigen Rundfunkbeauftragten für den Datenschutz und z.T.15

15 Nur für HR, RB und RBB.

die Landesdatenschutzbeauftragten zuständig. Für den nach§ 11 Abs. 2 Satz 3 RBStV zu bestellenden „internen“ Daten-schutzbeauftragten gelten die entsprechenden BDSG-Bestim-mungen, und zwar in der jeweils geltenden Fassung (dynamische

Verweisung).16

16 Zur Qualifizierung als dynamische Verweisung Herb (o. Fußn. 8), S. 168, 169.

Die Kontrollen entsprechend den Vorgaben inArt. 28 EG-DS-RL werden entweder vom jeweiligen Rundfunkbe-auftragten für den Datenschutz oder vom Landesdatenschutzbe-auftragten durchgeführt. Die verfassungsrechtlichen Bedenkengegen die Kontrolle der Rundfunkanstalten durch staatliche Or-gane, also die Landesdatenschutzbeauftragten, in dem für dieRundfunkanstalten besonders sensiblen und geschützten Bereichder Finanzierung wurden vom Gesetzgeber anscheinend überse-hen.17

17 Zur Kritik insb. die Nw. bei Naujock, in: Beck’scher Komm. zum Rundfunkrecht(o. Fußn. 2), Rdnr. 15 zu § 8 RGebStV; Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht,Lsbl., Stand: 41. EL April 2010, Rdnr. 9 u. 43 zu § 42 BDSG sowie Schaffland/Wilt-fang, BDSG, Rdnr. 4 zu § 42 BDSG.

Doch selbst wenn man die Landesdatenschutzbeauftrag-ten auf Grund ihrer Unabhängigkeit als lediglich „gesellschaft-liche Mächte“ ansieht, bleibt ihnen der Einfluss auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verfassungsrechtlich verwehrt.18

18 BVerfGE 90, 60, 88.

Hinzu kommt Folgendes: Anders als im staatlichen Bereich kön-nen durch datenschutzrechtliche Vorgaben bewirkte Mehrauf-wendungen nicht aus (anderen) Steuertöpfen ausgeglichen wer-den. Unabhängig von diesen Problemen erfordert indessen diePraxis, dass einheitliche datenschutzrechtliche Vorgaben ge-schaffen werden müssen (da nur so ein Beitragseinzug wirt-schaftlich möglich ist) und die Rundfunkdatenschützer und Lan-desdatenschützer zur Zusammenarbeit verpflichtet sind.19

19 Nach § 26 Abs. 4 BDSG obliegt dabei dem BfDI die Koordinierungspflicht.

III. Datenbeschaffung für BeitragseinzugDamit der Rundfunkbeitrag eingezogen werden kann, müssendie personenbezogenen Daten der Beitragsschuldner bekanntsein. Dabei stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung.Zum einen können die Daten vom Betroffenen selbst stammen –sei es, weil er sie selbst geliefert hat, sei es, weil er seiner Aus-kunftspflicht nachgekommen ist –, zum anderen können sieüber Dritte beschafft werden, sei es von öffentlichen Stellen wieMeldebehörden oder von nicht-öffentlichen Stellen20

20 Sie sind in § 2 Abs. 4 BDSG definiert.

wie einemAdresshändler.

1. Eigenständige Datenlieferung durch denBetroffenen

a) Grundsätzliche Anzeigepflicht der BetroffenenDie Betroffenen müssen ohne Aufforderung selbstständig so-wohl die für eine Anmeldung (oder Abmeldung) erforderlichenDaten mitteilen als auch die Änderungen dieser Daten. Wie bis-lang (§ 3 RGebStV) bestehen also kraft Gesetzes eigenständigeAnzeigepflichten der Betroffenen, die in § 8 RBStV enthaltensind. Die mitzuteilenden Daten werden im Gesetz zwar konkretund im Einzelnen genannt (was dem datenschutzrechtlichenGrundsatz der Normenklarheit entspricht), doch leider wird kei-ne gesetzestechnische Trennung zwischen einer Anzeige füreine Wohnung, eine Betriebsstätte oder ein Kraftfahrzeug vor-genommen, sondern alles in einer Norm geregelt. Die in § 8Abs. 5 Nr. 2 RBStV bestehende Formulierung, bei der Abmel-dung auch den dazu „begründenden Lebenssachverhalt“ mit-zuteilen, bedarf einer einschränkenden und in der Satzung21

