Neuigkeiten rund um das Thema Schrift Dezember 2012 ...Black (1921) zu nennen, letztere Klassiker,...

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FONTECK Neuigkeiten rund um das Thema Schrift Light and Bold - Rounded Fonts - Prensa Display - Justus Pro - Kumilen Pro - Calluna - Rabenau - Events - Interview mit Binnenland - Stellenmarkt Titelstory Rounded Fonts Rounded-Schriften sind wieder voll im Trend. Ein historischer Abriss. „Alles so schön rund hier!“ könnte der Ausspruch lauten, wenn man heute durch die Großstädte läuft. Ob es sich um Logos, Plakate, Fir- menschilder oder Anzeigen handelt – alle Fonts erscheinen wie mit Weichspüler gewaschen. Viele Marken wie REWE, Otto, Vaillant oder tegut haben sich ein neues weicheres, kundenfreundlicheres Design gegeben. Gerundete Schriften sind allgegenwärtig. In dieser Ausgabe Thema des Monats Light und Bold Zu einer Schriftfamilie gehö- ren alle Fonts, die gleiche Designmerkmale aufweisen Fonts Prensa Display Justus Pro Kumilen Pro Calluna Rabenau Adelle Events On Type Tag der Typografie 2011 Font Market Typo Berlin Typo London Fonts In Use Fontsmith Typo Mag About Fonts Anatomie von Schrift Schriftklassifikation Font Tools Fontlab KernType Interviews Binnenland Stellenmarkt Creative Concepter Grafik Designer Junior- Artdirector/in Konzeptioner/ Texter Fonteck_01 Dezember 2012 7,23 € Doch es ist wie mit Schlaghosen und Nierentischen: Sie waren schon mal da und manchmal kommen sie wieder. Wellenförmig – mal mehr mal weniger gefragt – zieht sich der Rounded-Trend durch das letzte Jahr- hundert hindurch, die letzte starke Ausprägung gab es in den Siebzigern und Achtzigern. Dabei ist nicht jeder auf den Abwärtswellen mitgeschwommen: Das Logo der ZDF-Sendung „Wetten, dass…“ zum Beispiel ist seit mehr als 30 Jahren (fast) unverändert rund. In den Siebzigerjahren wurden alle Muster, selbst die Rahmen von Tabellen, an Ecken abgerundet. Sogar Papier stanzte man an den Ecken rund ab. Natürlich wurde auch die Schrift von der runden Welle erfasst, es entstanden mehrere Grotesk-Versionen mit runden Formen. Für ITC belebte Ed Benguiat mit der ITC Souve- nir 1972 zu neuem Leben: Sie wurde in ihrer eigentüm- lichen Form ursprünglich für Formulare zur Steuer- erklärung verwendet. Ohne runde Ecken, aber sonst voll im Trend , entstand 1975 die ITC Bauhaus. Bei ihr waren alle Formen rund, ähnlich wie bei der Pump oder Blippo von 1970. Als nächste Rounded-Version folgte 1979 die ITC Benguiat Gothic. Die Tendenz zu runden Schriften zog eine ganze Flut von neuen Firmendesigns nach sich. 1973 erhielt das ZDF in Mainz ein neues Erscheinungsbild: die ZDF Rounded von Designer Otl Aicher war vom Vorbild der Univers inspiriert. Weil die geringe Auflösung damali- ger Fernsehbilder und das Verfahren zum Einblenden von Schriften Ecken und Serifen rund erschienen lie- ßen, entschied sich das ZDF von vorneherein für eine runde Schrift. Als der Volkswagenkonzern 1979 sein Erscheinungsbild von der klassischen Futura hin zu einer gerundeten Version änderte, entstand die heute unter diesem Namen weltweit verbreitete VAG Round- ed. Auch Aral änderte sein Schriftdesign. Die älteste Rounded-Schrift stammt jedoch aus we- sentlich früherer Zeit, sie lässt sich auf das Jahr 1838 datieren. In „American Woodtype – 1828-1900“ von Rob Roy Kelly ist die Gothic Rounded in Versalform abge- bildet, ihre Rundungen sind nicht ganz geometrisch und zeigen eher die handwerklichen Fähigkeiten des jeweiligen Holzschnitzers. Als eher abartig geformte runde Grotesk ist die Bloc von Berthold bekannt, die als Auszeichnungsschrift mit einer leichten Kontur ausgestattet war und sich großer Beliebtheit erfreute. Denn einer Schrift, die eh schon leicht unsauber wirkt, konnte in der Drucker- presse nicht mehr viel passieren. Auch bei den Serifenschriften war rund Trumpf. Ex- emplarisch sind hier die Windsor (1905) und die Cooper Black (1921) zu nennen, letztere Klassiker, der noch heute immer wieder als Auszeichnungstype verwen- det wird. Die König Antiqua von der Schriftgießerei Klingspor in Offenbach ist ein weiteres Beispiel aus Bleisatzzeiten, bei dem man versucht hat, Serifen abzurunden. Weiter verbreitet waren und sind die gerundeten Schriften bei den Schreibschriften wie der Ballon (1939), der Dom Casual (1952), der Wiesbaden Swing (1992) sowie der Comic Sans (1994), die wohl unter Ty- pografen zu den am meist gehassten Schriften gehört. Einige Jahre war es nun still um die Rounded Fonts. Doch heute, in Zeiten des Social Web, erfreuen die sich einer nie da gewesenen Bandbreite stärkerer Beliebtheit als je zuvor. Der Grund hat nichts mehr mit technischen Darstellungsproblemen zu tun: heutige Fernseher und Monitore können Ecken ohne Qualitäts- verlust abbilden. Zudem sind hohe Schriftgrade und leuchtende Farben auf hellen Hintergründen seit ein paar Jahren ein Webdesign-Trend, welcher der per se schlechten Lesbarkeit von Rounded Fonts entgegen- wirkt. Auch gibt es heute die Möglichkeit, tausende verschiedene Webfonts einzusetzen anstatt wenige Systemschriften. Darüber hinaus ist Retro wieder angesagt – wir suchen in unserer sich immer schneller drehenden Welt nach dem, was wir mal mochten und eigentlich immer noch mögen. Diese Grafik zeigt eine sehr alte Gothic Schrift, die aus der Reihe der Rounded Schriften kommt. Schon da- mals waren diese Schriften im Trend Der Trend kommt wieder. News Monotype kauft Myfonts Luc(as) de Groot, der auf dem Web- fontday eigentlich einen Vortrag zum Thema Hinting hielt, zeigte auch eine Abbildung zum Shop- pingverhalten von Monotype. Die Monopolisierung im Schriftgeschäft geht weiter. Nachdem kürzlich Adobe den Webfontanbieter Typekit übernommen hatte, ging jetzt das Traditionsunter- nehmen Monotype Imaging einkaufen und verleibte sich das Font-Geschäft von Bitstream ein. Dazu gehört auch die Foundry MyFonts, die beinahe 90.000 Fonts von fast 900 Foundries im Angebot hat. 50 Millionen Dollar hat Monotype, das ja auch schon die Schrift- bibliotheken von ITC und Linotype gekauft hat, der Einkaufsbummel gekostet, da sage noch mal einer, mit Schriften könne man kein Geld verdienen. FontShop-Mitgründer Erik Spiekermann machte den Vorschlag, Monotype Imaging in Monopoly Imaging umzubenennen. Tatsache ist, dass es außer dem Font- Shop nicht mehr viele unabhängige größere Schriftan- bieter gibt. Linotype Webfontservice Seit Bestehen des World Wide Web waren die Gestaltungsmöglichkei- ten, insbesondere wenn es um das Thema Schrift ging, sehr begrenzt. Man musste sich auf einige wenige sog. „web safe”-Fonts beschrän- ken, bei denen gewährleistet war, dass die Schrift unabhängig vom Betriebssystem und des verwende- ten Browsers auf dem Computer des Internetnutzers darstellbar ist. Es handelte sich dabei um Systemschriften, wie Ari- al®, Times New Roman®, Verdana, etc. Die Einschränkung konnte nur durch Umwandlung der Texte in Grafiken umgangen werden, was wiede- rum einige Nachteile mit sich brachte und deshalb üblicherweise nur für Überschriften, Logos und andere kurze Texte angewandt wurde. Mittels der @font-face-Regel innerhalb der CSS (Cas- cading Style Sheets)-Sprache und der Aufnahme verschiedener Web-Font-Formate wie EOT (Embedded OpenType, unterstützt von MS Internet Explorer, seit Version 4), WOFF (Web Open Font Format, unterstützt von Mozilla Firefox, seit Version 3.6, Google Chrome, seit Version 5 und MS Internet Explorer, ab Version 9), SVG (Scalable Vector Graphics, unterstützt von Mobile Safari, also für iPhone und iPad) oder Raw TT (True- Type, unterstützt von Mozilla Firefox, seit Version 3.5, Opera, seit Version 10, Safari, seit Version 3.1 und Google Chrome, seit Version 4.0) in die Browser sowie das Bereitstellen dieser Formate durch einige Schrif- tenanbieter ist es nun möglich, Texte im Internet auch in anderen Schriften als den oben genannten darzu- stellen. Times modern und die modernen Zeiten Wenn Schrift ein Hauptmerkmal Ihrer Professorin oder Ihres Produktes ist, dann sollte Ihnen Typografie wichtig sein. Für die britische Tages- zeitung The Times war die Schrift von der 1932 entwickelten Times New Roman bis zur heutigen Times Modern stets ein kritischer, markenbilde- ner Erfolgsfaktor. Wie beeinflusst die Verfügbarkeit von Webfonts eine solche von Typografie maßgeblich bestimmte Marke wie The Times heu- te? Welche Rolle spielt Typografie im Erscheinungsbild einer modernen Marke? Meist konzentrieren wir uns im Gespräch über Schrif- ten auf Details. Hier geht es jedoch um den Lebenszyk- lus von Schriften Doch es ist wie mit Schlaghosen und Nierentischen: Sie waren schon mal da und manchmal kommen sie wieder. Wellenförmig – mal mehr mal we- niger gefragt – zieht sich der Rounded-Trend durch das letzte Jahrhundert hindurch, die letzte starke Ausprä- gung gab es in den Siebzigern und Achtzigern. Dabei ist nicht jeder auf den Abwärtswellen mitgeschwom- men: Das Logo der ZDF-Sendung „Wetten, dass…“ zum Beispiel ist seit mehr als 30 Jahren (fast) unverändert rund. In den Siebzigerjahren wurden alle Muster, selbst die Rahmen von Tabellen, an Ecken abgerundet. Sogar Papier stanzte man an den Ecken rund ab. Natürlich wurde auch die Schrift von der runden Welle erfasst, es entstanden mehrere Grotesk-Versionen mit runden Formen. Für ITC belebte Ed Benguiat mit der ITC Souve- nir 1972 zu neuem Leben: Sie wurde in ihrer eigentüm- lichen Form ursprünglich für Formulare zur Steuer- erklärung verwendet. Ohne runde Ecken, aber sonst voll im Trend , entstand 1975 die ITC Bauhaus. Bei ihr waren alle Formen rund, ähnlich wie bei der Pump oder Blippo von 1970. Als nächste Rounded-Version folgte 1979 die ITC Benguiat Gothic. Die Tendenz zu runden Schriften zog eine ganze Flut von neuen Firmendesigns nach sich. 1973 erhielt das ZDF in Mainz ein neues Erscheinungsbild: die ZDF Rounded von Designer Otl Aicher war vom Vorbild der Univers inspiriert. Weil die geringe Auflösung damali- ger Fernsehbilder und das Verfahren zum Einblenden von Schriften Ecken und Serifen rund erschienen lie- ßen, entschied sich das ZDF von vorneherein für eine runde Schrift. Als der Volkswagenkonzern 1979 sein Erscheinungsbild von der klassischen Futura hin zu einer gerundeten Version änderte, entstand die heute unter diesem Namen weltweit verbreitete VAG Round- ed. Auch Aral änderte sein Schriftdesign. Die älteste Rounded-Schrift stammt jedoch aus we- sentlich früherer Zeit, sie lässt sich auf das Jahr 1838 datieren. In „American Woodtype – 1828-1900“ von Rob Roy Kelly ist die Gothic Rounded in Versalform abge- bildet, ihre Rundungen sind nicht ganz geometrisch und zeigen eher die handwerklichen Fähigkeiten des jeweiligen Holzschnitzers. Als eher abartig geformte runde Grotesk ist die Bloc von Berthold bekannt, die als Auszeichnungsschrift mit einer leichten Kontur ausgestattet war und sich großer Beliebtheit erfreute. Denn einer Schrift, die eh schon leicht unsauber wirkt, konnte in der Drucker- presse nicht mehr viel passieren. Auch bei den Serifenschriften war rund Trumpf. Ex- emplarisch sind hier die Windsor (1905) und die Cooper Black (1921) zu nennen, letztere Klassiker, der noch heute immer wieder als Auszeichnungstype verwen- det wird. Die König Antiqua von der Schriftgießerei Klingspor in Offenbach ist ein weiteres Beispiel aus Bleisatzzeiten, bei dem man versucht hat, Serifen abzurunden. Weiter verbreitet waren und sind die gerundeten Schriften bei den Schreibschriften wie der Ballon (1939), der Dom Casual (1952), der Wiesbaden Swing (1992) sowie der Comic Sans (1994), die wohl unter Ty- pografen zu den am meist gehassten Schriften gehört. Einige Jahre war es nun still um die Rounded Fonts. Doch heute, in Zeiten des Social Web, erfreuen die sich einer nie da gewesenen Bandbreite stärkerer Be- liebtheit als je zuvor. Der Grund hat nichts mehr mit technischen Darstel- lungsproblemen zu tun: heutige Fernseher und Monitore können Ecken ohne Qualitätsverlust ab- bilden. Zudem sind hohe Schriftgrade und leucht- ende Farben auf hellen Hintergründen seit ein paar Jahren ein Webde- sign-Trend, welcher der per se schlechten Lesbar- keit von Rounded Fonts entgegenwirkt. Auch gibt es heute die Möglichkeit, tausende verschiedene Webfonts einzusetzen anstatt wenige System- schriften. Darüber hinaus ist Retro wieder angesagt – wir suchen in unserer sich immer schneller drehen- den Welt nach dem, was wir mal mochten und eigentlich immer noch mögen.

