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Neunte Ausgabe, Frühling / Sommer 2017

www.dampfzentrum.ch

Dampf-Info

An alle Mitglieder, Gönner und Freunde des Vereins

Dampfzentrum Winterthur.

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Der Verein Dampfzentrum hat sich das Ziel gesetzt, gemeinsam mit der für die Finanzbeschaffung zuständi-

gen Stiftung Dampfzentrum ein der Öffentlichkeit zugängliches Dampfzentrum zu erstellen und zu betreiben.

Und so könnte die Zukunft aussehen: Das Dampfzentrum (ehemals Vaporama Thun), welches einerseits

eine Dampfmaschinensammlung zeigt, mit ausgewählten Objekten im Betrieb unter Dampf. Andererseits gibt

das Dampfzentrum einen offenen Einblick in die Industrieproduktion, Revision von Dampfmaschinen und

Dampflokomotiven, Modellbau und Industriekultur. Veranstaltungen unterschiedlichster Art tragen zusätzlich

bei, dass das Zentrum lebt.

Bild oben:

Röbi Notz, unser neuer Präsident, kompetent und

engagiert.

Titelbild:

Der Balancier unserer Berliner Balancier-

Dampfmaschine (siehe Artikel auf Seite 5 ff.) in

voller Schönheit, aufgenommen am 31. Mai 2015

in unserer Halle 181.

Dampf-Info Neunte Ausgabe, Frühling / Sommer 2017

Die Dampf-Info erscheint in loser Folge im pdf-

Format.

Die Dampf-Info richtet sich an die Mitglieder,

Gönner und Freunde des Vereins Dampfzentrum.

Weiterverbreitung der Dampfinfo ist erwünscht.

Die Beiträge sind urheberrechtlich geschützt.

Redaktion:

Bernhard Studer

Adresse:

VDW

Verein Dampfzentrum Winterthur

Postfach 1706

8401 Winterthur

Internet:

www.dampfzentrum.ch

Mail:

[email protected]

Bankverbindung:

Zürcher Kantonalbank, BIC 700

IBAN CH03 0070 0110 0024 5572 4

Herkunft der Bilder:

Jakob Gehring Seite 2, 3

Peter Hitz Seiten 5 bis 13

Yvonne Scheiwiller Seiten 14 bis 16

Bernhard Studer Seite 1

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Röbi Notz – unser neuer Präsident Von Walter Meier

Robert Notz wurde am 17. November 1946 in

Veltheim geboren. Er ist als jüngstes Kind einer

Grossfamilie aufgewachsen, zusammen mit einer

Schwester und sechs Brüdern.

Er war noch ein kleiner Bub, als die Familie Notz

an die Friedheimstrasse in Oberwinterthur umzog.

In Oberwinterthur besuchte unser Röbi die Pri-

mar- und die Sekundarschule. Von 1962 bis 1966

war er Maschinenschlosser-Lehrling bei den Ge-

brüdern Sulzer. Damals erwachte seine Fussball-

Leidenschaft. Röbi wurde Stamm-Spieler des

Zweitliga-Clubs FC Oberwinterthur. Seinem Fuss-

ballclub ist er bis heute treu geblieben, nach sei-

ner Zeit als Aktivmitglied wurde er Mitglied des

Vorstandes.

Röbis Bruder Karl war Gasturbinenmonteur. Karl

hat Röbi ermuntert, sich ebenfalls weiterzubilden

und die Monteurschule zu besuchen. Röbi hat

diesen Rat befolgt. Danach, nun selber Gasturbi-

nenmonteur, durfte er im Auftrag von Sulzer die

halbe Welt bereisen. Er war dabei, wenn neue

Turbinen aufgestellt und in Betrieb gesetzt wurden,

er unterhielt und reparierte ältere Anlagen.

Und so kam es, dass Robert nach der Revision

einer Turbine irgendwo in der pakistanischen Pro-

vinz nach Karachi reiste, der pakistanischen

Hauptstadt. Dort wollte er einen Freund besuchen.

Dieser Besuch kam zustande, und Röbi lernte

gleich auch noch Candida kennen, seine spätere

Ehefrau.

1974 wurde in Sulz Rickenbach geheiratet.

Candida und Röbi haben zwei Kinder gross gezo-

gen und sind inzwischen vierfache Grosseltern.

Beruflich hat sich Robert stetig weiter entwickelt.

Bei Sulzer wurde er zum Montageinspektor beför-

dert. 1980 wechselte Röbi die Stelle und wurde

Leiter des Montagebüros bei der Schweizerischen

Industriegesellschaft SIG in Beringen. Damals

zügelte die Familie Notz nach Flurlingen, wo sie

heute noch lebt.

Die letzten Jahre arbeitete Robert als Leiter in-

terne Montage für Verpackungsmaschinen. 2011

wurde er pensioniert. Im Unruhestand ist er wei-

terhin sehr aktiv und vielfältig engagiert: Zusam-

men mit seiner Frau hütet er oft und gerne die

Enkelkinder. Oft ist er bei der Gartenarbeit anzu-

treffen. In Zürich führt er Besuchergruppen durch

das Dadahaus. Für die Senioren des FC Oberwin-

terthur organisiert er auch Wanderungen in der

Umgebung von Schaffhausen. In Flurlingen ist er

als Friedensrichter tätig. Und schliesslich ist er in

unserem Dampfzentrum sehr aktiv. Er arbeitet

gerne an den Maschinen, aber auch als Führer

durch unser Schaulager wird Röbi sehr geschätzt.

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Unser Weg in die Zukunft ist offen Von Stephan Amacker, Präsident Stiftung Dampfzentrum Winterthur

2016, das verflixte siebte Jahr, brachte dem

Dampfzentrum 2016 ganz entgegen seinem Ruf

einige entscheidende Weichenstellungen, die uns

aus einer bedrohlich wirkenden Situation heraus-

führten und den Weg in die Zukunft aufzeigten.

2011, nach der Gründung des Vereins und dem

Transport des Sammelgutes nach Winterthur, galt

die Sorge zunächst der Aufstellung der Maschi-

nen und derer Wartung. Es war eine intensive Zeit,

da gleichzeitig der Aufbau der Vereinsstrukturen

erfolgte. Wohl deshalb wurde der absehbaren

Notwendigkeit der Geldmittelbeschaffung nicht die

nötige Aufmerksamkeit gewidmet, bis diese Frage

existenziell wurde. Das 2016 initiierte und durch

private Hilfe aktiv unterstützte Sponsoringkonzept

beginnt nun aber zu greifen. Mit dem Vermieter

Abendrot haben wir einen dreijährigen Mietvertrag

mit Verlängerungs-Möglichkeit abgeschlossen.

Das bringt Ruhe und Sicherheit in unser Projekt.

„Aus der Ruhe kommt die Kraft“. Das durfte man

an der letzten Generalversammlung des Vereins

zur Kenntnis nehmen. Die finanzielle Situation

und die Perspektiven für das Dampfzentrum über-

zeugten die Anwesenden, so dass Rechnung und

Programm einstimmig abgenommen wurden.

