Newsletter Nr. 9

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Nr. 9 – Jan. 2011 Newsletter Mission & Entwicklung Glaube in Aktion Soziale Gerechtigkeit

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Soziale Gerechtigkeit Newsletter Mission & Entwicklung Nr. 9 – Jan. 2011 Editorial Sylvette Huguenin ist Heilsarmeeoffizierin und Mutter von vier erwachse­ nen Kindern. Viereinhalb Jahre arbeitete sie für die Heilsarmee in Kongo Brazzaville im Gesundheitswesen. Als Mitglied der Internationalen Kom­ mission für soziale Gerechtigkeit ist sie Vertreterin der Heilsarmee an der UNO in Genf. Sylvette Huguenin 1 aus „Seeking Justice Together“, ISJC Elisabeth Frei

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Nr. 9 – Jan. 2011Newsletter Mission & Entwicklung

Glaube in Aktion

SozialeGerechtigkeit

ImpressumHerausgeber Stiftung Heilsarmee Schweiz, Mission & Entwicklung Laupenstrasse 5, 3001 Bern, Schweiz Telefon 031 388 05 91, [email protected] Markus Muntwiler, Doris Droz, Thomas MartinFotos Archiv Mission & EntwicklungLayout / Konzept Thomas Martin / Martin Stucki Grafik, Heimenschwand, msgrafik.chDruck Jordi AG, Belp

Dieser Newsletter erscheint dreimal jährlich.Postkonto: 30-6709-1 (mit entsprechendem Verwendungszweck)www.heilsarmee.ch/mission

Dieses Produkt wurde klimaneutral auf FSC-Mix Papier gedruckt.

EditorialBei meinen Projektbesuchen fällt mir immer wieder auf, wie in vielen Ländern des Südens die Familiensolidarität eine ganz wichtige Rolle spielt. Ohne Familiensolidarität keine Zukunft.

Was aber ein vorbildlicher Zusammenhalt ist, kann in Zusam-menhang mit der extremen Armut traurige Folgen haben.

„Um meinem Bruder ein Studium zu ermöglichen, tat ich alles, bis hin zur Prostitution“, sagte mir eine junge Frau bei meinem

letzten Projektbesuch in Kenia. In unserer Welt kaufen, brauchen und profitieren manche von diesem „Angebot“, das aus der Armut heraus entsteht. Im Menschenhan-del sind die Auswirkungen von Ungerechtigkeit und Armut am „krassesten“ sichtbar.

Heilende Gemeinschaft ist eine Antwort auf diese Not. Wir begleiten Menschen, die sich nach einem ganzheitlichen Heil-Werden sehnen und geben ihnen eine Stimme. Lesen Sie dazu die Beispiele aus Südafrika und Ecuador in diesem Newsletter.

Markus Muntwiler, Leiter Mission & Entwicklung

Kleine Tropfen im OzeanSylvette Huguenin ist Heilsarmeeoffizierin und Mutter von vier erwachse­nen Kindern. Viereinhalb Jahre arbeitete sie für die Heilsarmee in Kongo Brazzaville im Gesundheitswesen. Als Mitglied der Internationalen Kom­mission für soziale Gerechtigkeit ist sie Vertreterin der Heilsarmee an der UNO in Genf.

Wenn wir die Ungerechtigkeit uns oder jemand anderem gegenüber betrachten oder die Ungerechtigkeit in der Welt sehen, empfinden wir Wut, Traurigkeit und Frustration oder vielleicht auch Resignation, Desillusion und Gefühle der Ohnmacht.

Seit ihrer Gründung bleibt das Zeigen eines akuten sozialen Bewusstseins ein Mar-kenzeichen der Heilsarmee. 2007 wurde die Internationale Kommission für soziale Gerechtigkeit der Heilsarmee gegründet, um den Ursachen von Ungerechtigkeit und Leid entgegenzutreten. Als globale Stimme der Heilsarmee im Bereich der Gerechtigkeit will die Kommission darauf aufmerksam machen, dass die Misere einer zu grossen Anzahl Menschen in der heutigen Welt inakzeptabel ist. Ihr Mandat ist es, „die internationale Hauptfürsprecherin und Beraterin im Bereich sozialer, wirtschaft-licher und politischer Fragen, wie auch bei Ereignissen, die soziale Ungerechtigkeit in der Welt zur Folge haben“

1 zu sein. Die Kommission kann sich auf die Infrastruktur

der Heilsarmee, ihre Mitglieder, ihre Programme und ihren Einfluss in 123 Ländern rund um den Globus abstützen.

Die Arbeit mit in Armut lebenden Menschen in entwickelten oder weniger entwi-ckelten Nationen hat uns gelehrt, dass die Stimmen derjenigen, die unter Ungerech-tigkeit leiden, ein wichtiger Faktor im Bestreben sind, eine gerechtere Zukunft für alle zu verwirklichen.

Feststellend, dass die menschliche Not keine Grenzen kennt, engagieren wir uns, den Schrei der Unterdrückten zu verstärken und deren reale Lebenswahrneh-mungen in Taten und Möglichkeiten zu verwandeln, damit sich ihr Leben positiv entwickeln kann.

Falls wir uns machtlos fühlen, die Welt zu verändern und den Eindruck haben, dass alles, was wir tun, nur ein Tropfen in den Ozean ist, denken wir daran, dass der Ozean nur aus Tropfen besteht. Die erste Verantwortung eines jeden von uns ist es, dort Gerechtigkeit am Nächsten zu leben, wo man sich gerade befindet. Auch können wir uns vermehrt personell, finanziell, sozial, politisch und gemeinschaftlich engagieren und so immer wieder neue Ideen finden, um für Gerechtigkeit zu kämpfen.

Lasst uns alle unsere kleinen Tropfen beitragen, indem wir die Prinzipien der Gerech-tigkeit leben und andere ermutigen, dasselbe zu tun.

Sylvette Huguenin

1 aus „Seeking Justice Together“, ISJC

Engagement für mehr GerechtigkeitMajorin Elisabeth Frei ist, nach 40 aktiven Dienstjahren als Heilsarmee­offizieren, seit 2004 im Ruhestand. Sie ist verheiratet und wohnt in Ostermundigen. Als Mitglied der Internationalen Kommission für soziale Gerechtigkeit vertritt sie die Heilsarmee bei der UNO in Wien.

Was verstehe ich unter sozialer Gerechtigkeit? Dass es meinem Nächsten annä-hernd so gut geht wie mir und seine grundlegenden Bedürfnisse gestillt werden können. „Es ist ganz offensichtlich genug für alle da, und doch fehlt vielen das Nötigste, während andere mehr als genug haben. Diese Verteilungslage wider-spricht den Gerechtigkeits-Gefühlen vieler Menschen. Sie sind der Meinung, dass es aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit erforderlich ist, den gesellschaftlichen Reichtum weitaus stärker umzuverteilen als dies bisher geschieht, damit das sozi-ale Gefälle egalisiert und die Lebenslage der Bürger einander annähernd angegli-chen werden können“, so ein Zitat, welches ich im Internet gelesen habe.

Politischer Wille ist gefordert, um eine tiefgreifende Veränderung in der Welt zu bewirken. Daran scheitern jedoch die Bemühungen für mehr Gerechtigkeit oft. Deshalb haben sich weltweit viele NGOs zusammengetan, um miteinander in erster Hinsicht für Menschen in Not zu arbeiten und in zweiter Hinsicht auch als Fürsprecher bei den Regierungen auf die Missstände hinzuweisen. So auch die Heilsarmee.

•In der Ukraine betreut die Heilsarmee Menschen, welche von Abfalldeponien leben. Sie ist die erste Organisation, die sich dieser Menschen annimmt, um ihnen in ihren medizinischen, emotionalen und geistlichen Problemen beizuste-hen.

•In Moldawien hat die Heilsarmee ein HIV/AIDS-Programm für Schulen entwi-ckelt und eingeführt. In Partnerschaft mit der Regierung wurden in 80 Semina-ren 16 000 junge Menschen ausgebildet.

•In Tansania zielt ein Wasserprojekt der Heilsarmee darauf ab, dass sich die Gesundheit der ländlichen Bevölkerung durch sauberes und gesichertes Wasser verbessert.

Dies sind einige Beispiele aus der vielseitigen Arbeit der Heilsarmee rund um den Globus. Von dieser Hilfe profitieren Menschen, welche unter grosser sozialer Unge-rechtigkeit leiden.

Was kann ich persönlich, in meinem Umfeld, zur sozialen Gerechtigkeit beitragen? Ich kann z.B. Menschen bei Behördengängen begleiten, damit sie hier, in unserem Land, zu den ihnen zustehenden Rechten kommen. Grosse Umwälzungen kann ich als Einzelperson nicht bewirken, doch im Kleinen meinen Beitrag leisten.

Elisabeth Frei

Pakistan – Nothilfe und Wiederaufbau

Bereits sind mehrere Monate vergangen seit dem Beginn der verheerenden Über-schwemmungen in Pakistan und die Hilfe der Heilsarmee dauert an.

Bis heute hat die Heilsarmee in den Provinzen Khyber Puktunkhwa, Punjab und Sindh über 22 000 Nothilfesets mit Matratzen und Decken sowie Koch- und Haushaltutensilien an notleidende Familien verteilt. In den Provinzen Sindh und Punjab stellte die Heilsarmee zudem 4665 Zelte für die Obdachlosen Menschen bereit, dies in Zusammenarbeit mit der UNO und anderen Organisationen, die für Nahrung, Wasser und sanitäre Anlagen sorgten.

Auch in den kommenden Monaten führt die Heilsarmee die Hilfe weiter. Dabei verlagert sich die Hilfe langsam von der reinen Nothilfe zum Wiederaufbau. In Zusammenarbeit mit der Heilsarmee England und der Heilsarmee Schweiz wird die Heilsarmee Pakistan in den nächsten drei Jahren neun Dorfgemeinschaften beim Wiederaufbau ihrer Häuser und Lebensgrundlagen unterstützen.“

Andrew Lee, Pakistan

Die Heilsarmee Schweiz dankt allen Spenderinnen und Spendern für die grosszügige finanzielle Unterstützung nach den Überschwemmungen in Pakistan.

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Glaube in Aktion

SozialeGerechtigkeit

ImpressumHerausgeber Stiftung Heilsarmee Schweiz, Mission & Entwicklung Laupenstrasse 5, 3001 Bern, Schweiz Telefon 031 388 05 91, [email protected] Markus Muntwiler, Doris Droz, Thomas MartinFotos Archiv Mission & EntwicklungLayout / Konzept Thomas Martin / Martin Stucki Grafik, Heimenschwand, msgrafik.chDruck Jordi AG, Belp

Dieser Newsletter erscheint dreimal jährlich.Postkonto: 30-6709-1 (mit entsprechendem Verwendungszweck)www.heilsarmee.ch/mission

Dieses Produkt wurde klimaneutral auf FSC-Mix Papier gedruckt.

EditorialBei meinen Projektbesuchen fällt mir immer wieder auf, wie in vielen Ländern des Südens die Familiensolidarität eine ganz wichtige Rolle spielt. Ohne Familiensolidarität keine Zukunft.

Was aber ein vorbildlicher Zusammenhalt ist, kann in Zusam-menhang mit der extremen Armut traurige Folgen haben.

„Um meinem Bruder ein Studium zu ermöglichen, tat ich alles, bis hin zur Prostitution“, sagte mir eine junge Frau bei meinem

letzten Projektbesuch in Kenia. In unserer Welt kaufen, brauchen und profitieren manche von diesem „Angebot“, das aus der Armut heraus entsteht. Im Menschenhan-del sind die Auswirkungen von Ungerechtigkeit und Armut am „krassesten“ sichtbar.

Heilende Gemeinschaft ist eine Antwort auf diese Not. Wir begleiten Menschen, die sich nach einem ganzheitlichen Heil-Werden sehnen und geben ihnen eine Stimme. Lesen Sie dazu die Beispiele aus Südafrika und Ecuador in diesem Newsletter.

Markus Muntwiler, Leiter Mission & Entwicklung

Kleine Tropfen im OzeanSylvette Huguenin ist Heilsarmeeoffizierin und Mutter von vier erwachse­nen Kindern. Viereinhalb Jahre arbeitete sie für die Heilsarmee in Kongo Brazzaville im Gesundheitswesen. Als Mitglied der Internationalen Kom­mission für soziale Gerechtigkeit ist sie Vertreterin der Heilsarmee an der UNO in Genf.

Wenn wir die Ungerechtigkeit uns oder jemand anderem gegenüber betrachten oder die Ungerechtigkeit in der Welt sehen, empfinden wir Wut, Traurigkeit und Frustration oder vielleicht auch Resignation, Desillusion und Gefühle der Ohnmacht.

Seit ihrer Gründung bleibt das Zeigen eines akuten sozialen Bewusstseins ein Mar-kenzeichen der Heilsarmee. 2007 wurde die Internationale Kommission für soziale Gerechtigkeit der Heilsarmee gegründet, um den Ursachen von Ungerechtigkeit und Leid entgegenzutreten. Als globale Stimme der Heilsarmee im Bereich der Gerechtigkeit will die Kommission darauf aufmerksam machen, dass die Misere einer zu grossen Anzahl Menschen in der heutigen Welt inakzeptabel ist. Ihr Mandat ist es, „die internationale Hauptfürsprecherin und Beraterin im Bereich sozialer, wirtschaft-licher und politischer Fragen, wie auch bei Ereignissen, die soziale Ungerechtigkeit in der Welt zur Folge haben“

1 zu sein. Die Kommission kann sich auf die Infrastruktur

der Heilsarmee, ihre Mitglieder, ihre Programme und ihren Einfluss in 123 Ländern rund um den Globus abstützen.

