Newsletter Johnsbachtal 2015 - Universität Graz · Neues aus dem Johnsbachtal – November 2015 --...

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Neues aus dem Johnsbachtal – November 2015 -- 1 -- Newsletter Johnsbachtal 2015 Liebe Freundinnen und Freunde des Johnsbachtals! Was lange währt, wird endlich gut – getreu diesem Motto freuen wir uns, nun endlich das schon lange angekündigte Datenportal für die Johnsbachtal-Stationen der Öffentlichkeit übergeben zu können (http://www.bogner-lehner.net/xeis_datenportal.php). Wir wünschen viel Spaß beim Stöbern in den Daten! Downloads sind in einem passwortgeschützten Bereich möglich. Die Zugangsdaten können bei den Berechtigten angefragt werden (Daniel Kreiner, NP; Jürgen Fuchsberger, WegC; Oliver Sass, IGR). Herzlicher Dank gebührt vor allem Joe Bogner (Fa. Bogner & Lehner), der deutlich mehr Arbeit hatte als ursprünglich vorgesehen, Jürgen Fuchsberger für die zahlreichen kleinen Korrekturen, und Andreas Pilz für die zuverlässige Wartung der Stationen – mehr dazu im nächsten Absatz. 1) Neues zum Stationsnetz Durch die Qualitätskontrolle der Daten der fünf Uni-Graz Stationen (Oberkainz, Kölblwiese, Schröckalm, Blaseneck und Zinödl) sowie der beiden Stationen des NP Gesäuse (Weidendom und Gscheideggkogel) konnte die Datenqualität deutlich verbessert werden. Zusammen mit jeweils zwei Stationen vom steirischen Lawinenwarndienst und vom hydrographischen Dienst Steiermark, welche in Zukunft auch an die WegenerNet Datenprozessierung angebunden werden, bilden diese insgesamt 11 meteorologischen Stationen das WegenerNet Johnsbachtal – Nationalpark Gesäuse. Dieses wurde national beim 6. Österreichischen MeteorologInnentag und beim 16. Österreichischen Klimatag sowie international bei der Long-term Ecosystem Research (LTER) Konferenz im Februar und der Vollversammlung der European Geosciences Union (EGU) im April präsentiert.

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Neues aus dem Johnsbachtal – November 2015

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Newsletter Johnsbachtal 2015

Liebe Freundinnen und Freunde des Johnsbachtals!

Was lange währt, wird endlich gut – getreu diesem Motto freuen wir uns, nun endlich das schon

lange angekündigte Datenportal für die Johnsbachtal-Stationen der Öffentlichkeit übergeben zu

können (http://www.bogner-lehner.net/xeis_datenportal.php). Wir wünschen viel Spaß beim

Stöbern in den Daten! Downloads sind in einem passwortgeschützten Bereich möglich. Die

Zugangsdaten können bei den Berechtigten angefragt werden (Daniel Kreiner, NP; Jürgen

Fuchsberger, WegC; Oliver Sass, IGR). Herzlicher Dank gebührt vor allem Joe Bogner (Fa. Bogner &

Lehner), der deutlich mehr Arbeit hatte als ursprünglich vorgesehen, Jürgen Fuchsberger für die

zahlreichen kleinen Korrekturen, und Andreas Pilz für die zuverlässige Wartung der Stationen – mehr

dazu im nächsten Absatz.

1) Neues zum Stationsnetz

Durch die Qualitätskontrolle der Daten der fünf Uni-Graz Stationen (Oberkainz, Kölblwiese,

Schröckalm, Blaseneck und Zinödl) sowie der beiden Stationen des NP Gesäuse (Weidendom

und Gscheideggkogel) konnte die Datenqualität deutlich verbessert werden. Zusammen mit

jeweils zwei Stationen vom steirischen Lawinenwarndienst und vom hydrographischen Dienst

Steiermark, welche in Zukunft auch an die WegenerNet Datenprozessierung angebunden

werden, bilden diese insgesamt 11 meteorologischen Stationen das WegenerNet Johnsbachtal

– Nationalpark Gesäuse. Dieses wurde national beim 6. Österreichischen MeteorologInnentag

und beim 16. Österreichischen Klimatag sowie international bei der Long-term Ecosystem

Research (LTER) Konferenz im Februar und der Vollversammlung der European Geosciences

Union (EGU) im April präsentiert.