Wie war es möglich, dass Stiftung und Verein

nach den dunklen Wolken des vergangenen Jah-

res den Tritt gefunden haben und die Situation

stabilisieren konnten? Nach dem Aufruf im Früh-

ling 2016 erhielten wir die Bestätigung, dass die

Industriegeschichte und damit die Geschichte der

Dampfmaschine sehr wohl im Interesse der Be-

völkerung von Winterthur liegen. Von Anfang an

waren wir dieser Überzeugung, konnten jedoch

ausgerechnet die lokalen Behörden nicht vom

Potential des Dampfzentrums in kultureller und

touristischer Hinsicht überzeugen. Was dann ge-

schah, erfüllt uns mit tiefer Dankbarkeit: Spontan

wurden wir von Mitgliedern lokaler Service-Clubs

und Privaten kontaktiert und erhielten Gelder zu-

gesprochen, die uns erlaubten, die Mietschulden

zu begleichen. Immer wieder haben wir den Satz

gehört: „Das Dampfzentrum darf nicht sterben, es

ist ein wichtiger Teil der Geschichte Win-

terthurs!“ Ein Aufatmen ging durch Stiftung und

Verein und neue Dynamik lebte auf. Unter den

helfenden Händen fanden sich auch professionel-

le Kenner von Werbung und Sponsoring, mit de-

nen wir eine schlagkräftige Koordinationsgruppe

für die Geldbeschaffung aufbauen konnten. Seit

Kurzem steht eine neue Webseite zur Verfügung,

die den Besucher effizient über unsere Angebote

und Anlässe informiert. Die durch die fleissige und

kompetente Technikgruppe herausgeputzten Ex-

ponate können so einem breiteren Publikum vor-

geführt werden und bieten Gewähr dafür, dass

man bei jedem Besuch eine neue Maschine oder

Anlage bestaunen kann. Da sich die Qualität der

einmaligen Sammlung herumgesprochen hat,

nahmen Führungen und Events rasant zu und

führten als positiven Effekt zu einer deutlichen

Zunahme der Mitglieder des Vereins.

Aus dieser sehr aktiven Gruppe wurde an der GV

Robert Notz zum neuen Präsidenten des Vereins

gewählt, so dass auch organisatorisch eine gute

Kontinuität weiter geführt werden kann. Die Stif-

tung konzentriert sich nun hauptsächlich um das

Sponsoring und kann sich den strategischen Zie-

len widmen, die durch die Existenzsicherung zu-

rückgestellt werden mussten.

Immer noch ist die Förderung der Industriekultur

ein Stiefkind bei Bund und Kantonen. Als Mitglied

der Vereinigung VINTES versuchen wir dieses

Manko zu beheben. VINTES wurde mit dem Ziel

gegründet, besseren Zugang zu den Behörden zu

erlangen und führt ihre Generalversammlung am

20. Mai im Dampfzentrum Winterthur durch. The-

ma der gleichentags stattfindenden Podiumsdis-

kussion im Superblock ist die Zukunft des Dampf-

zentrums. Sicher eine interessante Diskussion, an

der zudem die Stadtregierung nebst Repräsentan-

ten aus Denkmalschutz und Museen vertreten

sind.

Es gilt nun den eingeschlagenen Weg weiter zu

verfolgen, was grosse Unterstützung durch Mit-

glieder und Gönner erforderlich macht. Die Chan-

ce besteht, dass wir in den nächsten Jahren unser

Projekt weiter entwickeln und aus dem Schatten

des einfachen Schaulagers heraustreten können.

Es bleibt zu danken: Vor allem den treuen Mitglie-

dern, die die Grundlast der Aufgaben bewältigen

und immer wieder zu Sondereinsätzen bereit sind,

den uneigennützigen externen Helfern, die sich

mit Begeisterung für die gute Sache ins Zeug

legen und sich exponieren, den zahlreichen

Spendern, die meist ungenannt bleiben wollen

und uns die Zukunft gesichert haben – allen ein

herzliches Dankeschön!

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Berliner Balancier-Dampfmaschine, Rettung 5 vor 12

von Peter Hitz

oder wie eine Balancier-Dampfmaschine mit Jahrgang 1859 von Berlin nach Winterthur und nach

einem Ausflug nach Thun ins vaporama wieder nach Winterthur zurückfand.

Am 17. Oktober 1963 schrieb der damalige Prä-

sident der Vereins für ein Schweizerisches

Technisches Museum, H.C. Egloff, eine Anfra-

ge an das Deutsche Museum in München: „Von

befreundeter Seite wurde uns, allerdings über

einige Umwege, telefonisch mitgeteilt, dass in

einer deutschen Zeitung eine Maschine aus Ber-

lin abgebildet sei, die demontiert wird“…“Es dürf-

te eine Balancier-Dampfmaschine sein“. In der

Zeitung sei auch erwähnt, dass eine gleiche im

Deutschen Museum ausgestellt sei und eine

weitere in London. Die jetzt zum Abbruch gelan-

gende sei die Letzte, die überhaupt noch existie-

re“, gemeint ist, am Originalstandort steht.

Herr Egloff zeigte hohes Interesse an dieser Ma-

schine und bat das Deutsche Museum in Mün-

chen um beratende Unterstützung beim Auffin-

den der Maschine und bei der Beschaffung einer

ausführlichen Beschreibung zu der angebotenen

Maschine. Postwendend schrieb das Deutsche

Museum „Was Ihre telefonische Anfrage we-

gen der Erwerbung einer Balancier-

Dampfmaschine betrifft, so raten wir Ihnen,

sofort zuzugreifen“.

Mehrere Dokumente und die Antwort des Deut-

schen Museums zeigen, dass eine Firma Göde-

cke & Co., Chemische Fabrik AG in Berlin, die

Eigentümerin einer solchen Maschine sei und

bereits am 24. April 1963 dem Deutschen Muse-

um folgende Angaben zu ihrer Dampfmaschine

machte, die sie loswerden wollte. Die 1-Zylinder-

Balancier-Dampfmaschine wurde 1887 als

werksinterne Wasserpumpe zu einem Preis von

8‘700.-- Goldmark angeschafft. Die 1859 von der

Berliner Aktiengesellschaft für Eisengiesserei und

Maschinenfabrikation in Charlottenburg gebaute

Maschine befand sich bis 1887 an einem heute

nicht mehr bekannten Ort. Nachdem das Deut-

sche Museum nun aber kein Interesse an der

Balancier-Dampfmaschine bei Gödecke in Berlin, 1963

Maschine zeigte, weil es bereits eine vergleich-

bare in seiner Sammlung hatte, erbat Gödecke

vom Museum eine Liste der Institutionen, die an

dieser Maschine interessiert sein könnten. Darin

wurde auch der in Winterthur domizilierte Verein

für ein Schweizerisches Technisches Museum

aufgeführt, der in der Folge aber nicht kontaktiert

wurde.

