Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der...

24
Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik Ergebnisse der Fallstudien und der Betriebsbefragung aus dem Projekt AdeBar Miriam Gensicke, TNS Infratest Sozialforschung Kathrin Schnalzer, Fraunhofer-Institut Arbeitswirtschaft und Organisation (Fraunhofer IAO) Innovative Logistikkonzepte und neue Technologien erfordern gut qualifizierte Mitarbeiter. Die frühestmögliche Begegnung mit neuen Arbeits- und Qualifikationsanforderungen besteht während der Gestaltung neuartiger Arbeitsinhalte und Arbeitssysteme in innovativen Betrieben. Diese führen zu neuen Qualifizierungsbedarfen aber auch zu einem Gestaltungsbedarf innerhalb der Unternehmen, z. B. von neuen Organisations- und Entlohnungsformen. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation untersucht gemeinsam mit TNS Infratest Sozialforschung und Helmut Kuwan, Sozialwissenschaftliche Forschung und Beratung München, im Rahmen des Projekts ADeBar 1 neue Tätigkeitsfelder der Logistik in Unternehmen. Die Grundkonzeption des ADeBar-Projektes ist zweistufig. Der vom Fraunhofer IAO betreute erste Teil zielt darauf ab, aus umfassenden arbeitsnahen Betriebsfallstudien Thesen zu Entwicklungstrends und Qualifikationsanforderungen abzuleiten. Ausgewählte Ergebnisse aus den Fallstudien werden im ersten Teil dieses Beitrags dargestellt. Im zweiten Teil des Projektes, für den TNS Infratest und Helmut Kuwan verantwortlich sind, werden betriebliche Experten im Rahmen mündlicher Betriebsbefragungen um eine Bewertung dieser Ergebnisse gebeten. Ausgewählte Ergebnisse dieser Quantifizierung werden im zweiten Teil des Artikels erörtert. Bei den Fallstudienuntersuchungen zeigen sich in der betrieblichen Praxis erhebliche Veränderungen hinsichtlich der beruflichen Anforderungen. Neue Aufgaben entstehen einerseits durch erweiterte technische Optionen (Satellitennavigation, GPS, elektronische Übertragung) und marktverursachte Anforderungen (kundenspezifische Just-in-Time-Lieferungen, chaotische Lagerhaltung), andererseits durch die logistische Reifung und Überlappung vorher irrelevanter Bereiche (automatisierte Versandsysteme, fahrerlose 1 ADeBar – Arbeitsnahe Dauerbeobachtung der Qualifikationsentwicklung mit dem Ziel der Früherkennung von Veränderungen in der Arbeit und in den Betrieben, gefördert vom BMBF

Transcript of Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der...

Page 1: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – Ergebnisse der Fallstudien und der Betriebsbefragung aus dem Projekt AdeBar Miriam Gensicke, TNS Infratest Sozialforschung Kathrin Schnalzer, Fraunhofer-Institut Arbeitswirtschaft und Organisation (Fraunhofer IAO) Innovative Logistikkonzepte und neue Technologien erfordern gut qualifizierte Mitarbeiter. Die frühestmögliche Begegnung mit neuen Arbeits- und Qualifikationsanforderungen besteht während der Gestaltung neuartiger Arbeitsinhalte und Arbeitssysteme in innovativen Betrieben. Diese führen zu neuen Qualifizierungsbedarfen aber auch zu einem Gestaltungsbedarf innerhalb der Unternehmen, z. B. von neuen Organisations- und Entlohnungsformen. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation untersucht gemeinsam mit TNS Infratest Sozialforschung und Helmut Kuwan, Sozialwissenschaftliche Forschung und Beratung München, im Rahmen des Projekts ADeBar1 neue Tätigkeitsfelder der Logistik in Unternehmen. Die Grundkonzeption des ADeBar-Projektes ist zweistufig. Der vom Fraunhofer IAO betreute erste Teil zielt darauf ab, aus umfassenden arbeitsnahen Betriebsfallstudien Thesen zu Entwicklungstrends und Qualifikationsanforderungen abzuleiten. Ausgewählte Ergebnisse aus den Fallstudien werden im ersten Teil dieses Beitrags dargestellt. Im zweiten Teil des Projektes, für den TNS Infratest und Helmut Kuwan verantwortlich sind, werden betriebliche Experten im Rahmen mündlicher Betriebsbefragungen um eine Bewertung dieser Ergebnisse gebeten. Ausgewählte Ergebnisse dieser Quantifizierung werden im zweiten Teil des Artikels erörtert. Bei den Fallstudienuntersuchungen zeigen sich in der betrieblichen Praxis erhebliche Veränderungen hinsichtlich der beruflichen Anforderungen. Neue Aufgaben entstehen einerseits durch erweiterte technische Optionen (Satellitennavigation, GPS, elektronische Übertragung) und marktverursachte Anforderungen (kundenspezifische Just-in-Time-Lieferungen, chaotische Lagerhaltung), andererseits durch die logistische Reifung und Überlappung vorher irrelevanter Bereiche (automatisierte Versandsysteme, fahrerlose

1 ADeBar – Arbeitsnahe Dauerbeobachtung der Qualifikationsentwicklung mit dem Ziel

der Früherkennung von Veränderungen in der Arbeit und in den Betrieben, gefördert vom BMBF

Page 2: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

2

Transportsysteme, Informations- und Datenlogistik, globale Logistik) (vgl. Schnalzer/Gidion 2002). Die berufs-regulative Aufarbeitung dieser Qualifikationsveränderungen liegt bisher jedoch eher in akademisch qualifizierenden Bildungsgängen von der Berufsakademie über die Fachhochschule bis zur Universität. In den dualen Ausbildungsbereichen wird dagegen oftmals von geringen Anforderungen ausgegangen. Im Gegensatz dazu ergeben die Auswertungen im Projekt ADeBar auch für nicht-akademische Arbeitskräfte auf mittlerem Qualifikationsniveau in logistischen Systemen erweiterte Arbeitsanforderungen. Empirische Qualifikationsbündel In Fallstudienuntersuchungen zum Themenschwerpunktfeld Logistik im Lager- und Transportbereich wurden 10 Unternehmensfallstudien durchgeführt. Zu den Aufgaben der klassischen Ausbildungsberufe in der Logistik mit Schwerpunkt Lager- und Speditionslogistik gehören insbesondere Tätigkeiten der Lagerwirtschaft, des Waren- und Informationsflusses sowie Dienstleistungen des Warenverkehrs. Die Arbeitsebenen beziehen sich auf Entwicklung, Koordination und Durchführung der Aufgaben. Traditionelle Erstausbildungen in diesen Berufsfeldern sind z. B. Fachkraft für Lagerwirtschaft, Handelsfachpacker/ in Speditionskaufmann/ -frau Kaufmann/ -frau im Eisenbahn- und Straßenverkehr Industriekaufmann/ -frau, Groß- Außenhandelskaufmann/ -frau Berufskraftfahrer/ in. In den Fallstudien vorgefundene Qualifikationen der Fachkräfte in logistischen Bereichen sind demgegenüber beispielsweise akademische Ausbildungen wie Geisteswissenschaften und Betriebswirt FH, Speditionskaufmann, Groß- Außenhandelskaufmann und in vielen Fällen auch angelernte Fachkräfte oder Fachkräfte mit fachfremden Berufsausbildungen. Besonders auffällig ist dabei die Spannweite der vorgefundenen Qualifikationen vom ungelernten Mitarbeiter zum Akademiker. In den untersuchten Tätigkeitsbereichen waren überwiegend männliche Fachkräfte beschäftigt, Frauen wurden im Bereich Verpackung und Versand eingesetzt insbesondere in Firmen, die Kleinteile (z. B. Pharmaka) vertreiben. In den Tätigkeitsbereichen angrenzenden Bürotätigkeiten, wie Revision, Auftragsabwicklung und Rechnungsprüfung finden sich vermehrt Frauen. In den Fallstudienuntersuchungen sind für unterschiedliche Tätigkeitsbereiche empirische Qualifikationsbündel vorgefunden worden, die sich auf Anforderungen in bestehenden Ausbildungsberufen begründen:

