Neue topographische Karten der Mars-Oberfläche · Neue topographische Karten der Mars-Oberfläche...

10
Neue topographische Karten der Mars-Oberfläche STEPHAN GEHRKE 1 , HARTMUT LEHMANN 1 , ROBERT KÖHRING 1 , FRANK SCHOLTEN 2 , MARITA WÄHLISCH 2 , JÖRG ALBERTZ 1 Zusammenfassung: Die High Resolution Stereo Camera (HRSC) auf Mars Express erfasst die Mars-Oberfläche stereoskopisch und in Farbe. Aus den Bilddaten werden am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin Digitale Geländemodelle (DGMs) und farbige Orthobild-Mosaike abgeleit, die zum Teil an der Technischen Uni- versität Berlin in Kartenprodukte umgesetzt werden. Das Standardkartenwerk der Mis- sion Mars Express ist die „Topographic Image Map Mars 1:200 000“. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über das kartographische Konzept, die Kartenherstellung unter Verwendung des Software-Pakets „Planetary Image Mapper“ (PIMap) und aktuell hergestellte topographische Bildkarten der Mars-Oberfläche: die Kartierung der äqua- tornahen Region Iani Chaos in drei verschiedenen Maßstäben sowie die ersten erstellten Regelblätter der Nordpol-Region. 1 Einleitung In den vergangenen zwei Jahren hat die High Resolution Stereo Camera (HRSC) an Bord des Mars Express Orbiters mehr als die Hälfte der Mars-Oberfläche stereoskopisch und in Farbe erfasst. Aus den HRSC-Daten werden am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof systematisch Digitale Geländemodelle (DGM) und farbige Orthobild- Mosaike abgeleitet (SCHOLTEN et al., 2005). Aus einem Teil dieser Daten erstellt die Tech- nische Universität Berlin topographische Bildkarten unseres Nachbarplaneten, allen voran die Blätter der Topographic Image Map Mars 1:200 000. Konzept und Layout dieses Standard- Kartenwerks der Mission dienen auch als Vorgabe für die Erstellung von Sonderblättern und topographischen Karten größerer Maßstäbe sowie zur Ableitung thematischer Kartenprodukte (ALBERTZ et al., 2004a). Bereits in Vorbereitung auf die Mission Mars Express (GEHRKE et al., 2003) sowie seit 2004, mit der Datenaufnahme durch die HRSC, wurden und werden topographische Bildkarten der Mars-Oberfläche erstellt; Beispiele zeigen ALBERTZ et al. (2004a, 2004b, 2005), LEHMANN et al. (2005) und GEHRKE et al. (2006). Eigens für diese Zwecke wurde an der Technischen Uni- versität Berlin das kartographische Software-Paket Planetary Image Mapper (PIMap) entwickelt. Mit PIMap kann der Karteninhalt – Orthobildmosaik, Höhenlinien, Gitternetze, Randlinien, Kartentitel, Blattbezeichnung und typische Legendenelemente – generiert bzw. zum digitalen Kartenblatt zusammengestellt werden (GEHRKE & NEUKUM, 2005). Im Anschluss an einen Überblick über das kartographische Konzept der Topographic Image Map Mars 1:200 000 und die Kartenherstellung unter Verwendung der Software PIMap werden nachfolgend zwei aktuelle Teilprojekte vorgestellt. So ist die Region Iani Chaos in 1 Technische Universität Berlin, Geodäsie und Geoinformationstechnik, Sekr. H 12, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin, E-Mail: {stephan | h.lehmann | robert | albertz}@igg.tu-berlin.de 2 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Planetenforschung, Rutherfordstr. 2, 12489 Berlin, E-Mail: {frank.scholten | marita.waehlisch}@dlr.de

Transcript of Neue topographische Karten der Mars-Oberfläche · Neue topographische Karten der Mars-Oberfläche...

