Neues A rehiv · Canonicus in Faenza, hat in seinem 1907 zu Rom er-schienenen Buch, San Petronio,...

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1V.

Die F5,1sc1iu.ngen

des Abtes Guido Grandi.

VOI1

Gerhard Sehwartz t.

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Dieser Aufsatz ist mir von dem Verfassernnmittelbar vor seinem Abmarsch ins Feldiibergeben worden; er hat ihn , wUrend or alsKriegsfreiwilliger im 15. Pionierbataillon aus-gebildet wurde, niedergeschrieben.

H . B r e s s l a u.

kt,

.O

I. Die Vita s. Bononii a -uetore Ratberto.Der heilige Bononius (t 1026), Abt von Locedio in

•der Diózese Vercelli, gehiirt nicht eben zu den bekanntestenGestalten der mittelalterlichen Kirchengeschichte. Unddoch ist das wenige, was wir von ihm wissen, interessantgenug, um cicli etwas ndher mit den Berichten iiber ihnzu befassen. Iis gibt zwei Vitae s. Bononii; die eine ista,nonym (im folgenden A), die andere nennt einen MónchRatbertus als ihren Verfasser (R)1. Die letztere ist jiinger,denn sie nimmt a,uf die andere Bezug und will sie ergii,nzen.Ueber den Wert der ziemlich ausfiihrlichen Angaben vonR besteht eine kleine Kontroverse: Francesco Lanzoni,Canonicus in Faenza, hat in seinem 1907 zu Rom er-schienenen Buch, San Petronio, vescovo di Bologna, nellastoria e nella leggenda, in einem Anhang (S. 253 ff.) eineReale von Widerspríichen zwischen R und unserer sonstigenKenntnis aufgezeigt und daraus den Schluss gezogen, dassR ziemlich wertlos und fiir die Biographie des Bononiusin erster Linie A heranzuziehen sei; dagegen hat WalterFranke, Rolnuald von Camaldoli und seine Reformtittigkeitzur Zeit Ottos III. (Eberings historische Studien 107, 1918[S. 1--68 Dissert. Balle 1910]), in 15,ngeren Ausfiihrungendie Glaubwiirdigkeit von R zu erweisen und damit eineAnzahl von Angaben, die teilweise von erheblichem histo-rischen Interesse sind, zu retten versucht. Nur R iiber-liefert z. B., dass Bononius ein Schiiler des heiligen Ro-muald war; die Einsehiitzung von R ist also fiir die Ge-sehiehte der italienischen Klosterreform von grosser Be-deutung. •

Was die handschriftliche Ueberlieferung angeht, sogibt es von A mehrere Handschriften, deren 5,1teste nociin die Zeit der Wende vom Il. zum 12. Jh. hinaufreicht,

1) Atimaerdem haben wir noch einen, meist mit A fiberliefertenBertela hbor die Winulpr cies 1leiligen (M), der ebenfalls vett demAnonyrnus ataminen diirfte.

o

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wiihrend die anderen aus dem 12., 14. und 17. Jh. stammen 1.Im Gegensatz dazu schwebt t iber der I ieber l ieferung vonR ein eigen t i imliches Dunkel . Bekann t i st der Text vonR n u r a u s e i n e m A b d r u c k i m 2 1 . B a n d d e r R a c c o l t ad'opuscoli scientifici e filologici des Camaldulensers Calo-gerà, (Venezia 1740) 2; h i er i s t d i e Vi t a Sei t e 205 ff . vondem Camaldulenser -Abt Guido Grandi herausgegeben undzwar 'ex MS. Reginae Sueciae' . Von diesem Man uskr iptber ich tet der .E ler ausgeber Sei te 209: ` I l lud n obis ol imbenigne communicavit et exseribendum indulsit clar iss. virD. Ben edictus Bacch in i abbas Casin en si s ' , n i tml ich a l aGr an di ih n am 3. Mai 1721 gegen Aben d zu Fer r a r a be-suchte 8. Er bemerkt ferner , dass die Einteilung in Kapitelvon ihm hinzugefiigt sei, und erwiihnt meihrere Male Liickenin der Hs. , so S. 237, wo zwei Zeilen zerstÓr t (erosae) zusein , Sei t e 250 , wo ein gan zes Bla t t zu feh l en sch ein e,t i h n l i ch Sei t e 256 un d Sei t e 258 , wo er n i ch t ver feh l th inzuzusetzen: `consumpto ob vetustatem charactere MS. 'Versuchen wir es, diese Angaben einer Pr i ifung zu unter -werfen.

Benedetto Bacchini (1651-1721) 4 genoss damals einenbedeutenden Ruf wegen seiner Verdienste um die 'Ph i lo-logia ecclesiast ica ' ; un ter seinen Werken r agen die Aus-g a be d es A g n e l l u s von 1 7 0 8 u n d e i n e G esch i ch t e d esKloster s S. Benedet to di Pol i r one her vor : Er war Winchin der Ben edikt in er -Kon gr ega t ion , d ie s i ch n ach Mon teCassino oder nach S. Giust ina in Padua nannte; nachdemer Histor iogr aph un d Bibl ioth ekar des Her zogs von Mo-dena gewesen war, in welcher Stellung ihm kein Geringerer

1) Im einzelnen verweise ich auf die Praefatio in SS. 3011, wodie Vita neu ediert werden soli. Gedruckt ist sie bisher mehrfach, u. a.bei Mabillon, Acta SS. ord. s. Benedicti VI, 1, 267 ff.; Acta SS. 30. Aug.VT, 627 ff. 2) Daraus wiederholt bei Melloni, Atti degli uomini illustriin santità nati o morti in Bologna I (1788), 2; eine italienische Ueber-setzung gai) der Camaldulenser Collina 1747 zu Bologna heraus. ReicheA usziige nach dem Druck Grandis finden sich bei Mittarelli Costadoni,Annales Camaldulenses (Venetiis 1755) I, 119 ff. und passim. 3) Diegleichen Angaben finden sich in: Vita del glorioso prencipe S. PietroOracolo .. scritta da un Religioso Camaldolense (=--- Guido Grandi vgl.S. 4 der Widmung), Venezia 1733, S. 52 N. 21. 4) Sein Leben ist,z. T. nach eigenen Aufzeichnungen, beschrieben im Giornale de' letteratid'Italia (Venezia) 34 und 35 (mir nicht zuglinglich) ; hieraus ist dergrfisste Teil der Angaben genommen, die Armellini, Bibliotheca Bene-dictino - Cassinensis I (Assisi 1731), 81, Mazzuchelli, Gli scrittori d'ItaliaII, 1 (1758), 7 und Tirabosehi, Storia d. letteratura Italiana VIII, i(ed. Milano 1824: 184 M) geben.

Die FlIschungen dea Abtes Guido Grandi. 187

a la der von ih m er n pfoh len e Mur a tor i folg t e , l e i t et e ernacheinander die seiner Kongregation angehórenden Klósterin Moden a , Reggio un d Bobbio i ; a l a er dor t das Kl imanich t ver l iug , begab er sich nach Piacenza und Padua undvon dort lui September 1720 naeli Ferrara, bis ihn AnfangsJul i 1721 ein H u f a n die Universitfit Bologna hol te, woer ber ei t s am 1. September 1721 starb E s e r g i b t a l c ih ieraus, dass der von Grandi erwhIn te Besuch in Fer raradurchaus móglich ist ; ebenso ist bei einem Gelehr ten wieBacch in i In ter esse fi i r einen Text wie den unsr igen unddemnach der Besi tz einer Abschr ift wohl denkbar 3.

Nun h ei ss t es , da ss der Tex t auf e in em Codex ausder beriihniten Sammlung der Kón i g i n Ch r i s t i n e vonSchweden beruli t . Nach den An gaben des Her ausgeber shaben wir uns vorzustel len , dass die letz te Quel le seinesTextes die Ha. Chr ist inens ist , dass Bacchin i aus ih r eineAbschrift besass 4 un d dass er dem Abt Gr an di er l aubte,eine Kopie dieser Abschr i ft anzufer t igen oder an fer t igenzu lassen . E s wi i r de s i ch a l so un i z wei Bes . h a n del n ,deren V.erbleib festzustellen w5,re: den Codex Reginensisund die .Abschrift des Bacchini.

Die Sammlung der Kórrigin Christine von Schweden5,die am 19 . Apr i l 1689 zu Rom gestor ben war , gel an gte

dura testamen tar ische Ver fr igung in den Besi tz des Kar -dinals Decio Azzolini, welcher seiner Gr'einnerin bereits am8. Juni 1689 im Tode naehfolgte und seinen Neffen Pompeo

1) 'Abbas Cassinensis' beisst also nicht, wie Franke S. 21 N. 13iibersetzt, Abt zu Monte Cassino, sondern Abt innerhalb der Kongregationvon Monte Cassino. 2) Mazzuchelli a. a. 0. 3) Jedoch liess Rich einderartíger Besuch auch nach 1733 erfinden, da Bacchini darnals bereits totund seme Lebensbesebreibung gedruckt war. 4) Dass sich der Codex derKiinigin selbst in den Hiinden von Bacchini befand, ist nicht anzunehmen;ausgeliehen ~dei: d ie iingstlich gehiiteten Codices wohl nur sehr seltenund nur an hoebgestellte Personen ; ebenso unwahrscheinlich ist, datitiBac:chini den Codex sìch auf mehr oder weniger unrechtmiissige Weiseangeeignet batte, densi dann batte er das grósste Interesse, die Herkunftdesselben nicht zu verraten ; dass er ihn zum Geschenk erhalten oder ge-kauft hatte, ist ebenfalls kaum denkbar. Aber selbst wenn man einendieser Fiille fiir mfiglich halten wollte, so miisste der Codex eben dieSchicksale erlitten haben, dio wir fiir die Abschrift dea Bacchini fest-stellen werden , und unsere Beweisfiihrung wiirde zu Recht bestehen.5) Vgl. Arckenholtz , Mémoires concernant Christine reine do Suède(Amsterdam - Lnipzig 1751) lI, 322 f.; IV, '272; Blume, Iter italiana(Balle 1830) 111, 5 tf. Die Sanindung batte schon friiher Verluste beider Iieberaiedinng der Kiinigin von Stockholm nach Kora erlitten;

iehRobe darauf nicht ein, weil auch film den Fall, dasa der Text der vitaBononii sieh dabei befunden Iiiitte, das in der vorigen Nóte Gesagte gilt.

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Azzol in i a ls Erben h in ter l iess. V o n i bm k a u f t e P a p s tAlexander VIII . d ie Bibl iothek fi i r ein en Spot tpr eis undsch en kte den gr ei ss t en Tei l der Va t i can a ; der Rest kamin die Sammlung seines Neffen Ot tobuon i und mit dieserunter Benedikt XIV. ebenfalls in den Vatikan. Dort miisstealso das erwMinte Manuskript der Vita Bononii sein ; das istjedoch, wie man sich neuerdings mit Hulfe des ausgezeich-neten Werks voi) Poneelet S. J. , Catalogus codicum hagio-graphorum latinorum bibliothecae Vaticanae (Bruxellis 1910),leich t i iberzeugen kann , n ich t der Fai!. Bereits die Ver-fasser der Annales Camaldulenses (I [1755], 119) suchtendie ns. vergebens ' in ter Suecanos codices' , was al lerdingsbei den damaligen Bibliotheksverhiiltnissen nicht von ent-scheidender Bedeutung, aber doch beachtenswer t ist . Aufdas Verzeiehnis von Poncelet dagegen dar f man sich wohlver lassen ; dann kònn te man die Angabe von Grandi nurbei der fiusserst unwahrscheinlichen Annahme aufrecht er-halten, dass die Hs. àeither aus dem Vatikan verschwunden ist.

Die Abschr ift des Bacchini , deren Existenz wir obenangenommen haben, miisste sich un t er dein Na ch l a ssdes geleh r ten Ben edikt in er s befuuden h aben ; in der Ta tfanden sich unter den nachgelassenen Manuskripten (Maz-zuch el l i a . a . O. S. 11, Ar mel l in i a . a . O. S. 83) : 'mol tedisser tazion i , diplomi e at t i che t rascr isse da var i arch ivie a lcun e r accol te d i documen t i spet t an t i a l l ' i s tor ia mo-nastica'; naeh dieser Ausdrucksweise wird man freilich nurAbhandlungen und Urkunden- Kopien , keine l i terar ischenTexte un ter d iesen Papier en ver muten . Diese gelangtenzum gr i i sser en Tei l in den Vat ikan — wir sahen berei t s,d a s s d or t k e i n T ex t von R ex i s t i e r t — ; c i t i n i ch t u n -bedeutender Rest befand sich nach Armellini jedoch anders-wo l . Einiges blieb jedenfalls in San Benedetto in Ferrara,wo Bacchini whIrend seines Aufenthalts in Ferrara wohnte 2;die Camaldulenser Annal isten er fuhren von den dor t igenMin ich en , da ss s i ch kein e wei t er e Absch r i ft un t er denScheden des Bacchini befand (Mittarelli I [1755], 119); auchFr a n ke h a t i n der Bi bl i ot eca com un a l e , wol l i n d i e Be-sUnde des Klosters gelangten, vergeblich nachforschen lassen(Romuald S. 21 N. 13). Wenn auch die Móglichkei t n ich tvedl ig ausgesch lossen i st , dass Bacch in i in der Ta t ein e

1) Drei Abhandlungen besass Armellini selbst als Geschenk einesSchiders von Bacchini. 2) Dieses Kloster, auch San Marco genannt,war seit 1479 mit der Kongregation von Monte Camino vereinigt unddaber der gegebene Aufenthalt fiir Bacchini (Lubin, Abbatiarum Italiaebrevis notitia [1693] S. 131).

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Die Fi l l sebungen dea Abtes Guido Grandi . 189

Abschr i ft besass und sie ans seinem Naeh lass in una un -bekannte Hiinde kam, so musa es doch als auffal lend be-zeichnet we r d e n , d a s s n u d i d e a Worten seiner Biographenunter seinen Mantiskripten sich kein solcher Text befundenzu haben schein t und dass jedenfal ls die Abschr i ft wederin Rom n och in Fer r a r a aufzut r eiben i s t , wo der Haupt -tei l seiner Papiere aufbewahr t wird.

Die beiden handschr ift l iehen Texte also, welehe unai iber den Her ausgeber Gr an di h in aus ein e Kon t r ol le ge-statten wiirden, sind nicht aufzutreiben. Noch mehr ; wennman fiberhaupt an ih re Existenz glauben wil l , muss manvon beiden annehmen , dass sie das Sch ieksal der Fonda,denen sie angelniren — der Sammlung Christinens und demNachlass des Bacchini —, nicht mitgema,cht haben. Somitschneidet R bei Priifung der Ueberlieferung ganz erheblichunglinstiger als A ab. Dies Resul ta t wi r d n och wei t be-denklicher, wenn man sich iiberlegt, welche Ueberlieferungwir fi ir R zu erwar ten l iAtten .

Der h ei l i ge Bon on ius wa r Abt von Loced io i n derDieézese Vercelli gewesen ; Vercelli war dementsprechendder Hauptor t seines Kultus. Es ist anzunehmen, dass mansich dor t bcsonders fi i r seme Biograph ie in teressier t hat .Um so auffallender ist es, dass sich dor t keine Spur von Rfindet, wiihrend A in inehreren Hss. des Kapitelarchivs vonVercelli erhalten ist. Es verdient Beachtung, dass in einem1580 gedruckten officium der Kirche von Vercelli iiber denspUer eben fa l l s a l s h ei l ig ver eh r ten Bisch of Pet r us von .Ver cel l i ' n ur A ben utz t i s t un d dass der Kar din a l Lam-bertini (sph,ter Papst Benedikt XIV.), der sich als Bologneseffir den h . Bononitis in teressier t und seinen Kultus in Bo-logna eingefiihrt hat 2 , aus Vercelli auf seme Erkundigungenn ur Ah sch r i fen von A un d M er h a l t en h a t 3. Dabei i stR n ich t in ir inhal t l ich viel r eicher und st i l ist iseh besser ,sondern auch in der Beschreibung der frommen Werke desHeiligen ausfiihr lieher (z. B. Kap. 9, 12) und lbsst bei derDarstellung man eller Ereignisse den Bononius eine gliinzendeBolle spielen, was alles fiir die Erhaltung derartiger Sehriftenbesonders ins Gewicht fi,11t. Endlieh wil l R dem BisehofArder ieus von Vercell i (1026-104 1/4), der den Kultus des

1) Wiederholt Acta SS, 13. Febr. H, 719 (1058). 2) Mittarelli-Costadoni, Arinale53 (arnaldulenses VIII (1704), 699. 3) Lambertitd,

servorum Dei beatilioalione ef, beatorunt canonizatione (Bologna 1734— 38) li, 15,21) Rptiodirti X I V. Opera omnia lI (Venetiis 1788), 54und 237 f. (Append. i V).

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Heiligen eingefiihr t hat, gewidmet und auf seinen Wunschverfasst sein ; wenn man in Vercell i fi i r die Erhaltung deran cler n Vi ta Sor ge t r ug, war um h a t man sich n i ch t umdiese gekiimmert? In summa — die Ueberlieferungs-geschichte von R ist n icht geeignet, besonderes Ver trauenfiir diesen Ber icht zu erwecken.

Betraeh ten wir nun den Inhal t der beiden Vi ten . Aer z i th l t , dass Bon on ius in Bologn a gebor en un d fr i ih indem bekaunten Kloster San Stefano i Meinch geworden war.Er g in g dan n in den Or ien t , wur de Er emi t bei Babylon ,d . i . Ka i r o, er l an gte gr osses An seh en bei den Pr in cipesAegypt i ' , konn te ein Kloster 2 gr iinden und viele Kirchenwieder herstellen. Nach einer Wundergeschichte, die ihmin Alexan dr ia beson der en Ruh m ein t r ug, h ei sst es: 'Peridem tempus per un iversam Aegyptum erat ingens luctus,inter Babyloniorum enim ac Romanorum reges gravissimaesedi t ion is cr ever a t tumul tus ' ; dabei seien viele Ch r i stenin Gefan gen sch aft ger a ten , da r un ter Bisch of Pet r us vonVercelli. Dieser ' ta le sich an Bononius gewandt und demsei es auch gelungen , durch Vermitt lung der `grat iosioresdomest ici ' , deren Bit ten die Gemahlin des Fi i r sten un ter -s t i i t z t e, d ie Fr ei l a ssun g der gefan gen en Ch r i s t en zu er -wirken. Er beglei t et e s i e dan n i iber Jer usa lem un d denSinai bis nach Konstan t inopel und ging dann wieder aufden Sinai. Von dor t ber ief ihn der heimgekehr te BisehofPet r us z um Abt des Kl os t er s Loced i o i n se i n erSeine Wirksamkeit wurde einmal gewaltsam `quodam pro-cel lae turbine' un terbrochen ; in dieser Zei t ging er nachTuscien und r i ch t e t e dor t e i n n i ch t gen a n n t es Kl os t erwieder ein. Zur iickgekehr t , starb er am 30. August 1026;der Bischof Arder icus von Vercelli (1026-1041/4) erwirktesich von Papst Johann XIX. die Er laubnis, einen Altar zuseinen Ehren zu er r ichten .

Grade die interessanteste dieser Nachrichten litisst sichnun als r iehtig erweisen. Jener lumul tus ' , den der Autorin etwas nnklarer Weise andeutet , war der Sarazenenkr iegOttos II; dass Bischof Petrus von Vercel l i in der Schlachtbei Colonne (15. Juli 982) in sarazenische Gefangenschaftger iet un d spi i ter wieder fr ei wur de, i iber l iefer t un s ein

1) Vgl. Kehr, Regesta pontificum. Italia pontificia V (1911), 2642) So nach den Randelli -Men; nur in dem Codex, der von Mabillon zumDruck benutzt ist, hat man aptiter den Text so korrigiert, dea vonmehreren Kl6stern die Rede ist.

Die Fillschungen des Abtes Guido Grandi. 191

vedlig einwandfreier Bericht, die Annales Sangallenses(SS. I, 80). Er ist 990 in der Heimat wieder nachzuweisenund fiel ali i 17. Múrz 997 durch die Hand des MarkgrafenArduin von Ivrea i. Hiermit haben wir den chronologischsicheren Anhal t fi i r die wei tere Un ter suchung gefunden .

R beginnt mit einem Prooemium an Bischof Arder ichvon Vercelli (1026-1041/4), auf dessen Wunsch er sein Werkunternommen haben will, uni die friihere Vita zu ergúnzen.Er gibt an , dass er vieles von `unserem Propst Alcher ius'erfahren habe, der leider vier Ja,hre vor Bononius gestorbensei ; der selbe ist sonst n ich t bekann t , der Name fi i r dieseZei t un d d iese Gegen d gut mógl i ch ; im i ibr igen wi l l ererzithlen 'Tule ipso (scil. A lcherio) nobis referente ac reve-rendissimo Petro antecessore vestro dudum praedican teeognovi et gnibus ipse ex par te in ter fui ' . Wir diir fen voneinem Autor, der die Haupthelden. seines Werks noch selbergekannt und gelgir t hat , eine ein igermassen r ich tige Dar-stellung erwarten.

Die ersten Angaben (Kap. 1) entsprechen denen von A;ausserdern wird auf die Gr iindung von San Stefano durchden h. Petronius angespielt, eine Tradition, die sich bereitsin einer Balle Gregors VII. angedeutet findet (J.- L. 4847)und die in der ha .12. Jh . gefúlsch ten Vi ta des Hei l igenweiter ausgefi ihr t ist . K a p . 2 e r z a l t von d em Wu n schdes jungen Mònc1is, nach Palústina zu wallfahren, den ihmder Abt auf Rat eines Lucius, des Oheims des Bonon ius,gewThrte. Br fi ihr t nach Venedig (Kap. 9) und sucht dor tdio Eremi ten auf, der en Rubm schon damals wei th in er -strahlte. Ihr Propst Gregorius (sonst nicht bekannt) nimmtihn freundlich auf und rút (Kap. 4) ihm seinen Plan aufzu-schieben, unì sich noch vorher im Einsiedler tum zu i iben,Bononius (Kap. 5) ist bereit, sicb seiner Zucht zu unterwerfen,er aber ver weist ih n an Romuald in Per eum, woh in sichBononius aueh begibt .

Wenn wir versuchen , diese Angaben zu dat ieren , sogeraten wir sofort in die gròssten Schwierigkeiten. Romualdwur de Mún ch i n Sa n t ' Apol l i n a r e i n C l a sse un t er E r z -bischof Honestus von Ravenna (971-982/3) und begleiteteden Dogen Pet rus Or seolo auf seiner Fluch t nach Cusan

1) Schwartz, Besetzung dei Bistiimer Reiebsitaliens (1913) S. 136.— Unter den Unrnhen, die den Abt zum Verlassen seines Klosterszwangen, wird man den Kampf der Bisch6fe Petrus und Leo von Vercelligegen Arduin voti Ivrea schen dilrfen; jener wurde von Arduin 997 er-schlagen und dieser 1014 vertrieben,

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in Siidfrankreich , der in der Nacht zum 1. September 978von Venedig aufbrach l. Wie l a n ge Romua ld dor t bl i eb,ist n icht sieher ; aus einer Stelle bei Petrus Damiani (VitaRordualdi 7 [Opera II, 191]) ist jedoch zu folgern , dass esmindestens 5 Jahre waren . Erst danach hat Romuald semeEinsiedelei in F'ereum angelegt. Somit ltisst sich mit Sicher-heit sagen der Bononius, der 982 oder spiiter nach einemmehrjiihrigen Aufenthalt im Orient' den Bischof vonVereelliaus sein er Haft er lóste, kan n n ich t in Per eum RomualdsSchii ler gewesen sein . Auch die Annahme, dass Bononiusetwa vor 978 s i ch in Romua lds Zuch t begeben h abe, i s tausgeschlossen, denn darnals war Romuald seinerseits Schiilerdes Eremiten Marinus (Petr. Dam. Vita Rom. 4) 8 und kaumso bekan n t , dass er von an der n sein er Hei l igkei t wegenaufgesuch t wurde. Da endl ich n ich t angenommen werdenkann, dass Bononius nach seiner Riickkehr aus dem Orientin Romualds Einsiedlerkolon ie gegangen sein kór in te, somuss die hier ber ichtete Beziehung zwischen Romuald undBononius als unhistor isch bezeichnet werden.

