Noch einmal den Koffer packen?

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Noch einmal den Koffer packen? Heimat Schweiz – Heimat Spanien. Ältere Migrantinnen und Migranten erzählen. Einblicke Einblicke Einblicke Stadt Zürich Integrationsförderung Noch einmal den Koffer packen? Heimat Schweiz – Heimat Spanien. Ältere Migrantinnen und Migranten erzählen.

Transcript of Noch einmal den Koffer packen?

Noch einmal den Koffer packen?

Heimat Schweiz – Heimat Spanien.Ältere Migrantinnen und

Migranten erzählen.

EinblickeEinblickeEinblicke

Stadt ZürichIntegrationsförderung

Noch einmal den Koffer packen?

Heimat Schweiz – Heimat Spanien.Ältere Migrantinnen und

Migranten erzählen.

Editorial 1

Spanische Pensionierte in der Schweiz

Rosita und Paco Carrasco 2Dolores Rubio 5Elias Rodríguez 7Gregorio Antón 9Josep Subirana 12Mercedes und Miguel Soto 14

Spanische Organisationen für ältere Migrantinnen und Migranten

Das Projekt ¡Adentro!® Schweiz 16Esperanza – ein Verein für ältere spanische Migrantinnen und Migranten 17Misión Católica de Lengua Española 18

Pensionierte Migrantinnen und Migranten in Zürich

Migration und Alter 19Interview mit dem spanischen GeneralkonsulSituation betagter Migrantinnen und Migranten in der Stadt Zürich 21Das Altersheim Limmat: Neue Anforderungen – neue Leistungen 22Mediterrane Abteilung im Krankenheim Erlenhof 23Stiftung Alterswohnen in Albisrieden 24Statistik: Ältere Migrantinnen und Migranten in Zürich 25

Geschichte, Zahlen und Fakten

Historische Entwicklung der letzten Jahrzehnte 26Spanien in Zahlen / Spanien Karten 27

Zurück in Spanien

Fernando Pérez 28Viri und Lolo García 30Gedanken von Viris und Lolos Sohn 32

Vereine und Institutionen in Spanien

ADERE – Verein rückgekehrter Emigranten 33Altersmigration – eine Herausforderung für die Politik. Interview mit der Bürgermeisterin von Denia 35Städtische Altersresidenz Santa Lucía, Denia 37

Schweizer Pensionierte in Spanien

Club Suizo Costa Blanca 39Manuel César und Anna Rauch-Breiter 41

Die spanische Migration in der Schweiz Rückblick von Paco Beltrán 42

Literatur 44Adressen 45

I n h a l t

Mit der Heftreihe

«Einblicke» möchten

wir einen Beitrag zu

mehr Verständnis für

Menschen leisten, die

als Migrantinnen und

Migranten in der

Schweiz leben.

Durch sorgfältige

Informationsarbeit

wollen wir zur Vertie-

fung von Kenntnissen

und zu vermehrter

Toleranz beitragen.

Herausgeberin: Stadt Zürich, Stadtentwicklung, Bereich Integrations-förderung, Präsidialdepartement (vormals Fachstelle für interkulturelle Fragen, FiF)Stadthaus, Stadthausquai 17, 8001 ZürichTel. 044 216 37 37E-mail: [email protected]: www.integrationsfoerderung.ch

Konzept und Redaktion: Cristina Büttikofer-Beltránund Erika SommerLektorat: Regina Irminger-WeberGestaltung: Atelier Mägi WuhrmannFotos: Titelseite: KEYSTONE/Photopress-Archiv,Rückseite: Schweiz Tourismus, Franziska Villiger,übrige Bilder; privat, sofern nicht anders vermerktDruck: Buchmann Druck AGAuflage: 1000, Januar 2005© Stadtentwicklung, Bereich Integrationsförderung

Wir danken allen unseren Interviewpartnerinnen und-partnern für die Zeit, die sie uns gewidmet haben, fürden Einblick in ihr Leben, für ihr Vertrauen.

Ein spezieller Dank geht an Paco Beltrán, der für unsin Spanien wertvolle Arbeit geleistet hat. Ohne seineKenntnisse und zahlreichen Kontakte wäre dieses Heftnicht zustande gekommen.

Weiter gilt unser Dank folgenden Institutionen für ihrefinanzielle Unterstützung:– Migros-Kulturprozent– Römisch-katholische Zentralkommission

des Kantons Zürich

Impressum

Stadt Zürich Stadtentwicklung Bereich Integrationsförderung Präsidialdepartement

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Man sah den Wegen im Abendlicht an,

dass es Heimwege waren.

Robert Walser

«Ich würde nochmals auswandern, obwohl es

sehr hart war. Aber es hat mir neue Horizonte

eröffnet. Ich bin sehr glücklich, dass mein

Leben so verlaufen ist.» Rosita Carrasco hat

zwei Drittel ihres Lebens in der Schweiz

verbracht und sich – zusammen mit ihrem

Mann – entschieden, hier zu bleiben. Vor dem

Entscheid, wo sie nach der Pensionierung

leben möchten, stehen alle Migranten. Rück-

kehr ins Heimatland? Oder hier bleiben?

Was aber bedeutet Rückkehr? Wohin kehrt

man zurück? Wo ist Heimat?

Wir haben Gespräche mit pensionierten Spa-

nierinnen und Spaniern geführt, haben nach

ihren Motiven für die Migration gefragt, nach

ihren Erfahrungen in der Schweiz und den

Gründen, warum sie sich für ein Leben hier

oder in Spanien entschieden haben.

In Spanien haben wir auch Schweizer Rent-

ner angetroffen. Sie erzählen von ihren Er-

fahrungen als Migranten, und es ist verblüf-

fend, wie ähnlich doch viele Probleme und

Schwierigkeiten sind.

Unsere Interviewpartnerinnen und -part-

ner blicken stolz und zufrieden auf ihr bis-

heriges Leben zurück. Sie kennen die Am-

bivalenz eines Migrantenlebens, die

Chancen, die Risiken, das Gelingen und die

Zerrissenheit. Viele von ihnen setzen sich heu-

te aktiv in Selbsthilfegruppen ein. Sie sind Ex-

perten in der Thematik «Alter und Migrati-

on» und müssen bei der Planung und

Realisierung von Projekten in den Bereichen

Freizeit, Information, Pflege und Altersein-

richtungen beigezogen werden. Ihre Erinne-

rungen und Erfahrungen sind aber auch

wichtig, um das Zusammenleben von Einhei-

mischen und Zuwanderern zu gestalten, eine

aktive Integrationspolitik zu betreiben. Unser

Handeln wird geprägt durch Erinnerungen.

Nutzen wir sie bewusst, um in den interkultu-

rellen Beziehungen angemessen tätig zu sein.

Cristina Büttikofer-Beltrán, Sozialarbeiterin FH

und Erika Sommer, Ethnologin lic. phil.

E d i t o r i a l

Interviews in Spanien: Cristina Büttikofer-Beltrán und Paco Beltrán / Interviews in der Schweiz: Cristina Büttikofer-Beltrán undErika Sommer / Übersetzungen: Cristina Büttikofer-Beltrán

Erinnerungen an die Kindheit

Rosita: Meine Kindheit war nicht besondersschön. Es war eine sehr schwere Zeit in Spanien.Mein Vater war Maurer, aber weil er Republikanerwar, konnte er keine Arbeit finden. Wir waren armund hungerten oft. Alles war rationiert, nicht ein-mal Strom gab es in der Wohnung. Mit zwölf Jah-ren begann ich zu arbeiten, zuerst in einem Le-derwarengeschäft, dann als Schneiderin.

Paco: Meine Eltern sind gestorben, als ichzehn Jahre alt war. Ich bin dann mit meiner Schwe-ster bei der Grossmutter aufgewachsen. Das wareine sehr egoistische, harte Frau. Meine Schwes-ter – sie war damals acht Jahre alt – musste alsHaushaltshilfe arbeiten und ich als Verkäufer in derDrogerie. Die Grossmutter war so geizig, dass siesogar unser Essen rationierte. Später arbeitete ichin der Seifenfabrik meines Grossvaters.

Sofort Arbeit in der Schweiz

Paco: Zwölf Tage nach unserer Hochzeit sindwir in die Schweiz gekommen. Meine Cousineund ihr Mann lebten schon in der Schweiz. Sieermunterten uns, auch zu kommen. Wir meinten,in der Schweiz ein besseres Leben führen zu kön-nen als in Spanien. Heute weiss ich, dass diesdumm war. Es geht den Leuten, die in Spaniengeblieben sind, heute besser als uns.

Rosita: Wir sind als Touristen in die Schweizgereist. Damals war es ganz leicht. Man hat so-fort eine Arbeit gefunden und ist geblieben. Nachdrei Tagen habe ich in einer Lampenfabrik in Herr-liberg begonnen zu arbeiten. Später habe ich alsSpetterin im Altersheim Meilen gearbeitet. MeineTochter war damals vier Monate alt, und ich durf-te sie zur Arbeit mitnehmen. Der Heimleiter unddie alten Leute hatten Freude an unserem Kind.Es war eine schöne Zeit. Später bin ich putzengegangen und habe Hauswartungen gemacht.Ich wollte immer Stellen, die es mir ermöglichten,zu Hause zu sein, wenn die Kinder aus der Schu-le kamen.

Paco: Auch ich habe sofort eine Stelle ge-funden als Materialverteiler. Später arbeitete ichin verschiedenen Betrieben. Nach einem Unfallwechselte ich aus gesundheitlichen Gründennochmals und blieb dann 27 Jahre in der gleichenFabrik, bei Mettler in Greifensee.

Rosita: Wir hatten damals keine Vorstellung,wie lange wir bleiben wollten. Wir wollten eineWohnung in Spanien kaufen, aber wir sind nichtdazu gekommen. Die Zeiten sind schwer gewe-sen. Wir waren Hilfsarbeiter und haben unserenganzen Verdienst ausgeben müssen. Nur schondie Miete für das Zimmer betrug einen halbenMonatslohn. Und wir haben auch Geld an meineEltern geschickt.

Kontakte

Paco: In Meilen lebten damals viele Spanier,alles junge Leute, Gastarbeiter. Wir haben uns ge-genseitig geholfen bei allen Problemen. Es wur-de dann auch ein spanischer Verein gegründet.

Rosita: Wir trafen uns regelmässig in einerWohnung, im Restaurant oder im Sommer am

W i r m e i n t e n , i n d e r S c h w e i z e i n

b e s s e r e s L e b e n f ü h r e n z u k ö n n e n .

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Rosita Carrasco (geboren 1941)

Paco Carrasco (geboren 1937)

Herkunft: Madrid

Seit 1962 in der Schweiz

Spanische Pensionierte in der Schweiz

See. Später sind die Kinder gekommen, alle et-wa im gleichen Alter. Wir haben mindestens 15Jahre erlebt, die sehr angenehm waren.

Rosita: Wir haben immer guten Kontakt zuallen Nachbarn gehabt. Ich habe nie schlechteErfahrungen gemacht. Ich habe nie erlebt, dassman mich schlecht behandelte, weil ich Auslän-derin bin.

Nach der Pensionierung: Rückkehr nach Spanien?

Paco: Was soll ich in Spanien, wenn meineKinder und Enkel hier leben?

Rosita: Für mich ist es kein Opfer, hier zu blei-ben. Für meinen Mann ist es schwerer.

Paco: Wir haben nicht genug Geld für eineWohnung in Spanien und eine andere Wohnunghier.

Rosita: Wir haben zusammen darüber ge-sprochen. Nur wir beide. Während fast zwei Jah-ren haben wir darüber diskutiert. Vor allem in denFerien, wenn wir dort waren, haben wir uns Ge-danken gemacht. Unsere Kinder haben gesagt:«Wenn ihr bleibt, sind wir glücklich. Wenn ihr nachSpanien geht, sind wir auch glücklich.» Als wir

uns dann entschieden haben, definitiv hier zu blei-ben, haben sie sich riesig gefreut.

Paco: Unsere Geschwister und Verwandtenleben in Madrid. Wenn wir nach Valencia oder Ali-cante gehen, sind wir dort Ausländer.

Rosita: Paco war fest entschlossen, nachSpanien zu gehen. Wir haben viele Immobilien be-sichtigt und uns erkundigt, was eine Wohnungkostet. Dann habe ich gesagt: «Wir müssen esuns sehr gut überlegen!» In Spanien leben wirwunderbar: Sonne, Essen, alles. Aber hier in derSchweiz vergeht kein Tag, ohne dass er nicht mitden Kindern telefoniert. Er hängt wahnsinnig anden Kindern und an den Enkelkindern. Wenn wirin Spanien leben würden, könnten wir höchstensviermal jährlich in die Schweiz reisen. Aber wirkönnten dann nicht bei den Kindern wohnen, siehaben keinen Platz. Wenn er in Spanien lebenwürde, da bin ich mir sicher, könnte er es nichtaushalten ohne die Kinder. Und ohne Enkelkinderschon gar nicht. Ich habe gesagt: «Träume nicht,du musst in der Realität bleiben!»

Paco: So mussten wir uns entscheiden: Spa-nien oder die Schweiz.

Rosita: Für mich wäre es schwer gewesen, inSpanien zu leben, weil meine Mentalität sichgeändert hat. Das zweite Problem wäre: Niemand

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Spanische Pensionierte in der Schweiz

Rosita und

Paco Carrasco

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wäre für uns da. Je älter man wird, desto mehrbesteht das Risiko für Krankheiten. Und dann istes schwierig, man kann nicht ständig hin und herreisen.

Alltag nach der Pensionierung

Rosita: Es gibt in Adliswil Treffpunkte für Pen-sionierte, aber wir haben keinen Kontakt, wirbrauchen das nicht. Wir geniessen das Leben so,wie es ist und nehmen es gemütlich. Wir habenwirklich keine Zeit. Unser Leben ist ausgefüllt mitder Hausarbeit, Spaziergängen und mit unsererFamilie, die uns sehr wichtig ist. Ich habe genugmit meinen täglichen Aufgaben.

Paco: Mir geht es gesundheitlich nicht so gut.Wenn ich Schmerzen habe, kann ich nicht spa-zieren gehen, dann bleibe ich zu Hause auf demBalkon. Von der Firma haben wir viermal jährlicheine Reise für Pensionierte, da nehme ich immer

teil. Mir ist es nie langweilig, für mich könnte derTag 48 Stunden haben. Ich habe 50 Fotoalben,und die schaue ich gerne an. Es sind so vieleschöne Erinnerungen! Jede Woche einmalkommt die ganze Familie zusammen. Da kochtmeine Frau für neun Personen.

Wenn man nochmals entscheiden könnte

Rosita: Ich könnte mir vorstellen, in einSchweizer Altersheim zu gehen. Für mich kannich mir das vorstellen, für Paco nicht. Er wäre sehrunglücklich. Für ihn wäre eine Abteilung speziellfür Ausländer viel besser, weil er die Sprache we-niger gut kann. Er hat in der Schweiz sehr viel ge-arbeitet, aber leben tut er eigentlich immer nochin Spanien. Er träumt jede Nacht von Spanien,seit 42 Jahren praktisch jede Nacht.

Paco: Ich träume von der Seifenfabrik, in derich gearbeitet habe, von meinem Grossvater, vonOnkeln und Tanten.

Rosita: Er lebt zwischen zwei Welten. Mit demHerz ist er immer noch in Spanien.

Paco: Wenn ich damals das heutige Wissengehabt hätte, wäre ich sicher nicht gekommen.Alle meine Kollegen, die in Spanien gebliebensind, leben besser als ich.

Rosita: Ich würde nochmals auswandern. Ob-wohl es sehr hart war, aber es hat mir neue Ho-rizonte eröffnet. Ich bin sehr glücklich, dass meinLeben so verlaufen ist.