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Zusammen mit dem größeren WegenerNet Feldbachregion wurde das WegenerNet

Johnsbachtal außerdem zu einem Partner der NASA Precipitation Measurement Missions

(PMM) und wird zur Validierung von Satellitendaten der Global Precipitation Mission (GPM)

verwendet werden. Das Messnetz ist außerdem eng in das Doktoratskolleg Klimawandel (CC-

Cope) integriert, wo zwei Dissertationen mit dessen Daten arbeiten.

Im November 2014 und März 2015 wurde am Blaseneck eine Erneuerung der Strahlungsbilanz-

Sensorik, des T/F-Sensors, des Anemometersterns und des Datenloggers vorgenommen. Am 4.

August 2015 wurde die Station Zinödl gesichert, die einen Blitztreffer abbekommen hat. Der

Blitz ist über eines der 4 Abspannseile in den Boden geflossen, hat dort ca. 1m³ Fels im

Schotter verwandelt, wodurch der Falsanker freigesprengt wurde und die Station offensichtlich

ziemlich langsam umgefallen ist. Am 12.10.2015 haben wir endlich einen Hubschrauber für die

Reparatur bekommen, was im Rahmen von Stationsreparaturen des Lawinenwarndienstes in

Zusammenarbeit mit der ZAMG realisiert werden konnte. Die gesamte Abspannung wurde

erneuert.

Abb. 1: Die "dahingesunkene" Station Zinödl am 04.08.2015

2) Lehre und Ausbildung

Seitens der Universität Graz (Institut für Geographie und Raumforschung und Institut für

Erdwissenschaften) wird das Johnsbachtal mehr und mehr zu einem Standard-Gebiet in der

Studierendenausbildung: In 2015 wurden drei Geländepraktika mit insgesamt über 30 Studierenden

durchgeführt. Außerdem laufen aktuell zahlreiche Bachelor- und Masterarbeiten oder wurden vor

kurzem abgeschlossen:

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Messung des Sohlfrachttransports am Johnsbach (Gernot Preitler, in Arbeit)

Sedimentmächtigkeit in der Zwischenmäuerstrecke des Johnsbachtals mittels verschiedener

geophysikalischer Methoden (Markus Laurentschitsch, in Arbeit)

Entwässerungsdynamik und Abflusskomponenten von Karstquellen - natürliche und künstliche

Tracer zur Charakterisierung der Etzbachquelle (Markus Spitz, in Arbeit)

Vergleich von Geländemodellen aus terrestrischem Laserscanning (TLS), airborne

Laserscanning (ALS) und Drohnenbefliegungen (Stefan Schöttl, in Arbeit)

Lösungs- und Schwebfrachttransport im Johnsbachtal (Verena Strommer, abgeschlossen)

Sedimentdynamik seit dem Rückbau des Schotterwerks im Gsenggraben – zurück zu

naturnahen Verhältnissen? (Philipp Zettl, vor Abschluss)

Steinschlag im Gsenggraben und sein Zusammenhang mit meteorologischen Parametern

(Thomas Baumegger, in Arbeit)

Quantifizierung von Steinschlag im Gsenggraben mit Hilfe von Terrestrischem Laserscanning

(Daniel Marsh-Hunn, in Arbeit)

Wechselwirkungen von Karstgrundwassersystemen mit Talfüllungen am Beispiel Etzbachquelle

(Christian Steinbauer, vor Beginn)

Fluviale Dynamik im Johnsbachtal und ihre Auswirkung auf Renaturierung und

Staudammbewirtschaftung (Teamarbeit Fabian Hartmann / Simon Plösch, vor Beginn)

Step-pool-Morphologie von Teilabschnitten des Johnsbachs (Erik Frühwirth, vor Beginn)

Abb. 2: Sedimentfrachtmessungen mit dem Helly-Smith-Sampler am Johnsbach

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3) Forschungen der Uni Graz und Kooperationspartner

Eine ALS (Airborne Laser Scanning)-Befliegung des Gesamtgebiets wurde im August 2015

durchgeführt, so dass nun wieder ein hochgenaues Oberflächenmodell zur Verfügung steht.