Die Arbeit mit in Armut lebenden Menschen in entwickelten oder weniger entwi-ckelten Nationen hat uns gelehrt, dass die Stimmen derjenigen, die unter Ungerech-tigkeit leiden, ein wichtiger Faktor im Bestreben sind, eine gerechtere Zukunft für alle zu verwirklichen.

Feststellend, dass die menschliche Not keine Grenzen kennt, engagieren wir uns, den Schrei der Unterdrückten zu verstärken und deren reale Lebenswahrneh-mungen in Taten und Möglichkeiten zu verwandeln, damit sich ihr Leben positiv entwickeln kann.

Falls wir uns machtlos fühlen, die Welt zu verändern und den Eindruck haben, dass alles, was wir tun, nur ein Tropfen in den Ozean ist, denken wir daran, dass der Ozean nur aus Tropfen besteht. Die erste Verantwortung eines jeden von uns ist es, dort Gerechtigkeit am Nächsten zu leben, wo man sich gerade befindet. Auch können wir uns vermehrt personell, finanziell, sozial, politisch und gemeinschaftlich engagieren und so immer wieder neue Ideen finden, um für Gerechtigkeit zu kämpfen.

Lasst uns alle unsere kleinen Tropfen beitragen, indem wir die Prinzipien der Gerech-tigkeit leben und andere ermutigen, dasselbe zu tun.

Sylvette Huguenin

1 aus „Seeking Justice Together“, ISJC

Engagement für mehr GerechtigkeitMajorin Elisabeth Frei ist, nach 40 aktiven Dienstjahren als Heilsarmee­offizieren, seit 2004 im Ruhestand. Sie ist verheiratet und wohnt in Ostermundigen. Als Mitglied der Internationalen Kommission für soziale Gerechtigkeit vertritt sie die Heilsarmee bei der UNO in Wien.

Was verstehe ich unter sozialer Gerechtigkeit? Dass es meinem Nächsten annä-hernd so gut geht wie mir und seine grundlegenden Bedürfnisse gestillt werden können. „Es ist ganz offensichtlich genug für alle da, und doch fehlt vielen das Nötigste, während andere mehr als genug haben. Diese Verteilungslage wider-spricht den Gerechtigkeits-Gefühlen vieler Menschen. Sie sind der Meinung, dass es aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit erforderlich ist, den gesellschaftlichen Reichtum weitaus stärker umzuverteilen als dies bisher geschieht, damit das sozi-ale Gefälle egalisiert und die Lebenslage der Bürger einander annähernd angegli-chen werden können“, so ein Zitat, welches ich im Internet gelesen habe.

Politischer Wille ist gefordert, um eine tiefgreifende Veränderung in der Welt zu bewirken. Daran scheitern jedoch die Bemühungen für mehr Gerechtigkeit oft. Deshalb haben sich weltweit viele NGOs zusammengetan, um miteinander in erster Hinsicht für Menschen in Not zu arbeiten und in zweiter Hinsicht auch als Fürsprecher bei den Regierungen auf die Missstände hinzuweisen. So auch die Heilsarmee.

•In der Ukraine betreut die Heilsarmee Menschen, welche von Abfalldeponien leben. Sie ist die erste Organisation, die sich dieser Menschen annimmt, um ihnen in ihren medizinischen, emotionalen und geistlichen Problemen beizuste-hen.

•In Moldawien hat die Heilsarmee ein HIV/AIDS-Programm für Schulen entwi-ckelt und eingeführt. In Partnerschaft mit der Regierung wurden in 80 Semina-ren 16 000 junge Menschen ausgebildet.

•In Tansania zielt ein Wasserprojekt der Heilsarmee darauf ab, dass sich die Gesundheit der ländlichen Bevölkerung durch sauberes und gesichertes Wasser verbessert.

Dies sind einige Beispiele aus der vielseitigen Arbeit der Heilsarmee rund um den Globus. Von dieser Hilfe profitieren Menschen, welche unter grosser sozialer Unge-rechtigkeit leiden.

Was kann ich persönlich, in meinem Umfeld, zur sozialen Gerechtigkeit beitragen? Ich kann z.B. Menschen bei Behördengängen begleiten, damit sie hier, in unserem Land, zu den ihnen zustehenden Rechten kommen. Grosse Umwälzungen kann ich als Einzelperson nicht bewirken, doch im Kleinen meinen Beitrag leisten.

Elisabeth Frei

Pakistan – Nothilfe und Wiederaufbau

Bereits sind mehrere Monate vergangen seit dem Beginn der verheerenden Über-schwemmungen in Pakistan und die Hilfe der Heilsarmee dauert an.

Bis heute hat die Heilsarmee in den Provinzen Khyber Puktunkhwa, Punjab und Sindh über 22 000 Nothilfesets mit Matratzen und Decken sowie Koch- und Haushaltutensilien an notleidende Familien verteilt. In den Provinzen Sindh und Punjab stellte die Heilsarmee zudem 4665 Zelte für die Obdachlosen Menschen bereit, dies in Zusammenarbeit mit der UNO und anderen Organisationen, die für Nahrung, Wasser und sanitäre Anlagen sorgten.

Auch in den kommenden Monaten führt die Heilsarmee die Hilfe weiter. Dabei verlagert sich die Hilfe langsam von der reinen Nothilfe zum Wiederaufbau. In Zusammenarbeit mit der Heilsarmee England und der Heilsarmee Schweiz wird die Heilsarmee Pakistan in den nächsten drei Jahren neun Dorfgemeinschaften beim Wiederaufbau ihrer Häuser und Lebensgrundlagen unterstützen.“

Andrew Lee, Pakistan

Die Heilsarmee Schweiz dankt allen Spenderinnen und Spendern für die grosszügige finanzielle Unterstützung nach den Überschwemmungen in Pakistan.

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Glaube in Aktion

SozialeGerechtigkeit

ImpressumHerausgeber Stiftung Heilsarmee Schweiz, Mission & Entwicklung Laupenstrasse 5, 3001 Bern, Schweiz Telefon 031 388 05 91, [email protected] Markus Muntwiler, Doris Droz, Thomas MartinFotos Archiv Mission & EntwicklungLayout / Konzept Thomas Martin / Martin Stucki Grafik, Heimenschwand, msgrafik.chDruck Jordi AG, Belp

Dieser Newsletter erscheint dreimal jährlich.Postkonto: 30-6709-1 (mit entsprechendem Verwendungszweck)www.heilsarmee.ch/missionDieses Produkt wurde klimaneutral auf FSC-Mix Papier gedruckt.

EditorialBei meinen Projektbesuchen fällt mir immer wieder auf, wie in vielen Ländern des Südens die Familiensolidarität eine ganz wichtige Rolle spielt. Ohne Familiensolidarität keine Zukunft.

Was aber ein vorbildlicher Zusammenhalt ist, kann in Zusam-menhang mit der extremen Armut traurige Folgen haben.

„Um meinem Bruder ein Studium zu ermöglichen, tat ich alles, bis hin zur Prostitution“, sagte mir eine junge Frau bei meinem

letzten Projektbesuch in Kenia. In unserer Welt kaufen, brauchen und profitieren manche von diesem „Angebot“, das aus der Armut heraus entsteht. Im Menschenhan-del sind die Auswirkungen von Ungerechtigkeit und Armut am „krassesten“ sichtbar.

Heilende Gemeinschaft ist eine Antwort auf diese Not. Wir begleiten Menschen, die sich nach einem ganzheitlichen Heil-Werden sehnen und geben ihnen eine Stimme. Lesen Sie dazu die Beispiele aus Südafrika und Ecuador in diesem Newsletter.

Markus Muntwiler, Leiter Mission & Entwicklung

Kleine Tropfen im OzeanSylvette Huguenin ist Heilsarmeeoffizierin und Mutter von vier erwachse­nen Kindern. Viereinhalb Jahre arbeitete sie für die Heilsarmee in Kongo Brazzaville im Gesundheitswesen. Als Mitglied der Internationalen Kom­mission für soziale Gerechtigkeit ist sie Vertreterin der Heilsarmee an der UNO in Genf.

Wenn wir die Ungerechtigkeit uns oder jemand anderem gegenüber betrachten oder die Ungerechtigkeit in der Welt sehen, empfinden wir Wut, Traurigkeit und Frustration oder vielleicht auch Resignation, Desillusion und Gefühle der Ohnmacht.

Seit ihrer Gründung bleibt das Zeigen eines akuten sozialen Bewusstseins ein Mar-kenzeichen der Heilsarmee. 2007 wurde die Internationale Kommission für soziale Gerechtigkeit der Heilsarmee gegründet, um den Ursachen von Ungerechtigkeit und Leid entgegenzutreten. Als globale Stimme der Heilsarmee im Bereich der Gerechtigkeit will die Kommission darauf aufmerksam machen, dass die Misere einer zu grossen Anzahl Menschen in der heutigen Welt inakzeptabel ist. Ihr Mandat ist es, „die internationale Hauptfürsprecherin und Beraterin im Bereich sozialer, wirtschaft-licher und politischer Fragen, wie auch bei Ereignissen, die soziale Ungerechtigkeit in der Welt zur Folge haben“1 zu sein. Die Kommission kann sich auf die Infrastruktur der Heilsarmee, ihre Mitglieder, ihre Programme und ihren Einfluss in 123 Ländern rund um den Globus abstützen.

Die Arbeit mit in Armut lebenden Menschen in entwickelten oder weniger entwi-ckelten Nationen hat uns gelehrt, dass die Stimmen derjenigen, die unter Ungerech-tigkeit leiden, ein wichtiger Faktor im Bestreben sind, eine gerechtere Zukunft für alle zu verwirklichen.

Feststellend, dass die menschliche Not keine Grenzen kennt, engagieren wir uns, den Schrei der Unterdrückten zu verstärken und deren reale Lebenswahrneh-mungen in Taten und Möglichkeiten zu verwandeln, damit sich ihr Leben positiv entwickeln kann.

Falls wir uns machtlos fühlen, die Welt zu verändern und den Eindruck haben, dass alles, was wir tun, nur ein Tropfen in den Ozean ist, denken wir daran, dass der Ozean nur aus Tropfen besteht. Die erste Verantwortung eines jeden von uns ist es, dort Gerechtigkeit am Nächsten zu leben, wo man sich gerade befindet. Auch können wir uns vermehrt personell, finanziell, sozial, politisch und gemeinschaftlich engagieren und so immer wieder neue Ideen finden, um für Gerechtigkeit zu kämpfen.

Lasst uns alle unsere kleinen Tropfen beitragen, indem wir die Prinzipien der Gerech-tigkeit leben und andere ermutigen, dasselbe zu tun.

Sylvette Huguenin

1 aus „Seeking Justice Together“, ISJC

Engagement für mehr GerechtigkeitMajorin Elisabeth Frei ist, nach 40 aktiven Dienstjahren als Heilsarmee­offizieren, seit 2004 im Ruhestand. Sie ist verheiratet und wohnt in Ostermundigen. Als Mitglied der Internationalen Kommission für soziale Gerechtigkeit vertritt sie die Heilsarmee bei der UNO in Wien.

Was verstehe ich unter sozialer Gerechtigkeit? Dass es meinem Nächsten annä-hernd so gut geht wie mir und seine grundlegenden Bedürfnisse gestillt werden können. „Es ist ganz offensichtlich genug für alle da, und doch fehlt vielen das Nötigste, während andere mehr als genug haben. Diese Verteilungslage wider-spricht den Gerechtigkeits-Gefühlen vieler Menschen. Sie sind der Meinung, dass es aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit erforderlich ist, den gesellschaftlichen Reichtum weitaus stärker umzuverteilen als dies bisher geschieht, damit das sozi-ale Gefälle egalisiert und die Lebenslage der Bürger einander annähernd angegli-chen werden können“, so ein Zitat, welches ich im Internet gelesen habe.

Politischer Wille ist gefordert, um eine tiefgreifende Veränderung in der Welt zu bewirken. Daran scheitern jedoch die Bemühungen für mehr Gerechtigkeit oft. Deshalb haben sich weltweit viele NGOs zusammengetan, um miteinander in erster Hinsicht für Menschen in Not zu arbeiten und in zweiter Hinsicht auch als Fürsprecher bei den Regierungen auf die Missstände hinzuweisen. So auch die Heilsarmee.

• In der Ukraine betreut die Heilsarmee Menschen, welche von Abfalldeponien leben. Sie ist die erste Organisation, die sich dieser Menschen annimmt, um ihnen in ihren medizinischen, emotionalen und geistlichen Problemen beizuste-hen.

• In Moldawien hat die Heilsarmee ein HIV/AIDS-Programm für Schulen entwi-ckelt und eingeführt. In Partnerschaft mit der Regierung wurden in 80 Semina-ren 16 000 junge Menschen ausgebildet.

• In Tansania zielt ein Wasserprojekt der Heilsarmee darauf ab, dass sich die Gesundheit der ländlichen Bevölkerung durch sauberes und gesichertes Wasser verbessert.

Dies sind einige Beispiele aus der vielseitigen Arbeit der Heilsarmee rund um den Globus. Von dieser Hilfe profitieren Menschen, welche unter grosser sozialer Unge-rechtigkeit leiden.

Was kann ich persönlich, in meinem Umfeld, zur sozialen Gerechtigkeit beitragen? Ich kann z.B. Menschen bei Behördengängen begleiten, damit sie hier, in unserem Land, zu den ihnen zustehenden Rechten kommen. Grosse Umwälzungen kann ich als Einzelperson nicht bewirken, doch im Kleinen meinen Beitrag leisten.

Elisabeth Frei

Pakistan – Nothilfe und Wiederaufbau

Bereits sind mehrere Monate vergangen seit dem Beginn der verheerenden Über-schwemmungen in Pakistan und die Hilfe der Heilsarmee dauert an.