Den technischen Angaben folgte die Anmerkung,

dass sich die Maschine in einem sehr engen

Raum befände und das Anfertigen von Fotos

schwierig sei. Weil sich bis dato bei Gödecke

kein Interessent gemeldet hatte, wurde bereits

ein Verschrottungsauftrag erteilt.

Der Verein für ein Schweizerisches Technisches

Museum nahm daraufhin direkt mit der Firma

Gödecke und insbesondere mit Herrn E. Gianni-

ni, in deren Werk in Freiburg im Breisgau, Kon-

1-Zylinder-Balancier-Dampfmaschine Baujahr 1859

Zylinderdurchmesser: 320 mm

Hub: 670 mm

Dem Balancier sind angehängt:

2 Nassluftpumpen von 250 mm, 400 mm Hub

2 Wasserkolbenpumpen: 130 mm, 140 mm, 235 mm Hub

1 Speisepumpe: 113 mm, 150 mm Hub

(horizontal vor der Maschine gelagert)

Schwungrad: 3000 mm, 280 mm Breite

(durch schmiedeeisernes Geländer abgesperrt)

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takt auf. Giannini bestätigte am 23. Oktober 1963

unter anderem: „Besitzer der Maschine ist unser

Werk in Berlin, d.h. die Firma Gödecke & Co.

Chemische Fabrik AG, 1 Berlin 10, Salzufer

16“ und weiter „Die Firma Gödecke ist gerne

bereit, die Dampfmaschine kostenlos abzugeben.

Es werden jedoch durch die Demontage Kosten

entstehen, die die Firma nicht übernehmen kann“.

Zeitgleich wurde der Verschrottungsauftrag aus-

gesetzt.

Der Winterthurer Vereinsvorstand versuchte da-

raufhin abzuklären, wie sinnvoll die Beschaffung

einer solchen Maschine für das geplante Muse-

um sei. Weil hohe Kosten befürchtet wurden,

fasste man eine „Spezial-Betteltour“ ins Auge.

Nach dem Stand der Informationen stand fest:

„Das Interesse an dieser Balancier-Dampf-

maschine war sehr gross, da jedes Technische

Museum erpicht ist, ein solches Objekt dem

Beschauer zeigen zu können.

E. Vogel, Verwalter des Sammelgutes, schrieb

am 6. November 1963 an E. Giannini: „Herr

Egloff hat mir den Auftrag erteilt, die Demontage

sowie den Abtransport der Balancier-Dampf-

maschine zu organisieren. Dabei blieb noch un-

klar, ob Werkzeuge aus der Schweiz mitgenom-

men werden müssen und mit welcher Hilfe von

Mitarbeitern des Werks in Berlin zu rechnen ist.

Mit dem beigelegten Fragebogen sollte einiges

geklärt werden.» Postwendend traf die Antwort

aus Berlin ein: Die nötigen Werkzeuge würden

fehlen, ein Kran sei keiner vorhanden.

Weil die vorhandenen Unterlagen für einen ab-

schliessenden Entscheid noch nicht ausreichten,

wurden mit Brief vom 2. Dezember 1963 weitere

Informationen angefordert und ein Besuch in

Berlin ins Auge gefasst. Geklärt werden musste

auch, ob der Transport von solchen Gütern durch

die Zone (gemeint ist der Transport auf der Inter-

zonen-Autobahn durch die damalige DDR) Prob-

leme bereiten könnte.

Weil der Vorstand des Vereins für ein Schweize-

risches Technisches Museum klar die Absicht

äusserte, die Maschine zu erwerben, wurde der

Auftrag zur Verschrottung endgültig storniert. Der

Termin für die Demontage und den Transport

wurde aus betriebstechnischen Gründen auf

anfangs 1964 festgelegt.

An Hand weiterer Unterlagen aus Berlin konnte

mit Brief vom 28. Januar 1964 festgehalten wer-

den: „Die Bilder zeigen sehr deutlich, dass mit

Ausnahme von Zubehörteilen, wie z.B. die ge-

schweissten Rohrleitungen und vielleicht einigen

Armaturen, die Maschine heute noch aus den

Originalteilen zusammengesetzt ist, was man

fast als ein Wunder bezeichnen kann.“

Oberingenieur R. Schläpfer, Ingenieur bei Sulzer

und Vereinsmitglied, gelang es, nach einem ge-

schäftlichen Besuch bei der AEG in Berlin bei

Gödecke einen Augenschein von der Balancier-

Dampfmaschine zu nehmen. Er berichtete: „Man

erachtet es als Wunder, dass diese Maschine

von den Bombenangriffen verschont und nicht

der Sammelwut der Russen zum Opfer gefallen

ist.“ Mehrere Details zur Demontage und den

notwendigen Werkzeugen, z.B. Flaschenzug,

und bezüglich der Hilfskräfte, hatte er vor Ort

besprechen können. „Demontage und Transport-

probleme könnten auftauchen, weil die Raum-

verhältnisse sehr eng sind.“ Deshalb die Bemer-

kung: „Herr H. G. Kunert, Prokurist beim Pfeil-

ring-Werk A.G., ist aber bereit, eine Demontage-

öffnung an geeigneter Stelle schlagen zu lassen“.

Zur Maschine hält Schläpfer fest: „Die Maschine

ist in einem tadellosen Zustand. Mit Staub be-

deckt aber nicht verrostet“. Als Stifter oder Dona-

tor möchte Herr Kuhnert die Pfeilringwerke Ber-

lin-Charlottenburg bezeichnen. Dieses Werk

mache kosmetische Artikel und gehöre seit eini-

ger Zeit zu den Gödecke Werken.

Demontage und Transport der Balancier-

Dampfmaschine nach Winterthur

Der folgende Text stützt sich auf den Reise- und

Arbeitsbericht von E. Vogel, Verwalter des Sam-

melgutes beim Verein für ein Schweizerisches

Technisches Museum, vom 19. März 1964.

Nach der Anreise am Sonntag 1. März 1964 mit

Flug von Kloten über Frankfurt nach Berlin, Flug-

höhe 3‘000 m bei guter Sicht und Hotelbezug,

machte Herr Vogel einen Orientierungsspazier-

gang zu den Pfeilringwerken am Salzufer.

Am 2. März 1964 begann die Arbeit mit der Be-

sichtigung der Maschine. Danach kontaktiert

Vogel die Firma Kühne & Nagel, die den Trans-

port übernehmen sollte. Für eine gemeinsame

Besichtigung der Maschine kam Herr Bacher von

Kühne & Nagel ans Salzufer. Gleichzeitig nahm

Vogel Verbindung mit Herrn Dorn auf, einem

AEG-Ingenieur, der zuvor bereits Herrn Schläpfer

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seine Mithilfe bei der Demontage versprochen

hatte. Dorn wollte auch die benötigten Hebe-

werkzeuge bereit stellen. Schwierigkeiten wurden

erst erwartet, wenn die schweren Stücke ange-

hoben werden mussten.