Page 3: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

3

Abbildung 1: Qualifikationsbündel Logistik Die vorgefundenen Qualifikationsbündel der untersuchten Fachkräfte setzen sich z. T. aus einer Kombination von bestehenden Qualifikationsanforderungen zusammen sowie aus neuen Anforderungen, die aus einer Neuorganisation von Arbeitssystemen und neuen technischen Entwicklungen ergeben. Der Prozess-Steuerer erfordert neben klassischen Aufgaben der Lagerwirtschaft eine Kombination von kaufmännischen und gewerblichen Qualifikationen. Der IT-Logistiker stellt eine Hybridqualifizierung zwischen Qualifikationen aus dem Lager- und Transportbereich sowie aus der Systemtechnik dar2. Bei der technischen Lieferfachkraft handelt es sich um eine Anreicherung der Aufgaben des Berufskraftfahrers um weitere Dienstleistungen für den Kunden. Das Qualifikationsprofil des Logistik-Dienstleisters umfasst Aufgaben aus dem Berufsbild des Speditionskaufmanns zuzüglich weiterer Anforderungen durch neue Logistik-Dienstleistungen für den Kunden. Am Beispiel einer

2 Eine gute Übersicht zu den Aufgaben und den Anforderungen, die an den Prozess-

Steuerer und den IT-Logistiker gestellt werden findet sich im Band 9 der FreQueNz Buchreihe „Qualifikationen erkennen, Berufe gestalten – Früherkennung von Qualifikationserfordernissen in Europa“ (S. 155ff).

Page 4: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

4

Fallstudiendarstellung eines Tätigkeitsbereichs sollen das Anforderungsprofil und die Aufgaben eines Logistik-Dienstleisters verdeutlicht werden. Fallstudie Logistik-Dienstleister In einer Fallstudienuntersuchung des Fraunhofer IAO (vgl. Schmidt, Schnalzer 2000) wurde in einem Unternehmen der Logistikbranche das Tätigkeitsfeld eines Mitarbeiters im Koordinationsbüro untersucht, das im folgenden mit seinen Anforderungen und technisch-organisatorischen Rahmenbedingungen dargestellt wird. Angaben zum Unternehmen und zum untersuchten Bereich Das untersuchte Unternehmen gehört zu einem großen, weltweit tätigen Konzern, der verschiedene Unternehmen in einer Aktiengesellschaft vereinigt. Ein Unternehmensbereich mit insgesamt über 700 Standorten im In- und Ausland bietet Logistikdienstleistungen für Industrie und Handel an und umfasst folgende Aufgabenschwerpunkte:

• Integrierte Logistik- und Speditionsdienstleistungen

• Unterstützung von Industrie und Handel beim globalen Güteraustausch

• Europäischer Landverkehr

• Weltweite Luft- und Seefracht Bei dem untersuchten Arbeitsbereich handelt es sich um ein Outsourcing-Projekt, das im Unternehmen des Kunden durchgeführt wird. Der Kunde – ein großes Industrieunternehmen – hat einen Teilbereich seiner Logistikdienstleistungen an das Partnerunternehmen ausgelagert. Die Arbeitsleistungen des Partnerunternehmens, die von eigenen Mitarbeitern und zusätzlich von externen Mitarbeitern in den Räumlichkeiten des Kunden erbracht werden, umfassen den Wareneingang (Warenannahme, Überprüfung und Kontrolle der Ware, Ermittlung des Empfängers beim Kunden, Übergeben der Ware zur Auslieferung an den innerbetrieblichen Transport) und die Equipmentverbringung (Maschinen und Anlagen in Produktionsräume transportieren, Maschinen und Anlagen abtransportierten, Maschinen innerhalb des Unternehmens transportieren und umsetzen). Angaben zur untersuchten Tätigkeit Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die Fachkraft im Koordinationsbüro. Dieser Mitarbeiter bearbeitet zusammen mit

Page 5: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

5

seinen Kollegen und Mitarbeitern eines Unterauftragnehmers spezifische, vertraglich vereinbarte Kundenaufträge (speditionelle und logistische Dienstleistungen). Er hat eine Ausbildung zum Speditionskaufmanns abgeschlossen und stellt innerhalb des Arbeitssystems das Bindeglied zwischen den organisatorischen Aufgabengebieten und der Durchführung von Warenbewegungen dar. Zu seinen Aufgaben gehört es, die logistischen Erfordernisse zu überblicken, die Arbeit zu koordinieren und zu überwachen. Die einzelnen Arbeitsbereiche der Fachkraft können herkömmlichen Tätigkeitsbereichen des Lager- und Speditionsgewerbes zugeordnet werden. Eine Ausnahme ist der Bereich „Equipmentverbringung“. Unter Equipmentverbringung ist der Transport und die Einbringung von Produktionsmaschinen zu verstehen. Dabei handelt es sich häufig um hochtechnisierte Maschinen mit einem Gewicht von mehreren Tonnen, die aus Übersee angeliefert werden. Für die Verbringung neu bestellter Maschinen erstellt der Kunde einen Auftrag per Computer, der zur Bearbeitung an das Koordinationsbüro weitergeleitet wird. Zu den besonderen Schwierigkeiten gehört, dass die Maschinen besondere Transportbedingungen benötigen (keine Erschütterungen, Flugzeugstart und -landung nur bis zu bestimmtem Neigungswinkel unbedenklich, LKW-Transport für übergroße Fracht muss organisiert werden etc.). Zur Verbringung in die vorgesehenen Produktionsräume müssen ebenfalls besondere Maßnahmen getroffen werden. Z. B. müssen entsprechende Transportvorrichtungen zum Be- und Entladen der LKWs zum richtigen Zeitpunkt bereit stehen, Zufahrtsstraßen innerhalb des Werkgeländes beim Kunden müssen möglicherweise befahrbar gemacht werden und evtl. müssen Umbauarbeiten vorgenommen werden, um die Maschinen in den vorgesehenen Produktionsraum einbringen zu können. Beim Transport werden die Produktionsmaschinen von Ingenieuren der Herstellerfirma begleitet, um sicherzustellen, dass die vorgeschriebenen Vorsichtsmassnahmen eingehalten werden. Bei fehlerhaftem Transport, z. B. verursacht durch Erschütterungen, erlischt der Garantieanspruch auf die Maschine. Das Arbeitsteam „Equipmentverbringung“ befindet sich auf dem Firmengelände des Kunden, da kontinuierlich Transportaufträge für Produktionsmaschinen anfallen.