Neue topographische Karten der Mars-Oberfläche

STEPHAN GEHRKE1, HARTMUT LEHMANN1, ROBERT KÖHRING1, FRANK SCHOLTEN2, MARITA WÄHLISCH2, JÖRG ALBERTZ1

Zusammenfassung: Die High Resolution Stereo Camera (HRSC) auf Mars Express erfasst die Mars-Oberfläche stereoskopisch und in Farbe. Aus den Bilddaten werden am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin Digitale Geländemodelle (DGMs) und farbige Orthobild-Mosaike abgeleit, die zum Teil an der Technischen Uni-versität Berlin in Kartenprodukte umgesetzt werden. Das Standardkartenwerk der Mis-sion Mars Express ist die „Topographic Image Map Mars 1:200 000“. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über das kartographische Konzept, die Kartenherstellung unter Verwendung des Software-Pakets „Planetary Image Mapper“ (PIMap) und aktuell hergestellte topographische Bildkarten der Mars-Oberfläche: die Kartierung der äqua-tornahen Region Iani Chaos in drei verschiedenen Maßstäben sowie die ersten erstellten Regelblätter der Nordpol-Region.

1 Einleitung

In den vergangenen zwei Jahren hat die High Resolution Stereo Camera (HRSC) an Bord des Mars Express Orbiters mehr als die Hälfte der Mars-Oberfläche stereoskopisch und in Farbe erfasst. Aus den HRSC-Daten werden am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof systematisch Digitale Geländemodelle (DGM) und farbige Orthobild-Mosaike abgeleitet (SCHOLTEN et al., 2005). Aus einem Teil dieser Daten erstellt die Tech-nische Universität Berlin topographische Bildkarten unseres Nachbarplaneten, allen voran die Blätter der Topographic Image Map Mars 1:200 000. Konzept und Layout dieses Standard-Kartenwerks der Mission dienen auch als Vorgabe für die Erstellung von Sonderblättern und topographischen Karten größerer Maßstäbe sowie zur Ableitung thematischer Kartenprodukte (ALBERTZ et al., 2004a).

Bereits in Vorbereitung auf die Mission Mars Express (GEHRKE et al., 2003) sowie seit 2004, mit der Datenaufnahme durch die HRSC, wurden und werden topographische Bildkarten der Mars-Oberfläche erstellt; Beispiele zeigen ALBERTZ et al. (2004a, 2004b, 2005), LEHMANN et al. (2005) und GEHRKE et al. (2006). Eigens für diese Zwecke wurde an der Technischen Uni-versität Berlin das kartographische Software-Paket Planetary Image Mapper (PIMap) entwickelt. Mit PIMap kann der Karteninhalt – Orthobildmosaik, Höhenlinien, Gitternetze, Randlinien, Kartentitel, Blattbezeichnung und typische Legendenelemente – generiert bzw. zum digitalen Kartenblatt zusammengestellt werden (GEHRKE & NEUKUM, 2005).

Im Anschluss an einen Überblick über das kartographische Konzept der Topographic Image Map Mars 1:200 000 und die Kartenherstellung unter Verwendung der Software PIMap werden nachfolgend zwei aktuelle Teilprojekte vorgestellt. So ist die Region Iani Chaos in

1 Technische Universität Berlin, Geodäsie und Geoinformationstechnik, Sekr. H 12, Straße des 17. Juni 135,

10623 Berlin, E-Mail: {stephan | h.lehmann | robert | albertz}@igg.tu-berlin.de 2 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Planetenforschung, Rutherfordstr. 2, 12489 Berlin,