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FONTECKNeuigkeiten rund um das Thema Schrift

Light and Bold - Rounded Fonts - Prensa Display - Justus Pro - Kumilen Pro - Calluna - Rabenau - Events - Interview mit Binnenland - Stellenmarkt

Titelstory

Rounded FontsRounded-Schriften sind wieder voll im Trend. Ein historischer Abriss.„Alles so schön rund hier!“ könnte der Ausspruch lauten, wenn man heute durch die Großstädte läuft. Ob es sich um Logos, Plakate, Fir-menschilder oder Anzeigen handelt – alle Fonts erscheinen wie mit Weichspüler gewaschen. Viele Marken wie REWE, Otto, Vaillant oder tegut haben sich ein neues weicheres, kundenfreundlicheres Design gegeben. Gerundete Schriften sind allgegenwärtig.

In dieser Ausgabe

Thema des MonatsLight und BoldZu einer Schriftfamilie gehö-ren alle Fonts, die gleiche Designmerkmale aufweisen

FontsPrensa DisplayJustus ProKumilen ProCallunaRabenauAdelle

EventsOn TypeTag der Typografie 2011Font MarketTypo BerlinTypo London

Fonts In UseFontsmithTypo Mag

About FontsAnatomie von SchriftSchriftklassifikation

Font ToolsFontlabKernType

InterviewsBinnenland

StellenmarktCreative ConcepterGrafik DesignerJunior- Artdirector/inKonzeptioner/ Texter