Ablauf einer typischen Tätigkeit:

Page 6: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

6

Abb. 2: Darstellung einer typischen Arbeitsaufgabe Wandel der Arbeitsaufgaben Das untersuchte Unternehmen hat in seiner Durchführung der Dienstleistungen eine sehr starke Kundenausrichtung. Die Erbringung der Leistungen enthält traditionelle, zeitgemäße und innovative Bestandteile. Diese zeigen sich sowohl in der Verrichtung einzelner Arbeitsaufgaben und im Einsatz bestimmter Technologien als auch in der Entwicklung kundenspezifischer Leistungspakete. Unter traditionellen Bestandteilen der Arbeit sind Tätigkeiten, Leistungen und Strukturen zu verstehen, die der herkömmlichen Lagerwirtschaft entstammen. Unter „zeitgemäß“ werden diejenigen Bestandteile eingeordnet, die aus dem herkömmlichen Bereich unter Zuhilfenahme technischer und organisatorischer Neuerungen weiterentwickelt wurden und heute in vielen Unternehmen beobachtet werden können. Als innovativ gelten Bestandteile der Arbeit, wenn durch die Entwicklung, Durchsetzung und Anwendung neuer Ideen und Techniken bisher unbekannter Leistungen und Produkte entstanden sind. Aus der Einteilung der Leistungen des untersuchten Unternehmens können generelle

Page 7: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

7

Trends abgeleitet werden. Nachfolgend werden einige charakteristische Merkmale der Arbeit nach den oben angeführten Kategorien geordnet. Die Dienstleistungen des Partnerunternehmens zeichnen sich durch eine hohe Anpassung an Kundenerfordernisse (Kundenentwicklung) in Interaktion mit dem Kunden aus und sind daher innovativen Arbeitsbestandteilen zuzuordnen. Die Interaktion mit dem Kunden geschieht auf Basis der Benutzung von Kundensoftware, der Computervernetzung mit dem Kunden und dem Einspielen von Kundenaufträgen direkt in das Computersystem. Die Grenzen zwischen dem Arbeitssystem des Kunden und des Dienstleisters verschwimmen dabei. Im Unternehmen werden komplexe Dienstleistungen entwickelt durch die Anreicherung der Arbeit mit speziellen Dienstleistungen und die Entwicklung technischer Verfahren zur Spezialisierung auf Kundenerfordernisse. Innovationen zeigen sich auch bei der Benutzung besonderer technischer Geräte und dem Einsatz von besonderem technischen Know-how beim Transport und beim Verladen von Produktionsmaschinen. Zeitgemäße Bestandteile der Tätigkeit sind in der Lagerverwaltung per Computer sowie in der arbeitsteiligen Organisationsstruktur des Arbeitsbereichs zu sehen. Eher traditionelle Bestandteile der Tätigkeit finden sich in dem Transport der Waren mit Gabelstaplern, dem Kommissionieren „von Hand“ aber auch in der Organisation des Arbeitsteams in festen Hierarchiestrukturen und der Arbeit in festen Gruppen. Ein Wandel der Tätigkeit zeigt sich bereits an vielen Stellen innerhalb des untersuchten Arbeitssystems. Durch zunehmende Aufträge mit projektartigem Charakter werden die Handlungsfreiräume der Fachkraft größer, damit Aufgaben sofort und den Anforderungen des Kunden entsprechend bearbeitet werden können. Dies gilt vor allen Dingen für den Aufgabenbereich der Equipmentverbringung. Durch den zunehmenden Projektcharakter der Aufgabenstellungen erhöhen sich die Anforderung an die Orientierungskompetenz der Mitarbeiter, um sich innerhalb der übertragenen Aufgabengebiete zurechtfinden zu können. Arbeitsabläufe beinhalten heute mehr als früher kontinuierliche Veränderungen bezüglich Durchführung, Methodik und Zielsetzung. Dies erfordert die Fähigkeit, vorhandenes Wissen an verschiedene Situationen anpassen zu können. Die Arbeit in einem Outsourcing-Projekt beinhaltet darüber hinaus, dass Aufgabenstellungen auf Zeit erledigt werden müssen und nach vertraglich geregeltem Zeitablauf eine Konsolidierung des Arbeitsverhältnisses statt findet. Für Mitarbeiter bedeutet dies, mit Unsicherheiten umgehen zu müssen und sich in der Arbeit für den Kunden unentbehrlich zu machen (ohne exakte Kenntnis darüber, welches

Page 8: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

8

Anforderungsprofil bestenfalls erfüllt werden könnte). Diese Anforderungen binden Mitarbeiter zunehmend in die Geschäftsfeldentwicklung ein. Daraus resultiert eine steigende Anforderung an das Management-Denken der Mitarbeiter. Auch die Vernetzung und Steuerung von Arbeitsabläufen konnte im Bereich der Equipmentverbringung beobachtet werden (Vernetzung mit dem Kunden, Aufgabenerledigung durch Nutzung von E-Mail). Für die Bereiche Warenannahme und innerbetrieblicher Transport wird eine stärkere Vernetzung in der Zukunft relevant. Elektronische Bestell- und Zahlungssysteme werden sich in der nächsten Zeit bei den Kunden des untersuchten Unternehmens etablieren. Durch die starke Vernetzung werden E-Commerce und E-Business auch im Lager relevant werden. Mitarbeiter in diesem Bereich werden auch Computersysteme des E-Commerce bedienen lernen müssen, denn der elektronische Geschäftsverkehr wird Elemente wie die elektronische Warenbestellung und den elektronischen Handel umfassen. Durch die fortlaufende Dokumentation einzelner Arbeitsschritte (z. B. durch Kommunikation über elektronische Medien) können Fehler zurückverfolgt und einzelnen Arbeitnehmern zugeordnet werden. Als Konsequenz wird für Mitarbeiter die Auseinandersetzung mit der Überprüfbarkeit des eigenen Verhaltens notwendig. Dies kann zu struktureller Überforderung der Mitarbeiter führen, da das Arbeitsvolumen der Mitarbeiter von den Aufträgen der Kunden abhängt. Hinzu kommen ungeklärte Zuständigkeiten, die eine Überprüfung des eigenen Verantwortungsbereichs erforderlich machen. Der Faktor Zeit ist im untersuchten Unternehmen von hoher Relevanz. Dabei spielt vor allen Dingen die rechtzeitige Erledigung von Arbeitsaufgaben und die richtige Positionierung von Arbeitsgängen für das Ineinandergreifen der Prozesse eine große Rolle. Charakteristisch für den untersuchten Bereich ist die Anforderung, ein exaktes Timing für verschiedene Maßnahmen für die Equipmentverbringung zu realisieren. Auch konnte im Partnerunternehmen beobachtet werden, dass eine Branchenkompetenz von Seiten der Mitarbeiter entwickelt wurde, um spezifische Bedürfnisse von Kunden kennenzulernen und darauf reagieren zu können. Dieses Wissen ermöglicht eine Kundenentwicklung, indem dem Auftraggeber individuelle Lösungen angeboten werden können. Zukünftig werden innovative Impulse stärker vom dienstleistungserbringenden Unternehmen ausgehen. Um dies leisten zu können, wird die Entwicklung der im Unternehmen vorhandenen Kompetenzen relevant, z. B. durch Einholung der Expertise von Fachkräften, die beim Kunden eingesetzt sind. Insbesondere die Expertise der Mitarbeiter im Koordinationsbüro wird zukünftig stärker genutzt werden, um bei der