Beim hydrogeologischen Geländepraktikum im Juni wurden ein Tracerversuch und

Abflussmessungen durchgeführt. Ferner wurden über ein Jahr Proben für hydrochemische und

isotopenhydrologische Untersuchungen genommen, die derzeit ausgewertet werden, sowie

ein weiterer Tracerversuch durchgeführt. Mit Hilfe von hydrologischen und ergänzenden

hydrochemischen Untersuchungen sollen die Wechselwirkungen des Karstsystems der

Etzbachquelle mit dem Grundwasserkörper in den Talfüllungen des Johnsbachtals auf Höhe

der Quelle erforscht werden.

Seit Juni 2014 zeichnet die Geophonanlage am Johnsbach kontinuierlich die Intensität des

Geschiebetransportprozesses auf. In der folgenden beispielhaften Grafik sind die Impulse pro

Minute und pro Geophon für den 22.05.2014 dargestellt. Dadurch wird die räumliche und

zeitliche Variabilität des Geschiebetransports ersichtlich.

Abb. 3: Sohlfrachttransport an der Messstelle "Bachbrücke". Die rechte Achse (Geophone 1-12) zeigt die Breite des

Johnsbachs. Der verschieden intensive Transport fand hauptsächlich in der Mitte des Gerinnes statt.

Mit Hilfe der Steinschlag-Messstation im Gsenggraben wurde die Erosionsrate der schroffen

Dolomitfelswände zu ca. 2,5 kg/m²/Jahr (=1 mm/Jahr) bestimmt – dies ist die Menge, die für

weitere Erosions- und Verlagerungsprozesse kontinuierlich zur Verfügung gestellt wird. Im

Bereich des Langgriesgrabens wurden pro Jahr ca. 4000 t Schutt umgelagert, wobei

festzuhalten ist, dass nur ein Zehntel davon den Graben in den Johnsbach verlässt.

Im Gsenggraben lässt sich der Übergang von den stark anthropogen gestörten Verhältnissen

(ehem. Schotterwerk!) zurück zu naturnahen Verhältnissen beobachten. Anhand der

Orthophotoauswertung ist das langsame Verschwinden der Kiesabbau-Infrastrukur

nachzuvollziehen. Der Schuttkegel am Ausgang des Hauptgrabens hat sich zwischen 2004 und

2013 um ca. 160 m talwärts ausgebreitet. Mit einem vollen Anschluss des Gsenggrabens an

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den Johnsbach ist damit in 10-20 Jahren zu rechnen – es sei denn, ein außerordentliches

Starkregenereignis vollzieht diesen Prozess in kürzerer Zeit.

Mit Radar, Seismik und Geoelektrik wurde die Sedimentmächtigkeit in der

Zwischenmäuerstrecke ermittelt. Im größten Seitengraben, dem Langgriesgraben, konnten

Schuttmächtigkeiten von mehr als 60 m festgestellt werden. Talquerprofile im Johnsbachtal

selbst ergaben Schuttmächtigkeiten von bis zu 40-45 m. Dies ist bedeutend für das Volumen

potenziell mobilisierbarer Sedimente sowie für den Aufbau des Grundwasserleiters, in den der

Johnsbach zwischen Silberreitbrücke und Bachbrücke erhebliche Wassermengen verliert. Ein

zusätzliches Geoelektrikprofil wurde auf Höhe des Kölblwirts gemessen, um den Aufbau der

Talfüllungen im Bereich der Etzbachquelle zu erfassen.

Abb. 4: Geoelektrisches Querprofil in der Zwischenmäuerstrecke etwa 100 m oberhalb der Einmündung des

Langgriesgrabens. Die dunkelblauen Farbtöne zeigen die etwa 40 m mächtige, wassergesättigte Talfüllung, die violetten

Töne (hoher Widerstand) den unterlagernden Fels.