21 Die Satzungsermächtigung findet sich in § 9 Abs. 2 RBStV.

zukonkretisierenden Auslegung.22

22 Als Fall lässt sich der Auszug eines Partners einer Lebensgemeinschaft in eineandere Lebensgemeinschaft bilden.

Dasselbe gilt für die in § 8Abs. 4 Nr. 4 enthaltene Verpflichtung, „Angaben zur Lage derWohnung“ zu machen. Denn damit ist nicht die Lage in einem(Wohn-)Gebiet, sondern die innerhalb eines Gebäudes(„3. Stock rechts“) gemeint.

b) Anzeigepflicht für den Wechsel und Übergang zumneuen RechtDer Gesetzgeber stellt zunächst die Regel auf, dass jeder der fast40 Mio. privaten Rundfunkteilnehmer verpflichtet ist, ab dem1.1.2012 „schriftlich alle Tatsachen anzuzeigen, die Grund undHöhe der Beitragspflicht“ nach dem neuen Staatsvertrag betref-fen (§ 14 Abs. 1 RBStV). Wer indessen für seine Wohnung be-reits bezahlt (und sei es auch nur für ein Hörfunkgerät), kannauch nichts unternehmen, denn dann gilt die Vermutung des§ 14 Abs. 3 RBStV und danach wird er kraft Gesetzes Beitrags-

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schuldner nach dem neuen Staatsvertrag.23

23 Dies dürfte über 90% der privaten Haushalte betreffen.

Deshalb bestimmt§ 14 Abs. 6 RBStV auch, dass die bislang gespeicherten Datenim notwendigen Umfang weiter genutzt werden können. Aller-dings wird es dann notwendig werden, dass z.B. nach Ablaufder Verjährungsfristen für die alte Rundfunkgebühr in den Kon-ten der Schuldner die Daten zu den bereitgehaltenen Geräten(Hörfunk-, Fernsehgerät, neuartiges Rundfunkempfangsgeräteinschließlich deren Anzahl) gelöscht werden.

2. Datenlieferung durch Betroffene nach AufforderungDie Landesrundfunkanstalten können von Beitragsschuldnernoder aber Personen, bei denen „tatsächliche Anhaltspunkte“vorliegen, dass sie Beitragsschuldner sind, Auskunft verlangen(§ 9 Abs. 1 Satz 1 RBStV). Diese Formulierung entspricht dembisherigen § 4 Abs. 5 RGebStV, weshalb auch die dazu ergange-ne Rechtsprechung herangezogen werden kann.24

24 Gall (o. Fußn. 11), § 4 RGStV Rdnr. 65 ff., sowie Herb, VBlBW 1994, 344 ff.

Das Aus-kunftsrecht in § 9 Abs. 1 RBStV wurde aber durch die Sätze 2und 3 ausgedehnt und erweitert. So müssen nach § 9 Abs. 1Satz 2 RBStV auch Eigentümer einer Wohnung oder einesGrundstücks oder vergleichbar dinglich Berechtigte (z.B. Erb-bau-, Pfand- oder Nießbrauchsberechtigte) Auskunft erteilen.Bei Wohnungseigentumsgemeinschaften kann die Auskunftauch vom Verwalter verlangt werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 RBStV).Diese Datenerhebung bei Dritten (ohne Mitwirkung des Betrof-fenen) hat sich an den Vorgaben des § 4 Abs. 2 Satz 2 BDSG25

25 Genauer: An den entsprechenden Normen der Landesdatenschutzgesetze.

zuorientieren: Zunächst lässt sich feststellen, dass § 9 RBStV eineGesetzesvorschrift ist, die sich auf Grund der Sozialgebunden-heit von Eigentum und der Tatsache, dass der Rundfunkbeitragvergleichbar der Grundsteuer auf der Immobilie lastet, rechtfer-tigt.26

26 Also die Voraussetzungen von § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG erfüllt.

Die Eigenart der hier zu erfüllenden Verwaltungsaufgabedes Beitragseinzugs als eines Massenverfahrens mit monatlichrelativ geringen Beiträgen lässt schließlich die Wertungen des§ 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2a BDSG erfüllt sein,27