Page 9: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

9

Kundenakquise und Vertragsgestaltung spezifische, angepasste Logistikkonzepte einbringen zu können. Für die zukünftige Entwicklung wird erwartet, dass eine stärkere Vernetzung vorgenommen wird, um Schnittstellen zwischen Dienstleister und Kunden zu überbrücken. Eigenschaften und Fähigkeiten im Profil Die einzelnen Arbeitstätigkeiten erfordern spezifische aufgabenbezogene Eigenschaften und Fähigkeiten der Fachkraft, um den Anforderungen in der Arbeit gerecht werden zu können. Dies sind einerseits Fach- und Methodenkenntnisse und andererseits Sozialkompetenzen, die in speziellen Arbeitssituationen gefordert werden. Das Spektrum der fachlichen Anforderungen an die Fachkraft im Koordinationsbüro reicht vom fundierten Wissen in Lager- und Materialwirtschaft über Werkstoff-/Waren- und Produktkunde bis hin zu kaufmännischen Kenntnissen wie Rechnungswesen und Kalkulation. Darüber hinaus hat das Wissen über fachbezogene Rechtsvorschriften aufgrund der fortlaufenden Dokumentation einzelner Arbeitsschritte z. B. durch elektronische Medien an Bedeutung gewonnen. Durch den Bedeutungszuwachs der Bereiche E-Business und E-Commerce und der fortschreitenden Vernetzung und Steuerung von Arbeitsabläufen durch Computer werden die technischen Anforderungen an die Tätigkeit im Koordinationsbüro auch künftig steigen. Kenntnisse über die Vernetzung von Computerprogrammen, die Handhabung von computergestützten bzw. -gesteuerten Maschinen und Apparaten sowie ein grundsätzliches Verständnis der Auswirkung auf die eigene Arbeitsorganisation werden unerlässlich. Daraus resultierend wird auch das Wissen über neue technische Entwicklungen in der Lagerwirtschaft an Relevanz gewinnen. Aufgrund seiner Funktion als Bindeglied zwischen den organisatorischen Aufgabengebieten und der Durchführung von Warenbewegungen kommt den sozialen und persönlichen Anforderungen an die Fachkraft im Koordinationsbüro eine zentrale Bedeutung zu. Es wir eine hohe Kooperationsbereitschaft erforderlich, sei es nun firmenintern gegenüber anderen Mitarbeitern (Unterstützung und Hilfeleistung im Kollegenumfeld) oder extern gegenüber Kunden und am Arbeitsprozess beteiligten Dienstleistungsbetrieben. Neben der Fähigkeit und Bereitschaft zur Teamarbeit mit anderen Berufen ist die Befähigung im Umgang mit Menschen als besonders relevant einzustufen.

Page 10: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

10

In der besonderen Position des Outsourcing-Prokjekts befinden sich die Mitarbeiter in einer Schnittstellenfunktion zwischen den Interessen und Wünschen des Kunden, der eigenen Firma und der beauftragten Unterfirmen. Daraus resultieren Qualifikationserfordernisse im Umgang mit größeren Handlungsspielräumen und Managementdenken. Selbststeuerung und -organisation werden somit Schlüsselqualifikationen für den untersuchten Arbeitsbereich, da die Mitarbeiter Durchführungsfreiräume gegenüber Kunden, internen und externen Mitarbeitern eigenverantwortlich gestalten müssen. Außerdem sind gesteigerte Anforderungen in der Mitarbeiterführung und Selbststeuerung zu erfüllen und eine hohe Sozialkompetenz erforderlich. In dem Outsourcing-Projekt ist der Bereich Kundenentwicklung ein zentraler Faktor für die Qualifikationsentwicklung und den Unternehmenserfolg. Die Entwicklung von Ideen für spezieller Dienstleistungsangebote durch Mitarbeiter wird zu den zukünftigen dauerhaften Aufgabenstellungen gehören. Durch die räumliche Nähe zum Kunden ist eine besonders enge Zusammenarbeit im Rahmen der Kundenentwicklung möglich und nötig. Wünsche und Anregungen des Kunden werden unmittelbar wahrgenommen und können in der Arbeitspraxis umgesetzt werden. Anforderungen an die Mitarbeiter bestehen darin, neue Dienstleistungen zu entwickeln, neue Geschäftsfelder zu erschließen und damit ihren eigenen Arbeitsplatz zu sichern. Dabei ist für die Fachkraft im Koordinationsbüro ein gutes sprachliches und schriftliches Ausdrucksvermögen nötig. Außerdem erfordert die Tätigkeit aufgrund ihres breiten Aufgabenspektrums die Umstellungsfähigkeit auf wechselnde Arbeitsaufgaben und das Ertragen von Stress und Arbeitsspitzen.

Anforderungen Erforderliche Fähigkeiten und Kenntnisse Trends

Fachliche Anforderungen

- Wissen in Lager- und Materialwirtschaft

- Werkstoff-/Waren- und Produktkunde

- Kaufmännische Kenntnisse (Rechnungswesen, Kalkulation)

- Wissen über fachbezogene Rechtsvorschriften

- Situatives Wissen erforderlich

- Dokumentation und Rechtsposition

Technische Anforderungen

- Handhabung von computergestützten/-gesteuerten Maschinen bzw. Apparaten

- Kenntnisse über die Vernetzung

- Netzwerk Mensch/Elektronik

- Internetgesellschaft / Umgang mit Computern

Page 11: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

11

von Computerprogrammen und deren Auswirkung auf die eigene Arbeitsorganisation

- Wissen über neue technische Entwicklungen in der Lagerwirtschaft

- E-Commerce / E-Business gewinnt an Bedeutung

Soziale und persönliche

Anforderungen

- Unterstützung und Hilfeleistung im Kollegenumfeld

- Kooperationsbereitschaft (intern und extern)

