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Neven Olivari Endokrine Orbitopathie

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Neven Olivari • Endokrine Orbitopathie

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EndokrineOrbitopathie

unter Mitarbeit vonE. Eder, D. Richter, G. Noever, G. Deutsch und B. Stark

von Neven Olivari

Transpalpebrale Dekompressiondurch Fettentfernung

Chirurgische Therapie

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© 2001 Kaden Verlag, HeidelbergHerstellung: Ch. Molter, Kaden Verlag, HeidelbergDruck: Druckhaus Darmstadt, DarmstadtVerarbeitung: Buchbinderei Schaumann, Darmstadt

ISBN 3-922777-30-9

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Übersetzung, Entnahme von Abbildungen, Wiedergabe auf photomechanischemoder ähnlichem Wege, Speicherung in DV-Systemen oder auf elektronischen Datenträgern sowie die Bereitstellung der Inhalte imInternet oder anderen Kommunikationssystemen ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Verlages auch nur bei auszugswei-ser Verwertung strafbar.

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Sofern in diesem Buch eingetragene Warenzeichen, Handelsnamen und Gebrauchsnamen verwendet werden, auch wenn diese nichtals solche gekennzeichnet sind, gelten die entsprechenden Schutzbestimmungen.

Prof. Dr. med. Neven OlivariProfessor für Plastische Chirurgie i. R.(Universität Köln)Chefarzt i. R. der Abteilung für Plastische ChirurgieDreifaltigkeits-Krankenhaus Wesseling

Hohlenberg 2653332 Bornheim

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Olivari, Neven :Endokrine Orbitopathie : chirurgische Therapie; transpalpebrale Dekompression durch Fettentfernung /von Neven Olivari. Unter Mitarb. von E. Eder. – Heidelberg : Kaden, 2001

ISBN 3-922777-30-9

Photographie: Inge Goldberg, WesselingZeichnungen: Neven Olivari

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Dieses Buch istmeiner Frau Anna-Maria

und meinen Söhnen Alexander und Nicolasgewidmet.

Der denkende Mensch hat die wunderliche Eigenschaft,daß er an die Stelle, wo das unaufgelöste Problem liegt,

gerne ein Phantasiebild einfabelt, das er nicht loswerden kann,wenn das Problem auch aufgelöst und die Wahrheit am Tage ist.

J W G

aus Maximen und Reflexionen (Bd. 12, S. 427, 14-bändige Hamburger Ausgabe, DTV München 1998)

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VII

Geleitwort

Die endokrine Orbitopathie stellt auch heute nochdie hauptsächliche Herausforderung in der Therapiedes Morbus Basedow dar. Auch wenn die medika-mentöse und definitive Behandlung der Basedow-Hyperthyreose mittels Radiojod oder Operation effek-tiv und mit kalkulierbarem Risiko steuerbar ist, ist derNutzen für die Manifestation und langfristigeEntwicklung der endokrinen Orbitopathie weitgehendunkalkulierbar geblieben. Zwar haben eine verbesser-te Diagnostik mittels ophthalmologischer Unter-suchung, der Bestimmung des Aktivitäts-Scores undauch bildgebende Verfahren in den letzten JahrenFortschritte in der Einschätzung der Erkrankunggebracht, gerade die schweren Verläufe der endokrinenOrbitopathie mit einer erheblichen physischen undpsychischen Beeinträchtigung bleiben jedoch einegroße Herausforderung. Die Fortschritte der operati-ven Behandlung der endokrinen Orbitopathie sindhier ein Meilenstein. Ein besonderer Aspekt ist hier-bei die transpalpebrale Dekompression durch Fett-körperresektion. Eine verbesserte und eine optimiertekurzfristige und langfristige Nachsorge in prospektiv

angelegten Untersuchungen haben vielen Patientenentscheidend geholfen. Gerade die kosmetischen Er-gebnisse, die für Frauen im sozialen Umfeld so wich-tig sind, sind überraschend günstig. Professor Olivarifaßt in diesen Buch seine langjährige Erfahrung, ins-besondere in der operativen Behandlung der endokri-nen Orbitopathie, zusammen und hat hier ein Stan-dardwerk für alle an Morbus Basedow Interessiertengeschaffen. Der hervorragende didaktische Aufbauund die klaren Abbildungen erklären so manchen Zu-sammenhang rascher als viele Worte.

Ich gratuliere dem Autor und dem Verlag zu diesemumfangreichen Werk, das besonders den auf diesemGebiet chirurgisch tätigen Kollegen uneingeschränktempfohlen werden kann.