Fonteck_01Dezember 2012

7,23 €

Doch es ist wie mit Schlaghosen und Nierentischen: Sie waren schon mal da und manchmal kommen sie wieder. Wellenförmig – mal mehr mal weniger gefragt – zieht sich der Rounded-Trend durch das letzte Jahr-hundert hindurch, die letzte starke Ausprägung gab es in den Siebzigern und Achtzigern. Dabei ist nicht jeder auf den Abwärtswellen mitgeschwommen: Das Logo der ZDF-Sendung „Wetten, dass…“ zum Beispiel ist seit mehr als 30 Jahren (fast) unverändert rund.In den Siebzigerjahren wurden alle Muster, selbst die Rahmen von Tabellen, an Ecken abgerundet. Sogar Papier stanzte man an den Ecken rund ab. Natürlich wurde auch die Schrift von der runden Welle erfasst, es entstanden mehrere Grotesk-Versionen mit runden Formen. Für ITC belebte Ed Benguiat mit der ITC Souve-nir 1972 zu neuem Leben: Sie wurde in ihrer eigentüm-lichen Form ursprünglich für Formulare zur Steuer-erklärung verwendet. Ohne runde Ecken, aber sonst voll im Trend , entstand 1975 die ITC Bauhaus. Bei ihr waren alle Formen rund, ähnlich wie bei der Pump oder Blippo von 1970. Als nächste Rounded-Version folgte 1979 die ITC Benguiat Gothic.Die Tendenz zu runden Schriften zog eine ganze Flut von neuen Firmendesigns nach sich. 1973 erhielt das ZDF in Mainz ein neues Erscheinungsbild: die ZDF Rounded von Designer Otl Aicher war vom Vorbild der Univers inspiriert. Weil die geringe Auflösung damali-ger Fernsehbilder und das Verfahren zum Einblenden von Schriften Ecken und Serifen rund erschienen lie-ßen, entschied sich das ZDF von vorneherein für eine runde Schrift. Als der Volkswagenkonzern 1979 sein Erscheinungsbild von der klassischen Futura hin zu einer gerundeten Version änderte, entstand die heute unter diesem Namen weltweit verbreitete VAG Round-ed. Auch Aral änderte sein Schriftdesign.Die älteste Rounded-Schrift stammt jedoch aus we-sentlich früherer Zeit, sie lässt sich auf das Jahr 1838 datieren. In „American Woodtype – 1828-1900“ von Rob Roy Kelly ist die Gothic Rounded in Versalform abge-

bildet, ihre Rundungen sind nicht ganz geometrisch und zeigen eher die handwerklichen Fähigkeiten des jeweiligen Holzschnitzers.Als eher abartig geformte runde Grotesk ist die Bloc von Berthold bekannt, die als Auszeichnungsschrift mit einer leichten Kontur ausgestattet war und sich großer Beliebtheit erfreute. Denn einer Schrift, die eh schon leicht unsauber wirkt, konnte in der Drucker-presse nicht mehr viel passieren.Auch bei den Serifenschriften war rund Trumpf. Ex-emplarisch sind hier die Windsor (1905) und die Cooper Black (1921) zu nennen, letztere Klassiker, der noch heute immer wieder als Auszeichnungstype verwen-det wird. Die König Antiqua von der Schriftgießerei Klingspor in Offenbach ist ein weiteres Beispiel aus Bleisatzzeiten, bei dem man versucht hat, Serifen abzurunden.Weiter verbreitet waren und sind die gerundeten Schriften bei den Schreibschriften wie der Ballon (1939), der Dom Casual (1952), der Wiesbaden Swing (1992) sowie der Comic Sans (1994), die wohl unter Ty-pografen zu den am meist gehassten Schriften gehört.Einige Jahre war es nun still um die Rounded Fonts. Doch heute, in Zeiten des Social Web, erfreuen die sich einer nie da gewesenen Bandbreite stärkerer Beliebtheit als je zuvor. Der Grund hat nichts mehr mit technischen Darstellungsproblemen zu tun: heutige Fernseher und Monitore können Ecken ohne Qualitäts-verlust abbilden. Zudem sind hohe Schriftgrade und leuchtende Farben auf hellen Hintergründen seit ein paar Jahren ein Webdesign-Trend, welcher der per se schlechten Lesbarkeit von Rounded Fonts entgegen-wirkt. Auch gibt es heute die Möglichkeit, tausende verschiedene Webfonts einzusetzen anstatt wenige Systemschriften.Darüber hinaus ist Retro wieder angesagt – wir suchen in unserer sich immer schneller drehenden Welt nach dem, was wir mal mochten und eigentlich immer noch mögen.

Diese Grafik zeigt eine sehr alte Gothic Schrift, die aus der Reihe der Rounded Schriften kommt. Schon da-mals waren diese Schriften im Trend Der Trend kommt wieder.

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Monotype kauft MyfontsLuc(as) de Groot, der auf dem Web-fontday eigentlich einen Vortrag zum Thema Hinting hielt, zeigte auch eine Abbildung zum Shop-pingverhalten von Monotype. Die Monopolisierung im Schriftgeschäft geht weiter. Nachdem kürzlich Adobe den Webfontanbieter Typekit übernommen hatte, ging jetzt das Traditionsunter-nehmen Monotype Imaging einkaufen und verleibte sich das Font-Geschäft von Bitstream ein. Dazu gehört auch die Foundry MyFonts, die beinahe 90.000 Fonts von fast 900 Foundries im Angebot hat. 50 Millionen Dollar hat Monotype, das ja auch schon die Schrift-bibliotheken von ITC und Linotype gekauft hat, der Einkaufsbummel gekostet, da sage noch mal einer, mit Schriften könne man kein Geld verdienen.FontShop-Mitgründer Erik Spiekermann machte den Vorschlag, Monotype Imaging in Monopoly Imaging umzubenennen. Tatsache ist, dass es außer dem Font-Shop nicht mehr viele unabhängige größere Schriftan-bieter gibt.

LinotypeWebfontserviceSeit Bestehen des World Wide Web waren die Gestaltungsmöglichkei-ten, insbesondere wenn es um das Thema Schrift ging, sehr begrenzt. Man musste sich auf einige wenige sog. „web safe”-Fonts beschrän-ken, bei denen gewährleistet war, dass die Schrift unabhängig vom Betriebssystem und des verwende-ten Browsers auf dem Computer des Internetnutzers darstellbar ist.Es handelte sich dabei um Systemschriften, wie Ari-al®, Times New Roman®, Verdana, etc.Die Einschränkung konnte nur durch Umwandlung der Texte in Grafiken umgangen werden, was wiede-rum einige Nachteile mit sich brachte und deshalb üblicherweise nur für Überschriften, Logos und andere kurze Texte angewandt wurde.Mittels der @font-face-Regel innerhalb der CSS (Cas-cading Style Sheets)-Sprache und der Aufnahme verschiedener Web-Font-Formate wie EOT (Embedded OpenType, unterstützt von MS Internet Explorer, seit Version 4), WOFF (Web Open Font Format, unterstützt von Mozilla Firefox, seit Version 3.6, Google Chrome, seit Version 5 und MS Internet Explorer, ab Version 9), SVG (Scalable Vector Graphics, unterstützt von Mobile Safari, also für iPhone und iPad) oder Raw TT (True-Type, unterstützt von Mozilla Firefox, seit Version 3.5, Opera, seit Version 10, Safari, seit Version 3.1 und Google Chrome, seit Version 4.0) in die Browser sowie das Bereitstellen dieser Formate durch einige Schrif-tenanbieter ist es nun möglich, Texte im Internet auch in anderen Schriften als den oben genannten darzu-stellen.

Times modernund die modernen ZeitenWenn Schrift ein Hauptmerkmal Ihrer Professorin oder Ihres Produktes ist, dann sollte Ihnen Typografie wichtig sein. Für die britische Tages-zeitung The Times war die Schrift von der 1932 entwickelten Times New Roman bis zur heutigen Times Modern stets ein kritischer, markenbilde-ner Erfolgsfaktor. Wie beeinflusst die Verfügbarkeit von Webfonts eine solche von Typografie maßgeblich bestimmte Marke wie The Times heu-te? Welche Rolle spielt Typografie im Erscheinungsbild einer modernen Marke?Meist konzentrieren wir uns im Gespräch über Schrif-ten auf Details. Hier geht es jedoch um den Lebenszyk-lus von Schriften Doch es ist wie mit Schlaghosen und Nierentischen: Sie waren schon mal da und manchmal kommen sie wieder. Wellenförmig – mal mehr mal we-niger gefragt – zieht sich der Rounded-Trend durch das letzte Jahrhundert hindurch, die letzte starke Ausprä-gung gab es in den Siebzigern und Achtzigern. Dabei ist nicht jeder auf den Abwärtswellen mitgeschwom-men: Das Logo der ZDF-Sendung „Wetten, dass…“ zum Beispiel ist seit mehr als 30 Jahren (fast) unverändert rund.In den Siebzigerjahren wurden alle Muster, selbst die Rahmen von Tabellen, an Ecken abgerundet. Sogar Papier stanzte man an den Ecken rund ab. Natürlich wurde auch die Schrift von der runden Welle erfasst, es entstanden mehrere Grotesk-Versionen mit runden Formen. Für ITC belebte Ed Benguiat mit der ITC Souve-nir 1972 zu neuem Leben: Sie wurde in ihrer eigentüm-lichen Form ursprünglich für Formulare zur Steuer-erklärung verwendet. Ohne runde Ecken, aber sonst voll im Trend , entstand 1975 die ITC Bauhaus. Bei ihr waren alle Formen rund, ähnlich wie bei der Pump oder Blippo von 1970. Als nächste Rounded-Version folgte 1979 die ITC Benguiat Gothic.Die Tendenz zu runden Schriften zog eine ganze Flut von neuen Firmendesigns nach sich. 1973 erhielt das ZDF in Mainz ein neues Erscheinungsbild: die ZDF Rounded von Designer Otl Aicher war vom Vorbild der Univers inspiriert. Weil die geringe Auflösung damali-ger Fernsehbilder und das Verfahren zum Einblenden von Schriften Ecken und Serifen rund erschienen lie-ßen, entschied sich das ZDF von vorneherein für eine