27 Bergmann/Möhrle/Herb (o. Fußn. 17), Rdnr. 36 zu § 4 BDSG.

zumal weitergehen-de Eingriffsbefugnisse wie ein Betretungsrecht der Wohnungoder ein Beitragsschätzungsrecht28

28 Wie es z.B. in § 162 AO existiert.

nicht bestehen. Schließlichmuss im Hinblick auf § 9 Abs. 1 Satz 3 RBStV berücksichtigt wer-den, dass auch nach § 18 Abs. 2 des neuen Volkszählungsgeset-zes (Zensus 2011)29

29 Zensusgesetz 2011 v. 8.7.2009, BGBl. I, S. 1781.

Eigentümer sowie Verwalter auskunfts-pflichtig sind. Die in § 9 Abs. 1 Satz 4 RBStV vorgesehene Mög-lichkeit, mit dem Auskunftsverlangen weitere (und über die inder Anzeigepflicht nach § 8 RBStV hinausgehende) Daten (z.B.einen Handelsregisterauszug) zu verlangen, schafft eine umfas-sende Datenerhebungsmöglichkeit und ist der Vielgestaltigkeitder Lebenssachverhalte bei fast 40 Mio. Betroffenen geschul-det. Wie die gleich lautende Vorgängervorschrift (§ 4 Abs. 5Satz 3 RGebStV) ist sie indessen nur für Einzelfälle möglich undwird nicht nur durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz undallgemeine Rechtsgrundsätze im öffentlichen Bereich be-schränkt, sondern muss auch durch eine noch zu erlassendeSatzung entsprechend § 9 Abs. 2 Nr. 3 RBStV konkretisiert wer-den.

3. Datenbeschaffung über den einmaligenMeldedatenabgleichNach § 14 Abs. 9 ist der einmalige Abgleich mit den Daten derEinwohnermeldeämter zum Zwecke der Bestands- und Erster-fassung zulässig. Dies war und ist eine strittige Norm. Dieser Ab-gleich ist zulässig, wenn eine bestimmte und normenklare Rege-lung getroffen wird, die den verfassungsrechtlichen Anforde-rungen entspricht. Dabei spielen insbesondere die im Urteil zurVorratsdatenspeicherung30

30 BVerfG MMR 2010, 356.aufgestellten Grundsätze eine Rolle.Allerdings werden hier die Meldedaten nicht wie die dort be-handelten TK-Daten „auf Vorrat zu unbestimmten und nochnicht bestimmbaren Zwecken“31

31 BVerfG MMR 2010, 356.

verwendet, sondern nur fürden einen und mit strikter Zweckbindung versehenen einmali-gen Abgleich zur Feststellung von Beitragsschuldnern. Dennochwürden auch die im Urteil genannten Kriterien der Geeignet-

heit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sin-ne32

32 Wie o. Fußn. 31.

erfüllt werden:

c Der Abgleich ist geeignet, sowohl eine Überprüfung anläss-lich der Systemumstellung vorzunehmen, als auch noch nicht er-fasste Personen einer Ersterfassung zuzuführen. Denn hier wer-den Aufklärungsmöglichkeiten zur Feststellung einer Beitrags-schuld geschaffen, die sonst nicht bestünden.c Der Abgleich ist erforderlich, da nur so bei diesem Massenver-

fahren die im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe vollstän-dig, in angemessener Art und Weise sowie zeitgemäß zu erfül-len ist.33

33 Vgl. Bergmann/Möhrle/Herb (o. Fußn. 17), Rdnr. 23 zu § 13 BDSG sowie Rdnr.15 zu § 14 BDSG.

Weniger einschneidende Mittel stehen nicht zur Verfü-gung; im Gegenteil, es liegt im Vergleich zu einer flächende-ckenden Beauftragtenkontrolle ein milderes Mittel vor.c Der Abgleich ist auch datenschutzrechtlich verhältnismäßig,

weil lediglich eine einmalige Datenverwendung auf Grund einesSystemwechsels erfolgt. Andernfalls müsste eine Erhebung beiMillionen von betroffenen Personen erfolgen, was nicht nureinen unverhältnismäßigen Aufwand darstellte, sondern beieiner Vor-Ort-Erfassung auch erheblich mehr in die Privatsphäreeingreifen würde. Des Weiteren ergibt die Interessenabwägungbezogen auf den einzelnen Betroffenen, dass die Interessen derbereits erfassten Teilnehmer nicht verletzt werden und im Hin-blick auf die noch nicht erfassten Personen kein überwiegendesInteresse besteht, unerkannt zu bleiben.34

