Neuroendokrine Tumoren -...

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14 Neuroendokrine Tumoren Oliver Blankenstein, Marianne Pavel 14.1 Endokrine Tumoren – 894 14.2 Medulläres Schilddrüsenkarzinom – 896 14.3 Phäochromozytom – 896 14.4 NET im Kindes und Jugendalter – 897 14.5 Fallbeispiele – 900 14.6 Literatur – 944

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Neuroendokrine TumorenOliver Blankenstein, Marianne Pavel

14.1 Endokrine Tumoren – 894

14.2 Medulläres Schilddrüsenkarzinom – 896

14.3 Phäochromozytom – 896

14.4 NET im Kindes und Jugendalter – 897

14.5 Fallbeispiele – 900

14.6 Literatur – 944

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894 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.1 Endokrine Tumoren

Epidemiologie Endokrine Tumoren im engeren Sinn um­fassen nach Definition der WHO (2000) Tumoren des dif­fusen neuroendokrinen Zellsystems einschließlich endo­kriner Pankreastumoren, im weiteren Sinn auch Phäochro­mozytome, Paragangliome und das medulläre Schilddrü­senkarzinom.

Neuroendokrine Tumoren (NET) des diffusen neuro­endokrinen Systems treten zu 75 % im gastroenteropank­reatischen System (GEP­NET) auf, zu 20 % im broncho­pulmonalen System und sehr selten an anderen Lokalisa­tionen wie Thymus, Ovar oder Haut.

Die Inzidenz der NET ist steigend und wird nach den umfangreichsten epidemiologischen Daten (Surveillance Epidemiology and End Results [SEER]­Databank der USA) mit 2,50–5,25/100 000 Einwohner angegeben [1], [2]. Ins­besondere nimmt die Häufigkeit von NET der Lunge, des Intestinums und Rektums zu.

Klinische Präsentation Klinisch werden funktionelle von nichtfunktionellen NET unterschieden. Funktionell aktive Tumoren, die ein Drittel aller NET ausmachen, führen zu verschiedenen klinischen Syndromen in Abhängigkeit von Primärtumorsitz und Sekretionsprodukt. So führen in der Regel die im Dünndarm angesiedelten NET infolge der Sekretion von Serotonin zum Karzinoidsyndrom, einem Symptomenkomplex, der durch anfallartige Flushanfälle, Diarrhöen und gelegentlich durch asthmatische Beschwer­den geprägt ist. Ein Syndrom tritt i. Allg. nur auf, wenn der Tumor metastasiert ist. Die Leber ist Hauptmetastasie­rungsort. Der Primärtumor im Dünndarm kann oft klein sein (< 1 cm) bei nicht selten größeren Lymphknotenme­tastasen. Charakteristisch ist eine Lebermetastasierung in über 80 % der Fälle bei Erstdiagnose. Manipulationen am

Tumor (z. B. Embolisation, Operation) können eine Karzi­noidkrise auslösen.

Endokrine Pankreastumoren dagegen metastasieren in Abhängigkeit von der Primärtumorgröße. Auch ohne eine Metastasierung liegt bei Hormonhypersekretion ein klinisches Syndrom vor (. Tab. 14.1). Die häufigsten endo­krin aktiven Tumoren sind das Insulinom und das Gastri­nom. VIPome sind selten; Glukagonome und Somatostati­nome sind sehr seltene Tumoren. Die Mehrheit der endo­krinen Pankreastumoren ist nichtfunktionell und wird durch unspezifische Beschwerden oder zufällig anhand konventioneller Bildgebung detektiert. Endokrine Pank­reastumoren (gehäuft Gastrinome) treten in bis zu 20–30 % der Fälle im Rahmen eines hereditären Syndroms (Mul­tiple Endokrine Neoplasie Typ 1 = MEN 1) in Assoziation mit Hypophysentumor und Nebenschilddrüsenhyper­plasie auf.

Klassifikation Histopathologisch werden hochdifferen­zierte neuroendokrine Tumoren bzw. neuroendokrine Karzinome von schlecht differenzierten neuroendokrinen Karzinomen unterschieden (WHO­Klassifikation von 2000). Bei der Mehrzahl der NET handelt es sich um hoch­differenzierte Tumoren bzw. Karzinome (90 %), die oft einen langsam progredienten Verlauf aufweisen; schlecht differenzierte NET verhalten sich dagegen hochmaligne.

Neuerdings wird auch die TNM­Klassifikation ver­wendet [3]. Diese ist mit einem Grading­System ver­bunden, basierend auf der Proliferationsrate der NET, und erlaubt eine prognostische Einschätzung bei Erstdiag­nose.

Die Histologie ist entscheidend für die Diagnosesiche­rung und die weitere Auswahl der Diagnostik und Thera­pie. Neben einem typischen lichtmikroskopischen Bild sind der immunhistochemische Nachweis von Chromo­

. Tab. 14.1 Klinische Präsentation und biologisches Verhalten von NE

Tumor/Syndrom Symptom Sekretionsprodukt Malignität

Nichtfunktionell Unspezifisch Chromogranin A, PP, a/ß-HCG, Kalzitonin 60–80 %

Karzinoidsyndrom Flush, Diarrhö, Bronchialobstruktion Serotonin 100 %

Insulinom Hypoglykämie Insulin, Proinsulin 5–10 %

Gastrinom/ZES Ulzera, Diarrhö Gastrin 60–80 %

VIPom Wässrige Diarrhö, Hypokalämie Vasoaktives intestinales Peptid 40–75 %

Glukagonom Nekrolytisches migratorisches Erythem, Diabetes mellitus

Glukagon 50–80 %

Somatostatinom Diabetes mellitus, Steatorrhö, Cholelithiasis Somatostatin 50 %

GHRHomCRHom, ACTHom

AkromegalieCushing-Syndrom

GHRHCRH, ACTH

100 %90–100 %

1489514.1 · Endokrine Tumoren

granin und Synaptophysin maßgebend für die Diagnosesi­cherung und die Bestimmung der Proliferationsrate (Ki67) für die Klassifikation.

14.1.1 Diagnostik

Die biochemische Diagnostik ist gewöhnlich der spezifi­schen Bildgebung vorangestellt und umfasst Marker der funktionellen Aktivität und allgemeine Tumormarker.

Zur Sicherung des Karzinoidsyndroms dient die Be­stimmung der 5­Hydroxyindolessigsäure (5­HIES) im 24­h­Urin. Dagegen erfolgt bei endokrin aktiven Tumoren mit Ursprung im Pankreas oder Duodenum die Bestim­mung des Peptids im Plasma, beispielsweise Gastrin oder vasoaktives intestinales Peptid (VIP). Die Diagnose des Insulinoms wird in der Regel im 1­ bis 3­tägigen Fastentest mit inappropriater Erhöhung von Insulin bzw. Proinsulin (bzw. fehlender Supprimierbarkeit) bei gleichzeitigem Nachweis einer Hypoglykämie gestellt.

Chromogranin A ist ein Tumormarker mit hoher Sen­sitivität (~ 90 %), wobei zahlreiche andere Ursachen, die eine Erhöhung dieses Markers bewirken können, Berück­sichtigung finden sollten; in erster Linie die Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) oder die chronisch atrophische Gastritis [4].

Hochdifferenzierte NET weisen in der Regel einen ho­hen Besatz an Somatostatinrezeptorsubtypen auf, dies ist bei schlecht differenzierten NET selten der Fall. Dement­sprechend sind erstere mit der Somatostatinrezeptorszin­tigraphie (Octreoscan) und der 68Ga­DOTATOC­PET/CT visualisierbar. Der Vorzug der PET/CT liegt in der höheren Sensitivität gegenüber dem Octreoscan [5]. Unbekannte Primariuslokalisationen, die der konventionellen Bildge­bung oft entgehen, insbesondere bei NET des Dünndarms, können auf diese Weise häufiger visualisiert werden. Die Überlegenheit der PET/CT liegt auch in der häufigeren Detektion von Metastasen (z.  B. im Skelettsystem). Die 68Ga­DOTATOC­PET/CT ist vorwiegend das PET­Ver­fahren der Wahl, bei negativem Befund kann die Durch­führung einer 18F­DOPA­PET/CT weiterführend sein. Bei schlecht differenzierten NET kann die FDG­PET/CT al­ternativ zur Ganzkörper­CT eingesetzt werden, vorzugs­weise bei unbekanntem Primarius oder kurativ­chirurgi­schem Ansatz.