Bis heute hat die Heilsarmee in den Provinzen Khyber Puktunkhwa, Punjab und Sindh über 22 000 Nothilfesets mit Matratzen und Decken sowie Koch- und Haushaltutensilien an notleidende Familien verteilt. In den Provinzen Sindh und Punjab stellte die Heilsarmee zudem 4665 Zelte für die Obdachlosen Menschen bereit, dies in Zusammenarbeit mit der UNO und anderen Organisationen, die für Nahrung, Wasser und sanitäre Anlagen sorgten.

Auch in den kommenden Monaten führt die Heilsarmee die Hilfe weiter. Dabei verlagert sich die Hilfe langsam von der reinen Nothilfe zum Wiederaufbau. In Zusammenarbeit mit der Heilsarmee England und der Heilsarmee Schweiz wird die Heilsarmee Pakistan in den nächsten drei Jahren neun Dorfgemeinschaften beim Wiederaufbau ihrer Häuser und Lebensgrundlagen unterstützen.“

Andrew Lee, Pakistan

Die Heilsarmee Schweiz dankt allen Spenderinnen und Spendern für die grosszügige finanzielle Unterstützung nach den Überschwemmungen in Pakistan.

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Nr. 9 – Jan. 2011Newsletter Mission & Entwicklung

Glaube in Aktion

SozialeGerechtigkeit

ImpressumHerausgeber Stiftung Heilsarmee Schweiz, Mission & Entwicklung Laupenstrasse 5, 3001 Bern, Schweiz Telefon 031 388 05 91, [email protected] Markus Muntwiler, Doris Droz, Thomas MartinFotos Archiv Mission & EntwicklungLayout / Konzept Thomas Martin / Martin Stucki Grafik, Heimenschwand, msgrafik.chDruck Jordi AG, Belp

Dieser Newsletter erscheint dreimal jährlich.Postkonto: 30-6709-1 (mit entsprechendem Verwendungszweck)www.heilsarmee.ch/missionDieses Produkt wurde klimaneutral auf FSC-Mix Papier gedruckt.

EditorialBei meinen Projektbesuchen fällt mir immer wieder auf, wie in vielen Ländern des Südens die Familiensolidarität eine ganz wichtige Rolle spielt. Ohne Familiensolidarität keine Zukunft.

Was aber ein vorbildlicher Zusammenhalt ist, kann in Zusam-menhang mit der extremen Armut traurige Folgen haben.

„Um meinem Bruder ein Studium zu ermöglichen, tat ich alles, bis hin zur Prostitution“, sagte mir eine junge Frau bei meinem

letzten Projektbesuch in Kenia. In unserer Welt kaufen, brauchen und profitieren manche von diesem „Angebot“, das aus der Armut heraus entsteht. Im Menschenhan-del sind die Auswirkungen von Ungerechtigkeit und Armut am „krassesten“ sichtbar.

Heilende Gemeinschaft ist eine Antwort auf diese Not. Wir begleiten Menschen, die sich nach einem ganzheitlichen Heil-Werden sehnen und geben ihnen eine Stimme. Lesen Sie dazu die Beispiele aus Südafrika und Ecuador in diesem Newsletter.

Markus Muntwiler, Leiter Mission & Entwicklung

Kleine Tropfen im OzeanSylvette Huguenin ist Heilsarmeeoffizierin und Mutter von vier erwachse­nen Kindern. Viereinhalb Jahre arbeitete sie für die Heilsarmee in Kongo Brazzaville im Gesundheitswesen. Als Mitglied der Internationalen Kom­mission für soziale Gerechtigkeit ist sie Vertreterin der Heilsarmee an der UNO in Genf.

Wenn wir die Ungerechtigkeit uns oder jemand anderem gegenüber betrachten oder die Ungerechtigkeit in der Welt sehen, empfinden wir Wut, Traurigkeit und Frustration oder vielleicht auch Resignation, Desillusion und Gefühle der Ohnmacht.

Seit ihrer Gründung bleibt das Zeigen eines akuten sozialen Bewusstseins ein Mar-kenzeichen der Heilsarmee. 2007 wurde die Internationale Kommission für soziale Gerechtigkeit der Heilsarmee gegründet, um den Ursachen von Ungerechtigkeit und Leid entgegenzutreten. Als globale Stimme der Heilsarmee im Bereich der Gerechtigkeit will die Kommission darauf aufmerksam machen, dass die Misere einer zu grossen Anzahl Menschen in der heutigen Welt inakzeptabel ist. Ihr Mandat ist es, „die internationale Hauptfürsprecherin und Beraterin im Bereich sozialer, wirtschaft-licher und politischer Fragen, wie auch bei Ereignissen, die soziale Ungerechtigkeit in der Welt zur Folge haben“1 zu sein. Die Kommission kann sich auf die Infrastruktur der Heilsarmee, ihre Mitglieder, ihre Programme und ihren Einfluss in 123 Ländern rund um den Globus abstützen.

Die Arbeit mit in Armut lebenden Menschen in entwickelten oder weniger entwi-ckelten Nationen hat uns gelehrt, dass die Stimmen derjenigen, die unter Ungerech-tigkeit leiden, ein wichtiger Faktor im Bestreben sind, eine gerechtere Zukunft für alle zu verwirklichen.

Feststellend, dass die menschliche Not keine Grenzen kennt, engagieren wir uns, den Schrei der Unterdrückten zu verstärken und deren reale Lebenswahrneh-mungen in Taten und Möglichkeiten zu verwandeln, damit sich ihr Leben positiv entwickeln kann.

Falls wir uns machtlos fühlen, die Welt zu verändern und den Eindruck haben, dass alles, was wir tun, nur ein Tropfen in den Ozean ist, denken wir daran, dass der Ozean nur aus Tropfen besteht. Die erste Verantwortung eines jeden von uns ist es, dort Gerechtigkeit am Nächsten zu leben, wo man sich gerade befindet. Auch können wir uns vermehrt personell, finanziell, sozial, politisch und gemeinschaftlich engagieren und so immer wieder neue Ideen finden, um für Gerechtigkeit zu kämpfen.

Lasst uns alle unsere kleinen Tropfen beitragen, indem wir die Prinzipien der Gerech-tigkeit leben und andere ermutigen, dasselbe zu tun.

Sylvette Huguenin

1 aus „Seeking Justice Together“, ISJC

Engagement für mehr GerechtigkeitMajorin Elisabeth Frei ist, nach 40 aktiven Dienstjahren als Heilsarmee­offizieren, seit 2004 im Ruhestand. Sie ist verheiratet und wohnt in Ostermundigen. Als Mitglied der Internationalen Kommission für soziale Gerechtigkeit vertritt sie die Heilsarmee bei der UNO in Wien.

Was verstehe ich unter sozialer Gerechtigkeit? Dass es meinem Nächsten annä-hernd so gut geht wie mir und seine grundlegenden Bedürfnisse gestillt werden können. „Es ist ganz offensichtlich genug für alle da, und doch fehlt vielen das Nötigste, während andere mehr als genug haben. Diese Verteilungslage wider-spricht den Gerechtigkeits-Gefühlen vieler Menschen. Sie sind der Meinung, dass es aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit erforderlich ist, den gesellschaftlichen Reichtum weitaus stärker umzuverteilen als dies bisher geschieht, damit das sozi-ale Gefälle egalisiert und die Lebenslage der Bürger einander annähernd angegli-chen werden können“, so ein Zitat, welches ich im Internet gelesen habe.

Politischer Wille ist gefordert, um eine tiefgreifende Veränderung in der Welt zu bewirken. Daran scheitern jedoch die Bemühungen für mehr Gerechtigkeit oft. Deshalb haben sich weltweit viele NGOs zusammengetan, um miteinander in erster Hinsicht für Menschen in Not zu arbeiten und in zweiter Hinsicht auch als Fürsprecher bei den Regierungen auf die Missstände hinzuweisen. So auch die Heilsarmee.

• In der Ukraine betreut die Heilsarmee Menschen, welche von Abfalldeponien leben. Sie ist die erste Organisation, die sich dieser Menschen annimmt, um ihnen in ihren medizinischen, emotionalen und geistlichen Problemen beizuste-hen.

• In Moldawien hat die Heilsarmee ein HIV/AIDS-Programm für Schulen entwi-ckelt und eingeführt. In Partnerschaft mit der Regierung wurden in 80 Semina-ren 16 000 junge Menschen ausgebildet.

• In Tansania zielt ein Wasserprojekt der Heilsarmee darauf ab, dass sich die Gesundheit der ländlichen Bevölkerung durch sauberes und gesichertes Wasser verbessert.

Dies sind einige Beispiele aus der vielseitigen Arbeit der Heilsarmee rund um den Globus. Von dieser Hilfe profitieren Menschen, welche unter grosser sozialer Unge-rechtigkeit leiden.

Was kann ich persönlich, in meinem Umfeld, zur sozialen Gerechtigkeit beitragen? Ich kann z.B. Menschen bei Behördengängen begleiten, damit sie hier, in unserem Land, zu den ihnen zustehenden Rechten kommen. Grosse Umwälzungen kann ich als Einzelperson nicht bewirken, doch im Kleinen meinen Beitrag leisten.

Elisabeth Frei

Pakistan – Nothilfe und Wiederaufbau

Bereits sind mehrere Monate vergangen seit dem Beginn der verheerenden Über-schwemmungen in Pakistan und die Hilfe der Heilsarmee dauert an.

Bis heute hat die Heilsarmee in den Provinzen Khyber Puktunkhwa, Punjab und Sindh über 22 000 Nothilfesets mit Matratzen und Decken sowie Koch- und Haushaltutensilien an notleidende Familien verteilt. In den Provinzen Sindh und Punjab stellte die Heilsarmee zudem 4665 Zelte für die Obdachlosen Menschen bereit, dies in Zusammenarbeit mit der UNO und anderen Organisationen, die für Nahrung, Wasser und sanitäre Anlagen sorgten.

Auch in den kommenden Monaten führt die Heilsarmee die Hilfe weiter. Dabei verlagert sich die Hilfe langsam von der reinen Nothilfe zum Wiederaufbau. In Zusammenarbeit mit der Heilsarmee England und der Heilsarmee Schweiz wird die Heilsarmee Pakistan in den nächsten drei Jahren neun Dorfgemeinschaften beim Wiederaufbau ihrer Häuser und Lebensgrundlagen unterstützen.“

Andrew Lee, Pakistan

Die Heilsarmee Schweiz dankt allen Spenderinnen und Spendern für die grosszügige finanzielle Unterstützung nach den Überschwemmungen in Pakistan.

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Nr. 9 – Jan. 2011Newsletter Mission & Entwicklung

Glaube in Aktion

SozialeGerechtigkeit

ImpressumHerausgeber Stiftung Heilsarmee Schweiz, Mission & Entwicklung Laupenstrasse 5, 3001 Bern, Schweiz Telefon 031 388 05 91, [email protected] Markus Muntwiler, Doris Droz, Thomas MartinFotos Archiv Mission & EntwicklungLayout / Konzept Thomas Martin / Martin Stucki Grafik, Heimenschwand, msgrafik.chDruck Jordi AG, Belp

Dieser Newsletter erscheint dreimal jährlich.Postkonto: 30-6709-1 (mit entsprechendem Verwendungszweck)www.heilsarmee.ch/missionDieses Produkt wurde klimaneutral auf FSC-Mix Papier gedruckt.

EditorialBei meinen Projektbesuchen fällt mir immer wieder auf, wie in vielen Ländern des Südens die Familiensolidarität eine ganz wichtige Rolle spielt. Ohne Familiensolidarität keine Zukunft.

Was aber ein vorbildlicher Zusammenhalt ist, kann in Zusam-menhang mit der extremen Armut traurige Folgen haben.

„Um meinem Bruder ein Studium zu ermöglichen, tat ich alles, bis hin zur Prostitution“, sagte mir eine junge Frau bei meinem

letzten Projektbesuch in Kenia. In unserer Welt kaufen, brauchen und profitieren manche von diesem „Angebot“, das aus der Armut heraus entsteht. Im Menschenhan-del sind die Auswirkungen von Ungerechtigkeit und Armut am „krassesten“ sichtbar.

Heilende Gemeinschaft ist eine Antwort auf diese Not. Wir begleiten Menschen, die sich nach einem ganzheitlichen Heil-Werden sehnen und geben ihnen eine Stimme. Lesen Sie dazu die Beispiele aus Südafrika und Ecuador in diesem Newsletter.

Markus Muntwiler, Leiter Mission & Entwicklung

Kleine Tropfen im OzeanSylvette Huguenin ist Heilsarmeeoffizierin und Mutter von vier erwachse­nen Kindern. Viereinhalb Jahre arbeitete sie für die Heilsarmee in Kongo Brazzaville im Gesundheitswesen. Als Mitglied der Internationalen Kom­mission für soziale Gerechtigkeit ist sie Vertreterin der Heilsarmee an der UNO in Genf.

Wenn wir die Ungerechtigkeit uns oder jemand anderem gegenüber betrachten oder die Ungerechtigkeit in der Welt sehen, empfinden wir Wut, Traurigkeit und Frustration oder vielleicht auch Resignation, Desillusion und Gefühle der Ohnmacht.

Seit ihrer Gründung bleibt das Zeigen eines akuten sozialen Bewusstseins ein Mar-kenzeichen der Heilsarmee. 2007 wurde die Internationale Kommission für soziale Gerechtigkeit der Heilsarmee gegründet, um den Ursachen von Ungerechtigkeit und Leid entgegenzutreten. Als globale Stimme der Heilsarmee im Bereich der Gerechtigkeit will die Kommission darauf aufmerksam machen, dass die Misere einer zu grossen Anzahl Menschen in der heutigen Welt inakzeptabel ist. Ihr Mandat ist es, „die internationale Hauptfürsprecherin und Beraterin im Bereich sozialer, wirtschaft-licher und politischer Fragen, wie auch bei Ereignissen, die soziale Ungerechtigkeit in der Welt zur Folge haben“1 zu sein. Die Kommission kann sich auf die Infrastruktur der Heilsarmee, ihre Mitglieder, ihre Programme und ihren Einfluss in 123 Ländern rund um den Globus abstützen.