Arbeitsbeginn war am Dienstag 3. März 1964 ist

um 6.45. Noch fehlt das zum Abheben des Ba-

lanciers dringend notwendige Dreibein. Viele

werksinterne Besucher wollten nun plötzlich das

in Vergessenheit geratene Wunderding, das nun

demontiert werden sollte, nochmals besichtigen.

Kühne & Nagel wollte am Freitag verladen. Doch

ohne die für die Demontage erforderlichen Werk-

zeuge würde sich dieser Termin wohl kaum ein-

halten lassen. Kühne & Nagel versprach deshalb,

einen zusätzlichen Hilfsarbeiter für den Transport

aus dem Maschinenhaus auf einen Depotplatz

zur Verfügung zu stellen.

Zum Arbeitsbeginn am 4. März erschien dieser

junge Bursche. „Nachdem er seine Stulle ver-

drückt hatte, ging er sofort an die Arbeit. Er er-

wies sich als bedeutend ideenreicher als der

Mann von der AEG“. Pumpen und Zylinder wur-

den ausgebaut und verladebereit auf den Depot-

platz gestellt. Nun zeigte sich, dass der Ausbau

der Grundplatte zu einer grossen Herausforde-

rung werden würde. Die Platte war sehr gut ein-

gemauert.

Demontage des Schwungrades

Donnerstag, 5. März 1964. „Für das Zerlegen der

Schwungradteile brauchten wir heute den ganzen

Tag. Die Keile liessen sich mit dem Vorschlag-

hammer lösen, nachdem ich Keiltreiber ge-

schmiedet hatte. Morgen werden wir das Spei-

chenrad noch zerlegen.

Am 6. März 1964 gingen die Arbeiten gut voran,

das Speichenrad wurde zerlegt. Nach dem Aus-

treiben der Verschalung des Deckenbalkens

konnte der Flaschenzug aufgehängt werden.

„Das Abheben des Balanciers war nicht so ein-

fach, wie es am Anfang schien.“ Der Weg des

Flaschenzuges erlaubte nicht, direkt zu fahren.

Bosch-Hammer für das Freilegen der Grundplatte

Ein Abfangen und Umhängen war unumgänglich.

Die Säule löste sich nach einigem Hin- und Her-

ziehen mit dem Flaschenzug gut.“ .. „Bei der

Abtrennen der Fundamentschrauben

Grundplatte zeigte sich, dass die Zugschrauben

der Säule gleich auch die Fundamentschrauben

waren. Bei einer Baufirma, die Bauarbeiten in

den Pfeilringwerken ausführte, konnte ich mir

einen Bosch-Hammer ausleihen. Mit diesem war

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es möglich, die Fundamentschrauben freizulegen

um sie dann abzutrennen. Die Firma Kühne &

Nagel ist verständigt. Der Transport ist auf Mon-

tagmorgen versprochen. “

Samstag, 7. März 1964: Es ist geschafft! „Mit

dem Mann von der Firma Kühne & Nagel habe

ich heute die Fundamentplatte ausgefahren und

aus dem Maschinenhaus transportiert“… „Ich

habe mir erlaubt, den jungen Mann zum Mittag-

essen einzuladen“…. „Es ging alles ohne Mauer-

durchbruch“. Der Rückflug in die Schweiz wurde

gebucht.

Der Montag 9. März 1964 wurde nun für das

Beladen und den Abtransport bestimmt, aber „um

9 Uhr noch kein Lastwagen. 9.15 Uhr habe ich

mit der Firma Kühne & Nagel telefoniert, wo der

gewünschte Wagen stecke.“ Antwort: Nach ei-

nem Fernschreiben aus der Schweiz sei das

Fahrzeug im Schnee stecken geblieben. Seine

Ankunft in Berlin sei am Dienstag zu erwarten,

am Morgen oder am Nachmittag. Was tun? E.

Vogels Rückflug war gebucht, sein Hotelzimmer

weitervermietet. Kunert, der Prokurist der Pfei-

ling-Werke, hatte zugesagt, dass seine Leute das

Verladen überwachen würden. Und so flog denn

Vogel an diesem Dienstag, dem 10. März 1964,

mit PAN AMERICAN über Frankfurt zurück nach

Kloten.

Die Balancier-Dampfmaschine, aufgestellt im Technorama

Am Mittwoch 11. März 1962 meldet Kühne &

Nagel, der Lastenzug würde am Donnerstag 12.

März 1964 an der Schweizer Grenze in Thayn-

gen erwartet. Mit Datum vom 6. Februar 1964

wurde für die Balancier-Dampfmaschine ein Zoll-

befreiungsgesuch an die Zollkreisdirektion

Schaffhausen gestellt. Diesem Gesuch wurde am

28. Februar 1964 entsprochen. Für die Ausfuhr

der Maschine musste jetzt nur noch eine Aus-

fuhrgenehmigung des Senators für Wissenschaft

und Kunst in Berlin eingeholt werden.

Am Donnerstag 12. März 1964 erfolgten die Ver-

zollung und der Weitertransport nach Winterthur.

Pünktlich um 14.00 Uhr traf die Fuhre zur Einla-

gerung bei der Lagerhalle ein. Verwalter Vogel

hält abschliessend fest: „Ich habe Inventar ge-

macht, es fehlt kein Stück. Und mit Ausnahme

einer leichten Beschädigung an der Isolation des

Dampfzylinders ist alles heil angekommen“.

Ausgestellt im Technorama Winterthur

Die Sammlung des Vereins für ein Schweizeri-

sches Technisches Museum, darunter auch die

Berliner Balancier-Dampfmaschine, wurde von

der 1969 gegründeten Stiftung Technorama der

Schweiz übernommen, deren Zweck es ist, „Wis-

senschaft und Technik in lebendiger Schau“ dar-

zustellen. Ab 1982 wurden die repräsentativsten

Objekte der Sammlung, darunter auch die Balan-

cier-Dampfmaschine, im Technorama ausgestellt.

Die Maschine wurde oberflächlich restauriert und

auf einem Gestell so aufgebaut, dass auch das

Schwungrad an der Kurbelwelle angebaut wer-

den konnte. Im Technorama-Leitbild von 1990

haben die Zeugen der industriellen Vergangen-

heit ihre einstige Bedeutung aber komplett ein-

gebüsst. Fast alle historischen Maschinen und

Geräte sind danach an andere Institutionen wei-

tergegeben oder, wenn sich keine Interessenten

gefunden haben, zur Verschrottung freigegeben

worden.

Zwischenhalt im vaporama in Thun

1998 – 2011

Die Balancier-Dampfmaschine in Thun, wo sie im vaporama-

Museum hätte ausgestellt werden sollen.