runde Schrift. Als der Volkswagenkonzern 1979 sein Erscheinungsbild von der klassischen Futura hin zu einer gerundeten Version änderte, entstand die heute unter diesem Namen weltweit verbreitete VAG Round-ed. Auch Aral änderte sein Schriftdesign.Die älteste Rounded-Schrift stammt jedoch aus we-sentlich früherer Zeit, sie lässt sich auf das Jahr 1838 datieren. In „American Woodtype – 1828-1900“ von Rob Roy Kelly ist die Gothic Rounded in Versalform abge-bildet, ihre Rundungen sind nicht ganz geometrisch und zeigen eher die handwerklichen Fähigkeiten des jeweiligen Holzschnitzers.Als eher abartig geformte runde Grotesk ist die Bloc von Berthold bekannt, die als Auszeichnungsschrift mit einer leichten Kontur ausgestattet war und sich großer Beliebtheit erfreute. Denn einer Schrift, die eh schon leicht unsauber wirkt, konnte in der Drucker-presse nicht mehr viel passieren.Auch bei den Serifenschriften war rund Trumpf. Ex-emplarisch sind hier die Windsor (1905) und die Cooper Black (1921) zu nennen, letztere Klassiker, der noch heute immer wieder als Auszeichnungstype verwen-det wird. Die König Antiqua von der Schriftgießerei Klingspor in Offenbach ist ein weiteres Beispiel aus Bleisatzzeiten, bei dem man versucht hat, Serifen abzurunden.Weiter verbreitet waren und sind die gerundeten Schriften bei den Schreibschriften wie der Ballon (1939), der Dom Casual (1952), der Wiesbaden Swing (1992) sowie der Comic Sans (1994), die wohl unter Ty-pografen zu den am meist gehassten Schriften gehört.Einige Jahre war es nun still um die Rounded Fonts. Doch heute, in Zeiten des Social Web, erfreuen die sich

einer nie da gewesenen Bandbreite stärkerer Be-liebtheit als je zuvor. Der Grund hat nichts mehr mit technischen Darstel-lungsproblemen zu tun: heutige Fernseher und Monitore können Ecken ohne Qualitätsverlust ab-bilden. Zudem sind hohe Schriftgrade und leucht-ende Farben auf hellen Hintergründen seit ein paar Jahren ein Webde-sign-Trend, welcher der per se schlechten Lesbar-keit von Rounded Fonts entgegenwirkt. Auch gibt es heute die Möglichkeit, tausende verschiedene Webfonts einzusetzen anstatt wenige System-schriften.Darüber hinaus ist Retro wieder angesagt – wir suchen in unserer sich immer schneller drehen-den Welt nach dem, was wir mal mochten und eigentlich immer noch mögen.

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Fonts Seite 2

Prensa DisplayDas Font Bureau stellt die Schrift Prensa Display vor. Diese Display-Familie entstand als Begleitung zu der schon bekannten Prensa, entwickelt von Designer Cyrus Highsmith.

Nachdem es die Prensa schon seit einiger Zeit für den Textgebrauch gibt, dürfen wir uns nun auch über eine Display-Version freuen, die ebenso lebendig und kraft-voll daher kommt.Die Schriftfamilie erzeugt, durch das regelrechte Ein-wickeln der Innenbereiche durch die äußeren Rundun-gen, eine charakterisierende Spannung innerhalb der Formen. Inspiriert wurde der amerikanische Designer von William Addison Dwiggins, einem bekannten Schrift- und Buchgestalter, der diese Technik schon bei seiner Schrift Electra anwandte.Die Prensa Display bringt gleich 36 verschiedene Schnitte mit und hat sich gegenüber der Prensa um die condensed und compressed Schnitte erweitert. Diese

CallunaDie junge Textfamilie Calluna ver-dankt ihre Existenz einem Zufall.

Ihr Entwerfer Jos Buivenga erinnert sich: „Als ich Mit-te 2009 während meines großen Museo-Projektes eine Pause brauchte, spielte ich ein bisschen mit Museo-Ausdrucken herum. Ich war neugierig, ob sich viel-leicht eine Slab-Serif aus Museo herleiten ließe. Also setzte ich einfach ein paar Endstriche an die Vertika-len. Mittendrin entdeckte ich etwas spannendes, eine Slab-Serif mit einer ungewöhnlichen Laufrichtung. Am Ende hatte ich die Grundlage für eine ernsthafte Textschrift, wie ich sie schon immer mal machen wollte. Ihre Grundidee besteht darin, dem Auge mehr Orientierungshilfe zu geben, indem ich sie in der Lese-richtung betone. Ich hab das jetzt nicht wissenschaft-lich vertieft, oder so, es war einfach eine Idee, die mir gefiel und die ich verfolgte. Und so entstand Calluna, mit 8 Schnitten.“Die Calluna-Opentype-Familie ist extrem gut aus-gebaut, mit 723 Glyphen pro Schnitte, darunter jede Menge Ligaturen, Ziffernarten, Akzentbuchstaben und allerlei typografischer Zierrat. Die Familie bietet 5 Strichstärken, von denen 3 mit Italics ausgestattet sind. Ein komplettes Figurenverzeichnis bietet dieses ausführliche Calluna-Schriftmuster-PDF, von dem hier ein kleiner Auszug zu sehen ist.

luckiésthamstringa (quadruped’s) hock!

Q&A: 32 questions should be answered

CallunaGravlaxFrom ‘trench’ & lax ‘salmon’ (fish)

Is also the name of a so-called heather plant.

ehts styles

CallunaCalluna/ItalicCalluna/ItalicCalluna/ItalicCalluna

lht

reular talc

seold seold talc

old old talc

lack

8 styles.

CaPiUnt ErgOnEtE CaELUm Et

QUOniam nOn tEtU imPLEs Ea? animPLEs Et rEstat,

CaPiUnt? Et QUO tE? an nOn OPUs

rE tErra, QUOniamFUnDis QUiDQUiD

sind kompakter und erlauben effektivere Einstellun-gen in Headlines. Erhältlich ist der Display Font somit in: light, book, regular, semibold, bold und black, alle auch in small caps und allen dazugehörigen Italic-Schnitten. Alles gibt es dann in normal, condensed und compressed. Ebenso ist sie perfekt ausgebaut in beiden Zahlenreihen und mit erweitertem Zeichensatz der keine Wünsche offen lässt. Auch die Unterstützun-gen anderer Sprachen ist vorhanden.Ursprünglich wurde sie für bestimmte Zeitungen entwickelt. Heute wird sie auch von Privatpersonen genutzt. Abgesehen von anderen Verwendungen, wird die Prensa Display für den Zeitungs-, Magazine- und Firmengebrauch empfohlen.

a beautiful accidentCalluna was born more or less by accident. When i needed a break from museo i was just fiddeling around a bit with museo to see if maybe a slab serif would be something to have a look at.

the first thing i did –of course– was to put slab serifs on the stems of museo. When i did, i saw something nice. a slab-serif with a nice direction.

i ended up with using the idea for some-thing i always wanted to do. a –rather serious– text face. i used the direction idea to shape the characters. i thought that maybe it could help the eye a bit to move easier in the direction in which one reads. this is absolutely not scientific or so … Just an idea. a starting point for Calluna.

details on displaythe goal was to make a text font, but one with enough interesting details. and that is really finding a balance between robustness to function as a text face and rafinement to look good as display font.

hnhbi

Calluna

a beautiful accidentCalluna was born more or less by accident. When i needed a break from museo i was just fiddeling around a bit with museo to see if maybe a slab serif would be something to have a look at.

the first thing i did –of course– was to put slab serifs on the stems of museo. When i did, i saw something nice. a slab-serif with a nice direction.

i ended up with using the idea for some-thing i always wanted to do. a –rather serious– text face. i used the direction idea to shape the characters. i thought that maybe it could help the eye a bit to move easier in the direction in which one reads. this is absolutely not scientific or so … Just an idea. a starting point for Calluna.

details on displaythe goal was to make a text font, but one with enough interesting details. and that is really finding a balance between robustness to function as a text face and rafinement to look good as display font.