Nach einer er baul ichen Sch i lder ung des Er er n i ten -lebens unter Rotnuald (Kap. 6) ber iehtet R in Kap. 7, dassMarkgra,f Hugo von Toscana in Poggibonsi bei der Kirchedes hl. Michael in castro Marturi ein Kloster errichten wollteu n d Rom u a l d ba t , d a s s e r i h m m i t d r e i a n d er en e i n enSchiiler sende, den er zum Abt desselben machen Irs5nnte ;Romuald sendet Bonon ius und mach t ihn zum Abt ; un terseiner Lei tung wird der Ba.U. des Kloster s in Angr iff ge.nommen. Aber (Kap. 8) n ach dem Tode Hugos wi r d dasKloster von seinem Nachfolger Bonifacius verwiistet undber aubt , Bon on ius mi t sein en Min ch en ver t r i eben . Erbeg i b t s i ch m i t A l ch e r i u s i n d en O r i en t ; o f fen ba r i s tAlcher ius der selbe, den der Autor im Prooemium als Ge-wfilrsinann zitiert.

Wiederum geraten wir , wenn wir diese Nachr ich teninit unserer sonstigen Kenntnis vereinigen wollen, in Ver-legenheit. Das Kloster San Michele di Mar tur i in Poggi-bonsi schein t in der Ta t eine Gr i indung des Markgrafen

1) Petri Damiani Vita Romualdi c. 2, 5 (Opera ed. Caietan. 11[Paris 1642], 189 f.); Iohannis Diaconi Chron. (SS. VII, 26. 42 ff.); Uhlirz,Jahrhiicher Ottos II (1902) S. 193. 2) Die Art, wie Bononius bei derBefreiung dee Bischofs auftritt, setzt voraus, dass er schon liingere ZeitMi Lande war und sich eine angesehene Stellung batte verschaffenkihmen. 3) Vgl. Franke, Romuald von Camaldoli S. 14.

The FKIsehringen dea Abtes Guido Grandi. 193

Hngo von Toscana, ' gewesen zu sein; sie muss dann in derersten Zeit seiner Regierung erfolgt sein , denn bereits atn12. Jul i 970 mach te er eine Schenkung, aus der deut l ichhervorgeht, dass das Kloster schon bestand

2. Dem scheintfrei l ieh eine Urkunde von 998 entgegenzustehen , die sichals Griindungsnrkunde des Klosters gibt; in einem Exkurswird nachzuweisen sein, dass sie in Wirklichkeit nicht als solchebetrachtet werden kann. In dr ei Ur kun den , der von 970un d zwei vot i 998, sowie i n der un t et i zitier ten Klage-sch r i ft wi r d der Abt : Bon on ius, Bolon ius gen an n t . Diegenannte Klageschr ift erz5h l t auch , dass Markgraf Boni-faeius n ach dem Tode Rugos ( t 21 . Dez . 1001) den AbtBolon ius mal a l le Mi inche ver t r ieb ; der Ber ich t st immtbis in die Einzelheiten mit R iTherein. Nach R witre dieBefreinng des Bischofs von Vercel l i erat nach diesen Er -eign i ssen , un d zwar ein e n ich t ger in ge Zei t spUer , a l sofr i ihestens am Ende des er sten Jahrzehn ts des 11. Jh . er -folgt. Durch die St . Gal ler Annalen steh t aber fest , dassseme Gefangennah tne 982 sta t t fand; wi r wissen , dass ern ich t al lzuviel sph , ter , jedenfal ls vor 990 die Freihei t er -hielt. Wenn also der Abt Bonon ius von Mar tur i , der 970und 998 im Amt war und nach 1001 vertr ieben ist, derselbewi t r e wie der h l . Bon on ius , so mi i ss t e der gan ze l an geAufen t h a l t i m Or i en t m i t t en i n sem e Am t sz ei t a l s Abtfallen ; das ist ar i sich mehr als unwahrseheinlich und mitder Dar stel lnng vol i A und R absolut unver einbar . DerBon on ius von Mar tur i un d der h l . Bon on ius s in d somi tzwei verschiedene Persiinlic,hkeiten. Ausserdem kann auchder Abt Bononius von Marturi ebensowenig wie sein Namens-vet ter Sch i i ler Romualds gewesen sein , da er berei ts 970Abt war , a lso noch che Romuald ins Kloster ging 3.

1) 'Postea I go marchio aedificavit monasterium' heisst es mit Bezugauf San Michele in einer Klageschrift ami der zweiten EElfte dea 11. JIL,deren Anfang erlialten und bei Puccinelli, Istoria dell' eroiche attioni diUgo il Grande (16(14) S. 222 N. 33 (danach bei Mittarelli I, 264) ausdem Archiv der Nonneu voti S. Brigida del Paradiso bei Florenz, mitderen Kloster die Ahtei S. Michele spiiter vereinigt war, gedruckt ist;heute im Staatsarchiv Florenz, Provenienz Bonifacio, vgl. Davidsohn, Ge-schichte von Florenz 1, 130 N. 2. Der Prozess, um den es sich handelt,wurde 1076 entschieden ; Ficker, Forichungen z. Reichs- u. Rechts-geschichte IV (Urkunden), 99 ff. nr. 73, 74; es ist das beriihmte Urteildes Nordilus, das zuerst wieder cm selbstndiges Studium der Digestenzeigt. 2) Manifestus suoi ego Ugo marchio .... quia offero in ecelesias. Michaelis archangeli, quod est monasteri°, qui est positus intus castelloMarturi . . Puccinelli a. a. 0. S. 223 or. 34. 3) Theoretisch denkbarkiinnte es seheinen, die Urkunde von 970 abzulehnen; zwar das Daturn

Nenea Archi, etc. xi,. 13

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194 Gerhard Schwartz.

Das cap. 9 erz511t, wie Bononius die heiligen Stiitteni n P a l s t i n a be s u c h t e u n d s i c h d a n n i n d e r N i i h e vonBabylon (Kairo) niederliess und Schiller um sich sammelte,un d zwar , wie wi r i n cap . 10 er fah r en , aus Pi lger n un dKaufleuten; wei t er wi r d gesch i l der t , wi e er z er fa l l en eKirehen restaur ier te und darnieder liegende Klóster wiederein r ich tete, Aebte einsetz te U. s. w. Cap. 11 br in gt d iéErzAhlung von der Bekehrung einiger Seefahrer durch Be-schwichtigung eines Sturmes, iibereinstimmend mit A; auchcap. 12 und 13 (Eremiten leben bei Kairo) sch l iessen sichan A an . Cap . 14 dagegen er zu l l t , da ss der Fi i r s t vonBa byl on , du r ch d i e Juden von Or l éa n s a u fgeh et z t , d i eKi r ch e des h ei l i gen Gr abes i n Jer usa l em zer s tór en un dalle Pilger , die in seinem Gebiet weilten, gefangen nehmenliess; un ter ih .nen befand sich nach cap. 15 auch BischofPet rus von Vercel l i . Bon on ius e i l t d i e Gefan gen en zutrósten ; um sie zu befreien , begibt er sich zur Mutter deaMinigs Maria, einer Christin und seinem Beichtkind, stellti h r vor , dass d i e Ot t l i ch e Rach e fi i r d i e Zer s tór un g derGrabeskirche in Gestalt einer Hungersnot und eines Ueber-fa l l s du r ch d i e Ar a ber bevor s t h m de; um den Ot t l i ch enZorn zu versóhnen, erreieht es die Fiirstin bei ihrem Sohn,dass die Gefangenen freigelassen werden und die Grabes-kirche wieder hergestell t wird.

Wie wir sehen, ist etwas vollst i indig anderes aus derErzh,blung von A geworden. Jen er dor t n ur an gedeutete`tumultus' wird zu einer grossen Chr istenver folgung; be-zeichnend ist aber vor al lem die Steigerung, die die Rolledes Bononius er fahr t . Na ch A ba t t e i h n Pet r us z u s i chh olen l a ssen un d i h n um seme Hi l fe gebet en — n ach Reilte Bononius ohne weiteres herbei; nach A hatte Bononiusdan n die Ker ker meister bestoch en un d wei ter h a t ten die

'regnante .. Octo .. imperator • . anno imperii eius 9. et filio eidemOcto itemque imperator an. imperii eius 3, 4. Idus Tuffi, ind. 13.' istsehwer anzugreifen (Grandi, der Herausgeber von R, dachte [S. 227] aneinen hrtum des Schreibers oder ftilschliche Uebernahme dea Datumsaus einer anderen Urkunde; auch Franke [S. 29] erkliirt, das Datum derUrkunde sei zu verbessern); wenn man sie aber fiir unecht hiIt, sokeinnte man sagen, der hl. Bononius sei bei dem in Vercelli entstandenenTumult (o. oben) nach Marturi gegangen und dort von Ugo zum Abtgemacht ; A erwilint ja ausdriicklich, dass er in Tuscien ein Kloaterwieder einrichtete. Indessen ware selbst dann die Darstellung von R alaausserordentlich verfehlt zu bezeichnen; ausserdem aber liegt kein Grundvor, die Urkunde von 970, nur weil sie mit der hiichst zweifelhaftenUrkunde von 998 und mit R im Widerspruch steht, anzuzweifeln, da siesonst ganz unverdiichtíg ist.

Die Fffischungen des Abtes Guido Grandi. 195

`gratiosiores domestici ' den Fiirsten gebeten , den Wunschdes Bon on ius zu er fi i l l en , wel eh en Bi t t en s i ch d i e Ge-mahlin des Fiirsten ansehloss; in R erscheint er der Fiirstin-Xlutter als strafender Beichtiger , ala eine Perskin lichkeitvoi" gròsstem .Einfluss am Hof, die es nicht erst nòtig hat,Wi i r t er zu best ech en un d ih r e Wi in sch e dur a Hófl in ge,die in besonderer Gunst des Fiir sten stehen , un terst i i tzenzu lassen. Ganz abgesehen von diesen Umdichtungen sindd ie An gaben wieder un ver ein ba r mi t un ser er son s t igenKen ntnis.

Die Zer s tór un g der Gr abesk i r ch e fand s t a t t a m28. September 1009 c; iiber die Rolle der Juden von Orléansberichtet Rodulfns G]aber 2, ebenso die der Fiirst in-MutterMar ia , d ie ein e auch son st bekan n te h i s tor i seh e Per sonist 3. Es h an del t s i ch , wie man s i eh t , um ein Er eign i s ,da s m i n des t en s 20 Ja h r e spa . t e r a l a d i e h i s t or i sch be-glaubigte Befreiung des Bischofs Petrus l iegt . Sol i manglauben , dass 1009 n och ein mal ein Bisch of Pet r us vonVercelli in sarazenische Gefangenschaft ger iet und wiederfr eigelassen wurde? E i n e s o l ch e D ou bl e t t e i s t k a u mdenkbar. In unserem Fal l i st sie sogar unmògl ich , denn

war Leo Bischof von Vercelli (998/9 - 1 0 2 6 ) 4.

1) Schlurnberger, L' éporns.e Byzantine (Paris 1900) II, 442 f.;Franke a. a. O. S. 37 N. 19; vgl, Wiistenfeld, (ieschichte der Fatimiden(Giittinger _A Univi!. XXVI, 1880) S. 191. 2) Vgl. unten S. 198 f. 3) NachWiistenfeld, ; esci' i cid e der Fatim idei) ((i ittinger Abhandlungen XXVI, 1880)S. 164 war dio Mutter des K abfen el Hakim (996-1021) eine Christin;sein Vater war 'Aziz (975-996), eben der, unter dem Bononius nachunserer Ansieht den gefangenen Bischof befreite; wahrscheinlich ist dievon A erwiihnte Gemahlin des darnaligen Kalifen, die das Gesuch deaBononius unterstiitzte, dieselbe Persiinlichkeit. 4) Grandi S. 247 ff.und Franke S. 37 ft haben versucht, diese Daten trotzdem auszugleichen.Dabei ist zuniichst zu heachten, dass man friiher den in der anonymenVita Bononii erwRhnten Bischof Petrus von Vercelli ala unmittelbarenVorgiinger Arderichs und somit nach Leo ansetzte, offenbar weil die Vitaselbst kein anderes Datuni aia 1026 hot; man trennte ihn ala) von demsonst bekannten Vorgiinger Leos (vgl. M. A. °usano, Discorsi historialide' vescovi di Vercelli [Vercelli 1676] S. 139, 145; Ughelli, Italia sacra ed. 2.IV [Venedig 1719], 771, 774). Auf dieser Buia fusst Grandi; trotzdemgeriit er in Verlegenheit, weil Leo fiir ihn 999 bis 1022 nachweisbar ist,nach R aber 1009 .Petrus Bischof war. Er greift nun eine VermutungMabillons (A nnales ord. a. Renedicti IV [Lucca 1729], 291) auf, wonachPetrus von A rduin nach der durch Thietmar berichteten Verjagung Leoseingesetzt sei ; er deutet dann sogar die verwegene Hypothese an, Petrussei derselbe wie der Vorgiinger Leos und die Ueberlieferung von seinerErmordung 997 berithe uni* hiiswilliger Erfindung der Feiude Arduins.Seitdem hat Rich dio Situation insofern verschoben, ala Savio, Gli antichivescovi d'Italia (1898) 1, 957 ft riehtig erkannt hat, dass die Trennung

13*

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Ka p . 16 sch l i ess t s i ch wi eder a n . A a n , n ur dassBon on ius un d Pet r us er s t a u f den Si n a i un d da n n n a chJer usa lem un d Kon stan t in opel geh en ; eben so en t spr ich t*die wei t er e For t setzun g im gan zen dem Ber ich t von A.Kap. 19 erzhIlt von einem gewissen Widerstand in Locediogegen den n euen Abt , wobei s i ch beson der s der Pr ops tWido hervor tat ; nach Kap. 20 bewog Bononius den Mark-grafen Maginfredus zur Er r ieh tung eines Eremus und be-gab s i ch dan t i fu r e in ige Zei t n ach sein er a l t en , un t er -dessen wieder h er gestel l t en St i ftun g Mar tur i , von wo erein ige seiner fr i theren Geffihr ten wieder nach Hause mit-brachte. Nach ein igen in Kap. 21 erzi th l ten Wundern be-r ich tet cap. 22 den Tod des Hei l igen .

Ziehen wir die Summe grade die wesentliehenDinge, die Ratbert iiber A hinaus berichtet: das Verhiiltniszu Romuald, die Griindung von S. Michele di Martur i , dieVerbindung der Befreiung des Bischofs mit der Zerstetrungder Grabeskirche, grade diese Dinge haben sich ala n ich tnur unr ich tig, sondern unmóglich herausgestel l t . R beruftsich fiir seme Nachriehten auf den Bischof, Bononius selbstund seinen Reisegefi th r ten ; es ist ausgesehlossen , dass erderar t iges von ihnen er fah ren ha t . Wen n aber sein Be-r ich t i lber Bonon ius in den Hauptz i tgen er funden i st , soer waeh en Zwei fel , ob R den n t iber h aupt das i s t , was erzu sein vorgibt. R will auf Wunsch des Bischofs Arderieh(1026-1041/4) gesehr ieben haben , um die andere Vi ta zu

in zwei Bisch6fe des Namens Petrus durch nichts zu begriinden ist, durchdie Nachricht der Annales Sangallenses sogar widerlegt wird. Trotzdemsucht Franke daran festzuhalten und glaubt in diesem Petrus einen Neben-oder Gegenbischof zu sehn. Das erstere, womit doch nur eine Art Weih-bischof im heutigen Sinn gemeint sein Minute, ist fíir das 11. Jh. voll-stiindig ausgeschlossen ; die andere Annahme, deren niihere BegriindungFranke flir einen sOiteren Teil seiner Arbeit verschoben hat, scheint mirebenfalls wenig gliicklich. Ueber Leo sind wir verhaltnismiissig gutunterrichtet — von einem Gegenbischof ist nie die Rede; auch ist mirkein Fall bekannt, dass Arduin bis zur Einsetzung von Gegenbischiifenging. Wenn man aber auch diese M6glichkeit zugeben wollte, wieseltsam wiire es, dass 982 ein Bischof Petrus von Vercelli in Gefangen-sehaft der Sarazenen geriet und nachdem er in Alexandria in Flaft war,wieder freikam und dass 1009 wiederum ein Bischof Petrus von Vercelliin Aegypten gefangen und wieder freigelassen wurde? Jenes ist derBericht der Ann. Sangallenses, dieses der von R. Hier ist doch dieeinzig magliche Kritik, zu sagen, dass es sich um eine Doublette handelt,dass ein derartiges Ereignis in Wahrheit nur einmal geschehen ist unddass nur einer der heiden Berichte richtig sein kann; die Wahl kann indiesem Fati nicht schwer fallen, dona die Annales Sangallenses sind einesehr zuverliissige Quelle.

Die nischungen des Abtes Guido Grandi. 197

ergiinzen. Man wird kautn glauben wol len , dass damals,wen ige Jah re nach den Ereign issen , eine derar t ig ki ihneErdiehtung gemacht worden ist . Wenn diese Brdich tungn ur den Zweck h t i t t e , den Hei l igen sch ein des Bon on iusnoch gl i inzender zu machen , so wi i rde man das auch beis t a r ken En t s t e l l un gen fi i r mógl i ch h a l t en ; aber d i e er -dichteten finge 'siimi zum guten 'rei] von rein historisehemIn ter esse un d mi t ein igen Ausn ah men a n s i ch f i i r d enRuhm des II ei l igen ala solchen kaum erheblich . Ferner,wenn Ardericus -cliese Vita hat schreiben lassen, so hat eroffenbar die andere fi t r n ich t ausr eichend gehal ten . Wiekornmt es, dass trotzdem eben diese in Vercell i im Kultusgebraucht wurde, withrend V011 jener keine Spur zu findeni s t , wie wi r oben sah en ? Ich glaube diese Erwhgungenallein geniigen, um (lie Behauptung zu begriinden, dass Reine Falschung ist .

Wi r k i in n en das wei t er s t i t t zen , wen n wi r d i e vonihm benutzten Vor lagen untersuchen . Dass er A kann te,sagt er selbst . Im iibr igen kiinnen wir noch zwei weitereQuellen aufzeigen.

Kap . 8 h ei ss t es : 'Nan i Hugon e mor tuo cum Bon i -facius, Alber ti comitis fi l ius, eius dueatum accepisset , in-st igan te diabolo coenobium il lud devastare atque eiusbot ta Deo dicata sacr i lege invadere et servos Dei inquie-tare aggressus est ; n ude ipsum in pr imis Bon on ium ab-batem a,c monachos otnnes, quotquot eius cupidi ta t ibusnon faverent, impudenter expnlit, ut farnulos et concubinasin h abi tacula , famulor um et a tn icor um Dei in t r odueer etdi r epto ecelesiae thesa t t ro, quem impie in suos profanosusus conver ta ' .

In der oben z i t i er t en Klagesch r i ft zu dem Pr ozessvon 1076 steh t : `Mor tuo Ugo march io, cum Bon i fa t ius,fi l ius Alber t i , factus esset march io et monaster ium, quodUgo aedificaverat, devastaret, venit Marturi et tam abbatems. Bolonium quam mulles monachos inde eieiens, quodeun-que ecclesiae Dei per tinebat, suum domnicatum feeit , quinet i am in claust r i s et in ceter i s offi cin i s mon ach i s pr ae-par a t i s h abi taba t cur n famul i s et eon cubin i s et an ci l l i s ;sed et thesaurum ecclesiae, scil icet tabulas aureas, textumevangelii, tollens nnam fregit et seiphos et varios apparatussuos inde fabr icar i fecit , al teram comiti Rozzo donava' .

Die Abbi ingigkei t i st unverkennbar ; wenn a u ch Rein e selbst i in dige St i l i s i er un g ver such t , so i s t doch d ieUebereinst immung in den Tatsachen und der Reihenfolgeder einzelnen Gedanken so evident, dass man nur annehmen.

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kann , der eine der beiden hat den anderen abgeschr ieben .D a s c h e i n t m i r n u n a u f d e r Ha n d z u l i e g e n , d a s s d i eKlageschr tft die Vorlage ist; erstens bietet sie eine Einzel-

.hei t (an i Seh luss) mehr , ausserdem ist sie so unbeholfenst i l isier t , dass man dem Verfasser n ich t zutrauen wird, erh abe s ia bemi ih t , den l eid l i ch gut geseh r ieben en Passusnoch erst in sein barbar isehes Latein umzugiessen ; soleheLente pfiegen wòrtlich abzusehreiben 1.

In Kap. 14 h ei ss t es :` . . fa e t um es t , u t fa l s i cu i usda m per egr i n i a s t u t i a

barbarum i l lum pr incipem seduceret Iudaeorum Aurel ia-n en s i um l i t t er a s i ps i defer en s , qu i bus eum n on d i u t i usregnaturum tnonebant, n isi ecelesiam dominici sepuler iapud Hierosolimam subverteret, cuius illicio catholiei prin-cipes ieto foedere totam i l lam regionem occupare in pro-ximo cogitarent. Itaque furore percitus rex arma,tos Sara-cenos statim immisit, qui venerandurn illud templum alias-que eireum eeelesias penitus ever terent; sudibus et iam ag-gressi sun t temerare ac per rumpere sepulcrum ipsnm Sal-vator is. Verum divina vir tus eorum eonatibus obsti t i t pro-h ibens man ifesto prodigio, ne quiequam inde possen t ex-s c u l p e r e . . . . .

Kap. 15 `... reginam principis matrem christianam Ma-r i a m n om i n e . . . a d i i t . . . . . . . d u m e x l a p i d i b u s q u a -dr is templum sepulcr i domin ici r eaedi ficar i iussi t (pr in -ceps) ac pr istino honori restitui ' .