Viele Frauen und Männer der ersten Ein-

wanderergeneration waren ungelernte Ar-

beitskräfte. Sie übernahmen vorwiegend Tä-

tigkeiten, die die Schweizer mieden, weil sie

schmutzig, gefährlich, körperlich hart oder

schlecht bezahlt waren. Viele Migrantinnen

und Migranten haben deshalb heute mit ge-

sundheitlichen Beschwerden zu kämpfen.

Spanische Pensionierte in der Schweiz

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berg, und begann meine erste Stelle als Küchen-hilfe im Restaurant Buchenegg.

Es war hart, von morgens 8.00 bis 23.00 Uhrin der Küche zu stehen. Wir wurden ja enorm aus-genutzt! Ich wechselte meine Stelle in den näch-sten Jahren öfters. Bis zu meiner Pensionierungwar ich nie ohne eine feste Anstellung.

Der grösste Fehler meines Lebens ist, nieDeutsch gelernt zu haben. Damals begannen wiraus Bequemlichkeit Italienisch zu sprechen. MitDeutschkenntnissen hätte ich mich beruflich undgesellschaftlich anders entwickeln können. Auchwenn ich immer sehr eigenständig gelebt habe,kam und komme ich immer an Grenzen der Ver-ständigung.

D e r g r ö s s t e F e h l e r m e i n e s L e b e n s i s t ,

n i e D e u t s c h g e l e r n t z u h a b e n .

Dolores Rubio (geboren 1924)

Herkunft: Vitigudino, Provinz Salamanca

Seit 1962 in der Schweiz

Ich kann mich an eine glückliche Kindheit er-innern. Mein Vater war Besitzer des Dorfkinos undHändler. Meine Mutter kümmerte sich um dasHaus und um unsere Erziehung. Meine Schwes-ter und ich besuchten eine Klosterschule. Ichhätte gerne studiert, doch mein Vater wollte michnicht alleine nach Salamanca gehen lassen. Solernte ich Buchhaltung, Korrespondenz undNähen. Ich hätte gerne gearbeitet, doch auch indieser Beziehung war mein Vater sehr dominant.Er tolerierte es nicht, dass eine junge Frau ausguter Familie arbeitet. So verbrachte ich die Jah-re mit Sticken, Nähen und Haushaltsarbeit. Alsich 28 Jahre alt war, starb mein Vater. Ich be-schloss, nach Madrid zu reisen, denn ich musstefür meine Mutter und meine jüngere Schwestersorgen. Ich fand eine Stelle als Erzieherin beieiner adligen Familie und hatte später verschie-dene Stellen als Hausangestellte, doch meinWunsch nach einem eigenen Leben, nach Frei-heit, wurde immer grösser.

In die Ferne…

Mein Traumziel war Australien. Doch um nachAustralien auszuwandern, war ich mit meinen 38Jahren bereits zu alt. Mit einer Freundin zusam-men beantragte ich eine Arbeitsbewilligung für dieSchweiz. Ich hatte gehört, dass sie ein sauberesund ordentliches Land sei. Schon ein paar Wo-chen später reiste ich nach Zürich, auf den Uetli-

Spanische Pensionierte in der Schweiz

Dolores Rubio

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Pensionierung 1987

Seit 17 Jahren bin ich pensioniert. Ich werdein der Schweiz bleiben. Wen habe ich schon inSpanien? Hier habe ich meine Familie, meineTochter, meinen Enkel und meinen Schwieger-sohn. Es ist mir wichtig, bei ihnen in der Nähe zusein.

Mit meinem Leben bin ich zufrieden und wer-de bestimmt nie eine Depression bekommen.Wenn ich einmal etwas melancholisch werde, sa-ge ich zu mir selber: «Dolores, raff dich auf!»

Ich liebe es, alleine durch die Stadt zu bum-meln, ich lese gerne und mache gerne Handar-beiten. Jeden Dienstag nehme ich im AltersheimLimmat am Turnen für Spanierinnen und Spanierteil. Anschliessend wird zusammen etwas ge-trunken und diskutiert. In mir ist schon noch teil-weise die spanische Mentalität. Ich hätte manch-mal den Wunsch, bei meiner Tochter zu leben.Wenn ich aber dort übernachte und mich an dieGewohnheiten der Familie anpassen muss, ge-stehe ich mir ein, dass es auch vorteilhaft ist,alleine zu wohnen. Wenn ich einmal nicht mehralleine leben kann, weil ich Pflege brauche, wer-de ich wahrscheinlich in ein Altersheim gehen. Ichmöchte meiner Tochter nicht zur Last fallen. Ichhabe bereits ein Heim besichtigt, doch man hatmir gesagt, dass die meisten Menschen erst ab86 oder 88 Jahren ins Heim eintreten.

Familie

Mit 42 Jahren wurde ich Mutter. Mein Lebenänderte sich nach der Geburt meiner Tochter we-sentlich. In den ersten Jahren lebte ich alleine mitmeinem Kind. Mein Freund und ich waren nichtverheiratet und es war in dieser Zeit verboten, imKonkubinat zu leben. Doch er kümmerte sich im-mer um uns zwei und wir konnten dann Jahrespäter zusammen eine Wohnung beziehen. Wirwaren 25 Jahre zusammen, bis wir uns danntrennten. Für die spanische Mentalität von damalshatte ich eine grobe Sünde begangen, unehelichein Kind zu gebären. Für meine Familie in Spani-en war es eine Katastrophe, aber für mich war esdas grösste Glücksgefühl, eine Tochter zu haben.

Ambulante und stationäre Alterseinrich-

tungen werden sich in den kommenden Jah-

ren vermehrt um ältere und pflegebedürftige

Migrantinnen und Migranten zu kümmern ha-

ben. Auf nationaler sowie kommunaler Ebe-

ne sind verschiedene Projekte und Bestre-

bungen zum Thema migrantengerechte

Alterseinrichtungen im Gange. Da in Spanien

früher die betagten Menschen durch die Fa-

milie betreut und gepflegt wurden, wünschen

manche ältere Migranten von ihren An-

gehörigen entsprechende Unterstützung. Die

meisten sind sich aber bewusst, dass auch

in Spanien immer mehr ältere Menschen in

Heime eintreten. Sie wissen, dass junge Fa-

milien von ihrer Arbeits- und Wohnsituation

her gar nicht in der Lage sind, ältere Men-

schen zu Hause zu pflegen. Die Einrichtung

von sogenannt mediterranen Abteilungen in

Schweizer Alters- und Pflegeheimen wird un-

terschiedlich beurteilt. Manche fühlen sich

dadurch erneut ausgegrenzt. Andere sind

froh, möglichst viel Vertrautes vorzufinden.

Insbesondere Personen mit wenig Deutsch-

kenntnissen reagieren aber sehr positiv auf

solche Projekte. Dies sollte man bei der Pla-

nung berücksichtigen.

Spanische Pensionierte in der Schweiz

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ketballclub, aber das ersetzt nicht die Freund-schaften aus der Jugend. Deshalb habe ich da-mals wohl viele und lange Briefe geschrieben. Daswar vielleicht ein Ausdruck von Heimweh.

Am besten wären zwei Wohnorte

Jetzt bin ich 58 Jahre alt, habe fast zwei Drit-tel meines bisherigen Lebens in der Schweiz ver-bracht und natürlich mache ich mir Gedanken,wo ich nach der Pensionierung leben möchte.Mein Ziel ist, mich mit 63 pensionieren zu lassen.Denn ich sehe: Ab 60 nehmen die Kräfte ab. Ichmöchte mir – wenn möglich – eine Wohnung inder Nähe von Alicante kaufen. Aber ich möchteden Kontakt zur Schweiz nicht verlieren. MeineSöhne und Freunde leben hier. Am liebsten hät-te ich eine kleine Wohnung auch in der Schweiz.

Anpassungen hier und dort

Ich habe mir einige schweizerische Eigen-schaften angewöhnt – z.B. Pünktlichkeit und Or-dentlichkeit – und auch das Funktionieren derVerwaltungen finde ich wichtig. Als ich mich inSteinhausen anmeldete und fragte, ob es einen46er-Club (ein Club aller Personen, die 1946 ge-boren sind) gibt, gab mir der Angestellte sofortdie Kontaktadresse. In Spanien würden sie nichteinmal verstehen, wovon ich rede. Das sind Klei-nigkeiten. Aber ich kann mir vorstellen, dass mirsolche Annehmlichkeiten fehlen werden.

Doch es gibt auch negative Erfahrungen hier:Als ich mich für eine eventuelle Einbürgerung in-teressierte, lautete die erste Frage auf der Ge-meinde: «Wie viel Einkommen haben Sie?» Das

Elias Rodríguez (geboren 1946)

Herkunft: Madrid

Seit 1967 in der Schweiz

V i e l e S c h w e i z e r k ö n n e n n i c h t z u h ö r e n .

Ich bin in Madrid geboren, habe dort die Schu-len besucht und die Matura gemacht. Nach einerdreijährigen Lehre arbeitete ich als Zeichner undwollte mich unbedingt weiter ausbilden. Damalswar es in Spanien aber nicht möglich, berufsbe-gleitend zu studieren. Als ich ein Inserat der Fir-ma Stump in Meilen sah, meldete ich mich. DerChef reiste extra nach Spanien, um Leute auszu-wählen. Er sagte, ich müsse nach Zürich kom-men und Deutsch lernen. Da antwortete ich: «Ichwill nicht nach Deutschland.» So bin ich also mit21 Jahren in die Schweiz gekommen. Ich begannbei Stump als Zeichner, wurde dann Bauführerund später Filialleiter. Damals hat man nicht überIntegration gesprochen, sondern über Assimila-tion. Man brauchte nur zwei Hände um zu arbei-ten, man hatte nicht verstanden, dass mit denzwei Händen auch ein Kopf kommt und ein Herz.

Neue Kontakte

Am Anfang pflegte ich nicht viel Kontakt zuSpaniern, weil ich sonst im spanischen Umfeldgeblieben wäre. Ich habe Deutsch gelernt und beiJuventus die Handelsschule und das Abend-technikum gemacht. In meiner Freizeit spielte ichim Basketballclub Zürich. Wir nahmen an Schwei-zermeisterschaften der Nationalliga «A» teil.Trotzdem habe ich mich manchmal allein gelas-sen gefühlt. Ich hatte zwar bei der Arbeit vieleKontakte geknüpft, im Deutschkurs und im Bas-

Spanische Pensionierte in der Schweiz

Elias Rodríguez

hat mich gestört. Sie haben nicht gefragt, wer ichbin, was ich mache, welche Ideen ich habe, son-dern sie haben nach meinem Konto gefragt. Dashat mir innerlich wehgetan, und ich habe auf dieEinbürgerung verzichtet.

Kritischer Blick auf die Schweiz

Die Schweiz hatte nach dem Krieg 50 JahreVorsprung gegenüber den anderen europäischenLändern. Den hat sie verloren und das tut mir weh.Ich sehe ein grosses Problem bei der sogenann-ten «Demokratie». Bei den Abstimmungen betei-ligen sich nur etwa 20%-40% der Stimmberech-tigten. 19% sagen ja, 21% sagen nein, d.h. 21%der Bevölkerung bestimmt über alle. Das ist dochkeine echte Demokratie! Der Wohlstand bringteben seine Schattenseiten: Wenn der Bauch vollist, ist der Kopf leer. Der «Blick» ist die meistge-lesene Zeitung, das sagt alles.

Viele Schweizer können nicht zuhören. Siemeinen, immer alles besser zu wissen. Ich habedas z.B. erlebt, als ich meine Mutter auf der Ge-meinde anmelden wollte. Der Angestellte fragte

mich nach dem Namen meiner Mutter, ich sagte:«Manuela Garcia.» Da sagte er: «Sie heisst nichtRodriguez? Dann ist es nicht Ihre Mutter!» Das istdiese Haltung: Wenn ein Ausländer etwas sagt,ist es meistens falsch.

Spanien hat sich verändert

Ich bin überrascht und verärgert, dass dieSpanier heute einen so grossen Fremdenhass ha-ben. Das hätte ich mir nicht einmal träumen las-sen. Vor 40 Jahren hatten die Spanier selber nochnicht genug zu essen. Und jetzt hört man so vie-le fremdenfeindliche Sprüche gegen Marokkaner,gegen Algerier, gegen alle Fremden. Und die ma-chen schlussendlich den Dreck, den kein Spani-er machen will. Das ist für mich eine sehr, sehrbedenkliche Entwicklung. Durch den Wohlstandhaben sich die Menschen verändert. Die Men-schen sind zu 80% HABEN und zu 20% SEIN.Nur Konsum und Statussymbole sind wichtig.Man schaut, welche Automarke die Anderen ha-ben. Sie haben in so kurzer Zeit die Vergangen-heit vergessen. Aber eben: Wenn der Bauch vollist, ist der Kopf leer.

Trotzdem freue ich mich auf das Leben in Spa-nien. Endlich Zeit haben, nicht dauernd hetzen.Der Mensch braucht Wärme und Licht. Das istso, von Natur aus. In Spanien ist einfach das Kli-ma angenehmer. Gerade wenn man 60 ist underste Altersbeschwerden sich einstellen, brauchtder Mensch ein warmes Klima.

Und der Kontakt zu den Menschen ist un-kompliziert: Schon nach ein paar Tagen kennensie dich auf dem Markt, plaudern mit dir. Wenndu mal nicht kommst, erkundigen sie sich amnächsten Tag, wo du geblieben seist. Es ist ein-fach ein herzlicher, warmer Kontakt.

Ich würde wieder in die Schweiz kommen.Aufgrund meiner Erfahrungen würde ich einigesanders machen, aber das weiss man immer ersthinterher!

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Vorurteile und Stereotypen gegenüber

Ausländern aus benachbarten Ländern wa-

ren in den 1960er und 1970er Jahren recht

häufig. Fremdenfeindliche Reaktionen haben

namentlich in den 60er Jahren die soziale In-

tegration verhindert. Die Schwarzenbach-

initative (1970) versetzte die Ausländer in

Angst, vermittelte ihnen das Gefühl, nicht will-

kommen zu sein. Immer noch wirkte die Tra-

dition der «Überfremdungsfurcht», die die

schweizerische Ausländer- und Flüchtlings-

politik im 20. Jahrhundert bestimmte. Heute

sind die Einwanderer aus Südeuropa gröss-

tenteils akzeptiert. Trotzdem fühlen sich nicht

wenige ältere Spanierinnen und Spanier

durch Erinnerungen an frühere Benachteili-

gungen und fremdenfeindliche Reaktionen

verletzt.

Spanische Pensionierte in der Schweiz

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Offizieren ermordet. Viele wissen nicht, dass inder Provinz Burgos von 1939 bis 1943, also nachKriegsende, über 40’000 Menschen umgebrachtwurden. Abends, wenn es dunkel wurde, kamensie mit einer Namensliste in die Dörfer und such-ten Regierungsgegner auf. Während der Zeit derRepublik, vor dem Krieg, waren in verschieden-sten Ortschaften die sogenannten «Casas delPueblo» (Häuser des Volkes) entstanden. Perso-nen, die dort verkehrten, und auch ihre Ver-wandten wurden später verraten. Viele Menschenmussten verschwinden. Sie flüchteten in die Ber-ge, versteckten sich in Grotten und kamen dannwährend den kalten und verschneiten Winternum. Diese Ereignisse haben bei mir und auch beivielen anderen Menschen tiefe Spuren hinter-lassen.