Die Arbeit mit in Armut lebenden Menschen in entwickelten oder weniger entwi-ckelten Nationen hat uns gelehrt, dass die Stimmen derjenigen, die unter Ungerech-tigkeit leiden, ein wichtiger Faktor im Bestreben sind, eine gerechtere Zukunft für alle zu verwirklichen.

Feststellend, dass die menschliche Not keine Grenzen kennt, engagieren wir uns, den Schrei der Unterdrückten zu verstärken und deren reale Lebenswahrneh-mungen in Taten und Möglichkeiten zu verwandeln, damit sich ihr Leben positiv entwickeln kann.

Falls wir uns machtlos fühlen, die Welt zu verändern und den Eindruck haben, dass alles, was wir tun, nur ein Tropfen in den Ozean ist, denken wir daran, dass der Ozean nur aus Tropfen besteht. Die erste Verantwortung eines jeden von uns ist es, dort Gerechtigkeit am Nächsten zu leben, wo man sich gerade befindet. Auch können wir uns vermehrt personell, finanziell, sozial, politisch und gemeinschaftlich engagieren und so immer wieder neue Ideen finden, um für Gerechtigkeit zu kämpfen.

Lasst uns alle unsere kleinen Tropfen beitragen, indem wir die Prinzipien der Gerech-tigkeit leben und andere ermutigen, dasselbe zu tun.

Sylvette Huguenin

1 aus „Seeking Justice Together“, ISJC

Engagement für mehr GerechtigkeitMajorin Elisabeth Frei ist, nach 40 aktiven Dienstjahren als Heilsarmee­offizieren, seit 2004 im Ruhestand. Sie ist verheiratet und wohnt in Ostermundigen. Als Mitglied der Internationalen Kommission für soziale Gerechtigkeit vertritt sie die Heilsarmee bei der UNO in Wien.

Was verstehe ich unter sozialer Gerechtigkeit? Dass es meinem Nächsten annä-hernd so gut geht wie mir und seine grundlegenden Bedürfnisse gestillt werden können. „Es ist ganz offensichtlich genug für alle da, und doch fehlt vielen das Nötigste, während andere mehr als genug haben. Diese Verteilungslage wider-spricht den Gerechtigkeits-Gefühlen vieler Menschen. Sie sind der Meinung, dass es aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit erforderlich ist, den gesellschaftlichen Reichtum weitaus stärker umzuverteilen als dies bisher geschieht, damit das sozi-ale Gefälle egalisiert und die Lebenslage der Bürger einander annähernd angegli-chen werden können“, so ein Zitat, welches ich im Internet gelesen habe.

Politischer Wille ist gefordert, um eine tiefgreifende Veränderung in der Welt zu bewirken. Daran scheitern jedoch die Bemühungen für mehr Gerechtigkeit oft. Deshalb haben sich weltweit viele NGOs zusammengetan, um miteinander in erster Hinsicht für Menschen in Not zu arbeiten und in zweiter Hinsicht auch als Fürsprecher bei den Regierungen auf die Missstände hinzuweisen. So auch die Heilsarmee.

• In der Ukraine betreut die Heilsarmee Menschen, welche von Abfalldeponien leben. Sie ist die erste Organisation, die sich dieser Menschen annimmt, um ihnen in ihren medizinischen, emotionalen und geistlichen Problemen beizuste-hen.

• In Moldawien hat die Heilsarmee ein HIV/AIDS-Programm für Schulen entwi-ckelt und eingeführt. In Partnerschaft mit der Regierung wurden in 80 Semina-ren 16 000 junge Menschen ausgebildet.

• In Tansania zielt ein Wasserprojekt der Heilsarmee darauf ab, dass sich die Gesundheit der ländlichen Bevölkerung durch sauberes und gesichertes Wasser verbessert.

Dies sind einige Beispiele aus der vielseitigen Arbeit der Heilsarmee rund um den Globus. Von dieser Hilfe profitieren Menschen, welche unter grosser sozialer Unge-rechtigkeit leiden.

Was kann ich persönlich, in meinem Umfeld, zur sozialen Gerechtigkeit beitragen? Ich kann z.B. Menschen bei Behördengängen begleiten, damit sie hier, in unserem Land, zu den ihnen zustehenden Rechten kommen. Grosse Umwälzungen kann ich als Einzelperson nicht bewirken, doch im Kleinen meinen Beitrag leisten.

Elisabeth Frei

Pakistan – Nothilfe und Wiederaufbau

Bereits sind mehrere Monate vergangen seit dem Beginn der verheerenden Über-schwemmungen in Pakistan und die Hilfe der Heilsarmee dauert an.

Bis heute hat die Heilsarmee in den Provinzen Khyber Puktunkhwa, Punjab und Sindh über 22 000 Nothilfesets mit Matratzen und Decken sowie Koch- und Haushaltutensilien an notleidende Familien verteilt. In den Provinzen Sindh und Punjab stellte die Heilsarmee zudem 4665 Zelte für die Obdachlosen Menschen bereit, dies in Zusammenarbeit mit der UNO und anderen Organisationen, die für Nahrung, Wasser und sanitäre Anlagen sorgten.

Auch in den kommenden Monaten führt die Heilsarmee die Hilfe weiter. Dabei verlagert sich die Hilfe langsam von der reinen Nothilfe zum Wiederaufbau. In Zusammenarbeit mit der Heilsarmee England und der Heilsarmee Schweiz wird die Heilsarmee Pakistan in den nächsten drei Jahren neun Dorfgemeinschaften beim Wiederaufbau ihrer Häuser und Lebensgrundlagen unterstützen.“

Andrew Lee, Pakistan

Die Heilsarmee Schweiz dankt allen Spenderinnen und Spendern für die grosszügige finanzielle Unterstützung nach den Überschwemmungen in Pakistan.

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Zufluchtsort „Beth Shan“

Sensibilisierung in den Schulen

Missbraucht vom eigenen VaterDas Frauenzentrum der Heilsarmee in Manta ist ein Zufluchtsort für miss­handelte und missbrauchte junge Frauen. Fernanda Hofer, Projektverant­wortliche der Heilsarmee Schweiz für Lateinamerika und Karibik, besucht dieses Zentrum jährlich. Die Begegnungen mit diesen Mädchen und ihren Schicksalen sind Herausforderung und Ermutigung zugleich.

Bei meinem vorletzten Projektbesuch in Manta habe ich Jennifer kennengelernt. Jennifer ist 14 Jahre alt, lacht viel, ist sehr freundlich und auch neugierig. „Hast du Schokolade aus der Schweiz mitgebracht?“, fragt Sie mich und will mehr über mein Privatleben wissen. Äusserlich ein ganz normales junges Mädchen, ist Jennifer doch nicht so wie andere Kinder ihres Alters. Denn mit elf Jahren hat Sie ein Baby bekom-men − das Kind ihres eigenen Vaters. „Willst du mein Baby halten?“. Sie übergibt mir Jesús David, wie ein Kind ihre Puppe einer Freundin übergeben würde. Das Kind ist kerngesund, was in solchen Fällen nicht selbstverständlich ist.

Nach jahrelangem Missbrauch fand Jennifer vor einem Jahr Zuflucht im Frauenzen-trum der Heilsarmee in Manta und wird nun vom professionellen Heilsarmeeteam unterstützt. Dieses Frauenzentrum ist die einzige Institution in der ganzen Region, die neben psychologischer und sozialer auch juristische Unterstützung leistet und gegen die Täter vorgeht, welche diese Mädchen zu Opfern von Missbrauch und Menschen-handel gemacht haben.

„Rote Karten“ gegen den MenschenhandelKommissärin Silvia Cox lebt seit September 2008 in Südafrika und ist dort verantwortlich für die Arbeit unter Frauen. Zu ihrem Tätigkeitsbereich gehört auch die Begleitung der von der Arbeitsgruppe gegen Menschen­handel durchgeführten Aktivitäten.

„In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen anerkennt die Heilsarmee ihre Pflicht, sich aktiv gegen den sexuellen Menschenhandel, für den Schutz der Opfer (vor allem Frauen und Kinder) und die strafrechtliche Verfolgung der Urheber dieser Verbrechen zu engagieren.“

Diese Worte aus dem Positionspapier über Menschenhandel haben im Jahr 2010 unsere Aktivitäten in Südafrika geleitet. Prävention, Opferbegleitung und politisches Engagement standen dabei im Zentrum.

Die Prävention spielt für die Heilsarmee eine prioritäre Rolle. Diese Botschaft der Prävention wurde im ganzen Land durch Salutisten (Heilsarmeemitglieder) in Schulen, Jugendgruppen, Kirchen und auf die Strasse getragen.

Die Fussball-Weltmeisterschaft 2010 bot uns dabei eine einmalige Gelegenheit, die Bevölkerung zur Problematik zu informieren und zu sensibilisieren. Im ganzen Land

wurde dazu passendes Material verteilt, untern anderem „rote Karten“ gegen den Menschenhandel, Plakate, Prospekte, Wasserflaschen und Fussbälle.

Die Medien zeigten Interesse für unsere Arbeit und so hatten wir die Gelegenheit, unsere Botschaft auch über Radio, Fernsehen und Presse zu kommunizieren.

Zudem haben verschiedene Heilsarmeekorps Protestmärsche gegen den Missbrauch durch Menschenhandel organisiert, um das Anliegen auf die Strasse zu bringen.

Die Opferbegleitung hat auf verschiedenen Stufen stattgefunden. So führt die Heilsarmee in Pretoria zum Beispiel die Unterkunft „Beth Shan“, einen Ort der Zuflucht und der Genesung für Opfer von sexueller Gewalt und Menschenhandel.

Auch die im Jahr 2010 lancierte Gratis-Telefonnummer 0800-RESCU, eine Initiative in Zusammenarbeit mit „BeHeard“, ist für Opfer und auch für die Öffentlichkeit ein nütz-liches Hilfsmittel, um Informationen rund um mögliche Fälle von Menschenhandel zu melden.

In Johannesburg haben Salutisten die Initiative ergriffen und während der WM eine spezielle Aktivität organisiert: Jeden Freitagabend haben die Mitglieder der Heilsarmee gegenüber den Bordellen auf den Strassen gecampt und durch diese freundschaftliche Anwesenheit und die Unterstützung im Gebet ihr Interesse für die Menschen kundge-tan. Diese Initiative hat es mehreren in Prostitution und Menschenhandel gefangenen Frauen ermöglicht, ihr Leben in Ausbeutung hinter sich zu lassen und einen Neustart in unserem Haus der Zuflucht zu wagen.

Diesen und auch anderen Opfern konnte die Heilsarmee im Jahr 2010 Hilfe anbieten und sie werden auch in Zukunft praktisch, emotionell und geistlich begleitet.

Politisches Engagement stand ebenfalls auf der Agenda der Heilsarmee. So haben wir beim Parlament eine schriftliche Erklärung eingereicht, welche die Notwendigkeit für ein Gesetz gegen sexuellen Menschenhandel zum Ausdruck bringt. Wir hoffen, dass dieses Gesetz 2011 erlassen wird!

Silvia Cox

Spenden zu Gunsten der Aufbauhilfe in Haiti können weiterhin auf das Konto 30-6709-1 mit dem Vermerk „Erdbeben Haiti“ getätigt werden.

Jennifer und Jesús David. Fernanda Hofer im Frauenzentrum in Manta. Die Verantwortliche Offizierin mit jungen Frauen des Zentrums. Spielen bringt Abwechslung und macht Freude. Ein Teil des Frauenzentrums.

„Seit kurzem hat Jennifer wieder Kontakt zu ihrer Mutter“, erzählt mir eine Betreu-erin. Dies sei nicht selbstverständlich, da ihre Mutter nämlich sehr wütend auf ihre Tochter war, weil Jennifers Vater nun ihretwegen für 25 Jahre im Gefängnis sitzt. „Auch die Heilsarmee hat Jennifers Mutter für etwas Schlechtes gehalten“, so die Betreuerin weiter, „weil wir und die Heilsarmeeoffiziere immer hinter Jennifer stan-den und ihr gezeigt haben, wie sie ihr Baby pflegen kann.“

Ich erfahre, dass dies jedoch nun nicht mehr so ist. „Eines Tages, nach einem hefti-gen Sturm in Manta, wurde die Hütte von Jennifers Familie zerstört. Die Heilsarmee war sofort zur Stelle und hat beim Wiederaufbau geholfen. Dieses Ereignis hat die Denkweise von Jennifers Mutter über die Heilsarmee verändert.“ Die Betreuerin ist froh über diesen Wandel: „Jennifers Mutter hat nun verstanden, dass die Heils-armee Menschen in Not hilft, egal wie viele Fehler sie begangen haben. Heute versteht sie, dass die Heilsarmee Jennifer hilft. Obschon sie nun für ihre Tochter da sein will, bleibt das Verhältnis innerhalb der Familie schwierig, da der Vater noch Jahre im Gefängnis sein wird. In diesen Umständen werden wir von der Heilsarmee Jennifer weiter begleiten und unterstützen.“

Schicksalsgeschichten wie diejenige von Jennifer höre ich bei meinen Besuchen in Manta immer wieder. Sie gehen einem sehr nahe. Oft musste ich meine Emotionen zurückhalten. Es sind unglaublich starke Mädchen. Zwar wurden sie von ihren Peini-

gern gedemütigt, emotionell geknickt und physisch misshandelt, haben aber den Kampf um ein besseres Leben nicht aufgegeben. Es ist ermutigend, dass die Heilsarmee solchen Mädchen einen Zufluchtsort bieten und sie in diesem Kampf begleiten kann.