Bei endokrinen Pankreastumoren, insbesondere wenn diese einen Durchmesser <  1  cm aufweisen bzw. durch konventionelle Bildgebung nicht detektiert wurden, ist die Endosonographie das Verfahren der Wahl bei hoher Sen­sitivität (~ 95 %). Speziell bei Patienten mit hereditärem Syndrom wie der MEN­1­Erkrankung sind die Pankreas­tumoren oft sehr klein (< 5 mm) und entgehen der konven­tionellen Bildgebung [6].

Gerade bei funktionellen pankreatischen Tumoren wie den Insulinomen und Gastrinomen kommt neben der Endo­sonographie der PET/CT­Diagnostik (mit 68Ga­DOTATOC oder 18F­DOPA) bei unklaren Befunden eine besondere Bedeutung zu, da mit dem Ziel der kurativen Resektion die genaue anatomische Lokalisation wichtig für das operative Vorgehen ist. In 15–25 % bleibt der Primarius unbekannt. Die PET/CT kann hier die Rate unbekannter Primärtumor­lokalisationen reduzieren. Das ist von hoher Relevanz, da sich die therapeutische Strategie bei Tumoren des Pankreas bzw. der Lunge von denen des Dünndarms unterscheidet.

In der bildgebenden Verlaufskontrolle kommen vor allem MRT und CT des Abdomens zum Einsatz. Intervalle für Nachsorgeuntersuchungen variieren zwischen 3 und 12 Monaten und sind u. a. durch Differenzierungsgrad und Grading, Wachstumsverhalten, Dauer der Erkrankung, Tumorstadium und Ausmaß der Funktionalität bedingt [7]. Da sich die Erkrankung oftmals auf die Leber bzw. das Abdomen beschränkt, gehört eine Bildgebung des Thorax nicht regelhaft zur Nachsorge.

Bei steigendem Tumormarker, Chromogranin A und/oder spezifischem Mediator ist eine Ausdehnung der Bild­gebung indiziert, wobei die PET/CT den Vorzug einer Ab­bildung aller potenziellen Tumorlokalisationen hat und insbesondere lymphatische, pulmonale und ossäre Metas­tasen erfasst werden. In größeren Intervallen, alle 2–3 Jahre, dient sie dem Ausschluss einer fortschreitenden Metasta­sierung, auch wenn der Tumormarker nicht richtungwei­send verändert ist.

14.1.2 Therapie

Primäres Ziel ist die kurative Resektion von Primärtumor und/oder Metastasen. Da die Diagnosestellung oft sehr verzögert erfolgt, ist dies in der Mehrheit der Fälle nicht möglich.

Die Therapie nicht kurativ resektabler NET umfasst antisekretorische und antiproliferative Ansätze. Somato­statinanaloga (SSA) und α­Interferon (IFN) sind die ein­zigen zugelassenen Therapieverfahren bei funktionellen Tumoren, insbesondere dem Karzinoidsyndrom. Sie inhi­bieren die Mediatorausschüttung und sorgen für eine bessere Symptomkontrolle. Für beide Substanzen sind auch antiproliferative Eigenschaften beschrieben. Bei besserer Verträglichkeit wird den SSA oft der Vorzug ge­geben [8], [9]. In erster Linie treten Wachstumsstabilisie­rungen auf, während Tumorrückbildungen selten sind. SSA sind auch das Medikament der Wahl, periinterventio­nell bzw. perioperativ zur Prävention einer Karzinoidkrise. Lokoregionale Verfahren (Embolisation, Chemoembolisa­tion und andere) können zu einer Reduktion der Tumor­masse in der Leber beitragen [10].

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896 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

Nach Versagen von SSA und/oder IFN kommt bei pro­gredienten Tumoren mit Primarius im Darm eine Somato­statinrezeptor­vermittelte Radiorezeptortherapie (PRRT) in Betracht. Diese Therapie kann auch im Verlauf bei Tumoren mit Ursprung im Pankreas gewählt werden. Vorrangig ist hier jedoch bei progredienten NET die systemische Chemo­therapie mit Streptozotocin im Einsatz. Neuer dings werden auch molekularzielgerichtete Therapien (Everolimus, Suni­tinib) im Rahmen von klinischen Studien evaluiert.

Für die Auswahl der PRRT ist die Bildgebung mit 68Ga­DOTATOC­PET/CT bzw. Octreoscan maßgeblich. Bei entsprechend hohem Uptake in den Tumorläsionen erfolgt eine Dosimetrie, um die Eignung für dieses Verfah­ren zu prüfen [11].

14.2 Medulläres Schilddrüsenkarzinom

Das medulläre Schilddrüsenkarzinom entsteht aus den pa­rafollikulären Zellen der Schilddrüse und macht 4 % aller Schilddrüsenkarzinome aus. Charakteristisch ist die Syn­these und Sekretion von Kalzitonin. Diese ist z. T. mit den klinischen Symptomen der Diarrhö oder des Flush assozi­iert. In diesen Fällen liegt dann üblicherweise ein metasta­siertes Tumorleiden vor.

Die meisten medullären Schilddrüsenkarzinome ent­stehen sporadisch; diese machen etwa 80 % aller Fälle aus. Das typische Manifestationsalter ist das 5. bis 6. Lebens­jahrzehnt. Familiär gehäuft treten sie im Rahmen eines endokrinen Syndroms, der multiplen endokrinen Neo­plasie Typ 2 (MEN 2), vergesellschaftet mit primärer Ne­benschilddrüsenhyperplasie und Phäochromozytom und dann in jüngerem Alter auf. Zugrundeliegend ist eine Mu­tation im RET­Proto­Onkogen.

Das medulläre Schilddrüsenkarzinom manifestiert sich am häufigsten mit einem isolierten Schilddrüsenkno­ten und wird zytologisch/histologisch gesichert. Bei den meisten Patienten liegt bereits eine Metastasierung in die Lymphknoten, seltener in andere Lokalisationen zum Zeit­punkt der Diagnose vor, obwohl die Einführung des Kalzi­toninscreenings im Serum in Europa zu einer früheren Diagnosestellung beigetragen hat.

Neben Kalzitonin ist CEA ein zirkulierender Tumor­marker. Zur bildgebenden Diagnostik gehört die Sono­graphie der Halsregion zur Abklärung eines zervikalen LK­Befalls. Die Leitlinien der American Thyroid Associa­tion (2009) empfehlen konventionelle Bildgebung mit CT des Halses und des Thorax sowie abdominell die 3­Phasen­CT oder KM­verstärkte Leber­MRT bei erhöhtem Kalzi­toninspiegel und/oder lokalem LK­Befall.

In einzelnen Fällen wurde ein positiver Befund in der 111In­Octreotid­Szintigraphie detektiert, auch bei unauf­fälligem CT­Befund. Aufgrund der oftmals kleinen Tumor­

absiedlungen könnte die 68Ga­PET/CT dem Octreoscan überlegen sein. Die Sensitivität der FDG­PET zum Nach­weis einer metastasierten Erkrankung ist variabel und liegt zwischen 20 und 78 % in Abhängigkeit von der Höhe des Kalzitoninspiegels. Bei der Auswertung der Bildgebung ist zu beachten, dass eine NN­Raumforderung im Rahmen eines MEN­Syndroms vorliegen könnte.