hnhbi

Calluna

Justus ProDie soeben bei URW++ erschiene-ne Schriftenfamilie Justus Pro des Hamburger Typedesigners Volker Schnebel könnte man als moder-nen Klassiker bezeichnen, der sich mit humanistischem Ansatz dem Thema Egyptienne neu widmet und dieser Schriftgattung etwas von der häufig rustikalen Anmu-tung nimmt. Ihr Charakter liegt – wie bei vielen Slab Serifs – in den Serifen und zeigt sich besonders deutlich im versalen S.Zehn Schnitte umfasst die Familie, Thin, Light, Regular, Medium und Bold jeweils mit Kursiver. Und natürlich zeichnete Volker Schnebel Ligaturen, Tabellen- und Proportionalziffern, Mediävalziffern, Bruchligaturen und Indexziffern sowie Kapitälchen und Kapitälchenziffern und stattete die Justus Pro für West- und Ost-Zeichensätze aus.»Egyptienne-Schriften liegen im Trend. Aber wer bekannte Vertreter dieser Gattung wie Memphis oder Rockwell aus der Versenkung holt wird feststellen, dass manches an ihnen nicht mehr zeitgemäß ist,« stellt Volker Schnebel fest. »Die Gründe hierfür liegen einerseits an den Proportionen, andererseits an der Ausführung einzelner Details. So sind zum Beispiel die Minuskeln in der Stymie oder der Memphis recht klein im Verhältnis zu den Versalien. Das lässt die Schrift altmodisch wirken. In der Rockwell und der Serifal dagegen sind die Minuskeln übermäßig groß, was rustikal wirkt und immer ein bisschen an flower power erinnert. Allen diesen Schriften gemeinsam ist die ausder Klassizistik übernommene Form der Serife an C, G, S, c und s.« Mit der Justus Pro ist es Volker Schnebel gelungen, den technischen Charakter der Schrift zu erhalten und dennoch perfekte Ausgewogen-heit und sehr gute Lesbarkeit zu erzielen. Die Zeichen lösen sich vom klassizistischen Vorbild und zeigen Proportionen, die unseren modernen Lesegewohnhei-ten entsprechen. Außerdem überzeugt die Familie, die es zur Zeit zum Einführungspreis von 99,50 Euro gibt, durch klare Formen und Eleganz.

RameauDie Schriftfamilie Rameau™ wurde von Sarah Laza-revic erstellt. Sie fing mit der Kursiven an, welche auf der Handschrift basiert, die für die Niederschrift der Musikkomposition für „Les fêtes de l‘hymen et de l‘amour” verwendet wurde, einer Oper, die 1747 von Jean-Philippe Rameau veröffentlicht wurde. Im 18. Jahrhundert wurden schriftliche Musikkompositio-nen im Kupferstichverfahren hergestellt, die Gravur erfolgte manuell, im Gegensatz zum Druckverfahren mit beweglichen Bleilettern. Die Kursivschnitte der Rameau sind mit zahlreichen Ligaturen ausgestattet und damit repräsentativ für den Gravurstil dieser Epoche.Rameau erinnert stark an den harmonischen Rhyth-mus einer echten Handschrift. Die markanten Kon-traste der Antiqua lassen die Seiten sprichwörtlich glitzern. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch die übertrieben spitzen Abschlüsse und die ausladenden Serifen der Großbuchstaben.Diese gut lesbare, elegante Schriftfamilie eignet sich für die Gestaltung edler Bücher, Einladungen, Menü-karten und alle Texte, mit denen die französische Ele-ganz des 18. Jahrhunderts ausgestrahlt werden soll.

Adelle»Adelle« ist eine Slab-Serif, die sich laut der Font-Foundry TypeTogether, besonders für den Einsatz im Editorial eignet. Ausgeprägte Serifen und mehr als 900 Glyphen pro Schnitt (in der Pro-Version) lässt sich das Werk von Veronika Burian und José Scaglione in vielen Bereichen auch außerhalb von Magazin- und Zeitungs-design einsetzen.Insgesamt 12 Schnitte (bei Fontshop sind es 14) umfasst das Schnittchen-Paket. Zwei Schnitte davon stellt Ty-peTogether kostenlos und zum kommerziellen Einsatz zur Verfügung. Das ist zu einem ein feiner Zug und zum anderen gewinnt man womöglich das Interesse an den anderen Schnitten von »Adelle«. Doch bevor es soweit kommt kann man auf der Website von Type-Together sich kostenlos die Schnitte »Bold« und »Bold Italic« laden. Dazu muss man sich registrieren und im Login-Bereich den angegebenen Gutschein-Code nutzen.

Fonts Seite 3

Page 3: Neuigkeiten rund um das Thema Schrift Dezember 2012 ...Black (1921) zu nennen, letztere Klassiker, der noch heute immer wieder als Auszeichnungstype verwen-det wird. Die König Antiqua

Events Seite 4

On TypeDie Ausstellung »ON–TYPE: Texte zur Typografie« präsentiert Klassiker der Typografiegeschichte des 20. Jahrhunderts und aktuelle Beispiele, auch aus den Beständen des Gutenberg-Museum Mainz und der Gu-tenberg-Bibliothek. Zum ersten Mal wird eine Sammlung von Grund-lagentexten über die Schrift gestaltung zusammengestellt und den Be-suchern vorgestellt.

Typografie – die kleine Schwester der Sprache – ist ein Fundament unserer Kultur. Sie ist gegenwärtig. Sie gestaltet unser alltägliches Leben in der Zeitung, im Buch, auf den Preisschildern der Supermärkte und wird doch höchstens unterbewusst wahrgenommen.Wenn wir als Kind die Buchstaben einmal erlernt ha-ben, erschließen uns die Schriftzeichen die geschriebe-ne Welt. Ähnlich wie beim Gehen oder Fahrrad fahren lesen wir, nach ausreichender Übung, nahezu automa-tisch. Die Schrift nehmen wir dabei in der Regel kaum wahr – und doch besitzt jeder Leser reiche Erfahrungen mit der Schrift und jeder Schreibende hat auf seinem Computer Zugang zu einer Fülle unterschiedlicher Schriften.Schriftliebhaber, Philosophen, Typo grafen und Schriftgestalter haben schon immer über Typografie weit mehr geschrieben, gestritten und gedacht als all-gemein bekannt. Die Ausstellung »ON–TYPE: Texte zur Typografie« versammelt Thesen, Manifeste und Stand-ortbestimmungen zur Typografie des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum. Sie präsentiert Schrift-

muster und Typo-Insider-Magazine, zeigt wichtige Protagonisten und Dis kurse der Typografiegeschichte, bildet aber auch hitzige Diskussionen ab: über »deut-sche Schrift«, den »modernen Menschen«, Lesbarkeit, Kleinschreibung oder die Folgen der Digitalisierung.Die Ausstellung vermittelt die Faszination der Schrift-gestaltung. In einem eigenen Werkstattbereich bietet sie die Mög lichkeit, in Workshops Texte zur Typo grafie selbst zu gestalten und mitzunehmen. Begleitet wird die Ausstellung von zahl reichen Vorträgen, Lesungen, Filmen, Workshops und einer Publikation.

Ein Projekt des Gutenberg-Museum Mainz in Koope-ration mit Kommunikationsdesignern der Fachhoch-schule Mainz und des Instituts Designlabor-Gutenberg im Rahmen»Mainz – Stadt der Wissenschaft 2011«Direktorin: Dr. Annette LudwigKuratorinnen und Projektleitung:Prof. Dr. Isabel Naegele, Prof. Dr. Petra EiseleGrafische Konzeption: Marcel Häusler

Ausstellungsdauer:11. November 2011 bis 6. Mai 2012Ort:Gutenberg-Museum MainzLiebfrauenplatz 555116 MainzÖffnungszeiten:Di–Sa 9–I7 Uhr, So 11–17 UhrMo und an gesetzlichen Feierta-gen geschlossenKontakt:Telefon: 06131 / 12 26 4006131 / 12 26 44E-Mail:[email protected]

Typo TalksBerlin, 25. November 2011 - Die TY-PO-Berlin-Konferenz hat sich nach vielen Jahren als Must in der inter-nationalen Kommunikationsszene etabliert. Jahr für Jahr strömen rund 1200 Gestalter und Marken-experten zur größten europäischen Designkonferenz nach Berlin.