Fernanda Hofer

Das Frauenhaus der Heilsarmee in Manta bietet vorübergehende Unterkunft und Schutz für misshandelte und missbrauchte junge Frauen und Teenager-Mütter. Die aufgenommenen Frauen − meist Opfer von häuslicher Gewalt oder Menschen-handel − erfahren medizinische und psychologische Hilfe, Kinderfürsorge, Beratung, Unterstützung bei der Anklage der Täter und auch Ausbildung.

Dabei werden sie in ihren Bemühungen zur Selbstständigkeit unterstützt. Je nach Vorgeschichte werden die jungen Frauen wieder mit ihren Familien in Kontakt gebracht. Im letzten Jahr haben im Frauenzentrum der Heilsarmee mehr als 100 junge Frauen vorübergehende Unterkunft und Hilfe erfahren. Mehr als die Hälfte davon konnten erfolgreich in ihre Familien zurück integriert werden und zeigten positive Entwicklungen wie gestärktes Selbstbewusstsein und auch ein verbessertes Verhältnis zu den Eltern.

Die Heilsarmee Schweiz begleitet diese Arbeit und leistet finanzielle Unterstützung.

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Zufluchtsort „Beth Shan“

Sensibilisierung in den Schulen

Missbraucht vom eigenen VaterDas Frauenzentrum der Heilsarmee in Manta ist ein Zufluchtsort für miss­handelte und missbrauchte junge Frauen. Fernanda Hofer, Projektverant­wortliche der Heilsarmee Schweiz für Lateinamerika und Karibik, besucht dieses Zentrum jährlich. Die Begegnungen mit diesen Mädchen und ihren Schicksalen sind Herausforderung und Ermutigung zugleich.

Bei meinem vorletzten Projektbesuch in Manta habe ich Jennifer kennengelernt. Jennifer ist 14 Jahre alt, lacht viel, ist sehr freundlich und auch neugierig. „Hast du Schokolade aus der Schweiz mitgebracht?“, fragt Sie mich und will mehr über mein Privatleben wissen. Äusserlich ein ganz normales junges Mädchen, ist Jennifer doch nicht so wie andere Kinder ihres Alters. Denn mit elf Jahren hat Sie ein Baby bekom-men − das Kind ihres eigenen Vaters. „Willst du mein Baby halten?“. Sie übergibt mir Jesús David, wie ein Kind ihre Puppe einer Freundin übergeben würde. Das Kind ist kerngesund, was in solchen Fällen nicht selbstverständlich ist.

Nach jahrelangem Missbrauch fand Jennifer vor einem Jahr Zuflucht im Frauenzen-trum der Heilsarmee in Manta und wird nun vom professionellen Heilsarmeeteam unterstützt. Dieses Frauenzentrum ist die einzige Institution in der ganzen Region, die neben psychologischer und sozialer auch juristische Unterstützung leistet und gegen die Täter vorgeht, welche diese Mädchen zu Opfern von Missbrauch und Menschen-handel gemacht haben.

„Rote Karten“ gegen den MenschenhandelKommissärin Silvia Cox lebt seit September 2008 in Südafrika und ist dort verantwortlich für die Arbeit unter Frauen. Zu ihrem Tätigkeitsbereich gehört auch die Begleitung der von der Arbeitsgruppe gegen Menschen­handel durchgeführten Aktivitäten.

„In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen anerkennt die Heilsarmee ihre Pflicht, sich aktiv gegen den sexuellen Menschenhandel, für den Schutz der Opfer (vor allem Frauen und Kinder) und die strafrechtliche Verfolgung der Urheber dieser Verbrechen zu engagieren.“

Diese Worte aus dem Positionspapier über Menschenhandel haben im Jahr 2010 unsere Aktivitäten in Südafrika geleitet. Prävention, Opferbegleitung und politisches Engagement standen dabei im Zentrum.

Die Prävention spielt für die Heilsarmee eine prioritäre Rolle. Diese Botschaft der Prävention wurde im ganzen Land durch Salutisten (Heilsarmeemitglieder) in Schulen, Jugendgruppen, Kirchen und auf die Strasse getragen.

Die Fussball-Weltmeisterschaft 2010 bot uns dabei eine einmalige Gelegenheit, die Bevölkerung zur Problematik zu informieren und zu sensibilisieren. Im ganzen Land

wurde dazu passendes Material verteilt, untern anderem „rote Karten“ gegen den Menschenhandel, Plakate, Prospekte, Wasserflaschen und Fussbälle.

Die Medien zeigten Interesse für unsere Arbeit und so hatten wir die Gelegenheit, unsere Botschaft auch über Radio, Fernsehen und Presse zu kommunizieren.

Zudem haben verschiedene Heilsarmeekorps Protestmärsche gegen den Missbrauch durch Menschenhandel organisiert, um das Anliegen auf die Strasse zu bringen.

Die Opferbegleitung hat auf verschiedenen Stufen stattgefunden. So führt die Heilsarmee in Pretoria zum Beispiel die Unterkunft „Beth Shan“, einen Ort der Zuflucht und der Genesung für Opfer von sexueller Gewalt und Menschenhandel.

Auch die im Jahr 2010 lancierte Gratis-Telefonnummer 0800-RESCU, eine Initiative in Zusammenarbeit mit „BeHeard“, ist für Opfer und auch für die Öffentlichkeit ein nütz-liches Hilfsmittel, um Informationen rund um mögliche Fälle von Menschenhandel zu melden.

In Johannesburg haben Salutisten die Initiative ergriffen und während der WM eine spezielle Aktivität organisiert: Jeden Freitagabend haben die Mitglieder der Heilsarmee gegenüber den Bordellen auf den Strassen gecampt und durch diese freundschaftliche Anwesenheit und die Unterstützung im Gebet ihr Interesse für die Menschen kundge-tan. Diese Initiative hat es mehreren in Prostitution und Menschenhandel gefangenen Frauen ermöglicht, ihr Leben in Ausbeutung hinter sich zu lassen und einen Neustart in unserem Haus der Zuflucht zu wagen.

Diesen und auch anderen Opfern konnte die Heilsarmee im Jahr 2010 Hilfe anbieten und sie werden auch in Zukunft praktisch, emotionell und geistlich begleitet.

Politisches Engagement stand ebenfalls auf der Agenda der Heilsarmee. So haben wir beim Parlament eine schriftliche Erklärung eingereicht, welche die Notwendigkeit für ein Gesetz gegen sexuellen Menschenhandel zum Ausdruck bringt. Wir hoffen, dass dieses Gesetz 2011 erlassen wird!

Silvia Cox

Spenden zu Gunsten der Aufbauhilfe in Haiti können weiterhin auf das Konto 30-6709-1 mit dem Vermerk „Erdbeben Haiti“ getätigt werden.

Jennifer und Jesús David. Fernanda Hofer im Frauenzentrum in Manta. Die Verantwortliche Offizierin mit jungen Frauen des Zentrums. Spielen bringt Abwechslung und macht Freude. Ein Teil des Frauenzentrums.

„Seit kurzem hat Jennifer wieder Kontakt zu ihrer Mutter“, erzählt mir eine Betreu-erin. Dies sei nicht selbstverständlich, da ihre Mutter nämlich sehr wütend auf ihre Tochter war, weil Jennifers Vater nun ihretwegen für 25 Jahre im Gefängnis sitzt. „Auch die Heilsarmee hat Jennifers Mutter für etwas Schlechtes gehalten“, so die Betreuerin weiter, „weil wir und die Heilsarmeeoffiziere immer hinter Jennifer stan-den und ihr gezeigt haben, wie sie ihr Baby pflegen kann.“

Ich erfahre, dass dies jedoch nun nicht mehr so ist. „Eines Tages, nach einem hefti-gen Sturm in Manta, wurde die Hütte von Jennifers Familie zerstört. Die Heilsarmee war sofort zur Stelle und hat beim Wiederaufbau geholfen. Dieses Ereignis hat die Denkweise von Jennifers Mutter über die Heilsarmee verändert.“ Die Betreuerin ist froh über diesen Wandel: „Jennifers Mutter hat nun verstanden, dass die Heils-armee Menschen in Not hilft, egal wie viele Fehler sie begangen haben. Heute versteht sie, dass die Heilsarmee Jennifer hilft. Obschon sie nun für ihre Tochter da sein will, bleibt das Verhältnis innerhalb der Familie schwierig, da der Vater noch Jahre im Gefängnis sein wird. In diesen Umständen werden wir von der Heilsarmee Jennifer weiter begleiten und unterstützen.“

Schicksalsgeschichten wie diejenige von Jennifer höre ich bei meinen Besuchen in Manta immer wieder. Sie gehen einem sehr nahe. Oft musste ich meine Emotionen zurückhalten. Es sind unglaublich starke Mädchen. Zwar wurden sie von ihren Peini-

gern gedemütigt, emotionell geknickt und physisch misshandelt, haben aber den Kampf um ein besseres Leben nicht aufgegeben. Es ist ermutigend, dass die Heilsarmee solchen Mädchen einen Zufluchtsort bieten und sie in diesem Kampf begleiten kann.

Fernanda Hofer

Das Frauenhaus der Heilsarmee in Manta bietet vorübergehende Unterkunft und Schutz für misshandelte und missbrauchte junge Frauen und Teenager-Mütter. Die aufgenommenen Frauen − meist Opfer von häuslicher Gewalt oder Menschen-handel − erfahren medizinische und psychologische Hilfe, Kinderfürsorge, Beratung, Unterstützung bei der Anklage der Täter und auch Ausbildung.

Dabei werden sie in ihren Bemühungen zur Selbstständigkeit unterstützt. Je nach Vorgeschichte werden die jungen Frauen wieder mit ihren Familien in Kontakt gebracht. Im letzten Jahr haben im Frauenzentrum der Heilsarmee mehr als 100 junge Frauen vorübergehende Unterkunft und Hilfe erfahren. Mehr als die Hälfte davon konnten erfolgreich in ihre Familien zurück integriert werden und zeigten positive Entwicklungen wie gestärktes Selbstbewusstsein und auch ein verbessertes Verhältnis zu den Eltern.

Die Heilsarmee Schweiz begleitet diese Arbeit und leistet finanzielle Unterstützung.

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Zufluchtsort „Beth Shan“

Sensibilisierung in den Schulen

Missbraucht vom eigenen VaterDas Frauenzentrum der Heilsarmee in Manta ist ein Zufluchtsort für miss­handelte und missbrauchte junge Frauen. Fernanda Hofer, Projektverant­wortliche der Heilsarmee Schweiz für Lateinamerika und Karibik, besucht dieses Zentrum jährlich. Die Begegnungen mit diesen Mädchen und ihren Schicksalen sind Herausforderung und Ermutigung zugleich.

Bei meinem vorletzten Projektbesuch in Manta habe ich Jennifer kennengelernt. Jennifer ist 14 Jahre alt, lacht viel, ist sehr freundlich und auch neugierig. „Hast du Schokolade aus der Schweiz mitgebracht?“, fragt Sie mich und will mehr über mein Privatleben wissen. Äusserlich ein ganz normales junges Mädchen, ist Jennifer doch nicht so wie andere Kinder ihres Alters. Denn mit elf Jahren hat Sie ein Baby bekom-men − das Kind ihres eigenen Vaters. „Willst du mein Baby halten?“. Sie übergibt mir Jesús David, wie ein Kind ihre Puppe einer Freundin übergeben würde. Das Kind ist kerngesund, was in solchen Fällen nicht selbstverständlich ist.

Nach jahrelangem Missbrauch fand Jennifer vor einem Jahr Zuflucht im Frauenzen-trum der Heilsarmee in Manta und wird nun vom professionellen Heilsarmeeteam unterstützt. Dieses Frauenzentrum ist die einzige Institution in der ganzen Region, die neben psychologischer und sozialer auch juristische Unterstützung leistet und gegen die Täter vorgeht, welche diese Mädchen zu Opfern von Missbrauch und Menschen-handel gemacht haben.

„Rote Karten“ gegen den MenschenhandelKommissärin Silvia Cox lebt seit September 2008 in Südafrika und ist dort verantwortlich für die Arbeit unter Frauen. Zu ihrem Tätigkeitsbereich gehört auch die Begleitung der von der Arbeitsgruppe gegen Menschen­handel durchgeführten Aktivitäten.

„In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen anerkennt die Heilsarmee ihre Pflicht, sich aktiv gegen den sexuellen Menschenhandel, für den Schutz der Opfer (vor allem Frauen und Kinder) und die strafrechtliche Verfolgung der Urheber dieser Verbrechen zu engagieren.“

Diese Worte aus dem Positionspapier über Menschenhandel haben im Jahr 2010 unsere Aktivitäten in Südafrika geleitet. Prävention, Opferbegleitung und politisches Engagement standen dabei im Zentrum.

Die Prävention spielt für die Heilsarmee eine prioritäre Rolle. Diese Botschaft der Prävention wurde im ganzen Land durch Salutisten (Heilsarmeemitglieder) in Schulen, Jugendgruppen, Kirchen und auf die Strasse getragen.

Die Fussball-Weltmeisterschaft 2010 bot uns dabei eine einmalige Gelegenheit, die Bevölkerung zur Problematik zu informieren und zu sensibilisieren. Im ganzen Land

wurde dazu passendes Material verteilt, untern anderem „rote Karten“ gegen den Menschenhandel, Plakate, Prospekte, Wasserflaschen und Fussbälle.

Die Medien zeigten Interesse für unsere Arbeit und so hatten wir die Gelegenheit, unsere Botschaft auch über Radio, Fernsehen und Presse zu kommunizieren.

Zudem haben verschiedene Heilsarmeekorps Protestmärsche gegen den Missbrauch durch Menschenhandel organisiert, um das Anliegen auf die Strasse zu bringen.

Die Opferbegleitung hat auf verschiedenen Stufen stattgefunden. So führt die Heilsarmee in Pretoria zum Beispiel die Unterkunft „Beth Shan“, einen Ort der Zuflucht und der Genesung für Opfer von sexueller Gewalt und Menschenhandel.