34 Zu weitgehend der VGH Baden-Württemberg VBlBW 1995, 367, 370, derSchwarzhörern jegliche schutzwürdigen Belange abspricht.

c Schließlich wird auch die Zweckbestimmung der Meldege-setze nicht verletzt, denn diese liegt gerade in der Mitwirkungder Aufgabenerfüllung anderer Behörden oder sonstiger öffent-licher Stellen. Da die Landesrundfunkanstalten beim Beitrags-einzug öffentliche Stellen i.S.d. Melde- und Datenschutzgesetzesind,35

35 Grundlegend VGH Baden-Württemberg VBlBW 1995, 367.

welche die Aufgabe haben, den öffentlich-rechtlichenRundfunkbeitrag zu erheben, kann auf die Melderegister zuge-griffen werden.

4. Verwendung der Daten aus dem einmaligenMelderegisterabgleichDen Landesrundfunkanstalten stehen gegenüber den Einwoh-nermelderegistern drei verschiedene und kumulativ anzuwen-dende Möglichkeiten zur Verfügung: Zum ersten erhalten sie Da-ten auf Grund des in § 14 Abs. 9 RBStV geregelten einmaligenMeldedatenabgleichs. Zum zweiten bleiben die regelmäßigenDatenübermittlungen nach den jeweiligen landesrechtlichenVorschriften, mit denen Umzüge (und Sterbefälle) mitgeteilt wer-den (§ 11 Abs. 4 Satz 5 RBStV). Zum dritten bleiben schließlichdie Möglichkeiten, Einzelauskünfte bei den Meldebehörden zuerhalten, wenn auch über § 11 Abs. 4 Satz 3 RBStV auf die Da-tenarten nach § 14 Abs. 9 Nr. 1 bis 8 RBStV beschränkt.

Die enumerativ aufgeführten Daten aus dem einmaligen Ab-gleich müssen bis spätestens zwei Jahre nach Erhalt genutztworden sein (§ 14 Abs. 9 Satz 1 RBStV). Sie können sowohl zurFeststellung einer Beitragspflicht als auch nach § 14 Abs. 9Satz 4 RBStV „zur Aktualisierung oder Ergänzung von bereitsvorhandenen Teilnehmerdaten“ genutzt werden. Damit kön-

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nen z.B. auch die Teilnehmerkonten, für die trotz der seit1.1.1992 bestehenden Pflicht, zur näheren Konkretisierung dasGeburtsdatum anzugeben (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 RGebStV), keine Da-ten vorhanden sind, eben um das Geburtsdatum ergänzt wer-den.

Das Verbot, Daten von solchen Betroffenen zu übermitteln, fürdie eine melderechtliche Auskunftssperre besteht (§ 11 Abs. 4Satz 6 RBStV) gilt nicht für den einmaligen Abgleich nach § 14Abs. 9 RBStV, da dort ein Verweis fehlt.

5. Datenbeschaffung von anderen StellenMit § 11 Abs. 4 RBStV wird die Ermächtigungsgrundlage ge-schaffen, sowohl bei öffentlichen wie nicht-öffentlichen Stellenpersonenbezogene Daten ohne Kenntnis der Betroffenen zu er-heben. Die Norm ist eine eigenständige Rechtsgrundlage.

a) Daten von öffentlichen StellenEin Datenerwerb von anderen öffentlichen Stellen als den Mel-debehörden kann neben § 11 Abs. 4 RBStV auch auf der Grund-lage der dafür bestehenden spezialgesetzlichen Normen (z.B.§ 9 HGB) erfolgen. Das für eine Einsicht ins Grundbuch notwen-dige berechtigte Interesse i.S.v. § 12 GBO ist auf Grund der Re-gelungen insbesondere in § 9 Abs.1 Satz 2 RBStV als gegebenanzusehen.