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1975 wurde der Verein Schweizerisches Dampf-

maschinen Museum Thun gegründet, seit 1976

vaporama genannt. 1984 richtete das vaporama

seine provisorischen Lagerräume sowie eine

Werkstatt in der ehemaligen Schadaugärtnerei in

Thun ein. Die vorher verstreut gelagerten Sam-

melobjekte wurden dorthin verbracht. Die 1998

gegründete Stiftung vaporama konnte vom Tech-

norama insgesamt 15 Maschinen als Leihgabe

übernehmen, darunter auch die Berliner Balan-

cier-Dampfmaschine. In Thun wurde diese ohne

Schwungrad aufgestellt und konnte, versehen mit

einem angebauten Motor, in Bewegung gesetzt

werden. 2006, nachdem der Kanton Bern die

finanzielle Unterstützung des vaporama einge-

stellt hatte und auch die Stadt Thun ihre Beiträge

kürzte und die versprochene Ausstellungshalle

nicht mehr zur Verfügung stellen wollte, begann

der Überlebenskampf der Sammlung vaporama.

2011: von Thun nach Winterthur

Die auf einem Tieflader transportierte Balancier-Dampf-

maschine trifft im Dampfzentrum Winterthur ein

Nachdem die Stiftung vaporama dem Antrag des

neu gegründeten Vereins Dampfzentrum Win-

terthur, die Sammlung zu übernehmen, zuge-

stimmt hatte, begann am 15. Juni 2011 der Um-

zug des vaporama-Sammelgutes von Thun nach

Winterthur. Am 3. November 2011 wurde die

Stiftung Dampfzentrum Winterthur gegründet,

seither Eigentümerin der früheren vaporama-

Sammlung. Der Verein Dampfzentrum Winterthur

sorgt für den Unterhalt und den Betrieb des

Schaulagers.

Im Schaulager in der Halle 181 im

Dampfzentrum Winterthur

Und so gelangte die Balancier-Dampfmaschine

am 28. November 2011 ein weiteres Mal auf

einen provisorischen Standort: Seither steht sie

in der Halle 181 im ehemaligen Winterthurer Sul-

zer-Areal. 2014 wurde sie restauriert und auf das

Gestell montiert, ohne Verkleidung, dafür aber

mit Durchblick zum Schwungrad.

Die mit einem Elektroantrieb betreibbare Maschi-

ne ist das älteste Objekt in unserer Sammlung.

Sie ist ein technikgeschichtliches Schmuckstück

ersten Ranges, das begeistert. Wollen wir träu-

men? Stellen wir uns vor, die Maschine stünde

fest montiert an einem längerfristig gesicherten

Standort. Sie würde mit Dampf betrieben und

würde Wasser pumpen. Ein Erlebnis der ganz

besonderen Art!

Balancier-Dampfmaschine mit Elektroantrieb, ein Schwer-

punkt im Dampfzentrum Winterthur

Wir alle – das Dampfzentrum, die Stadt

Winterthur und die Kulturinstitutionen

von Kanton und Bund, sollten der Berli-

ner Balancier-Dampfmaschine zeigen,

dass sie in Winterthur willkommen ist

und hier eine neue, definitive Heimat ge-

funden hat.

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Notizen aus Werkstatt und Ausstellung Von Peter Hitz

Die aktiven Mitglieder des Vereins Dampfzentrum Winterthur konnten 2016 mehrere weitere historisch be-

deutende kleine Maschinen aus der einmaligen Sammlung betriebsbereit aufarbeiten. An den Führungen

durch unser Schaulager können diese Dampfmaschinen mit Druckluft oder mit Elektroantrieb in Gang ge-

setzt werden. So wird ihre Arbeitsweise sichtbar. Sie arbeiten als Pumpen, treiben Generatoren oder Bau-

maschinen an, versorgen über Transmissionen Werkstattmaschinen mit Antriebskraft und zeigen, wie

Dampfschiffe in Fahrt kommen. Damit sind nun aber die in der Halle 181 gebotenen Möglichkeiten ausge-

schöpft. Ein echter Dampfbetrieb ist in dieser Halle nicht möglich, und ohne grössere bauliche Massnahmen

können unsere Grossmaschinen weder vollständig aufgebaut noch betrieben werden. Uns bleiben War-

tungs- und Erhaltungsaufgaben und wir hoffen, dass wir auch die eine oder andere Grossmaschine am defi-

nitiven Standort unseres Dampfzentrums einmal aufbauen dürfen und betreiben können.

Das Werkstattteam

Jeden Mittwoch treffen sich aktive Mitglieder des

Vereins Dampfzentrum Winterthur. Im Schaulager

wird der Maschinenpark gewartet, Renovations-

projekte werden voran getrieben und die Ausstel-

lung wird für Führungen und Feste erweitert. Wir

haben Gruppen gebildet, die sich gezielt ihren

Aufgaben widmen. Bei Kaffee und Gipfeli wird

besprochen, wer was machen will und welche

fachliche Unterstützung und welche Geräte benö-

tigt werden.

Starthilfe: Kaffee und Gipfeli

Neben diesem Gedankenaustausch war im ver-

gangenen Winter der Kaffee eine stets willkom-

mene Starthilfe, waren doch die Temperaturen in

der Halle oft nur leicht über Null Grad. Da war es

auch zwingend, dass Kleidung und Schuhwerk

den winterlichen Verhältnissen angepasst waren.

Für längere Besprechungen boten sich freiste-

hende Schulungsräume oder das Restaurant

„Schwanen“ an, wo sich unsere Leute regelmäs-

sig zum Mittagessen eingefunden haben. Bei der

Buchung von Führungen im Winterhalbjahr wurde

ebenfalls darauf hingewiesen, dass in der Halle

winterliche Temperaturen herrschen.

Unterhaltsarbeiten - eine stetige Heraus-

forderung

Zu den wichtigsten Unterhaltsarbeiten gehören

das Überprüfen der Funktionalität sowie das Rei-

nigen und Schmieren der Maschinen und Gerät-

schaften. Verständlicherweise stehen Reinigen

und Schmieren in der Beliebtheitsskala nicht ganz

zuoberst. Doch für den Erhalt unserer Sammlung

sind diese Arbeiten unerlässlich.

Tropföler an der Steuerwelle der grossen Tandemmaschine

Auch nach den Renovationen in und um die Halle

181 ist die Luft immer noch sehr staub-haltig. Dies

deshalb, weil sowohl unsere Werkstatt wie auch

jene unserer Mitmieter nicht in abgetrennten

Räumlichkeiten untergebracht sind. Der Schmutz

lagert sich auf unserem Sammelgut ab.

Nur gut geschmierte Lager in den historischen

Maschinen garantieren einen störungsfreien Be-

trieb. Es sind in der Regel Gleitlager. Um das

Gleiten widerstandsärmer zu machen, werden je

nach Lager verschiedene Schmierapparate ein-

gesetzt. Neben den Tropfölern, die dem Betrach-

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ter einer Dampfmaschine sofort ins Auge fallen,

stehen, je nach Aufgabe, weitere Schmierappara-

te wie Dochtschmierer, Staufferbüchsen oder

Schmierölpumpen im Einsatz.