Dieser Erzi ih lung en tspr ich t Rodulfus Glaber (Hist .I I I , 7 , 24 ed . Pr ou , Col l ec t i on de t ex t es I ( 1866] , 72 ) :

1) Die Uebereinstimmung hat Franke (S. 36) selbst energisch be-tont; er schliesst daraus auf die Zuverliissigkeit der Vita, 'eh glaube,die Annalime der litermischen Abhiingigkeit des einen Textes von demanderen wird der Sachlage gerechter. Auch Fedor Schneider, Die Reichs-verwaltung in Toskana (Bibliothek dea Kg1. preuss. hist. Instituts inRom XI, 1914) 1, 323 N. I weiet auf die teilweise weirtliche Ueberein-stimmung hin ; wenn er sagt: die Vita ware in der Klageschrift aleoQuelle, so hebt er doch hervor, dass die Nachrichten der letzterengenauer sind. — Eine dritte Miiglichkeit ware, dass R und che Klage-schrift aus einer gemeinsamen Vorlage abgeleitet sind; eine solche istnicht aberliefert, wir miissen also eine unbekannte Griisse in die Rechnungeinfiihren. Dazu wird man sich nur entsehliessen, wenn man damit dieSchwierigkeiten beseitigen kann; hier aber tauchen nur neue auf: welcherArt war dies von R und in der Klageschrift benutzte Schriftstiick ? Wiekam es nach Locedie? Wie karn man in Locedio so kurz nach demTod dee Bononius dazu, ihn mit jenem Abt von Marturi zu verwechaeln,mit dem er nur den Narnen gemein hat? Demgegeniiber wird es sichempfehlen, zu priifen, oh man mit unserer Annahme nicht zu einer ein-facheren Liisung gelangen kann.

Die Fulschungen des Abtes Guido Grandi. 199

(die Juden von Orléans) denique nequam consiliomil i to cor ruperun t quendam data pecun ia , videl icet gi ro-vagum sub peregr ino habitu nomine Rotber turn, fugitivumutique servum b. Nar i e Melerensis coenobii . Quem acci-pientes caute m iserunt ad principem Babilonia cum hebra-i c i s ca r a c t er i bus scr i p t i s ep i s t ol i s . . . . Qui egressus de-tul i t l i t teras predicto pr incipi r efer tas dolo et nequi t ia etquoniarn, n isi celer ius domum Christianorum venerabilemsubverteret, sciret se in proximum Christianis regnum illiusoceupantibus omni penitus dignitate earere. His vero pr in-ceps audi t is prot inus furore ar reptus misi t Hierosol imamde suis, qui predictum funditns subver terent templum. Quivenientes fecerunt, ut eis fuerat imperatum; ipsum quoqueconcavum sepulch r i tumulum ferri tuditibus quassaretemptantes minime valuerunt ' .

25, S. 73 Todern nichilominus anno divina propitianteclementia cepit mater ipsius pr ineipis, videl ieet ammirat iBabilonia, mulier christianissima nomine Maria reOificareChr ist i templum iussu eius fi l i i eversum poli t is et quadr islapidibus'.

Auch h ier l iegt bei der genauen Ueberein st immungin den Einzelhei ten deut l ich zutage, dass R den RodulfusGlaber ausgeschrieben hat 2; dieser Sehriftsteller iiberlieferta l lein das Gerede von den Juden in Or léans und dem fal-schen Pilger; ein Parallelbericht bei Ademar iiber dieselbenEreignisse Int diese Einzelheiten nicht.

Was Usst sich nun aus der Benutzung dieser beidenBerichte fiir Zeit und Ort der FhAschung gewinnen?

Da s Wer k des Rodu l fus Gl a ber , i i ber da s Sa ckur sAufsa t z in N. A. XIV, 381 f. or i en t i er t , z er a l l t i n zweiTeile, zwischen deren Abfassung eine lange Zeit vergangensein musa. Unsere Stel le gehór t dem er sten Tei l , der bisIV, 3 r eieh t und vor 1031 abgefasst i st , an 3. Das Werk

1) R hat hier ‘sudibus' (mit PfFililen), was mit dem folgenden 'ex-sculpere' im Widerspruch steht, wenigatens passt zu diesem ̀ tuditibus'(mit Rammern) besser. 2) Franke (S. 38) hat sia ebenfalls bemerktund verwendet sie wiederum, um die Zuverlassigkeit der Vita zu betonen;ober sie ist zu germi], ala dass mau eine vollstiindige Unabhangigkeitbeider Texte annehmen dar'. Dass Rodulfus Glaber den Ratbert benutzthat, ist schon deshalb ausgesehlossen, weil er eine Reihe von Einzelziigeniiber Ratbert hinaus bietet; Ratberts Darstellung ist leicht ala karzenderAuezug aus Rodulfus kenntlich. 3) Der ursprangliche Plan des Werksumfasfit Buch allea andere ist spiitere Erweiterung. Es liesse sichdenken, dass Rodulf Buch 1--11I auf der Reise nach Italien, von der erIV, 3 spricht, ala er den lii. Wilhelm zur Einweihung von S. Giusto in

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i s t in St . Bén ign e zu Di jon gesch r ieben un d, soviel s ichaus der Benutzung durch andere ersehen liisst, nur in einemTeile Frankreichs bekannt geworden. Auch die erhaltenenHss. (vgl. Prou in seiner Ausgabe S. XII!.) scheinen alle fran-zósischer Provenienz zu sein 1; nur eine verschollene weistnach Mien : Montfaucon , Bibl iotheca , bibl iothecaium III ,1398, nennt eine Glaber -ns. der Bibliothek in Turin 2. Dieerste Ausgabe besorgte 1596 Pierre Pitlrou in den HistoriaeFrancorum Seriptores T. I, danach Duchesne 1641; ausser-dem ist ger ade die ffi r uns in Bet r ach t kommende Stel lein den An n a les eccles i a s t i ci des Bar on ius XI (1604) adan. 1009 abgedruckt. Einen vòllig sicheren Schluss kònnenwir aus der Benutzung dieses Werkes n ich t ziehen .

Best immteres l fi sst sich mi t Hi i l fe der Klagesch r i ftaus Martur i sagen. Sie befindet sich noch heute mi t deni ibr igen Arch ival ien des Klosters zusammen und zwar imStaa tsarch iv zu Florenz (Spedale di S. Giovann i Bat t i stadet to di Bon ifacio Spogl io t . 14) . Das Kloster h a t te bi si n s 14 . Jh . bes t an den , wa r dan n i n Kommen de gegebenund im Jahre 1444 mit dem Nonnenkloster S. Br igida delParadiso bei Florenz verein igt 3. Aus dem Arch iv diesesKlosters druckte zuerst Puccinelli , Istor ia dell ' eroiche at-t i on i d i Ug o i l G r a n d e ( 1 6 6 4 ) , d a s i n F r a g e s t eh en d eSchr iftst i ick mit anderen derselben Provenienz ab. Da derFfilscher von R diese Urkunde benutzt haben muss, bleibennur zwei Meéglichkeiten: en tweder i s t d ie Ffi l seh un g inSan Michele di Mar tur i vorgenommen, dann musa sie vordem 14. Jh . gemacht sein , oder sie ist modem n und nach1664 hergestellt.

Fiir die Entscheidung werden wir zunfichst die fiussereForm zu pr i ifen haben . Handel te es sich um eine mit tel -a l ter l iche Ffi l schung, die in der Zei t nach 1076 bis zum

Susa (c. 1028) begleitete, miigenommen hat, dort k5nnte eine Abschriftgenoimnen sein, aus der Ratbert sch6pfen konnte. Ieh erwiihne dieseM6glichkeit nur, weil daraus erhellt, dass aus der Benutzung Rodulfsallein die nicht bewiesen werden kann. 1) Paris. lat. 10912s. XI. aus dein Besitz von Antoine Loisel; Paris. lat. 6190 s. XII. ex. ausPoitiers ; Vatican. Regin. 618 a. XV. aus dem Besitz von Nicolas Lefèvre ;Paris. lat. 13834 a. XVI ex, aus dem Besitz dea Kanzlers Séguier.2) Sie k6nnt etwa aus Fruttuaria gewesen sein, das ja in niichster Be-ziehung zu St. Bénigne de Dijon stand. Aneli zwischen Loeedio undSt. Bénigne kannen iibrifgens Verbindungen bestanden haben, denn derhl. Wilhelm , Abt in Dijon war zuerst in Locedio Mina geworden(Sackur, Die Cluniazenser 1 [1892], 258). 3) Sehr, Italia pontificiaUI (1908), 62.

Die Ftilschungen dea Abtes Guido Grandi. 201

14. Jh . en tstanden sein masste, so ware zu erwar ten , dassdie bekannten Regeln des Satzschlusses beobachtet warenAber bereits im Prooemium, in dem der Schriftsteller doehfiir gewohiìlich besondere stilistische Sorgfalt aufzuwendenpflegt, finden si l i in dem kurzen St i iekehen (ander tha lbSeiten i i i Duodez) Schliisse wie `deesse dixer im, benedio-flotte fretus, colligere aggredior, adimplere posset' , z. T. instarken Pausen , a lso al lein dreimal der verpónte Seh luss,in dem die beiden letz ten beton ten Si lben nur durch einekurze getrennt sind. Da s sp r i ch t s t a r k gegen e i n e E n t -steltung in mittelalter licher Zeit.

Zur Vergleiehung des Stils mag eine Stelle angefiihr twerden , in der A. und R dieselbe Sache behandeln :

A e. 5 : ' ( 1ulmine quadam die ingressus navem cummercator ibus illius regionis Alexandriam peteret, valida etinevitabili procella subito aequore turbato, nullam evadendispem haben tes clamaban t omnes in tan to diser imine con-st i tut i dicen tes: Serve Dei , ecce miserabi l i ter per imus ettu nobiscum I sed secundum tuam praedicationem talem cre-dimus Deum tuum: si oraver is ad eum, l iberabi t te et nostecum ; et l iberati vovemus nos sacramentum baptismatis ate sumpturos, (minino segue et perfecte credere in eum'.

R e. 11: 'Aliquando in navi mercator ibus diversarumgentium piena A lexandriam navigabat, cum ingens subortatempestas extreinam navigio perniciem portendere visa est.Trepidantibus oninibus solus ipse intrepidus Christum prae-dicare atque elusi potentiam ea occasione insinuare nautisincredulis non cessabat, qui, cum caetera despexissent vir isancti argumenta, metu procellae saevientis perculsi, velutiex vexat ione in tel lectum accipien tes, Bonon ium den iqueen ixe r oga r un t , u t vi r t u t e Dei su i , quem semper i n or egestabat, ex tanto vitae discrimine tam ipsos quam se. libe-raret ; quod si obtinerent, se in Christum credituros eiuratainani superstitione prophetae sui, quem frustra eatenus in-vocaverant, polliciti sunt'.

1) A, der (loelt in Piller hierin noch anspruchsloseren Zeit schreibt,bemiiht sich doch, wenigstens im Prolog (er ist bisher ungedruckt, liegtmir aber in einer Absehrift von Herrn Prof. Hofmeister aus Vat. Barb.586 vor) einigermassen den Rhythmus einzuhalten. Die FormN N (tibi effeci') kommt 7 Mal, r<, N I N4 N N ('tibi effecimus')4 M a l , 4 N N I 4 4N ('tibimet effecerunt') 5 Mal, die seltenen

NINN r› N ('tibi effecerunt') 3 Mal vor; ausserdem hat er 2 MalN N N '<à N N je einmal N N c<ì N N und c) N N N K,N N , Griiasere Freiheiten zeigt der Text der Vita.

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202 Gerhard Schwartz.

Man sieht, mit wie verhdltnismtissig einfaehen MittelnA arbeitet , t rotz gelegentl icher Anhtufe zu einer gewissenRhetor ik , die a r i anderen Stel len (z . B. im Prolog) nochmehr hervor t r i t t : er verwendet die direkte Rede; die Ver -bindung `talem credimus . si oraver is ad eum, l iberabit•te' ist n icht sehr elegant, Ausdr i icke wie 'quadam die' , ' indiscr imine constituti ' sind typisch mittelalter lich. Wie vielmehr hat R aus dem Motiv gemach t l Sowohl die Hand-lungsweise von Bononius wie die der geh,ngsteten Seefahrerwird psyehologisch, geradezu rat ionalisierend motivier t .Gewandt sind die Bi t ten der Reisenden in indirekte Redeaufgehist. Wie die Dikt ion von A die noch unbeholfeuenun d in der Kon ven t ion gebun den en For men der r oman i -schen Stilepoehe zeigt, so schmeekt der fliissige Stil von Rnach dem rhetor ischen Schwung des Baroek.

Zu dem gleich en Er gebn i s gelan gen wi r , wen n wi rnach dem Zweek der Fi t lschung fragen .

Im Fal le der En tstehung im Mit tela l ter miisste manals Zweck der FUschung annehmen, dass die Monche vonS. Mich ele in Poggibon si ger n ein en r i ch t igen Hei l igenan der Spitze ihrer Abtliste sehen wollten. Das w5,re ganzwoh l n h ig l i ch ; immer h in h i s t s i ch bei d i eser An n ah men ich t a l les gla t t auf ; es bleibt auffa l lend, dass RodulfusGlaber , der doch i iber Frankreich und viel leieh t Piemonth inaus n ich t bekann t geworden zu sein schein t , in einemtoskanischen Kloster benutzt wird. Ebenso ver steh t mann i ch t r ech t , wa r u m d i e Gr i i n d u n g von S . Mi ch e l e sogeflissentlich mit Romuald, dem Stifter des Mutterklostersder Camaldulenser , in Beziehung gebrach t wird. DieserOr den h a t , soviel i ch seh e, n e etwas mi t San Mich ele diMar tur i zu tun gehabt , wt ih rend ihm ein anderes Klosterin Poggibonsi, S. Mar ia Magdalena, einst gel6r te 1. Dieseun d an der e Sch wier igkei t en lOsen s i ch dagegen bei derzweiten Annahme leícht.

Eben die Her ein z ieh un g des h ei l igen Romuald gibtun a bei der E r wgun g d i eser Hypot h ese 115,Ischung inneuerer Zei t — genauer zwischen 1664 (er ster Druck derMarturi - Urkunde) und 1733 (erste Erwhnung der Vita) —den Sch l i i ssel des Pr oblema in die Han d. Dem Ehrgeiz,mOglichst viele und grosse Hei l ige fi i r sich in Anspruchnehmen zu kOnnen , verdanken wir bekann t l ich zwar dieE r h a l t u n g u n d Abfa s su n g u n en d l i ch v i e l e r m eh r od er

1) Grandi a. a. O. S. 222 N. e (zu Kap. 7).

4

Dio FitIsehungen dea Abtes Guido Grandi. 203

wen iger wer tvol ler Texte des Mit tela l ter s, aber anel i dieFabr ikat ion einer n ich t ger ingen Anzahl von nIschungen.Dieser Ehrgeiz war im aufgekl i i r ten 18. Jh . noch ebensolebhaft wie im Mittelalter; die grossen Kongregationen undOrden bemiih ten sich eifr ig mm die Heil igsprechung ver -storbener Mitglieder und vielleicht noch mehr mm die Vin-dikation bereits anerkannter Heiliger ala Ordensangehórige 1.In Anbetracht dieser Tendenzen ist die Vermutung gereeht-fer tigt , dass die sogenannte Vita Bononii auctore Ratber tovon einem Camaldulenser zwischen 1664 und 1733 in derAbsicht fabr izier t worden ist , einen anerkannten Heiligenfiir seinen Orden zu gewinnen. Hiichst beachtenswert istin diesem Zusarnmenha,ng die Tatsache, dass der Orden imJahre 1756 bei der Kur ie darum nachgesucht hat, dass derKn i tus des h l . Bon on ius, den der damal ige Papst Ben e-dikt XIV. der Stadt und Diózese Bologna gewhIr t ha t te,a uch dem Carnaldulenserorden gestat tet wiirde 2. Manbrauch t n ich t a ,nzunehmen , dass dieser Schr i t t in einemun mi t telbar en Zusammen h an g mi t der sch on ein e Reih evon Jah r en fr i ih er er folgten Fffi sch un g steh t ; eh er magder im Jahre 1755 erschienene 1. Band der Annales Camal-dulenses die Aufmerksamkeit in Ordenskreisen erneut aufden ver mein t l i ch en Romua ldsch i i l er gel en kt un d jen enSchr i t t veran lasst haben . Wie dem auch sei , mi t vol lerDentlichkeit sehen wir , wie man im Orden dergleichen an-sali, was man dor t fi i r Wi in sch e und Hoffnungen hegte.Die Camaldn lenser haben in der Vita Ratber ts ein Mit telzu haben gegla,ubt, einen weiteren Heiligennamen in ihreAhnenreihe, wenn man so sagen clar f, an fzunehmen ; daliegt der Verdacht nur zu nahe, dass einer der ihren selbstdies Mittel hergestel l t hat .

1) Die Ordembegeisterung Hese wunderliche Behauptungen genngemporschiesSen; so sagte man hoshafter Weise dem besonders eifrigen,uni die Geschiehte seines Ordens hochverdienten Constantin Caietanus,Mónch von Monte Cassino, nach, er sei im Stande auch den ApostelPetrus zu einem Benediktiner zu machen l Diese Taktik, alte Heiligefiir den Orden zu vindizieren, tratte den besonderen Reiz, dass sie nurden iilteren Orden, dagegen nicht den modernen Konkurrenten, denJesuiten und ihren Geriossen, war. Die Eifersucht zwischen denJesuiten und den Benediktinern, zu denen auch dio Camaldulensergeh6ren, ist ja bekannt; sie ist nicht nur fiir die Hagiographie,sondem and fiir die Entwickelung von Pailiographie, Diplornatik undnaittelalterlieher (ìesehichtswissenschaft iiberhaupt, wie man weiss, vonganz fundamentaler Bedeutung geworden. 2) Ann, CamaldulensesVIII, 699.

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204 Gerhard Schwartz.

Wenn wir nun den Autor noch n t lher zu best immenver sueh en , so i s t es da s n a t i i r l i ch s t e , zun l i ch s t an denHer ausgeber Guido Gr an di zu den ken . In der Ta t f i i g tsieh bei dieser Annahme al les gut zusammen. Ueber ihn

' sind wir durch die Annales Camaldulenses sehr gut or ien-tiert. 1671 gebor en , war er 1687 in San t ' Apol l in ar e inClasse in die Camaldulenserkongregation eingetreten. Seineigentliches Gebiet war Mathematik; diese Disziplin vertrater a l s Pr ofessor an der Un iver sa l i P i sa , wo er zug l ei chdas Camaldulenserkloster San Michele in Borgo leitete; ers t a r b da selbs t am 4 . Ju l i 1742 E r wa r s i ch t l i ch e i n eder Hauptkapazitaten der Kongregation und ein

sehr viel-seitiger Geist. Zu seinen eifr igsten Interessen gehór te derKultus der Ordensheil igen . Er schr ieb ein 'Agiologium .,in dein er die einzelnen Hei l igen der Camaldulenser be-h andel te ; es schein t n ich t gedr uckt zu sein , wurde aberim Manuskr ipt von den Verfassern der Annales Camaldu-lenses benutzt und haufig zi t ier t . Er forder te den Heraus-geber der Acta , San ctor um, Dan iel Papebr och , br iefl i chauf, zum 28 . Jun i da s Leben des Cama ldu len ser s PaoloGiustiniani (1- 1528) aufzunehmen, frei l ich ohne Er folg

2.Br gr iff zur Feder fi ir die Sache des Ordens, als die Fragediskut ier t wurde, ob Petrus Damian i Camaldulenser war ;mit dieser Abhandlung 8 zusamtnen vereinigte er andere, dieer 1707 als Disser tat iones Camaldulenses herausgab; u. a.wurde darin die Chronologie Ronaualds behandelt, ein Pro-blern , i iber das er spi t ter eine Polemik mi t Soldan i aus-foeht. Als die Camaldulenser 1719 bei der Ritenkong'rega-t ion die Genehmigung fi i r das officium und die lect ioneszu Eh r en des Pet r us Damian i , d ie in ih r em Got tesdien stgeh a l t en wer den sol l t en , e r ba t , wa r es Gr a n d i , der d i electiones abfasste 4. Ferner hat er das Leben des h l . Piet roO r s eo l o , d en s i eh d e r O r d en ebenfal ls zu vindiz ierenwiinschte, ausfi ihr l ich behandelt 5. Endlich sei erwiihnt ,dass er eine grosse Masse von Urkunden fiir die Geschiehteseines Ordens abschr ieb oder abschreiben l iess; die zah l-reicher ' Bande sind heute in der Universit l isblibliothek zuPisa (vgl. Kehr , Gettinger Nachrichten 1903, S. 600).

1) Ann. Camaldulenses VIII, 550 f. 667. 2) Es ist angesichtsdieser Ablehnung vielleicht kein Zufall , dass die Bollandisten denbl. Bononius zwar aufnehmen, die camaldulensische Vita aber nicht be-riicksichtigten (der Band erschien 1743). 3) Sie steht auch bei MigneCXLIV, 17 ff.: Dissertati° de S. Petri Damiani et Avellanitarum institutoCalnaldulensi. 4) Ami. Camaldulenses VIII, 50, 528, 650, 599, 640.5) Siehe oben S. 186 N. 3.

Die FRIsehungen des Abtes Guido Grandi . 205

Man sieh t , wir di i r fen dem Guido Grandi vvohl dieSaehkenntnis und das stoffliche Interesse zutrauen, weleheder Fabel i er gebabt h aben muss. Eine kleine Einzelheitscheint mir diese Annahme ganz besonders wahrscheinlichzu machen . In Kap. 16, in dem der Aufen thal t des Bono-n i u s u n d d es Bi sch ofs Pe t r u s a u f d em S i n a i be r i ch t e twer den , h ei ss t es : ' I b i e r g o e u r n a s s i d u o P a n d e c t e sstudio exerei ta t i essen t ' . . . Hierzu ber ich tet Grandis An-merkung e: Pandectam hoc loco sacrain scr ipturam utr ius-que testamenti sign ificar i vidirnus in N o t i s ad E p i st .n o s t . d e P a n d e c t i s n u m . 6 . § m i n u s u r g e r e t ' . Esfolgt dann ein Beleg fi i r d iesen Sprachgebrauch aus derVita S. Ansegisi . Grandi hat namlich auch eingegr iffen indie viel verhandelte Streitfrage iiber die berfilarnte, angeb-l i ch von den Pi san er n in Amal fi er beutete Ha . der Pan -dekten Justinia,ns '• Bei der Gelegenhei t hat er offenbar ,wie die A nmerkung zeigt, jenen eigentiimlichen Gebrauchdes Wortes 2 hervorgehoben ; nun hat er ihn auch in semeFalschung gebracht und zwar mit sich tl iehem Stolz, denndas Wor t Pan dectes i st fast das einz ige, das im Kon textder Vita kursiv gedruckt ist .

Unsere Annahme best l i igt sich , wenn wir noch eineAnzahl der Einzelangaben priifen und Quellen und Methodedes Falschers festzustellen suchen.

Der im Prooemium als Gewahrsmann genannte Alche-r ius wird in der Anmerkung als sonst unbekannt bezeich-n et ; in Kap. 8 erscheint er als Begleiter des Bononius imOrient. Die Figur i s t s i ch t l i ch ein gefi ih r t , um den An -gaben i iber die Ereignisse im Orient den Ansehein beson-derer ZuverUssigkeit zu geben. Den Namen, der fi ir dieseZeit und diese Landschaft ganz gut passt , konnte ein Ge-lehrter wie Grandi leicht aus Urkunden oder Bischofslistenentnehmen 3.

Kap. 2 erwfihnt als patruus des Bononius einen Luciusund in der Aninerkrung wird die Vermutung ausgesprochen,das kiinnte Lueins Zenobius Albergatus sein, iiber den Ghirar-dacci (Della Historia di Bologna I 115961, 48 ad an. 976) undMacchiavelli (Alessandro M., Augustalis Theodosiani diplo-rnatis apologia pro archigymnasio 117261 S. 75) gehandelt

1) Ueber dio Kontroveree vgl. Ano. Carnald. VIII, 622; Tiraboschi,Storia della letteratura italiana (1823) III, 605. 2) Du-Cange-Henschel-Favre, Glossarium mediae ae infimae latinitatis _(Niort 1886) VI, 127kennt ihn ebenfalls und ffibrt als Beleg ein Verschen Alcuins su.8) Ebenso den des Autors Ratbert.