Prof. Dr. med. Klaus MannDirektor der Abteilung für EndokrinologieUniversitätsklinikum Essen

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VIII

Geleitwort

Endocrine ophthalmopathy, or Graves disease, is acondition which, over the years, has repeatedly taxedthe ingenuity of ophthalmic surgeons and a smallgroup of plastic surgeons interested in this condition.Initially the operations were technically relativelyminor but with the advent of craniofacial surgery moremajor procedures were developed and performed.Unfortunately, these led to only a minimal improve-ment in results and sometimes the complications, suchas diplopia, were significant and frequent. The realproblem in terms of treatment was the lack of an ade-quate analysis of the problem. This has now beengreatly helped by more sophisticated imaging tech-niques such as MRI scanning together with the aid ofthree-dimensional CT scanning techniques. It hasnow become obvious that it is the increase in conal fatwhich seems to be the most significant factor in thecausation of this distressing deformity.The method described by Neven Olivari, and so

beautifully presented in this book, is logical.Unfortunately, when it is presented or demonstratedby Neven Olivari, it seems simple to execute. However,at that point we are watching or listening to a mastersurgeon with a huge amount of experience in allaspects of plastic surgery but particularly in the orbit,

demonstrating a technique which he has pioneered anddeveloped over many years. To many, the method andits execution has been something of a mystery. All hasnow been revealed in this very clear and well pro-duced treatise. This is undoubtedly a giant step for-ward in the treatment of this condition which affectsso many of our patients. The book must, however, beread extremely carefully and even after having donethis I would advise for those who are inexperienced topractice on a cadaver, if possible, using the textbooklike a dissection manual. Those who are experienced inorbital surgery, of course, will not require this but theymust follow the step-by-step instructions provided bythe author. In this way good results will be obtainedand complications avoided.We must sincerely thank Neven Olivari for pro-

ducing this publication. He has done a great service toorbital surgery and to the unfortunate patients whosuffer from the problem of endocrine ophthalmopathy.I am sure that this will be instrumental in manypatients retaining their sight who otherwise would nothave done so. This may be the greatest complementthat can be applied to this account of his lifelong studyof this distressing problem.

Ian T. JacksonMD, DSc (Hon), FRCS, FACS, FRACS (Hon)Institute for Craniofacial and Reconstructive SurgerySouthfield, Michigan, USA

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IX

Das Schicksal der Patienten mit endokriner Orbito-pathie (EO) ist nicht leicht. Die Grunderkrankung,also die Immunhyperthyreose, kann durch einen chir-urgischen Eingriff (Strumektomie), thyreostatischeMedikation oder Radiojodtherapie in über 95 % zurHeilung gebracht werden. Therapieerfolge bei EOsind bescheiden.Die konservative Therapie bessert in dem akuten

Stadium die Veränderungen im Weichteilbereich derLider, hat aber kaum Einfluß auf die Protrusio bulbi,den Visus und die Augenmotilität. Bei optimistischenSchätzungen bildet sich der Exophthalmus in 10 %spontan zurück. Wahrscheinlich liegt die Remissionbei 5 %, aber nur in den ersten 6–12 Monaten.Spätestens nach 1 Jahr ist die Protrusio stabil unddurch Medikation unbeeinflußbar.Eine einmal aufgetretene EO ist ein Schicksals-

schlag für viele betroffene Patienten. Sie sind nicht nurdurch verminderten Visus, Doppelbilder und anderetypische Symptome der EO betroffen. Die hervorste-henden und häufig wie aufgerissen wirkenden Augenverändern den Gesichtsausdruck in einem dramati-schen Ausmaß. Die Augen sind der Mittelpunkt desGesichtes. Bei einem Exophthalmus hat sich das ganzeGesicht, ja hat sich häufig die ganze Persönlichkeitverändert. Bei den Patienten tritt in der späteren Phaseeine gewisse Hilflosigkeit auf. Früher attraktive, akti-ve Personen werden scheu, unsicher. Sie bekommenMinderwertigkeitskomplexe, haben Depressionen undihre sozialen Kontakte werden drastisch reduziert. Siebesuchen regelmäßig und meistens diszipliniert ihrenEndokrinologen, Ophthalmologen und Nuklearmedi-ziner. Sie fragen die behandelnden Ärzte ständig, obdurch eine Operation eine Hilfe möglich wäre.Die Antwort der behandelnden Ärzte ist sachlich:

Nur bei drohendem Visusverlust wird eine ossäre ope-rative Dekompression indiziert, aber nicht beiProtrusio ohne Visusprobleme. Diplopie oder garästhetische Probleme sind keine Indikation, weil dieOperation zu aufwendig und mit Komplikationenbehaftet ist. Da nur 3–5 % der Patienten einen bedroh-lich verminderten Visus haben, sind mehr als 95 %dazu verurteilt, mit ihrem Exophthalmus zu leben.Es gibt kaum eine Therapie einer nichtmalignen

Erkrankung mit kleinerer Erfolgsquote als bei der EO.In Deutschland leben wahrscheinlich ca. 160 000 Pa-tienten mit diesem Problem.