b) Daten von nicht-öffentlichen Stellen, insbesondereAdresshändlernBereits seit Jahren nutzt die GEZ die Möglichkeiten des Adresser-werbs. Dabei werden von Adresshändlern bestimmte Adressenerworben, mit dem Bestand der Rundfunkteilnehmer abgegli-chen, und wer nicht gemeldet ist, wird angeschrieben (sog. Mai-lings). Nachdem die Zulässigkeit angezweifelt worden war, hatder Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.4.2005 eine bereichsspezi-fische Vorschrift erlassen, die pauschal auf § 28 BDSG verwiesenhat (§ 8 Abs. 4 RGebStV).36

36 Dazu ausf. Herb, RDV 2005, 252.

Die nochmalige Änderung zum1.9.2008 beseitigte den Pauschalverweis und regelte detailliert,welche Daten erworben werden dürfen. Mit dem § 11 Abs. 4RBStV erfolgt eine Fortschreibung und Präzisierung, weil eineBeschränkung auf die der Anzeigepflicht nach § 8 RBStV unter-fallenden Daten erfolgt. Auch gegen die neue Norm wurdenund werden immer wieder „datenschutzrechtliche Bedenken“geltend gemacht und dies obwohl auch das 2009 geänderteBDSG nach wie vor den Adresserwerb zulässt.37

37 Mit Wirkung ab 1.9.2009 wurden §§ 28, 29 BDSG geändert und der Adress-handel (leicht) eingeschränkt; ausf. zur neuen Rechtslage Bergmann/Möhrle/Herb(o. Fußn. 17), Rdnr. 310 bis 425 zu § 28 BDSG.

Abgesehen vomwirtschaftlichen Erfolg dieser Aktionen zur Verbesserung derGebührengerechtigkeit38

38 Der Erfolg wird in den GEZ-Geschäftsberichten Jahr für Jahr eindrucksvoll be-legt; vgl. z.B. GEZ-Geschäftsbericht 2009, S. 23, 24, abrufbar unter: www.gez.de.

besteht mit § 11 Abs. 4 RBStV (zumin-dest jetzt) eine klare und bestimmte Rechtsgrundlage. Wie bis-lang wird von dieser Ermächtigung nur zur Feststellung von sol-chen Personen Gebrauch gemacht, die ihre Anzeigepflichtennach § 8 RBStV verletzt haben. Als Wertungswiderspruch mussman es bezeichnen, wenn einerseits der Ankauf von CDs mit Da-ten mutmaßlicher Steuerhinterzieher für zulässig erachtetwird39

39 ULD-PM v. 22.7.2010, RDV 2010, 243.

(obwohl diese CDs regelmäßig nur durch kriminelleHandlungen entstanden sind), die Anmietung eines „legalenProduktes“, nämlich von Adressen, aber als „datenschutzrecht-

lich bedenklich“ eingestuft wird. I.Ü. scheint ein Problem desAdresshandels die mangelhafte Kontrolle dieser nicht-öffent-lichen Stellen durch die Aufsichtsbehörden nach § 38 BDSG zusein, denn ansonsten würden sich wohl kaum die Adressen vonVerstorbenen oder Tieren in den Angebotslisten verstecken kön-nen. Angesichts der eindeutigen Rechtsgrundlage und der strik-ten Zweckbindung ist indessen die jetzige Formulierung in § 11Abs. 4 Satz 1 bis 3 RBStV zum Datenerwerb datenschutzrecht-lich nicht (mehr) zu beanstanden.

c) Verbot der RückübermittlungVom Verbot der Rückübermittlung der erhaltenen Daten (§ 11Abs. 4 Satz 4 RBStV) sind nicht die unzustellbaren Adressen (beidenen auch regelmäßig der Personenbezug fehlt) erfasst.

d) Befristetes Verbot des Adressankaufs privater PersonenNach § 11 Abs. 4 RBStV ist der Adresserwerb zwar zulässig, abermit § 14 Abs. 10 RBStV erfolgt eine zeitliche und gegenständ-liche Einschränkung. Denn danach besteht bis zum 31.12.2014ein Verbot des „Ankaufs“ von Adressen privater Personen. Essoll wohl der spiegelbildliche Ausgleich dafür sein, dass ein ein-maliger Meldedatenabgleich nach § 14 Abs. 9 RBStV stattfin-det. Dieses Verbot gilt indessen nur für Adressdaten privater Per-sonen, also personenbezogene Daten zu einer Adresse. DerKauf von Wohnungsdaten (z.B. Anzahl der Wohnungen zurHausnummer 5 der X-Straße) bleibt hingegen zulässig (selbstwenn damit durch Zusammenführen mit anderen Daten ein Per-sonenbezug herstellbar wäre). Da nur der Ankauf von Daten„privater Personen“ verboten wurde, können die Adressen vonFirmen, Freiberuflern oder Selbstständigen auf der Grundlagevon § 11 Abs. 4 RBStV erworben werden. Die Datenbeschaf-fung von öffentlichen Stellen bleibt zulässig (auch wenn diesehierfür irgendwelche Zahlungen fordern).