14.3 Phäochromozytom

Das Phäochromozytom ist ein vom Nebenierenmark aus­gehender Katecholamin­produzierender Tumor, der über­wiegend benigne ist. Etwa 10 % der Phäochromozytome sind maligne. Es handelt sich um einen seltenen Nebennie­rentumor, der in weniger als 0,5 % der Fälle bei Patienten mit Hypertonus Ursache desselbigen ist.

Dem Phäochromozytom verwandte Tumoren mit extra adrenalem Ursprung in den sympathischen oder parasympathischen Ganglien werden als Paragangliome (ca. 20 %) bezeichnet. Ein Auftreten im Rahmen verschie­dener genetischer Syndrome (MEN  2, Von­Hippel­Lindau­Syndrom [VHL], Neurofibromatose Typ 1, Muta­tionen im Succinat­Dehydrogenase [SDH]­Gen [B, C oder D]) ist beschrieben. Mutationen im SDHB­Gen sind in bis zu 70 % mit malignen Tumoren assoziiert.

Richtungweisend für das Phäochromozytom sind eine typische klinische Symptomatik und der Nachweis eines Nebennierentumors. Zu den klassischen Symptomen ge­hören Kopfschmerzen (bis 90 %), Schwitzen (60–70 %) und Tachykardie. Charakteristisch ist das anfallartige Auftreten der Symptome (ca. 50 %). Eine Präsentation mit normalem Blutdruck schließt ein Phäochromozytom nicht aus.

Die Diagnose wird zunächst biochemisch gesichert durch den Nachweis von Plasma­ oder Urin­Metanephri­nen und ­Katecholaminen. MRT und CT sind sensitive Methoden (98–100 %), die Spezifität liegt bei 70 %. In der MRT erscheint das Phäochromozytom typischerweise hy­perintens im T2­gewichteten Bild.

Seit 1981 wird die 123I­ und 131I­Metaiodbenzylguanidin (MIBG)­Szintigraphie zur Lokalisationsdiagnostik einge­setzt. Grundlage hierfür ist die Aufnahme des MIBG über den gleichen Transporter wie das Noradrenalin. Die Sensi­tivität der 123I­MIBG­Szintigraphie wird mit 83–100 %, die Spezifität mit 95–100 % angegeben. Die Sensitivität des Ver­fahrens ist jedoch geringer bei extraadrenalen und malignen Prozessen. Da verschiedene Faktoren wie Tumorgröße, Lo­kalisation, Dedifferenzierung und die Einnahme von Me­dikamenten, die mit dem MIBG­Uptake interferieren, zu falsch­negativen Befunden führen können, wurden andere diagnostische Verfahren evaluiert.

Die 111In­Pentetreotide­Szintigraphie (Octreoscan), Ganzkörper­MRT oder ­PET stellen weitere bildgebende

1489714.4 · NET im Kindes und Jugendalter

Methoden dar. PET­Scanning mit 18F­Fluorodeoxyglucose, 11C­Hydroxyephedrin oder 6­[18F]Fluorodopamin können hilfreich für das Auffinden metastatischer Absiedlungen sein und sind z. T. der MIBG­Szintigraphie überlegen.

14.4 NET im Kindes und Jugendalter

Neuroendokrine Tumoren treten im Kindesalter nur sehr selten und selbst in großen Kliniken nur vereinzelt auf. In den USA wurde die Inzidenz mit < 1 auf 100 000 Einwohner unter 16 Jahren angegeben [12], [13]. Zu den isolierten oder sporadisch auftretenden neuroendokrinen Tumoren des Kindesalters zählen: Schilddrüsenkarzinome, Nebennie­renkarzinome, Phäochromozytome und maligne Karzino­ide. Alle anderen neuroendokrinen Tumoren sind als extrem selten anzusehen. Generell sind die Erfahrungen mit der PET/CT­Diagnostik auf wenige Einzelfälle oder kleine Se­rien beschränkt, systematische Studien liegen nicht vor. In der Auswahl der Tracer orientiert man sich daher an den vergleichbaren Tumoren des Erwachsenenalters [14].

z Multiple endokrine Neoplasien (MEN)Die multiplen endokrinen Neoplasien sind familiär auftre­tende Erkrankungen, bei denen es gehäuft zur Ausbildung von Tumoren der endokrinen Organe kommt, die bei den Betroffenen z. T. bereits im Kindesalter auftreten können [15], [16]. In der Literatur wird die Inzidenz der MEN­Syndrome mit 1 auf 25 000 angegeben. Da die MEN­be­dingten Tumoren der endokrinen Organe unter den endo­krinen Tumoren bei Kindern und Jugendlichen eine relativ häufige Ursache darstellen, sollte bei jeder Erstdiagnostik auch das zu dem jeweiligen Tumor passende MEN­Syn­drom genetisch untersucht werden (. Tab. 14.2).

z Multiple endokrine Neoplasie Typ 1 (MEN 1)Die multiple endokrine Neoplasie vom Typ 1 ist ein seltenes vererbtes Tumorleiden, bei dem Tumoren der Nebenschild­drüse (85–88 %), der Inselzellen des Pankreas (30–70 %) und der Hirnanhangdrüse (15–90 %) auftreten können. In einigen Familien sind auch Karzinoide des Thymus be­schrieben. Der Erbgang ist autosomal dominant, Ursache

sind inaktivierende Mutationen in einem Tumor­Suppres­sor­Gen (Menin­/MEN­1­Gen). Die Art der Tumoren so­wie der Zeitpunkt des Auftretens variiert in den verschie­denen MEN­1­Familien, wobei die Tumoren in der Regel erst nach dem 10. Lebensjahr auftreten [17].

Die besondere Problematik der bildgebenden Verfah­ren bei MEN 1 besteht in der Vielfalt der – insbesondere gastrointestinal – auftretenden Tumoren, die zu einer völ­lig unterschiedlichen Visualisierung durch die verschiede­nen PET­Tracersubstanzen führen können. Aus den eige­nen Erfahrungen heraus hat sich 68Ga­DOTATOC hier als Tracer mit der höchsten Detektionsrate erwiesen. Dies ist auf den hohen Anteil Somatostatinrezeptor­exprimieren­der Tumoren zurückzuführen. Wie auch bei den insulin­produzierenden Tumoren des Erwachsenenalters erreicht die Detektionsrate bei den endokrin aktiven Tumoren nicht die Größenordnung wie beim kongenitalen Hyper­insulinismus [18]. Unabhängig von der Darstellung ver­schiedener Tumoren kann man jedoch bei keinem der verwendeten Tracer davon ausgehen, dass tatsächlich alle oder die gesuchten Tumoren dargestellt werden. Dies liegt insbesondere an der Tumorgröße < 1 cm bei der Mehrheit der Läsionen. Überwiegend bei metastasierten Tumoren kann bei erfolgreicher Darstellung der Metastasen von ei­ner Anreicherung des Primärtumors mit der entsprechen­den Methodik ausgegangen werden (. Tab. 14.3).

z Kongenitaler HyperinsulinismusDer kongenitale Hyperinsulinismus ist mit einer Inzidenz von 1 auf 30–40  000 Neugeborene eine seltene Erkran­kung, gleichzeitig aber die häufigste Ursache für die Ent­wicklung von bleibenden Hypoglykämien im Neugebore­nen­ und Säuglingsalter [19]–[21] Im Gegensatz zu den neuroendokrinen Tumoren zählt der kongenitale Hyper­insulinismus nicht zu den Tumorerkrankungen, sondern ist eine spezielle Form der Pankreasentwicklungsstörung. Klinisches Hauptmerkmal ist eine unkontrollierte Insulin­sekretion der β­Zelle des endokrinen Pankreas, die zu einer oft direkt nach der Geburt auftretenden Neigung schwerer und schwerster Unterzuckerungen führt. Die be­sondere Gefahr besteht darin, dass es durch die besondere Anfälligkeit des Gehirns in der Neugeborenenphase zu

. Tab. 14.2 Prävalenz des spezifischen Syndroms bei Vorliegen eines der aufgeführten neuroendokrinen Tumore