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2O6 Gérhard Sehwartz.

hatten . Ghirardaeci ber iehtet in der Tat zu 976 von einemLucius Alber ga t i , der e in e Reih e mi t Namen gen an n tertheologischer Werke ver fasst habe. Ueber d iesen Man nun d d i ese Sch r i f t en f i n det s i ch son s t kei n e Spur 1; d e rName ist fiir diese Zeit ununiglich, und wenn man bedenkt,dass die Albergati eine vornehme Bologneser Familie waren,so kan n man oh n e wei t er es d i e Beh auptun g wagen, dassGhirardacci oder ein VorOnger diesen Sehr i ftstel ler ein -fa ch e r fu n d en h a t . Gr an di sein er sei t s moch te das Be-di i r fn is haben , seinen Helden mi t einem anderwei t ig be-kannten Bolognesen der Zei t in Beziehung zu setzen ; dafand er diesen Lucius Albergat i

2 .In den folgen den Kapi teln wi r d das Er emi ten leben

Romual(Is und seiner Seh i i ler und die Begeisterung, mi tder Bouonius sich ihm ergab, wiederholt und nachdrfick-

, l ich hervorgehoben; dies Eremitensystem war eine beson-dere Eigentiimlichkeit der Camaldulenser. Der Propst Geor-gius (c. 43) scheint wieder ganz frei erfunden zu sein. Sehrmerkwiirdig ist eine Stelle in cap. 6. Hier wird die Strengedes Eremitenlebens unter Romuald gesehildert; dabei heisstes: `Bon on ius n oster i am ad Aegypt ios pa t r es se . . . per -venisse putabat: atque in Romualdo et alumnis eius Auto-n ium, Pachomium, Machar ium, Pynuphium, Archebiumsuscipiebat' . Es sollen also besonders signifikante Vertreterdes t igyptischen Meinchtums genannt werden; in den An-merkungen nennt Grandi bei den ersten drei, die Heiligen-ver eh r un g gen iessen , den Tag ih r es Kul t s un t i bei demletzten , Archebius, heisst es: ' in Pais Pa. t rum memoraturlib. 4 cap. 37' 3 . Zu Pynuph ius dagegen gibt er an , er seiihtn ga,nzlich unbekannt; vielleicht miisse man Paphnutius'

1) Nur haben eine Anzahl spiiterer Lokalhistoriker und Enzyklo-piidisten die Angaben von Ghirardacci nachgesehrieben, wie au s Maz-zuchelli, Gli scrittori d'Italia I (Brescia 1753), 1, 280 zu ersehen2) Dass er ihn im Text nur Lucius nennt, hat seinen Grund vielleicht ineinem gewissen historischen Taktgefiihl, das ihn den Familien-Namenvermeiden liess • vielleicht wollte er auch Gelegenheit haben, im Kom-mentar eine ‘Vermutung' anzubringen und mit entlegenen Zitaten zustiitzen, um seine Gelehrsamkeit zu zeigen. Aehnliches werden wir noci5fter finden. 3) Vitae patrum ist bekanntlich der Titel jenes sehr ver-breiteten Sammelwerkes in dem Lebensbeschreibungeu und andare Nach-riebten iiber dia ersten Miinche vereinigt sind; auch jene droi zueret ge-nannten Reiligen sind in ihm aufgenommen. Das 4. Buch enthia Aus-ziige aus Sulpicius und Iohannes Caesianus De coenobiorum institutione;letzterer liegt in cap. 30 uud 37 zu Grunde. Nachdem bereite 20 Druckeerechienen waren, besorgte der Jesuit Rosweyde 1615 (wiederholt 1628)eine sorgftiltige Ausgabe, die von Migne Bd. 73 und 74 nachgedruckt ist.

Die Fdlschungen dea Abtes Guido Grandi. 207

einsetzen, welcher die Thais bekehrte und am 29. Novemberverehr t wird. Nun i s t aber mer kwi i r d iger Weise d ieserPynuphius ebenso bezeugt wie Archebius, vvenngleich wenigerbekann t a ls Paphnut ius; von ihm handel t cap. 30 und 31des 4. Buches der Vitae patrum (Migne LXXIII, 833 f.). DieStel le — es ist mehr a ls ein ganzes Kapi tel steht alsoin nUhster Nachbarschaft der anderen, die Grandi fi ir Ar-chebius z i t ier t . Wie ist es zu erkaren , dass der Kommen-tator sich wohl die Mtihe nahm, den Namen Archebius inden Vi tae pa t r um aufzut r eiben , den des Pyn uph ius aberiibersah? Dabei steht Pynuphins in der Kapiteliiberschrift;ausser dem ba t t e wen igsten s d ie Rosweydesch e Ausgabeeinen genauen Index. Man intisste sich also entschliessen,einem im tibrigen so sorgfaltigen Kommentator wie Grandiein merkwiirdiges Versehen zuzutrauen -- wenn Kommen-tator und Verfasser nicht tiberhaupt eine und dieselbe Personsind. Wenn misere Hypothese von der Autorschaft Grandisr ichtig ist , so hat Grandi Pynuphius sowohl wie Archebiusdem 4. Buche der Vitae patrum en tnommen ; , in den An-mer kun gen aber h a t er den Nach weis n ur fi i r Ar ch ebiusgegeben , bei Pyn uph i us get a n , a l s l da n t e er i h n n i ch t .Mit einem solehen Ver fahren er reich t er es, den Abstandzwisch en dem Text un d s i ch a l s dem Her ausgeber móg-

lichst gross zu machen ; wenn der Herausgeber selber denT ex t n i ch t ga n z ver s t eh t , wi e ka n n m a n da n t i a u f denGedanken kommen, ihrn selbst die Autorsehaft zuzutrauen?So verwischt er gewissermassen seme Spuren . Er musstedamit rechnen, dass sein Werk von kr i t ischen Augen , dieschon 'natiche Ffidschung gesehen hatten, den Miinnern derCongregatio r i tuum, vor al len i aber den Bollandisten , ge-priift wiirde. Bei ih n en moch te ein solch er Tr ick n ich tliberfitissig scheinen ; ausserdem batte er alle Aussicht, dassein spa.terer Bearbeiter sehen wiirde, dass Pynuphius ebenso-gut belegt i st wie Archebius und der Text keiner Aende-rung bedarr ; bei dem damaligen Stando der Kr it ik musstedas seh r zu Gn n sten der Vi ta in s Gewich t fa l l en . — Sor a ffin ier t d ies Vor geh en i s t , es sch ein t mi r immer n ochwa h r seh ei n l i ch er un d e i n es Ma n n es von der Bega bun gGrandis wii rdiger , a ls es die Kopflosigkei t wre, einen soar i der Strasse liegenden Namen zu iibersehen.

Charakter ist isch ist eine Einzelhei t in Kap. 10. Eswird der waehsende Ruhm des Bononius in Kairo geschil-der t und dabei werden seme 'a lumni ' ervvffl in t , `quos exvar i is peregr in is et inercator ibus ad caducas mundi opescontemnendas inductis collegerat ' . I n A i s t von i h n e n

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208 Gerhard Schwartz.

ke i n e Rede; dor t wi r d n u r e r z f i h l t , wi e der Ruf se i n erHei l igkei t ih m selbst bei dem Fi i r s t en un d den Gr ossendee La n des Ach t un g ver sch a ff t e un d wi e er da n n vi e l eKirchen wiederher stel l te und ein Kloster nach der RegelBenedikts einr ichtete. Einem sOteren mochte es auffallen ,wie ein abendlbtdischer Chr ist im Or ien t so zu Anseheng e l a n g en k on n t e , wo i h m d och se l bs t d i e C h r i s t en a l sgriechisch-orthodoxe, ala Angehetrige einer anderen Kircheentgegentraten. Darum gesellt der Fillscher seinem Heldendie Pi lger und Kaufleute zu, wobei er offenbar an Abend-litinder denkt; und sucht so die Erfolge seines Helden plau-sibler zu mach en . In Wa h r h ei t a ber wa r en d i e be i denKirchen zar Zeit des Bononius bekanntl ich noch n icht ge-t r en n t , u n d g e r a d e i n mónch ischen Kreisen bestandenmannigfache Beziehungen; Abendlhuder , die im Orient inKlóster gingen , gibt es in dieser Zei t auch sonst .

Glei ch da r auf h ei ss t es : `pr ocer um auxi l io, quos aturpi superstitione ad verae fidei lumen respiciendurn prae-dicationibus suis venerabilis pater conver terat, monaster iaiacentia restauravit ' . Naeh A war es dem Bon on ius n urgelungen , sich bei den vornehmen Mosl im so in Ach tungzu setzen , dass s ie ih m fr eie Han d l i essen ( 'u t da r en t eioptionem, quid vel let faciendi ' ) . E s beda r f woh l kein esBeweises, dass diese Version wahrscheinlicher ist ala jenerBer ich t von der Bekehrung der Moslim.

Auch che Angabe, dass er n ieh rer e Klóster ( 'mona-.ster ia iacen tia ' ) wiederherstel l te und ihnen Aebte gab, istfi i r una von In ter esse. Im Text von A h iess es n i t in l ichurspriinglich nach allen Hss.: `quam plurimas ecclesias re-paravit ; monasteriutn condidit, in quo abbatem ordinavit' ;da,gegen hat jemand in der 1180 in S. Stefano in Bolognageschr iebenen Ha. den Text folgendermassen zurecht kor-r igier t: 'quarn plur ima reparavit monaster ia, in quibus ab-ba t es . . or d i n a vi t ' ; g e r a d e d i ese Ha . h a t Ma bi l l on z useinem Druck benutzt, dem einzigen, der 1733 existier te ' ;er z eig t d i e St el l e i n der kor r i g i er t en For m. Na,ch derFassung von R ist es wahrschein l ich , dass der Ver fasser ,der vor 1041 geschrieben haben soli, eine Redaktion seinerVorlage A benutzt hat , die allem Anschein nach erat nach1180 en tstanden ist ; es ist ausserorden t l ich bezeichnend,

1) Erst durch den Druck dea Kardinale Lambertini, deesen Werk1734 — 38 erschien, wurde die mrepriingliche Form bekannt (a, obenS. 189 N. 3).

Die Flilschungen des Abtes Guido Grandi. 209

dass diese Fassun g ger ade die i s t , ch e Gr an di a l lein h a tkennen kÉinnen.

In Kap. 14 werden dann die berei ts ober i erwiihntenVorgiinge im Anschluss an Rodulfus Glaber erziffilt; Bischof

• Petrus von Vercelli wird dabei zum Pilger , der gerade. eineWallfahrt rnacht und auf ihr dura die unvermutete Christen-verfolgung in Gefangenschaft geritt. Wir wissen, wie wenigdiese Auffassung den Tatsachen en tspr ich t . Wer freilichien e Nach r ieh t der St . Gal ler An n alen n ich t kan n te, derkonnte bei der Lektiire von A kaum zu einer anderen Vor-s t e l l un g kor n men , den n der Wor t l a u t ( s . obeu l i s t seh rallgemein gehalten — der Anonymus aus Locedio hat viel-leicht selbst kein klares Bild der Vorgiinge gehabt unddie Annahme einer Pilgerreise liegt in der Tat nahe genug.Charakteristisch ist, dass bereits der Verfasser der Lektioneniiber den Bisehof Petrus, der im i ibr igen keine Quelle alaA gehabt zu haben scheint, den Bischof zum Pilger macht i;dieses liturgische Stiick war Grandi bekannt, der es in denAnmerkungen mehrfach zitiert (p. 210 h, 241 a, 244 a). Da-durch mag er auf den Gedanken gekommen sein .

Kap. 16 erz5,hlt von der gemeinsamen Fahrt zum Sinai,nach Jerusalem unti Byzanz. Die Anmerkung hebt hervor ,dass dieser Weg itatiir licher ala der von A gegebene (Jeru-saleni -Sinai - Konstan t inopel) sei ; man sieh t , wie der Ver -fasser sich bemiiht, Unebenheiten in der Darstellung von Aauszugleichen und mit der sachlichen Wahrschein lichkeitauch die Glaubhaft igkei t des Textes zu erhòhen . Ist dieseKor r ektur , d ie anel i schon ein mi t tela l ter l icher Sch r i ft -atelier h ii t te inachen kónnen, fi ir unsere Kr it ik kaum vonBel a n g , so i s t es um som eh r der Fa l l be i e i n er k l e i n enAenderung, die R gegen A h ier gemach t hat : Tyzan t ium'an Stelle von 'Constantinopolim'. Soviel ich sehen kann ,ist Constantinopel im fr iiheren Mittelalter der int gewiihn-l ichen Leben und (len irmeli im Sti l der einfachen Erziih-l un g fa s t a l l e i n i n d i a ° Ausdr uck , wi ih r en d Syz a n t i um 'eigentlich nur bei besonderen Gelegenheiten gesagt

wird 2

1) Benedicti XIV. Opp. 11 (1788), 243 app. VI; ActaSS. 13. Febr.II (1658), 719. 2) Roviel sieb bei einer Durchsieht des friiheren Teiles

der Monumenta l ndives l'esiste] len Hess, komrnt er fast nur bei Ent-lehnungen aus Maree! lin, A nastasins u. a., besonders der konstantinisehenFiilsehung vor, oder wenn (lie I Finnermung der Stadt durch Konstantinberichtet wird. Es Inag erwidint werden , dass in den franztlisisehenChansons de gesto list ausseltliesslich Constantinoble (oder

eine iihnlicheForm) gebraucht wird (E. Eanglois, Table dea nome propree dans leaNeites Archiv etc. XI..

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210 Gerhard Schwartz.

Hier aber .heisst ' ibs ganz sch l ich t : `Sed cum inde Byzan-t ium se contulissen t . Diese Ar t der Verwendung desNamens ist wenig mittelalter lieh.

In dem gleichen cap. 16 heisst es bei Erwiihnung desKlosters auf dem Sinai : `nam quingentos monachos ibi sevidisse vir sanctus narrabat ' . Diesen Zug hat der Verfasserheichst wahrschein lich aus der in terpolier ten Fassung desAdemar von Chabannes entnommen (III, 47, SS. IV, 157, 7 ff.):'ad monaster ium quoque montis Synai, ubi quingenti et eoamplius monach i sub imper io abbat is maneban t ' ; Grandiselbst hat die Stelle unmittelbar vorher in den Noten zu e. 14ausgeschr iehen , und verweist h ier in der Note darauf, umden Parallelbericht zu seiner aus Rodulfus Glaber geschópf-ten Darstellung zu geben (p. 239).

In cap. 18, das die Ernennung zum Abt von Locedioschilder t , wird erwiihnt, dass Bononius die Leitung seinerJi inger in Aegypten einem besonder s erprobten EremitenPhilippus iiber trug; in der Anmerkung wird dieVermutungangedeutet , dieser sonst n ich t bekann te Ph i l ippus keinneder selbe wie der Abt Ph i l ipp von Zobor in Un gar n sein ,un ter dem die hei l igen Andreas und Beuedictus bl i ih ten ;er kOnne sich aus Aegypten dorthin zur iickgezogen haben.Da s f i i h r t un s wi eder i n e i n e jen er Món ch s feh d en , a nder abermals Grandi seinen Anteil gehabt hat. Andreas ge-n an n t Zoer a r dus un d Ben edict war en zwei Medich e, d iezu Anfang des 11. Jh . fi i r die Ausbrei tung des Chr isten -t um s i n Un ga r n gea r be i t e t h a t t en u n d da f i i r dor t Hei -ligenverehrung genossen. N u n s t r i t t m a n s i ch , z u we l -chern Orden sie gehOrt hatten. Die alte Vita, vom Bischof3/ Iaur us von Fi in fki r ch en ver fasst (Acta SS. 17. Jul i IV[1725], 336 ff.), berichtet von Zoerardus, er habe im KlosterZobor im Gebiet von Neutr a un ter Abt Ph i l ipp das Habi tgenommen und habe sich dann ala Einsiedler in die Wildnisbegeben. Wohl im Hinblick auf diese 'eremitica vita' hattendann die Camaldulenser den Heiligen fiir sich in Anspruchgenommen, wie es scheint, zuerst in dem Catalogus sancto-rum ac beatorum ordinis Camaldulensis, den Thomas Minius1606 zu Florenz herausgab (Acta SS. a. a. O. S. 331 C); auch dieErznlung des Petrus Damiani von den Schiilern Romualds,

chansons de gesto [Paris 1904] 158); der eiuzige Beleg fiir Byeanee, denLanglois S. 95 anfiihrt, steht Price de Pampelune 442 in einer Zeile, diesehon den Eigennamen Costantin enthiilt; das Gedieht jet iiherdies be-conderc reich an antiken Reminiczenzen.

Die FUlsehungen des Abtes Guido Grandi . 211

die nach Ungarn zogen (Vita Roinualdi e. 39, SS. IV, 853),hat da,bei tnitgewirkt. Andererseits suchte 1635 ein Paulit,Paul inus Klodanski , ihn seinem Orden , der sich von demEremiten Paulus von Theben herleitet, zu vindizieren (ActaSS. a. a. O. S. 331 B). Die Camaldulenser, die im Jahre 1601in Zobor , wo nach ihrer Meinung einst Romualds Schii lergelebt }lattei), wieder eine Niederlassung begriindeten (Mit-tarelli, Annales Cantala. VIII, 490), hielten an ihrem Stand-punkt fest , und ebet i Guido Grandi t r a t in seinen Disser -ta t iones Camaldulenses 1707 fi i r seme Kongregat ion ein( Acta SS. a. a. O. 5.3310). Der BollandistWilb (dm Cuper aber,der 1725 unter dem 17. Juli bei der Biographie der beidenHeiligen aneli di ose Frage behandelte, h ielt sie nodi n ichtfi i r en tsel l ieden und sch loss seme Ausfi ih rungen mit denWorten (332D) : 't 'a inaldulenses monachi ex antiquis monu-men t i s os t en dan t h os duos san ctos er emi t a s or d in i suoaggregatos fuisse, et victas dabimus manna i isque de vie-toria, gratulabimur'. — Dieser Aufforderung sucht offenbarGrandi an dieser Stelle, wenngleich nur beiliiufig und teil-wei se, n ach zukomr n en ; den n wen n der Abt Ph i l ipp vonZobor ein Sch i i ler des Bononius, dea Sch i i ler s Romualdswar , so war der un ter i h m Min ch gewor den e Zoer a r dusAndreas ebenfal ls a la mit telbarer Sch i i ler Romualds undsomit ala Ordensheiliger anzusehen. Immerhin hat er vor-sichtig genug nur das .Mater ial zu bieten gewagt, mit demsich eine solehe Vermutung a,ufstel len l iess. Schliesslichhat er nodi n ich t einmal Er folg dain i t gehabt , denn semeeigenen Ordensbr i ider lehn ten sie wegen der chronologi-schen UnmOglichkeit ab (Mit tarel l i , Annales Camald.I, 375).

In 5,hr i l icher Weise hatte er schou fr i iher einen Lu-cius auftreten lassen , um ihn vermutungsweise mit jenetnerschwindelten Lucius Alber ga t i zu iden t i fiz ier en : gan zebenso wird Kap. 19 ala Haupt des Widerstandes der MOnchevon Locedio gegen den n euen Abt der Pr opst Wido ein -gefiihrt, wiihrend eine Annierkung an die Móglichkeit seinerIdentifizierung mit dem nach Ughelli c. 1036, nach urkund-l ichem Zeugnis 1039 (Schwar tz , Besetzung der Bist i imerReichsitaliens S. 131) eingesetzten Bischof Wido von Turinerinnert.

I n Ka p . 20 seh en wi r Bon on ius sich n och mals a laech ten Sch i i ler Romualds beUtigen , indem er den Mark-grafen Maginfredus zum Bau einer Einsiedelei , eines Ere-mita, veranlasst. In de, r An mer kun g wi r d da r auf h in -gewiesen, dass hier der bekannte Odelrich Manfred gemeint

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212 Gerhard Schwartz.

sei und aus. Petrus Damiani op. 9 (c. 5, Opera ed. Caie-tan us I I I [Par i s 1642] , 30) ein e Stel l e an gefi ih r t , in dertatslichlich von einer Einsiedelei . die Rede ist , die diesemMarkgrafen un terstand. S i ch t l i ch ga b d i ese S t e l l e denAnlass, dem Bononius auch diese Griindung zuzuschreiben.

Zum Schluss sei noch eine Einzelheit erwiihnt, die R,allein bietet: der Tod des Bononius sei 'post sexagesimumsuae conversationis annum' erfolgt (cap. 22). Demnach witreer 966 Mónch in San Stefano geworden, wo er nach cap. 1`p lur ibus an n i s ' da s Joch der Regel t r ug . Nun erwfihntGrandi in der 1733 er sch ienenen Vi ta del glor ioso pren -cipe Piet ro Orseolo S. 50 ver sch iedene Gr i inde, die nachsein er Mein un g bewiesen , dass Romuald sch on vor 978,d. h . vor seiner Reise nach dem Pyr en i tenkloster Cusa ,nSchti ler um sich gesamunelt habe; ala letzten fi ihr t er an ,dass nach der 'Vita di S. Bononio scr i t ta dal Monaco Rot-ber to(!) suo contemporaneo' dieser Heil ige in der Gegendvon Venedig eine Einsiedelei gefunden habe, deren Propstih n an Romuald in Per eum gewiesen h abe; d iese Er emiehabe a lso offenbar un ter seiner Zuch t gestanden , lzónnea b e r ' p e r r a g i o n e d e ' t e m p i ' n i c h t n a c h R o t n u a l d sRiiekkehr aus Catalonien von ihm gegr iindet sein . Wiede-rum finden wir in R einen Zusatz, der dem Romuald-Chrono-logen Grandi sehr gelegen sein musste. Denn wenn Bono-n ius 966 in s Kloster gin g un d dor t `plur es an n os ' bi s zuse i n em Ueber t r i t t i n Rom ua l ds 5 , ch u l e bl i eb, so i s t esal lerdings nach dem Wor tlaut erheblich watrschein l icher ,dass dieser Ueber t r i t t vor 978 er folgte a la etwa 984 odersp5,ter 2. Die ganze Beweisfi ih rung dien t einem hóherenZweck: Rornnald soli nach Damiani im Alter von 120 Jahrengestorben sein, sein Tod wurde gewiihnlich auf 1027, semeGeburt also auf 907, sein Eintr itt ins Kloster 927 angesetzt.Um das Patr iarchenalter des Ordensstifters ein igermassenp l a us i bel z u m a ch en , wol l t e m a n den l eer en Ra um von927-978 etwas ausfi i l len ; Grandi st iess sich besonders andieser Schwier igkeit , versuchte daher 3 den Tod Romualdsauf 1037 zu set zen , wodur eh s i ch jen er Zei t r aum etwasverkiirzte (937-978), und bemiihte sich angestrengt, seinemHelden so viel Jiinger und Klostergriindungen wie móglich

1) Vgl. iiber diesen Turiner Markgrafen Bresslau, KonradI, 373 f. 2) In diese Zeit miisste er naeh Grandis damaligem Systemfallen, vgl. Mittarelli - Costadoni I, 151 ff. 3) Und aus anderen Griinden,s. Mittarelli I, 33 ff.