Nach 16 erfolgreichen Jahren in Berlin fand im Ok-tober 2011 die erste TYPO London statt. Die Resonanz der Besucher und der Medien fiel einhellig aus: Das neue Event in London begeisterte mit einem abwechs-lungsreichen Sprecher-Mix und anspruchsvollen Präsentationen. “Congratulations to all involved and let’s hope the event becomes a regular fixture”, lobte das britische Fachmagazin Creative Review. In London kündigte TYPO-Direktor und FontShop-Vorstand Jür-gen Siebert als weiteren Austragungsort San Francisco an. Die US-Premiere wird sogar den Reigen der TYPO-Konferenzen im kommenden Jahr eröffnen, sie findet am 5. und 6. April im Yerba Buena Center for the Arts statt. Auch dieses Event wird – wie die TYPO Konferen-zen in Berlin und London – unter einem eigenen Motto stehen, nämlich “Connect”, und lokale Themen und Einflüsse aufgegriffen.Einen Monat darauf, vom 17. bis 19. Mai 2012, ist dann das Berliner Haus der Kulturen der Welt wieder Schau-platz der TYPO-Keimzelle. Thema der Berliner Konfe-renz ist “Sustain”. Über 50 internationale Größen aus Design, Kunst und Medien werden kritisch ergründen, ob Nachhaltigkeit nur ein Schlagwort der Agenturen und Unternehmen ist, das der aktuellen Sehnsucht nach Werten und Beständigkeit Rechnung trägt, oder ob sich dieser Anspruch tatsächlich in konkreten Designlösungen niederschlägt. Erste Sprechzusagen kommen von Werbe-Urgestein Michael Schirner, der New Yorker Illustratorin Jessica Hische, dem Wirt-schaftsberater Jan Teunen, der Londoner Designerin Nat Hunter sowie Michael B. Johnson (Pixar). Der Pub-lizist Adrian Shaughnessy wird als neuer Moderator in Berlin einsteigen.Diese Woche startete FontShop mit einer weiteren Veranstaltungsreihe: Das erste Tagesseminar der Reihe TYPO Day für professionelle Designer, Markenbetreuer und Publishing-Experten fand am 21. November im Berliner Haus der Kulturen der Welt statt. Für 2012 sind weitere TYPO Days in Hamburg, Frankfurt und Düsseldorf geplant. Anders als die interdisziplinä-re, dreitägige Konferenz widmet sich der TYPO Day konzentriert den Themen Typografie, Corporate Design und Font-Technik. Sein Themenspektrum reicht von ästhetischer Qualität über Markenbildung und neue Ausgabemedien bis hin zu jüngsten Font-Produkten und -Technologien.

Typo BerlinBerlin, 25. November 2011 - Die TY-PO-Berlin-Konferenz hat sich nach vielen Jahren als Must in der inter-nationalen Kommunikationsszene etabliert. Jahr für Jahr strömen rund 1200 Gestalter und Marken-experten zur größten europäischen Designkonferenz nach Berlin.

Nach 16 erfolgreichen Jahren in Berlin fand im Ok-tober 2011 die erste TYPO London statt. Die Resonanz der Besucher und der Medien fiel einhellig aus: Das neue Event in London begeisterte mit einem abwechs-lungsreichen Sprecher-Mix und anspruchsvollen Präsentationen. “Congratulations to all involved and let’s hope the event becomes a regular fixture”, lobte das britische Fachmagazin Creative Review. In London kündigte TYPO-Direktor und FontShop-Vorstand Jür-gen Siebert als weiteren Austragungsort San Francisco an. Die US-Premiere wird sogar den Reigen der TYPO-Konferenzen im kommenden Jahr eröffnen, sie findet am 5. und 6. April im Yerba Buena Center for the Arts statt. Auch dieses Event wird – wie die TYPO Konferen-zen in Berlin und London – unter einem eigenen Motto stehen, nämlich “Connect”, und lokale Themen und Einflüsse aufgegriffen.Einen Monat darauf, vom 17. bis 19. Mai 2012, ist dann das Berliner Haus der Kulturen der Welt wieder Schau-platz der TYPO-Keimzelle. Thema der Berliner Konfe-renz ist “Sustain”. Über 50 internationale Größen aus Design, Kunst und Medien werden kritisch ergründen, ob Nachhaltigkeit nur ein Schlagwort der Agenturen und Unternehmen ist, das der aktuellen Sehnsucht nach Werten und Beständigkeit Rechnung trägt, oder ob sich dieser Anspruch tatsächlich in konkreten Desi-gnlösungen niederschlägt. Erste Sprechzusagen kom-men von Werbe-Urgestein Michael Schirner, der New Yorker Illustratorin Jessica Hische, dem Wirtschaftsbe-rater Jan Teunen, der Londoner Designerin Nat Hunter sowie Michael B. Johnson (Pixar).

Font MarketAm 10. Dezember 2011 wird der erste Font Market in Zürich veranstaltet. Dabei haben alle nationalen und internationalen SchriftgestalterInnen die Möglich-keit, ihre Schriften, Kataloge und Poster auf eigene Rechnung zu verkaufen.

Typo LondonNach 16 Jahren im Berliner Haus verlässt die FontShop-Design-Kon-ferenz ihren Geburtsort und findet zum 1. Mal in den Sälen der Uni-versity of London statt.Veranstaltet wird sie von FontShop Berlin zusammen mit dem Designbüro AIG. Rund 1.000 sowohl bekannte Größen wie auch Studierende werden in der Universi-tät zusammenkommen. Die Rednerliste ist zwar noch nicht vollständig aber erfreut jetzt schon mit Persön-lichkeiten wie Neville Brody, Erik Spiekermann, Rian Hughes, Tom Uglow, Tony Brook, Adrian Shaughnes-sy, Michael Beirut, Nat Hunter, Michael B. Johnson, Lawrence Weiner, Jeff Faulkner, Dylan Griffith, Eva-Lotta Lamm, und viele mehr.Pünktlich um 14:00 Uhr eröffnete Erik Spiekermann die Konferenz, die zum ersten Mal in London, in der Logan Hall, stattfand. Das Thema der 3-tägigen Konfe-renz, Places, bot schon am ersten Tag abwechslungs-reiche Vorträge. Es war von der 3D Brille bis hin zum Gesangs-Auftritt durchgehend spannend, lehrreich und sehr sympathisch gestaltet.

Dabei wird ein reger Austausch mit Fachleuten statt-finden und das Angebot wird sicher sehr vielfältig sein. Es ist eine gute Gelegenheit, einen Überblick über aktuelle Trends und Schriften zu erhalten. Der Schriftenmarkt ist eine Veranstaltung, die im Rahmen des Monatsbuchladens Dezember Bücher 2011 zusätz-lich stattfindet.Bestätigt sind: Colophon Foundry (UK), Voidwreck (NL), Dries Wiewauters (NL), Grilli Type (CH).Die Weihnachts-Verkaufsausstellung »Dezember Bü-cher« fördert die Bekanntmachung des umfangreichen Schweizer Verlagsschaffens und findet dieses Jahr zum vierten Mal statt. Dabei werden rund 50 Schweizer Verlage 12 selbstbestimmte Titel aus ihrem Programm ausstellen und verkaufen.Anmelden kann man sich in den nächsten 5 Tagen bei [email protected] Teilnahme ist kostenlos.Fakten:- Raum: grosser Parterreraum in leerem Bürogebäude, Zwischennutzung, loftähnliches Ambiente, große Schaufenster- Stand: VerkäuferInnen erhalten Tisch (1 x 1 m), Stuhl und Stromanschluss- Verkauf: 11–24 Uhr, auf eigene Rechnung, mit eige-nem Personal- Kosten: die Teilnahme ist kostenlos, es werden keine Miete, keine Abgaben erhoben- Werbung: die SchriftgestalterInnen machen über ihre eigenen Kanäle Werbung

Datum:Samstag, den 10. Dezember 2011, 11–24 UhrOrt:Dezember Bücher, Bleicherweg 12, 8002 Zürich(mitten in Zürichs Banking District, unweit von See und Paradeplatz)

Tage der TypografieDie 13. Tage der Typo-grafie richtet sich an Designstudenten, Gra-fikdesigner, Auszubil-dende, ambitionierte Schriftsetzer, Dozenten und Ausbilder sowie andere Interessenten aus den unterschiedlichen Bereichen der Druck- und Medienbranche.

TDC2 2012TDC Type Design Com-petition 2012 lädt zum Mitmachen ein. Bis zum 16. Dezember 2012 können Arbeiten für den diesjäh-rigen augeschrierebenen Type Design Wettbewerb eingesendet werden.

TDC2 2012TDC Type Design Com-petition 2012 lädt zum Mitmachen ein. Bis zum 16. Dezember 2012 können Arbeiten für den diesjäh-rigen augeschrierebenen Type Design Wettbewerb eingesendet werden.