Renovationen: Was ist zweckmässig, wo

sind die Grenzen?

Am Anfang stellt sich immer die gleiche Frage:

Welche Aufgabe kann die Maschine in welchem

Zustand im Schaulager wahrnehmen und mit wel-

chem Aufwand kann dieser Betriebszustand er-

reicht werden? Der anzustrebende Zustand bei

einer Dampfmaschine ist der Dampfbetrieb. Die-

ser kann einerseits mit vertretbarem Aufwand oft

nicht erreicht werden und andererseits macht es

bei grossen Maschinen keinen Sinn, wenn sie

zwar renoviert sind, aber im provisorischen

Schaulager in der Halle 181 nicht aufgestellt und

Die Labormaschine der ETH Zürich muss warten

betrieben werden können. Wenn nur die Dampf-

versorgung fehlt, kann eine Maschine auch mit

Druckluft zum Laufen gebracht werden. Im Innern

unserer Halle 181 ist ein „in-house“-Dampfbetrieb

schlicht nicht möglich. An Festen oder bei PR-

Aktionen streben wir immer einen Echtdampf-

Betrieb an, dieser findet aber zwingend im Freien,

ausserhalb der Halle statt.

Maschinen, deren Dampfantriebe nicht oder noch

nicht betriebsbereit renoviert sind, können nicht

mit Druckluft betrieben werden. Je nachdem ist es

aber möglich, solche Maschinen oder Teile davon

mit einem Elektromotor zu bewegen. Das erlaubt

uns, den Besuchern wichtige Bewegungsabläufe

wie beispielsweise die Ventilsteuerung für die

Dampfzufuhr zeigen und erklären zu können.

Transmission: Kraftübertragung zu den

Arbeitsmaschinen

Jahrzehntelang haben Transmissionen die Ar-

beitsmaschinen in den Werkstätten und Fabriken

angetrieben. Am Anfang wurde die Kraft von

Wasserräder und Wasserturbinen bezogen. Die-

ses zentrale Kraftangebot wurde selbst in der

wasserreichen Schweiz mehr und mehr von

Dampfmaschinen übernommen, weil die Kohle zu

deren Betrieb mit der damals neuen Eisenbahn

schnell und günstig an jeden Ort angeliefert wer-

den konnte. Die Wasserkraft war zwar billig, aber

die schwankende Wasserführung und die Über-

nutzung der Bäche und Flüsse verunmöglichten

aber eine stets gleich bleibende Kraftversorgung.

Transmission: Endmontage und Fototermin

Einrichten der Frequenzsteuerung

Im vaporama in Thun war seinerzeit eine Werk-

statt mit drei über Transmissionen angetriebenen

Arbeitsmaschinen eingerichtet. Ein Elektromotor

trieb die Transmissionen an.

In der Halle 181 steht dieser Platz leider nicht zur

Verfügung. Um auf kleinem Raum die Funktion

einer dampfbetriebenen Transmission trotzdem

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zeigen zu können, haben wir eine kleine Wand-

dampfmaschine und eine Bohrmaschine auf einen

gemeinsamen Sockel montiert und über eine

Transmission miteinander verbunden. Die Ma-

schine kann mit Dampf, ersatzweise aber auch

mit Druckluft oder mit einem Elektromotor ange-

trieben werden. Der zusätzliche Elektroantrieb ist

sinnvoll, weil damit die „Transmissionswerk-

statt“ auch an Orten vorgeführt werden kann, wo

weder Dampf noch Druckluft zur Verfügung ste-

hen.

Kolbendampfmaschine: Einblicke schaf-

fen Klarheit

Kolben, Schieber und Exzenterstangen

Die Kolbendampfmaschine ist der wichtigste

Dampfmaschinentyp in der Sammlung. Um die

wesentlichen Teile einer Kolbendampfmaschine

und ihre Funktion den Besuchern gleich zu Be-

ginn einer Führung erklären zu können, wurde

eine kleine 1-Zylinder-Wanddampfmaschine, einst

in einer Käserei installiert, als Demonstrationsob-

jekt aufgearbeitet. Schieberkasten und Zylinder

sind offen und geben einen Einblick in die wich-

tigsten Teile einer Kolbendampfmaschine.

Willkommen im Dampfzentrum!

Um das aufeinander abgestimmte Spiel all dieser

Teile zeigen zu können, haben wir am Schwung-

rad einen Griff befestigt. Mit einer Drehung lässt

sich das Zusammenspiel aller Teile zu einer Kol-

bendampfmaschine zeigen. Alle wichtigen Teile

haben wir mit unterschiedlichen Farben eingefärbt.

Das erleichtert das Erklären. Das Gehäuse ist

schwarz, der Zylinderblock blau, die Steuerung

gelb, Kolben, Kreuzkopf und Kurbel sind rot. Aus

Sicherheitsgründen wurden die Öffnungen mit

Plexiglas abgedeckt. Die Maschine steht zwi-

schen den beiden Stellwänden „Geschichte der

Dampfmaschine“ und „Industriekultur im Dampf-

zentrum“ und bietet so unseren Führern die ideale

Möglichkeit, hier die Führungen zu beginnen.

Vorführungen bereichern die Führungen

Dampfdynamo: Bringt Licht und Sicherheit

Die Stromproduktion mit dem kleinen Dampfdy-

namo wird bei jeder Führung zum Aha-Erlebnis.

Dies ganz besonders bei jenen Besuchern, bei

denen das Geschehen hinter der Steckdose eine

„Black Box“ ist. In der Halle - betrieben mit Druck-

luft – kann neu Spannung und Stromstärke durch

das Zuschalten von 2 Verbrauchergruppen mit je

Dampfdynamo mit Lavalturbine

5 Glühbirnen gezeigt werden. Ergänzt mit dem

daneben aufgestellten „Innenleben“, Schaufelrad

und Reduziergetriebe, lässt sich die Funktions-

weise eines Dampfdynamos mit Lavalturbine ein-

fach erläutern. Auf den Schiffen wurden früher

mit solchen Stromquellen nicht nur die Beleuch-

tung, sondern auch die Signalisation verbessert.

Unsere Besucher sind immer wieder überrascht,

wenn wir ihnen erklären, dass in der Schweiz 40%

des elektrischen Stromes mit Maschinen produ-

ziert wird, die im Grundsatz gleich funktionieren

wie dieser historische Dampfdynamos von 1899!

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Eine moderne Dampfturbinen hat gewaltige Aus-

masse und entspannt den Dampf mehrstufig. Eine

neben dem Dynamo aufgestellte Schaufel neue-

ren Datums zeigt die Dimensionen von Dampftur-

binen, wie sie in Kernkraftwerken einen riesigen

Generator über eine gemeinsame Welle antreiben

und Strom in Megawatt-Stärke produzieren.