Die alschungen des Abtes Guido Grandi. 213

in der Zei t vor 979 zuzuschanzen . Wir werden una un tenmit einem zweiten Versueh dieser Art zu befassen haben 1.Charakteristisch ist aber arta hier , dass Grandi seinen Texteine so allgemeine Wendung (pluribus annis) brauchen lbst,dass der fi i r ih n er wi in sch te Beweis n ich t mi t absoluterSicherhei t und Genauigkei t darauf zu gr i inden ist , wennauch d i e St el l e zu Gun st en sein er Th eor i e i n s Gewich tfi i l l t . Es ist das wieder einer jener Fiale, in denen er nurba lbe A. r bei t tu t ; in ein er fast d i skr eten Zur i ickh a l tun gvermeidet er es, in Einzelfragen, iiber die man polemisierte,durch seinen Text eine absolute Entscheidung zu br ingen;er f i i h l t e woh l , da ss da s a l l zu auffa l l en d gewesen w, r eund Verdaeht batte erregen kónnen. Um so sicherer musstewirken, was ibm die Hauptsache war: Bononius als SchiilerRomualds hinzustellen.

Es inuss t iberhaupt dem ber iih inten Abt zugestandenwerden , dass er sein Unternehmen mit bemerkenswer temGesch ick ausgefi th r t hat . Ein kleiner Tr ick sei noch er -wiihn t , der fi i r dio ganze Mache typisch ist : das sind diemeh r fach er wi th n ten Li icken im Text ; wozu sie d ien en ,verrR Grandis Erk15.rung im Kommentar : (consumpto, ohvetustatetn, charactere MS.' (S. 258). Sie sollen den Ein-druck der Altertii mlichkeit des Ganzen unterstfitzen, ebensowie gefi i l seh te Ant iken mit Vor l iebe beschh ,digt zu seinpflegen

Die angefithrten Ta.tsachen werden, denke ich, genii-gen , un i zu zeigen , wie gut sich a l le Schwier igkei ten beider An i ia l t in e, dass Gr an di d ie Vi ta gefi i l sch t h a t , auf-hisen. Wi r h a ben geseh en , da ss je wen i ger ger a de d i eHauptziige mit den tatstichlichen Ereignissen in Einklangzu br ingen sind, um so besser eine Reihe von Einzelheitenzu den Theor ien passt , die Grandi in .seinen Kontroversenaufgestell t hat. Wir sahen ferner , wie geracle damals. inder Kon gr ega t iou der Ca in a ldulen ser Best r ebun gen un dW iirieehe beson der s r eg ,e war en , zu den en die Ten den zunserer Vita nur zu gut st i tnmt. Es liess sich feststellen,dass die ta t sch l ichen Angaben , so wei t sie n ich t ein facherfunclen sind, aus Quellen geschópft sind, die in GrandisZeit allgemein zugiinglich waren. So klúxt sich nun auch

1) Vgl. and Mittarelli I, 114. 2) Es darf zur Analogie an diegenealogiselien Fidsehungen von Sciavo, Meiranesio und Genossen erinnertwerden, die solehe Liieken geradezu ala Tabrikmarke' zeigen (Bresslau,Jahrbiieher Konrads Il., 1 [18791, 385).

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214 Gerhard Schwartz.

das eigentiiMliche Dunkel der angebliehen Ueber lieferungunserer Vita: die Ktin igin Chr ist ine hat ebensowenig einesol eh e Hs. besessen wie Bacch in i t , samt l i ch e An gabendar i iber sind n ich ts als eine Mystifikat ion Grandis, derenZweek deu t l i ch gen ug i s t ; es i s t vi e l l efeh t kein Zufa fi ,dass er ein e Bibl ioth ek wah l t e , d i e zu sein er Zei t n i ch tmehr (und noch nicht wieder) an einem Ort vereinigt war 2,und dass er sich auf einen Gelehr ten von hohem Ansehenberief, der bereits l i ingst verstorben war .

Allzu grossen Erfolg schein t das Unternehmen n ich tgehabt zu haben . Der Bol landist du Pin nahm in seinerDarstellung des Lebens des hl. Bononius, die im 6. August-bande der Acta Sanctorum 1743 erschien, keine Riieksichtauf Grandis Publikation . Umso eifr iger wurde sie freilichvon den Historikern der Kongregation, Mittarelli und Costa-doni, im 1. Band der Annales Camaldulenses, der 1755 er-schien, benutzt ; sie mtigen in gutern (ilauben gewesen sein.Ob die an der Kur ie un ternommenen Sehr i t te zur Gesta t -tung des besonderen Kultus, welche dureh den Tod Bene-dikts XIV. unterbroehen wurden, schliesslich Erfolg hatten,i s t m i r n i ch t bek a n n t . Ein Bologneser B.agiograph hatden Dr uck Gr an d i s n och ein ma l wieder h ol t . Die histo-r ische Li tera tur der neueren Zei t nahm im i ibr igen kaumNot iz von dem klein en Wer kch en ; n ich t ein mal Pot th asthat es in seiner Bibliotheca medii aevi aufgefiihr t. Lanzonihatte dann 1907 die historische Unbrauehbarkeit aufgezeigt,oh n e fr e i l i eh a n der E ch t h ei t der Vi t a z u z wei fe l n ; s i ehatte alle Aussicht, einer verdienten Vergessenheit anheim-zufal len , wenn sie n ich t Walter Franke in seiner 1910 er -schienenen Hallenser Dissertation erneut ans Licht gezogenund ver sueh t ba t te, sie a l s eine gute und durchaus unge-tr i ibte Quelle zu erweisen . Wen n er sich dabei in er sterLinie auf die Uebereinstimmung mit den Urkunden und derKlagesch r i ft (n ich t Ger ieh tsprotokol l , wie er sie nenn t !)von Mar tur i un d mi t Rodul fus Glaber — die geseh en zuhaben sein Verdienst ist — st i i tz t , so glaube ieh oben ge-

1) Bacchini kann als Fiilscher schon deshalb nicht in Betrachtkommen, weil er Cassinese war, die Fiilschung aber den Camaldulenserndient. 2) Immerhin brauehte er in einer Zeit, in der die Biicher-sammlungen wenig geordnet und schwer zugiinglich waren, von dieserSeite nicht leicht eine Entlarvung zu fiirchten ; der Pisaner Fiilecherd'Abramo berief sich damals auf die Pariser Bibliothek, Sciavo, Meiranesiund Genossen auf das Archiv in Aix (Kehr, Rana, Quellen ti. ForschungenVI, 316 ff. ; s. oben S. 213 N. 2).

Die Falschungen des Abtes Guido Grandi. 215

zeigt zu haben, dass diese Uebereinstimmungen besser undwahrscheinlieher dureh die Falschungshypothese zu erklarensind. Einen Hauptteil seines Beweises, wie es mtiglich sei,dass Petrus gleichzeitig mit Leo Bischof von Vercelli war ,h a t Fr an ke s ich fi i r den zwei ten Tei l sein er Ar bei t auf-gespar t (S. 43). Ih n z u f i i h r en , d i i r f t e n i ch t l e i eh t ge-lingen.

Wir fa,ssen zusammen: die Vita Bononii auetore Rat-ber to ist eine Falsehung, welehe der Camaldulenser GuidoGrandi zwischen 1.721 und 1733 zur Verherrlichung seinerKongregation aus Mater ialien hergestellt hat, die auch unsvor l iegen ; sie ist demnach aus der h istor ischen Li tera turzu streichen . Das h istor isch wich t ige Ergebn is ist , dassBon on ius mi t dem h ei l igen Romuald un d sein em Kr ei sen ich t nachweisl ich in Ber i ih rung gekommen ist , die Dar -steli u ng der i ta l ien ischen Kloster r eform a lso die beidenManner vtil l ig zu trennen hat.

I I . D i e I n s c h r i f t i n S . A m b r o g i o d i T o r i n o .

Wi r h a ben i m 1 . Absch n i t t d e r Abh a n d l u n g d a r -zustellen versneht, wie Abt Grandi eine ganze Vita gefalschthat, um seinem Orden einen Heiligen mehr zu verschaffen.Das Resultat berechtigt dazu, nachzupriifen, ob nicht auchdie Ueber l ieferung i iber andere Romualdschii ler lediglichauf der Autor itat Grandis beruht und daher verdaehtig ist .In der T a t i s t da s der Fa l l m i t dem E r em i t en Joh a n n esVincencius, der zu Anfang des 11. Jh . eine Nieder lassunga uf dem Mon t e Ca pr a s i o i n n eh a t t e , gegen i i ber der be-r i ihmten Abtei S. Michele del la Chiusa am Ausgange desTales der Dora Ripar ia in der Dit izese Tur in . Er gal t undg i l t n och h eu t e a l s Seh u tzpa t r on der Or t e S . Ambr og io(a n der Dor a Ri pa r i a ) un d Cel l e (n t i r d l i ch von S . Am -brogio); seme Gebeine ruhen in S. Ambrogio und werdendor t verehr t

Diesem Hei l igen gewidmet i st eine Grabschr i ft , dioMittarel l i und Costadoni in ihren Annales CamaldulensesI, 237 abgedruckt haben . Sie lautet folgendermassen:

HIC TVMVLUS CLAVDIT VENERABILIS OSSAIOHANNIS

QVEM MONS CAPRASIVS ROMALDI .ACCEPITA LVMNVM

1) Vgl. dariiber das Schriftchen von Fedele Savio, Vita di SanGiovanni Vincenzo (Torino 1900), im folgenden : Savio, Vita zitisrt.

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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . E X P R A E S V L E F A C T V MRVRSVS EREMITAM . . . . . . . . . . . . M I C H A E L I SPYRC HI RI ANVS APE X E X I LLO SVMPSI T HONO-

REMQVAS QVOQVE FVNDAVIT . . . . . . • . . . A E D E SP RI D I E I D V S I A N I D V M M I L L E N A RI V S I N S T A T. . . . . . . . . . . . P E N E T R A V I T S P I R I T V S A S T R A

POS. A. MCLIV.Den Text der In sch r i ft kan n ten d ie beiden n ur aus

den Seheden ihres verstorbenen Ordensbruders Grandi; ihmsei sie von dem `praepositus castr i villae S. Ambrosii ' mit-getei l t worden , sie befinde sich in der Kirche von S. Am-brogio. Mittarell is Nachforschungen durch seme Piemon-teser Ordensbr i ider hat ten keinen Er folg, wei l die Kirchein den Kr iegen der Zei t zer stór t worden war . Vor Grandifin det s i ch d i e In seh r i ft n i ch t er wh In t , wie Savio (Vi t aS. 12) bei einer Durchsuchung der handschriftlichen Samm-lungen von Pingonio, Maccaneo, Gazzera festgestel l t hat ;d i e E r wn n u n g en i n s r a t e r e r L i t e r a t u r g eh en s t e t s a u fMittarelli zuriick. Somit ist Grandi der einzige Zeuge derUeberlieferung; das ist umso verdii,chtiger, als die Inschriftein sonst n ich t erwnn tes Seh i i lerverh tan is zwischen Ro-muald und S. Iohannes behauptet ; der Ver daeh t derschung durch Grandi dd.ngt sich angesiehts unserer Resul-tate i iber die Vita Bononii geradezu auf. Untersuchen wir ,ob wir noci wei ter e Anhal tspunkte haben .

For mel l l i i ss t s i ch bei der s t a r ken Ver st i immelun gwenig sieheres feststellen. Im Mittelalter wandte man beisolch en Gelegen h ei t en mi t Vor l i ebe den Reim im Hexa-meter an , jedoeh n ich t gerade aussch l iessl ich ; diese typi-sche mit telal ter l iehe Eigenti imlichkeit feh lt unserem Epi-taph 1. Dem 12. Jh . widerspr icht die Schreibung ae (prae-sule, aedes); doch kann das auf einer puristischen Korrekturdes Absch reiber s beruhen . Aus formalen Gr i inden l i isstsich , wie inan sieh t , d ie Unech thei t kaum, noch wen igeraber die Ech thei t der Inschr ift erweisen .

Dagegen erheben sich schwere sach l iche Bedenken .Miser e son st ige Ken n tn i s i i ber den Er emi ten ber uh t imwesentlichen auf dem Chronicon s. Miehaelis coenobii Clu•s i n i , von dem d i e Vi t a s . I oh a n n i s Vi n cen ci i i n vi e l en

1) `alumnum: factum' kann Zufall sein; jedenfalls zeigen die dnrch-gehend erhaltenen Versenden und fast siimtlich erkennbarenschliisse, dass von regeltniissigem Reim nicht die Rede aein kann.

Die Fff isch u n gen des Abtes Gu ido Gran di. 2171i Pun kten abh i tn gt ; i h r e eigen en ZusUze s in d zum guten,t Teil nachweisbar Erfindungen l. Naeh der Chronik stammte

Joh a n n es Vin cen cius a us Ra ven n a un d wa r ' i n gen i t a l i

íi sol o ' Bi seh of gewesen , wor a us d i e Vi t a m a ch t , da ss er- ' E r z bi sch of von Ra ven n a wa r , wa s jedoch seh r un wa h r -

!L scheinlieh i s t ; e r l eg t e s e i n A m t n i ed e r , z og s i ch a u fden Mon te Capr asio zur i i ck , baute dan n auf Befeh l des

; Erzengels Michael ihm eine Kir che auf dem gegen t iber -l iegenden Berge, ging aber — dies ber ich tet un t i noci die

5 >

iV i t a — , a l s dor t ein Kloster ein ger ieh tet wur de, wiedera n se i n en er s t en Aufen t h a l t z u r i i ck , s t a r b da sel bs t a m.,,i 21. November und wurde in der von ihm dor t gegr iindeten

iiil Marienkirche 2 begraben; seme Gebe.ine wurden spiiter aufi Befeh l des Abts vot i Ch iusa auf den Al ta r erhoben . Beii,;i Gelegenhei t dieser Elevat io ist anscheinend die Vita , diei; mit dem Ber ieh t da .von und ein igen auf sie anspielendenil Versen schliesst , ver fasst worden; sie muss demnach Mteri( als die Inschr ift sciai , auch wenn diese ech t ist ; denn die. Inschr ift soli sich ja, in S. Ambrogio befunden haben und1,ì

setz t demnach die spi i ter dor th in er folgte Transla t io derGebeine vora,us; sie soli wohl den Eindruck erwecken, eben

; bei der Translatio gesetzt zii sein .,ik, Die Untersuchung muse a,n dem Punkte einsetzen, woi beide Zeugnisse miteinander in Widerspruch geraten : das; i st das Todesdatunx des Hei l igen , welches nach der Vi ta

der 21. November , n ach der ln sch r i ft der 12. Jan uar ge-wesen wiire. Es ist ziiiiiicbst festzustellen, woher die beidenVerfasser das Datum wissen konnten.

Der a n a n ym e V e r f a s s e r d e r V i t a hat al lerdings vonse i n em Hel den fa s t ga r ke i n e e i gen e Ken n t n i s geh a bt ;

- denn was er i iber die von ihm zit ier te Chronik von S. Mi-ch ele h in aus bietet , besch Amkt s ich ausser dem Ber ich ti i be r d a s Leben d es He i l i g en n a ch d e r Gr i i n d u n g vonS. Michele auf zwei Anekdoten , die, wie man Uingst ge-

, sehen hat, urspriinglich bei Agnellus von zwei Erzbischigenvon Ravenna erziih lt werden (e. 44 und 360, SS. rer . Lan-go b . S. 307 ff., 360 f.). Er war aber , wie aus seinen eigenen

1) Herausgegehen sind beide in den Monumenta historiae patriae V,Scriptores III, von Provane; fiir das Chronicon wird cine Neuausgabein den M(I. SS. 3011 verbreitet; die Vita ist zuerst bei Muratori, Rer.It. SS. I, II (1725), 564 ti'. gedruckt, danach von Provarla wiederholt.Im iibrigen holfe ich demiiiichst die Gesehichtschreibung in San Micheledella Chiusa in einem eigenen Aufsatz behandeln zu kiinnen. [DiesenAufsatz zn vollenden ist dem Verfasser nicht mehr beschiedeu gewesen..1:1, 13.1 '2) unr Jetzigen vinrrkirehe von

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218 Gerhard Schwartz.

Wor ten hervorgeh t l , Monch von S. Michele del la Chiusaund repr itsentier t somit die Tr ,adition des Klosters. •NachLage der Dinge i st es woh l an i wah r sch ein l ich sten , dassein e Nekrolognot iz ihm das Todesda tur n bot ; ausserdemaber war vielleicht noch an Ort und Stelle ein Erinnerungs-kul t lebendig, in dem naturgemtims das Todesdatum eineganz zen trale bolle spiel te. Aus einer unedier ten Urkundedes Bischofs Gezo von Tur in 2 erfahren wir von Eremiten ,' qu i i n mon te Capr io degun t ' , m i t der en Ra t un d Hi l l feder Bischof das Kloster S. Solutore in Tur in einger ich tethabe 2; n immt man dazu die An gabe der Vi ta , dass n achAussage der Miinche von S. Solutore Johannes auch diesesKloster einger ich tet habe, so ergibt sich , dass die Iher e-mita& der Urkunde Gezos Johannes und seme Schiiler sind;Johannes erscheint als eine Persónlichkeit von bedeutendemEinfluss und ala Vorsteher einer ganzen Einsiedlerkolonie.In dieser Kolonie 4 hat man sicher die Er innerung an denHer rn und Meister festgehal ten , aber auch die Bevedl r e-r un g des T a l es m a g s i ch a l sba l d a n dem Kul t be t e i l i g thaben ; es i st ohne wei ter es ver st fi r idl ich , dass der land-fremde Asket, der seme Wiirde n iedergelegt batte, um aufdem einsamen Berge in seiner Eremitenzelle sich der Lustun d dem Get r iebe der Wel t , fr ei l i ch n ich t ih r en Bl ickenz u en t z i eh en , t i e fen E i n dr uck a u f d i e wun der ga ubi genHi r t en un d Bauer n mach en muss t e . Der Ver fasser derVi t a h a t a l so das Da tum dem l eben digen Kul tus selbs t ,wen n er n och bes t a n d , oder e i n er sch r i f t l i ch en Ueber -lieferung entnehmen kiinnen und repritsentier t fiir una mitvoller Sicherheit die Kenntnis, die man in S. Michele dellaChiusa dariiber besass.

P e r V e r f a s s e r d e r I n s c h r i f t m i i s s t e e t wa i n d e rg l e i ch en La ge gewesen se i n . Wie d i e Vi t a be i d erE l eva t i o, so sol i d i e In sch r i f t — da s i s t jeden fa l l s d i eMeinung des Ver fassers, wer er auch war , gewesen —

im

1) ‘nostris partibus alpibus contiguis' heisst es einmal (ed. MuratoriS. 565 B) ; die (Jhronik erwiihnt er 'penes nos descripta' (565 D). 2) Er-hoben zwischen 998 und 1006; sein Nachfolger begann 1010 oder 1011sein Pontifikat (Schwartz, Besetzung der Bistiimer Reichsitaliens S. 130 1.).8) Hist. Patr. Monumenta, Chart. H, 95 nr. 83; Bibl. stor. subalpine 44

Cognasso, Cartario della abbazia di San Solutore [Pinerolo 1908]), 8. 1nr. 1. 4) Nachrichten iiber die weiteren Schicksale dieser Griindungfehlen ; wenn man in dem Ortsnamen Celle — die Pfarrkirehe von Cellebarg einst das Grab dea Heiligen — eine Erinnerung an die Miinehe-zellen sehen darf, seheint die Griindung nicht viillig ephemer

gewesenzu sein.

À .

Die Flischungen des Abtes Guido Grandi. 219

An seh luss an d ie Tr an sla t io aus S. Mar ia in Cel l e n achder Pfarrkirche von S. Ambrogio gesetzt sein . Beide Ortebefanden sich schon damals un ter der Botmiissigkei t desAbts von S. Michele ' ; S. Ambrogio ist spiiter geradezu derHauptort des kleinen Gebietes gewesen, das dem Michaels-kloster unterstand. Die Transla , t io kann a lso nur un terZust immun g un d Lei tun g des Abt s er folg t sein , eben sodie Setzung der Inschr ift . Deren Ver fasser war a lso aufdie Tradition, die man in San Michele vertrat, angewiesen;wir kennen sie aus der Vi ta s. Iohann is und wissen , dassih r der 21 . November a l a Todesta ,g ga l t . W i e k a m e rdazu, im Wider spruch zu ih r den 12. Januar zu nennen ?

Wen n wi r d i e Ges t a l t un g der spd , t er en . T r ad i t i oniiberblicken 2, so erfahren wir allerdings aus Fabri, Le sagrememor ie di Ravenna an t ica (Venet ia 1664), S. 385, dassinan in S. Ambrogio, wo der Leib des Heil igen ruhe, seinFeh t am 12. Januar in feier l icher Prozession feier e. Erbe r u f t s i c h f i i r d i e s e u n d a n d e r e A n g a be n i i be r d e nHei l i gen a uf e i n en Ber i ch t , der a us a l t en Sch r i f t en i mArch iv der Abtei auf Befebl des Kommendatarabts Antonvon Savoyen (1642-1688) ausgezogen sei und der , un ter -sch r i eben von dem datnaligen Generalvikar der Abt e iMongrandi 5, i n se i n em Bes i t z wa r . In ausdr iicklichemGegensatz dazu beha,uptete dagegen Pietro Giacinto Gallizia,Canonico an der Kollogiatkirche im nahen Giaveno 4, dassFabri u n ì Urtami rind d e r 2 1 . November `seit unvordenk-l i ch er Zei t ' der T a g d e s Heiligen sei, a l s er 1742 ein eklein e Leben sbesch r eibun g des Hei l igen dr ucken l i ess 5.Auch h eute n och wi r d der 21. November a l s das eigen t -l i ch e Ha u p t fes t we i t fe i e r l i ch e r a l a d e r 1 2 . J a n u a r i nS. Ambrogio begangen ". Wen n n u n a n z we i T a g en i neiner best immten Lokal i tU das Andenken eines Hei l igenbegangen . wird, dessen Gebeine dor t bewahr t sein sol len ,

1) Siehe das Diplom Friedrichs I. fiir den Abt von 1162 (St. 3942).2) Ein naheliegendes Kritcrium, das Nekrolog des Klosters S. Solutore,in dem das Andenken des .lobannes Vincencius gefeiert sein Minute, ver-sagt leider; denn dort findct sich an beiden Tagen ein Johannes (Monu-menta hist. pettine V, SS. Il i, 214, 228). 3) In der Liste bei Claretta,Storia diplomatica di S. Michele della Chiusa (Torino 1870) S. 217 wirder zu 1661 genannt ; Rein Vorgiinger starb 1659. 4) Dieses Stift hatteOregor XV. •1622 paci Aufficbung des kliisterlichen Lebens in S. Michelegegriindet es galt als Rechtsnachfolger des Klosters, weshalb vieleArchivalien von S. Michele dorthin gelangten. 5) Zitiert bei Mittarelli-Costadoni I, 238. (1) F. Savio, Vita di San Giovanni Vincenzo (Torino1900) S. 71 nnd 73.