Nordeuropa braucht Arbeiter

Während meiner Jugend arbeitete ich im Fa-milienbetrieb meiner Eltern in der Holzbearbei-tung. Andere Alternativen gab es nicht. Den Mi-litärdienst musste ich in Afrika absolvieren, inCeuta. Bei meiner Rückkehr 1962 herrschte inder Region ein Klima des Aufbruchs. In den Rats-häusern und Ämtern wurde propagiert, man sol-le nach Nordeuropa auswandern, um dort in derIndustrie zu arbeiten. Aus meiner Gegend mel-deten sich hunderte von jungen Menschen undauch ich liess mich von dieser Dynamik mitzie-hen. In diesen Jahren wanderte über eine Millionjunger Spanierinnen und Spanier aus. Nordeuro-pa brauchte nach dem Zweiten Weltkrieg Ar-beitskräfte für den Aufbau der Industrien und derInfrastruktur. Und in Spanien war die Arbeitssi-tuation sehr prekär, es gab überzählige junge,kräftige Menschen ohne Zukunftsaussichten. So

M a n v e r s p r a c h u n s e i n L e b e n i n e i n e r

n e u e n , h e i l e n u n d g l ü c k l i c h e n We l t .

Gregorio Antón (geboren 1939)

Herkunft: Quintana de la Sierra

(Provinz Burgos)

Seit 1963 in der Schweiz

Geboren bin ich in Quintana de la Sierra, einemkleinen Dorf, das inmitten von Pinienwäldern amRande der Provinz Burgos liegt. Das war 23 Tage,nachdem der spanische Bürgerkrieg beendetwurde. In meinem Dorf lebten die Familien haupt-sächlich von der Holzwirtschaft. Eine besondereBedeutung hatte die Herstellung von Fensterläden.Dieses spezielle «Soria-Holz» gab es ja nur in die-ser Gegend und es wurden tausende und aber-tausende von Fensterläden nach ganz Spanienverkauft, bis diese dann aus Kunststoff hergestelltwurden. Die Holzindustrie hat noch heute für die-se Gegend eine wichtige Bedeutung.

Bürgerkrieg

Der Bürgerkrieg hinterliess in meiner Familieund in der ganzen Region grausame Folgen. Eswar ein Massaker. Ich möchte festhalten, dassviele Spanier die Geschichte nicht kennen. Dennnach dem Krieg wurden viele Geschehnisse nichtweitererzählt. Es wurde vieles verheimlicht, dennwas geschehen war, sollte vergessen werden.Mein Grossvater machte aber kein Geheimnis ausder Geschichte und er erzählte mir bereits, als ichfünf Jahre alt war, wichtige geschichtliche und po-litische Zusammenhänge.

In meiner Familie wurden zwei Brüder meinesVaters und ein Onkel meiner Mutter von Francos

Spanische Pensionierte in der Schweiz

Gregorio Antón

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wurden – wie man bei uns sagt – «zwei Vögel miteinem Schuss getroffen».

Harte Zeit in der Schweiz

Im März 1963 reiste ich zusammen mit vielenanderen jungen Spaniern in die Schweiz. Bereitsim Zug wurden wir mit Schildern markiert, auf de-

nen unser Name und der Ankunftsbahnhof stan-den. Kurz vor der Schweizergrenze erhielten wirdann noch Markierungen je nach Branche: Bau,Gastgewerbe etc. Von der Schweiz wusste ichnicht viel. Man versprach uns ein Leben in einerneuen, heilen und glücklichen Welt. Die Realitätsah ja dann ganz anders aus.

Ich arbeitete für eine Baufirma in Basel, Zugund Zürich. Für mich und für viele andere jungeMenschen war es eine harte Zeit. Wir wurden ex-trem ausgenützt. Weil ich mich gewerkschaftlichengagierte, wurden ich und andere Kollegen po-lizeilich kontrolliert. Seit meiner Ankunft in derSchweiz war ich politisch tätig. Anlässlich derFichen-Affäre verlangte ich meine Auszüge undmusste feststellen, dass meine politischen Tätig-keiten aus dieser Zeit registriert worden waren.Sogar meine Teilnahme an einer 1. Mai-Kundge-bung war registriert. Ich kenne konkrete Fälle vonSpaniern, die wegen ihrer politischen Tätigkeitihre Stelle bei renommierten Grossfirmen undBanken verlassen mussten.

Mehr Zeit

Am 23. April 2004 bin ich 65 Jahre alt gewor-den, also auch pensioniert. Seit ich nicht mehr ar-beite, lebe ich ruhiger, ich schlafe mehr, und ichkann mich meinem Hobby, der Lektüre, widmen.In den letzten Monaten habe ich einige histori-sche Werke gelesen, was für mich eine grosseBereicherung ist. Ich kann auch die Tagespressebesser verfolgen. Jeden Freitag betreue ich mei-nen kleinen Enkel. Für mich gehören die Momentemit ihm zu den schönsten der ganzen Woche. Ichbin fasziniert, worüber ich mit diesem knappfünfjährigen Kerlchen diskutieren kann. Und erspricht dazu noch perfekt Spanisch!

Engagement für Andere

Ich habe mich immer für die Anliegen andererMenschen eingesetzt. Seit über 40 Jahren bin ichMitglied des PCE (Partido Comunista Español).

Die in den 1950er und 60er Jahren in die

Schweiz einwandernden Migranten stammen

häufig aus ländlichen, wenig entwickelten Re-

gionen Spaniens. Hohe Arbeitslosigkeit und

mangelnde Perspektiven waren treibende

Motive, im Norden Arbeit zu suchen. Es wa-

ren aber auch politische Gründe, die zur Aus-

reise führten. Wer als Gegner des Franco-Re-

gimes bekannt war, fand oft keine Arbeits-

stelle. Die Diktatur verhinderte eine soziale,

wirtschaftliche und kulturelle Öffnung des

Landes. Dies veranlasste viele junge Leute,

die sich im Leben entwickeln wollten, im Nor-

den ihr Glück zu suchen.

Spanische Pensionierte in der Schweiz

Einsatz auf

der Baustelle

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aussetzungen: ja. Mein Entscheid war gut. DasPositivste finde ich, dass ich im Herzen von Eu-ropa leben kann und die Möglichkeit hatte, ver-schiedenste Kulturen und Menschen aus ande-ren Ländern kennen zu lernen. Ich hatte auchGlück mit meiner Familie: Meine beiden Söhnewurden hier geboren und hatten die Gelegenheit,ein Studium zu absolvieren. Auf ihre beruflichenErfolge bin ich wirklich stolz.

Jetzt und später

Vielleicht entscheide ich mich später einmal,nach Spanien zurückzukehren. Ein eigenes Haushabe ich allerdings nicht. Ich müsste in eine Al-tersresidenz ziehen. In meinem Dorf gibt es eineResidenz, von der man Gutes hört. Mein Dorf liegtja auch in einer wunderbaren Gegend. Doch jetztlebe ich noch in Zürich. Ich bin mit meinem Le-ben hier sehr glücklich und habe viele gute Be-ziehungen. Meiner Meinung nach sollte man dortbewusst leben, wo man sich im Moment aufhält!

Ich war auch aktives Gewerkschaftsmitglied.Heute engagiere ich mich für den Verein «Espe-ranza» (Verein für ältere Spanier). So wie ich michfrüher für die Rechte und das Wohl unserer Kin-der oder der Arbeiter eingesetzt habe, möchte ichmich jetzt auch für die Interessen der älteren Men-schen engagieren. Ich erhoffe mir, dass wir mitdieser neuen Altersbewegung etwas erreichenkönnen. Meine Vision ist, dass wir noch mehrAktivitäten im kulturellen, aber auch im sozialenund gesundheitlichen Bereich realisieren können.Das Interesse ist riesig und wir werden gemein-sam einen Weg finden.

Entscheid war gut

Ich glaube, dass niemand auf der Welt seinLand, seine Umgebung aus reiner Freude ver-lässt. Die einen haben zu wenig zu essen, ande-re können sich beruflich nicht entwickeln oder po-litisch nicht äussern. Würde ich wieder in dieSchweiz auswandern? Unter den gleichen Vor-

Spanische Pensionierte in der Schweiz

Freundschaft am

Arbeitsplatz

Holzbearbeitung

auch in der Schweiz

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D i e S c h w e i z e r s i n d s e h r v e r s c h l o s s e n ,

s i e m a c h e n k e i n e n S c h r i t t a u f d i c h z u .

Josep Subirana (geboren 1936)

Herkunft: Ullà (Provinz Girona)

Seit 1960 in der Schweiz

Freundschaften auf Zeit

Meine Kollegen waren vor allem Spanier vonverschiedenen Orten. Das ist ganz interessant:Wir haben nicht viel gemeinsam gehabt, in Spa-nien wären das auf keinen Fall meine Freunde ge-wesen, aber hier haben wir uns toleriert. Mit den-jenigen, die in den letzten Jahren zurückgekehrtsind, ist die Freundschaft abgebrochen – zack,wie wenn diese Zeit hier nicht existiert hätte. Inder Schweiz waren wir fünf, zehn, zwölf Jahre zu-sammen. Es ist wie ein Lebensabschnitt, der ver-gessen wird. Das ist praktisch bei allen so, nichtnur bei den Spaniern, ich höre das von überall.

Schweizer

Die Schweizer sind sehr verschlossen, sie ma-chen keinen Schritt auf dich zu. Die Leute im Dorf,wo du wohnst, bleiben komplett unbekannt. Dukannst an jedes Fest gehen, du gehörst nie, niedazu. Dieses Gefühl habe ich heute noch. Immerbin ich es, der mit den Leuten das Gespräch be-ginnt, umgekehrt passiert gar nichts. Als Arbeiterschätzt man die Ausländer, aber nicht als Menschund Freund. Man giesst vielleicht die Blumen desNachbarn, aber echte Freundschaft, wo man sichdie Probleme erzählt, gibt es nicht. Für mich warimmer das Zwischenmenschliche schwer. BisSchweizer richtig warm werden, muss der Alko-hol immer etwas nachhelfen.

Katalanischer Verein

Der Verein «Casa Nostra» wurde 1963 ge-gründet. 1964 bin ich beigetreten und wurde inden Vorstand gewählt. Die meisten Vereinsmit-

Ich bin aufgewachsen in Ullà, einem Dorf inder Provinz Girona. Wir lebten von der Landwirt-schaft. Auf dem Hof lebten meine Mutter, dieGrossmutter, der Grossvater und zwei Onkel.Meinen Vater habe ich nicht gekannt, er ist Ende1937 im Bürgerkrieg gestorben. Er wurde ins Mi-litär einberufen und während der Reise zur Frontim Zug von einer Kugel getroffen. Meinen Gross-vater hat das so sehr belastet, dass er 11/2 Jahrespäter auch gestorben ist. Nach der Schule ha-be ich Mechaniker gelernt und habe 11/2 Jahre inBarcelona gearbeitet.

Sofort Arbeit in der Schweiz

Nach dem Militärdienst bin ich in die Schweizgekommen. Ein Freund, der in Zürich als Autome-chaniker arbeitete, erzählte mir von seinem Lebenund sagte: «Wenn du willst, finde ich dir sofort Ar-beit!» Zwei Wochen später bin ich bereits da ge-standen. Ich habe eine Stelle in einer kleinen me-chanischen Werkstatt in Saland (Tösstal) bekom-men. Dort wurden Teile für die Firma Rieter in Win-terthur hergestellt. 1960 war es kein Problem mitBewilligungen. Man hätte massenweise Ausländermitnehmen können, die haben gesucht “wie ver-rückt”.

Spanische Pensionierte in der Schweiz

glieder sind in den Sechzigerjahren gekommen.Wir organisieren monatlich kulturelle Anlässe, be-suchen z.B. das Theater oder Museen. Aber dasInteresse hat in letzter Zeit abgenommen, auchunsere Feste werden weniger besucht. Die Leu-te sind passiv, aber das ist überall so, in allen Ver-einen. Die jungen Spanier machen nicht mehr mit,sie wollen sich nirgends binden, wollen keine Ver-pflichtungen eingehen. Früher hatten wir 400 Mit-glieder, jetzt noch 120. Und diejenigen, die nachSpanien zurückkehren, vergessen den Verein. Esist wie ein fahrender Zug: Wir steigen ein, fahren einStück mit und irgendwann steigen wir wieder aus.

Nach der Pensionierung

Mit 64 liess ich mich pensionieren. Als Aus-länder muss man immer mehr leisten, um etwaszu erreichen. Das macht müde. Ich hatte ja ne-ben der Arbeit immer noch den Verein geleitet undwar auch Präsident der «Casa Nostra de Suïssa»,einer Föderation von sieben Organisationen.

Heute geniesse ich das Leben. Jedes Jahrverbringe ich ca. vier Monate in Spanien. Dort ha-be ich ein kleines Gut, das ich ganz selber ver-walte. Ich geniesse die Sonne, gehe fischen, ha-be ein Boot, habe Reben und mache Wein. Mitdem Computer kann ich mit der ganzen Weltkommunizieren. Ich bin dort noch mehr beschäf-tigt als hier. Es ist ein Superleben, das kann ichwirklich sagen.

Ich bin auch weiter aktiv im Verein und bin po-litisch engagiert im katalanischen Parlament. Ichvertrete die Katalanen aus der Schweiz, demElsass, Süddeutschland, Norditalien und Öster-reich im «Consell de Catalunya», das ist ein welt-weiter Verband. Zweimal im Jahr sitze ich im Par-lament. Wir haben erreicht, dass die Katalanen,die im Ausland wohnen und vorübergehend in Ka-talonien weilen, die gleichen sozialen und juristi-schen Rechte haben wie die Katalanen. Früherwaren wir in Spanien Ausländer.

Gedanken zur Zukunft

Ich habe mich im Altersheim in Spanien an-gemeldet. Wenn es mir einmal nicht mehr gut ge-hen sollte, möchte ich dort leben. Ich habe nureine Tochter und möchte ihr diese Last nicht auf-bürden, dass sie mich hier in ein Altersheim brin-gen muss, wo ich mich nicht wohl fühlen würde.Es wäre falsch, ihr «einen solchen Stein auf denSchoss zu werfen». Falls ich pflegebedürftig wer-de, kann ich dort viel besser leben, es ist viel ein-facher: Ich rede die Sprache, kenne die Leute undkann es auch problemlos bezahlen.

Viele Leute machen sich zu diesem Themakeine Gedanken. Sie meinen, sie leben noch 20Jahre wie bisher, und nachher mache es einfach«pupp» und es sei fertig. Sie montieren die Scheu-klappen.

Bilanz

Ob ich Heimweh hatte? Jein. Heimweh hatman immer. «Dort, wo man geboren ist, ist dieMilch immer noch die beste». Ich habe viel ge-träumt davon, wieder zurückzukehren, aber nichternsthaft. Denn obwohl ich in der Schweiz keineinfaches Leben hatte, ist es mein Leben gewor-den. Und ich habe immer wieder die Chance ge-sehen, hier ein gutes Leben zu führen. Trotzdemwürde ich heute nicht mehr auswandern. Ich ha-be auch nie jemandem geholfen, ins Ausland zugehen. Es hat viel zu viel Unbekanntes, viel zu vielNeues. Das verlangt von dir sehr viel. Ich fragemich, ob das nötig ist. Es ist eine Herausforde-rung, aber man muss sich immer wieder be-haupten. Ich habe das Leben genossen, ich ha-be viel Glück gehabt, aber ich bin immer noch einAusländer. Und da muss mir keiner erzählen, dasses ihm nicht auch so geht, auch wenn er den Passhat. Ich sehe den Menschen wie einen Baum.Wenn man ihn verpflanzt, sagen sie immer: «Dasist ein fremder Baum, der ist nicht von hier!»

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Spanische Pensionierte in der Schweiz

Josep Subirana

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I m K o p f w a r i m m e r d i e I d e e , v i e l l e i c h t

e i n m a l z u r ü c k z u g e h e n .