Im Sommer 1985 fragte mich ein befreundeterInternist und Endokrinologe, Prof. Mies aus Köln, obich seiner Frau, die an einer endokrinen Orbitopathielitt, helfen könnte. Obwohl ich damals 20 JahreErfahrung in der Lidchirurgie, aber auch in derOrbitachirurgie hatte, antwortete ich, daß ich noch nieeine ossäre Dekompression durchgeführt hätte undempfahl ihm eine Klinik, in der solche Operationendurchgeführt wurden. Herr Mies meinte, daß er sichgut informiert habe und eine ossäre Dekompressionfür seine Frau ablehne. Er bat jedoch darum, seineFrau unter dem ästhetischen Aspekt zu operieren, dasie sehr unter ihrem Aussehen litt.Für mich war klar, daß die enormen Lidschwel-

lungen durch Fettentfernung korrigiert werden konn-ten. Ich führte eine klassische Lidplastik durch. BeiEröffnung des Septum orbitale prolabierte unterDruck eine größere Menge Fett nach außen. Ich ent-fernte so viel wie möglich von Ober- und Unterlid,aber auch aus den tieferen Bereichen der Orbita.Zu meiner Überraschung besserte sich bei der

Patientin nicht nur die ästhetische Situation, sondernauch die Hertel-Werte gingen zurück.Der Nuklearmediziner Prof. Mödder, ebenfalls aus

Köln, erfuhr von dieser Operation und bat mich, eini-ge von seinen zahlreichen Patienten mit EO zu ope-rieren, welche erfolglos jahrelang konservativ behan-delt wurden. Er selbst hat zahlreiche Bücher überSchilddrüsenerkrankungen geschrieben und sich imBereich der Belletristik einen Namen erworben.Ich ließ mich von ihm in die komplexe Problematik

der EO in langen, freundschaftlichen Gesprächen ein-weihen. Nach langem Studium der EO-Literatur,Anatomie und den bisherigen operativen Verfahrenentschloß ich mich, vereinzelt Patienten zu operieren.In den Jahren 1985–1987, also in einem Zeitraum

von 3 Jahren, wurden nur 8 Patienten und 15 Orbitaeoperiert. Alle diese Patienten hatten eine langjährige,erfolglose konservative Behandlung hinter sich. Alle15 Operationen verliefen erfolgreich.Von Anfang an wurde eine Operationsindikation

nur gestellt, wenn folgende Untersuchungsergebnissevorlagen:1. euthyreote Stoffwechsellage2. ophthalmologische Untersuchung3. CT oder MRI der Orbita zur Beurteilung derAugenmuskelbeteiligung

Vorwort

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X

Ab dem zweiten Patienten wurde das Volumender entfernten Fettmenge genau gemessen und sämt-liche Daten gespeichert. Postoperativ wurden diePatienten von uns sowie Ophthalmologen und Endo-krinologen bzw. Nuklearmedizinern untersucht.An mehreren Leichen wurden Orbitae operiert,

um eine größere Sicherheit bei der Operation zu errei-chen.Prof. Mies und Prof. Mödder danke ich für ihre

moralische Unterstützung. Mein Dank gilt ebenfallsHerrn Prof. H. Neubauer, dem ehemaligen Direktorder Universitäts-Augenklinik Köln, für seine Unter-stützung. Ich stellte ihm Anfang 1991 meine Resultatevor und er fand die Methode gut genug, um sie in demBuch „Surgical Ophthalmology“, dessen Mitautor erwar, zu übernehmen.Herrn Prof. Koebke, Anatomisches Institut der

Universität Köln, danke ich für die Möglichkeit diegrundlegenden Vorbereitungen in seinem Institutdurchzuführen.Die ersten 100 Orbitae habe ich selbst operiert,

danach wurden in zunehmendemMaße meine Kolle-gen mit der Operation beauftragt.

Die erste kurze Veröffentlichung erfolgte 1988[106]. Die Resultate nach 147 Operationen wurden1991 in Plastic and Reconstructive Surgery veröffentlicht[107]. Für diese Veröffentlichung bekam ich von derAmerican Association of Maxillofacial Surgeons den„Award for the best clinical paper 1991“.

Mein besonderer Dank gilt meiner langjährigen Foto-grafin, Frau Inge Goldberg, die die Operations- undPatientenfotos in hervorragender Weise gefertigt hat,sowie den Kollegen E. Eder, D. Richter, G. Noever,B. Stark und G. Deutsch für ihre klinische und stati-stische Unterstützung bei der Arbeit.Meine Frau Anna-Maria hat geduldig immer wie-

der neue, korrigierte Fassungen am Computer ge-schrieben.Die notwendige Ruhe und Muße bei der End-

fassung des Buches fand ich auf dem Balkon des ClubCoronado der Familie Schütte auf der Insel Fuerte-ventura.