Auch die im Jahr 2010 lancierte Gratis-Telefonnummer 0800-RESCU, eine Initiative in Zusammenarbeit mit „BeHeard“, ist für Opfer und auch für die Öffentlichkeit ein nütz-liches Hilfsmittel, um Informationen rund um mögliche Fälle von Menschenhandel zu melden.

In Johannesburg haben Salutisten die Initiative ergriffen und während der WM eine spezielle Aktivität organisiert: Jeden Freitagabend haben die Mitglieder der Heilsarmee gegenüber den Bordellen auf den Strassen gecampt und durch diese freundschaftliche Anwesenheit und die Unterstützung im Gebet ihr Interesse für die Menschen kundge-tan. Diese Initiative hat es mehreren in Prostitution und Menschenhandel gefangenen Frauen ermöglicht, ihr Leben in Ausbeutung hinter sich zu lassen und einen Neustart in unserem Haus der Zuflucht zu wagen.

Diesen und auch anderen Opfern konnte die Heilsarmee im Jahr 2010 Hilfe anbieten und sie werden auch in Zukunft praktisch, emotionell und geistlich begleitet.

Politisches Engagement stand ebenfalls auf der Agenda der Heilsarmee. So haben wir beim Parlament eine schriftliche Erklärung eingereicht, welche die Notwendigkeit für ein Gesetz gegen sexuellen Menschenhandel zum Ausdruck bringt. Wir hoffen, dass dieses Gesetz 2011 erlassen wird!

Silvia Cox

Spenden zu Gunsten der Aufbauhilfe in Haiti können weiterhin auf das Konto 30-6709-1 mit dem Vermerk „Erdbeben Haiti“ getätigt werden.

Jennifer und Jesús David. Fernanda Hofer im Frauenzentrum in Manta. Die Verantwortliche Offizierin mit jungen Frauen des Zentrums. Spielen bringt Abwechslung und macht Freude. Ein Teil des Frauenzentrums.

„Seit kurzem hat Jennifer wieder Kontakt zu ihrer Mutter“, erzählt mir eine Betreu-erin. Dies sei nicht selbstverständlich, da ihre Mutter nämlich sehr wütend auf ihre Tochter war, weil Jennifers Vater nun ihretwegen für 25 Jahre im Gefängnis sitzt. „Auch die Heilsarmee hat Jennifers Mutter für etwas Schlechtes gehalten“, so die Betreuerin weiter, „weil wir und die Heilsarmeeoffiziere immer hinter Jennifer stan-den und ihr gezeigt haben, wie sie ihr Baby pflegen kann.“

Ich erfahre, dass dies jedoch nun nicht mehr so ist. „Eines Tages, nach einem hefti-gen Sturm in Manta, wurde die Hütte von Jennifers Familie zerstört. Die Heilsarmee war sofort zur Stelle und hat beim Wiederaufbau geholfen. Dieses Ereignis hat die Denkweise von Jennifers Mutter über die Heilsarmee verändert.“ Die Betreuerin ist froh über diesen Wandel: „Jennifers Mutter hat nun verstanden, dass die Heils-armee Menschen in Not hilft, egal wie viele Fehler sie begangen haben. Heute versteht sie, dass die Heilsarmee Jennifer hilft. Obschon sie nun für ihre Tochter da sein will, bleibt das Verhältnis innerhalb der Familie schwierig, da der Vater noch Jahre im Gefängnis sein wird. In diesen Umständen werden wir von der Heilsarmee Jennifer weiter begleiten und unterstützen.“

Schicksalsgeschichten wie diejenige von Jennifer höre ich bei meinen Besuchen in Manta immer wieder. Sie gehen einem sehr nahe. Oft musste ich meine Emotionen zurückhalten. Es sind unglaublich starke Mädchen. Zwar wurden sie von ihren Peini-

gern gedemütigt, emotionell geknickt und physisch misshandelt, haben aber den Kampf um ein besseres Leben nicht aufgegeben. Es ist ermutigend, dass die Heilsarmee solchen Mädchen einen Zufluchtsort bieten und sie in diesem Kampf begleiten kann.

Fernanda Hofer

Das Frauenhaus der Heilsarmee in Manta bietet vorübergehende Unterkunft und Schutz für misshandelte und missbrauchte junge Frauen und Teenager-Mütter. Die aufgenommenen Frauen − meist Opfer von häuslicher Gewalt oder Menschen-handel − erfahren medizinische und psychologische Hilfe, Kinderfürsorge, Beratung, Unterstützung bei der Anklage der Täter und auch Ausbildung.

Dabei werden sie in ihren Bemühungen zur Selbstständigkeit unterstützt. Je nach Vorgeschichte werden die jungen Frauen wieder mit ihren Familien in Kontakt gebracht. Im letzten Jahr haben im Frauenzentrum der Heilsarmee mehr als 100 junge Frauen vorübergehende Unterkunft und Hilfe erfahren. Mehr als die Hälfte davon konnten erfolgreich in ihre Familien zurück integriert werden und zeigten positive Entwicklungen wie gestärktes Selbstbewusstsein und auch ein verbessertes Verhältnis zu den Eltern.

Die Heilsarmee Schweiz begleitet diese Arbeit und leistet finanzielle Unterstützung.

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Zufluchtsort „Beth Shan“

Sensibilisierung in den Schulen

Missbraucht vom eigenen VaterDas Frauenzentrum der Heilsarmee in Manta ist ein Zufluchtsort für miss­handelte und missbrauchte junge Frauen. Fernanda Hofer, Projektverant­wortliche der Heilsarmee Schweiz für Lateinamerika und Karibik, besucht dieses Zentrum jährlich. Die Begegnungen mit diesen Mädchen und ihren Schicksalen sind Herausforderung und Ermutigung zugleich.

Bei meinem vorletzten Projektbesuch in Manta habe ich Jennifer kennengelernt. Jennifer ist 14 Jahre alt, lacht viel, ist sehr freundlich und auch neugierig. „Hast du Schokolade aus der Schweiz mitgebracht?“, fragt Sie mich und will mehr über mein Privatleben wissen. Äusserlich ein ganz normales junges Mädchen, ist Jennifer doch nicht so wie andere Kinder ihres Alters. Denn mit elf Jahren hat Sie ein Baby bekom-men − das Kind ihres eigenen Vaters. „Willst du mein Baby halten?“. Sie übergibt mir Jesús David, wie ein Kind ihre Puppe einer Freundin übergeben würde. Das Kind ist kerngesund, was in solchen Fällen nicht selbstverständlich ist.

Nach jahrelangem Missbrauch fand Jennifer vor einem Jahr Zuflucht im Frauenzen-trum der Heilsarmee in Manta und wird nun vom professionellen Heilsarmeeteam unterstützt. Dieses Frauenzentrum ist die einzige Institution in der ganzen Region, die neben psychologischer und sozialer auch juristische Unterstützung leistet und gegen die Täter vorgeht, welche diese Mädchen zu Opfern von Missbrauch und Menschen-handel gemacht haben.

„Rote Karten“ gegen den MenschenhandelKommissärin Silvia Cox lebt seit September 2008 in Südafrika und ist dort verantwortlich für die Arbeit unter Frauen. Zu ihrem Tätigkeitsbereich gehört auch die Begleitung der von der Arbeitsgruppe gegen Menschen­handel durchgeführten Aktivitäten.

„In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen anerkennt die Heilsarmee ihre Pflicht, sich aktiv gegen den sexuellen Menschenhandel, für den Schutz der Opfer (vor allem Frauen und Kinder) und die strafrechtliche Verfolgung der Urheber dieser Verbrechen zu engagieren.“

Diese Worte aus dem Positionspapier über Menschenhandel haben im Jahr 2010 unsere Aktivitäten in Südafrika geleitet. Prävention, Opferbegleitung und politisches Engagement standen dabei im Zentrum.

Die Prävention spielt für die Heilsarmee eine prioritäre Rolle. Diese Botschaft der Prävention wurde im ganzen Land durch Salutisten (Heilsarmeemitglieder) in Schulen, Jugendgruppen, Kirchen und auf die Strasse getragen.

Die Fussball-Weltmeisterschaft 2010 bot uns dabei eine einmalige Gelegenheit, die Bevölkerung zur Problematik zu informieren und zu sensibilisieren. Im ganzen Land

wurde dazu passendes Material verteilt, untern anderem „rote Karten“ gegen den Menschenhandel, Plakate, Prospekte, Wasserflaschen und Fussbälle.

Die Medien zeigten Interesse für unsere Arbeit und so hatten wir die Gelegenheit, unsere Botschaft auch über Radio, Fernsehen und Presse zu kommunizieren.

Zudem haben verschiedene Heilsarmeekorps Protestmärsche gegen den Missbrauch durch Menschenhandel organisiert, um das Anliegen auf die Strasse zu bringen.

Die Opferbegleitung hat auf verschiedenen Stufen stattgefunden. So führt die Heilsarmee in Pretoria zum Beispiel die Unterkunft „Beth Shan“, einen Ort der Zuflucht und der Genesung für Opfer von sexueller Gewalt und Menschenhandel.

Auch die im Jahr 2010 lancierte Gratis-Telefonnummer 0800-RESCU, eine Initiative in Zusammenarbeit mit „BeHeard“, ist für Opfer und auch für die Öffentlichkeit ein nütz-liches Hilfsmittel, um Informationen rund um mögliche Fälle von Menschenhandel zu melden.

In Johannesburg haben Salutisten die Initiative ergriffen und während der WM eine spezielle Aktivität organisiert: Jeden Freitagabend haben die Mitglieder der Heilsarmee gegenüber den Bordellen auf den Strassen gecampt und durch diese freundschaftliche Anwesenheit und die Unterstützung im Gebet ihr Interesse für die Menschen kundge-tan. Diese Initiative hat es mehreren in Prostitution und Menschenhandel gefangenen Frauen ermöglicht, ihr Leben in Ausbeutung hinter sich zu lassen und einen Neustart in unserem Haus der Zuflucht zu wagen.

Diesen und auch anderen Opfern konnte die Heilsarmee im Jahr 2010 Hilfe anbieten und sie werden auch in Zukunft praktisch, emotionell und geistlich begleitet.

Politisches Engagement stand ebenfalls auf der Agenda der Heilsarmee. So haben wir beim Parlament eine schriftliche Erklärung eingereicht, welche die Notwendigkeit für ein Gesetz gegen sexuellen Menschenhandel zum Ausdruck bringt. Wir hoffen, dass dieses Gesetz 2011 erlassen wird!

Silvia Cox

Spenden zu Gunsten der Aufbauhilfe in Haiti können weiterhin auf das Konto 30-6709-1 mit dem Vermerk „Erdbeben Haiti“ getätigt werden.

Jennifer und Jesús David. Fernanda Hofer im Frauenzentrum in Manta. Die Verantwortliche Offizierin mit jungen Frauen des Zentrums. Spielen bringt Abwechslung und macht Freude. Ein Teil des Frauenzentrums.

„Seit kurzem hat Jennifer wieder Kontakt zu ihrer Mutter“, erzählt mir eine Betreu-erin. Dies sei nicht selbstverständlich, da ihre Mutter nämlich sehr wütend auf ihre Tochter war, weil Jennifers Vater nun ihretwegen für 25 Jahre im Gefängnis sitzt. „Auch die Heilsarmee hat Jennifers Mutter für etwas Schlechtes gehalten“, so die Betreuerin weiter, „weil wir und die Heilsarmeeoffiziere immer hinter Jennifer stan-den und ihr gezeigt haben, wie sie ihr Baby pflegen kann.“

Ich erfahre, dass dies jedoch nun nicht mehr so ist. „Eines Tages, nach einem hefti-gen Sturm in Manta, wurde die Hütte von Jennifers Familie zerstört. Die Heilsarmee war sofort zur Stelle und hat beim Wiederaufbau geholfen. Dieses Ereignis hat die Denkweise von Jennifers Mutter über die Heilsarmee verändert.“ Die Betreuerin ist froh über diesen Wandel: „Jennifers Mutter hat nun verstanden, dass die Heils-armee Menschen in Not hilft, egal wie viele Fehler sie begangen haben. Heute versteht sie, dass die Heilsarmee Jennifer hilft. Obschon sie nun für ihre Tochter da sein will, bleibt das Verhältnis innerhalb der Familie schwierig, da der Vater noch Jahre im Gefängnis sein wird. In diesen Umständen werden wir von der Heilsarmee Jennifer weiter begleiten und unterstützen.“

Schicksalsgeschichten wie diejenige von Jennifer höre ich bei meinen Besuchen in Manta immer wieder. Sie gehen einem sehr nahe. Oft musste ich meine Emotionen zurückhalten. Es sind unglaublich starke Mädchen. Zwar wurden sie von ihren Peini-

gern gedemütigt, emotionell geknickt und physisch misshandelt, haben aber den Kampf um ein besseres Leben nicht aufgegeben. Es ist ermutigend, dass die Heilsarmee solchen Mädchen einen Zufluchtsort bieten und sie in diesem Kampf begleiten kann.

Fernanda Hofer

Das Frauenhaus der Heilsarmee in Manta bietet vorübergehende Unterkunft und Schutz für misshandelte und missbrauchte junge Frauen und Teenager-Mütter. Die aufgenommenen Frauen − meist Opfer von häuslicher Gewalt oder Menschen-handel − erfahren medizinische und psychologische Hilfe, Kinderfürsorge, Beratung, Unterstützung bei der Anklage der Täter und auch Ausbildung.

Dabei werden sie in ihren Bemühungen zur Selbstständigkeit unterstützt. Je nach Vorgeschichte werden die jungen Frauen wieder mit ihren Familien in Kontakt gebracht. Im letzten Jahr haben im Frauenzentrum der Heilsarmee mehr als 100 junge Frauen vorübergehende Unterkunft und Hilfe erfahren. Mehr als die Hälfte davon konnten erfolgreich in ihre Familien zurück integriert werden und zeigten positive Entwicklungen wie gestärktes Selbstbewusstsein und auch ein verbessertes Verhältnis zu den Eltern.