Mercedes Soto (geboren 1936)

Herkunft: ein kleines Dorf, Provinz León

Seit 1962 in der Schweiz

Miguel Soto (geboren1934)

Herkunft: Badalona, 6 km entfernt von

Barcelona. Seit 1960 in der Schweiz

Bürgerkrieg – Arbeitslosigkeit – Migration

Miguel: Mein Vater hatte im Krieg auf der Sei-te der Republikaner gekämpft und war drei Jah-re im Gefängnis. Nach seiner Entlassung fand erkeine Arbeit. Es gab viele Arbeitslose und nur die-jenigen, die auf Francos Seite standen, fanden ei-ne Stelle. Mein Vater arbeitete dann als Fischer,fuhr jede Nacht mit dem Schiff aufs Meer. Manch-mal verdiente er gut, manchmal nichts.

Ich selber habe Handformer gelernt, das ist einBeruf, den man in Giessereien ausübt. In diesemBeruf habe ich hier 25 Jahre lang gearbeitet.

1959 gab es in Spanien eine grosse Krise. Ichwurde entlassen, weil ich gewerkschaftlich undkirchlich aktiv war. Ein Kollege, der als Saisonnierin der Schweiz arbeitete, versprach mir zu helfen,falls ich in die Schweiz kommen würde. Am 13.März 1960 bin ich mit dem Zug in Genf ange-kommen und schon vier Tage später fand ich Ar-beit in einer Giesserei in Zürich.

An meiner Arbeitsstelle gab es nicht vieleSchweizer, weil die Arbeit in einer Giesserei sehrhart ist. Es arbeiteten vor allem Italiener und Spa-nier dort, später kamen die Jugoslawen. Schon

im September 1960 gründeten wir den erstenspanischen Verein in Zürich, «Casa d’España».

Mercedes: Mein Vater hatte eine harte Arbeitin einer Kohlenmine und verdiente sehr wenig.Meine Mutter musste auf dem Feld arbeiten. Füruns Töchter war die einzige Arbeitsmöglichkeit,in reichen Familien zu dienen. Mein Bruder war inder Schweiz und erzählte, dass man da gutesGeld verdiene. Meine jüngere Schwester und ichbeschlossen deshalb, unser Glück in der Fremdezu suchen und reisten nach Zürich. Wir warenjung und voller Optimismus für die Zukunft.

Trotz der mühsamen Arbeit in einer Taschen-fabrik fühlten wir uns in Zürich bald sehr wohl. Wirlachten viel mit unseren italienischen Kolleginnenund konnten viele Schwierigkeiten mit Humorüberwinden. Heimweh nach Spanien oder nachmeinem Dorf hatte ich nie. Es tat mir Leid, dassmeine Eltern alleine in Spanien leben mussten.Bei Caritas erkundigten wir uns nach sinnvollenFreizeitbeschäftigungen. Wir lernten dort anderemotivierte Landsleute kennen und diskutiertenviel über kulturelle Unterschiede und Integration.Dank dieser Art von Kontakten habe ich mich hiernie einsam gefühlt, auch nicht als ich unsere Kin-der zur Welt brachte. Es gab eine grosse Solida-rität untereinander.

Ateneo Popular Español

Miguel: 1968 in der Mairevolution waren wirauch aktiv und haben den Verein «Ateneo Popu-lar» gegründet. Wir waren Leute von verschiede-nen Strömungen, Gläubige, Kommunisten, Anar-chisten. Das Ateneo war eine Plattform für linkeIdeen, aber wir hatten keine politische Partei hin-ter uns. Wir haben ein Komitee gegründet und

Spanische Pensionierte in der Schweiz

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Geld für die Streikenden und zur Unterstützungvon linken Gruppierungen nach Spanien geschickt.

Als Franco gestorben ist und Spanien lang-sam demokratisch wurde, hat das Ateneo sichgeändert, die Aktivitäten waren weniger politisch,mehr kulturell. Und jetzt, nach 36 Jahren, lebt dasAteneo immer noch. Von der zweiten Generationhaben wir aber wenig Leute, wenige sind aktiv.Darüber hinaus ist es sehr schwer, ältere Leute,die bisher nie an Vereinsaktivitäten teilgenommenhaben, jetzt noch in eine Organisation zu inte-grieren. Im Ateneo haben wir einen Alters-Treff-punkt eingerichtet, es kommen jeweils etwa 20Personen.

In Zürich bleiben

Miguel: Im Kopf war immer die Idee, vielleichteinmal zurückzugehen. Aber wie das so ist: DieKinder kamen, besuchten die Schule, machteneine Lehre. Bis sie selbstständig waren, wolltenwir da bleiben. Als ich dann mit 65 pensioniertwurde, war immer noch diese Idee der Rückkehrda. Ich wollte in Spanien noch aktiv sein, vielleichtin einer Gemeinde. Doch Mercedes sagte da-mals: «Ich glaube, wir machen einen Fehler, wennwir immer daran denken, nach Spanien zu gehen.Wir haben unsere Eltern in Spanien gelassen, undjetzt müssten wir unser Kinder und Enkelkinderhier lassen. Wir sind das ganze Leben hin und hergerissen.» Da haben wir uns entschieden, so lan-ge wie möglich hier zu bleiben. Wir hatten dasgrosse Glück, dass wir in Zürich das Haus, in demwir seit vielen Jahren leben, vorletztes Jahr kau-fen konnten. Das hat unseren Entscheid natürlichwesentlich beeinflusst.

Falls ich jemals ins Altersheim eintreten muss,möchte ich nicht in einer gesonderten Abteilungfür Migranten leben. Ich stehe dieser Idee skep-tisch gegenüber. Wir haben hier gewohnt, 30, 40,50 Jahre lang, und im Alter sollen wir immer nochin einem Ghetto leben? Das bedeutet für mich einAusschluss vom Anfang bis zum Sterben. Das istnicht meine Vision von Integration.

Migration öffnet Horizonte

Mercedes: Unsere Ferien in Spanien verbringenwir oft in Denia, besuchen aber auch an andere Or-te. Wir haben überall in Spanien Freunde. DiesesJahr haben wir schon zum siebten Mal ein Treffenmit einer Gruppe von Spaniern, die früher alle in derSchweiz waren. Wir besprechen unsere gemein-samen Pläne, reden über Politik und unsere Zu-kunft. Für uns sind diese Treffen sehr wichtig.

Miguel: Die Zurückgekehrten sagen uns, dasssie Schwierigkeiten haben, Kontakte zu finden.Die Emigration hat ihnen einen Stempel aufge-drückt. Sie sind in Spanien zu Ausländern ge-worden, weil sie ihre Mentalität geändert haben.Das ist unser Schicksal: Wir sind keine richtigenSchweizer und nicht mehr richtige Spanier. Wirsind Europäer. Aber von wo?

Mercedes: Bin ich froh, damals diesen Schrittgewagt zu haben! Meine ehemaligen Kolleginnenaus meinem Dorf sind engstirnig geblieben. Ichglaube, ich habe mehr vom Leben erfahren, alswenn ich in Spanien geblieben wäre. Besondersauch in meiner Rolle als Frau. Noch anfangs der70er Jahre getrauten wir Frauen uns nicht, an po-litischen Veranstaltungen zu sprechen. Und wenneine Frau im «Ateneo» ihre Meinung äusserte,lachten die Männer. Die Frauenbewegung hatmich gestärkt und mir ein starkes Selbstbewusst-sein gegeben. Ich kenne allerdings auch Men-schen, die noch die gleiche Denkweise wie vor40 Jahren haben. Sie haben nur gearbeitet undans Sparen gedacht.

Miguel: Ich weiss nicht, ob ich nochmals aus-wandern würde. Wie hätte mein Lebensweg aus-gesehen, wenn ich in Spanien geblieben wäre?Das Wichtigste für mich ist es, aktiv zu sein undmich für soziale Anliegen zu engagieren. Wennman aktiv ist, macht man seinen Weg im Leben,egal wo. Die Migration hat uns auch bereichert.Den Leuten, die immer am gleichen Ort leben,fehlt etwas. Als Migrant hast du eine Vision vonzwei Kulturen.

Spanische Pensionierte in der Schweiz

Mercedes und

Miguel Soto

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José Baños ist Projektkoordinator von¡Adentro!® Europa in der Schweiz

Warum braucht es spezielle Projekte für ältere

Spanierinnen und Spanier?

Als diese Leute in die Schweiz gekommensind, gab es noch wenig Integrationsangebote.Sie kamen um zu arbeiten und planten, nach Spa-

nien zurückzukehren. Aber ca. ein Drittel ist hiergeblieben und ein Drittel pendelt. Ältere Migran-ten haben eine reiche Lebenserfahrung, aber we-gen der Sprachprobleme wenig Möglichkeiten,sich an schweizerischen Programmen und Akti-vitäten zu beteiligen. Durch die Teilnahme bei¡Adentro! können sie gemeinsam die Problemediskutieren und lösen. Es braucht Projekte in ih-rer Muttersprache, das ist völlig klar.

Wie finanzieren Sie das Projekt?

Wir erhalten ideelle und finanzielle Unterstüt-zung von der spanischen Regierung, von ProSenectute Schweiz, von der EKA (Eidgenössi-sche Kommission für Ausländerfragen) und vonder Dachorganisation der spanischen VereineCEA (Confederación Europea de Asociaciones).All unsere Arbeit ist ehrenamtlich. Wir haben eingrosses Interesse und Freude, unsere Ideen zuverwirklichen. Wir sind keine Profis, aber wir ha-ben viel Lebenserfahrung und wir haben den Zu-gang zu den Betroffenen.

Welche Unterstützung durch die Stadt Zürich

wäre hilfreich?

In erster Linie wünsche ich mir Wertschät-zung. Wir sind gekommen, haben immer gear-beitet und ehrenamtliche Arbeit in Vereinen ge-leistet. Es wäre schön, wenn regelmässige Treffenmit den Vertretern aus der Verwaltung und denInstitutionen stattfinden würden. Wir könnten un-sere Projekte vorstellen und unsere Anliegen prä-sentieren. Das wäre für uns eine grosse Motiva-tion.

D a s P r o j e k ¡ A d e n t r o ! ® S c h w e i z

FEMAES (Federación Española del Movimiento Asociativo en

Suiza) ist der Dachverband von verschiedenen spanischen Ver-

einen in der Schweiz. FEMAES ist an die europäische Dachor-

ganisation CEA (Confederación Europea de Asociaciones) an-

geschlossen. FEMAES berät und unterstützt die Vereine in

sozialen, kulturellen und sportlichen Anliegen.

Projekt ¡Adentro! ®

Speziell für die älteren Migranten wurde das Projekt ¡Adentro!

Europa entwickelt. Die ursprüngliche Idee wurde in Deutsch-

land entwickelt. Das Ziel ist, Senioren zu fördern, damit sie sich

mit ihrer Situation als Migranten auseinandersetzen, sich ein-

mischen und die dritte Lebensphase aktiv gestalten. Senioren

werden zu Multiplikatoren ausgebildet und können dann selb-

ständig Aktivitäten und Treffpunkte in den örtlichen Vereinen

aufbauen. Heute ist das Projekt in Belgien, Frankreich, Deutsch-

land und der Schweiz vertreten.

¡Adentro!® Schweiz

In der Schweiz wird das Projekt ¡Adentro! durch FEMAES ver-

treten. Ein erstes europäisches Seminar wurde im Herbst 2000

in Zürich durchgeführt. Seither werden jedes Jahr sowohl eu-

ropäische Seminare wie nationale Schulungsseminare durch-

geführt. In verschiedenen Kantonen sind unterdessen dank FE-

MAES Pensioniertenvereinigungen entstanden: «Esperanza» in

Zürich, «Arco Iris» in Basel, «Asociación Jubilados Españoles»

in Schaffhausen und «Grupo de Personas Mayores» im Tessin.

Spanische Organisationen für ältere Migrantinnen und Migranten

José Baños

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Esperanza – ein Verein für ältere spanische Mi-

grantinnen und Migranten in der Stadt Zürich –

wurde im Jahr 2001 gegründet und hat heute 111

Familien als Mitglieder.

Welches Programm bietet Esperanza an?

Wir haben ein- bis zweimal monatlich eine Ak-tivität: Ausflüge, Informationsveranstaltungen.Einmal jährlich organisieren wir ein Wochenend-seminar: «Vorbereitung auf die Pensionierung».Diese Seminare sind ein grosser Erfolg. Sie wer-den finanziert vom spanischen Sozialministerium.In der Misión Catolica Española bieten wir einenDeutschkurs speziell für ältere Spanier an.

Welche Unterstützung bekommen Sie von

Schweizer Organisationen?

Die Deutschkurse werden vom Kanton undvom Bund unterstützt. Pro Senectute hat uns beider Projekteingabe geholfen. Ganz wichtig wärefür uns, einen eigenen Saal zu haben. Wir brau-chen einen Treffpunkt, mit Kaffeemaschine, mitspanischen Zeitungen, einen Ort, wo die Leuteeinfach hinkommen können.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit FEMAES aus?

Wir haben das Seminar ADENTRO besucht,das von FEMAES durchgeführt wurde. Esperan-za ist daraus entstanden.

Was sind die Hauptschwierigkeiten für ältere

Migranten?

Sie kamen mit einem Traum: ein bisschen Geldverdienen, in Spanien eine Wohnung kaufen unddann wieder zurückkehren. Aber die Rückkehrwurde immer auf später verschoben, bis es plötz-lich zu spät war. In der Schweiz ist diese Gene-ration der Spanier nicht integriert. Sie sprechen

kein Deutsch und brauchen für fast alles die Kin-der. Das ist das grösste Problem.

Welche Kontakte zu Spanien bestehen noch?

Manche haben eine Wohnung gekauft oderein Haus gebaut, das meistens leer steht. Abernicht alle hatten genug Mittel, ein Haus zu bauenoder eine Wohnung zu kaufen. Die Löhne warenja meistens sehr niedrig und oft mussten sie da-mit noch Verwandte in Spanien unterstützen.

Heute fühlen sie sich auch in Spanien fremd.Die Eltern sind gestorben, die Verwandtschaftlebt auch nicht mehr im Dorf. Alle leben verstreutirgendwo auf der Welt. Nur die Ferien verbringtman noch in Spanien, meistens an der Küste, alsTourist.

Sprechen die Leute über ihre Enttäuschungen?

Ja, an unseren Workshops. Diese Frustrationkommt sofort. Es brodelt. Diese Menschen ha-ben ein Leben lang sehr viel geleistet und auf vie-les verzichtet. Migration als Notwendigkeit solltees nicht geben.

Wie sehen Sie die Rolle der zweiten Generation?

Die Gefühle der Kinder sind sehr gemischt. Esist nicht einfach, wenn man Eltern, die keinDeutsch können, immer begleiten und ihnen je-den Brief übersetzen muss. Wir planen die Durch-führung eines Workshops zusammen mit der er-sten und zweiten Generation.

Kann die Integration noch erfolgen?

Nein, Integration ist nicht mehr möglich undman sollte sie auch gar nicht verlangen. Nicht jetzt.Die älteren Leute müssen sich immer schämenund rechtfertigen, weil sie «nicht integriert» sind.Solche Forderungen machen nur noch mehrDruck. Davon haben sie weiss Gott genug gehabt.

E s p e r a n z a – e i n Ve r e i n f ü r ä l t e r e

s p a n i s c h e M i g r a n t i n n e n u n d M i g r a n t e n

Interview mit der Präsidentin, María Jesús Rivas

Spanische Organisationen für ältere Migrantinnen und Migranten

Wöchentliches Treffen

mit Gesang und

Informationen

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det bei uns auch ein Deutschkurs für ältere Men-schen statt. Er wird von der Stadt Zürich sub-ventioniert und wurde von der Gruppe «Esperan-za» in Zusammenarbeit mit der Pro Senectuteorganisiert.