Typodarium 2013 – Call for EntriesDas Typodarium-Team lädt alle Type Designer und Foundries herzlich ein, ihre neuen Schriften fürs Typodarium 2013 einzureichen. Der Call for Entries startet am 1. Dezember 2011 auf www.typodarium.com. Bitte weitersagen!

TÿpoSt. GallenGibt es sie noch, die Schweizer Typografie? Eine mögliche Antwort darauf gibt es auf der ers-ten Tÿpo St. Gallen, die vom 18. bis 20. November stattfindet.

Webfont-day 2011 & Münchner TypotagZwei Veranstaltungen für Typografie-Liebhaber fin-den am Wochenende des 18. & 19. November 2011 in München statt, bei denen Größen aus der Szene zu aktuellen Themen spre-chen werden.

ÜberdruckVom 10.11. bis zum 19.11.2011 zeigt die Gra-phik-Klasse der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg ihre Suche nach dem eigenen Aus-druck in der Ausstellung zum Thema »Überdruck«. Gezeigt werden die während des Studiums entstandenen Arbeiten, die sich um das Thema Typografie und Visuelles Erscheinungsbild im öf-fentlichen Raum drehen.

TYPE & SOUND 2: MEEKIm Rahmen der Type & Sound Serie von Letters are my Friends, gibt es am 11.11.11 um 11:11 Uhr (und 22:22 Uhr) die eindrucksvolle Installtion “Digging In The Crates” von Roland Lösslein so-wie eine Font Sythesizer Installation von Rob Meek & Frank Müller zu sehen.

Interview Seite 5

Typo TalksUnsere Ansprüche haben sich ver-ändert. Binnenland ist ein Schrift-verlag, der 2007 von den Grafikern Michael Mischler und Niklaus Thoenen gegründet wurde. Seit-dem entwickeln sie Schriften und initiieren auf ihre Weise einen Austausch über Typofrafie. Julia Kahl interviewte Binnenland am 16. April 2011 während der 20plusx Konferenz in München.Julia Kahl: Lieber Mika und Nik, schön euch hier in München zu treffen. Ihr seid Binnenland, ein kleines in Bern ansässiges Büro, das seit 2007 Schriften gestal-tet und verkauft. Im Slanted Magazin #6 war Binnen-land mit der T-Star vertreten, das war 2008. Ein Jahr später wurde die Schrift Korpus veröffentlicht. Jetzt haben wir 2011, was ist in der Zwischenzeit passiert?Binnenland – Wahnsinnig viel. In unserem Vortrag heute haben wir schon ein paar Daten eingeblendet: 2008 haben wir mit der Korpus begonnen und uns dadurch verstärkter mit den typografischen Momen-ten in der Schrift auseinandergesetzt. In der Zeit davor haben wir vor allem technisch anmutende Schriften entwickelt.®Also technisch, wie z.B. die T-Star?· Genau. Wir hatten ja bereits vor der Gründung von Binnenland beide Schriften gezeichnet, wie z.B. die Blender und die T-Star. Über sie sind wir auch „zu-sammengekommen“, könnte man sagen. Ich habe die Blender entdeckt und Nik fast zeitgleich die T-Star. Über das Konstruieren und Ausloten unserer Grafi-schen Mittel – wir sind ja Grafiker du keine gelernten Typografen – sind wir uns näher gekommen und ha-ben gedacht, der funktioniert so ein bisschen wie ich auch funktioniere.®Dass ihr erwähnt, dass ihr keine gelernten Typogra-fen seid, finde ich einen sehr interessanten Gesprächs-punkt. Viele Grafiker machen irgendwann in ihrer Laufbahn eine Schrift – manche ganz gut, manche auch weniger gut. Ihr habt jetzt schon mit einigen Schriften „bewiesen“, dass ihr ein Gespür dafür habt. Wie seid ihr zur Schriftgestaltung gekommen?· Das ist natürlich immer Einstellungssache, wie man mit Schriften umgehen will. Man kann sehr schnell eine Schrift für eine bestimmte Anwendung, wie z.B. einen Flyer gestalten, auf dem die Schrift funktioniert. So hat es bei uns angefangen. Aber das hat dann im-mer weiter geführt, denn nur Display Fonts zu zeich-nen, hat uns irgendwann nicht mehr interessiert.Unsere Ansprüche haben sich verändert – verändern sich eigentlich ständig, und zwar in Bezug auf Gestal-tung und Typografie, sodass wir immer mehr „einge-kochtes“ Design machen. Das bedeutet für uns, dass grafische Elemente oft komplett wegfallen und Schrift der Hauptträger der Nachricht wird. Somit muss die Schrift, egal ob im Text oder im Headline-Bereich, ein-fach funktionieren und deshalb haben wir angefangen zu forschen.Wir gestalten oft Bücher und haben dabei zunehmend mit eigenen Schriften gearbeitet. Das war nicht so geplant, aber hat ja auch etwas mit Identität zu tun. Angefangen hat alles in einer gemeinsamen Arbeit für einen Wettbewerb und dem in Folge zu gestalteten Ka-talog für ein kleines Museum in Metz, Frankreich. Der Katalog über die Sammlung war als Textbuch geplant. Das wurde für uns eine Art Absichtserklärung und Herausforderung, eine akzeptable Schrift zu gestalten. Wir haben mit dem Kunden nie über die eingesetzte Schrift gesprochen. Wir haben die Texte gesetzt und als die Publikation fertig war und niemand reklamier-te, der Text sei unleserlich, war das ein gutes Gefühl.®Welche Schrift habt ihr dort eingesetzt?·Das war die Catalog. Eigentlich hinken die Schriftpro-dukte dem Wissenstand immer leicht hinterher. Wir meinen damit, dass die neu gewonnenen Erkenntnisse durch die Entwicklung einer Schrift erst der nächsten Schriftentwicklung zu gute kommen. Das hat uns eigentlich auch zur Korpus geführt.®Seit 2008 habt ihr an der Korpus gearbeitet und sie jetzt veröffentlicht. Die Schriftuntersuchung zur Kor-pus „bezeichnet sich auf 10-Punkt-Antiqua Schriften aus dem Schriftenprobebuch der Werkschriften der Großdruckerei und Verlages Waldheim-Eberle AG in Wien von 1920“. Gleichzeitig aber auch auf „Fehlleis-tungen der der Zeichenwiedergabe“. Wie genau habt ihr diese beiden Ansätze miteinander kombiniert?·Das Interesse lag nicht an den Fehlern an sich, son-dern an der Ungenauigkeit bei der technischen Wie-dergabe. Der „Fehler“ als Spannungsmoment.®Wie seid ihr von diesem Spannungsmoment in der Druckwiedergabe bei Buchstaben dann zur Korpus gekommen?·Wir haben uns bei näherer Betrachtung von gedruck-ter Schrift wiederkehrende Unregelmäßigkeiten entdeckt, die auf den ersten Blick trotzdem ein re-gelmäßiges Gesamtbild erzeugen. Das hat uns sehr interessiert. Formal sind diese Gegebenheiten nicht zwingend schön oder elegant. Wir haben untersucht in wie weit wir derartige Unregelmäßigkeiten in Zei-chen einfließen lassen können.Vieles hat mit Gewohnheiten zu tun. Wenn jemand besonders schön ist und man schaut diese Person oft

an, kann sie schnell langweilig werden. Und jemand, mit zu großer Nase oder abstehenden Ohren, wird in-teressant. Das ist bei Schriften auch so. Der Charakter ist wichtig.®Um den Charakter der Korpus zu verdeutlichen habt ihr gerade die Publikation „The result is constantly influenced by the technologies“ veröffentlicht. Was kann man darin, neben der Entwicklungsgeschichte der Korpus, noch entdecken?·Es ging nicht darum, ein Specimen-Heft zu machen, in dem der Text in Lorem Ipsum gesetzt ist. Vielmehr wollten wir mit dem Heft die Schrift in einen Kontext setzen und den Themenglobus Fehler oder Wiedergabe-abweichungen beleuchten.®Ihr zeigt auch eine sehr interessante Fotostrecke. Könnt ihr mir darüber etwas erzählen?·Die abgebildeten Gipsabdrücke sind von Freunden von uns (Pascal Petignat, Martin Scholz-Jakszus). Diese Arbeit hat uns immer schon beschäftigt. Wir wollten sie eigentlich bereits für andere Schriftpublikationen verwenden.Die Bilder leben durch die Präzision der Fotografien mit denen dadurch sichtbarwerdenden Ungenauig-keiten in den abgegossenen Objekten. Als wir das feststellten, war klar, dass wir diese Bilder unbedingt im Kontext zur Korpus abdrucken müssen, weil sie aufzeigen, was wir gerade mit unsrer Schriftuntersu-chung verfolgt haben. Als Metapher.Schrift ist sehr subtil. Schrift kommuniziert sehr