Syndrom Gen Neuroendokrine Tumoren Andere Tumoren Spezifische Prävalenz

Multiple endokrine Neoplasie Typ 1 (MEN 1)

MEN 1 Pankreas, Nebenschilddrüse, Hypophyse, Nebenniere, Karzinoide

U. a. Haut (Angiofibrome) Schilddrüse

bis 30 %

Multiple endokrine Neoplasie Typ 2 (MEN 2)

RET Schilddrüse (MTC), Nebenniere (Phäochromo-zytom), Nebenschilddrüse

Bei MEN 2B: Neurome bis 30 %

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898 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

schweren und bleibenden neurologischen und statomoto­rischen Störungen kommen kann [22]–[24] Histomorpho­logisch unterscheidet man zwischen einer diffusen Form und einer fokalen Form (. Abb. 14.1). Während bei der diffusen Form – z. B. durch eine Keimbahnmutation – alle insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse be­troffen sind, kommt es bei der fokalen Form auf der Basis einer heterozygoten Mutation in der Fetalphase zu einem Verlust des zweiten (gesunden) Allels mit gleichzeitiger Aktivierung von (in der Fetalzeit als Wachstumsfaktor re­levantem) IGF2, die zu einem klonalen Wachstum der so betroffenen Zelle führt. Die so betroffenen Zellen sind dann nur in einem mehr oder weniger umschriebenen Ab­schnitt der Bauchspeicheldrüse zu finden und bilden den sog. Fokus.

Insbesondere für die Therapie hat diese Unterschei­dung erhebliche Relevanz, da bei fokalen Formen durch eine chirurgische Entfernung des funktionsgestörten Fo­

kus eine komplette Heilung erreicht werden kann, wäh­rend bei diffusen Formen eine schwierige und langfristige medikamentöse Einstellung des Blutzuckers oder sogar eine subtotale Entfernung des Organs erforderlich sein können, um den Blutzucker zu kontrollieren und bedroh­liche Hypoglykämien zu vermeiden [25]–[30].

Die Unterscheidung dieser beiden Formen ist anhand der klinischen Symptome, durch Sonographie, CT oder MRT nicht möglich – auch nicht durch invasivere Metho­den wie die Endosonographie oder den intraarteriellen Kalziumstimulationstest. Seit 2003 gibt es erste Erfahrun­gen mit der 18F­DOPA­PET zur Lokalisationsdiagnostik bei kongenitalem Hyperinsulinismus. In diesem Patien­tengut ist es mit dem hochselektiven Tracer erstmalig mög­lich, die Aktivität der β­Zellen des Pankreas darzustellen und mit hoher Sicherheit zwischen einer fokalen Form und einer diffusen Form zu unterscheiden [31]–[38].

Durch die Anwendung der hochauflösenden PET/CT können auch Läsionen unter 5 mm Größe sicher erkannt und durch Image­guided­surgery das intraoperative Auf­finden des Fokus beschleunigt sowie das Operationstrau­ma verringert werden. Die schwierigen Lagebeziehungen erfordern für die intraoperative Lokalisation umfangreiche Erfahrungen und ein eingespieltes Team von Kinderchi­rurgen, Pädiatrischen Endokrinologen, Nuklearmedizi­nern und Radiologen. Durch die jetzt bestehende Möglich­keit der PET/CT kann die Therapie gezielt für die jeweilige Form geplant und dadurch zusätzliche Schäden und Ri­siken vermieden werden. Erste Versuche mit anderen Tracern wie 68Ga­DOTATOC zeigen, dass zumindest ein Teil der fokalen Läsionen auch damit darstellbar ist. Hierzu liegen bis auf Einzelfälle aber noch keine systematischen Untersuchungen vor.

. Abb. 14.1 Fokale und diffuse Form des CHI

. Tab. 14.3 Nachweis endokrin aktiver Tumoren bei 4 pädiatrischen Patienten mit neuroendokrinen gastrointestinalen Tumoren mit den verschiedenen bildgebenden Verfahren

Stufenschema zur bildgebenden Diagnostik bei MEN 1

P 1 P 2 P 3 P 4

Intra-arterieller Ca-Stimulationstest + +

68Ga-DOTATOC-PET/CT + (+)* - +

18F-DOPA-PET/CT - - - -

Endosonographie - - - -

Nachgewiesene MEN-1-Mutation + + - +

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900 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5 Fallbeispiele

14.5.1 Patient 1 – Medulläres Schilddrüsen-karzinom

Anamnese 54­jähriger männlicher Patient mit dringen­dem Verdacht auf ein medulläres Schilddrüsenkarzinom aufgrund eines deutlich erhöhten Kalzitoninwerts von 151,0  pg/ml (Norm 0,4–18,9  pg/ml). Die Schilddrüsen­szintigraphie vor 2 Wochen zeigte keinen Hinweis auf einen kalten Knoten, sondern eher einen vermehrt spei­chernden Schilddrüsenknoten rechts zentral. Euthyreote Stoffwechsellage.

Befund Der rechts mediokranial gelegene 11 mm große Schilddrüsenknoten zeigt einen pathologischen Metabo­lismus sowohl in der FDG­PET/CT als auch nach Injek­tion von 18F­DOPA im Sinn eines medullären Schilddrü­senkarzinoms.

Schlussfolgerung Eindeutiger Nachweis des medullären Schilddrüsenkarzinoms v. a. durch pathologisch erhöhten Dopaminmetabolismus.

14.5 · Fallbeispiele14901

. Abb. 14.2 Pathologisch erhöhter Dopaminmetabolismus in einem 11 mm großen Schilddrüsenknoten bei medullärem Schild-drüsenkarzinom, koronaler Schnitt

. Abb. 14.4 Pathologisch erhöhter Dopaminmetabolismus in einem 11 mm großen Schilddrüsenknoten bei medullärem Schild-drüsenkarzinom, Spätaufnahme, transaxialer Schnitt

. Abb. 14.3 Pathologisch erhöhter Dopaminmetabolismus in einem 11 mm großen Schilddrüsenknoten bei medullärem Schild-drüsenkarzinom, Spätaufnahme, koronaler Schnitt

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902 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.2 Patient 2 – Medulläres Schilddrüsen-karzinom

Anamnese 88­jähriger männlicher Patient mit bekannter Struma seit 15 Jahren. Zustand nach Radiojodtherapie bei Hyperthyreose vor 5 Jahren. Szintigraphisch kalter Bezirk rechts kaudozentral bei sonographisch knotig umge­wandelter Schilddrüse beidseits. Seit 3 Jahren leichte Kal­zitoninerhöhung. Im Pentagastrintest vor 2 Monaten war ein deutlicher Anstieg des Kalzitoninwerts auf 288 pg/ml

zu verzeichnen. Somit besteht der Verdacht auf ein me­dulläres Schilddrüsenkarzinom.

Befund In Verbindung mit dem erhöhten Kalzitoninwert bestätigt sich in der 68Ga­DOTATOC­PET/CT der Ver­dacht auf ein medulläres Schilddrüsenkarzinom rechts, insbesondere retrosternal.

Schlussfolgerung Nachweis des medullären Schilddrü­senkarzinoms durch 68Ga­DOTATOC­PET/CT.

14.5 · Fallbeispiele14903

. Abb. 14.5 Medulläres Schilddrüsenkarzinom mit retrosternalem Anteil, koronaler Schnitt 

. Abb. 14.7 Medulläres Schilddrüsenkarzinom mit retrosternalem Anteil, Spätaufnahme, koronaler Schnitt

. Abb. 14.6 Medulläres Schilddrüsenkarzinom mit retrosternalem Anteil, transaxialer Schnitt

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904 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.3 Patient 3 – Rezidiv eines medullären Schilddrüsenkarzinoms mit Lymphknotenmetastasen

Anamnese 44­jährige Patientin mit bekannter Struma, seit 10 Jahren ohne Behandlung. Chirurgische Primär­therapie eines Schilddrüsenknotens mit einer Größe von 20  mm vor 4 Jahren. Histologie: bifokales C­Zell­Kar­zinom im Rahmen einer MEN 2a mit Mutation im RET­Protoonkogen Exon 13, Codon 780. Vor 3 Jahren radikale Lymphknotenresektion. Daraufhin sank der basale Kal­zitoninwert von 4 000 auf 115 pg/ml. Im Rahmen der Tu­

mornachsorge langsamer Anstieg des Kalzitoninspiegels auf 200–300 pg/ml.