Bieten Sie eine Rückkehrberatung an?

Die Mission hat keine Beratungsstelle fürRückkehrangelegenheiten. Doch es wurdenschon Veranstaltungen zum Thema Pensions-kasse und AHV angeboten.

Wie beurteilen Sie die Situation älterer

Migranten?

Sie sind hier gut integriert und kennen die Le-bensweise in der Stadt, in der sie lange gelebt ha-ben. Ihre grosse Erfahrung ist eine Bereicherungfür die Gemeinschaft. Trotzdem bleibt die Sehn-sucht und jeder Emigrant lebt mit dem Traum ei-ner besseren Zukunft für sich und für seine Fami-lie. Sein Wunsch ist es, die letzten Lebensjahre inseinem Heimatland zu verbringen. Jene, die zu-rückkehren, können diesen Traum realisieren. Ichhabe einmal gehört, dass die Emigration «eineFalle» sei. Ich interpretiere diesen Spruch als Aus-druck einer Enttäuschung. Man hatte sich Zielegesetzt und hat diese nicht erreicht. Obwohl manwahrscheinlich finanziell abgesichert ist, bestehtaus spiritueller Sicht eine Leere.

Welche Unterstützung ist notwendig?

Es sind Informations- und Beratungsstellennotwendig. Wichtig sind alle Angebote, welchedie Aktivität fördern. Ältere Menschen haben vielfreie Zeit und müssen – nach einem sehr arbeits-reichen Leben – lernen, wie man damit sinnvollumgehen kann. Sie sollten ihre Kultur leben kön-nen und sich gleichzeitig in der Gesellschaft die-ser Stadt integrieren.

M i s i ó n C a t ó l i c a d e L e n g u a E s p a ñ o l a

( M C E ) , Z ü r i c h

Interview mit Carlos Latorre, Pfarrer und Direktor

Welches ist das Einzugsgebiet der MCE und für

wen ist sie zuständig?

Die MCE hat ihre Türen für alle Menschen spa-nischer Muttersprache offen. Zum Einzugsgebietgehören die Stadt Zürich, die umliegenden Ge-meinden und das Dekanat Albis. Wir sind für ca.12’000 Personen zuständig. Sie stammen ausSpanien und Lateinamerika. Wir werden vonMenschen in jedem Alter frequentiert, von denKindern bis zu den Pensionierten.

Welches sind ihre Aktivitäten?

Wir feiern an Wochenenden fünf Messen inSpanisch. Samstags besuchen bei uns zur Zeit131 Kinder den Religionsunterricht. Wir führenTaufen, Trauungen, Erstkommunionen, Firmun-gen und Trauergottesdienste durch. Es sind die-selben Dienste, die eine Pfarrei anbietet.

Ausserdem finden bei uns kulturelle Anlässeund Freizeitprogramme statt. Es gibt bei uns ei-ne spanische und eine lateinamerikanische Fol-kloregruppe. Zur Zeit bieten wir drei verschiede-ne Deutschkurse und einen Computerkurs an.Eine Literaturgruppe trifft sich wöchentlich.

Für Menschen mit familiären und sozialen Pro-blemen bieten die Seelsorger in Zusammenarbeitmit dem Sekretariat einen Sozialdienst an. Eswerden auch Informationsveranstaltungen zuwichtigen Themen wie Freizeit in Zürich, Miet-recht, Arbeitsrecht etc. durchgeführt.

Haben Sie ein Programm für ältere Menschen?

Wir haben kein spezielles Angebot, ihnen ste-hen alle unsere Aktivitäten offen. Traditioneller-weise trifft sich aber jeden Donnerstag Nachmit-tag eine Gruppe von 10-15 Pensionierten zumKaffee und zum Plaudern. Seit Januar 2004 fin-

Spanische Organisationen für ältere Migrantinnen und Migranten

19

mit einer Rente lässt sich dort besser leben alshier.

Was sind die Hauptschwierigkeiten bei der

Rückkehr?

Manche finden ein Spanien, das sie nicht mehrkennen. Ihre Uhr ist vor 50 Jahren stehen geblie-ben. Viele können nicht verstehen, was passiertist. Denn dieses Spanien entspricht nicht mehrihren Erinnerungen und ihren Träumen. Vieles istfremd geworden: die Politik, der moderne Ver-kehr. Und einige verstehen die Jugendlichen nichtmehr.

M i g r a t i o n u n d A l t e r

Interview mit dem spanischen Generalkonsul, Herr Jesús Carlos Riosalido Gambotti

Pensionierte Migrantinnen und Migranten in Zürich

Die Einwanderungspolitik der Schweiz in

den 1960er Jahren gründete auf dem Rota-

tionsprinzip. An eine permanente Einwande-

rung dachte niemand, man ging davon aus,

dass die Ausländer nach einer Arbeitsphase

wieder ins Heimatland zurückkehren würden.

Die soziale und wirtschaftliche Integration

dieser Menschen wurde somit erschwert. In-

tegrationsmassnahmen gab es lediglich von

privater und kirchlicher Seite. Viele der heute

pensionierten Migrantinnen und Migranten

hegten ursprünglich selber Rückkehrwün-

sche. Ihre Deutschkenntnisse sind deshalb

oft noch mangelhaft. Sind sie deshalb als

nicht integriert zu bezeichnen? Schliesslich

sind sie aus den verschiedensten Gründen

doch in der Schweiz geblieben und nehmen

am hiesigen Leben teil.

Das spanische Konsulat in Zürich ist für

16 Kantone der deutsch- und italienisch-

sprachigen Schweiz zuständig.

Wie beurteilen Sie die Integration der Spanier?

Für die erste Generation war es schwierig, sichzu integrieren, besonders in der deutschsprachi-gen Schweiz. Die Sprache ist eine Schwierigkeit,aber die meisten haben es geschafft. Es gibt Ein-zelfälle, z.B. Leute, die 30 Jahre hier gearbeitethaben und kein Deutsch sprechen. Aber das isteine Minderheit. Die erste Generation hat eineenge Beziehung zu Spanien behalten und diemeisten wollen zurückkehren. Die zweite Gene-ration spricht Deutsch oder Schweizerdeutschund ist gut integriert. Einige pflegen den Kontaktzu Spanien, andere nicht. Und die dritte Genera-tion behält einfach den Pass, sie hat nur nocheinen theoretischen Kontakt zu Spanien.

In welchem Alter fällen die Leute den Entscheid

über eine Rückkehr?

Viele Leute entscheiden sich mit 60, 65, hierin der Schweiz zu bleiben. Aber wenn sie älterwerden, 70, 75, taucht diese Frage nochmals auf,ob sie nicht zurückkehren möchten.

Mit welchen Erwartungen kehren die Leute

zurück?

Die Spanier erhoffen sich das Paradies. Eswird ein paar Monate dauern, bis sie merken,dass es nicht so ist. Es geht ihnen wie den meis-ten Auswanderern: Sie fühlen sich wie Spanierin der Schweiz und wie Schweizer in Spanien.Sie sind nirgendwo zu Hause. Aber das Lebenist billiger dort – nicht viel billiger zwar, aber

Aber sie haben doch ihre Ferien immer in Spani-

en verbracht.

Ich weiss nicht, was sie in den Ferien tun. Sieleben wie in einer Seifenblase. Sie kommen un-berührt zurück, als ob nichts passiert wäre.

Hat sich auch etwas in den Werten der Menschen

verändert?

Ja, eine Menge hat sich sehr schnell verän-dert. Viele Gewohnheiten – z.B. auch die Tatsa-che, dass fast niemand eine Krawatte auf derStrasse trägt.

Welche Hilfe gibt es für Rückkehrer?

Leute, die zurückkehren, werden gleich be-handelt wie andere Spanier. Die Sozialdienste derGemeinde in Spanien kümmern sich um sie. Esist in Spanien ähnlich wie in der Schweiz: Für vie-le ältere Leute besteht die Familie nicht mehr. Seies, weil sie nicht mehr da ist oder weil sie nichtmehr da sein will. Das ganze System, in dem dieFamilie die Eltern gepflegt hat, ist verschwunden.Als Alternative bleiben die Heime. Diese Situati-on ist überhaupt nicht wünschenswert, aber waskönnen wir tun?

Gibt es von Seiten des Staates eine Form der

Anerkennung für die Leistungen der Migranten?

Spanien bedankt sich bei den Auswandererndafür, dass sie der spanischen Wirtschaft gehol-fen haben. Man erleichtert den spanischen Ar-beitern auch die Rückkehr nach Spanien im Rah-men des Möglichen.

Viele Schweizer Rentner lassen sich in Spanien

nieder. Ist das eine Belastung?

Ich glaube nicht, dass es so viele sind, dasssie ein Problem darstellen könnten. Ausserdem:Sie geben ihr Geld in Spanien aus, das ist auchein Vorteil.

Wie sehen Sie die Zukunft der spanischen

Migration in der Schweiz?

Sie nimmt ab. Heutzutage gibt es keine Aus-wanderung mehr in die Schweiz. Im Gegenteil.Viele wollen vor dem Jahr 2007 nach Spanienzurückkehren, weil man bis dann noch die Pen-

sionskassengelder ausbezahlt bekommt. Siewollen das ganze Geld auf die Hand bekommen.

Sollten Schweizer Altersheime Abteilungen

für Spanier führen?

Ich glaube nicht. Es braucht keine Sonderhei-me für Spanier, das ist überhaupt nicht notwen-dig. Ausserdem werden es nicht so viele sein, diemeisten werden nach Spanien zurückkehren.

Wie beurteilen Sie Migration generell?

Migration innerhalb Europas hat es immer ge-geben. Meine Urgrosseltern stammten aus Pos-chiavo. Sie haben sich in Spanien sehr gut an-gepasst.

Innerhalb der europäischen Länder sehe ichdie Migration nicht als problematisch an. Wir ha-ben eine gemeinsame Geschichte, es gibt vieleGemeinsamkeiten. Die Migration aus anderenLändern kann uns hingegen vor eine gewisse Her-ausforderung stellen.

Herr Riosalido Gambotti ist heute spanischer Bot-

schafter in Kuwait.

Pensionierte Migrantinnen und Migranten in Zürich

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21

Im Auftrag des Direktors der Altersheime derStadt Zürich befasste sich im Zeitraum von Ja-nuar bis August 2004 eine Projektgruppe, zu-sammengesetzt aus Vertreterinnen und Vertre-tern verschiedener Dienstabteilungen des Ge-sundheits- und Umweltdepartements (GUD) so-wie einer Vertreterin der Fachstelle für interkultu-relle Fragen des Präsidialdepartements, mit derSituation der betagten Migrantinnen und Migran-ten in der Stadt Zürich.

Ziel des Projektauftrags war es, in einer erstenPhase einerseits die Inanspruchnahme von sta-tionären städtischen Alterseinrichtungen und derstädtischen Beratungsstelle durch betagte Mi-grantinnen und Migranten zu analysieren, und an-dererseits den Bedarf an Dienstleistungsangebo-ten abzuklären. In einer zweiten Phase ab Herbst2004 sollen Empfehlungen und Massnahmen kon-kretisiert und – wenn nötig – umgesetzt werden.Die Ist-Analyse zeigt, dass die betagten Migran-tinnen und Migranten in der Beratungsstelle«Wohnen im Alter» (WiA) und in den Altersheimenund Pflegezentren der Stadt Zürich stark unter-vertreten sind. In den Pflegezentren beträgt derAnteil an betagten Migrantinnen und Migranten1,5% und in den Altersheimen 1%. Der Anteil anAusländerinnen und Ausländern in der StadtZürich liegt bei den über 80-Jährigen bei 3,6%(Statistik Stadt Zürich / Info 3/2003). Auf Seitender Mitarbeitenden verfügen die Altersheime undPflegezentren der Stadt Zürich bereits jetzt schonüber bedeutende Ressourcen, was sprachlicheund kulturelle Kompetenzen anbelangt. Die stati-stischen Bevölkerungsprognosen zeigen, dassdie Gruppe der 80- bis 90-jährigen Migrantinnenund Migranten bis im Jahre 2010 von 622 auf1021 Personen (+ 64%) und bis im Jahre 2020von 622 auf 1396 Personen (+ 124%) stark zu-

nehmen wird. Zur Zeit stammen die meistenMigrantinnen und Migranten ab 70 Jahren ausItalien, gefolgt von Deutschland, Österreich,Serbien-Montenegro und Spanien.

Die Gespräche mit Vertreterinnen und Vertre-tern von italienischen und spanischen Migranten-Organisationen machen deutlich, dass die be-tagten Migrantinnen und Migranten keine homo-gene Gruppe sind und die Bedürfnisse betreffendWohnen, Dienstleistungsangebote und Informa-tionen im Alter wie bei den betagten Schweize-rinnen und Schweizern unterschiedlich und viel-fältig sind. Insgesamt zeigt sich die Tendenz, dassdie betagten Migrantinnen und Migranten ver-mehrt ihren Lebensabend in der Schweiz ver-bringen werden, dies aufgrund der sozialen Be-ziehungsnetze und der besseren gesundheit-lichen Versorgung in der Schweiz sowie der stei-genden Lebenskosten in den Herkunftsländern.Generell kann ein Informationsdefizit in Bezug aufdie städtischen Dienstleistungsangebote für alteMenschen festgestellt werden. Wie auch die be-tagten Menschen schweizerischer Herkunft wol-len die älteren Migrantinnen und Migranten so lan-ge wie möglich zu Hause wohnen. Der Wunsch,von Angehörigen gepflegt und unterstützt zu wer-den, ist nach traditionellen Vorstellungen weiter-hin stark vorhanden. Die Lebens- und Arbeitsfor-men der Angehörigen stehen jedoch im Gegen-satz zu diesen Wünschen und Erwartungen. Be-tagte Migrantinnen und Migranten sind städti-schen Altersheimen und Pflegezentren gegenü-ber eher kritisch eingestellt, zudem sind diedifferenzierten Angebote wenig bekannt. Weitersind atmosphärische und strukturelle Argumentesowie finanzielle Unsicherheiten eine Barriere füreinen Eintritt in eine Alterseinrichtung. Die Mi-granten-Organisationen unternehmen ihrerseits

Pensionierte Migrantinnen und Migranten in Zürich

S i t u a t i o n b e t a g t e r M i g r a n t i n n e n u n d

M i g r a n t e n i n d e r S t a d t Z ü r i c h

Franjo Ambroz

Direktion Altersheime

der Stadt Zürich

Projektleiter/

Geschäftsleitungsmitglied

Anstrengungen, um ihre Landsleute betreffendAltersfragen zu unterstützten. Eine Zusammen-arbeit mit städtischen Stellen und Einrichtungenwird sehr begrüsst.

Die Zahl der betagten Migrantinnen und Mi-granten in den Altersheimen und Pflegezentrender Stadt Zürich ist heute noch sehr klein. Eszeichnet sich zur Zeit kein akuter Handlungsbe-darf für sofortige grössere konzeptionelle und be-triebliche Anpassungen wie beispielsweise spe-

22

Bettina Suter-Egli

Altersheim Limmat

Co-Heimleiterin

Wöchentliches

Altersturnen

zielle Einrichtungen oder Abteilungen ab. Einewichtige Entwicklung wird mittelfristig darin be-stehen, adäquate Konzepte für migrantenge-rechte Angebote in den Alterseinrichtungen derStadt Zürich zu entwickeln, unter Berücksichti-gung und Modifikation bestehender Konzepte,Strukturen und Dienstleistungen. In der Konzep-tion sind Themen wie Sprache, Essen, Sitten undBräuche, Einbezug von Angehörigen, kultursen-sible Pflege usw. zentral.