Die Heilsarmee Schweiz begleitet diese Arbeit und leistet finanzielle Unterstützung.

Page 10: Newsletter Nr. 9

Zufluchtsort „Beth Shan“

Sensibilisierung in den Schulen

Missbraucht vom eigenen VaterDas Frauenzentrum der Heilsarmee in Manta ist ein Zufluchtsort für miss­handelte und missbrauchte junge Frauen. Fernanda Hofer, Projektverant­wortliche der Heilsarmee Schweiz für Lateinamerika und Karibik, besucht dieses Zentrum jährlich. Die Begegnungen mit diesen Mädchen und ihren Schicksalen sind Herausforderung und Ermutigung zugleich.

Bei meinem vorletzten Projektbesuch in Manta habe ich Jennifer kennengelernt. Jennifer ist 14 Jahre alt, lacht viel, ist sehr freundlich und auch neugierig. „Hast du Schokolade aus der Schweiz mitgebracht?“, fragt Sie mich und will mehr über mein Privatleben wissen. Äusserlich ein ganz normales junges Mädchen, ist Jennifer doch nicht so wie andere Kinder ihres Alters. Denn mit elf Jahren hat Sie ein Baby bekom-men − das Kind ihres eigenen Vaters. „Willst du mein Baby halten?“. Sie übergibt mir Jesús David, wie ein Kind ihre Puppe einer Freundin übergeben würde. Das Kind ist kerngesund, was in solchen Fällen nicht selbstverständlich ist.

Nach jahrelangem Missbrauch fand Jennifer vor einem Jahr Zuflucht im Frauenzen-trum der Heilsarmee in Manta und wird nun vom professionellen Heilsarmeeteam unterstützt. Dieses Frauenzentrum ist die einzige Institution in der ganzen Region, die neben psychologischer und sozialer auch juristische Unterstützung leistet und gegen die Täter vorgeht, welche diese Mädchen zu Opfern von Missbrauch und Menschen-handel gemacht haben.

„Rote Karten“ gegen den MenschenhandelKommissärin Silvia Cox lebt seit September 2008 in Südafrika und ist dort verantwortlich für die Arbeit unter Frauen. Zu ihrem Tätigkeitsbereich gehört auch die Begleitung der von der Arbeitsgruppe gegen Menschen­handel durchgeführten Aktivitäten.

„In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen anerkennt die Heilsarmee ihre Pflicht, sich aktiv gegen den sexuellen Menschenhandel, für den Schutz der Opfer (vor allem Frauen und Kinder) und die strafrechtliche Verfolgung der Urheber dieser Verbrechen zu engagieren.“

Diese Worte aus dem Positionspapier über Menschenhandel haben im Jahr 2010 unsere Aktivitäten in Südafrika geleitet. Prävention, Opferbegleitung und politisches Engagement standen dabei im Zentrum.

Die Prävention spielt für die Heilsarmee eine prioritäre Rolle. Diese Botschaft der Prävention wurde im ganzen Land durch Salutisten (Heilsarmeemitglieder) in Schulen, Jugendgruppen, Kirchen und auf die Strasse getragen.

Die Fussball-Weltmeisterschaft 2010 bot uns dabei eine einmalige Gelegenheit, die Bevölkerung zur Problematik zu informieren und zu sensibilisieren. Im ganzen Land

wurde dazu passendes Material verteilt, untern anderem „rote Karten“ gegen den Menschenhandel, Plakate, Prospekte, Wasserflaschen und Fussbälle.

Die Medien zeigten Interesse für unsere Arbeit und so hatten wir die Gelegenheit, unsere Botschaft auch über Radio, Fernsehen und Presse zu kommunizieren.

Zudem haben verschiedene Heilsarmeekorps Protestmärsche gegen den Missbrauch durch Menschenhandel organisiert, um das Anliegen auf die Strasse zu bringen.

Die Opferbegleitung hat auf verschiedenen Stufen stattgefunden. So führt die Heilsarmee in Pretoria zum Beispiel die Unterkunft „Beth Shan“, einen Ort der Zuflucht und der Genesung für Opfer von sexueller Gewalt und Menschenhandel.

Auch die im Jahr 2010 lancierte Gratis-Telefonnummer 0800-RESCU, eine Initiative in Zusammenarbeit mit „BeHeard“, ist für Opfer und auch für die Öffentlichkeit ein nütz-liches Hilfsmittel, um Informationen rund um mögliche Fälle von Menschenhandel zu melden.

In Johannesburg haben Salutisten die Initiative ergriffen und während der WM eine spezielle Aktivität organisiert: Jeden Freitagabend haben die Mitglieder der Heilsarmee gegenüber den Bordellen auf den Strassen gecampt und durch diese freundschaftliche Anwesenheit und die Unterstützung im Gebet ihr Interesse für die Menschen kundge-tan. Diese Initiative hat es mehreren in Prostitution und Menschenhandel gefangenen Frauen ermöglicht, ihr Leben in Ausbeutung hinter sich zu lassen und einen Neustart in unserem Haus der Zuflucht zu wagen.

Diesen und auch anderen Opfern konnte die Heilsarmee im Jahr 2010 Hilfe anbieten und sie werden auch in Zukunft praktisch, emotionell und geistlich begleitet.

Politisches Engagement stand ebenfalls auf der Agenda der Heilsarmee. So haben wir beim Parlament eine schriftliche Erklärung eingereicht, welche die Notwendigkeit für ein Gesetz gegen sexuellen Menschenhandel zum Ausdruck bringt. Wir hoffen, dass dieses Gesetz 2011 erlassen wird!

Silvia Cox

Spenden zu Gunsten der Aufbauhilfe in Haiti können weiterhin auf das Konto 30-6709-1 mit dem Vermerk „Erdbeben Haiti“ getätigt werden.

Jennifer und Jesús David. Fernanda Hofer im Frauenzentrum in Manta. Die Verantwortliche Offizierin mit jungen Frauen des Zentrums. Spielen bringt Abwechslung und macht Freude. Ein Teil des Frauenzentrums.

„Seit kurzem hat Jennifer wieder Kontakt zu ihrer Mutter“, erzählt mir eine Betreu-erin. Dies sei nicht selbstverständlich, da ihre Mutter nämlich sehr wütend auf ihre Tochter war, weil Jennifers Vater nun ihretwegen für 25 Jahre im Gefängnis sitzt. „Auch die Heilsarmee hat Jennifers Mutter für etwas Schlechtes gehalten“, so die Betreuerin weiter, „weil wir und die Heilsarmeeoffiziere immer hinter Jennifer stan-den und ihr gezeigt haben, wie sie ihr Baby pflegen kann.“

Ich erfahre, dass dies jedoch nun nicht mehr so ist. „Eines Tages, nach einem hefti-gen Sturm in Manta, wurde die Hütte von Jennifers Familie zerstört. Die Heilsarmee war sofort zur Stelle und hat beim Wiederaufbau geholfen. Dieses Ereignis hat die Denkweise von Jennifers Mutter über die Heilsarmee verändert.“ Die Betreuerin ist froh über diesen Wandel: „Jennifers Mutter hat nun verstanden, dass die Heils-armee Menschen in Not hilft, egal wie viele Fehler sie begangen haben. Heute versteht sie, dass die Heilsarmee Jennifer hilft. Obschon sie nun für ihre Tochter da sein will, bleibt das Verhältnis innerhalb der Familie schwierig, da der Vater noch Jahre im Gefängnis sein wird. In diesen Umständen werden wir von der Heilsarmee Jennifer weiter begleiten und unterstützen.“

Schicksalsgeschichten wie diejenige von Jennifer höre ich bei meinen Besuchen in Manta immer wieder. Sie gehen einem sehr nahe. Oft musste ich meine Emotionen zurückhalten. Es sind unglaublich starke Mädchen. Zwar wurden sie von ihren Peini-

gern gedemütigt, emotionell geknickt und physisch misshandelt, haben aber den Kampf um ein besseres Leben nicht aufgegeben. Es ist ermutigend, dass die Heilsarmee solchen Mädchen einen Zufluchtsort bieten und sie in diesem Kampf begleiten kann.

Fernanda Hofer

Das Frauenhaus der Heilsarmee in Manta bietet vorübergehende Unterkunft und Schutz für misshandelte und missbrauchte junge Frauen und Teenager-Mütter. Die aufgenommenen Frauen − meist Opfer von häuslicher Gewalt oder Menschen-handel − erfahren medizinische und psychologische Hilfe, Kinderfürsorge, Beratung, Unterstützung bei der Anklage der Täter und auch Ausbildung.

Dabei werden sie in ihren Bemühungen zur Selbstständigkeit unterstützt. Je nach Vorgeschichte werden die jungen Frauen wieder mit ihren Familien in Kontakt gebracht. Im letzten Jahr haben im Frauenzentrum der Heilsarmee mehr als 100 junge Frauen vorübergehende Unterkunft und Hilfe erfahren. Mehr als die Hälfte davon konnten erfolgreich in ihre Familien zurück integriert werden und zeigten positive Entwicklungen wie gestärktes Selbstbewusstsein und auch ein verbessertes Verhältnis zu den Eltern.

Die Heilsarmee Schweiz begleitet diese Arbeit und leistet finanzielle Unterstützung.

Page 11: Newsletter Nr. 9

Zufluchtsort „Beth Shan“

Sensibilisierung in den Schulen

Missbraucht vom eigenen VaterDas Frauenzentrum der Heilsarmee in Manta ist ein Zufluchtsort für miss­handelte und missbrauchte junge Frauen. Fernanda Hofer, Projektverant­wortliche der Heilsarmee Schweiz für Lateinamerika und Karibik, besucht dieses Zentrum jährlich. Die Begegnungen mit diesen Mädchen und ihren Schicksalen sind Herausforderung und Ermutigung zugleich.

Bei meinem vorletzten Projektbesuch in Manta habe ich Jennifer kennengelernt. Jennifer ist 14 Jahre alt, lacht viel, ist sehr freundlich und auch neugierig. „Hast du Schokolade aus der Schweiz mitgebracht?“, fragt Sie mich und will mehr über mein Privatleben wissen. Äusserlich ein ganz normales junges Mädchen, ist Jennifer doch nicht so wie andere Kinder ihres Alters. Denn mit elf Jahren hat Sie ein Baby bekom-men − das Kind ihres eigenen Vaters. „Willst du mein Baby halten?“. Sie übergibt mir Jesús David, wie ein Kind ihre Puppe einer Freundin übergeben würde. Das Kind ist kerngesund, was in solchen Fällen nicht selbstverständlich ist.

Nach jahrelangem Missbrauch fand Jennifer vor einem Jahr Zuflucht im Frauenzen-trum der Heilsarmee in Manta und wird nun vom professionellen Heilsarmeeteam unterstützt. Dieses Frauenzentrum ist die einzige Institution in der ganzen Region, die neben psychologischer und sozialer auch juristische Unterstützung leistet und gegen die Täter vorgeht, welche diese Mädchen zu Opfern von Missbrauch und Menschen-handel gemacht haben.

„Rote Karten“ gegen den MenschenhandelKommissärin Silvia Cox lebt seit September 2008 in Südafrika und ist dort verantwortlich für die Arbeit unter Frauen. Zu ihrem Tätigkeitsbereich gehört auch die Begleitung der von der Arbeitsgruppe gegen Menschen­handel durchgeführten Aktivitäten.

„In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen anerkennt die Heilsarmee ihre Pflicht, sich aktiv gegen den sexuellen Menschenhandel, für den Schutz der Opfer (vor allem Frauen und Kinder) und die strafrechtliche Verfolgung der Urheber dieser Verbrechen zu engagieren.“

Diese Worte aus dem Positionspapier über Menschenhandel haben im Jahr 2010 unsere Aktivitäten in Südafrika geleitet. Prävention, Opferbegleitung und politisches Engagement standen dabei im Zentrum.

Die Prävention spielt für die Heilsarmee eine prioritäre Rolle. Diese Botschaft der Prävention wurde im ganzen Land durch Salutisten (Heilsarmeemitglieder) in Schulen, Jugendgruppen, Kirchen und auf die Strasse getragen.

Die Fussball-Weltmeisterschaft 2010 bot uns dabei eine einmalige Gelegenheit, die Bevölkerung zur Problematik zu informieren und zu sensibilisieren. Im ganzen Land

wurde dazu passendes Material verteilt, untern anderem „rote Karten“ gegen den Menschenhandel, Plakate, Prospekte, Wasserflaschen und Fussbälle.

Die Medien zeigten Interesse für unsere Arbeit und so hatten wir die Gelegenheit, unsere Botschaft auch über Radio, Fernsehen und Presse zu kommunizieren.

Zudem haben verschiedene Heilsarmeekorps Protestmärsche gegen den Missbrauch durch Menschenhandel organisiert, um das Anliegen auf die Strasse zu bringen.

Die Opferbegleitung hat auf verschiedenen Stufen stattgefunden. So führt die Heilsarmee in Pretoria zum Beispiel die Unterkunft „Beth Shan“, einen Ort der Zuflucht und der Genesung für Opfer von sexueller Gewalt und Menschenhandel.

Auch die im Jahr 2010 lancierte Gratis-Telefonnummer 0800-RESCU, eine Initiative in Zusammenarbeit mit „BeHeard“, ist für Opfer und auch für die Öffentlichkeit ein nütz-liches Hilfsmittel, um Informationen rund um mögliche Fälle von Menschenhandel zu melden.

In Johannesburg haben Salutisten die Initiative ergriffen und während der WM eine spezielle Aktivität organisiert: Jeden Freitagabend haben die Mitglieder der Heilsarmee gegenüber den Bordellen auf den Strassen gecampt und durch diese freundschaftliche Anwesenheit und die Unterstützung im Gebet ihr Interesse für die Menschen kundge-tan. Diese Initiative hat es mehreren in Prostitution und Menschenhandel gefangenen Frauen ermöglicht, ihr Leben in Ausbeutung hinter sich zu lassen und einen Neustart in unserem Haus der Zuflucht zu wagen.