E-Mail: {frank.scholten | marita.waehlisch}@dlr.de

zwei benachbarten Standardblättern sowie in den größeren Maßstäben 1:100 000 und 1:50 000 – basierend auf einer entsprechenden Unterteilung des Regelblattschnitts in Viertel bzw. Sechzehntel – kartiert worden. Des Weiteren liegen nunmehr zwei Standardblätter des nörd-lichen Polargebietes vor; sie zeigen das Chasma Boreale, eine weit in die Eiskappe hinein-ragende Schlucht. Die beiden Karten liegen nördlich bzw. südlich des 85. Breitengrades, im Übergangsbereich zwischen der Sinusoidalprojektion und der in der Polregion angewendeten Flächentreuen Lambertschen Azimutalprojektion. Eine aus HRSC-Daten erstellte, kombinier-te topographisch-thematische Karte der Centauri und Hellas Montes wird in einem eigenen Beitrag von LEHMANN et al. (2006) präsentiert. Sie basiert auf dem hier vorgestellten karto-graphischen Konzept.

2 Kartographisches Konzept und Kartenherstellung

Das Grundkonzept für die Abbildung der Mars-Oberfläche im Maßstab 1:200 000 ist ausführ-lich bereits an anderer Stelle, beispielsweise von ALBERTZ et al. (2004a, 2004b), erläutert worden; es wird nachfolgend zusammenfassend wiedergegeben. Eine detaillierte Beschrei-bung der für die Kartenherstellung verwendeten Software PIMap findet sich bei GEHRKE & NEUKUM (2005).

2.1 Das Kartenwerk „Topographic Image Map Mars 1:200 000“

Die neue, großmaßstäbige Topographic Image Map Mars 1:200 000 ist das Standardkarten-werk der Mars Express Mission. Es basiert auf Daten der HRSC: Orthobildmosaike bilden die Kartengrundlage, und Höhenlinien werden aus HRSC-DGMs abgeleitet. Weiterhin ent-halten die Karten Beschriftungen der benannten Oberflächenformen sowie Landeplätze, einen Blattnamen und ihre Blattbezeichnung nach GREELEY & BATSON (1990), ergänzt durch erläu-ternde Legendeneinträge. Abbildung 3 und Abbildung 5 zeigen Kartenbeispiele.

Das Kartenwerk teilt den Planeten Mars in 10 372 Blätter in flächentreuen Projektionen. Zwi-schen 85° nördlicher und südlicher Breite, was 10 324 Karten entspricht, wird die Sinusoidal-projektion angewendet, für die übrigen 48 Blätter in den Polgebieten die Lambertsche Flächentreue Azimutalprojektion. Jedes Blatt deckt in der Breite 2° ab. Die Ausdehnung in der Länge nimmt auf Grund der Meridiankonvergenz mit der Breite zu; sie beträgt 2° um den Äquator und steigt über mehrere Zonen bis auf 360° für die Poldarstellungen an, so dass die Größe des Kartenfeldes etwa konstant bleibt. Der Blattschnitt basiert auf planetozentrischen Breiten und östlichen Längen, dem ellipsoidischen Standardkoordinatensystem auf der Mars-Oberfläche (ALBERTZ et al., 2004a). Lagebezug ist ein Rotationsellipsoid mit Halbachsen von 3 396,19 km und 3 376,20 km; Höhenlinien beziehen sich auf die Äquipotenzialfläche mit einem mittlerem Äquatorradius von 3 396,00 km, das Areoid (SEIDELMANN et al., 2002).

Das Kartenwerk bildet die Grundlage für die systematische Ableitung von großmaßstäbigen Karten – indem es analog zu amtlichen Kartenwerken auf der Erde systematisch in Viertel bzw. Sechzehntel eingeteilt wird –, Sonderblättern und thematischen Kartenprodukten.

2.2 Kartenherstellung mit PIMap

Die Herstellung der topographischen Bildkaten der Mars-Oberfläche erfolgt weitgehend auto-matisch unter Verwendung des kartographischen Software-Pakets Planetary Image Mapper (PIMap), welches an der Technischen Universität Berlin entwickelt wurde (GEHRKE & NEU-

KUM, 2005). Grundsätzlich können mit PIMap Gradabteilungskarten, wie sie in der Planeten-kartographie nahezu ausschließlich gebräuchlich sind (siehe z.B. GREYLEY & BATSON, 1990), in beliebiger Lage und Größe generiert werden.