Pensionierte Migrantinnen und Migranten in Zürich

D a s A l t e r s h e i m L i m m a t :

N e u e A n f o r d e r u n g e n – n e u e L e i s t u n g e n

Das Altersheim Limmat bietet Wohnraum für108 Personen, welche vornehmlich aus dem In-dustriequartier stammen. Dieses Wohnquartierweist traditionellerweise den höchsten Anteil anMigrantinnen und Migranten in der Wohnbevöl-kerung aus. Das multikulturelle Zusammenlebenist für die Bewohnerinnen und Bewohner nichts

Neues und seit Jahren eingeübt. Auch das Per-sonal des Altersheims Limmat ist multikulturell zu-sammengesetzt. Es sind jeweils 12-14 Nationenvertreten.

Die Zahl der älteren Migrantinnen und Mi-granten in der Stadt Zürich wird sich von 2003bis 2020 von 63’000 auf 122’000 Personen fastverdoppeln. Fachleute schätzen, dass mindes-tens ein Drittel der betagten Migrantinnen und Mi-granten in der Schweiz bleiben werden. Gegen-wärtig wohnen 22 aus Italien eingewandertePensionärinnen und Pensionäre und lediglich ei-ne aus Spanien stammende Pensionärin in einemder 27 Altersheime der Stadt Zürich. Doch dieseZahlen werden steigen.

Was bedeutet dies für mich als Co-Leiterin desAltersheims Limmat? Es gilt mit bestehendenRessourcen möglichst unkompliziert und flexibelauf die neuen Bedürfnisse einzugehen. Bereitsheute können wir folgende Aktivitäten und Mass-nahmen anbieten:

Für Interessierte:Für Aktivitäten von ausländischen Seniorinnen

und Senioren bieten wir Räume an. Bereits nut-zen Spanierinnen und Spanier dieses Angebot für

23

Pensionierte Migrantinnen und Migranten in Zürich

das wöchentliche Altersturnen am DienstagNachmittag im Wintergarten. Spanische Diskus-sions- und Bastelgruppen treffen sich im Bastel-raum des Sous Sol. Am 18. November 2004 fandeine Heimführung für Italienerinnen und Italienermit ihren Angehörigen statt. Das Haus wurde vonunseren italienischen Mitarbeitenden gezeigt.

Für Pensionärinnen und Pensionäre:Alle Pensionärinnen und Pensionäre haben ei-

ne feste Bezugsperson, mit der sie offene Fragenbesprechen können. Den fremdsprachigen Pen-sionärinnen und Pensionären teilen wir – wennmöglich – eine Bezugsperson zu, welche ihreSprache spricht. Wir achten auch darauf, Tisch-gemeinschaften zusammenzustellen, an welchenin der eigenen Sprache gesprochen werden kann.

Für Pensionärinnen und Pensionäre, die sicheinsam fühlen, suchen wir nach einer freiwilligenMitarbeiterin oder einem freiwilligen Mitarbeiter

kulinarischen Wünsche, ihr ausgeprägtes Famili-enleben, ihre Freude an der Musik.

Die Erfahrungen bestätigen das Konzept desKrankenheimes: Die sprachliche Isolation konntedurchbrochen werden, der Verbrauch an Medi-kamenten reduzierte sich. Jene Menschen, diedem Verstummen nahe waren, leben wieder auf,erinnern sich an ihre Kindheit und Jugend und be-ginnen zu erzählen. Es geht den Bewohnerinnenund Bewohnern dieser Abteilung sichtlich besser!

M e d i t e r r a n e A b t e i l u n g i m K r a n k e n h e i m

E r l e n h o f

Im Erlenhof, dem ältesten KrankenheimZürichs, wurde im Mai 2003 eine Langzeitpflege-Abteilung für Menschen mediterraner Abstam-mung errichtet. So können im Zürcher Stadtkreis4 erstmals Italienisch, Spanisch und Portugie-sisch sprechende Frauen und Männer ihrer Her-kunft gemäss betreut werden.

Die Abteilung umfasst 20 Betten. Neben derjeweiligen Muttersprache der Bewohnerinnenund Bewohner werden auch die kulturellen Ei-genheiten dieser Menschen berücksichtigt: ihre

aus dem gleichen Sprachgebiet, wenn möglichmit Immigrationserfahrung.

Beim Todesfall lassen wir den Angehörigenviel Raum und nehmen auch Kontakt mit der je-weiligen Kirche auf. Schon beim Eintritt fragen wirnach dem Seelsorger oder der Gemeinde. Einelängere Aufbahrungszeit, entsprechend den kul-turellen Sitten, ist möglich.

In welcher Richtung sehe ich die Weiter-entwicklung im Altersheim Limmat?

Das Altersheim Limmat steht im multikulturel-len Industriequartier. Es ist folgerichtig, dassMigrantinnen und Migranten auch diese Wohn-form nutzen sollen, wenn sie dies wünschen.Schwellen, welcher Art auch immer, müssen ein-geebnet und die Information verbessert werden.Vieles kann mit wenig Aufwand und ohne neueRessourcen sofort umgesetzt werden.

Brigitte BüchelHeimleiterin

24

Im Sommer 2003 beschloss der Stiftungsratder Stiftung Alterswohnen in Albisrieden (AWA)die Projektierung einer Pflegewohnung für italie-nische Migrantinnen und Migranten. Die Italiene-rinnen und Italiener sind die grösste Gruppe derüber 70-jährigen Ausländerinnen und Ausländer.Die Pflegewohnung mit dem kleinräumigen, über-schaubaren Betrieb und der Möglichkeit, indivi-duell auf die besonderen Bedürfnisse der betreu-ungs- und pflegeabhängigen alten Menscheneingehen zu können, eignet sich besonders gutfür ein kultursensibel ausgerichtetes Angebot.

Projektbegleitung mit Arbeitsgruppe

Zur Unterstützung und Begleitung des neuenPflegewohnungsmodelles wurde im September2003 eine Arbeitsgruppe gebildet mit Vertre-ter/innen aus sozialen, kirchlichen, kulturellen undgewerkschaftlichen Organisationen der StadtZürich. Inzwischen besteht die Gruppe aus elfMitgliedern, wobei zwei davon spanische Orga-nisationen vertreten.

Die Stiftung AWA hat im Kreis 4 eine geeig-nete Liegenschaft gefunden. Die Eröffnung derPflegewohnung für Migrantinnen und Migrantenist für Ende 2005 vorgesehen.

Stiftung Alterswohnen in Albisrieden

P f l e g e w o h n u n g f ü r M i g r a n t i n n e n

u n d M i g r a n t e n

Pensionierte Migrantinnen und Migranten in Zürich

Die Stiftung Alterswohnen in Albisrieden ist ei-ne gemeinnützige private Stiftung. Sie hat zumZiel, Wohn- und Lebensraum für pflegebedürfti-ge alte Menschen zu schaffen. Anfangs 1992eröffnete die Stiftung AWA in Albisrieden die ers-te Pflegewohnung der Stadt Zürich.

Ausgangslage

Italiener/innen oder auch Tessiner/innen kön-nen sich oft trotz jahrzehntelangem Aufenthalt inZürich schlecht in der deutschen Sprache aus-drücken. Im Alter – besonders bei vermehrter Ab-hängigkeit, die zum Eintritt in eine Altersinstituti-on führt – kommt dem Kommunikationsdefiziteine grosse Bedeutung zu. Um so mehr, wenn esmit einer dementiellen Erkrankung einhergeht.

Gemeinsame Vor-

bereitung auf Ostern

Liset Lämmler

Geschäftsleiterin

Foto: Katrin Simonett

25

Pensionierte Migrantinnen und Migranten in Zürich

Bemerkung zu den Statistiken:Die vorhandenen statistischen Daten vermit-

teln ein unvollkommenes Bild über die Alters-

struktur der Migrantinnen und Migranten.

Eingebürgerte Personen erscheinen nicht in

diesen Daten.

Statistik: Ältere Migrantinnen und Migranten in ZürichAusländische Wohnbevölkerung in Zürich über 64Jahre nach Heimatstaaten (2003)

Italien 2118Deutschland 1249Österreich 595Serbien-Montenegro 429Spanien 214Griechenland 185Türkei 133Kroatien 120Bosnien-Herzegowina 91Ungarn 74Frankreich 71Grossbritannien 65Niederlande 65übriges Europa 259zum Vergleich: Schweiz: 57’491Quelle: Statistik Stadt Zürich 2004

Ausländische Wohnbevölkerung nach Heimatstaaten und Altersgruppen (2003)Die folgende Statistik zeigt, dass die Migrantinnen und Migranten in der Stadt Zürich ab 70 Jahrenund mehr vorwiegend aus einem europäischen Land stammen. Die Tabelle ist sortiert nach abstei-gender Häufigkeit in den beiden höchsten Alterskategorien.

Heimatstaaten Total Altersgruppen0 - 49 50 - 59 60 - 69 70 - 79 80 u.mehr

Alle Nationalitäten 108 879 88 516 10 519 6 537 2 560 747

Europa zusammen 86 748 67 814 9 530 6 266 2 436 702

Italien 14 985 9 376 2 306 2 137 914 252Deutschland 15 559 12 424 1 054 1 433 476 172Österreich 3 204 1 919 374 515 317 79Serbien, Montenegro 14 511 12 006 1 663 646 169 27Spanien 5 884 4 376 1 090 302 98 18Griechenland 1 357 797 267 199 81 13Türkei 5 428 4 819 373 168 64 4Frankreich 1 372 1 150 125 46 39 12Kroatien 2 998 2 272 482 195 39 10Bosnien-Herzegowina 2 833 2 313 332 142 38 8Ungarn 511 318 83 62 31 17Niederlande 964 736 106 80 26 16Grossbritannien 1 729 1 460 172 55 24 18Tschechische Republik 399 244 79 37 21 18

Deutlich zu erkennen

ist, dass die meisten

betagten Migrantinnen

und Migranten in der

Stadt Zürich aus Italien

(1’166) stammen, ge-

folgt von Deutschland

(648), Österreich (396),

Serbien-Montenegro

(196) und Spanien

(116).

Quelle: Statistik Stadt Zürich 04

Dass Spanien heute als freies und demokra-tisches Land Teil der Europäischen Union ist, er-scheint rückblickend betrachtet weit wenigerselbstverständlich als man es denken möchte.Das 20. Jahrhundert war vor allem geprägt durchden Bürgerkrieg zwischen 1936 und 1939 sowiedessen Folgen. 1936 hatte eine demokratisch-sozialistische «Volksfront» die Parlamentswahlengewonnen. Dagegen putschte ein Teil des Mi-litärs, das die autoritär-nationalistischen Konser-vativen unterstützte. In dem ausserordentlichgrausam geführten Krieg, in den auch Deutsch-land und Italien auf Seiten der Putschisten sowiedie Sowjetunion und die Internationalen Bri-gaden (darunter Schweizer) auf Seiten der Re-gierung eingriffen, siegten schliesslich dieRechtskräfte: Es begann die lange Herrschaftdes Diktators Francisco Franco von 1939 bis1975. Bereits der Krieg hatte zahlreiche Opferunter der Zivilbevölkerung gekostet, jetzt nah-men die Sieger noch einmal blutige Rache an denRepublikanern. Fast jede Familie in Spanien hat-te unter dem Bürgerkrieg und seinen Auswir-kungen zu leiden.

Gegen Ende der 1950er Jahre setzten Auflö-sungs- und Öffnungserscheinungen des Franco-Regimes ein, die sich etwa in der beschleunigtenIndustrialisierung, in der Erschliessung Spaniensfür den Massentourismus und in der Migrationvon «Gastarbeitern» in das übrige Westeuropaausdrückten. Dies erleichterte den Übergang zurDemokratie nach Francos Tod 1975. Unterstütztvon einer umsichtigen Politik des kurz danachzum König ausgerufenen Juan Carlos wurdenPutschversuche rechtsgerichteter Kreise verei-telt und ein parlamentarisches Zweikammer-Sy-stem mit einer modernen Parteienstruktur ein-gerichtet.

Von 1982 bis 1996 regierten die Sozialistenunter Felipe Gonzáles, von 1996 bis 2004 diekonservative Partido Popular unter José MaríaAznar, danach wurden erneut die Sozialisten zurstärksten Partei. Der Eintritt in die EuropäischeGemeinschaft 1986 und die Mitgliedschaft im Eu-ro-Währungsverband 2000 förderten den Umge-staltungsprozess. Schon 1982 war Spanien derNATO beigetreten.

Die politische Stabilisierung wurde begleitetvon einem allmählichen Rückgang des politischenEinflusses der Kirche, von einem wirtschaftlichenAufschwung, der allerdings erhebliche sozialeSchwierigkeiten mit sich brachte, und einer neu-en kulturellen Blüte, die sich nicht zuletzt auch ineiner regionalen Vielfalt niederschlug. Im Basken-land allerdings wirkt die Härte und Brutalität desFranco-Regimes im Terror der 1959 gegründetenETA (Euskadi ta Askatasuna: «Baskenland undFreiheit») immer noch nach. Abgesehen von die-sem gewaltsamen Nationalismus sind weitereProbleme ungelöst: so die Arbeitslosigkeit (2000:13,7 %), die hohe Staatsverschuldung, die zu-nehmende Überalterung der Gesellschaft.

Der Ausbruch des Bürgerkrieges 1936 fand1986 kaum ein Gedenken, zu sehr fürchtete manein Aufreissen alter Wunden. Hingegen feierteman 1992 mit der Weltausstellung in Sevilla undder Olympiade in Barcelona die EntdeckungAmerikas durch Columbus 1492 – weniger erin-nerte man offiziell an die im selben Jahr verord-nete Vertreibung der muslimischen Mauren undder Juden aus Spanien. Erst 2004, unter der so-zialistischen Regierung, wurde ein Gesetz an-gekündigt, das die Opfer der Diktatur rehabilitie-ren soll. Eine Kommission ist nun mit der Aufar-beitung der dunklen Vergangenheit beauftragt.

S p a n i e n . H i s t o r i s c h e E n t w i c k l u n g d e r

l e t z t e n J a h r z e h n t e

26

Erika Sommer

Geschichte, Zahlen und Fakten

27

Spanien in Zahlen

Fläche: 504'750 km 2. Diese umfasst etwa vierFünftel der Iberischen Halbinsel, die Balearen imMittelmeer, die Kanarischen Inseln im Atlantik so-wie die an der marokkanischen Mittelmeerküstegelegenen Städte Ceuta und Melilla.Gebietsaufteilung: 17 Autonome Regionen, 50ProvinzenEinwohner: 40,2 Mio (Volkszählung von 2000)Anzahl Schweizer/innen: 20'987Sprachen: Spanisch, Katalanisch, Galizisch,BaskischHauptstadt: MadridRegierungssystem: Parlamentarische Monar-chie, seit Verabschiedung der Spanischen Ver-fassung 1978Staatsoberhaupt: König Juan Carlos (seit 1975)Ministerpräsident: José Luis Rodríguez Zapate-ro, Sozialistische Arbeiterpartei PSOE (seit April2004)

DeniaDie Stadt und ihre Um-

gebung sind eines der

grössten Niederlas-

sungsziele mitteleuro-

päischer Residenten

und besonders vieler

deutschsprachiger

Zuwanderer. Denia hat

insgesamt 39'497 Ein-

wohner. Davon sind

knapp 30'000 Spanier.

Die grössten Ausländer-

gruppen kommen aus

Deutschland (2’240),

Ecuador (1’130), Gross-

britannien (1’117),

Kolumbien (932), aus

der Schweiz (634) und

aus den Niederlanden

(470).