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so da r f man an n eh men , dass der ein e der Todestag , derandere der Tag der Translatio der Gebeine ist. Das machtenschon die Cainaldulenser- Annalisten geltend ; sieder In sch r i f t den Vor z ug geben un d den 21 . Novem bera u f d i e E l eva t i on , von d er d i e Vi t a e r z à h l t , bez i eh en(S. 239). Aber wi r sah en sch on , dass t d ie Vi ta h eich stwah r sch ein l i ch eben im An sch luss an d ie Er h ebun g derGebeine geschr ieben ist , sodass sich diese Hypothese ver -bietet. Auch sch ei n t n och i n spà t es t er Zei t i n S . Am -brogio der 12. Januar als Tag der Transiat ion gegolten zuhaben ; wen igstens findet sich in der Bibl iografia stor icadegli sta t i del la monarch ia di Savoia von Antonio Manno( Bi b l . s t or i ca I t a l i a n a I n , T or i n o 1 8 9 1 ) I I , 2 3 5 u n t e rl i r . 9456 ein Schr iftchen von Ber tolo, Pfar rer von S. Am-brogio un ter der i l Ti tel : Nella pr ima solenn i tà del la t ras-laz ion e del cor po di S. Giovan n i Vin cen zo a r civ. d i Ra-velina, t i t o l a r e e p a t r on o d e l l a ch i es a p a r occh i a l e d iS . Am br og i o, ce l ebr a t a l i 14 gen n a i o 1805 ; Pa r en es i 1.Danach hat man Grund anzunehrnen , dass der 12. Januara l s der Geden ktag der T r an s l a , t i on i n S . Ambr ogio be-gangen wurde. Nun a ber sp r ech en Vi t a un d In sch r i f tmi t gròsster Best immthei t von dem Todesda tum. Wennsonst eine derar t ige Abweichung in der Angabe des Tagesein es best immten Er eign i sses in h i s tor i sch en Ber ich tenvorkommt, so wird man nor rnaler Weise mit Ir r tum, Ver -sehen , Verwechselung u. dergl . r echnen Iffinnen . Hieraber handelt es sich um die Ueber l ieferung eines Datums,das n i ch t aus h i s tor i sch em, son der n aus kul t i sch em In -teresse berichtet wird. Die Erinnerungsfeier arn Todestagbi ldet bekannt l ich den Ausgangspunkt des ganzen chr ist -l ichen Hei l igenkul tus; jedermann weiss, dass auch heuten oc h d e r F e s t t a g e i n e s He i l i g e n i n d e r Re g e l a l s d e rJahrestag seines Todes gilt . Das Kalenderdaturn des Todesist a lso etwas, wofi i r sicl i die Leute, die das Leben einesBei l igen sch r ieben — ein e Aufgabe, d ie ein en dur ch auskultischen, nur nebenher einen histor ischen Zweck hatin allererster Linie interessieren mussten; wir lffinnen unada r auf ver l a ssen , dass der a r t ige An gaben der Wah r h ei toder doch der Tradi t ion des bet r effenden Or tes stets en t-

1) Dieses Zeugnis ist umso beachtenswerter, ala der Pfarrer dasWerk Mittarellis, weleher ausdriicklich fiir den 21. November als Todestageintritt, l'Atte kennen kiinnen, ohne sich dadurch beeinflussen zu lassen ;wahrseheinlich aber hat er sich nur an irgendwelche 6rtliche Traditimi.gehalten.

Die Falsehungen des Abtes Guido Grandi . 221

sprechen. Nun i s t d i e Vi t a sowoh l a l s d i e In sch r i f t —wenn sie echt ist — von Leuten verfasst , die die Traditiondes Or tes gekan n t baben mi i ssen ; wen n s i e s i ch so be-miihten, das Andenken des Mannes zu erhalten, so konnteihnen die Angahe dea Todesdatums nicht gleichgiiltig sein.Ein Versehen ist also so gut wie ausgeschlossen. Ebenso-wenig kann man sich vorstel len , dass das Todesdatum im12. Jh . kontrovers war , sodass etwa die Vita die eine, dieInschr ift die andere Ansicht i iher l iefer t bat te. Das wiirdeallenfalls bei einem nach jahrhundertelanger Vergessenheiten tdeckten Hei l igen sich denken lassen , wo dann fa lscheIdentifikationen und willkiirliche Ansàtze eine Rolle spielen;a ber wi r a n l i en sch on , d a s s d e r Ku l t d es h e i l i g en Jo-hannes Vincentius wahrschein lich aus der lebendigen Er-innerung selbst herausgewachsen ist . Kur z , auf kein eWeise liisst, sich die Diskrepanz erklàren, solange man dieInschr ift fi i r echt

Aber das ist n icht die einzige Schwier igkeit , die unadas Epi taph berei tet . So s t eh t d i e Jah r eszah l 1000 mi tunserer sonstigen Ueberlieferung in Widerspruch; denn dieVita spricht von dem freundlichen Verkehr des Einsiedlersmit den Mórichen dee unter Silvester II. (999 —1003) ge-gr i indeten Kloster s S. Michele in einer Weise, a l s oh erdie Gr i in clun g n och l i in ger e Zei t i iber lebt h à t te. Dochheir t man aus dem Phrasengeklingel deutl ich heraus, dassder Ver fasser in Wahrhei t n ich ts dar i iber wusste, sodassich hierauf keinen VVert legen will.

Umso bernerkenswerter sind aber die beiden Angaben,welche die Inschr ift ausser dem Datum noch i iber unseresonst ige Kenntn is h inaus br ingt : nàmlich , dass Iohannes,schon ehe er Bischof wurde, Eremit und als solcher SchiilerRom u a l d s g ewes en wa r . Woh er k on n t e m a n d a s i n S .Michele ir ti Jahre 1154 noch wissen? Miindliche Traditiondieser mehr als ander thalb Jahrhunder te zur fickliegendenBeziehung ist usgesch lossen ; h à t te s ie im Kloster be-standen , so vvi i rden wir wohl in dem Gr i indungsber ich t ,s i ch er a ber i n der Vi t a s . I oh a n n i s d a von h ór en . DerVer fasser der l et z t er en war , wie wi r sah en , so sch lech tunter r ich tet i iber das fr i ihere Leben seines Heil igen , dasser n ich ts wei ter a ls ein ige anders woher en t lehn te Anek-doten vor zubr in gen wusste ; wi r d i i r fen una dar auf ver -lassen, dass er aufgezeichnet hat , was zu seiner Zeit nochim Kloster bekannt war . Aus San Michele selbst , wo dochdie Inschr ift verfasst sein musa, kann der Autor also semeKenntnis n icht bezogen haben.

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Allenfal ls denken l iesse sich mio fr ei l ieh , dass ihmn och ein e an der e Quel le zugàn gl ich war ; — die aueh inder Vi t a er wà h n t e , a ber n i ch t ben u t z t e — Tr a d i t i on i nS. Solutore bei Turin, das ja Iohannes mit gegriindet habensoli. Aber auch d i ese An n ah me i s t n i ch t e in vvan dfr ei ;denn S. Michele und S. Solutore scheinen in schlechten Be-z iehungen gestanden zu haben ; die grosse Michaelsabteiwi in seh t e da s Tur in er Klos t er s i ch zu un t er wer fen un dgelangte Anfang des 13. Jhs. , wenn auch nur kurze Zei t ,tatsiichlich zum. Zie1 1. E s i s t a l so n i ch t g e r a d e wa h r -seheinlich, dass engere literarische Beziehungen bestandenh a ben ; a u sser dem d eu t e t d er Wor t l a u t i n der Vi t a n u rd a r a u f h i n , d a s s m a n i n S . S ol u t or e e i n s ch r i f t l i ch esZeugnis iiber clie Teilnahme des Iohannes an der Griindungdieses Kloster s besass, wor un ter viel l eich t n ur d ie obenzit ier te Urkunde Gezos zu verstehen ist .

Aber wen n wir davon ein mal gan z abseh en un d dieMóglichkeit zugeben wollen, dass sia: in der Inschrift eineTradi t ion von San Solutore erhal ten habe, so ist doeh einanderer Umstand zu erwanen , der fast noch bedenkl icherist. Wer i n e i n e r G r a bs eh r i f t von 8 Ze i l en u n t e r d enwich t igsten und r i ihmlichsten Dingen aus dem Leben desToten a ,uch seinen Lehrer und Meister und zwar nur mitdem ein fach en Namen , oh n e jeden er kl i t r en den Zusa tz ,nennt, der musa diesen Mano fiir so bekannt und verehr tin dem Kreis, den er sich a la Leser der In sch r i ft dach te,gehal ten haben , dass der Natne a l lein gen i igen und semeLehrersehaft a ls ein Ruhmesti tel gel ten konnte. Aber esist lUichst zweifelhaft , dass man im 12. Jh . in S. Michelevon Romuald etwas wusste, gesch weige den n ih m ein sohohes Andenken bewahr te. Romuald wurde naturgemàssin den von ih m gegr i in deten oder r efor mier ten Klóster nverehr t , ebenso wohl in denen , die seiner Hauptgr i indungCamaldol i spà ter un ter standen , a l le diese l iegen aber inMit tel i ta l ien , in Toskana, Umbr ien , Ravenna und seinemGebiet , dagegen n ich t in Ober i ta l ien Den allgemeinenKultus Romualds hat aber er st Clemens VIII (1592-1605)eingefiihrt 3. S . Mi ch el e da gegen i s t e i n e S t i f t un g , d i edurchaus vom Geist franzeisisch - burgundisehen Mónehtumsdurchweht ist . Ein Edler der Auvergne war íhr Gr iinder ,

1) Biblioteca della società storica subalpina S. 44 Cognasso, Car-tario di San Solutore 8. XXIII ff. 2) Vgl. Kat., Gatinger Nacbrichten1912, S. 333. 3) Acta Sanctorum 7. Febr. II (1658), 145 f.

D ie Fff lsch u n gen des Abtes Gu ido Gran di. 223

der e r s t e Abt ka m a us Léz a t i n der Di dz ese T ou l ouse ,ebenfalls aus Toulouse war Abt Benedikt II. (1066-1091).Auch sonst bahen wir viel fache Zeugn isse fi i r die engenBeziehungen zu Frankreich ; S. Michele i st geradezu einVorposten der franziisischen Reformbewegung auf italieni-schem Boden. 1m 12. Jh . war das n och i m m er so ;Abt Steph an , der 1149 vor kommt (Bibl iot eca d . societ àsubalpina 45 [Col l ino, Le car te del la pr evostur a d 'Oulx,19081 S. 127 nr . 123, S. 129 or . 124), wurde 1161 Abt vonCluny (Chron. Gaufredi Vosiensis e. 60 [Bouquet, RecueilXII, 440 B]). I n d i esen Kr e i sen k on n t e m a n g a r k e i n eVeran lassung haben , sich un i Romuald zu ki immern ; dieEi fer sueh t un d der Kon kur r en zn eid der Kon gr ega t ion enwfirden das al lein gebinder t haben. Fiir einen Miinch derstolzen Abtei von San Michele hat te es keinen Sino, denGr i in der der Abteik i r ch e an ein en fr emden Asketen an -zukniipfen, den fer i i in Toskana und Ravenna eine andereKon gr ega t ion ver eh r en moeh te, i n sein em Klost er aberniemand kannte. Kurz, weder lt isst sich plausibel machen,woher der Ver fasser der Ver se die Kenn tn is der Leh rer -schaft Romualds haben konn te, noch warum er sie fi i r soerwàhnenswert hielt.

Angesiel i ts dieser Schwier igkei ten ist die Frage be-r ech t ig t , ob wi r d i e Ech th ei t der In sch r i ft an zun eh mengezwungen sind. 'Wir ki innen die Ueber l ieferung bis zudem Abt Grandi naeb r lickwiir ts kontrollieren ; wir wissenbereits, wie wenig diosem Gewàhrsmann zu traiteli ist . Dal i eg t n u n a u f d e r Ha n d , wi e l e i eh t g r a d e be i i h m d i eFfilschung zu erkliiren wiire. Die wich t igste Angabe derInschr ift , die unsero Kenntn is bereichern sol i , macht denHei l igen zum Sch i i ler Romualds, des Gr i inder s eben desOrdens, dem Grandi angehtirte. Das ist die gleiche Tendenz,die zur Fàlsehung der Vi ta Bonon i i des Pseudo - Ratber tfi ih r te; h ier , wie dor t , die Verher r l iehung Romualds undder Camah ln leaser , denen so zwei neue, ander swo aner -kannte Ordensheil ige gewonnen wurden. Un d aueh ein eandere Absicht, die der Fiilseber der Bononius-Vita neben-h er ver folgte, t r i t t h ier zu Tage: der Wun sch , das Al terder Ordensgriindung hina,ufzusebranben und damit die be-denkl iche Chronologie des St i fter s zu st i i tzen . Es kam,wie wir oben sahen, darauf an, nachzuweisen, dass Romualdsehon, bevor er den Dogen Pietro Orseolo auf seiner Fluchtnach dem siidfranzósisehen Cusan begleitete (978), aufge-treten war, Schiiler um sich gesammelt und Neugriindungenveran lasst ba t te; dadureh konn te man die Tradi t ion vom

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120 jiihrigen Patr iarchenalter Romualds plausibel machen ;da man seme Leben szei t auf 907 oder 917 bi s 1027 oder1037 setzte, so musste man den leeren Rauna vor dem Jahr978 etwas ausfiillen. Wen n n un Joh an n es Vin cen civawirklich wie damals vielfach behauptet wurde — Erz-bischof von Ravenna gewesen war , dann konn te man nuran Joh an n XI . , der n ach Ugh el l i I I , 351 von 983 — 997regier te, denken ; war er vor Uebernahme des Pon t i fikatsSch i i l e r Rom ua l ds , so kon n t e da s n u r , bevor Rom ua l dseinen tnindestens fiinfjtihrigen Aufenthalt in Cusan antrat,geschehen sein. Wir sehen , dass die Insch r i ft in der Tatgeeign et war , dem geleh r ten Abt fi i r seme Bemi ih un genum die Hei l igen des Ordens und um die Chrouologie Ro-mualds ala Beweismater ial zu dienen. „

Aber wiederum Iffinnen wir die Zur i ickhaltung fest-s t el l en , mi t welch er Abt Gr an di ' dan za doch wieder n urden halben Beweis sich auf unrechtem Wege ersch leichenmochte. Er l iess r ì jjrn l jch die Inschr ift nur 'ex praesule'sagen ; `Ravennate' mochte in der Liicke gestanden haben ;fi i r die chronologische Verwer tung im Sinne Grandis ward i e In sch r i ft n ur zu br auch en , wen n Joh an n es wi r k l i chErzbischof von Ravenna gewesen war. Also: die FhAschungsoll dem eifr igen Carnaldulenser n icht alle Wiinsche glatter ff i l l en ; es bl e i bt n och z u t un , a ber — der Bewei s i s tleichter geworden. Die Haupt sach e i s t jedoch auch h ierklar : S. Johannes Vincencius wurde Romualdiner .

Auch sonst er innert die Methode an die Vita Bononii,h ier wie dor t finden sich die kiinstl ichen Liicken, die vonvornherein den Eindruck des ehrwiirdigen Alters erweckensollen.

E s b l e i b t n och d e r N a ch we i s z u f i i h r en , wi e d i eI l l sch un g z u s t a n de gekom m en se i n ka n n . Bei seinenausgedehnten Studien kon n te Gr an di in verschiedenerWeise von dem Ein siedler Joh an n es Ken n tn is er h a l ten :das sogenannte Chronicon S. Michaelis hatte Mabillon zumgr òssten Tei l im An h an g zum dr i t t en Ban d sein er 1703-1739 erschienenen Annales ordinis s. Benedicti abgedruckt 1;die Vita s. Johannis hatte Muratori 1725 vollsttindig publi-z ier t , nachdem berei ts Rubeus (Histor iaruna Ravennatumlibr i X [Venetia 1572] S. 83, und ausfi ihr l icher Fabr i (Le

1) Die wichtigsten Tateachen batte schon Pingoniue, AngustaTaurinoruna (1577) ad an. 966, freilich etwae entstellt, wiedergegeben ;ihm folgte Ughelli, Italia sacra IV (1652), 1434.

Die Fglschungen des Abtes Guido Grandi. 225

sagre memorie di Ravenna antica [Venetia 1664] S. 383 f.die von ihr fiberliefer te Tradition behandelt hatten. DiesenSchriftsteller — u n d viel lei tch t ihn a l lein — hat Grandisicher benutzt, demi Diari entnahm er das ominetse Datutncies 12. Januar 1. Ausserdem musa Grandi erfahren haben,dass die Pfarrkirche von S. Ambrogio zerstór t worden war;denn es hat keinen Sinn, von einer noci bestehenden Kirchezu beh aupten , s i e en th iel t e ein e In sch r i ft , d i e man er s tselber fabr izier t hat ; die Wider legung w5,re zu leich t ge-wesen 2.

Erfahren konnte er dio Tatsache leicht bei einer Reise,durch Freunde oder schr ift l iche Erkundigung; dann bat teer die Bahn frei , um seme Vermutung, einen unbekanntenRomuaJgliner entdeckt zu haben, in der von ihm gewithltenWeise zu stiitzen. .Publ iz ier t ha t er sein Fabr ika t selbstn ich t mehr ; viel leich t wol l te er nn igl ichst vie! Zei t ver -streichen lassen , damit er immer weniger Zeugen , die dieal te Kirehe von S. Ambrogio kann ten , zu fí i r ch ten hat te,oder was man sonst fi i r einen Grund annehmen wil l .

Se i n en Zweck h a t der FUsch er ga n z gu t e r r e i ch t .Die Ifi stor iker seines Ordens nahmen den Einsiedler Jo-hannes, t rotz ein iger Zweifel , in das grosse Monumental-werk der Ordensgesch ich te a la Romualdiner auf. SpUerh a t d i e In sch r i f t da s In t er esse der For sch er er r eg t , d i esich mit San Michele del la Chiusa beschffl igten ; so fi ih r ts i e C la r et t a , S tor i a d ip loma t i ca del l ' an t i ca abbaz i a d iS. Michele della Chiusa (Torino 1870) S. 12 an und neuer-din gs h a t Savio in sein er geleh r ten Studie Sul le or ig in idell' abbazia di S. Michele (1888) S. 93 f. sie zur Begriindungseiner Argumentation verwandt; 1900 h a t m a n den 900 .Jahrestag des Todes des h l . Johannes Vincencius gefeier t— ledigl ich auf Grund der In sch r i ft — und Savio ha t ineiner kleinen Festsch r i ft das Leben des Or tspa t rons von

1) Die Vita V:M' ihin eutweder noch nicht bekannt geworden oderer hat, wenn er sie und ihre abweichende Angabe kannte, dem Datum,das er nach Fabri fiir die Ortstradition halten musste, den Vorzug ge-geben, was von seinem Standpunkt aus auch richtig war. Im iibrigensteht bei Fabri alles, was die I nsehrift enthiilt, ausser den Angaben fiberRomuald. 2) Die Zerstirung soli 'multiplicibus huius seculi bellis'erfolgt sein (Mittarelli T, 2;m ; man wird dabei zuniichst an die Feldziigeder neunziger Jahre des 17..Ths. denken , in denen heftig urn dieFestungen Susa, das °lacrimi)), und Avigliana, welches unterhalb vonS. Ambrogio un Tale der Dora Riparia liegt, gestritten wurde, oder auchan die Kiimpfe bei der 13e1agerung von Turin 1706 und 1707. Dieanderen Feldziige vor 1755 seheinen dieses Tal nicht bertihrt zu haben.

Nenes Arehlv etc. XL. 15

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S. Ambrogio dargestell t , wobei er , von seinem Standpunktaus auch mi t Reeh t , der In sch r i ft den Vor zn g vor a l l enandern Beriehten einraumte. Endlieh hat Franke in seinemjangst ersehienenen, mehrfach zitierten Buch iiber Romuald(S . 241 An m . 24 ) d i e In seh r i f t wi eder um eben z u de i nZweck arglos verwandt, zu dem sie einst gefalscht wordenist : a l s Beweis des Schalerverha l tn isses des Johannes zuRoinuald.

Dass man an der Ech thei t der Insehr i ft bisher n ich tgezweifelt hat, ist nun freil ich kein Zufall . Denn so sichermir die Tatsache der Falschung er schein t , so wen ig folgtda r aus , dass d i e in ih r beh auptet en Ta t saeh en samt l i chfalsa Rein miissen . Grandi@ Falschung ist ein Versuch ,eine seiner Verniutungen mit unlauteren Mitteln zu stiitzen;die Ver tnutung kann t rotzdem r ich t ig sen . Franke ha t inseinetn Buch i iber Romuald (S. 240 f:) durch den Hinweisauf die nahe Verwandtschaft der Verfassung von San Solu-tore, das ja un ter Mitwirkung dee Eremiten Johannes ge-gr i indet ist , mit der der St iftuugen Romualds ein sehr be-ach tenswer tes Argumen t dafi i r eingefi ih r t 1. Immerhin,a ls Resul ta t vor stehender Un ter suchung ergibt sieh , dassdie lnschr ift von dein Abt Grandi gefalseh t und daher alsh istor ische Quelle unverwer tbar ist ; ih re chronologischenAngaben sind haltlos, die sachlichen miissen, soweit sie iiber-haupt móglich sind, mit andern Mitteln bewiesen werden .

I I I . Z u r G e s e h i c h t e d e s A b t e sL e o v o n N o n a n t u l a .

Ueber einen dr i t ten Versueh des gelehr ten Camaldu-lensers, die Jangersehaft Romualds zu mehren, kiinnen wir

1) Freilich kann der Erernit dann nicht, wie Franke noch an-nimint, Erzhischof von Ravenna gewesen sein. Erstens aus chrono-logischen (iriinden die Griindung dee Klosters S. Michele della Chiusaerfolgte nodi. zu Lebzeiten Ottos III., die Griindung der Kirche S. Micheledurch Johannes ging ihr einige Zeit voraus, der Erzbischof Johannes aberwar im Friihjahr 998 noci im Amte ; nach der Regel Romualds war

ZII-dem der neueintretende Jiinger verpflichtet, 3 Jahre im Kloster zuzu-bringen, ehe er Einsiedler werden durfte. Zweitens hiitte Petrus Damianiihn dann unter den vielen Bisch5fen anfiihren miissen, die resignierthaben und die er in seinem Werk De abdicatione episcopatus (op. 20,Opp. ed. Caietani [Paris 1642] III, 193) aufzìiblt; als Ravennate und alaRomualdiner hiitte er Kenntnis davon haben milesen ; den VorgiingerPetrus fiihrt er ja selbst an. — Auch wenn Johannes kein SchiilerRomualds war, ist er kaum Erzbischof von Ravenna gewesen; die ebenangefiihrten Griinde treffen z. T. auch fiir diesen Fall zu.