IV. Aufgabenerfüllung durch Einschaltungvon Dritten und AuftragsdatenverarbeitungGläubiger des neuen Beitrags sind wie bei der Rundfunkgebührjeweils die Landesrundfunkanstalten. Sie können die damit ver-bundenen Aufgaben selbst, über ein gemeinsames Rechenzen-trum in „Verwaltungsgemeinschaft“ oder durch Übertragungauf (datenschutzrechtlich) Dritte40

40 Sie sind z.B. in § 3 Abs. 8 Satz 2 BDSG sowie den Landesdatenschutzgesetzen(z.B. § 3 Abs. 5 LDSG BW) definiert.

erledigen.

1. Aufgabenerledigung über eine Verwaltungs-gemeinschaftBislang hat die GEZ das Massengeschäft41

41 Das Massengeschäft wurde zusammen mit den jeweiligen Gebührenabteilun-gen der Landesrundfunkbeauftragten und der von ihnen beschäftigten Gebühren-beauftragten erledigt.

im Rundfunkgebüh-reneinzug erledigt. Sie ist die seit dem 1.1.1976 bestehende„Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rund-funkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland“ und ist einauf einer Verwaltungsvereinbarung beruhendes rechtlich un-selbstständiges Rechenzentrum. Nach § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStVwird nun für die Landesrundfunkanstalten festgestellt, dass die-se die Aufgaben des Beitragseinzugs „und die damit verbunde-nen Rechte und Pflichten ganz oder teilweise durch die i.R.e.nicht rechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemein-schaft betriebenen Stelle der öffentlich-rechtlichen Rundfunk-anstalten selbst“ wahrnehmen. Bislang war diese gemeinsameStelle die GEZ. Sieht man die GEZ jeweils als Bestandteil derRundfunkanstalten an, so ist sie nicht Dritte i.S.d. Datenschutz-gesetze.42

42 S. o. Fußn. 37.

Gleichwohl war bislang vom Gesetzgeber in § 8Abs. 2 Satz 1 RGebStV die entsprechende Anwendung der Vor-schriften zur Auftragsdatenverarbeitung vorgeschrieben. Mitdem Wegfall dieser Formulierung (vgl. § 11 Abs. 2 RBStV) istnun klargestellt, dass die genannte Stelle (das „gemeinsame Re-chenzentrum“) ein Bestandteil der Rundfunkanstalten ist unddie Vorschriften zur Auftragsdatenverarbeitung auch nichtmehr analog anzuwenden sind.

MMR 4/2011 Herb: Neue Rundfunkfinanzierung – neue Datenschutzprobleme? 235

Page 5: neue Datenschutzprobleme? - SWR.de | SWR Home | SWR7961816/property=download/nid=...Aus der ursprünglichen Genehmigungsgebühr für den Betrieb einer Fernmeldeanlage entstanden die

2. Beauftragung von DrittenNeben einem gemeinschaftlichen Rechenzentrum können auchandere Stellen, also datenschutzrechtlich Dritte, ganz oder teil-weise beauftragt werden, für die dann die Regelungen der Auf-tragsdatenverarbeitung43

43 Die Anforderungen werden z.B. in § 11 BDSG sowie den Landesdatenschutz-gesetzen (z.B. § 7 LDSG BW) geregelt.

gelten. Der Gesetzgeber hat diese Be-auftragung in zwei Normen geregelt: In § 10 Abs. 7 Satz 2RBStV ist zunächst die Ermächtigungsgrundlage für eine Über-tragung enthalten einschließlich der Möglichkeit, dies durcheine Satzung44