Quelle: Statistik Denia, 2004

Geschichte, Zahlen und Fakten

© NZZ

© NZZ

Denia

mässig Vorträge im «Ateneo Popular» und nahman Treffen von Ehepaaren in der Spanischen Mis-sion teil. Bedingt durch meine Arbeitszeiten alsSpanischlehrer konnte ich jedoch keine inten-siven Kontakte zu Spaniern aufbauen. Ich übtemeinen Beruf mit Leib und Seele aus und die Fas-zination meiner Schüler an der spanischen Spra-che und Kultur haben mich ausgefüllt. Ich habealso für das Lehren gelebt. Mit der Zeit fühlte ichmich aber sehr müde und ausgelaugt und so ent-schied ich, mich mit 60 Jahren frühzeitig pensio-nieren zu lassen.

Zurück zu den Wurzeln

Am 30.9.1997 habe ich mich mit meiner FrauBertha, die aus Peru stammt, in Denia niederge-lassen. Eigentlich wusste ich schon immer, dassich mein Leben nach der Pensionierung in Spa-nien verbringen würde. Ich wollte zurück zu mei-nen Wurzeln, meiner Kultur, meinen Leuten. Dochwo sollten wir uns niederlassen? Die Costa Blan-ca war eine der einzigen Gegenden Spaniens, dieich nicht kannte, und ich besuchte hier einenFreund. Das Klima und die Umgebung gefielenmir. Meine Tochter, die in der Schweiz lebt undSpanien im Herzen trägt, hat meine Idee voll un-terstützt und sie besucht uns auch regelmässig.

In der ersten Zeit nach meiner Pensionierungfühlte ich mich frei wie ein Vogel im Frühling. Icherlebte in Kontakten mit Spaniern aber auch Ent-täuschungen, z.B. in Sachen Verbindlichkeit, inder Seriosität bei der Arbeit, in der Pünktlichkeit.Anfangs habe ich gelitten. Dann der Lärm. Ich lie-be die Ruhe und habe oft Mühe mit der Res-pektlosigkeit. Ich kann nicht verstehen, dass imVerkehr die Geschwindigkeitsbeschränkungen

I c h w o l l t e z u r ü c k z u m e i n e n Wu r z e l n ,

m e i n e r K u l t u r, m e i n e n L e u t e n .

28

Fernando Pérez (geboren 22.6.1937)

Herkunft: Montorio, Provinz Burgos

Kam 1975 in die Schweiz und kehrte 1997

nach Spanien zurück.

Zurück in Spanien

Geboren wurde ich in einem kleinen Dorf, imNorden der Provinz Burgos. Mit elf Jahren brach-ten mich meine Eltern in ein Klosterinternat, woich die Sekundarschule und mein Studium inTheologie und Philosophie absolvierte.

Meine berufliche Laufbahn startete ich als Se-kundarlehrer, doch in der damaligen Zeit war esschwierig, eine feste Stelle zu finden. Deshalbspezialisierte ich mich auf die Erwachsenenbil-dung. Ich zog nach Barcelona und unterrichtetedort Erwachsene. An dieser Akademie studiertenhauptsächlich ausländische Studierende und ichverliebte mich in eine Frau aus der Schweiz. Siewar der Grund, weshalb ich in die Schweiz kam.

Spanischlehrer in Zürich

In Zürich lernte ich vorerst die Bekannten mei-ner damaligen Frau kennen. Ich lernte die schwei-zerische Seriosität, die Ruhe, die Ordnung unddie Verantwortung bei der Arbeit schätzen. Ichversuchte mich damals anzupassen, doch einewirkliche Integration war schwierig. Manchmalfühlte ich mich, besonders im ersten Jahr, ein-sam. So entdeckte ich, dass die Natur ein Ret-tungsanker sein kann und ich verbrachte viel Zeitim nahe liegenden Wald und in den Bergen.

Kontakte zu anderen Menschen aus Spanienhatte ich erst Jahre später. Ich besuchte regel-

29

ständig überschritten werden. Wenn ich mit an-deren Spaniern über diese Themen diskutiere, er-lebe ich oft perplexe Gesichter und Unverständ-nis. Man betrachtet mich als einen «Bünzli».

Wenn ich zurückblicke

Die Lebensweise in der Schweiz, viele Werte,die ich vorher nicht kannte, haben meine Per-sönlichkeit geprägt. Meine Schüler haben immerzu mir gesagt, ich sei schweizerischer als dieSchweizer. Vielleicht habe ich auch positive Wer-te von den Spaniern verloren. Meine spanischenBekannten hier verstehen manchmal nicht, dassich die Ruhe suche und dass ich am liebsten imWinter hier lebe, wenn wir die einzigen Bewohnerder Siedlung sind.

Sie fühlen sich gut, wenn sie von anderenMenschen umgeben sind. Das Landleben und dieAbgeschiedenheit galten früher in Spanien alsSynonym für Armut und Marginalität. Langsammerke ich zwar, dass sich diese Einstellung auchändert. Besonders Menschen aus den Städtenflüchten vor dem Autolärm und der Alltagshektikaufs Land. Die einzige grosse Barriere, die ich inZürich hatte, war die Sprache. Ich konnte zwarHochdeutsch sprechen und verstehen, doch ichhatte Schwierigkeiten beim Verstehen der Dia-lekte und das gab mir das Gefühl, nicht voll da-zuzugehören.

Viele Aktivitäten

Da ich während meinem über 20-jährigen Auf-enthalt in Zürich kaum Kontakte zu Spaniernpflegte, melde ich mich hier jetzt für alle stattfin-denden Aktivitäten an. Ich bin Mitglied im Fanclubvom FC Barcelona und ADERE, dem Verein derRückkehrer. Sehr wichtig ist mir die Freundschaftzu drei weiteren Ehepaaren, die auch in derSchweiz gelebt haben. Wir treffen uns jede Wo-che zum Kartenspielen und Essen. Bei dieser Ge-legenheit wird diskutiert, kritisiert, gelacht... wirsind unter uns. Ja, wir Rückkehrer haben eben

einen speziellen Status. Reisen in andere Provin-zen und Länder gehört zu meinen grossen Hob-bies.

Mir ist es auch wichtig, alleine zu sein. Ich le-se sehr gerne, mache lange Spaziergänge undschwimme oft im Meer. Ab und zu schreibe ichnoch für eine spanische Zeitung in der Schweiz.Ich möchte wieder Klavier spielen. Ich hätte so vielzu tun… Die Zeit reicht einfach nicht für alles!

Wandel in den letzten sieben Jahren

Ich lebe sehr gerne hier in Denia. Doch manch-mal habe ich das Gefühl, dass ich «meinen Platzauf dieser Welt» noch nicht gefunden habe. Vorsieben Jahren gefiel es mir hier besser. Das Pro-blem ist, dass immer mehr Menschen hierher zie-hen und der Raum immer enger wird, nicht nurim Sommer, sondern jetzt auch im Winter. Die vie-len Orangenplantagen verschwinden langsam.Alles wird überbaut. Denia verliert seine spani-sche Identität, denn soviel ich weiss, sind bereits25% der Bevölkerung Ausländer. Sie stören michnicht, weil sie Ausländer sind, aber ich habe Mühemit den Menschenmassen. Wer weiss, vielleichtlassen wir uns irgendwann woanders nieder, viel-leicht finde ich meinen Ort.

Würde ich wieder auswandern?

Wenn ich das Rad zurückdrehen könnte, wür-de ich aus eigener Initiative oder Lust Spanien niemehr verlassen. In der Schweiz habe ich immer ei-ne latente Ausgrenzung gespürt. Wegen meinerBildung und meinem Beruf erhielt ich Anerkennungund wurde akzeptiert, doch ich war nicht einer vonihnen, ich war immer der Ausländer und dieses Ge-fühl hat man im eigenen Land einfach nicht.

Auswandern ist nicht immer die beste Lösung!Dies predige ich auf meinen regelmässigen Rei-sen in Lateinamerika immer wieder den Men-schen, die mich nach dem Leben in Europa fra-gen. Lieber mit dem Nötigsten leben, als einLeben lang «fremd sein».

Zurück in Spanien

In den letzten Jahr-

zehnten haben die

südeuropäischen

Länder einen raschen

Entwicklungssprung

erlebt und namentlich

Spanien hat sich sozi-

al, wirtschaftlich und

politisch stark verän-

dert. Die ursprüngliche

Heimat ist nicht mehr

die gleiche wie zur Zeit

der Auswanderung.

Eine Rückkehr in diese

Heimat – so wie sie

einmal war – ist nicht

mehr möglich. Aber

auch die Schweiz ist

keine echte Heimat

geworden. Im Alter,

im Lebensrückblick

stellt sich deshalb die

Frage, wohin man

gehört, nochmals

besonders drängend.

Wäre das Leben in

Spanien besser ver-

laufen? Hat sich die

Migration gelohnt?

Fernando Pérez

30

besuchen und zu lernen. Zu spanischen Organi-sationen hatten wir erst Kontakt, als unsere Kin-der älter wurden. Es gab damals auch keine kon-kreten Integrationshilfen. Man lernte durch dieeigenen Erfahrungen und durch jene der Kollegen.

Viri: Als wir noch jung waren, setzten wir unseigentlich keine Ziele für die Zukunft. Wir heirate-ten, waren glücklich und unsere Kinder kamen zurWelt. Wir waren mit unseren Gedanken nicht dau-ernd in Spanien und dachten nicht an eine Rück-kehr. Meinen Beruf gab ich auf. Lolo wollte, dassich mich der Familie widmete. Im Nachhinein be-urteile ich dies als einen Fehler. Es ist wichtig,nebst der Familie eine eigene Aktivität zu haben.Am Schluss hatte ich das Gefühl, ich sei stehengeblieben und die Anderen seien vorwärts ge-kommen. Kontakt zu anderen Müttern hatte ichauch wenige. An Elternabenden waren wir zwarimmer dabei und wurden akzeptiert, doch enge-re Beziehungen entstanden nicht. In diesen Si-tuationen realisierte ich, dass ich eben nicht inmeinem Land war.

Ein «Schweizer» ohne Schweizerpass?

Lolo: Wir hätten uns gerne einbürgern lassen.Doch ich konnte nicht verstehen, warum einMensch, der über 20 Jahre in einem Land lebtund integriert ist, einen solch enormen Geldbe-trag bezahlen muss, um das Bürgerrecht zu er-langen. Trotzdem habe ich vor dem schweizeri-schen System einen grossen Respekt. Auch vonhier aus verfolge ich das aktuelle Geschehen unddie Politik in der Schweiz mit grossem Interesse.Bei negativen Meldungen leide ich mit und ma-che mir Sorgen. Manchmal frage ich mich, ob ichnicht auch ein Schweizer bin, einer ohne Schwei-zer Pass.

W i r h ä t t e n u n s g e r n e e i n b ü r g e r n l a s s e n .

Lolo García (geboren 1938)

Herkunft: Provinz León

Viri García (geboren 1944)

Herkunft: Lugo, Galizien

Kamen 1962 in die Schweiz und kehrten

2002 nach Spanien zurück.

Zurück in Spanien

Viri und Lolo García lebten 40 Jahre in derSchweiz, in Dübendorf, und haben sich vor zweiJahren im Städtchen Javea an der Costa Blancaniedergelassen. Sie haben in der Schweiz ihreerwachsenen Kinder zurückgelassen. Viri warSchneiderin, Lolo übte seinen Beruf als Elektrikerbis zu seiner Pensionierung aus.

Akzeptiert – und doch keine engeren Beziehungen zu Schweizern

Viri: Ich wohnte zuerst in der Nähe von Win-terthur. Ich werde die netten Menschen in diesemkleinen Dorf nie vergessen. Sie waren zu den we-nigen Spaniern, die dort lebten, stets freundlichund hilfsbereit. Am meisten Mühe hatte ich mit derSprache. Wenn man wenig versteht und sich nichtausdrücken kann, fühlt man sich unwohl und ein-geschränkt. Motiviert besuchte ich anfangs einenDeutschkurs, doch es war neben der Arbeit zu an-strengend. Aber auch mit mangelnden Deutsch-kenntnissen kann man sich korrekt verhalten undsich anpassen. Dies war mir sehr wichtig.

Lolo: Ich realisierte schnell, dass es wichtigwar, die Sprache zu erlernen und ich bemühtemich sehr, nach der Arbeit einen Deutschkurs zu

31

Rückkehr? Schwierige Entscheidung

Viri: Bereits ein paar Jahre vor Lolos Pensio-nierung war die Rückkehr nach Spanien bei unsein Thema, wir diskutierten oft über die Vor- undNachteile.

Lolo: Ich empfand diese Entscheidungschwieriger und wichtiger als den Entschluss zurMigration in die Schweiz. Die jugendliche Unbe-schwertheit gab mir damals Sicherheit. Jetztmuss man das Alter berücksichtigen und wasman zurücklässt: die Kinder! Auch das Klima warfür unseren Entscheid wichtig. Das Älterwerdenbei grauem und kaltem Wetter ist doch noch trau-riger. Der finanzielle Faktor ist ebenso wichtig:Hier sind die Lebenskosten tiefer. Wir haben eineigenes Haus, müssen keine Miete bezahlen undfür keine Gesundheitskosten aufkommen. Unse-re beiden Kinder unterstützten unseren Ent-scheid. Trotz allem schmerzte es, die Schweiz,die ich wie meine eigene Heimat liebe, zu verlas-sen.

Viri: Mühe bereitete mir vor allem die Trennungvon meinen Kindern. Rückblickend bereue ich es,dass wir keine kleine Mietwohnung in der Schweizhaben. So könnten wir auch längere Zeit in derSchweiz bleiben und pendeln.

Warum nicht in die ursprüngliche Heimat?

Viri: Lolo stammt aus León und ich aus Gali-cien, beides Regionen mit einem ähnlichen Klimawie in der Schweiz. Ausserdem haben wir dort,nach über 30 Jahren, praktisch keine engerenKontakte mehr zu Freunden oder Verwandten.

Lolo: Wir fühlen uns aber noch nicht richtig zuHause. Die Menschen hier gehen nicht auf Zuge-zogene zu. Vielleicht ist es schwieriger, wenn man

älter ist, neue Freundschaften zu schliessen. Einweiterer Grund zu dieser Distanz ist aber auch,dass wir verschiedene Lebensgeschichten ha-ben. Wir haben im Ausland gelebt – in zwei ver-schiedenen Kulturen – und gelernt, vieles zu hin-terfragen. Das Leben in der Schweiz hat unserePersönlichkeit sehr bereichert.

Viri: Wir würden uns hier mehr menschlicheWärme wünschen. Wie in Galicien, dort sind dieMenschen herzlicher. Hier sind unsere spani-schen Freunde auch Rückkehrer wie wir oderstammen aus anderen Regionen Spaniens.

Lolo: Die Menschen, die immer hier gelebt ha-ben, kennen nur ihre kleine Welt. Für sie ist derAusdruck «Emigrant» immer noch sehr negativ.Sie wissen nicht, was sie den Emigranten zu ver-danken haben. Dies ist das traurigste Kapitel derGeschichte der spanischen Emigration.

Zurück in Spanien

Der Entscheid, wo man den Lebensabend verbringen möchte,

wird lange und ausführlich besprochen. Untersuchungen im Rahmen

des Nationalen Forschungsprogramms «Alter» (NFP 32) haben er-

geben, dass ein Drittel der Migrantinnen und Migranten beabsichtigt,

im Alter ins Herkunftsland zurückzukehren. Ein Drittel hat vor zu pen-

deln, und ein weiterer Drittel will (oder kann) die Schweiz nicht ver-

lassen. Viele Faktoren spielen bei der Entscheidungsfindung mit.