Befund Malignomtypischer Metabolismus in der Schild­drüsenloge links paratracheal im Sinn eines Lokalrezidivs. Darüber hinaus Nachweis von 2 Lymphknotenmetastasen ipsilateral.

Schlussfolgerung Nachweis eines Rezidivs und von 2 LK­Metastasen im Rahmen der 18F­DOPA­Ganzkörper­PET/CT.

14.5 · Fallbeispiele14905

. Abb. 14.8 Rezidiv eines medullären Schilddrüsenkarzinoms links paratracheal

. Abb. 14.10 Lymphknotenmetastase eines medullären Schild-drüsenkarzinoms links zervikal

. Abb. 14.9 Lymphknotenmetastase eines medullären Schild-drüsenkarzinoms links zervikal submandibulär

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906 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.4 Patient 4 – Lymphknotenmetastasen nach OP eines medullären Schilddrüsenkarzinoms

Anamnese 49­jährige Patientin mit Erstdiagnose eines sporadischen C­Zell­Karzinoms links vor 3 Jahren. Zu­stand nach Thyreoidektomie und selektiver Lymph­knotendissektion. Vor 2 Jahren wurde eine systematische Mikrodissektion der Lymphknotenkompartimente zer­vikozentral und zervikolateral beidseits bei Lymphkno­tenrezidiv durchgeführt. Danach Normalisierung des

Kalzitoninwerts. Seit eineinhalb Jahren unklarer progre­dienter Kalzitoninanstieg.

Befund In der DOPA­PET/CT Nachweis von 2 Lymph­knotenmetastasen in Höhe des Kehlkopfs sowie paraöso­phageal in Höhe von HWK 7.

Schlussfolgerung Klärung des Kalzitoninanstiegs und prä­zise Lokalisation von 2 LK­Metastasen durch 18F­DOPA­PET/CT.

14.5 · Fallbeispiele14907

. Abb. 14.11 Paralaryngeale Lymphknotenmetastase links in der Ganzkörperaufnahme (rechts)

. Abb. 14.13 Paraösophageale Lymphknotenmetastase links, Spät-aufnahme, transaxialer Schnitt

. Abb. 14.12 Paralaryngeale Lymphknotenmetastase links, Spät-aufnahme, koronaler Schnitt

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908 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.5 Patient 5 – Lymphknotenmetastasen bei Zustand nach medullärem Schilddrüsenkarzinom

Anamnese 43­jähriger männlicher Patient mit Schluck­beschwerden seit 8 Monaten. Daraufhin Schilddrüsen­diagnostik mit Szintigraphie und Pentagastrintest. Vor 5 Monaten wurden eine Thyreoidektomie und systemati­sche Lymphknotendissektion Kompartment 1 A+B, Kom­partment 3 durchgeführt. Diagnose: medulläres Karzi­nom der Schilddrüse im linken Schilddrüsenlappen, Tu­morgröße 20  mm. Zervikale Reexploration rechts bei

Verdacht auf Lymphknotenmetastase vor 6 Wochen, his­tologisch kein Nachweis von Anteilen eines MTC. Der Kalzitoninwert stieg binnen 2 Monaten von 1 660 mg/l auf zuletzt 2 052 mg/l an.

Befund In der DOPA­PET/CT Nachweis von 2 Lymph­knotenmetastasen zervikal, oberhalb der rechten Klavikula medial gelegen sowie oberhalb des Schildknorpels links.

Schlussfolgerung Klärung des Kalzitoninanstiegs und prä­zise Lokalisation von 2 LK­Metastasen durch 18F­DOPA­PET/CT.

14.5 · Fallbeispiele14909

. Abb. 14.14 Lymphknotenmetastase eines medullären Schilddrü-senkarzinoms rechts oberhalb der Klavikula, koronaler Schnitt

. Abb. 14.17 Lymphknotenmetastase eines medullären Schilddrü-senkarzinoms links oberhalb des Schildknorpels, transaxialer Schnitt

. Abb. 14.16 Lymphknotenmetastase eines medullären Schilddrü-senkarzinoms rechts oberhalb der Klavikula, transaxialer Schnitt

. Abb. 14.15 Lymphknotenmetastase eines medullären Schilddrü-senkarzinoms links oberhalb des Schildknorpels, koronaler Schnitt

14

910 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.6 Patient 6 – Neuroendokrines Karzinom des Ileums mit Mammametastasen

Anamnese 54­jährige Patientin mit 2 auffälligen Herden in beiden Mammae, die im Rahmen einer Screening­mammographie vor 8 Monaten entdeckt wurden. Die Punktion einer zystischen Struktur links ergab keinen Anhalt für Malignität. Eine Kontrolluntersuchung vor 2 Monaten zeigte keine Veränderung beider Herde. In der Stanzbiopsie beidseits vor 4 Wochen wurde ein Mamma­karzinom beidseits diagnostiziert. Daraufhin BET beid­seits, einschließlich Wächterlymphknoten. Pathologisch­anatomische Begutachtung: bifokales mäßig differenzier­tes neuroendokrines Karzinom.

Befund In der 68Ga­DOTATOC­PET/CT Nachweis eines Tumors im terminalen Ileum bis zur Ileozökalregion im Sinn des Primärtumors. Multiple Lymphknotenmetas­tasen links supraklavikulär, retrosternal bzw. präkardial sowie links peritoneal, mesenterial sowie retroperitoneal. Darüber hinaus wurden eine Perikardmetastase in Höhe des rechten Ventrikels und 2 weitere Metastasen in der rechten Mamma oben außen festgestellt.

Schlussfolgerung Detektion des Primärtumors im termi­nalen Ileum und genaues Staging durch 68Ga­DOTATOC­PET/CT bei primärem Nachweis neuroendokriner Tumor­aktivität in der Mamma.

. Abb. 14.18 Neuroendokriner Tumor im terminalen Ileum

14.5 · Fallbeispiele14911

. Abb. 14.19 Perikardmetastase und präkardiale Lymphknoten-metastase

. Abb. 14.21 Metastasen in der rechten Mamma

. Abb. 14.20 Lymphknotenmetastase links peritoneal

14

912 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.7 Patient 7 – Lokalrezidiv eines Phäochromozytoms

Anamnese 15­jähriger männlicher Patient mit Zustand nach Exstirpation eines extraadrenalen Phäochromo­zytoms links paraaortal vor 2 Jahren. Der Tumor wurde in toto entfernt. Ein Lymphknotenbefall wurde intraoperativ nicht festgestellt. Jetzt seit Monaten erhöhte In­vitro­Para­meter. Daher Verdacht auf Rezidiv.

Befund In der DOPA­PET/CT Nachweis eines Lokalre­zidivs, DD Lymphknotenmetastase unterhalb der Aorten­gabel bzw. in Höhe von L5.

Schlussfolgerung Nachweis eines Lokalrezidivs und Aus­schluss eines weiteren Befalls durch 18F­DOPA­PET/CT.

14.5 · Fallbeispiele14913

. Abb. 14.22 Rezidiv eines extraadrenalen Phäochromozytoms in Höhe von L5, sagittaler Schnitt

. Abb. 14.24 Rezidiv eines extraadrenalen Phäochromozytoms in Höhe von L5, transaxialer Schnitt

. Abb. 14.23 Rezidiv eines extraadrenalen Phäochromozytoms in Höhe von L5, koronaler Schnitt

14

914 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.8 Patient 8 – Metastasiertes Phäochromozytom

Anamnese 18­jährige Patientin seit 9 Monaten mit Kopf­schmerzen und erhöhtem Blutdruck, zunächst als Migrä­ne diagnostiziert und behandelt.