Sämtliche Eigenschaften, Form und Inhalte einer zu erstellenden Karte sind in der Steuerdatei zusammengefasst; je nach Karteninhalt müssen weitere Daten zur Verfügung stehen. An Hand dessen werden in PIMap die entsprechenden Elemente generiert und in das Kartenblatt eingepasst. Ergebnis ist eine PDF-Datei, welche sämtliche Vektor- und Rasterdaten dieses Blattes enthält – vgl. Datenflussschema (Abbildung 1). Von besonderer Bedeutung ist die nachträgliche Editierbarkeit der einzelnen Objekte, so dass die automatisch generierte Karte mit kommerzieller Software (Adobe Illustrator, Macromedia Freehand, Corel Draw) kon-trolliert bzw. weiter bearbeitet werden kann. Die Nachbearbeitung ist unter anderem für die endgültige Platzierung der topographischen Namen von Bedeutung, die in bestimmten Fällen noch der betreffenden Oberflächenform, z.B. einem Talverlauf, anzupassen sind.

DigitalesGeländemodell

Farb-Orthobild(Mosaik)

TopographischeNamen

Kartenwerks-definitionen

Kombinationder RGB-Kanäle

Umprojektion/Resampling

Zuschnitt aufKartenfeld

Daten-extraktion

Kartenblatt-definition

Berechnung vonGitterpunkten

Bildanpassung/Verbesserung

Glättung

Berechnung vonHöhenpunkten

(Um-)ProjektionKarten-projektion

Karten-projektion

Steuerdatei

Bezier-Spline-Transformation

Generieren derGitterlinien

Generieren vonSignaturen

Generieren derHöhenlinien

Beschriftung BeschriftungPlatzieren der

Namen

Füllen vonBildlücken

Generieren vonIndexkarte, etc.

Generieren vonTitel & Legende

Kartenblatt

Hervorhebenvon Strukturen

Kontrolle derHöhenlinien

EndgültigeBeschriftung

Komplettierungder Legende

EndgültigesKartenblatt

PIMap Software

SeparatesKartenbild

Abbildung 1: Datenfluss bei der Kartenherstellung unter Verwendung der Software PIMap ein-schließlich der notwendigen Vor- und Nacharbeiten

3 Kartierung von Iani Chaos in verschiedenen Maßstäben

Iani Chaos ist eine große Senke mit einer Ost-West-Ausdehnung von 430 km und einer Nord-Süd-Ausdehnung von 330 km. Die Region liegt östlich des Canyon-Systems Valles Marineris bei 2,8° südlicher Breite und 342,5° östlicher Länge (USGS, 2006a). im Norden angrenzend, erstreckt sich das Tal Ares Valles über eine Länge von etwa 1400 km bis zu seiner Mündung in die Chryse Planitia im Bereich des nördlichen Tieflands der Mars-Oberfläche. In diesem Mündungsgebiet landete 1997 die amerikanische Mission Mars Pathfinder.

Die Entstehung von Iani Chaos wird auf vulkanische Aktivitäten zurückgeführt, welche ver-mutlich das im ursprünglichen Gebirge gespeicherte Eis zum Abtauen gebracht haben. Das Schmelzwasser ergoss sich, dem Gefälle folgend, nach Norden in das Ares Valles. Überreste des einstigen Geländes, welches nach dem Ablaufen des Wassers einstürzte, da sich im Untergrund Hohlräume gebildet hatten, formen heute als verstreute Hügel und Blöcke eine „chaotische“, zerklüftete Oberflächenstruktur (FU Berlin, 2006). Dass diese Landschaft also höchstwahrscheinlich durch fließendes Wasser geformt wurde, macht sie aus geologischer Sicht besonders interessant; auf Grund dessen stellt sie auch eine eindrucksvolle Grundlage für die Herstellung topographischer Bildkarten dar (Abbildung 2).