- Fähigkeit und Bereitschaft zur Teamarbeit mit anderen Berufen

- Befähigung im Umgang mit Menschen

- Sprachliches und schriftliches Ausdrucksvermögen

- Umstellungsfähigkeit auf wechselnde Arbeitsaufgaben

- Ertragen von Stress und Arbeitsspitzen

- Kundenentwicklung gewinnt an Bedeutung

- Fortschreitende Vernetzung

- Outsourcing von Dienstleistungen nimmt zu

- Verantwortungsbewusster Umgang mit Zeit wird zunehmend wichtig

- Souveräner Umgang mit Unsicherheit

- Bewältigung struktureller Überforderung

Organisatorische Anforderungen

- Mitarbeiterführung und -motivation- Fähigkeit zu planen und zu

organisieren - Vorbereitung von Arbeitsabläufen - Wissen über die betriebliche

Organisation - Arbeitssicherheit und

Unfallverhütung - Denken in Zusammenhängen

- Ausdehnung der Handlungsfreiräume

- Erhöhte Orientierungskompetenz wird erforderlich

- Verstärkt Management-Denken erforderlich

- Einzelauftragsspezifische Kleinlieferungen

Tabelle 1: Anforderungsprofil für die Fachkraft im Koordinationsbüro Große Handlungsspielräume ergeben sich durch die Ansiedlung der Arbeitsplätze beim Kunden, da vor Ort mit großer Eigenständigkeit und betriebswirtschaftlichem Denken Entscheidungen getroffen werden. Die Mitarbeiter des Partnerunternehmens agieren hier an einer wichtigen Schnittstelle: So ist beispielsweise der Mitarbeiter im Koordinationsbüro Ansprechpartner für Probleme im operativen Geschäft mit dem Kunden. Probleme und Fälle mit besonderem Handlungsbedarf meldet er an seinen Vorgesetzten weiter. Neben der strukturellen Schnittstellenfunktion hat die untersuchte Fachkraft Aufgaben im Bereich der Mitarbeiterführung für die Kollegen aus dem eigenen Unternehmen im Wareneingang sowie für die Mitarbeiter der Fremdfirmen. Wichtig für diese zentralen Aufgabenbereiche ist eine klare Aufgabendefinition mit eindeutigen Zuständigkeiten.

Page 12: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

12

Selbststeuerung und -organisation sind generelle qualifikatorische Zielvorgaben für den untersuchten Arbeitsbereich, innerhalb derer die Mitarbeiter Durchführungsfreiräume gegenüber Kunden, internen und externen Mitarbeitern eigenverantwortlich gestalten müssen. Als organisatorische Anforderung an die Tätigkeit der Fachkraft im Koordinationsbüro ist zunächst die Fähigkeit zu planen und organisieren für das Vorbereitung von Arbeitsabläufen essentiell. Hierfür ist ein Denken in Zusammenhängen dringend erforderlich. Darüber hinaus sind eine gute Befähigung in der Mitarbeiterführung und -motivation, umfassendes Wissen über die betriebliche Organisation und Kenntnisse in den Bereichen Arbeitssicherheit und Unfallverhütung wichtig. Da die Mitarbeiter des Partnerunternehmens überwiegend für die Koordination und den Transport einzelner Produktionsmaschinen zuständig sind (Equipmentverbringung), die einzeln bestellt werden, erfordert die Verbringung ein hohes Ausmaß an Organisation- und Planungsleistung von der Fachkraft. Durch das hohe Maß an Verantwortung wird auch der Umgang mit Unsicherheiten und struktureller Überforderung an Bedeutung gewinnen: Arbeitsaufgaben in dem untersuchten Betrieb müssen oft so geplant werden, dass nicht alle gestellten Aufgaben bewältigt werden können. Entsprechend müssen die Fachkräfte mit hohen Belastungen umgehen und eigenverantwortlich Prioritäten setzen. Arbeitsnahe Lernaufgaben für ein zukünftiges Arbeitssystem Ausgehend von den aufgezeigten Veränderungen der Qualifikationserfordernisse im untersuchten Fallbeispiel wurden beispielhaft erste arbeitsnahe Aufgabenstellungen entwickelt, die den Übergang in ein zukünftiges Arbeitssystem erleichtern können und den aktuellen Bedarf an Qualifizierung im untersuchten Fallstudienunternehmen angehen. Ausgehend von diesen Aufgabenstellungen könnten weitere Qualifizierungsmaßnahmen innerhalb von Aus- und Weiterbildung überlegt werden.

• Mitarbeiter werden für eine gewisse Zeit gezielt an Arbeitsplätzen des Kunden und der Unterauftragsfirmen eingesetzt, die den vor- oder nachgelagerten Bereich im Kooperationsgefüge betreffen, um sich Prozesskompetenz anzueignen.

• Regelmäßige Besprechungen mit Kunden und Unterauftragnehmern auf Mitarbeiterebene werden eingerichtet. Problemfälle und Lösungen werden im Team erarbeitet.

Page 13: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

13

• Der Koordinator des Outsourcing-Projekts übernimmt dabei abwechselnd mit den Mitarbeitern des Kunden (z. B. Lager) die Moderation der Treffen.

• Arbeitsgruppen zur Verbesserung bestimmter Arbeitsabläufe werden zusammengestellt. Die Gruppen treffen sich regelmäßig (z. B. 14-tägig für eine Stunde) und erarbeiten Verbesserungsvorschläge zu speziellen Themen (z. B. Fehlerminimierung bei der Zustellung von eingegangenen Waren)

• Erarbeiten spezieller Lösungen für die Vernetzung mit dem Kunden durch Einberufung eines gemischten Expertenteams (z. B. Logistikexperten der Geschäftsstelle und Mitarbeiter, die beim Kunden eingesetzt sind).

Empirisches Qualifikationsbündel Logistik-Dienstleister Aus dem Fallstudienbeispiel zeigt sich ein spezifisches Anforderungsprofil, das gemeinsam mit anderen Fallstudienergebnissen zu einem Bündel an relevanten Qualifikationsanforderungen für den Bereich Logistik-Dienstleistungen zusammengefasst werden kann.

Abbbildung 3: Qualifikationsbündel Logistik-Dienstleister

Page 14: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

14

Das Qualifikationsbündel des Logistik-Dienstleisters umfasst Aufgaben aus dem Berufsbild des Speditionskaufmanns zuzüglich weiterer Anforderungen durch neue Logistik-Dienstleistungen für den Kunden. Es stellen sich fachliche Anforderungen an Kenntnisse der zu verbringenden Güter, der Ressourcenplanung und Buchung sowie der Organisation und Koordination der Güter. Technische Anforderungen ergeben sich aus dem Umgang mit Warenwirtschaftssystemen und der Warenverfolgung mit z. B. Transponderverfolgung. Die Transportorganisation und das Supply Chain Management zusammen mit der Notwenigkeit eines Gesamtprozessdenkens bilden organisatorische Anforderungen an die Fachkräfte. Soziale Anforderungen zeigen sich insbesondere durch die Kundenorientierung und den intensiven Austausch mit dem Kunden sowie durch die Koordination von Zulieferern und Kollegen. Ergebnisse aus den Betriebsbefragungen Das vorgefundene empirische Qualifikationsbündel wird auch aus den überbetrieblichen Betriebsbefragungen von TNS Infratest Sozialforschung und Helmut Kuwan gestützt, in denen u.a. die hohe Bedeutung der Kundenorientierung belegt werden konnte. Ausgewählte Ergebnisse der Befragung von Personalverantwortlichen in Betrieben werden im folgenden vorgestellt. Im Logistik-Sektor wurden zwei aufeinander aufbauende Repräsentativerhebungen bei Logistikbetrieben durchgeführt3. Im Rahmen der ersten Welle der Betriebsbefragungen fanden im Jahr 2000 im Sektor „Logistik“ in 197 Betrieben Interviews statt. In der zweiten Erhebung, die rund ein Jahr später durchgeführt wurde, wurden 209 Personalverantwortliche befragt4.