44 Die Satzungsermächtigung findet sich in § 9 Abs. 2 RBStV.

zu regeln. Dabei kann die Landesrundfunkan-stalt nach Satz 3 eine solche Übertragung auf diejenigen Drittenausschließen, „die durch Erfolgshonorare oder auf Provisionsba-sis vergütet werden“. Da die Landesrundfunkanstalten frei sind,die genauen Bedingungen einer Auftragsvergabe an Dritte zuregeln, kann die insoweit rechtlich überflüssige Norm nur alsFingerzeig des Gesetzgebers verstanden werden, Tätigkeitenmöglichst nicht auf solche Dritte zu übertragen, welche die ge-nannten Voraussetzungen erfüllen (wie es z.B. bislang bei denGebührenbeauftragten der Fall war). Die zweite Norm, welchedie Einschaltung von Dritten regelt, ist § 11 Abs. 1 RBStV, der be-stimmt, dass die datenschutzrechtlichen Vorschriften zur Auf-tragsdatenverarbeitung anzuwenden sind. Zusammenfassendlässt sich indessen feststellen, dass damit weiterhin der Streit bei§ 11 Abs. 1 RBStV bestehen bleibt, was einerseits Auftragsda-tenverarbeitung und andererseits Funktionsübertragung45

45 Zurecht krit. zu dieser frei geschaffenen Rechtsfigur Bergmann/Möhrle/Herb(o. Fußn. 17), Rdnr. 10 ff. zu § 11 BDSG.

ist.Aber auch bei § 10 Abs. 7 Satz 2 RBStV muss geklärt werden,was „einzelne Tätigkeiten“ sind. Jedenfalls wird man die Über-tragung des Forderungseinzugs aus bestandskräftigen Gebüh-renbescheiden, die Einschaltung von Call-Centern oder Dienst-leistern, die einfache Sachbearbeitungstätigkeiten ausführen,oder den Ausdruck und Versand von Gebührenbescheiden als„einzelne Tätigkeit“ i.S.v. § 10 Abs. 7 RBStV bzw. Auftragsda-tenverarbeitung i.S.v. § 11 Abs. 1 RBStV ansehen müssen.

V. Beitragsbefreiung und ErmäßigungBislang sah der RGebStV die Möglichkeit vor, dass sich Betroffe-ne in einem Antragsverfahren aus gesundheitlichen oder finan-ziellen Gründen von der Zahlung befreien lassen.46

46 Vgl. § 6 RGebStV für natürliche Personen und § 5 Abs. 7 bis 10 für bestimmte,insb. gemeinnützige Institutionen wie Krankenhäuser, Behinderten- oder Jugend-hilfeeinrichtungen.

Auch imRBStV sind umfangreiche und jetzt noch erweiterte Regelungenzur Befreiung von der Zahlungspflicht enthalten,47

47 Vgl. die ein Dutzend Tatbestände in § 4 Abs. 1 RBStV und die drei Ermäßigun-gen in Abs. 2.

die aber nurfür natürliche Personen gelten und an die finanzielle Leistungs-fähigkeit anknüpfen (§ 4 Abs. 1 RBStV). Daneben besteht (un-abhängig von der Einkommenslage) die Möglichkeit einer Ermä-ßigung auf ein Drittel, wenn bestimmte gesundheitliche Voraus-setzungen vorliegen.

1. Voraussetzungen für eine ErmäßigungNach § 4 Abs. 2 RBStV wird eine Ermäßigung auf ein Drittel fürblinde oder wesentlich sehbehinderte oder hörgeschädigteMenschen gewährt; dasselbe gilt für den, der ständig nicht anöffentlichen Veranstaltungen teilnehmen kann und einen Be-hindertengrad von 80% oder mehr hat (was durch das sog.Merkzeichen RF bescheinigt wird).48

48 Das BSG sah in seinem U. v. 28.6.2000 (NJW 2001, 1966) „in der Gebührenbe-freiung für Behinderte einen Verstoß gegen den gebührenrechtlichen Grundsatzder verhältnismäßigen Gleichbehandlung aller Nutzer“, weshalb die logische Kon-sequenz gewesen wäre, diese Personen voll heranzuziehen und nicht nur mit einemDrittel.