Abbildung 2, links: Abdeckung der Iani Chaos Region in den HRSC-Bildstreifen 912 (östlicher Teil), 923 (Mitte) und 934 (westlicher Teil), eingebettet in Farbbilddaten der Viking-Mission (USGS, 2006b); Rechts: Übersicht der erstellten Kartenblätter in den Maßstäben 1:200 000, 1:100 000 und 1:50 000

Abbildung 3: Topographic Image Map Mars 1:200 000, Kartenblatt „M 200k 0.00N/343.00E OMKT“

Die Region wurde von der HRSC in den Orbits 912, 923 und 934 in nahezu höchster Boden-auflösung aufgenommen. Die photogrammetrische Prozessierung – einschließlich IHS-Trans-formation („pan-sharpening“ der Farbkanäle) sowie Mosaikierung der benachbarten Orbits – erfolgte am DLR (SCHOLTEN et al., 2005; GWINNER et al., 2005). Das resultierende Ortho-bildmosaik hat eine Auflösung von 12,5 m/Pixel, das DGM eine Rasterweite von 50 m. An der Technischen Universität Berlin wurden zwei Karten im Regelblattschnitt der Topo-graphic Image Map Mars 1:200 000, „M 200k 2.00S/343.00E OMKT“ und „M 200k 0.00N/ 343.00E OMKT“ (GEHRKE et al., 2006; Abbildung 3), sowie mehrere Teilblätter in den Maß-stäben 1:100 000 und 1:50 000 hergestellt. Eine Übersicht bietet Abbildung 2; für einen Teil des Iani Chaos, der die charakteristischen Hügel und Fließstrukturen zeigt, sind in Abbildung 4 Ausschnitte aus drei entsprechenden Karten in verschiedenen Maßstäben gegenübergestellt.

Dem kartographischen Konzept nach 2.1 folgend, gleichen sich die verschiedenen Karten-blätter im Papierformat sowie dem grundsätzlichen Layout; sie sind alle mit „Iani Chaos Region“ bezeichnet. Aufgrund der unterschiedlichen Maßstäbe ergeben sich Bildauflösungen von 406, 203 bzw. 102 dpi, letztere in 1:50 000. Obwohl sich hier vereinzelt Kompressions-effekte andeuten (z.B. an schattigen Hängen), sind grundsätzlich feinere Texturen erkennbar. Mit größer werdenden Kartenmaßstäben wurden kleine Äquidistanzen der Höhenlinien defi-niert, so dass die Geländetopographie entsprechend detailliert wiedergegeben werden kann.

Abbildung 4: Teilgebiet der Region Iani Chaos – Ausschnitte aus einem Standardkartenblatt der Topographic Image Map Mars 1:200 000 („M 200k 0.00N/343.00E OMKT“, oben) und aus Teilblättern in den Maßstäben 1:100 000 („M 100k 0.50N/342.50E OMKT“, Mitte) sowie 1:50 000 („M 50k 0.25N/ 342.25E OMKT“, unten)

4 Die ersten großmaßstäbigen Kartenblätter des nörd-lichen Polargebiets

Die Abbildung 5 zeigt zwei Standardblätter im Übergangsbereich zwischen den beiden Kartenprojektionen der Topographic Image Map Mars 1:200 000: „M 200k 84.00N/315.00E OMKN“, in der nördlichsten Zone der Sinusoidalprojektion gelegen, und „M 200k 86.00N/ 324.00E OMKN“, ein Blatt aus der unmittelbar anschließenden, südlichsten Zone der Lam-bertschen Flächentreuen Azimutalprojektion. Das letztgenannte Kartenblatt grenzt in der süd-östlichen Hälfte an das erstere, wobei dieser Bereich vollständig vom Eis der nördlichen Pol-kappe des Mars bedeckt. Die Region wird vom Chasma Boreale durchzogen, das sich über insgesamt 300 km erstreckt und die Eiskappe beinahe in zwei Hälften teilt. In der Schlucht sind Staub- bzw. Sandablagerungen in Form von Dünen, den Hyperboreae Undae, zu er-kennen.