Die F5,1sehringen des Abtes Guido Grandi. 227

uns kiirzer fassen. Tin Anhang zu seiner Epistula de Pan-dectis (11726 ; .21727) s t e l l t e er d i e Beh a up t un g a u f, i mJah r 985 habe Romnald auf Bi t ten O t tos I I I . un d Befeh ldes Papstes Johann XV. seinen Schiiler Leo mit der Reformdes zer r i i t t eten Kloster s Non an tula bet r aut ; d ieser h abesich , nachdem er zwei Jahre Abt gewesen war , ins KlosterSS. 'Bonifacio ed Alessio in Rom zur iickgezogen und dor tim Geruch der Heil igkeit seme Tage beschlossen . Ausserd en D a t u m u n d d e r Be t e i l i g u n g Rom u a I d s s i n d d i e s eTatsachen von Petruì Damian i op. XIX e. 11 i iber l iefer t ;den Beweis far jene -beiden Dinge, die n ich t bei Damian istehen, ist Grandi sehuldig geblieben, wie schon Mittarellibeklagte. Das Jah r i s t gan z un megl ich , demi 982 — 996regierte btei olor bekannte griechische Giinstling derTheophanu, Erzbisehof Johannes von Piacenza (Catal. abb.Nonantul. ed. SS. rer . Langob. S. 573); der Abt Leo, denPetrus Damiani meint, ist unzweifelhaft Leo II., der 1000 —1002 regierte (ebenda) 2. Auf die Behauptung, dieser Leo seiRomualdiner gewesen , wird, da Grandi der einzige Zeugedafiir bleibt, unter diesen Umstanden niemand tnehr etwasgeben wollen. Ob Gr a n d i a ueh h i er e i n en Ver such ge-m a ch t h a t , sem e Aufs t e l l un g du r ch e i n e Fa l sch un g z uun ter st i l tzen , en tzieh t sich meiner Kenntn is; den Camal-dulen ser An n a l i s t en i s t jeden fa l l s n i ch t s der a r t iges be-kannt geworden.

Weitere Erzeugnisse der Wer ks t a t t des Fa l sch er sscheinen , wie sich aus einer Durchsich t der beiden erstenBande der Annales Camaldulenses ergibt , wen igstens fardie l teste Zei t der Ordensgesch ich te n ich t vorhanden zusein; die Vita s. Bononii und die Inschrift von S. Ambrogiosind die einzigen bekann t gewordenen Werke dieser Ar t ,Wer k e , d i e u n s t r o t z a l l em z u r Bewu n d er u n g d e r Ge-schicklichkeit und ( elehrsainkeit ihres Verfassers nótigen.So sch l i essen wi r un ser o Bet r ach tun g n ich t oh n e zu be-

1) Das Buch selbet ist mir unzugiinglich; ich zitiere nach denAngaben bei Mittarelli - Costadoni I, 165 ff. und Tiraboschi, Storia dell'angusta badia di S. Silvestro di Nonantola I (Modena 1784), 96 f.2) Grandi kannte nur den sehr schlechten Abdruck der Abtsliste beilJghelli; sonst Ritte Cr seinen Versueh mit einem gesehiekter gewiihltenDaturn verseben. Vgl. die vollstiindig riebtige Kritik, die Tiraboschi a. a. O.an Grandi und Mittarelli geiibt hat; mit ihr ist die ganze Frage 80 gutwie abschliessend hehandelt, Ich habe sie hier nur erwiihnt, um deaBild der Tiitigkeit von Grandi in5glichst vollstiindig zu geben.

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228 Gerhard Salvarti':

dauern, dass miinchische Ruhmsucht und Gelehrteneitelkeiteinen Forscher, den unter seinen Zeitgenossen ein Mannwie Muratori seiner Achtung und Freundschaft wiirdigteund dessen Name noch in unseren Tagen mit hohem Lobgenannt ist verleiten konnten, seme Begabung in solcherWeise zu missbra,uchen.

Exhirs.U e b e r d i e U r k u n d e n d e s M a r k g r a f e n H u g o

f i i r S a n M i c h e l e d i M a r t u r i .Bisher sind drei Urkunden Hugos fiir Marturi be-

kannt gewordenA: Lucca, 970 Juli 12

2 , Markgraf Hugo beschenktdas Kloster S. Michele in Marturi unter dem Abt Boloniusfiir sein und seiner Eltern Seelenheil mit genanntenGiitern 8 .

B: Marturi, 998 Juli 25 4. Markgraf Hugo erkliirt,in Marturi eine Kirche zu Ehren des hl. Miehaels erbautzu haben, unì sein, seiner Eltern, der Kaiser und allerChristen Seelenheil willen, setzt fest, dass in ihr von nunan ein Kloster sein soli, stattet dasselbe mit genanntenGlitern aus, setzt Bononius als Abt ein, verleiht das Rechtder freien Abtwahl und schliesst mit der Bitte an Kaiserund Papst, das Kloster in diesen Rechten und Besitzungenzu schiitzen 5 .

1) Vgl. Antiquitates medii aevi III, 886A; IV, 796B; zahlreicheBriefe von Muratori an Grandi finden sich in Bd. IV —X dee Epistolariodi U. A. Muratori ed. da M. Campori ; neuerdings hat Kehr in seinerUntersuchung iiber die Fiilschungen dea d'Abramo (R5rnische Quellenund Forschungen VI, 322) darauf hingewiesen , dass Grandi zu denwenigen gehiirt hat, die die Fiilschung gleidi durchschauten. 2) 'reg-nante domino nostro Otto dei gratia iinperator augustus anno imperiieius V11II, et filio eidem Otto itemque imperator anno imperii eiustertio, 1111. idus iulii, indictione XIII.. 8) Negli einer Abschrift imBesitz von Cosmo della Rena aus dem Originai im Archiv der Nonnenvon Paradiso (in deren Kloster das von Marturi inkorporiert war) ge-druckt von Puccinelli , Cronica dell' abbadia di Fiorenza (Anhang zuMoria di Ugo il Grande, 1664) S. 223 nr. 34 irrig zu 986; hierauswiederholt von Mittarelli, Atm, Camaldulenses I (1755) App. 104 nr. 46.Vgl. C. della Rene, Serie degli antichi duchi di Toscana (1690) I, 159.4) 'regnante domino nostro Otto dei gratia imperator augustus filio bonememorie Ottonis imperatoris nepos bone memorie iinperatoris iteri Ottonisanno imperii eins in Italia tertio VIII. kal. Angusti, indictione XI'.5) Kopie aus dem Ende dea 11..11. nach freundlicher Mitteilung deaStaatsarchivs Florenz wo aie sich in der Provenienz Bonifazio befindet ;gedruekt bei Puccinedi a. a. O. S. 225 nr. 35, danach wiederholt Mittarelli 1. e.App. 137 nr. 60. Vgl. della Rena a. a. 0. 8. 171.

Die Fillschungen dea Abtes Guido Grandi. 229

• C: Marturi, 10. August 081. Markgraf Ungo schenktfiir sein Seelenheil dein Kloster S. Michele unter dem AbtBononius genannte Giiter mit dem Vorbehalt, fiir sich und

, seme legitimen Nachkommen in erster und zweiter Gene-ration 2 auf liebenszeit frei dariiber vetfiigen zu ktinnen.

Es ergibt sich schon aus diesen Inhaltsangaben, dassA und B in unvereinbarent Widerspruch zu einander stehen;ein Kloster, das 970 beschenkt wird, kann nicht erst 998gestiftet sein. Das hat auch Grandi in den Anmerkungenzum Kapitel 7 der Vita Bononii Ratberts bereits hervor-gehoben; er venir-Met, dass das Datum in A ir r t ilmlichverderbt, vielleiebt i es einer andel" Urkunde versehentlichentnommen 0,1pr Ilass die Urkunde A iiberhaupt gefh,lschtist 3 ; LanZOni, S. Petronio nella storia e nella leggendaS. 257 focht grafie umgekehrt die Datierung von B an.Diese Annahmen sind jedoch methodisch nicht ganz ge-rechtfertigt. Wenn zwei Dokumente in einem derartigenWiderspruch wie die beiden Urkunden A und B stehen,so folgt daraus, dass eins von beiden unrichtig sein muss,nicht aber welches; hier ha t er a t eine Pr iifung a lleriibrigen Momente die Entscheidung zu geben. Franke(Romuald von Camaldoli S. 26) hat nun neues Material indie Debatte dura. die Heranziehung von C gebracht, mitweleher Urkunde er die Datierung von B stiitzen zu kiinnenhoffte; denn in C finden sich fast dieselben Zeugen wiein B; ‘diese Uebereinstiminung ist nur erkM,rlich, wenndie erste Urkunde einige Zeit vorher ausgestellt wordenist, und die Umgebung des Markgrafen, den der Bau desKlosters im Kastell Marturi festhielt, noch nicht gewechselthatte' (S. 28).

Bisher s ind, wie man sieht , im wesent lichen nurdie Datierungen angefochten worden. Grade diese sindaber in der Rezeichnung des Herrschers so genau undausfiihrlich, dass man -nicht mit einer leichten Aenderungauskonnut, sondem die Uebernahme eines vollsthidiganderen Datums aus einer anderen Urkunde annehmen

1) Datum wie in 13, nur 'quarto id. Augusti'. '2) Original imStaatsarchiv Florenz, Provenienz 13onifazio. Gedruckt ist bisher nur einkleiner Teil von Franke, Romuald von (lamaldoli S. 26; ieh benutze einedurch liebenswiirdige Vermittelung von Herrn Prof. li. Sehiaparelli be-sorgte Photographie ; danach ist die Urkunde in der Beilage abgedruckt.3) Wiederhol t VOI] Alittarelli (Ano. Camald. 1, 213) und von L. Neriin seinen; A ufsatz iiher Marturi (Miseell. stor. della Valdelsa III [1895],19 f.).

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230 Gerhard Schwartz.

m uss ; da s i s t se l bs t f i i r den Pa l i , da ss wi r n u r Kop i enbesitzen, schwer denkbar. Weiter 15,sst sich kommen, wennman den ganzen Inhal t der Urkunden vergleich t .

Was zun5,chst A betr ifft , so steh t diese Urkunde fi irsich, sowohl hinsiehtlich des Formulars als auch der Giiter-l i s te, d ie nur wen ige Ber i ih rungen mi t denen der beidenanderen zeigt 1. Dagegen s t eh en s i ch B un d C seh r n ah e.Das For in u la r i s t bei beiden g l ei ch , was in dessen n ich tviel besagt , da es damals in Toskana 125,ufig gebraueh twurde 2; auch d i e Aeh n l i ch kei t der Zeugen l i s t en h a t ans i ch n i ch t s a u ffa l l en des , da be i de Ur kun den ja fa s t z ugleieher Zeit ausgestellt sein wollen. Umso eigentihnlicheri st d ie Aeh n l ich kei t der eigen t l ich en disposi t iven Tei le.Beide enthalten eine Giiterliste, die wir genauer analysierenmii ssen.

C beginn t mi t dem Kastel l Mar tur i selbst , dem sichdas Kastel l Colle de Monte ansch l iesst , dann folgen (sivein burgo de Fusci sive in Luco .) eine Reihe von Or ten ,in denen der vergabte Besi tz haupts5ch1ich lag, dazu diecur t is de Anton iano, zwei a ls ter ra Romana und ter ra Se-verat ieo bezeiehnete Landst i icke, ein Tei l des `castel lumTur ign an o un d ein iges an der e; dan n kommt n ach ein er15,ngeren Formel , mi t der sowoh l der erworbene wie dervon vi i ter l icher und mii t ter l icher Sei te ererbte Besi tz mitPertinenzen zusammengefasst werden soli, der zweite Haupt-tei l , d ie na .men t l iche Aufz i i l lung der einzelnen Mansennach Or tschaften und z . T . nach den Inhabern . Die Listeist in sich gesch lossen und klar . Ander s in B.

Auch B beginn t mit Mar tur i selbst ; im Gegensatz zuC br ingt B hier eine detail l ier te Grenzbeschreibung diesesKast el l s ; dan n folgen d i e Wor t e: ' e t i n super offer o t i bid om i n o . . . e t m on a s t e r i o . . . . C C X i n t e r c a s i s e t c a s -sinis' u. s. w. und hierauf eine lange Liste einzelner Grund-stficke in versehiedenen Or tschaften . In der gan zen Ur -kunde stehen nun , wie auch Fedor Schneider , Reichsver -waltung in Toskana (1913) I, 262 n . 1 bemerkt , viel mehra l s 210 ( r un dst i i cke; er zh I t im Gan zen 391 . Dazu i stn un zu beach ten , dass zun fi , ch st 196 ein zeln n ach Or t -schaften, teilweise nach Inhabern genannte Stiicke kommen

1) Es finden sich wie in C die curtis in Antoniano, die terraSeveratico und das (Jastellum Novum; vielleicht sind noch einige Namenmehr identisch, die jetzt in Puccinellis Druck entstellt sind. 2) SieheDavidsohn, Forschungen zur Gesch. von Florenz I, 32.

Die Fillschungen dea Abtes • Guido Grandi.

un d da n n sum m a r i seh 33 ea sa e i n Luca r do, Iu sa m m en230 smt l i ch e Besi t zun gen wer cl en n ur in B er wi ih n t .Hi er a n a ber sch l i ess t s i ch e i n S t i i ck , da s wór t l i ch m i teinem Tei l der Liste in C i iberein st immt, und zwar demi n • der Bei l age am Ran de mi t I I I bezeich n eten 2 ; nochauffa l lender i s t aber der letz te Tei l der Liste in B. Mitdem Ein gan g ' in super offer o et t r ado' deut l i ch vot i demvorhergehenden abgetei l t , beginn t mit ' eur te mea de An-tognano 8 cum ecclesia s. Salvatoris, quae ibi est aedificata,cum omn i per t in en t ia . et r ipe de Castel lo Novo' u . s . w.ein St i ick, das bis auf einzelne kleine Auslassungen in Biden t isch i st mi t dem in der Bei lage mi t I I bezeichnetenAbschnit t von C, der bis num Anfang der oben erw5IntenPar t ie I I I r eich t . Ausserordentlich bezeichnend ist , dassauch die in d iesem St i i ck en th a l ten e a l lgemein e For meli iber die ver seh ieden en Rech tst i t el des Besi tzes (Eigen -erwerb und Erbschaft) und die zur Einzelaufz5,hlung iiber-l ei t en de Ph r ase in B er sch ein t . I n C b i l d e t e , wi e wi rsahen, dieses Sti ick den Uebergang von dem allgerneinen,die griisseren Besitzungen nennenden Teil zur spezialisiertenAufz511ung der einzelnen Mansen ; in B erscheint es nach-dem l i ingst die Einzelaufz511ung begonnen war . Dieseredakt ionel le Ungesch ickl ichkei t muse un ter diesen Um-stú,nden unseren Verdach t er regen ; man hat deut l ich denEindruck, a ls sei die gesch lossene, einhei t l iche Liste vonC auseinandergerissen, und die einzelnen Partien in falscherReihenfolge in B eingesetzt worden. Da z u kom m t , da ssdie in B eingangs genannte Zah l 210 mar mit der Anzah lal ler in den Urkun(len genannten Sti icke vollst5,ndig un-yer e i n ba r , von der Za h l der Gi i t e r a ber , d i e n u r i n B,n ich t in C stehen (230) n ich t a l lzu wei t en tfern t ist . Dabl e i bt n u r d i e An n a h m e: d i e Li s t e i n B i s t z usa m m en -geschweisst aus 2 Listen , deren eine die Zahl 210 und dieda r a uf gen a n n t en 230 Gr un ds t i i cke en t h i e l t un d der ena n der e n a ch der Li s t e i n C a n gefer t i g t i s t . Diese Tat-sache i st um so merkwi i rdiger , a l s B am 25. Jul i , C er stam 10. August ausgestellt sein will .

Eben so auffa l l en d i s t d i e Ver sch i ecl en h ei t i n denDisposit ionen i iber diese Giiter . I n B we r d e n s i e oh n eBeschr5nkung an das Kloster gegeben 4; i n C beh e t s i ch

231

1) Denn nach den 33 'inanse in bucardo' wird noch eine einzelnegenannt. 2) Von 'cinticene dr Poriznno' bis zum Schiuse der Giiterliste.3) Im Druck , sicber entstellt , Untugnano. 4) Das Vertiusserungs-

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232 Gerhard Schwartz.

der Mar kgr a f i iber ein en Tei l der selben Gi i t er d ie Ver -ftigung auf Lebenszeit vor und wahr t sie auch noch seinenNachkommen aus legi t imer Ehe in er ster und zweiter Ge-neration; also e i n W i d e r s p r u c h i n d e m e n t -s ch e i d en d en T e i l d es Rech t s i n h a l t s , d e r m er k wi i r d i ggenug bleibt , auch wenn man bedenkt , dass der Markgrafdamals woh l schon die Hoffnung auf Nachkommenschaftbatte aufgeben miissen.

Bemerkenswer t ist ferner eine In terpolat ion im Textvon B. Im Anfang der erw5Inten Liste einzelner Grund-st i icke finden sich eine Reihe Mansen in Mar tur i aufge-ziihlt , mitten dazwischen steht ohne jeden Zusammenhangdie Ver leihung eines Zollrechts: 'una ex i l l is mansis regi-t u r p e r Ur so . . . . . . . . q u a r t a p e r U r s o d e M a r s a ;e t i n s u p e r c o n c e d o o m n e m t e l o n e u m s i v ec u r a t u r a m d e i p s o p o n t e ; q u i n t a d e t i n e t P e t r u s011acius . . . . ' Die h ier genann te Br i icke findet sich indem vorhergehenden Abschn i t t der Urkunde erwhIn t , derGrenzbeschreibung des eigentlichen Klostergebiets; aber esspr ingt sofor t in die Augen , dass der Satz t iber das Zol l -recht ein spteres Einschiebsel in einen bereits vorher ver -fassten Text darstellt . Zum unindesten hat also dieser Teilder Urkunde eine spUere Creberarbeitung er l i t ten; diekunde, mit der der Markgraf die Gr i indung und er ste Be-gebung des Klosters vollzog, kann nicht so gelautet haben.

Am Sch luss von B fUl t ein E in sch ub auf, der n achder Fluchformel und dem Beurkundungsbefehl und vor derUnterschr ift des Markgrafen und von dieser getrennt ein-gefi ig t i s t ; in ih m bi t t et fugo `domn um apostol i cum quimodo es t ' un d seme Nach folger auf dem Stuh l Pet r i umden apostolischen Schutz, den Kaiser und seme Nachfolgerdaft i r zu sorgen , 'ne a pra .vis homin ibus bona i l l ius dir i -piantur '. Der ganze Passus ist recht ungeschickt angeflicktund man glaubt in ihm mehr einen schutzfiehenden

Mòuchdes bedrungten Klosters ala den mUhtigen markgrUlichenStifter reden zu In5ren.

Endl ich musa eine Abweichung in der Zeugen l i ste,d ie son st fa s t gan z mi t C t iber ein st i r n mt , Beden ken er -regen . Withrend C hat: Signum manna Tendici cornea fi l .b. m. Gherardi test i s sa . ' , bietet B: Signa manus Rodulficornea Roselense fi l i i b. in . I ldibrandi et Tendici cornea

verbot an den Abt und *mine Nachfolger ist in diesen Urkunden stehendund begt im Gedanken der Stiftung selbst.

Die nlschungen des Abtea Guido Grandi. 238

Volterense fi l i i b. m. Gerardi rogat i testes ' . Der Zusatzdes Grafschaftsnamens bei Zeugenunterschriften von Grafenist in dieser Zei t mindestens seh r ungewan l ich 1.

Nach al ledem wiire es naheliegend, die Urkunde fi irgefillscht zu erklitren ; die bedriingten Schicksale des Klostersim 11. J11. wi i rden einen soleben Versuch erkiar l ich er -scheinen lassen. Je4doch ist ohne eine gr t indl iche Unter -suchung des ganzen Fonda der Beweis nicht abschliessendzu fi ihren. Mit voller Sicherheit l t isst sich aber i ihmerhinsagen , dass die Urkunde B in ih rer jetz igen Gestal t n ich tein h ei t l i ch en t s t an den i s t ; wen n s i e ech t sein sol i t e , somiisste sie eine i i l tere mit O gleich lautende Urkunde fi i rMar tur i ala Vor lage gehabt haben , mit der dann ein odermeh r er e an der e Ur kun den fi i r Mar tur i ver ein igt vv, r en ,um eine Art Gesamthestii t igung zu bieten. Demnach liannsie nicht die Griindungsurkunde selbst sein; wenn sie diesenAnschein erweckt, so liesse sich das am besten so erklitren,dass ausser der Vorlage von O auch die wahre Griindungs-urkunde in B benutzt ist , jedoch so ungesch ickt , dass derCharakter der Bestittigung einer schon gemachten Stiftungganz verwischt ist . Ob s i e n un ech t i s t oder geft i l sch t ,auf kein en Fa l l kan n s i e a l s Zeugn i s fi i r d i e Gr i in dun gdem Klost er s fin Jah r e 998 d i en en ; dami t aber en t fi i l l tjeder An lass, die Urkunde von 970 und die Existenz desKlosters in diesein Jahr anzuzweifeln.

B e i l a g e .

Mar tur i 998 August 10.Markgraf Hugo i ibergibt dem Kloster S. Michele di

Mar tur i un ter dem .Abt Bonon iuts genann te Gi i ter un terdem Vorbehalt fi i r sich und seme legi t imen Nachkommenin zwei Generationen, frei iiber sie verfiigen zu kiinnen.

Origina! im Staatsarchiv zu Florenz, Provenienz Boni-fa ci o, a u f Per ga t n en t vot i e i n er Ha n d (a uch d i e Un t er -schr iften) in Minuskelschr ift geschr ieben . Dur ch ein enA u s s ch n i t t f eh l en j e 3 0 - 3 5 Bu ch s t a ben , a m E n d e d e rZe i l en 1 8 - 2 7 .

In n omin e 2 domin i dei eter n i . Regnante domnonostro Otto grat ia dei imperator is angusto, fi l io bone me-mor ie Ot ton i imper a tor i s , n epos bon e memor ie i t emque

1) llierauf maelite mich Herr Prue Bresslau aufmerksam. 2) Kor-rigiert aus `numine'.

4r.

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234 Gerhard Schwartz.

Ottoni imperatoris, anno imperii eius in Italia tertio, quartoid. ang. , inditione XI. Divina gratia munere, superne vir-tut is auxi l io faucibus domin iee i potesta t is erut is, ut nosmisericors dominus etterne patrie gaudiis faciat quoheredes,sedul is ammonit ion ibus crebisque

2 pr ecep t i s i n for ma2 .Lin de est i l lud : 'Ven i te ad me omn es, qui l abor a t i s 2 et

honerati estis, et ego vos requiesscere2 faciam' 4 . Et ne quisde via ad eum perven iendum vel qual i ter ab eo r ecipien -

dur n esse facul tas dubi ta r e, quod pr omisi t I sur n eer tumostendit formula, cum dixit: `Dimitti te et dimittetur vobis,da t e et dabi tu r vobi s ' 5. Tamen " oc idem, quod docui t ,s e g n i t e r q u i s a i e t e t or t a t u s i p se a l i b i t , cu m d i x i t :'Vigilate et orate, quia nescitis diem neque horam'

8 . [lanevoeem silicet 2 ita omnes debemus frequentissime meditare,quatenus semper pre oculis mentis abeatur . Oportet enimsingul is, qui se omnipoten t is domin i miser icordia huius 2mundi divi t i is vel quibuscumque temporal ibus adiumentisnoveris consolatos, qui acceperit ab eo, quantumlibet illi con-ferre curi gratiarum ac[tione]", et quod ibi non sint" cuncta-que abet con cessa ; quia r egn um dei , quan tum abet , t an -tum va let . Quod ut credo 2 possit, dominice instruhnus

2 do-cumentis, quia mulier duo minute devote offerre plus eeterisomnibus offeren t ibus adserui t obtul isse". Unde ego in deinomine Ugo march io lege viven te Sal iga , fi l io bon i 2 me-mori Uber t i qu i fu i t m a r ch i o s i m i l i t e r l egem vi ven t eSalica, optimo dux ut pro an ime me 9 remediurn offeroDeo ecelesia monast . " bea t i sanct i Michael is a r changel i ,qui est fundata , in fr a mon te et poio, que dici tur castel lode Mar tur i , id est : casa et cur te mea i l la domnieata, quambabeo in supra scr ipto loco et fiuibus, que voci ta tur Mar -tur i , una cum omnibus casi s et cassin is seo easa l in i s a t -que rebus domnicatis et massar iciis sive castell is et eeele-s i i s t am ipse ca s t el l o de Mar tur i cum omn ia i n fr a se etsuper se haben tes, tam in tus in ipso castel lo quarn et de-foris, u 1 4 in qua ipso monast . edificatum est , quam et ca-stel lo i l lo de Col le de Mon te sive in bur go de Fasci s ivein Lueo sive in Anelano

1 5 seo in Meugnano sive in Luca,rdo

1) So statt `demoniace', wie in anderen Urkunden Ilugos u. a.mit der gleichen Arenga, s. Davidsohn, Forschungen zur (leschichte vonFlorenz I (1896), 32. 2) So. 3) 'i' aus 'e' korrigiert. 4) Vgl.Matth. 11, 28. 5) Vgl. Luc, 6, 37. 38. 6) Fehlt 'ne', vgl. B.7) 'ageret' 13. 8) Vgl. Marc. 13, 83. 9) Vor 'h ' ein 'n ' durch-strichen. 10) Durch Flecken unleserlich, nach B ergiinzt. 11) 'a quosibi noscit' B. 12) Vgl, Marc. 12, 42. 43, 13) Statt 'optimum duxi',14) `monast", so stete. 15) Oder 'il', 16) Vielleicht 'Anela, no'.