2. Antragsverfahren bei Befreiung oderErmäßigungWer die soziale Leistung der Befreiung begehrt, muss dies ineinem Antragsverfahren nachweisen (§ 4 RBStV). Dies ge-schieht in der Regel dadurch, dass ein im Gesetz in § 4 Abs. 1Nr. 1 bis 10 RBStV genannter Bescheid eines Sozialleistungsträ-gers vorgelegt wird, in dem dieser eine bestimmte soziale Leis-tung gewährt (z.B. Grundsicherung, Arbeitslosengeld II, BaföG)oder die gesundheitlichen Voraussetzungen bescheinigt. Fürden im Bescheid genannten Leistungszeitraum (selten länger alsein Jahr) wird dann (ohne weitere eigene Prüfung durch die Lan-desrundfunkanstalt) die Beitragsbefreiung gewährt. Da es sichbei über 3 Mio. befreiten Personen um ein Massenverfahren

handelt, werden die eingehenden Bescheide zunächst vollstän-dig gescannt und dann an die Plätze der Sachbearbeiter zur Prü-fung gegeben. Der Betroffene kann dabei nach § 4 Abs. 7 Satz 2RBStV entweder den Originalbescheid eines Sozialleistungsträ-gers (oder eine beglaubigte Kopie davon) an die GEZ sendenoder aber eine entsprechende Bestätigung des Sozialleistungs-trägers, dass die Voraussetzungen vorliegen (sog. Drittbeschei-nigung).

3. Datenschutzrechtliche ProblematikIn den Bescheiden der Sozialleistungsträger sind regelmäßigauch solche sensiblen Daten enthalten, die für die Befreiungsbe-arbeitung nicht benötigt werden. Dies ist bei den sog. Drittbe-scheinigungen nicht der Fall. Ob eine Drittbescheinigung ausge-stellt wird, liegt indessen außerhalb des Einflussbereichs derLandesrundfunkanstalten und oft aus kompetenzrechtlichenGründen auch außerhalb derjenigen des Landesgesetzgebers.Deshalb müssen nach wie vor auch Originalbescheide einge-reicht werden können, was § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV auch vor-sieht. Aus datenschutzrechtlicher Sicht muss indessen auf diestrikte Zweckbindung der gespeicherten Daten hingewiesenwerden, was bedeutet, dass die Landesrundfunkanstalt keineranderen Behörde (und erst recht nicht einer nicht-öffentlichenStelle) die Daten herausgeben darf. Eine sofortige Schwärzungnicht benötigter Daten auf den Sozialleistungsbescheiden nachAntragstellung ist indessen weder rechtlich erforderlich nochpraktisch durchführbar. Selbst das Sozialgesetzbuch kennt dieseFallgestaltungen wie § 67d Abs. 3 SGB X zeigt: Sind mit Sozial-daten weitere Daten verbunden und ist „eine Trennung nichtoder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich“,49

49 Darunter fällt ein „unverhältnismäßig großer Aufwand an Zeit, Kosten und Ar-beitskraft“, Bergmann/Möhrle/Herb (o. Fußn. 17), Rdnr. 15 zu § 67 d SGB X; vgl.auch die gleichlautende Norm des § 15 Abs. 5 BDSG .

so dürfendiese sog. „überschießenden Daten“ sogar übermittelt werden.Dann gilt dies aber erst recht für eine bloße Speicherung mit dergeschilderten rigorosen Zweckbindung. Das Befreiungsverfah-ren mit seinen Millionen von Befreiungsanträgen ist ein Massen-geschäft,50

50 So gab es 2009 über 3 Mio. Befreite, vgl. GEZ-Geschäftsbericht 2009, S. 26, ab-rufbar unter: www.gez.de.

bei dem nicht Heerscharen von Mitarbeitern nur da-mit beschäftigt werden können, „überschießende“ Daten inden Sozialleistungsbescheiden zu schwärzen, obwohl sie nieweitergegeben werden dürfen. Dies zumal die Zahlungsausfälledieser Befreiungen nicht vom Staat ersetzt, sondern von den üb-rigen Beitragsschuldnern getragen werden müssen (obwohlzwischen ihnen keine Solidargemeinschaft besteht).51

51 So bereits von Maydell 1987 in seinem Gutachten „Zur rechtlichen Problematikder Befreiung von den Rundfunkgebühren“.

VI. Datenschutzrechte derBeitragsschuldnerDie Gewährung von Rechten für Betroffene ist ein zentraler Be-standteil des Datenschutzes und nach § 6 BDSG sind diese Rech-

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