3 Eine Darstellung des methodischen Vorgehens bei den Betriebsbefragungen und der

ausführlichen Ergebnisse findet sich in den folgenden zwei Berichten: Kuwan, Thum, „Qualifikationsentwicklung im Bereich Logistik – Ergebnisse der

Betriebsbefragung im Rahmen der ADeBar-Studie“, Infratest Sozialforschung und HK-Forschung, München, August 2002; Kuwan, Thum, „Qualifikationsprofile im Bereich „Logistik“ – Ergebnisse der Conjoint-Studie“, Infratest Sozialforschung und HK-Forschung, München, Dezember 2002.

Beide Berichte sind als PDF-File unter www.frequnz.net verfügbar. 4 Darunter 149 Betriebe, die bereits in der ersten Erhebungswelle befragt wurden

(Ausschöpfung: 57,3%). Als Analysegrundlage sollte jedoch eine Fallzahl von etwa 200 Interviews erreicht werden. Deshalb wurde die Netto-Stichprobe zusätzlich um 60 Quoteninterviews ergänzt.

Page 15: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

15

Auswahlgrundlage der Zufallsstichprobe für die Betriebe mit dem Kerngeschäft Logistik war das von Infratest entwickelte „Arbeitsstätten-Master-Sample“ (AMS). Das AMS enthält 140.000 Betriebsadressen, erfasst kontinuierlich Neugründungen und wird laufend aktualisiert. Da es keine definierte Branche „Logistik“ gibt, wurde eine Vorauswahl an Branchen vorgenommen, für die zu vermuten war, dass logistische Abläufe zum wesentlichen Geschäftsbestandteil gehören. Dementsprechend wurden die Branchen Verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe, Handel, Verkehr sowie Dienstleistungsgewerbe in die Stichprobe einbezogen. Zudem fand eine Schichtung der Stichprobe nach Betriebsgrößenklassen statt, wobei Großbetriebe mit 100 und mehr Mitarbeitern überproportional Berücksichtigung fanden. Nicht in die Stichprobe einbezogen waren Branchen, bei denen die Wahrscheinlichkeit als sehr gering eingeschätzt wurde, dass Logistik als Kerngeschäft betrieben wird, sowie Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten. Ein zentrales Thema der Ersterhebung waren die Veränderungen der Arbeitswelt und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Qualifikationsentwicklung sowie die derzeitige und künftige Bedeutung von konkreten Qualifikationsanforderungen. Darauf aufbauend wurde in einer zweiten Erhebungswelle anhand des multivariaten Verfahrens der Conjoint-Analyse analysiert, welchen Stellenwert die in der ersten Welle untersuchten grundlegenden Qualifikationsanforderungen in ihrer Kombination sowie in unterschiedlichen Ausprägungen – im Sinne von Qualifikationsprofilen - für die Betriebe nach Einschätzung der betrieblichen Experten zukünftig haben werden. Derzeitige und zukünftige Qualifikationsanforderungen an Logistik-Fachkräfte Insgesamt wurden bei der ersten Befragung 35 Qualifikationsanforderungen zur Bewertung ihrer derzeitigen und künftigen Bedeutung vorgelegt. In der folgenden Grafik ist der derzeitige Umfang ausgewählter Anforderungen sowie der erwartete Anstieg in den nächsten drei Jahren zusammenfassend dargestellt. Bei den derzeitigen Anforderungen steht die Fähigkeit, sich an den Interessen und Belangen des Kunden zu orientieren, mit Abstand an erster Stelle (Durchschnittswert 3,59 auf der Vierer-Skala, s. Abbildung). Ebenfalls hoch eingestuft wird die Kompetenz zur gemeinsamen Lösungsfindung mit dem

Page 16: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

16

Kunden. Für die kommenden drei Jahre rechnen die Experten mit einem sehr starken Anstieg dieser Qualifikationsanforderungen. Auch unternehmerisches Denken, das schon heute im Anforderungskatalog der Betriebe an neunter Stelle steht und damit eine bedeutende Stellung einnimmt, wird aus Sicht der Experten in Zukunft noch wesentlich gefragter sein.

Abbildung 4: Erwartete Veränderungen von Qualifikationsanforderungen (Durchschnittliche Veränderungen in den nächsten 3 Jahren) Der Stellenwert des Fachwissens unterliegt im Spektrum der Qualifikationsanforderungen einigen Akzentverschiebungen. Zwar steigt die Bedeutung des Fachwissens noch etwas an, doch andere Qualifikationen werden künftig noch mehr gefordert. Fast alle IT-Qualifikationen (nicht abgebildet) sind in ihrer derzeitigen Bedeutung für die Fachkräfte im Logistikbereich noch eher im hinteren Drittel der Rangreihe zu finden. Dies wird sich rasch ändern. Viele dieser Qualifikationen werden schon in den nächsten drei Jahren einen deutlichen Anstieg erfahren. Dies betrifft sowohl eher allgemeine IuK-Qualifikationen, wie etwa die Kommunikation im Internet, als auch spezifische anwendungsorientierte Kompetenzen wie den Umgang mit Datenbanken oder

Page 17: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

17

E-Commerce und E-Business. Bei anderen IT-Qualifikationen wie z.B. der Kenntnis von Internetprogrammen oder auch Web-Design fällt der Bedeutungszuwachs wesentlich geringer aus. Diese werden vor allem für eine kleinere Gruppe von Fachkräften wichtig. Als Fazit der ersten Erhebung bleibt festzuhalten, dass sich die Bedeutung des Fachwissens verändert. Dabei entstehen Kombinationsbündel in mehrfacher Hinsicht: Zwischen fachlichen und überfachlichen Qualifikationen; neue Mischungen aus gewerblich-technischer und kaufmännischer Anforderungen; eine stärkere Orientierung an Prozessen und Abläufen im Betrieb. Entsprechend wird immer mehr ein übergreifendes Verständnis für die Arbeit anderer Abteilungen und auch des Marktes gefordert. Neben der steigenden Bedeutung vieler IT-Qualifikationen gewinnen in der Logistik künftig auch Kommunikationsfähigkeiten der Fachkräfte als wichtige Quelle für Optimierungen weiter an Bedeutung. Qualifikationsprofile im Bereich der Logistik Während in der ersten Befragung die Bewertung der Qualifikationsanforderungen im Einzelnen erfolgte, wurden die betrieblichen Experten in der zweiten Befragung um eine Bewertung von Qualifikationsprofilen gebeten. Personalverantwortliche betrachten die ihnen angebotenen Qualifikationen eines Bewerbers als Ganzes, d. h. Qualifikationsprofile sind Eigenschaftsbündel, die, bezogen auf einen Bewerber, ganzheitlich wahrgenommen und beurteilt werden. Bei der Entscheidung für oder gegen einen Bewerber wägt der Personalverantwortliche den Nutzen der verschiedenen Qualifikationen und ihrer Ausprägungen gegeneinander ab. Das Unternehmen wird sich für das Qualifikationsprofil bzw. den Bewerber entscheiden, das (bzw. der) für das Unternehmen den größten Nutzen hat. Um die Entscheidungskriterien etwas genauer kennen zu lernen, sollte mit Hilfe der Conjoint-Analyse herausgefunden werden, welchen Stellenwert die in der ersten Befragung untersuchten grundlegenden Qualifikationsanforderungen in ihrer Kombination sowie in unterschiedlichen Ausprägungen für die Betriebe zukünftig haben werden. Die Bewertung verschiedener Qualifikationsprofile bzw. Bewerberprofile erfolgt dabei durch die Auswahl eines Bewerbers mit spezifischem Qualifikationsprofil aus einem Alternativen-Set von drei Bewerbern. Die Ziel-person drückt ihre Präferenz durch die Wahl eines Bewerbers aus. Die