Diesen und auch anderen Opfern konnte die Heilsarmee im Jahr 2010 Hilfe anbieten und sie werden auch in Zukunft praktisch, emotionell und geistlich begleitet.

Politisches Engagement stand ebenfalls auf der Agenda der Heilsarmee. So haben wir beim Parlament eine schriftliche Erklärung eingereicht, welche die Notwendigkeit für ein Gesetz gegen sexuellen Menschenhandel zum Ausdruck bringt. Wir hoffen, dass dieses Gesetz 2011 erlassen wird!

Silvia Cox

Spenden zu Gunsten der Aufbauhilfe in Haiti können weiterhin auf das Konto 30-6709-1 mit dem Vermerk „Erdbeben Haiti“ getätigt werden.

Jennifer und Jesús David. Fernanda Hofer im Frauenzentrum in Manta. Die Verantwortliche Offizierin mit jungen Frauen des Zentrums. Spielen bringt Abwechslung und macht Freude. Ein Teil des Frauenzentrums.

„Seit kurzem hat Jennifer wieder Kontakt zu ihrer Mutter“, erzählt mir eine Betreu-erin. Dies sei nicht selbstverständlich, da ihre Mutter nämlich sehr wütend auf ihre Tochter war, weil Jennifers Vater nun ihretwegen für 25 Jahre im Gefängnis sitzt. „Auch die Heilsarmee hat Jennifers Mutter für etwas Schlechtes gehalten“, so die Betreuerin weiter, „weil wir und die Heilsarmeeoffiziere immer hinter Jennifer stan-den und ihr gezeigt haben, wie sie ihr Baby pflegen kann.“

Ich erfahre, dass dies jedoch nun nicht mehr so ist. „Eines Tages, nach einem hefti-gen Sturm in Manta, wurde die Hütte von Jennifers Familie zerstört. Die Heilsarmee war sofort zur Stelle und hat beim Wiederaufbau geholfen. Dieses Ereignis hat die Denkweise von Jennifers Mutter über die Heilsarmee verändert.“ Die Betreuerin ist froh über diesen Wandel: „Jennifers Mutter hat nun verstanden, dass die Heils-armee Menschen in Not hilft, egal wie viele Fehler sie begangen haben. Heute versteht sie, dass die Heilsarmee Jennifer hilft. Obschon sie nun für ihre Tochter da sein will, bleibt das Verhältnis innerhalb der Familie schwierig, da der Vater noch Jahre im Gefängnis sein wird. In diesen Umständen werden wir von der Heilsarmee Jennifer weiter begleiten und unterstützen.“

Schicksalsgeschichten wie diejenige von Jennifer höre ich bei meinen Besuchen in Manta immer wieder. Sie gehen einem sehr nahe. Oft musste ich meine Emotionen zurückhalten. Es sind unglaublich starke Mädchen. Zwar wurden sie von ihren Peini-

gern gedemütigt, emotionell geknickt und physisch misshandelt, haben aber den Kampf um ein besseres Leben nicht aufgegeben. Es ist ermutigend, dass die Heilsarmee solchen Mädchen einen Zufluchtsort bieten und sie in diesem Kampf begleiten kann.

Fernanda Hofer

Das Frauenhaus der Heilsarmee in Manta bietet vorübergehende Unterkunft und Schutz für misshandelte und missbrauchte junge Frauen und Teenager-Mütter. Die aufgenommenen Frauen − meist Opfer von häuslicher Gewalt oder Menschen-handel − erfahren medizinische und psychologische Hilfe, Kinderfürsorge, Beratung, Unterstützung bei der Anklage der Täter und auch Ausbildung.

Dabei werden sie in ihren Bemühungen zur Selbstständigkeit unterstützt. Je nach Vorgeschichte werden die jungen Frauen wieder mit ihren Familien in Kontakt gebracht. Im letzten Jahr haben im Frauenzentrum der Heilsarmee mehr als 100 junge Frauen vorübergehende Unterkunft und Hilfe erfahren. Mehr als die Hälfte davon konnten erfolgreich in ihre Familien zurück integriert werden und zeigten positive Entwicklungen wie gestärktes Selbstbewusstsein und auch ein verbessertes Verhältnis zu den Eltern.

Die Heilsarmee Schweiz begleitet diese Arbeit und leistet finanzielle Unterstützung.

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Nr. 9 – Jan. 2011Newsletter Mission & Entwicklung

Glaube in Aktion

SozialeGerechtigkeit

ImpressumHerausgeber Stiftung Heilsarmee Schweiz, Mission & Entwicklung Laupenstrasse 5, 3001 Bern, Schweiz Telefon 031 388 05 91, [email protected] Markus Muntwiler, Doris Droz, Thomas MartinFotos Archiv Mission & EntwicklungLayout / Konzept Thomas Martin / Martin Stucki Grafik, Heimenschwand, msgrafik.chDruck Jordi AG, Belp

Dieser Newsletter erscheint dreimal jährlich.Postkonto: 30-6709-1 (mit entsprechendem Verwendungszweck)www.heilsarmee.ch/mission

Dieses Produkt wurde klimaneutral auf FSC-Mix Papier gedruckt.

EditorialBei meinen Projektbesuchen fällt mir immer wieder auf, wie in vielen Ländern des Südens die Familiensolidarität eine ganz wichtige Rolle spielt. Ohne Familiensolidarität keine Zukunft.

Was aber ein vorbildlicher Zusammenhalt ist, kann in Zusam-menhang mit der extremen Armut traurige Folgen haben.

„Um meinem Bruder ein Studium zu ermöglichen, tat ich alles, bis hin zur Prostitution“, sagte mir eine junge Frau bei meinem

letzten Projektbesuch in Kenia. In unserer Welt kaufen, brauchen und profitieren manche von diesem „Angebot“, das aus der Armut heraus entsteht. Im Menschenhan-del sind die Auswirkungen von Ungerechtigkeit und Armut am „krassesten“ sichtbar.

Heilende Gemeinschaft ist eine Antwort auf diese Not. Wir begleiten Menschen, die sich nach einem ganzheitlichen Heil-Werden sehnen und geben ihnen eine Stimme. Lesen Sie dazu die Beispiele aus Südafrika und Ecuador in diesem Newsletter.

Markus Muntwiler, Leiter Mission & Entwicklung

Kleine Tropfen im OzeanSylvette Huguenin ist Heilsarmeeoffizierin und Mutter von vier erwachse­nen Kindern. Viereinhalb Jahre arbeitete sie für die Heilsarmee in Kongo Brazzaville im Gesundheitswesen. Als Mitglied der Internationalen Kom­mission für soziale Gerechtigkeit ist sie Vertreterin der Heilsarmee an der UNO in Genf.

Wenn wir die Ungerechtigkeit uns oder jemand anderem gegenüber betrachten oder die Ungerechtigkeit in der Welt sehen, empfinden wir Wut, Traurigkeit und Frustration oder vielleicht auch Resignation, Desillusion und Gefühle der Ohnmacht.

Seit ihrer Gründung bleibt das Zeigen eines akuten sozialen Bewusstseins ein Mar-kenzeichen der Heilsarmee. 2007 wurde die Internationale Kommission für soziale Gerechtigkeit der Heilsarmee gegründet, um den Ursachen von Ungerechtigkeit und Leid entgegenzutreten. Als globale Stimme der Heilsarmee im Bereich der Gerechtigkeit will die Kommission darauf aufmerksam machen, dass die Misere einer zu grossen Anzahl Menschen in der heutigen Welt inakzeptabel ist. Ihr Mandat ist es, „die internationale Hauptfürsprecherin und Beraterin im Bereich sozialer, wirtschaft-licher und politischer Fragen, wie auch bei Ereignissen, die soziale Ungerechtigkeit in der Welt zur Folge haben“

1 zu sein. Die Kommission kann sich auf die Infrastruktur

der Heilsarmee, ihre Mitglieder, ihre Programme und ihren Einfluss in 123 Ländern rund um den Globus abstützen.

Die Arbeit mit in Armut lebenden Menschen in entwickelten oder weniger entwi-ckelten Nationen hat uns gelehrt, dass die Stimmen derjenigen, die unter Ungerech-tigkeit leiden, ein wichtiger Faktor im Bestreben sind, eine gerechtere Zukunft für alle zu verwirklichen.

Feststellend, dass die menschliche Not keine Grenzen kennt, engagieren wir uns, den Schrei der Unterdrückten zu verstärken und deren reale Lebenswahrneh-mungen in Taten und Möglichkeiten zu verwandeln, damit sich ihr Leben positiv entwickeln kann.

Falls wir uns machtlos fühlen, die Welt zu verändern und den Eindruck haben, dass alles, was wir tun, nur ein Tropfen in den Ozean ist, denken wir daran, dass der Ozean nur aus Tropfen besteht. Die erste Verantwortung eines jeden von uns ist es, dort Gerechtigkeit am Nächsten zu leben, wo man sich gerade befindet. Auch können wir uns vermehrt personell, finanziell, sozial, politisch und gemeinschaftlich engagieren und so immer wieder neue Ideen finden, um für Gerechtigkeit zu kämpfen.

Lasst uns alle unsere kleinen Tropfen beitragen, indem wir die Prinzipien der Gerech-tigkeit leben und andere ermutigen, dasselbe zu tun.

Sylvette Huguenin

1 aus „Seeking Justice Together“, ISJC

Engagement für mehr GerechtigkeitMajorin Elisabeth Frei ist, nach 40 aktiven Dienstjahren als Heilsarmee­offizieren, seit 2004 im Ruhestand. Sie ist verheiratet und wohnt in Ostermundigen. Als Mitglied der Internationalen Kommission für soziale Gerechtigkeit vertritt sie die Heilsarmee bei der UNO in Wien.

Was verstehe ich unter sozialer Gerechtigkeit? Dass es meinem Nächsten annä-hernd so gut geht wie mir und seine grundlegenden Bedürfnisse gestillt werden können. „Es ist ganz offensichtlich genug für alle da, und doch fehlt vielen das Nötigste, während andere mehr als genug haben. Diese Verteilungslage wider-spricht den Gerechtigkeits-Gefühlen vieler Menschen. Sie sind der Meinung, dass es aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit erforderlich ist, den gesellschaftlichen Reichtum weitaus stärker umzuverteilen als dies bisher geschieht, damit das sozi-ale Gefälle egalisiert und die Lebenslage der Bürger einander annähernd angegli-chen werden können“, so ein Zitat, welches ich im Internet gelesen habe.

Politischer Wille ist gefordert, um eine tiefgreifende Veränderung in der Welt zu bewirken. Daran scheitern jedoch die Bemühungen für mehr Gerechtigkeit oft. Deshalb haben sich weltweit viele NGOs zusammengetan, um miteinander in erster Hinsicht für Menschen in Not zu arbeiten und in zweiter Hinsicht auch als Fürsprecher bei den Regierungen auf die Missstände hinzuweisen. So auch die Heilsarmee.

•In der Ukraine betreut die Heilsarmee Menschen, welche von Abfalldeponien leben. Sie ist die erste Organisation, die sich dieser Menschen annimmt, um ihnen in ihren medizinischen, emotionalen und geistlichen Problemen beizuste-hen.

•In Moldawien hat die Heilsarmee ein HIV/AIDS-Programm für Schulen entwi-ckelt und eingeführt. In Partnerschaft mit der Regierung wurden in 80 Semina-ren 16 000 junge Menschen ausgebildet.

•In Tansania zielt ein Wasserprojekt der Heilsarmee darauf ab, dass sich die Gesundheit der ländlichen Bevölkerung durch sauberes und gesichertes Wasser verbessert.

Dies sind einige Beispiele aus der vielseitigen Arbeit der Heilsarmee rund um den Globus. Von dieser Hilfe profitieren Menschen, welche unter grosser sozialer Unge-rechtigkeit leiden.

Was kann ich persönlich, in meinem Umfeld, zur sozialen Gerechtigkeit beitragen? Ich kann z.B. Menschen bei Behördengängen begleiten, damit sie hier, in unserem Land, zu den ihnen zustehenden Rechten kommen. Grosse Umwälzungen kann ich als Einzelperson nicht bewirken, doch im Kleinen meinen Beitrag leisten.

Elisabeth Frei

Pakistan – Nothilfe und Wiederaufbau

Bereits sind mehrere Monate vergangen seit dem Beginn der verheerenden Über-schwemmungen in Pakistan und die Hilfe der Heilsarmee dauert an.

Bis heute hat die Heilsarmee in den Provinzen Khyber Puktunkhwa, Punjab und Sindh über 22 000 Nothilfesets mit Matratzen und Decken sowie Koch- und Haushaltutensilien an notleidende Familien verteilt. In den Provinzen Sindh und Punjab stellte die Heilsarmee zudem 4665 Zelte für die Obdachlosen Menschen bereit, dies in Zusammenarbeit mit der UNO und anderen Organisationen, die für Nahrung, Wasser und sanitäre Anlagen sorgten.

Auch in den kommenden Monaten führt die Heilsarmee die Hilfe weiter. Dabei verlagert sich die Hilfe langsam von der reinen Nothilfe zum Wiederaufbau. In Zusammenarbeit mit der Heilsarmee England und der Heilsarmee Schweiz wird die Heilsarmee Pakistan in den nächsten drei Jahren neun Dorfgemeinschaften beim Wiederaufbau ihrer Häuser und Lebensgrundlagen unterstützen.“

Andrew Lee, Pakistan

Die Heilsarmee Schweiz dankt allen Spenderinnen und Spendern für die grosszügige finanzielle Unterstützung nach den Überschwemmungen in Pakistan.