unterschwellig was oder für was sie steht. Man liest einen Text und die Schrift transportiert einen Inhalt weiter. Man setzt sich grundsätzlich nicht mit jedem Zeichen auseinander. Beim Bild passiert etwas sehr ähnliches, aber das Motiv wird da vertiefter unter-sucht, weil die Abbildung eine direkte Wiedergabe des Inhalts ist. Parallel haben wir die Kunsthistorikerin Karin Frei Rappenecker angefragt, ob sie zusätzlich zu der Schrift und den Fotografien mit einem Text zu Fehlleistungen eine weitere Komponente der Publika-tion hinzufügen könnte.®Meint ihr, dass man durch so ein kontextbezogenes Specimen als Außenstehender die Schrift in ihren Facetten besser erfassen kann?·Nein, nicht unbedingt. Aber wenn wir unser Speci-men an außenstehende Personen geben, die nichts mit Typografie zu tun haben, dann fangen sie an zu lesen. Auf diese Weise setzen sie sich mit der ganzen Materie anders auseinander und unter Umständen betrachten sie die Schrift eingehender. Wir denken, wir bieten ei-nen Ansatz, anhand dessen sich die Zusammenhänge einfacher einschließen lassen.®Früher habt ihr „geslantede“ Italics zu den Regular Schnitten entworfen. Bei der Korpus, habt ihr zum ersten Mal typografisch „korrekte“ Italics gestaltet. Hat das vielleicht auch etwas mit der ganzen Thematik der Fehlleistung zu tun? Oft werden Slanted Italics als Fehlleistung wahrgenommen.·Nein, die Italics haben nicht direkt etwas mit der Fehlleistung zu tun, sie sind als eine Weiterentwick-lung auf der Grundlage des Regular Schnittes zu sehen. Es macht für uns keinen Sinn, eine Schrift mit nur einem Schnitt zu zeichnen, weil man zu wenig gestalterische Möglichkeiten hat. Außer es ist eine Absicht, nur einen Schriftschnitt zu verwenden – dann ist es natürlich etwas anderes. Es stellt sich eher die Frage, was eine Schrift braucht, damit agiert werden kann. Es ist auch nicht unser Erststreben, eine Schrift mit 25 Schnitten zu machen. Wir glauben, es ist viel wichtiger, dass die Schnitte aufeinander abgestimmt sind. Dann reichen vier oder fünf Schnitte völlig aus.®Wie kommt man an ein Exemplar eurer Publikatio-nen?·Das kann auf unserer Webseite bestellt werden.®Folgendes habe ich im Heft gelesen: „Was hier in einer ersten Untersuchung präsentiert wird, ist Ausgangspunkt für eine geplante und weiterführende

Auseinandersetzung.“ Es wird also weitere Publikatio-nen geben?·Ja. Wir arbeiten gerade an einem Specimen-Heft für die Schrift Relevant. Für diesen Font waren ursprüng-lich die Fotografien der Gipsabgüsse gedacht. Diese ha-ben dann doch besser zur Korpus gepasst und das Heft zur Relevant war erst einmal auf Eis gelegt. Etwas spä-ter lernten wir einen Künstler kennen, dessen Arbeits-weise stark mit dem Prozess der Relevant-Entwicklung in Verbindung steht und so wurde das Specimen zur Relevant sozusagen reaktiviert.®Das heißt, ihr werdet auch für weitere Schriften Specimen-Hefte in dieser Art fortführen?·Eigentlich war es von Beginn an so gedacht, neben unseren Schriften auch begleitende Publikationen mit einer Art Hintergrundinformationen anzubieten. Wir haben angefangen, ein Archiv mit Arbeiten von Künst-lerInnen aufzubauen, zu welchen wir Parallelen mit unseren Schriftentwicklungen sehen. Das Entdecken dieser Verwandtschaften sind interessante Momen-te. Schon alleine deshalb sollten wir auch für ältere Schriften solche Hefte machen.®Ihr arbeitet ja beide noch als eigenständige Grafiker. Binnenland könnte man vielleicht als euer gemeinsa-mes Projekt bezeichnen. Wie viel Zeit verwendet ihr auf Binnenland und wie viel auf eure eigenen Projekte?·Das ist eine schwierig zu beantwortende Frage. Es sind oft „Restzeiten“, die wir für Binnenland investie-ren, wenn man das so sagen kann. Wenn eine Schrift soweit steht und beispielsweise noch der Familien-ausbau zu machen ist, sitzt man am Abend ein paar Stunden mit Musik da und ergänzt einen Buchstaben nach dem anderen.Es gibt auch immer Zeiten mit sehr intensiver gemein-samer Arbeit. Vorwiegend, wenn wir beide zusammen am selben Ort sind. Wie im Augenblick in Bern. Aber wenn wir geografisch getrennt sind, der eine in Wien, der andere in Bern, und eine Schrift abgeschlossen ist, kann es gut sein, dass wir eine Weile nichts gemein-sam machen. Das ist von den Projekten abhängig, an welchen wir sonst gerade arbeiten. Vielleicht könnte man sagen, dass wir im Schnitt einen Tag pro Woche an Binnenland arbeiten.®Ich kann das verstehen. Es ist wirklich schwierig detailliert zu sagen, wie lange man für ein bestimm-tes Projekt arbeitet, weil sich viele Dinge auch immer überschneiden und, wie ihr schon gesagt habt, die

Zeit, die man zu Hause oder in seiner Freizeit auf sol-che Dinge verwendet, sehr schwer zu berechnen sind.·Wir sollten mal die Stunden-Erfassung bei Binnen-land einführen. Aber irgendwann haben wir gemerkt, dass es für uns völlig uninteressant und sinnlos ist. Es bedeutet nur noch mehr Aufwand. Wir funktionieren ja eigentlich für uns selbst. Wir sind niemandem Re-chenschaft schuldig. Jeder von uns macht die Arbei-ten, die der andere nicht kann oder nicht machen will und anders herum. Das funktioniert und der geleistete Aufwand gleicht sich irgendwie aus. Wir diskutieren nicht darüber. Wir haben die nichtbeschreibbare, ide-ale Ergänzungssituation.®Da stellt sich mir noch einmal eine Frage: Ihr habt vorhin erwähnt, dass ihr in einer Art Fernbeziehung steht. Wie genau funktioniert das, wenn ihr gemein-sam und doch getrennt an einer Schrift arbeitet?·Am Anfang während des Entwurfsprozess funkti-onieren wir ohne große Absprachen, ziemlich wild durcheinander. Einer von uns zeichnet an irgendei-nem Buchstaben während der andere beispielswei-se Recherchen verfolgt. All dies wird später wieder zusammengeführt. Man bespricht gegenseitig die Entwürfe und arbeitet weiter, eben auch mal an den Buchstaben des anderen. Das ist immer ein Hin und Her – und irgendwann gibt es einen Stand der Dinge, bei dem jeder Eingriff und jede Korrektur auf so viele Zeichen Einfluss hat, dass es genau abgesprochen wer-den muss, in welche Richtung es weiter geht. Diese Änderungen werden beispielsweise farblich markiert, oder es werden kleine Notizen hinterlassen, damit der andere wiederum weiß, was gemacht wurde.®Ich stelle mir das trotzdem schwierig vor, dass ihr räumlich getrennt arbeitet und am Ende aber doch zu einem gemeinsamen Nenner kommen müsst. Wie „brieft“ ihr euch denn, damit eure Entwürfe in diesel-be Richtung gehen?·Meistens beginnt einer von beiden mit einem Buch-staben. Darin zeichnen sich bereits bestimmte Ten-denzen ab, wohin die Schrift gehen soll. Einer von uns möchte aber vielleicht eher runde Formen, der andere eckige, so entstehen die ersten Diskussionsgrundlagen und Fragen. Gerade bei diesem geistigen Austausch ist es besser, wenn wir geografisch am selben Ort sind. Über Telefon und Skype sind solche Diskussionen oft schwierig, weil es zu viele Missverständnisse gibt. Der physische Austausch ist nicht zu unterschätzen.®Jetzt trefft ihr beide euch in München. Die Konferenz habt ihr auf eurer Webseite als Notiz angekündigt. Was wird in der nächsten Notiz stehen? Wie geht es weiter?·Ja, hoffentlich mit den Specimen für die Relevant. Das sollten wir jetzt fertigmachen. Schon allein aus dem Grund, den Künstlern ihren verdienten Respekt zu zollen. Aber das wird schon.®Vielen Dank für das Interview.