Mit zunehmendem Abstand vom Äquator, wo die sinusoidalen Blätter ein (nahezu) quadra-tisches Kartenfeld aufweisen (vgl. Abbildung 3), zeigt sich die Auswirkung der Meridian-konvergenz und damit die charakteristische Trapezform. (Es sei angemerkt, dass sich die Meridiane im Gegensatz zu den Parallelkreisen nicht als Geraden abbilden; sie zeigen bekanntermaßen – eine geringe Abplattung des Bezugsellipsoides vorausgesetzt (vgl. Halb-achsen in 2.1) – sinuskurvenähnliche Verläufe. Bei der Breitenausdehnung der Topographic Image Map Mars 1:200 000 von 2° sind die Abweichungen von einer Geraden jedoch mar-ginal und liegen unter 0,05 mm.)

Die gezeigten Kartenblätter wurden an der Technischen Universität Berlin hergestellt und basieren auf den vom DLR bereitgestellten, kartenprojizierten HRSC-Bildern (SCHOLTEN et al., 2005) des Orbits 1154. In den hier gezeigten Versionen, „OMKN“ (farbiges Orthobild-mosaik als Grundlage, ergänzt durch topographisches Namensgut), enthalten die Karten keine Höhenlinien.

5 Fazit

Seit Beginn der Mission Mars Express werden an der Technischen Universität Berlin exem-plarisch mehrer Kartenblätter der Topographic Image Map Mars 1:200 000 auf der Basis von HRSC-Bilddaten hergestellt. Dazu zählen neben den Regelblättern auch Sonderkarten unter-schiedlicher Maßstäbe, die in ihrer Lage an charakteristische Landschaftsformen der Mars-Oberfläche bzw. HRSC-Orbits angepasst sind. Die hier vorgestellten Arbeiten, die systema-tisch in den Maßstäben 1:200 000, 1:100 000 und 1:50 000 kartierte Region Iani Chaos sowie die ersten Kartenblättern des Nordpolargebiets, erweitern die Bandbreite der auf dem Kon-zept der Topographic Image Map Mars 1:200 000 basierenden Kartenprodukte. Sie demons-trieren insbesondere die Flexibilität dieses kartographischen Konzepts aber auch die Qualität der HRSC-Bilddaten und abgeleiteten Geländemodelle.

Mit PIMap liegt ein Softwareprodukt vor, welches sämtliche Inhalte einer planetaren topo-graphischen Bildkarte weitgehend automatisch und vor allem erstmals gemeinsam generiert und in das digitale Blatt einpasst. Der operationelle Einsatz innerhalb der Mission Mars Express zeigt, dass sich mit wenigen interaktiven Abschlussarbeiten qualitativ hochwertige Kartenprodukte erstellen lassen.

Abbildung 5: Standardblätter „M 200k 84.00N/315.00E OMKT“ und „M 200k 86.00N/324.00E OMKT“ der Topographic Image Map Mars 1:200 000 im Übergangsbereich zwischen Sinusoidalprojektion (unten) und Lambertscher Flächentreuer Azimutalprojektion (oben) im Gebiet des Chasma Boreale

6 Danksagung

Die vorgestellten Arbeiten sind Teil des an der Technischen Universität Berlin laufenden Forschungsvorhabens „Software Development and Technical Support for Cartographic Data Processing“ („Software-Entwicklung und technische Unterstützung für die kartographische Datenverarbeitung“) im Rahmen von „HRSC on Mars Express“. Dieses Vorhaben wird durch das DLR aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Principal Investigator des Experiments „HRSC on Mars Express“ ist Prof. Dr. Gerhard Neukum, Freie Universität Berlin.