Prof. Dr. med. Neven Olivari

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Geleitworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1. Geschichte der endokrinen Orbitopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

2. Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.1 Aufbau der knöchernen Orbita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2 Die äußeren Augenmuskeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.3 Innervation der Augenmuskeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.4 Gefäßversorgung der Orbita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.5 Glandula lacrimalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.6 Fettkörper und Bindegewebsapparat der Orbita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.7 Nervus opticus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

3. Klassifikation, Diagnose und Differentialdiagnoseder endokrinen Orbitopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

3.1 Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113.2 Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

3.2.1 Objektive klinische Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11a. Oberlid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11b. Unterlid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12c. Infiltrative Lidsymptomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12d. Proptosis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13e. Störungen der Augenmotilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13f. Veränderungen an der Cornea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13g. Visusstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14h. CT, MRI und Ultraschall der Orbita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

3.3 Differentialdiagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

4. Epidemiologie der endokrinen Orbitopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

5. Pathogenese der endokrinen Orbitopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

5.1 Pathophysiologische Veränderungen (klinisch relevant) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19a. Oberlid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19b. Unterlid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20c. Extraokuläre Muskulatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20d. Intraorbitales Fettgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21e. Glandula lacrimalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22f. Knochenveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22g. Prätibiales Myxödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

5.2 Pathophysiologische Mechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

6. Nichtoperative Therapie der endokrinen Orbitopathie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256.1 Therapie der Immunhyperthyreose und EO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

6.1.1 Lokale symptomatische Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266.1.2 Orale Glukokortikoid-Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266.1.3 Orbitabestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276.1.4 Cyclosporin-Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296.1.5 Andere systemische medikamentöse Therapien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

Inhalt

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XII

7. Operative Therapie der endokrinen Orbitopathie7.1 Temporale Dekompression. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317.2 Transantrale Dekompression des Orbitabodens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317.3 Mediale Dekompression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327.4 Zweiwand-Dekompression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327.5 Transfrontale Dekompression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347.6 Dreiwand-Dekompression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347.7 Vierwand-Dekompression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347.8 Resultate der Osteotomie-Dekompression bei verschiedenen Autoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . 347.9 Dekompression durch Fettentfernung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

8. Transpalpebrale Dekompression durch Fettentfernung nach Olivari8.1 Notwendigkeit einer neuen Operationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398.2 Aufklärung der Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398.3 Technik der Operation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

8.3.1 Transpalpebraler Zugang am Oberlid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428.3.2 Transpalpebraler Zugang am Unterlid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648.3.3 Verteilung des intraorbitalen Fettgewebes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648.3.4 Gefahren der Operation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 658.3.5 Diskussion zum operativen Vorgehen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

8.4 Postoperative Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 678.5 Patienten und Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

8.5.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 678.5.2 Präoperative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 698.5.3 Indikation zur Operation und Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 698.5.4 Präoperative psychische Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

8.6 Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 978.6.1 Fettvolumenentfernung und Veränderung der Protrusio. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 978.6.2 Protrusio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

8.6.2.1 Symmetrische/asymmetrische Proptosis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 988.6.2.2 Uni-/bilaterale Protrusio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

8.6.3 Visusminderung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 998.6.4 Diplopie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 998.6.5 Retrobulbärer Druck „Brennen“ und Kopfschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1018.6.6 Photophobie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1018.6.7 Lidschwellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

8.6.7.1 Oberlidretraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1028.6.8 Glaukom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1038.6.9 Strabismus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1048.6.10Eine Studie über Spätresultate von operierten Patienten (1985–1991) unter

besonderer Berücksichtigung der asymmetrischen Proptosis (Untersuchung 1993) . . . 1048.6.11 Resultate insgesamt (Kommentar) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

8.7 Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1078.7.1 Hämatome. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1078.7.2 Parese des Nervus supraorbitalis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1078.7.3 Diplopie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1078.7.4 Infektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1078.7.5 Oberlidasymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1078.7.6 Unterlidretraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1078.7.7 Sonstige Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

9. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

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In den englischsprachigen Ländern (USA, Groß-britannien etc.) wird die Immunhyperthyreose„Graves’ disease“ und in einem Teil des kontinentalenEuropa „Basedow’sche Erkrankung“ genannt.Robert James Graves war eine der schillerndsten