Die Rilschungen dea Abtes Guido Grandi. 235

sive cur te de Tenzano seo ter ra que dici tur Romana, que idetinet Teuzo filins Liufredi, seo cur te de Antoniano, ubiecclesia sancti Salvator is 9dificata est , cum omni perti-n e n t i a , s e t r i pe i l l e d e C a s t e l l o N ovo e t d e C o n c i n n o e taqua, que dici tu r Vi t r ica, e t M el e t o cu m ce t e r i s aq u i s d ei psa cu r t e An t on í an o e t t e r r a i l l a , q u e d i c i t u r S eve r a t i co ,q u e fu i t r e c t a pe r U u a l f r e d o c a s t a l d o , e t i p s a pa r a d e c a -s t e l l o d e Tu r i gn a i t o d e i n t u s e t d e for i s s i ve d e aq u i s s i vede t e r r i s cu m su i s fa t i c i i s 2

,s e o u b i c mn q u e e t 8 qualicurt-

que ad ipsa cur t e domn ica t a s ive pr ed ict i s castellis seopert inent ibus sive per conqu is i to vel de heredi tate, t amde pa ter n o qua in et de mater n o, per quacumque or din ede meo iure in fr a ipsis loda iam nominat is cur t i s seo ca,-s t e l l i s de ea r um per t i n en t i i s i n ven i r e pot es t ; un a cumcasis et cassin is seo e a a i inis a t q u e r e bu s domnicatis etmassariciis infra sopra scr ipt i s denominat i s locibus e t vo-cabu l i s super ius d ict i s , nomi t ive 6: c a s a e t r e s una que de-t inet Lamber t o presbytero , secunda que det inet Amizof i l i u s U r s i , t e r t i a d e t i n e t D omi n i c o ma s s a r i o , quar ta de-tinet Baroncello massar io, quinta que detinet Urso Bestia-culo, VI . que det in et Alber to Scan cio, VII . ' que det in etIoh a n n es , VI I I . a que det i n e t a l i u s Ioh a n n es , n on a quedetin." filii Pini, Xl..a 7 det inet Bon izo Bifarel lo cum unaa l ia masa , X11. 8 det in et Pet r us massa r io, XII I . det in etIoh a n n es Bi fu l eo, X MI . det in et Stefan o r n assa r io; inCepeto mase II"; a Tavernule masa I ; in Fanodeto manseM I " ; in Campo .14Am-tifi manse 110; in Sor ignano manseII I ; in Castagn eto man se 110, un a det in et Pet r us Bucca-mar tella, al ia Petrus presbytero ; in Casalino manse II° etdomnicato 2; cur t icel la de Ponzano manse VII cum doni- inn icato de ipsa cur te que det inet Teuzo fi l ius Liufredi ; inFieinule manse VI; in Cedda manse III que detinet Petrusf i l i u s Ioh a n n i s ; i n " Ca s t a gn et o m a n sa I " ; i n Ca s t e l l om a n s a I q u e d e t i n e t Pe t r u s Bu cca r n a r t e l l a ; i n Bu r r oman sa I ; i n Olen a in an sa I ; i n Pa t r ign on e" man sa I ; i nQuer cet o Bon or u l i m a n se I I I ; i n Gugn a n o m a n sa I que

1) 'q', so meist in (1ieser Verbindung. 2) So ('fauciis' B).3) Ifeber der Zeile nachgetragen. t) Folgt durchstrichen und unter-pungiert 5) Folgt, durelistrichen 'Reo'. 6) So. 7) 'decima' B.8) 'dimdceirria' 13 ('undecima' fehlt ebenso in B wie 'decima' in O).9) Zwischen 'in' und 'n' ist 'i' eingeffigt, anscheinend aber wieder ge-strichen der Schreiber selirieb zuerst `domnicato fit andrec', dann istlesto fil andrec' gestrichen und wiederholt. 10) 'in — I' iiber-geschrieben. 11) Verbessert aus 'Pattinane'.

I L

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286 Gerhard Schwartz.

det i n et Gum pul o e t a bet pen d i ci e t r es , un a que det i n etDominieo fi l ius Andreg, a l ia I Garuecio fi l ius Agi , ter t iadet in et Pet r us fi l ius Don a t i ; in Ser ule n ' an sa I ; in Mar -ca n o m a n se I I " ; i n ( J r uee m a n sa I ; i n Vi l l u l e m a n sa Ique det in . fi l . ' Agi ; in Baci l fi mansa I que det inet Teuzofi l . Roffr ed i ; i n Ta lcon e (?) man sa I que det in et Pet r uspr esbyter o; in Cava l l e man se I I° , un a det in . fi l . ' Liuz i ,a l ia det inet Pet rus; in Vergnano mansa I , que det in . fi l . 'Gui fr id i ; i n Colon ica man sa I , que det in . fi l . Guid i ; i nLuco man sa I que d ici tur Ber te cum pen dici i s su i s , a l i aque det inet Petrus Bifarel lo cum fi l i is et

2 . . 3 mansa queipsi det in . ' ; in Bibiano mansa I ; in Fundagnano mansa I ,que det inen t fi l i Stefan i ; in Stabi l ise 4 man sa I ; in Plan -t i gn a n o m a n sa I ; i n An el a n o cur t e Uui l l er a d i que sun tm a n s e I I I ; i n c a s t e l l o d e T a l c i o n e m a n s i on e s I P ; i ncastello . .8 fi l . Ugoni et a l ia pars in ipso castel lo Pa-paiano curn omni per t inen t ia de in tus et for is que fui t deAzo fi l in o Pet r i Nigr i ; i n Godusul i man sa I que det in etMichelis 8; i n Spa n du l e m a n sa I ; Pet r o coco m a n sa V; aT r a m on t e m a n sa I ; i n C i u g 8 . . . . . s i t a t n ; i n T o p i n aman se I I I ; i n Rosign an o man se I I ° ; i n An tu l a man sa I ;in ter Col le Gat ia . r io et Maciole et Sa l to manse I I I1"; inCol le Longo n 'ansa I ; in Viciano mansa I ; in Cur tefr edam a n s e I I I ; i n S p a r p a i a l l a m a n s e V ; i n M . . . . . i n C a -gn an o man sa I ; i n Gabian o man se 110 10; i n Gr agn an omansa I ; in Col le Pet ruso mansa I ; in Gualdo manse II° ,que det in . fi l i i Luci ; in Casa le man se VIIII ; in Sar cianoman se I I° ; a Li ful i man se I I I ; in Meugn an o campo un o

7. . . . . " ; in Paterno manse que detin . fi l . Iohannis; in"Tenzano a Melenda mansa I , Pet rus presbytero de Ven t i iman sa I " , Pet r us fi l i us Lupi de Bacel fi man sa I ; i n Ar -ginne mansa I; in Monte Rapponi manse VI; in Meugnanoman se VII I I que" de . . . . . . . . . . . cu m ecc l es i a s . Pe t r i ;i n Fizan o man sa I , que det in et Teuzo fi l . Liufr edi " ; i n -

t) 'demi fili. 2) Ein oder zwei Zeichen unleserlich, wohl 'al .---- alia'.3) 'et . • fchlt B. 4) Das erste iibergeschrieben. 5) Endeder Zeile zerstiirt o . ) ; B ha t : ' in cas te l lo de Papa iano de intus ipsapars que fuit filius Ugonis'. 6) 'miche' (oder '1') si, die letztendrei Zeichen unsicher diese 'mansa' fehlt in B. 7) Fehlt B. 8) Diesund was in dem zers tór ten Rest der Zeile s tand , fehlt in B. 9 ) ' inMugnano manse quatuor. In Gabiano manse duo ' B. 10) Rierfiirha t B : ' i n P a nz a no ma ns a u na ' , w a s in C w o hl i n d e r L f i c k e a n d e rS te l le s tand , w o B ‘Gabiano ' ha t . 1 1 ) ' i n P ini ma ns a u na , q u a mdetinent filii Gerardi' B. 1 2 ) ' i n T e nz a no — Ve nt i i m , I ' f e hl t B .13) Was zunrichst in der Llicke folgte and was sich ari sie schlieset bis‘Liufredi', fehlt B, wo dafíir steht: 'in Alene manse novem'.

D i e F f i l s c h u n g e n d e s A b t e s G u i d o G r a n d i . 237

fr a plebe sanet i Iherusa lem i de Lucardo in vi l le que di -c i t u r Al ba gn a n o e t R, on cogn a n o m a n se I I ' 2, qug r ectesun t per Giso et Guar i to et Arnulfo; s . . . . . . 3 terra Vali-sana in loco qui dicitur Valle manse II°, que fuerunt recteper Roffr idi et Petrus nepos eius, et ter t ia mansa, que estap0a 4, in loco qui dicitur Valli iusta villa que nunccupatur 5Fabrican et est reeta per Alberto filino Teuzoni; in As . . . . .7per Azo massar io ; Seaccar i mansa I , que det in . fi l . Pin i ;i n M eu g n a n o i n l oco u b i d i c i t u r C i t i n e m a n s a I , q u edet i n en t Rr t i n z o e t Az o fu i Pe t r on i . l c a u t em sup r ascr ipta casa et cur te dornnieata et ia ,m dictis casis et eas-sinis 8 et massariciis seo eastellis et gcclesiis sivecur t is et pendiei is sive r ipe et aqn is et padul ibus ad ipsacu r t e d e f i l m d i e t o l oco Ma r t u r i p e r t i n en t . . . . .9 cas etvocabulas, ubicur n que et qua l icumque ideo tam casi s etrebus domnicatis quatt i et e . . . . . . 8 et tr ibutareis cumfundamentis et onmem gdeficits" vel universis fabricis sua-rum seo cur t is, °nat ia , ter r is, vineis, ol ivet is, castan iet is,quercietis, silvis, virgareis, pratis, pascuis, cultis rebus velincult is", montibus, alpibus, rupibus, ra . . . . . . . . . 8 r i •ptsac padulibus, omnia in omnibus rebus tam domnicatis quamet massar ici i s en t r i fundamen t is et omnem edefici i s sivemovi le vel inmovi le seo qui se moven t ibus, quan tas ubi -que in qua l ibet loci s vel vocabul i s ad supr a scr ipta casaet cu r t e dom n i ca t a , a e t a d p r ed i c t i s ea s i s e t cu r t i s seocum pendiefis de ipsa cur te de iam dieto loco Martur i per-tinentibus seo a predictis castellis et geelesiis sive casis etcur t is seo eassin is et easal in is a tque sor t is et r ebus mas-sar iciis sunt pertinentibus vel rea spieientibus vel de supradictis aenominatis hominibus massariciis, sicut supra legitur,exinde ad marmo suorum habere et detinere videntur, in in-tegrum eas omnia, quod superino legitur, cum inferioribus etsuper ior ibus suar tun seo cum accessionibus et ingressorasearum transaeto nomine tibi deo et ipsius gcclesig monast.beati sanerà Miclinolis archangeli offer re prevideor . Ex-scepto et an tepono exinde omnibus casis et cur t is seo ea-sa l in is a tque sor t i s sive r ebus domnicat i s et massar ici i s,quan tas ego, qui sopra Ugo march io, per vendi t ion is car -

1) ihrimi. 2) Folgt durehstriehen: 'q. regu p giso'. 3) 'simi-liter infra ipsam plebein' fi. 4 ) Fo lgen 1-2 Ze ichen durchs tr iehen.5) So . t i ) Wie es sehe int aus Trebiea ' korr ig ie r t . 7) 'AscianoTnansa urta, uhi diedur Ulpaio, gue fuit rechi per Azo' B. 8) Zeilen-ende zerstiirt. 0) Etwa 5 Zeichen unleserlich. 10) Gletindert aus'edif.i. 11) Folgt vielleicht ein Zeichen wie 'i ', oder 'e ' (. -- 'curai?).

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238 Gerhard Schwartz.

tu la deder o Teuzo fi l . Liufr edi et Ymme et .1 Gisle etUba l d i e t Uu i d i f i l i i Gh i s l e de f i l i a Uu i don i com es , e tquan tas ego, qui supra Hugo march io, per offer sion is pa-gin am dedi ad ecclesia monast . bea te san de Mar i e sei toi n fr a c i vi t a t em Fl or en t i a , qua s e i dem pr ed i ct o m on a s t .sanct i Michael is archangel i per hane offersion is paginamminime offer re prevideor . Nain i l l is al i is omnibus easis eteur tis seo castell is atque ecclesiis sive rebus domnicatis etmassar iciis sive r ipis et piscareis ac padulibus sive molen-din is in in tegrum t ibi deo et ecclesia monast . beat i sanct iMichael is archangel i offer re previdi , in ta l i vero t inore :dum vi t a mea , qu i supr a Ugo mar ch io, fuer i t , on r n ibussupra scr ipt is easis et cur t is seo rebus dornnicatis et mas-sa r i ci i s , qua l i t er supr a l eg i tur , i n mea , qui supr a Flugomarch io, dum vi ta mea fuer i t , sin t potesta tem faciendumexinde quod voluero, et si ego, qui supr a Hugo march io,dum vi t a mea fuer i t , s i n t pot es t a t em fa ei en dum ex in dequod voluero, et si ego, qui supra Hugo marchio, heredemde legitima uxorem abuero, similiter in eis sint potestatemomnia, qual i ter supra legi tur , et si ipse heredes meos he-r edes abuer in t de l eg i t ima uxor e, omn ia , qua l i t er supr alegitur , similiter in ei sin t potestatem; et si ego, qui supraHu g o m a r ch i o, s i n e h er edes de l eg i t i m a uxor e m or t uofuero 2

, omnibus, qualiter supra legitur, ad iure proprietariode supra scr ipta geelesia monast. sancti Michaelis archan-geli s in t potei ta tem; et s i ego, qui supr a Tin go mar ch io,h er edes de l egi t ima uxor e h abuer o et ipse h er edes meossin e h er edes de l eg i t ima , uxor e mor tuo fuer i t , s imi l i t eromn ibus supr a ser ip t i s easi s et eur t i s seo castel lo a tquegeclesi is seo rebus domnicat is et massar ici is sive r ipis etpiscareis seo molendinis ac padulibus, qualiter super legitur,ad iure proprietario de supra scripta 9eclesia monast. sanctiMichael is archangel i sin t potesta tem vel de eorum recto-ribus, qui ibi pro tempore fuerint, eas omnia, quod superiuslegi tur , habendi , tenendi , imperandi , laborare faciendi etvobis eas pr ivato nomine usura fructuandi. Et sic volo etdispono atque instituo pro anime me g remedium, qui supraHugo mar ch io, pos t meum obi tu r n , s i cu t super l eg i t u r ,omnia, quod superino legitur , sint potestatem super scr iptaecclesia, monast. beati sancti Michaelis archangeli ad iurepr opr i et a r io n omin e et i n potes t a t e Bon on i i abb. i ps iusmonast . suisque successoribus sive r ector ibus, q u i i b i

1) 'dò' oder 'di' oder iihnlich. 2) Verbessert aus

Die nlschungen des Abtes Guido Grandi. 239

pre i tempore fuer int seo monachis, qui secundum regulamsancti Benedieti ordinati fuerint, pro anime me e remediumsic esset instituo orr ini tempore di noctuque orationes seomissarum atque nocturnis vigilantia in ipsa ecelesia monast.facere seu canere debean t secundum regulam beat i sanct iBenedieti 2

, ut omni tempore ipse Bononi i abbas una cumsuos successor es, qui ibi or din a t i fuer in t , et cum omn escongregationes, que " in ipsu sanctum monast. esse videtur,un a cum ipsa con gr ega t ion em ser vor um dei , qui ibidemcongregati fuer in t , oinni tempore die noctuque ibidem deiomn ipoten t i s depr eeen tur miser i cor d ia in psa lmis et i nhymnis et im missis seu ora t ion ibus nocturn is vigi lan t iapro an ime me e r emedin in et mih i omn ipotens deus piuset miser icors dignetur per eorum orationibus indulgentiampeccatorum meorum optinere rnerear . E t t a l i t er volo a t -que in st i tuo, u t ipse Bon i i 4 abb. vel suos suecessores ne-que rector ibus, qui in ipso loco pre tempore fuer int, nonabea t potest a t em n eque l i een t i a de omn ia , que super iuslegitur , nee vendere neque per l ibel lum neque per nullumargumentum ingenium alienare neque dare neque minuaren on debean t , sed ipsa ecelesia mon ast . san ct i Mich ael i sarchangel i et Bononi i abb. suisque sucessor ibus 4 vel ree-tor ibus a tque monach i , qui ibi pro tempore fuer in t ordi -nati, sint potestate eas omnia, que superius legitur , abendi,tenendi, imperandi, laborare faciendi et usufruetuandi, sicutsupra in ser turn est , quia sic in omnibus mea decrevi vo-luntas. Unde ego ipse, cui super Hugo march io, ad par ssupra scr ipta ecelesia monast. sancti Michaelis archangeliet Bononii abb. suisque successoribus atque rector ibus, quiin ipsum sanctum locum pre i tempore fuer in t , de omnia,quod super ius legitur , ad vestre propr ietar io superser ipt ismonast. legitima facio vestitura et traditione per cultellumet fistueurn nodatum et uuantonem seo uuasonem terre atqueramtun arbortun 5 , me exinde foris expuli uuerpivi et absitumfeci et ipsi" ecclesia monast . sanct i Michael is archangel iad proprietatem, sicut superius legitur , ad abendum reliquiet s i quis vero, quod factum esse non cr edo, si ego ipse,qui supra Hugo marchio, quod absit , aut ullo de heredibusane pr oh er edibus in ei s seo qui s l ibet opposi t a per son acontra hane cor tulain offersionis me e ire quandoque tern-ptaver it aut eam per quactunque ingenio inrumpere aut in-

1) fi. 2) Nacli getilgt: 'ati'. 2 ) 'a'. 4) So. 5) 'arboy.'libergesehrieben. 6) 'si' zerstiirt. 7) 'ae'.

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240 Gerhard Schwartz.

frangere seo retol lere vel minuare de omnia, que super iuslegitur, quesierimus per nosmet ipsos aut per summissa per-sona, cui nos eas dedissemus aut deder imus, per quodlibetingenio et earn vobis ad pare superscr ipto i monast. sanctiMicbael is arehangel i ab omni homines defendere non po-tuer imus et n on defen der imus, pr eter quod super ius ex-seeptavi, spondimus atque prornittirnus ad pare superscriptornonast. et predicti Bononii abb. suisque successor ibus at-que r eetor ibus, qui ibi pre tempore fuer in t ordinat i , cumpredietis superser iptis omnibus casis et eur tis seo eastellisatque ecelesi is sive rebus domnicat is et massar ici is a tquer ipis et piscareis seo molendin is ac padulibus, sicut supralegitur, in duplum infer quidem loco sub estitnatione, qualestun e fuer in t , e t i n super i n fer amus ad pa r e super scr ip tomonast . et predict i Bon i i

2 abb. suisque sueeessor ibus at-que reetor ibus, qui ibi pre tempore fuer in t ordinati , multaquod est pena auro optimo libras mille, argentum ponderasdecemi l ia et . . . 3 si valeamus neque possamus disrumperenec in fr angere, sed presens hane ear tula offer sion is meefi r mam et s t abi ler n per si s tam 4 perpetualiter ineonvulsacon stipula tionern supermissa. Et quis de his omnibus, quesuperius legitur, minuare aut suptraere vel fraudare tempta-ver it , alienare voluer it aut delere voluer it: deleat eurn om-n ipot en s domin us de l i br o viven t i um et cum ius t i s n onser iban tur ; fi a t pa r t i ceps eor um cum Da th an et Abi r on ,qui aperuit ter ra os suum et deglutivit eos; fiat sotios cumAnania, et Saphira, qui fraudaverunt pecuniam domini sui;si t deprehensus cum Symon Mag[o, qui gr a t iam] 5 sanctispiritus venundare voluit ; sit partieeps cum Iuda Seariotho,qui propter eupidi ta tem vendidi t domino et magist ro ; si tseparatus a consorcio omnium iustorum .

. 6 in die iudici in on r esur ga t i n mun er a i l l or um 7 et quod derepetier imuset vindieare non valeamus, sed presens hane ear tula offer -s ion i s mee fi r ma [et s t i abi l i

8 permaneat semper . Atra-men tar io pinna et per gamena ma,n ibus meis de ter r a le-va vi e t not . domni i tnper a tor i s ad scr ibendumt r a d i d i e t scr i ber i r oga vi , t es t i bus dbt u l i r obor a n dur n .Aetum in superscr ipto loco Martur i.

1) Korrigiert sue '-a'. 2) So. 3) Etwa 3 Zeichen undeutlich.4) Lpsista'. 5) Unleserlich. 6) 2 Zeichen, vielleicht 'e (--= 'vel').7) Es folgt eine Liicke itn Pergarnent, die der Schreiber wohlschon vorfand , denn es scheint nichts zu fehlen. 8) Durch Riesunleserlich.

Die FUlschungen des Abteis Guido Grandi. 241

t Ergo march io m' .Signum manna Rainer i fi l . b. m. Berardi.Teupetri 2 e t Uu i l l e lmi germani 8 fil i i Per isindi lege

, vivente Saliga rogatus 4 testes ss.Signum manus Bonifa t i i et Berardi germani 8 filii b.

Beezi similiter lege vivente Saliga rogatus 4 testes ss.S i gn um m a n us T eud i c i cor n ea f i l . b . m . Gh er a r d i

test[is ss.] 5

Sigefredus iudex domni imperator is ss.Gherardus iudex domni imperator is ss.Teuper tus iudex domni imperator is ss.Iohannes iudex domni imperator is ss.Ildiber tus not. domni imperator is post traditam com-

pievi et dedi .

1) In griisserer Schrift, jedoch von gleicher Hand wie der Kontest.2) So. 3) wy. 4) `rogat'. 5) Undeutlich.

Nene* Archiv etc. XL.16