7 Literaturverzeichnis

ALBERTZ, J., GEHRKE, S., WÄHLISCH, M. et al., 2004a: Digital Cartography with HRSC on Mars Express. – The International Archives of Photogrammetry, Remote Sensing and Spatial Information Sciences, Istanbul, XXXV (B4): 869-874.

ALBERTZ, J., GEHRKE, S., WÄHLISCH, M. et al., 2004b: Die ersten Blätter des neuen Kartenwerks „Topographic Image Map Mars 1:200,000“. – Vorträge 24. Jahrestagung der DGPF, Band 13, Halle: 555-564.

ALBERTZ, J., GEHRKE, S., LEHMANN, H. et al., 2005: Precise Topographic and Thematic Maps of Planet Mars. – Proceedings XXII International Cartographic Conference (ICC 2005), A Coruña.

FU Berlin, 2006: HRSC Bildserie #182 – Iani Chaos. – www.geoinf.fu-berlin.de/projekte/ mars/hrsc182-IaniChaos.php (Juni 2006).

GEHRKE, S., WÄHLISCH, M., LEHMANN, H., et al., 2003: Cartography with HRSC on Mars Express – A Specimen of the New Series “Topographic Image Map Mars 1:200,000”. – Proceedings ISPRS WG IV/9 Extraterrestrial Mapping Workshop, Houston.

GEHRKE, S. und NEUKUM, G., 2005: Das kartographische Softwarepaket „Planetary Image Mapper“ (PIMap). – Photogrammetrie – Fernerkundung – Geoinformation (PFG), 5/2005: 417-422.

GEHRKE, S., LEHMANN, H., KÖHRING, R., et al., 2006: Iani Chaos in Three Scales – A Topo-graphic Image Map Mars 1:200,000 and its Subdivisions. – Lunar and Planetary Science (LPSC) XXXVII, Houston, Paper #1325.

GREELEY, R. und BATSON, R.M., 1990: Planetary Mapping. – 296 S., Cambridge University Press, Cambridge.

GWINNER, K., SCHOLTEN, F., GIESE, B. et al., 2005: Hochauflösende Digitale Geländemodelle der Marsoberfläche. – Photogrammetrie – Fernerkundung – Geoinformation (PFG), 5/2005: 387-394.

LEHMANN, H., GEHRKE, S., ALBERTZ, J. et al., 2005: Großmaßstäbige topographische und the-matische Mars-Karten. – Photogrammetrie – Fernerkundung – Geoinformation (PFG), 5/2005: 423-428.

LEHMANN, H., VAN GASSELT, S., GEHRKE, S. et al., 2006: Eine kombinierte topographisch-thematische Karte der Centauri und Hellas Montes (Mars). – Vorträge 26. Jahrestagung der DGPF, Band 15, Berlin (dieser Band).

SEIDELMANN, P.K. et al., 2002: Report of the IAU/IAG Working Group on Cartographic Coordinates and Rotational Elements of the Planets, and Satellites: 2000. – Celestial Mechanics and Dynamical Astronomy, Vol. 82: 83-110.

SCHOLTEN, F., ROATSCH, T., GWINNER, K. et al., 2005: Von Rohdaten aus dem Mars Express Orbit zu Digitalen Geländemodellen und Orthobildern – Operationelle Verarbeitung von HRSC Daten. – Photogrammetrie – Fernerkundung – Geoinformation (PFG), 5/2005: 365-372.

USGS, 2006a: Gazetteer of Planetary Nomenclature. – planetarynames.wr.usgs.gov (Juni 2006)

USGS, 2006b: PDS MAP-A-PLANET. – pdsmaps.wr.usgs.gov. (Juni 2006)

Vorträge 26. Jahrestagung der DGPF, Band 15, Berlin 2006