Page 18: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

18

Ablehnung einzelner Profile im Alternativen-Set bietet einen zusätzlichen Indikator für den Grad des Interesses und der Eignung eines solchen Qualifikationsprofiles für eine theoretisch künftig zu besetzende Position. Eine wichtige Voraussetzung für die Auswahl der Qua-lifikationsanforderungen ist eine Vorinformation darüber, welche Kriterien grundsätzlich die Entscheidung beeinflussen. In der ersten Betriebsbefragung konnten durch die Bewertung von 35 konkreten Qualifikationsanforderungen sowie 25 Thesen zur Qualifikationsentwicklung durch Personal-verantwortliche die dafür notwendigen Kenntnisse gesammelt werden. Auf Basis der Ergebnisse der ersten Betriebsbefragung wurden sieben Qualifikationsanforderungen ausgewählt und diese randomisiert in jeweils drei unterschiedlichen Ausprägungen (ausgeprägt, mittel, gering) variiert. Daraus entstanden Bewerberprofile, die den Personalverantwortlichen in Alternativen-Sets im Rahmen des computergestützten Interviews zur Wahl vorgelegt wurden (18 mal). Ein Alternativen-Set enthielt drei Bewerbertypen. Die Profile waren dabei so angelegt, dass kein Bewerber bei allen sieben Qualifikationen ein ausgeprägtes Niveau aufwies. Die Personal-verantwortlichen mussten sich also immer zwischen Bewerbern mit Stärken und Schwächen entscheiden. Die folgende Abbildung stellt ein Beispiel für ein mögliches Alternativen-Set an Qualifikationsprofilen dar, bei dem sich die Zielperson für einen Kandidaten entscheiden soll.

Page 19: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

19

Abbildung 5: Vertiefende Analysen durch das Conjoint-Verfahren. (Idee: Ganzheitliche Betrachtung von Qualifikationsprofilen statt Einzelbetrachtung von Qualifikationsanforderungen) Bei der Fragestellung, welchen der drei im Alternativen-Set vorgegebenen Bewerber die Zielperson mit Blick auf die Anforderungen in drei Jahren jeweils auswählen würde, wird die Kundenorientierung, also die Orientierung an Interessen und Belangen des Kunden sowie ein Verständnis für das Geschäft des Kunden, von den 7 vorgegebenen Attributen als die bedeutendste Qualifikationsanforderung eingestuft. Die Kundenorientierung erhält bezüglich der relativen Wichtigkeit für die Auswahlentscheidung einen Wert von 27. Geht man davon aus, dass die Entscheidung auf Grundlage der 7 Qualifikationsanforderungen gefällt wird und diese Basis 100% beträgt, bedeutet dieser Wert, dass ein überproportio-naler Teil der Entscheidung (rund 27%) bei einer potentiellen Neueinstellung von dem Maß der Kundenorientierung des Bewerbers beeinflusst wird. Die Bedeutung der übrigen 6 Qualifikationsanforderungen liegt relativ nahe beieinander. An zweiter Stelle bei der relativen Wichtigkeit steht mit einem Wert von 15 die Forderung nach unternehmerischem Denken, also ein

Page 20: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

20

Kosten-Nutzen-Bewusstsein, eine Orientierung an Wirtschaftlichkeitsaspekten sowie ein Grundverständnis für Fragen von Markt und Wettbewerb. Das Kommunikationsvermögen nimmt bei der Entscheidung für einen potentiellen Bewerber im Logistikfeld den dritter Rang ein (Wert der relativen Wichtigkeit: 14). Gefordert sind hier v.a. klare und verständliche Kommuni-kation in fachlichen Fragen sowie die Fähigkeit zur Kommunikation und Abstimmung. An vierter Stelle der sieben Qualifikationsanforderungen, die die Bewerberprofile beschreiben, liegt das Prozessverständnis (Wert: 12). Darunter sind das Gesamtverständnis für Abläufe im Unternehmen und bei Kunden sowie das Bewusstsein für die Bedürfnisse anderer Bereiche und Abteilungen im Arbeitsprozess zu fassen. Etwa gleich bedeutendend damit ist der Einfluss von persönlichem, nicht dokumentierten Erfahrungswissen (Wert: 12) der Fachkraft, also eine Vertrautheit mit Praxislösungen, ein Urteilsvermögen im Hinblick auf Machbarkeiten etc. Schließlich spielen auch IT-Kompetenzen (Wert: 11), d.h. die Handhabung von allgemeinen und spezifischen Informations- und Kommunikationssystemen wie z.B. Internet, SAP, Automatische Be-stellsysteme, und das Selbstmanagement (Wert: 9), also die Fähigkeit, selbständig zu entscheiden, die eigene Arbeit auch in Kooperation mit anderen zu organisieren und Prioritäten zu setzen, eine Rolle bei der Personalentscheidung. Personalverantwortliche fordern also eine Kombination der genannten Anforderungen, wobei die ‚Kundenorientierung’ deutlich im Vordergrund steht. Allerdings kann bei dem geforderten Anforderungsprofil, über das Fachkräfte im Logistikbereich künftig verfügen sollen, auf keine der übrigen genannten Qualifikationen verzichtet werden. Hierbei spielen das ‚Unternehmerische Denken’ und das ‚Kommunikationsvermögen’ eine bedeutendere Rolle. Simulation von Qualifikationsprofilen und ihre Optimierung Eine Möglichkeit der Analyse, die das Conjoint-Verfahren bietet, ist die Simu-lation selbst definierter Qualifikationsprofile. Dabei stellt der Benutzer des Simulationsprogramms Bewerbertypen zusammen, indem er den sieben Qualifikationen jeweils eine Ausprägung nach Wahl zuordnet. In der Simulation wird dann die Präferenz der konstruierten Profile im Vergleich ermittelt.