Persönlichkeiten der irischenMedizingeschichte. 1796wurde er als siebtes von zehn Kindern geboren. SeinVater, wie auch der Vater seiner Mutter, waren beideTheologieprofessoren an der Universität von Dublin.Er genoß eine gute Schulbildung und besuchte dieUniversität, an der sein Vater lehrte. Nach demStudium der Medizin reiste Graves durch Europa undvertiefte seine Kenntnisse der Medizin in London,Göttingen, Berlin, Wien, Kopenhagen und Edin-burgh. Danach kam er zurück nach Dublin undbegann seine Karriere als Arzt. Durch seine vielenausländischen Universitätsbesuche besaß er eine exzel-lente Ausbildung und hatte persönliche Beziehungenzu bekannten europäischen Ärzten. In Dublin ver-schaffte er sich schnell eine Reputation als Dozent,Kliniker, aber auch als Schriftsteller. Als begnadeterRedner hielt er jahrelang Vorlesungen am MeathHospital, die fast als gesellschaftliches Ereignis galten.1834 berichtete Graves in einer dieser Vorlesungen

von 3 Patienten, die alle ähnliche Symptome aufwiesen:

1. Tachykardie2. Vergrößerung der Schilddrüse

Sein Kollege William Stoke erwähnte im Anschlußeine vierte Patientin, die zusätzlich einen Exoph-thalmus hatte.1835 veröffentlichte Graves diesen Bericht im

London Medical and Surgical Journal unter dem Titel:„Vorlesung XII der klinischen Vorlesungen“ [43].Die Zeitschrift war nicht sehr bekannt und der

Titel unglücklich gewählt. Selbst in Großbritannienwurde dieser Bericht nach einigen Jahren vergessen(Abb. 1.1).1843 veröffentlichte Graves sein Lehrbuch der

Medizin „A System of Clinical Medicine“. Es war eingroßer Erfolg und wurde in die deutsche, französischeund italienische Sprache übersetzt.

1. Geschichte derendokrinenOrbitopathie

Abb. 1.1 Robert J. Graves Orginalveröffentlichung von 1835.Er fand die Verbindung von Tachykardie, Struma und Ex-ophthalmus. Die Arbeit blieb lange Jahre vergessen.

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2 Endokrine Orbitopathie

Niemand übersah die Veröffentlichung des deut-schen Arztes Karl von Basedow aus Merseburg an derSaale. Basedow, 3 Jahre jünger als Graves, wurde alsSohn des Regierungspräsidenten von Dessau 1799geboren. Er studierte in Paris und Halle, wo er 1821zum Doktor der Medizin und Chirurgie promovierte.Im Jahre 1840 veröffentlichte er einen Bericht über

4 Fälle von Exophthalmus, Kropf und Tachykardie(Merseburger Trias) [12]. Basedow hat sich speziell mitdem Krankheitsbild des Exophthalmus beschäftigt.Er erkannte, daß die Augen selbst nicht geschwollenwaren, sondern das Gewebe hinter den Augen. AlsTherapie wandte er Jod und Blutegel an (Abb. 1.2).In Zwischenzeit wurde in Europa jedoch die von

Basedow beschriebene Erkrankung populär und dadiese Veröffentlichung drei Jahre vor dem Lehrbuchvon Graves erschien, war der Name „Basedow’scheErkrankung“ etabliert.Nur der französische Wissenschaftler und Graves-

Verehrer Armand Trousseau wußte, daß dieser schon1834 den Zusammenhang der Symptome erkannt undbeschrieben hatte. Trousseau berichtete an der Medi-zinischen Akademie in Paris 1862 über diese Tatsache;allerdings wurde dies im kontinentalen Europa igno-riert.

Eine andere Tatsache war auch Trousseau nichtbekannt. Im Jahre 1825 veröffentlichte der Sohn desArztes Chaleb Parry (1755–1822) posthum die Berichteseines Vaters. Chaleb Parry war praktischer Arzt imvornehmen englischen Ort Bath. Er hatte die Ver-bindung von Tachykardie und Kropf, gelegentlich mitExophthalmus, als eigenständiges Krankheitsbildbeschrieben. Die Veröffentlichung blieb jedoch weit-gehend unbeachtet.Weder Graves noch Basedow kannten die Ursa-

chen der von ihnen beschriebenen Krankheit. Es gehtuns heute, 150 Jahre danach, auch nicht viel besser.Es ist von Interesse, daß 1583 Bartisch aus Königs-

brück ein aufwendiges Buch zur Ophthalmologiegeschrieben hat [9]. Auf einer Zeichnung wurde einPatient mit Exophthalmus deutlich dargestellt.Natürlich wurde dies nicht in richtigem Zusammen-hang mit der Schilddrüse gedeutet (Abb. 1.3, 1.4).