Sonographie: Tumor in der linken Nebenniere mit er­höhten Katecholaminwerten im Urin, damit Verdacht auf Phäochromozytom.

Adrenalektomie links und PE der Leber aus den Seg­menten III und IV bei suspekten Herdbefunden in der So­nographie.

Histologie: malignes Phäochromozytom mit einer Größe von 8,5 cm mit Lebermetastasen.

MIBG­Szintigraphie: Detektion einer Lebermetastase – Teilresektion der Leber geplant.

CT­Diagnostik: diffuser Befall der Leber – Lebertrans­plantation geplant.

Vor 5 Monaten Laparotomie mit Lymphadenektomie aortokaval, im Bereich des Ligamentum hepatoduodenale, suprapankreatisch und trunchal aus dem Mesenterium.

Histologie: Lymphknotenmetastasen des bekannten malignen Phäochromozytoms. Damit wurde die geplante

Lebertransplantation abgesagt und stattdessen eine MIBG­Therapie durchgeführt.

Die MRT­Kontrolle des Abdomens vor 7 Wochen zeig­te ein unverändertes Fortbestehen diffuser Lebermetas­tasen. Lymphknotenmetastasen wurden nicht nachge­wiesen.

Befund Malignomtypischer DOTATOC­Metabolismus in den bekannten disseminierten Lebermetastasen in beiden Lappen. Nachweis einer Lymphknotenmetastase dorsal des Pankreaskopfes sowie eines weiteren Herdes in Höhe der Nierengefäße links paraaortal, DD ebenfalls Lymphknotenmetastase, Resttumor nach Entfernung des Phäochromozytoms links. Zahlreiche ossäre Metastasen in der III. Rippe links in LWK 4, SWK 1 sowie im Wirbel­bogen von BWK 11 links.

Schlussfolgerung Nachweis einer multiplen Metasta­sierung in Lymphknoten, Leber und Knochen in der 68Ga­DOTATOC­PET/CT. Durch den sehr langen diag­nostisch­therapeutischen Weg wurden mögliche Thera­pieoptionen verschenkt und hohe Kosten für unnötige Diagnostik und nicht effektive Therapie verursacht.

. Abb. 14.25 Multiple Lebermetastasen, koronaler Schnitt

14.5 · Fallbeispiele14915

. Abb. 14.26 Multiple Lebermetastasen, transaxialer Schnitt . Abb. 14.27 Knochenmetastasen

. Abb. 14.28 Darstellung von Knochenmetastasen in der PET/CT (a), die in der CT (b) nicht abgrenzbar sind

a

b

14

916 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.9 Patient 9 – Kongenitaler Hyperinsulinismus: DOPA- vs. DOTATOC-PET/CT

Anamnese 16­monatiges männliches Kleinkind mit wei­ter bestehender Hypoglykämie bei Zustand nach Resek­tion eines Fokus aus dem Pankreaskopfbereich vor 6 Mo­naten. Zuvor war eine DOPA­PET/CT­Untersuchung durchgeführt worden, bei der ein Fokus von 6 mm Durch­messer im Pankreaskopfbereich diagnostiziert wurde.

Befund Die Kontroll­PET/CT­Untersuchung mit 18F­DOPA und 68Ga­DOTATOC ergibt weiterhin das Vorlie­gen einer fokalen Form des kongenitalen Hyperinsulinis­mus. Der Fokus hat einen Größendurchmesser von ca. 6 × 4 mm. Er liegt am lateralen Pankreaskopfrand im Be­reich der Papilla vateri, angrenzend an die Pars descendens duodeni. Die Lage entspricht der bei der Voruntersuchung angesprochenen Fokuslokalisation. Die Distanz zur media­len Begrenzung des oberen Gallenblasenbereichs beträgt heute nur 10 mm und zum Confluens 26 mm.

Schlussfolgerung Präzise Lokalisation für eine gezielte therapeutische Behandlung mit sowohl 18F­DOPA­ als auch 68Ga­DOTATOC­PET/CT.

14.5 · Fallbeispiele14917

. Abb. 14.29 Fokus am lateralen Pankreaskopfrand im Bereich der Papilla vateri, 18F-DOPA-PET/CT, koronaler Schnitt

. Abb. 14.32 Fokus am lateralen Pankreaskopfrand im Bereich der Papilla vateri, 68Ga-DOTATOC-PET/CT, koronaler Schnitt, 50 min p.i.

. Abb. 14.31 Fokus am lateralen Pankreaskopfrand im Bereich der Papilla vateri, 68Ga-DOTATOC-PET/CT, koronaler Schnitt, 30 min p.i.

. Abb. 14.30 Fokus am lateralen Pankreaskopfrand im Bereich der Papilla vateri, 18F-DOPA-PET/CT, transaxialer Schnitt

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918 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.10 Patient 10 – Kongenitaler Hyperinsulinismus

Anamnese 4­monatiger männlicher Säugling mit konge­nitalem Hyperinsulinismus.

Befund In der 18F­DOPA­PET/CT Nachweis einer fo­kalen Form des kongenitalen Hyperinsulinismus im dis­talen  Pankreasschwanz. Die Größe des Fokus beträgt

5  ×  5  ×  4  mm. Für die intraoperative Lokalisation sind folgende Bezugsparameter anzugeben:1. Der Fokus liegt unmittelbar am Pankreasschwanzende an der kranialen Begrenzung der Cauda pancreatis.2. Die Distanz zwischen Fokuszentrum und Confluens be­trägt 42 mm.

Schlussfolgerung Präzise Lokalisation eines Fokus mit 18F­DOPA­PET/CT für eine effektive Therapie.

14.5 · Fallbeispiele14919

. Abb. 14.33 Fokaler Hyperinsulinismus am distalen Pankreas-schwanz, koronaler Schnitt

. Abb. 14.34 Fokaler Hyperinsulinismus am distalen Pankreas-schwanz, 3-D-Darstellung

14

920 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.11 Patient 11 – Insulinom

Anamnese 15­jähriger männlicher Patient mit bisher un­geklärtem neu aufgetretenem Hyperinsulinismus.

Befund In der 18F­DOPA­PET/CT Nachweis eines ca. 2  cm messenden, rundlichen aktivitätsspeichernden und hypervaskularisierten Gebildes ventral am Pankreas­

schwanz im Sinn eines Insulinoms. Der Herd grenzt an die Magenhinterwand. Für die intraoperative Lokalisation ist als Bezugsparameter eine Distanz zwischen Herdzen­trum und Pankreasschwanzbegrenzung bzw. Milzhilus von 33 mm anzugeben.

Schlussfolgerung Präzise Lokalisation eines Insulinoms mit 18F­DOPA­PET/CT für eine effektive Therapie.

. Abb. 14.35 Fokus ventral des Pankreasschwanzes, koronaler Schnitt

14.5 · Fallbeispiele14921

. Abb. 14.36 Fokus ventral des Pankreasschwanzes in 3 Schnittebenen

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922 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.12 Patient 12 – Kongenitaler Hyperinsulinismus

Anamnese 5­wöchiger weiblicher Säugling mit kongeni­talem Hyperinsulinismus.

Befund In der 18F­DOPA­PET/CT Nachweis der fokalen Form des kongenitalen Hyperinsulinismus im mittleren Pankreaskopfbereich dorsalseitig mit einer Größe von 5 × 5 × 8 mm.

Für die intraoperative Lokalisation sind folgende Be­zugsparameter anzugeben:1. Der Fokus liegt rechts lateral des Verlaufs der Vena me­senterica superior.2. Der Abstand zwischen kranialer Fokusbegrenzung und der Vena portae in Höhe des Confluens beträgt 10 mm.3. Der Fokus überragt dorsalseitig deutlich die Pank­reaskontur.