Page 21: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

21

Für die Analyse wurden zwei Qualifikationsprofile erstellt und ihr Präferenzanteil bei einer Einstellungsentscheidung in der Simulation verglichen. Ziel bei der Profildefinition war es, die von den Betrieben stark ge-forderten sozialen Kompetenzen in einen direkten Vergleich zu den eher fachlich-organisatorisch ausgerichteten Qualifikationen zu setzen und eine Wahlentscheidung zu simulieren. Folgende zwei Profile wurden gebildet: 1. Eine Logistikfachkraft, die über Erfahrungswissen, Prozessverständnis

und IT-Kompetenz in ausgeprägtem Maße verfügt, jedoch lediglich geringe Kundenorientierung und geringes Kommunikationsvermögen aufweist. Diese Fachkraft wird als Fachspezialist bezeichnet.

2. Eine ausgesprochen kommunikationsstarke und kundenorientierte Fachkraft, die jedoch über Erfahrungswissen, Prozessverständnis und IT-Kompetenz nur in geringem Umfang verfügt. Diesen Bewerbertyp nennen wir Kommunikationsspezialist.

Bei beiden Profilen ist das unternehmerische Denken und das Selbstmanagement auf mittlerem Niveau ausgeprägt. Hier die beiden Profile mit ihren Stärken und Schwächen im Vergleich: Fachspezialist Kommunikations- spezialist Kundenorientierung: gering ausgeprägt Erfahrungswissen: ausgeprägt gering Prozessverständnis: ausgeprägt gering Kommunikationsvermögen: gering ausgeprägt Unternehmerisches Denken: mittel mittel Selbstmanagement: mittel mittel IT-Kompetenz: ausgeprägt gering Bei diesen beiden Bewerberprofilen im Vergleich, ergeben sich folgende Präferenzanteile:

• Fachspezialist: 34,6%

• Kommunikationsspezialist: 65,4%

Page 22: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

22

Diese Anteile bedeuten, dass sich in dieser theoretisch simulierten Wahlsituation etwas mehr als ein Drittel der 209 befragten Personalverantwortlichen im Bereich Logistik für den Fachspezialisten und knapp zwei Drittel für den Kommunikationsspezialisten entscheiden. Ein wichtiges Ergebnis der Simulation ist, dass selbst ein ausgezeichnetes fachliches Profil den Mangel an Kommunikationsvermögen und Kundenorientierung nicht auffangen kann. Nur ein Drittel der Personalverantwortlichen würden sich für das Qualifikationsprofil des Fachspezialisten entscheiden. Wie beeinflussen bestimmte Änderungen im Qualifikationsprofil die Präferenz für oder gegen den Bewerbertyp? Dies lässt sich in einem weiteren Schritt der Simulation anhand der sog. Strategieprofile (vgl. folgende Abbildung) ermitteln, das uns die Effekte im Wahlverhalten zeigt, wenn die Ausprägungen der Qualifikationen verändert werden.

Abbildung 6: Profil des Fachspezialisten und Veränderung der Präferenz durch Variation der Qualifikationsausprägungen Eine Verbesserung der ‚Kundenorientierung’ beim ‚Fachspezialisten’ bewirkt die stärkste Veränderung des Präferenzanteils. So ergibt eine Veränderung von

Page 23: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

23

der Ausprägung ‚gering’ zu ‚mittel’ einen Präferenzzuwachs von 28,5%. Damit würde ausschließlich eine Anhebung der Kundenorientierung auf mittleres Niveau (bei Beibehaltung des sonstigen Profils) bewirken, dass sich 63,1% der Betriebe für diesen Bewerber entscheiden würden. Dagegen kann das Profil des Kommunikationsspezialisten (nicht abgebildet) selbst bei einer deutlichen Anhebung der eher organisatorisch-fachlichen Qualifikationsanforderungen ‚Prozessverständnis’ oder ‚IT-Kompetenz’ mit jeweils 13 bzw. 12 Prozentpunkten nur relativ gering an Präferenz bei der Wahl der Personalentscheidern hinzugewinnen. Auch in der Simulation verschiedener Bewerbertypen zeigt sich also die zentrale Bedeutung der Kundenorientierung, die die Personalverantwortlichen bei den Qualifikationsprofilen der Logistikfachkräfte fordern. Eine Orientierung an den Interessen des Kunden und die Fähigkeit zur gemeinsamen Lösungsfindung mit dem Kunden muss in mindestens mittlerem Maße vorhanden sein, damit der Bewerbertyp eine Auswahlchance hat. Eine ausgeprägte Kundenorientierung des Bewerbers ist dabei „nice to have“. Eine Absenkung der Qualifikation ‚Unternehmerisches Denken’ auf geringes Niveau führt dagegen zu einem relativ hohen Rückgang der Präferenz. Insbesondere beim Kommunikationsspezialisten stellt das Kosten-Nutzen-Bewußtsein ein wichtiges Korrektiv beim Eingehen auf Kundenwünsche dar, und sollte zumindest in mittlerem Maße vorhanden sein. Ansonsten gehen die Präferenzwerte deutlich zurück und nur noch knapp jeder zweite Perso-nalverantwortliche würde sich für einen Kommunikationsspezialisten mit nur geringem unternehmerischen Denken entscheiden. Literatur

• Chaberny, A.; Parmentier, K.; Schnur, P.: Beschäftigungsaussichten und berufliche Anforderungen in anerkannten Ausbildungsberufen. Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Nürnberg, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit 1991.

• Gidion, G.; Kuwan, H.; Schnalzer, K.; Waschbüsch, E.: Spurensuche in der Arbeit – Ein Verfahren zur Erkundung künftiger Qualifikationserfordernisse; H.-J Bullinger (Hrsg.); Bielefeld: wbv 2000.

Page 24: Neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik – … · 2009-09-22 · Im Mittelpunkt der Studie stehen die qualifikatorischen Anforderungen an die ... Projektcharakter der Aufgabenstellungen

24

• Kuwan, H.; Thum, M.: Qualifikationsentwicklung im Bereich Logistik – Ergebnisse der Betriebsbefragung im Rahmen der ADeBar-Studie, München 2002.

• Kuwan, H., Thum, M., Waschbüsch E.: ADeBar – Ergebnisbericht der ersten Erhebung – Ergebnisbericht zur ersten Welle der Repräsentativerhebung. Infratest Burke Sozialforschung, München, Mai, 2001.

• Kuwan, H., Thum, M., Waschbüsch E.: ADeBar - Sachstandsbericht zur 2. Erhebungswelle der Betriebsbefragung, Infratest Sozialforschung, Sozialwissenschaftliche Forschung und Beratung, München, Dezember 2001.

• Schmidt, S. L.; Schnalzer, K.: Fallstudienauswertung Logistik-Dienstleister; http://www.frequenz.net 2000.

• Schnalzer, K.; Gidion, G: Vom Packer zum Prozess-Steuerer – neue Qualifikationsanforderungen in der Logistik; in: H.-J. Bullinger (Hrsg.); Qualifizierungsoffensive: Bedarf frühzeitig erkennen – zukunftsorientiert handeln; Bielefeld: wbv 2002.