Abb. 1.2 Basedow, in Unkenntnis der Entdeckung vonGraves, beschrieb 1840 die sogenannte Merseburger Trias:Tachykardie, Kropf und Exophthalmus. Er stellte fest, daßnicht der Bulbus vergrößert war, sondern das Gewebe hinterdem Auge.

Abb. 1.3 Bartischaus Königsbrück ver-faßte 1583 ein sehrumfangreiches Buchzur Ophthalmologie.

Abb. 1.4 In seinemBuch (1583) wurdeein Patient mit Ex-ophthalmus darge-stellt. Natürlich wurdeder Augenzustandnicht mit der Schild-drüsenfunktion in Zu-sammenhang ge-bracht.

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Das Auge liegt in der von Schädelknochen gebil-deten Orbita. Der Bulbus oculi wird im vorderen

Bereich von den Augenlidern bedeckt und ist im übri-gen in das weiche Orbitafett eingebettet. Die Augen-muskeln enden mit ihren Sehnen am Bulbus oculi.Ihre Stränge konvertieren im hinteren Anteil derOrbita und bilden die Form eines Trichters, denAnulus tendineus communis (Zinn’schen Ring), inden der aus dem Bulbus entspringende N. opticus ein-mündet.

In der Orbita verlaufen Nerven und Gefäße, welchedie dort liegenden Strukturen – den Bulbus oculi, denN. opticus, die äußeren Augenmuskeln und die tem-poral oben dem Bulbus oculi anliegende Glandulalacrimalis – versorgen (Abb. 2.2, 2.6).

2. Anatomie

Abb. 2.1 Knöcherne Orbita

Os sphenoidale (Ala minor)

Canalis opticus

Os frontale, Pars orbitalis

Os lacrimale

Maxilla, Proc. frontalis

Os ethmoidale (Lamina orbitalis)

Maxilla

Foramen infraorbitaleOs zygomaticum

Fissura orbitalis sup.

Os sphenoidale, Ala major

Fissura orbitalis inf.

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4 Endokrine Orbitopathie

2.1 Aufbau der knöchernen Orbita

Die knöcherne Orbita hat die Form eines nach vorneoffenen Trichters. Sie wird nasal durch die Laminaorbitalis des Os ethmoidale, durch den Processus fron-talis des Os maxillare, durch das Os lacrimale unddurch den Processus orbitalis des Os palatinumbegrenzt. Der Orbitaboden wird von der Maxilla, demOs zygomaticum und dem Processus orbitalis des Ospalatinum gebildet. Das Orbitadach besteht aus derPars orbitalis des Os frontale und der Ala minor desOs sphenoidale. Lateral wird die Orbita durch das Oszygomaticum, die Ala major des Os sphenoidale unddes Processus zygomaticus des Os frontale begrenzt(Abb. 2.1)

2.2 Die äußeren Augenmuskeln

Die extraokulären Augenmuskeln haben ihren ge-meinsamen Ursprung in der Tiefe der Orbita vor demForamen opticum aus dem Anulus tendineus commu-nis (Zinn’scher Ring). Sie umhüllen den N. opticus.Die vier geraden Augenmuskeln (der M. rectus supe-rior, der M. rectus inferior, der M. rectus medialis undder M. rectus lateralis) ziehen an der oberen, unteren,medialen und lateralen Wand der Orbita zum Bulbusoculi und strahlen in die Sklera ein. Die beiden schrägverlaufenden Augenmuskeln, der M. obliquus superi-or und der M. obliquus inferior, treten von vorn medi-al nach hinten lateral an den Bulbus oculi und setzentemporal hinter dem Äquator an (Abb. 2.2, 2.3).

Abb. 2.2 Sagittalschnitt durch die Orbita

M. levator palpebrae sup.

Nn. ciliares breves

Periorbita

N. infraorbitalis

M. obl. inf.

Septum orbitale

M. tarsalis inf. (Retractor)

M. orbicul. oculi

Tarsus palpebr. inf.

Tarsus sup.

M. tarsalis sup.(Müller)

M. levat. palpebr.sup. (Aponeurosis)

Septum orbitale

M. orbicularisoculi

N. supraorbitalis

M. rectus sup.

N. opticus (Excavatia disci)A., V. centralis retinae

V. ophthal. sup.

N. ciliaris longus

N. nasociliaris

A. lacrimalis

N. frontalisN. oculomotorius Ramus sup.

Anulus tendineus communis

N. nasociliarisN. opticusN. oculomot.

A. ophthalmica

Dura mater

Processus orbit. ossis palat.

Ganglion ciliare

N. oculomot. (R. inf.)

M. rectus inf.

Sinus maxillaris A. iridis

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Anatomie 5

Abb. 2.3 Anatomische Situation im vorderen Teil der Orbita,coronarer Schnitt. Die Fettkompartimente sowie die Septizwischen den Fettanteilen sind deutlich sichtbar.