Schlussfolgerung Präzise Lokalisation eines Fokus mit 18F­DOPA­PET/CT für eine effektive Therapie.

14.5 · Fallbeispiele14923

. Abb. 14.37 Fokaler Hyperinsulinismus im mittleren Pankreas-kopfbereich dorsalseitig, sagittaler Schnitt

. Abb. 14.38 Fokaler Hyperinsulinismus im mittleren Pankreas-kopfbereich dorsalseitig, transaxialer Schnitt

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924 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.13 Patient 13 – Kongenitaler Hyperinsulinismus

Anamnese 6­monatiger männlicher Säugling mit konge­nitalem Hyperinsulinismus.

Befund In der 18F­DOPA­PET/CT Nachweis der fokalen Form des kongenitalen Hyperinsulinismus im Pankreas­korpusbereich, mehr kaudal. Der Herd liegt unmittelbar ventral der Einmündungsstelle der Vena lienalis in den

Confluens. Er hat eine Größe von 10 × 7 × 8 mm. Für die intraoperative Lokalisation ist als Bezugsparameter an­zugeben, dass die Distanz zwischen dem Fokuszentrum und der ventralen Begrenzung der Vena lienalis in Höhe der Einmündung zum Confluens nur 4 mm beträgt mit Einbeziehung des Ductus pancreaticus.

Schlussfolgerung Präzise Lokalisation eines Fokus mit 18F­DOPA­PET/CT für eine effektive Therapie.

. Abb. 14.39 Fokaler Hyperinsulinismus im Pankreaskorpus, transaxialer Schnitt

14.5 · Fallbeispiele14925

. Abb. 14.40 Fokaler Hyperinsulinismus im Pankreaskorpus in 3 Schnittebenen

14

926 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.14 Patient 14 – Fokaler kongenitaler Hyperinsulinismus

Anamnese 4­monatiger männlicher Säugling mit konge­nitalem Hyperinsulinismus.

Befund Die Untersuchung mit 18F­DOPA ergibt das Vor­liegen eines fokalen Hyperinsulinismus im Pankreas­korpusbereich. Der Fokus ist etwa 4–5 mm groß und liegt

unmittelbar angrenzend an die obere ventrale Begrenzung des Confluens im dorsalen Bereich des hier angrenzenden Pankreaskorpus.

Schlussfolgerung Sichere Diagnosestellung einer foka­len Erkrankung in der 18F­DOPA­PET/CT mit klarer räumlicher Zuordnung, die in der OP entsprechend bestä­tigt werden konnte.

. Abb. 14.41 Fokaler kongenitaler Hyperinsulinismus des Corpus pancreatis, transaxiale Schnittbildfolge

14.5 · Fallbeispiele14927

. Abb. 14.42 Fokaler kongenitaler Hyperinsulinismus des Corpus pancreatis, sagittaler Schnitt

. Abb. 14.43 Fokaler kongenitaler Hyperinsulinismus des Corpus pancreatis, Überlagerung mit CT-Angio-Darstellung

14

928 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.15 Patient 15 – Fokaler kongenitaler Hyperinsulinismus

Anamnese Verdacht auf kongenitalen Hyperinsulinis­mus (CHI).

Befund Die Untersuchung mit 18F­DOPA ergibt das Vor­liegen eines Fokus im Sinn des fokalen kongenitalen Hy­perinsulinismus. Der Fokus liegt an der ventralen Begren­

zung des oberen Korpusbereichs und hat die Größe von etwa 7  mm, wobei das Maximum der Aktivität in einer Länge von 3 mm zur Darstellung kommt. Eine Einbezie­hung des Ductus pancreaticus ist nicht erkennbar.

Schlussfolgerung Sichere Diagnosestellung einer foka­len Erkrankung sowie präzise Angabe der räumlichen Zu­ordnung. Der inzwischen operierte Patient ist jetzt wieder euglykämisch.

. Abb. 14.44 Fokaler kongenitaler Hyperinsulinismus des Corpus pancreatis in 3 Schnittebenen

14.5 · Fallbeispiele14929

. Abb. 14.45 Fokaler kongenitaler Hyperinsulinismus des Corpus pancreatis in Überlagerung mit CT-Volume-rendering-Technik

. Abb. 14.46 Fokaler kongenitaler Hyperinsulinismus des Corpus pancreatis in Überlagerung mit CT-Volume-rendering-Technik

14

930 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.16 Patient 16 – Neuroendokriner Tumor

Anamnese 68­jähriger männlicher Patient mit Erstdiag­nose einer diffusen Lebermetastasierung (sonographisch und computertomographisch) vor 5 Wochen. Bisher keine Sicherung eines Primarius. Inappetenz, Schwäche und Gewichtsverlust von 10 kg innerhalb von 6 Monaten. Bis­herige Diagnose: Colon irritabile 5–8 Stühle/die.

Befund Malignomtypischer Glukosemetabolismus im Be­reich der diffus mit Metastasen durchsetzten Leber. Der Primärtumor konnte mit FDG nicht diagnostiziert werden. Mittels 68Ga­DOTATOC­PET/CT Nachweis eines neuro­endokrinen Tumors im Pankreaskorpus.

Der Primärtumor im Pankreas ist offensichtlich diffe­renziert (somit keine Darstellung mit 18F­FDG), während die Lebermetastasen weitgehend entdifferenziert sind und somit bereits in der FDG­PET sichtbar werden.

Schlussfolgerung Sicherung des Primarius nur mit 68Ga­DOTATOC­PET/CT, Lebermetastasen auch mit 18F­FDG­PET/CT.

14.5 · Fallbeispiele14931

. Abb. 14.47 Nachweis von Lebermetastasen mit 18F-FDG-PET/CT

. Abb. 14.51 Typische ringförmige Struktur der NET-Metastase in der Leber mit 68Ga-DOTATOC-PET/CT

. Abb. 14.50 Darstellung des Primarius im Pankreas mit 68Ga-DOTATOC-PET/CT

. Abb. 14.49 Nicht abgrenzbarer Primarius im Pankreas mit 18F-FDG-PET/CT

. Abb. 14.48 Nachweis von Lebermetastasen mit 68Ga-DOTATOC-PET/CT

14

932 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.17 Patient 17 – Neuroendokriner Tumor im rechten Mittelbauch

Anamnese 83­jährige Patientin mit gynäkologischer To­tal­OP wegen eines Unterbauchtumors vor 49 Jahren. Vor 19 Jahren Mammakarzinom rechts mit Ablatio mammae, vor 15 Jahren Lymphknotenrezidiv ausgehend von der rechten Mamma. Seit 2 Jahren gesichertes Plasmozytom. Aktuell akute abdominelle Beschwerdesymptomatik (Übelkeit, Erbrechen). Endosonographisch sowie zytolo­gisch besteht der Verdacht auf einen neuroendokrinen Tumor unterhalb der Pankreaskopfregion.

Befund Nachweis einer DOTATOC­Anreicherung im Bereich einer insgesamt schwer abgrenzbaren 3,7 × 2,8 × 5,5 cm großen Weichteilraumforderung im rechten Mittel­bauch mit inhomogen randständig betonter DOTATOC­Mehrbelegung als Ausdruck des neuroendokrinen Tu­mors.

Schlussfolgerung Verdachtsbestätigung und Nachweis des NET im Dünndarm mit Lymphknotenmetastasen.