Löcher bohren mit Transmissionsantrieb

Wir wollen unsere Besucher aktiv an den De-

monstrationen mitwirken lassen. Deshalb haben

wir die Transmissionswerkstatt so eingerichtet,

dass der Besucher mit der über eine Transmissi-

on angetriebenen Bohrmaschine selber arbeiten

kann. Dazu haben wir einem Holzklotz mit dem

Logo des Dampfzentrums so vorbereitet, dass 6

Löcher gebohrt werden können. Pro Klotz muss

ein Obolus von 8 Franken entrichtet werden.

Selbst gemachter Farbstifthalter

Steht dieser Holzklotz mit den 6 selber gebohrten

Löchern zuhause auf dem Schreibtisch, ist das

einerseits praktisch und erinnert andererseits die

Besitzerin oder den Besitzer stets ans Dampfzent-

rum. Sie oder er soll uns nicht vergessen und

ihren und seinen Freunden und Bekannten einen

Besuch im Dampfzentrum Winterthur empfehlen.

Für die Kinder ist die „Produktion“ eines Farbstift-

halters der Höhepunkt jeder Führung durchs

Dampfzentrum. Auch das bringt uns jedes Mal

einen kleinen Zustupf an die Unterhaltskosten.

Druckluft, begehrt aber knapp

Weil uns derzeit nur ein Kompressor für den

Druckluftbetrieb zur Verfügung steht, haben wir

ein weit verzweigtes Verteilnetz mit Anschlüssen

zu jeder Maschine aufgebaut. Finden gleichzeitig

mehrere Führungen statt, kommt die Maschinen-

bedienung manchmal kräftig ins Schwitzen. Es

kommt vor, dass gleichzeitig mehrere unserer

Führer Druckluft für den Vorführ-Betrieb verlangen.

Momente, welche die Führer geschickt mit Zu-

satzinfos überbrücken müssen.

Verteilzentrale für die Druckluftversorgung

Das In-Gang-setzen der mit Elektroantrieb ausge-

rüsteten Maschinen lässt sich vom Museumsfüh-

rer eigenständig bewerkstelligen.

Diese Zusammenstellung zeigt, dass an Füh-

rungen insgesamt 13 teils sehr unterschiedli-

che Maschinen betrieben werden können. Die-

ses beeindruckende Angebot verdient hohe

Anerkennung. Herzlichen Dank an die Werk-

statt und an das Führerteam! Mehr „Le-

ben“ lässt sich im Provisorium allerdings

kaum mehr erreichen.

Betrieb mit Elektromotor

- die Balancier-Dampfmaschine, Pfeilringwerke Berlin

- die Dampfmaschine aus dem Dampfschiff „Giessbach III“

- die Dampfmaschine aus dem Dampfschiff „Lützelau“

- die Ventilsteuerung der grossen Tandem-Dampfmaschine

Betrieb mit Druckluft

- Die Dampfmaschine des Eimerkettenbaggers

- die Wanddampfmaschine als Teil der Transmission

- die BBC–Dampfturbine aus dem Technikum Biel

- die Teerölpumpe aus dem Holzwerk Renfer in Biel

- die Dampf-Duplexpumpe von Heberlein in Wattwil

- der Steinbrecher von Richi in Weinigen

- das Halblokomobil von Escher Wyss aus Biasca

- Die 2-Zylinder-Labormaschine aus dem Technikum Biel

- der Dampfdynamo aus dem Dampfschiff „Giessbach III“

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Steam Museum Bolton von Yvonne Scheiwiller

Vom englischen Dampfmuseum in Bolton, untergebracht in einer eindrücklichen Backsteinhalle, kann das

Dampfzentrum Winterthur viel lernen: Auch in Bolton werden Dampfmaschinen hervorragend gepflegt, damit

bleibt Wissen erhalten – aber in Bolton geschieht dies ohne den Druck finanzieller Engpässe.

Bolton, eine abgetakelte alte Industriestadt, liegt

unweit von Manchester. Die nahe Grossstadt hat

sich stark modernisiert, dabei aber den Charakter

einer Industriestadt bewahrt. Bolton hingegen tut

sich schwer: Man sieht Arbeitslose herumhängen

und ganze Quartiere hinterlassen einen seltsa-

men Eindruck von Verwahrlosung, Fremdheit und

Ungeliebtheit. Das sieht man aber nur, wenn man

das Dampfmuseum quasi durch den Hinterein-

gang und die alten Quartiere aufsucht (oder sucht

– es ist weit vom Bahnhof entfernt). Man kann

aber auch einen Bus dorthin nehmen resp. der

Hauptstrasse folgen. Die ehemalige Baumwollla-

gerhalle, in dem sich das Museum heute befindet,

liegt neben einem Supermarkt.

Das Steam Museum liegt in Bolton etwas abgelegen von den

trendigen Orten, dafür ist das Land umso billiger und die Halle

ein Backstein-Meisterwerk.

Das Dampfmuseum ist in einer wunderschönen

Halle untergebracht, zu bezahlbaren Bedingungen

und im Baurecht auf 90 Jahre (!) abgesichert.

Doch jede Medaille hat zwei Seiten. Das Boltoner

Museum liegt nicht sehr zentral, vom Bahnhof her

ist es nicht einfach zu finden.

Auch in Bolton hat man klein angefangen, an ei-

nem anderen Standort. Wie bei uns in Winterthur

mussten die schweren Maschinen gezügelt wer-

den. Die alte und relativ leicht gebaute Museums-

halle erlaubt lediglich den Einsatz eines leistungs-

schwachen Hallenkränchens. Das führt jedes Mal

zu einem beträchtlichen Aufwand, wenn Ausstel-

lungsgegenstände verschoben werden müssen.

Die Engländer haben den Vorteil, dass sie bereits

eine Weltsprache sprechen und ihr Webauftritt auf

Englisch ist. Sie können damit potentiell die ganze

Welt ansprechen. Und so leben denn auch viele

Oben und unten: Blicke durch die grosse Halle. Die Halle hat

drei Ebenen: Auf dem Grund wurde ein zweiter Boden einge-

baut, um die Schwungräder und anderen tiefer liegenden Teile

der Dampfmaschinen einzubauen. Durch die Halle führt ein

Laufsteg, von dem aus man auf die kleinen Maschinen runter-

schauen und den grossen Maschinen in die Augen resp. auf

den Balancierarm schauen kann.

Mitglieder in Übersee. Unter den Mitgliedern seien

auch die Holländer gut vertreten. Ein englisch-

sprachiger Auftritt, mindestens aber eine eng-

lischsprachige Zusammenfassung auf der Inter-

net-Seite, ist für ein Nischenprodukt wie ein

Dampfmuseum äusserst wichtig. In Bolton ist der

Nutzen offensichtlich: Das Steam Museum lebt zu

einem grossen Teil von Beiträgen von Mitgliedern,

die nicht in der näheren Region oder im restlichen

Grossbritannien wohnen, sondern im europäi-

schen Ausland oder sogar in Übersee.