N. supraorbitalisM. obliquus superior

N. supratrochlearis

M. rectus medialis

M. obliquus inferior

M. rectus inferior

M. rectus lateralis

Glandula lacrimalis

M. rectus superior

M. levator palpebrae sup.

Abb. 2.4 Coronarer Schnitt in der Bulbusmitte.

M. rectus superior

M. levator palpebrae sup.A. V. N. supraorbitalis

A. V. N. supratrochlearis

V. ophthalmica superior

M. obliquus superior

M. rectus medialis

V. ophthalmica inferior

M. rectus inferior

M. obliquus inferior

Periorbita

M. rectus lateralis

Glandula lacrimalis

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6 Endokrine Orbitopathie

Abb. 2.5 Anatomische Situation im retrobulbären Raum. Coronarer Schnitt 0,5 cm dorsal von dem Bulbus.

M. levator palpebr. sup.

N. oculomotorius (R. superior)

N. supraorbit.

M. rectus sup.

M. obliquus sup.

N. supratrochlearis

N. oculomotorius (R. inf.)

M. rectus med.

V. ophthalm. inf.

A.N. infraorbit.

M. rectus inf.N. oculomotorius (R. inf.)

Periorbita

A. iridis

N. opticus, A., V. centralis retinae

Aa. ciliares post.breves et longae, Nn. ciliares

N. abducens

M. rectus lat.

N., A., V. lacrimalis

V. ophthalm. sup.

M. levator palpebr. sup.

A., V., N. supraorbitalis

M. obliquue sup.

M. rectus med

A., V., N. supratrochlearis

Canalis opticus

N. opticus

A. ophthalmica

M. rectus inf.

N. oculomotorius

Anulus tendineus communis

V. ophthalmica inf.

M. rectus sup.

N. trochlearis

Fissura orbitalis sup.

N. lacrimalis

N. frontalis

V. ophthalmica sup.

N. oculomotorius

M. rectus lat.

N. nasociliaris

N. abducens

Fissura orbitalis inf.

A., N. infraorbit.

Abb. 2.6 Topografische Situation im Apex orbitae (coronarer Schnitt). N. opticus, A. ophthalmica, RR. des N. oculomotorius,N. abducens sowie N. nasocilliaris liegen innerhalb des Anulus tendineus communis (Zinn’scher Ring). Andere wichtigeNerven und Gefäße kommen durch die Fissura sup. und die Fissura inf. durch.

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Anatomie 7

2.3 Innervation der Augenmuskeln

Die extraokulären Muskeln werden von drei Hirn-nerven, dem N. oculomotorius, dem N. abducens unddem N. trochlearis innerviert.Der N. oculomotorius (III. Hirnnerv) enthält

somatomotorische und visceromotorische Fasern. Erinnerviert den M. rectus medialis, M. rectus inferior,M. rectus superior, M. obliquus inferior, M. levatorpalpebrae. Der N. abducens (VI. Hirnnerv) ist einsomatomotorischer Nerv, der den M. rectus lateralisversorgt. Der N. trochlearis (IV. Hirnnerv) ist ebensoein rein somatomotorischer Nerv. Er innerviert denM. obliquus superior.Sämtliche oben genannten Nerven gelangen durch

die Fissura orbitalis superior in die Orbita. Dort teiltsich der N. oculomotorius in einen Ramus inferior, derdenM. rectus inferior, denM. rectus medialis und denM. obliquus inferior versorgt und den Ramus superi-or, der denM. rectus superior und denM. levator pal-pebrae versorgt. Mit seinem visceromotorischen Anteilinnerviert der N. oculomotorius die innerenAugenmuskeln.

Abb. 2.7 Horizontaler Schnitt durch die rechte Orbitamitte.Der M. rectus medialis und der M. rectus lateralis sind mit fei-nen Ligamenten (1) an der Periorbita (2) fixiert. Bei der trans-palpebralen Dekompression mit Fettentfernung bleiben dieMuskeln in ihrer natürlichen Lage.

Die Rami des III., IV. und VI. Hirnnerven sind ander Innenseite des Konus in den Muskeln inseriert.Dies hat eine praktische Konsequenz. Bei der Fett-entfernung besteht kaum Verletzungsgefahr.

2.4 Gefäßversorgung der Orbita

Die wichtigste Arterie der Orbita ist die A. ophthal-mica, die aus der A. carotis interna entspringt. Sie ver-läuft unterhalb des N. opticus durch den Canalis opti-cus. In der Orbita verläuft sie innerhalb des Zinn’schenRinges und beschreibt um den Sehnerven eineSchraubentour, indem sie sich nach lateral und dannüber ihn nach medial wendet. In diesem Bereich gibtsie die A. lacrimalis ab, die entlang des oberen Randesdes M. rectus lateralis zur Glandula lacrimalis undzum lateralen Augenwinkel verläuft. Im weiterenVerlauf der A. ophthalmica gibt diese, die für denBulbus oculi wichtigen Aa. ciliares und A. centralisretinae ab (Abb. 2.2).