14.5 · Fallbeispiele14933

. Abb. 14.52 Multifokale DOTATOC-Anreicherung in einem un-scharf begrenzten Weichtteiltumor im rechten Mittelbauch, sagittaler Schnitt

. Abb. 14.54 Multifokale DOTATOC-Anreicherung in einem un-scharf begrenzten Weichtteiltumor im rechten Mittelbauch, trans-axialer Schnitt

. Abb. 14.53 Multifokale DOTATOC-Anreicherung in einem un-scharf begrenzten Weichtteiltumor im rechten Mittelbauch, koro-naler Schnitt

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934 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.18 Patient 18 – Metastasiertes Karzinoid

Anamnese 57­jähriger männlicher Patient mit starken Schmerzen rechts abdominal seit 10 Monaten. Im Ultra­schall wurde ein Blasenstein diagnostiziert, der operativ entfernt wurde. Anlässlich dieser OP Zufallsbefund von Lebermetastasen. Eine Biopsie der Leber vor 2 Monaten ergab den Verdacht auf Metastasen eines neuroendokri­nen Tumors.

Befund In der 18F­FDG­PET/CT findet sich kein Anhalt für einen malignomsuspekten oder malignomtypischen Glukosemetabolismus in der Ganzkörperaufnahme. In

der 68Ga­DOTATOC­PET/CT finden sich dagegen multi­fokale Lebermetastasen in beiden Leberlappen.

Malignomtypischer DOTATOC­Metabolismus in einer max. 5 cm messenden Raumforderung in der Mesen­terialwurzel, ventral der Pars horizontalis duodeni im Sinn eines Karzinoidtumors, in der PET/CT vom Duodenum ausgehend. Des Weiteren finden sich mehrere kleinere Lymphknotenmetastasen ventral der linken Nebenniere, rechts retrokaval und in der Mesenterialwurzel.

Schlussfolgerung Nachweis eines neuroendokrinen Tumors mit multiplen Lebermetastasen in der 68Ga­DOTATOC­PET/CT.

. Abb. 14.55 Lymphknoten- und Lebermetastasen eines neuroendokrinen Tumors, dargestellt mit 68Ga-DOTATOC (oben), mit 18F-FDG keine Anreicherung (unten)

14.5 · Fallbeispiele14935

. Abb. 14.56 Lymphknoten- und Lebermetastasen mit 68Ga-DOTATOC, koronaler Schnitt

. Abb. 14.58 Lymphomkonglomerat mit 68Ga-DOTATOC . Abb. 14.57 Lymphknoten- und Lebermetastasen mit 68Ga-DOTATOC, transaxialer Schnitt

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936 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.19 Patient 19 – Karzinoid des terminalen Ileums

Anamnese 41­jährige Patientin mit einem neuroendo­krinen Tumor des terminalen Ileums und einer Größe von 0,8  cm. Histologie: hochdifferenziertes neuroendokrines Karzinom.

Seit 2–3 Jahren postprandial Darmgeräusche, Kopf­schmerzen und Druckgefühl im Kopf. Vor 2 Monaten starke Unterbauchbeschwerden links. Daraufhin wurde eine Koloskopie mit Nachweis eines Polypen im termina­

len Ileum durchgeführt. Multiple Biopsien aus dem Be­fund, der etwa 3  cm proximal der Bauhin‘schen Klappe liegt.

Befund Malignomtypischer DOTATOC­Metabolismus in dem koloskopisch und histologisch gesichertem poly­pösen Tumorsubstrat im terminalen Ileum.

Schlussfolgerung Befundbestätigung und präzise Loka­lisation mit 68Ga­DOTATOC­PET/CT.

14.5 · Fallbeispiele14937

. Abb. 14.59 Neuroendokriner Tumor des terminalen Ileums, koronaler Schnitt

. Abb. 14.61 Neuroendokriner Tumor des terminalen Ileums, koronaler Schnitt, Spätaufnahme

. Abb. 14.60 Neuroendokriner Tumor des terminalen Ileums, transaxialer Schnitt

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938 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.20 Patient 20 – Hepatische Metastasierung eines NET des Ileums

Anamnese 58­jährige Patientin mit Erstdiagnose eines neuroendokrinen Karzinoms des terminalen Ileums mit primärer hepatischer Filialisierung mit anfangs funk­tioneller Aktivität (Hitzewallungen und Durchfälle) sowie Leberkapselschmerz vor 2 Jahren. Zustand nach Hemi­kolektomie rechts und Teilhepatektomie rechts. Die Un­tersuchungen mit MRT und Sonographie ergaben den Verdacht auf 2 neue Lebermetastasen.

Befund Malignomtypischer DOTATOC­Metabolismus im Bereich zweier Lebermetastasen. Darüber hinaus findet sich eine inhomogene Nuklidverteilung in der Leber mit kleineren in Ausbildung begriffenen Leberfiliae.

Schlussfolgerung Verdachtsbestätigung und Befunderwei­terung der Metastasierung eines NET mit 68Ga­DOTATOC­PET/CT.

14.5 · Fallbeispiele14939

. Abb. 14.62 Lebermetastase eines neuroendokrinen Tumors im Segment V, transaxialer Schnitt

. Abb. 14.63 Lebermetastase eines neuroendokrinen Tumors im Segment VI, transaxialer Schnitt

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940 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.21 Patient 21 – Hepatische Metastasierung eines NET unter Therapie

Anamnese 59­jähriger männlicher Patient mit Zustand nach tiefer anteriorer Rektumresektion vor 4 Monaten wegen eines NET des Rektums. Diffuse Metastasierung der Leber. Szintigraphisch (Octreoscan) findet sich eine Herdläsion im BWK 10, LWK 3, im Os ilium links, in der Schädelkalotte dorsal sowie in der linken Lungenspitze. Anlage eines Ileostoma. Bisphosphonat­ und Somatosta­tinanalogatherapie. In der PET/CT vor 2 Monaten fand sich in den metastatischen Bereichen nur ein gering ge­steigerter Metabolismus. Weiterführung der Therapie.

Befund Bei bekanntem metastasierendem NET des Rek­tums findet sich unter der laufenden Somatostatinana­logatherapie kein wesentlich erhöhter Glukosemetabo­lismus im Bereich der bekannten Knochenmetastasen des Schädels, der Wirbelsäule sowie des linken Os iliums und im Bereich der Lymphknotenmetastasen des Ligamentum hepatoduodenale. Weitere Vergrößerung der diffus metas­tasierten Leber. Insgesamt ist eine Suppression des Metas­tasenstoffwechsels unter laufender Therapie dargestellt.

Schlussfolgerung Nachweis eines guten Therapieanspre­chens in der 18F­FDG­PET/CT.

14.5 · Fallbeispiele14941

. Abb. 14.64 Diffus metastasierte Leber ohne aktiven Metabolis-mus unter Therapie

. Abb. 14.65 Zustand nach tiefer anteriorer Rektumresektion, unter Therapie ohne Hinweis auf metabole Aktivität

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942 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.5.22 Patient 22 – Merkelzelltumor

Anamnese 62­jährige Patientin mit Erstdiagnose eines Merkelzellkarzinoms der Nase (Nasenrücken), Stadium II nach PE vor 2 Jahren. Exzision mit R1­Resektion. Nach­weis von 2 zytologisch als befallen gesicherten submenta­len rechts und links gelegenen Lymphknoten. Daraufhin Neck­Dissection I–III beidseits bei Lymphknotenmetas­tasen Regio I–II zervikal beidseits, teils kapselüberschrei­tend. Bis vor eineinhalb Jahren wurde eine Strahlenthe­rapie durchgeführt. Vor 6 Wochen Entfernung eines un­klaren Tumors im rechten Kieferwinkel retroaurikulär,

histologisch passend zu einem Merkelzellkarzinom, DD Metastase eines neuroendokrinen Tumors anderer Or­ganlokalisationen.

Befund Nachweis einer nodulären Struktur rechts para­gluteal mit malignomtypischem 68Ga­DOTATOC­Meta­bolismus im Sinn einer weiteren Absiedlung eines Mer­kelzellkarzinoms.

Schlussfolgerung Nachweis einer Absiedlung des Mer­kelzelltumors in der 68Ga­DOTATOC­PET/CT.

14.5 · Fallbeispiele14943

. Abb. 14.66 Metastase eines Merkelzelltumors rechts paragluteal

14

944 Kapitel 14 · Neuroendokrine Tumoren

14.6 Literatur

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