In 2015 neu gestartet ist das ÖAW-geförderte Forschungsprojekt EE-Con (Economic and Ethical

Consequences of Natural Hazards in Alpine Valleys), das im Johnsbachtal und in den Sölktälern

durchgeführt wird. Das Projekt beschäftigt sich mit der heutigen und zukünftigen

Naturgefahrensituation, den ökonomischen Auswirkungen, der Risikowahrnehmung in der

Bevölkerung und mit ethischen Fragen von Eigenverantwortung und gesellschaftlicher

Verantwortung. Das Thema wird in einer interdisziplinären Kooperation der Grazer Institute

für Geographie, Volkswirtschaft und Philosophie bearbeitet.

4) Forschungsschwerpunkte 2015 des Nationalparks im Johnsbachtal:

Kartierung (Köppl, Oberklammer & Mastalir) und Monitoring (Köppl, Oberklammer) der

Zierlichen Federnelke (Dianthus plumarius ssp. blandus):

Die Zierliche Federnelke ist ein Endemit mit besonderer Konzentration seines Vorkommens im

Gesäuse. Man findet diese Art nur in den nordöstlichen Kalkalpen auf der Südseite des

Dachstein-Massivs und des Grimmings, im Toten Gebirge und die größten Bestände in den

Gesäuse-Bergen! Sie hat die letzte Eiszeit in diesem Gebiet überdauert und sich nach dem

Rückzug des Gletschers nicht mehr weiter ausgebreitet.

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Im Haindlkar und im Gsenggraben, wo sie besonders häufig ist, kann man sie im Frühsommer

von Mai bis Juli leicht entdecken. Sie wächst vorzugsweise auf Ruhschuttfluren, also auf

Schuttfluren in Bereichen geringer Schuttbewegungen. Im Gseng besiedelte sie langsam auch

wieder jene Bereiche, die früher durch Materialabbau und Asphaltmischwerk zerstört wurden.

Die oben genannten Arbeiten haben unser Wissen zum Verbreitungsgebiet verbessert, und

auch ein langfristiges Monitoring begründet, das uns ermöglicht die Veränderung der Bestände

zu überwachen.

Abb. 5: Die Zierliche Federnelke ein besonders gefährdeter Endemit im Nationalpark Gesäuse

Abb. 6: Beispiel eines Drohnenbildes von einer Enns-Schotterbank im Nationalpark Gesäuse

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Prozessinventar im Nationalpark Gesäuse (E.C.O.) und Untersuchungen zur natürlichen

Dynamik am Johnsbach (Kuehs & Kreiner):

Im Rahmen zweier Arbeiten wurde im heurigen Jahr besonders die Prozessdynamik am

Johnsbach mit Konzentration auf die Veränderungen der Vegetation aufgrund der

Umlagerungsprozesse untersucht. Dabei wurden einerseits Vegetationsaufnahmen aus einer

Zeitreihe vom Ende der 1990er Jahren bis ins Jahr 2015 miteinander verglichen und durch

Fotovergleiche ergänzt. Weiters wurde im Rahmen der Arbeit zum Prozessinventar des

Nationalparks Gesäuse von E.C.O auch mit einer Drohne hochauflösende Luftbilder erstellt, die

eine wichtige Grundlage für das Monitoring der weitere Entwicklung auf diesen

Dauerbeobachtungsflächen des Nationalparks darstellt.

Die Ergebnisse sind in Kürze auch auf der Homepage des Nationalparks nachzulesen. Alle Berichte

aus der Forschung des Nationalparks werden unter folgendem Link veröffentlicht:

http://www.nationalpark.co.at/de/forschung/veroeffentlichungen

Eine gute Recherchemöglichkeit über alle Arbeiten und teilweise auch zu den dazugehörigen Daten

bietet sich seit einiger Zeit auch über das neue Portal der Nationalparks Austria: www.parcs.at

Wie immer herzlichen Dank an alle, die gefördert, unterstützt und mitgewirkt haben!

Mit vielen Grüßen,

Oliver Sass

(mit Unterstützung von Daniel Kreiner, Andreas Pilz, Jürgen Fuchsberger, Gerfried Winkler, Rolf

Rindler, Eric Rascher und Matthias Rode)