Abb. 2.8 Anatomische Situtation im Canalis opticus. Der N.opticus ist von der Dura mater umschlungen. Jede Spannungauf den N. opticus und dadurch auf die Dura mater in ventra-ler Richtung bei Exophthalmus verursacht retrobulbärer Druck(„Brennen“) und Kopfschmerzen.

1

21

2

N. opticusOrbita

Dura mater

Arachnoidea

Pia

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8 Endokrine Orbitopathie

2.5 Glandula lacrimalis

Die Glandula lacrimalis liegt im oberen temporalenAnteil der Orbita in der Fossa glandulae lacrimalis desOs frontale. Durch die Sehne des M. levator palpebraesuperioris wird sie in eine dem Knochen anliegendePars orbitalis und eine dem Augenlid anliegende Parspalpebralis geteilt. Etwa zehn kleine Ductuli excreto-rii ergießen die Tränenflüssigkeit oberhalb des latera-len Augenwinkels in den Fornix conjunctivae superi-or. Sie wird von der A. lacrimalis und dem N. lacri-malis versorgt.

2.6 Fettkörper und Bindegewebs-apparat der Orbita

Der nicht von Muskeln, Gefäßen und Nerven einge-nommene Raum der Augenhöhle ist von einem mitBindegewebe durchsetzten Fettkörper ausgefüllt.Innerhalb der vier geraden Augenmuskeln bildetdieser einen pyramidenförmigen Körper. Das denFettkörper durchsetzende Bindegewebe verdichtet sichgegen die Muskeln, vor allem aber gegen den Bulbushin zu einer festeren Haut, die ein Widerlager für denBulbus liefert.Die Periorbita kleidet als Periost die knöcherne

Augenhöhle aus. Durch den Canalis opticus und dieFissura orbitalis superior geht sie in die Dura materüber. Das Septum orbitale schließt den Orbitainhalt

Abb. 2.9 a,b Blick in dieOrbita von oben nach Ent-fernung des Orbitadaches(F = N. frontalis, SO = N.supraorbitalis, ST = N.supratrochlearis, L = N.lacrimalis, IV = Rami von IV.Hirnnerv zu den Muskeln).Reichliche Fettverteilung istsichtbar. b Blick unterhalbder oben beschriebenenStrukturen ( LEV = M. leva-tor palpebrae, SR = M. rec-tus superior). Ebenfallsreichlich Fett vorhanden(mehr medial als lateral).

Abb. 2.10 a,b Horizontaler Schnitt im oberen Teil der Orbita(1 = M. levator palpebrae, 2 = Sinus frontalis, 3 = Lobus fron-talis cerebri) b Horizontaler Schnitt in Höhe der Mitte derOrbita (1 = M. rectus medialis, 2 = M. rectus lateralis, 3 = N.opticus – apikaler Teil, 4 = Sinus ethmoidalis, 5 = Bulbus)[Dieses Bildmaterial verdanken wir Prof. Dr. Koebke vom Ana-tomischen Institut der Universität Köln].

a b

a

b

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Anatomie 9

nach vorne ab. Es zieht sich als ringförmige, nahezuvertikal gestellte Bindegewebsplatte vom Orbitarandzum Tarsus superior und inferior und wird von zahl-reichen Nerven und Gefäßen durchsetzt (Abb. 2.3–5).

2.7 Nervus opticus

Der N. opticus geht vom Bulbus in dorsaler Richtungdurch den Anulus tendineus communis (Zinn’scherRing) und den Canalis opticus und mündet imChiasma. Der N. opticus ist in Primärposition desBulbus entspannt und leicht gekurvt. Dies ermöglichteine entsprechendeMotilität bei den Bewegungen desBulbus. Der N. opticus wird von der Dura materumschlungen und diese ist wiederum an der Periorbita(Periosteum) fixiert. Eine Traktion des N. opticus aufdie Dura mater (bei Exophthalmus) verursacht sub-jektive Beschwerden, wie retrobulbäres „Brennen“,Kopfschmerzen (Abb. 2.8).

Abb. 2.11 a,b Die extraokulären Muskeln in der normalenOrbita (Das Bild ist auf Grund eines dreidimensionalen CT-Image nachgebildet. Blick von unten). a Sämtliche Muskelnsind in relativ entspanntem Zustand. b Der N. opticus ist ent-spannt und kurvenreich.

a b