Die bunten Maschinen in der Halle machen auf

die Besucherin aus der Schweiz einen sehr un-

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Die mustergültig gestaltete Webseite www.nmes.org des

Museums: Jede Maschinen wird vorgestellt, es wird mit mo-

dernen Kommunikationsmitteln gearbeitet.

gewohnten Eindruck. Diese Buntheit ist man sich

von Schweizer Dampfmaschinen nicht gewohnt.

Bei uns sind nur die Schiffsdampfmaschinen far-

benfroh. Ob diese Farben historisch belegt sind,

ist nicht in jedem Fall belegt. Bekannt ist aber,

dass Dampfmaschinen die Schauobjekte des 19.

Jahrhunderts waren, entsprechend wurden sie

hergerichtet und bemalt. Diese Farbenpracht

spricht auch Nichttechniker an, denen die Ma-

schinen aus ästhetischen oder architektonischen

Gründen gefallen. Auch die Steam Punks dürfte

diese Jules-Verne-Welt begeistern. Während man

bei den Farbfassungen grosszügig ist, wird in

Bolten bei den Materialisierungen pingelig genau

nach der Originallegierung geforscht.

Das Bolton Steam Museum spricht viele Sinne an und bietet

auch wissenschaftliche Informationen.

Unter den Aktivmitgliedern gibt es eine Klientel,

die potentiell zwei linke Hände hat: Lehrer, Anwäl-

te und andere Geisteswissenschaftler. Auch diese

Leute wollen mitarbeiten. Es stellen sich Sicher-

heitsfragen, Fragen nach dem richtigen Betrieb

einer alten Technik und Fragen zum Erhalt des

alten Wissens. Wissensmanagement macht man

in Bolton, indem man die Freiwilligen auf einzel-

nen Maschinen ausbildet. Sie werden an dieser

Maschine auch geprüft und zertifiziert. Es gibt

eine Dampfmaschine, die hat hunderte von

Schmierstellen… Der Dampfkessel wird nur von

ausgewählten, bestens ausgebildeten Freiwilligen

bedient. Eine Idee fürs Dampfzentrum Winterthur?

Wir könnten ja noch einen Schritt weiter gehen

und Ausbildungen an einzelnen Dampfmaschinen

extern anbieten, und einen guten Preis dafür ver-

langen. Wer sich verpflichtet, 50 Stunden im

Dampfzentrum als Freiwilliger mitzumachen, dem

oder der würde die Kursgebühr erlassen?

Das Herz des Dampfmuseums: der moderne Dampfkessel. Er

darf nur von sehr gut ausgebildeten Freiwilligen bedient wer-

den, denn er ist „like a bomb“, wenn er falsch bedient wird.

Kinder sind die Zukunft – auch in einem Museum

mit historischen Maschinen. Bolton ist daran, klei-

ne, robuste Modelle zu bauen, welche die Kleinen

einfach bedienen können. Kinder lieben es, etwas

in Bewegung zu setzen. Bei den lokalen Schul-

klassen gehört es zum Schulstoff, einmal das

Steam Museum Bolton zu besuchen.

Ein freiwilliger Mitarbeiter führt ein Modell vor, an dem Kinder

eine Dampfmaschine selber bedienen können. Das Modell ist

einfach gehalten und sehr robust gebaut.

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In Bolton werden „nur“ Dampfmaschinen aus Tex-

tilfabriken gesammelt. Man konzentriert sich also

ganz bewusst auf ein begrenztes Sammelgebiet.

Trotzdem ist das Thema riesig und kaum über-

schaubar. Die Region um Manchester ist seit je

her bekannt für eine starke Textilindustrie. Früher

waren hier Weltmarktführer angesiedelt.

Das führt dazu, dass im Dampfmuseum Bolton

akute Platznot herrscht. Ein Objekt wie unser

Dampfbagger fände keinen Platz. Macht nichts,

denn in Bolton würde er nicht zum Sammel-

Konzentrat passen. Die Platznot zwingt in jeder

Weise zur Konzentration und Beschränkung: In

Bolton verzichtet man konsequent darauf, zwei

technisch eng verwandte Maschinen zu zeigen.

Lieber zeigt man nur eine Maschine und gibt die

andere weg. Eine Idee fürs Dampfzentrum? Wir

besitzen zwei Tandemdampfmaschinen fast glei-

cher Bauart. Liesse sich darüber nachdenken, ob

es Sinn machen könnte, die eine an einen Ort

wegzugeben, wo sie gut gepflegt würde und erst

noch als Werbeträger für unser Dampfzentrum

genutzt werden könnte? In einem anderen Muse-

um beispielsweise? An einem öffentlich zugängli-

chen Ort? Wieso nicht in einem Einkaufszentrum?

Eine wunderschöne Doppelbalancier-Dampfmaschine. Balan-

ciermaschinen sind in England relativ häufig und oft mehrere

Stockwerke hoch.

Bolton lehrt uns aber auch, dass es Geduld

braucht – viel Geduld! Das heutige Museum wur-

de 1991 bezogen. Zwei Mal pro Woche wird ge-

arbeitet: mittwochs und sonntags. Am Sonntag

auch? Klar, die Kollegen in Bolton sprechen be-

wusst auch jüngere Leute an, die als Aktivmitglie-

der willkommen sind! Und so wird der arbeitsfreie

Sonntag sowohl zum Arbeits- wie auch zum Er-

lebnistag.

Und zum Schluss noch dies: Sollte jemand aus

unserer Reihen den Weg nach Bolton finden, soll

er oder sie sich doch als Mitglied des Dampfzent-

rums Winterthur zu erkennen geben. Die Wahr-

scheinlichkeit ist gross, dass der Empfang sehr

herzlich sein wird. Und vielleicht werden Sie

gleich zu einer spontanen Führung durch die Bol-

toner Sammlung eingeladen.

In England ist vieles anders als in „Europa“, doch der Dampf,

der Dampfmaschinen bewegt, ist der gleiche. Auch die Freude

an Dampfmaschinen ist die gleiche.

Abstract for our friends in Bolton

Bolton Steam Museum is a successful museum

and a great ideal for Steam Centre Winterthur. It

runs a collection of English mill engines in a beau-

tiful old brick building. They own the building by a

long-term building lease. The engines look bright

and colourful and are carefully maintained. There

is a good knowledge management as there are

also non-technician volunteers. Therefore volun-

teers are carefully selected and trained for a spe-

cial engine. Only few volunteers are allowed to

operate the steam boiler. Robust models are built

for children. Children are the future of a steam

museum. The museum offers attractive opening

hours for volunteers which still have a profession-

al life. English steam engines often have a differ-

ent design from European engines. Beam engines

which are rare in Europe are common in England.

Steam enthusiasts from all over the world get in

Bolton a very friendly welcome.

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