Gründe für den Verbleib in der Schweiz sind meistens die Kinder und

Enkel, welche hier leben, sowie die bessere gesundheitliche Versor-

gung. Viele Spanier fühlen sich zunehmend als Fremde in der Heimat

und sind in der Schweiz besser sozial verankert. Wichtig ist auch die

finanzielle Lage: Die Lebenskosten in Spanien steigen und Zusatz-

leistungen zur AHV werden nur bei Wohnsitz in der Schweiz ausbe-

zahlt. Bei Ehepaaren ist die Entscheidungsfindung besonders schwie-

rig, weil die Wünsche unterschiedlich sein können. Häufig möchte

der Mann zurückkehren, während die Frau den Verbleib in der

Schweiz vorzieht.

Lolo und Viri García

gentlich nie wirklich stattgefunden hat. Wie so vie-le, wollten meine Eltern nur eine gewisse Zeit inder Schweiz bleiben. Doch sie lernten sich in derSchweiz kennen, heirateten, bekamen Kinderund sind schlussendlich geblieben. In der dama-ligen Zeit fehlte ihrerseits der Wille zu einer ganz-heitlichen Integration, aber auch seitens derBehörden wurden wenige Anstrengungen unter-nommen, um sie nicht nur beruflich, sondernauch gesellschaftlich zu integrieren. Die Gastar-beiter waren ja schliesslich da, um zu arbeiten,und solange sie arbeiteten und keine Problemeverursachten, war alles in Ordnung. So war eswohl mehr ein Tolerieren, ein Nebeneinander le-ben als eine Integration. Irgendwann war es zuspät, um dies noch zu ändern. So erkläre ich mir,dass meine Eltern nie eigentliche Freundschaftenmit Schweizern hatten. Sie sind Fremde in ihrerzweiten «Heimat» geblieben. Was sollen sie dennhier im Alter tun? Die Arbeit als Struktur fällt weg,viele spanische Freunde sind bereits ausgewan-dert und die Sprache ist immer noch ein Hinder-nis. So erscheint der Weg zurück nach Spanienals das kleinere Übel. Tragisch finde ich, dass sieihre Familie nun zum zweiten Mal verlassen. Daserste Mal liessen sie ihre Familien in Spanienzurück. Natürlich brach der Kontakt zu ihnen nieab. Aber ich vermisse die Erfahrung, meine Tan-ten, Onkel, Cousins und vor allem meine Gross-eltern besser kennen gelernt zu haben. Wie ist esist wohl, mit seinen Grosseltern aufzuwachsen?Ich weiss es nicht und werde dies leider nie er-fahren dürfen. Das zweite Mal verlassen sie nunihre Kinder und unwillkürlich schwirrt die Fragedurch meinen Kopf, ob meine Kinder eines Tagesmit ihren Grosseltern aufwachsen werden. Obsich wohl die vielen Emigranten wirklich be-wusst sind, welch hohen Preis sie für mehr Wohl-stand bezahlen?

Letztes Jahr sind meine Eltern nach ca. 40Jahren Aufenthalt in der Schweiz nach Spanienemigriert, um dort das Leben als Rentner zu ge-niessen. Wir alle wussten, dass dieser Schritt ein-mal kommen musste und doch wurde er so lan-ge wie möglich hinausgeschoben. Meine Elternverbrachten mehr als die Hälfte ihres Lebens inder Schweiz und doch sind sie zurückgekehrt inihre Heimat, was vielleicht nicht jeder verstehenkann. Dabei muss man bedenken, dass sie eine«Heimat» vorfanden, die inzwischen in nichts derHeimat entspricht, die sie vor so langer Zeit ver-lassen haben. Weshalb dann dieser Schritt? Ist«Heimat» dort, wo man seine Wurzeln hat odervielleicht doch dort, wo man den grössten Teil sei-nes Lebens, die Kindheit und die Jugend ver-bracht hat? Im Falle meiner Eltern glaube ich je-doch nicht, dass sie nach Spanien zurückkehrten,weil sie es als ihre Heimat empfinden. Meine El-tern gingen aus verschiedenen Gründen zurück:z.B. können sie sich einen höheren Lebensstan-dard als Rentner leisten und das Klima ist viel an-genehmer. Aber ich denke, der wichtigste Grundist, dass sie sich in ihrer Muttersprache verstän-digen können.

Dass meine Eltern während so vielen Jahrendie deutsche Sprache mehr schlecht als recht ge-lernt haben in einem Land, wo sie gelebt, gear-beitet und ihre Kinder aufgezogen haben, seheich als ihren grössten Fehler. Jetzt bekommen wirals Familie die Versäumnisse der damaligen «In-tegration» zu spüren, die aus meiner Sicht ei-

I s t H e i m a t d o r t , w o m a n s e i n e

Wu r z e l n h a t ?

32

Gedanken von Viris und Lolos Sohn zur

Emigration seiner Eltern in ihre alte Heimat

José García

Zurück in Spanien

José García

A D E R E – Ve r e i n r ü c k g e k e h r t e r

E m i g r a n t e n

Interview mit dem Präsidenten Emilio Val

gen der Pensionierung, der Sozial- und Kranken-versicherung, zur Änderung von Dokumenten, zuVorkehrungen, die realisiert werden müssen etc.Unser Ziel ist es, in Zukunft eine Rechtsberatunganbieten zu können.

Wir helfen auch anderen Gruppen, sich zu or-ganisieren, beispielsweise einer Organisation vonMenschen aus Lateinamerika. Wir sind über-zeugt, dass auch dies eine integrationsförderndeAufgabe ist. Zudem haben wir einen engen Kon-takt zu den ausländischen Clubs der Deutschen,Schweizer, Holländer etc. Wir führen gemeinsamAktivitäten durch und tauschen Erfahrungen aus.Man muss bedenken, dass wir alle in anderenLändern gelebt haben.

Haben Sie Kontakte zu anderen ähnlichen Orga-

nisationen?

Bei der Gründung von ADERE wusste keinervon meinen Kollegen, ob es bereits Vereine fürRückkehrer gab. Als wir im Internet nachforsch-ten, stellten wir mit Erstaunen fest, dass es inSpanien bereits 14 organisierte Rückkehrerverei-ne gibt. Wir sind mit ihnen in Kontakt getreten undhaben erfahren, dass einige sogar staatlicheBeiträge erhalten und eigene Räumlichkeiten undSekretariate führen. Die Subventionen sind vonRegion zu Region verschieden. Wir erhalten bisjetzt noch nichts und funktionieren mit unsereneigenen Mitteln.

Sie sind vor über 30 Jahren in die Schweiz aus-

gewandert. Wie hat sich Spanien unterdessen

verändert?

Enorm, kaum zu erkennen! (Lacht). Damalswar Spanien in politischer Hinsicht total isoliert,was zur Folge hatte, dass es überall Mangeler-scheinungen gab – sei es wirtschaftlich, kulturell33

Vereine und Institutionen in Spanien

Emilio Val wanderte 1967 in die Schweiz aus undkehrte im Jahr 2000 in seine Geburtsregion,Galizien, zurück. Nach kurzer Zeit liess er sich inDenia an der Costa Blanca nieder. In dieser Stadtgründete er mit anderen Rückkehrern zusammenADERE (Asociación de Emigrantes Retornados).

Mit welcher Motivation gründeten Sie

den Verein ADERE?

In Spanien angekommen sahen wir uns mitgewissen administrativen sowie auch sozialenProblemen konfrontiert. Zum Beispiel mit der An-meldung bei den Sozialversicherungen, mit denRechten im Gesundheitssystem, mit dem Wech-sel der Autonummer und mit einer langen Listevon anderen Fragen. Diese Situation wollten wirgemeinsam meistern. Doch es gibt auch anderewichtige Aspekte: Hier in Denia haben wir eineWelt mit verschiedenen Nationalitäten vorgefun-den und haben festgestellt, dass die Ausländermit denselben Problemen zu kämpfen haben wiewir einst. So entstand auch die Idee, dass unse-re Vereinigung eine Art Brückenfunktion bildenkönnte. Einerseits zu den ausländischen Resi-denten aus Deutschland, England, Holland, derSchweiz etc. Andererseits zu den Menschen, dienach Spanien gekommen sind, um hier zu arbei-ten. Spanien hat sich in den letzten Jahren zu ei-nem Einwanderungsland gewandelt. Wir treffenähnliche Situationen an, die wir selber aus unse-ren früheren Gastländern kennen. Wir sehen unsin einer Brückenfunktion im Sinne einer Integrati-onshilfe oder Integrationsförderung für diese Im-migranten.

Welche Aktivitäten bieten Sie an?

Wir geben einen «Leitfaden für die Rückkehr»heraus. Er enthält die Rechte, die ein Rückkehrerhat und gibt umfassende Informationen zu Fra-

Emilio Val

34

oder sozial. Während meiner Studienzeit mussteich gewisse Bücher im Versteckten lesen. VieleInformationen und Nachrichten, die hier wegender Zensur nicht in den Medien erschienen, konn-ten wir nur von Menschen erhalten, die aus demAusland kamen. Später war die Emigration wieeine offene Türe, nicht nur aus finanzieller Sicht.Für einige von uns bestand die Hoffnung, sich so-ziale, politische und demokratische Kenntnisseanzueignen, was in unserer Heimat unmöglichwar. Wir hinterliessen auch ein Land ohne Infra-strukturen. Mit dem Tod Francos kam dann dieZeit, die wir demokratische Transition nennen.Von Jahr zu Jahr entdeckten wir während unse-ren Ferien einen Fortschritt, man spürte einelangsame Öffnung. Heute ist Spanien eine de-mokratische und moderne Nation im Auf-schwung. Klar, wir haben diese Entwicklung vonder Emigration aus mitverfolgt, wir haben diesepositive Veränderung Spaniens nicht ignoriert.

Haben die Migranten zu dieser Entwicklung

beigetragen?

Der Migrant ist nicht der Dorftrottel, er ist derAvantgardist, der Aktive, der Mutige, der sich et-was Unbekanntem aussetzt. Ich wünsche mir,dass das spanische Volk einmal versteht, dasswir Migranten der Motor der Nation waren. So-wohl vom ökonomischen Aspekt her, indem wirDevisen geschickt haben, als auch vom politi-schen her. Wir haben für den zukünftigen Wech-sel logistisch gedient und haben Arbeitsplätze of-fen gelassen. Man hat sich die Schulen für unsereKinder gespart. Unsere Bemühungen und unserBeitrag zum Wohlstand des heutigen Spanienssollten anerkannt werden, sowohl im ökonomi-schen, politischen wie im sozialen Bereich.

Sind die Menschen, die emigriert sind, nicht

anerkannt worden?

Sie wurden nicht nur nicht anerkannt, sondernes hat eine falsche Interpretation gegeben! Ich er-innere mich an eine Anekdote: Als ich mich in mei-nem Dorf Carballino anmeldete, erkundigte ichmich bei der Gemeindeverwaltung nach den klei-nen Beiträgen, die uns als Rückkehrer zustehen.Die Angestellte antwortete mir: «Sie wollen immer

alles, sie waren ja in der Schweiz und hätten dortsparen können!»

Eine Aufgabe der Rückkehrerorganisationenist die Aufklärung über die damalige Migration.Die Ausgewanderten waren nicht nur jene, die einAuto kaufen wollten, oder diejenigen, die nichtskonnten. Es handelte sich um Leute, die neugie-rig, fleissig und auch anpassungsfähig waren.Wer diese Fähigkeiten nicht hatte, kehrte schnellwieder zurück. Wer trotz all den Schwierigkeiten– wie Sprache, Klima, Heimweh etc. – durch-hielt, sollte Bewunderung bekommen; wie je-mand, der ein Universitätsstudium absolviert.

Vereine und Institutionen in Spanien

Emilio Val und

Paco Beltrán

Vereinsessen

Der «Leitfaden für die Rückkehr» kann bestellt werden

bei ADERE (Adresse S. 45)

35

flussten die damalige Gesellschaft, was bis heu-te Spuren hinterlässt. Die Einheimischen hier ha-ben die Fähigkeit, andere Menschen gut aufzu-nehmen.

Viele soziale Aktivitäten

Seit zwei Jahren haben wir ein modernes So-zialzentrum, in dem auch die Pensioniertenverei-nigung über Räumlichkeiten verfügt. Dort werdenAktivitäten organisiert, man kann Karten spielen,Schach, Domino etc., und es werden regelmäs-sig Theater, Konzerte und Musicals aufgeführt.

Für ältere Menschen, die alleine leben und Hil-fe benötigen, haben wir eine städtische Organi-sation für Hauspflege. Diese beinhaltet einen

Vereine und Institutionen in Spanien

A l t e r s m i g r a t i o n – e i n e H e r a u s f o r d e r u n g

f ü r d i e P o l i t i k

Paqui Viciano ist die erste Frau in der

Geschichte von Denia, die Bürgermeiste-

rin geworden ist. Sie berichtet über das

Leben älterer Menschen in der Stadt.

Denia ist attraktiv für ältere Menschen

In erster Linie lassen sich ältere Menschen hierwegen des angenehmen Klimas nieder. Dazukommt der internationale, offene, farbige Cha-rakter. Unsere Geschichte ist von der weltweit be-kannten Rosinenindustrie (ca. 1850 – 1915) be-sonders geprägt. In dieser Zeit liessen sich vieleenglische Kaufleute in Denia nieder und beein-

Paqui Viciano

36

Mahlzeitendienst. Es wird für sie eingekauft, dieWohnung in Stand gehalten und es gibt auch Pfle-geleistungen, die zu Hause möglich sind.

Kontakte fördern

In der Abteilung für internationale Beziehun-gen der Stadt Denia sind wir intensiv daran, Kon-takte zwischen den Einheimischen und den Zu-gewanderten zu fördern. Wir denken nicht nur anMenschen aus Europa, sondern auch an die Im-migranten aus Nordafrika und Lateinamerika, de-ren Zahl ständig zunimmt.

Um eine bessere Integration der Ausländer zuerreichen, sind wir auf die Unterstützung der Ver-eine angewiesen. ADERE kann hier als Brückezwischen den verschiedenen Kulturen eine wich-tige Rolle spielen.

Betreuung der älteren Menschen – häufig noch eine private Angelegenheit

Mehrheitlich herrscht hier noch das traditio-nelle System: Die Eltern leben bei den Kindern.Es wird als Pflicht angesehen, dass die Kinder ih-re Eltern so lange wie möglich zu Hause pflegen.Normalerweise sind es die Töchter, denn die spa-nische Frau scheint immer noch den Stempel derPflegerin zu tragen. Es gibt auch Fälle, bei denendie Eltern zeitweise von Tochter zu Tochter ge-schoben werden, es ist eine Art Rotation. DiesesSystem ändert sich sehr langsam. Heute ziehtman immer häufiger auch eine Betreuung inAltersheimen in Betracht. Früher sah man dieseHeime als etwas sehr Negatives an, eine ArtStrafe. Man nannte sie Asyle. Alte Leute dachten,man bringe sie ins Altersheim, um sie loszuwer-den. Ich bin überzeugt, dass viele nicht wegenihrer Krankheit, sondern aus Trauer starben.

Drohende PrivatisierungDas Altersheim von Denia – übrigens eines der

letzten staatlichen Altersheime in der Region –stand in der letzten Legislaturperiode kurz vor derPrivatisierung. Es gibt verschiedene politischeGruppierungen, die alle sozialen Einrichtungenprivatisieren möchten. Doch wir «zeigten ihnendie Krallen», und wir konnten es ganz knapp ret-ten. Ja, es gibt immer mehr ältere Menschen, hierin Denia und in ganz Europa. Ich habe folgendePhilosophie: Wenn man älteren Menschen dieMöglichkeit gibt, Sinnvolles zu unternehmen undihnen eine gute Betreuung gewährleistet, werdensie weniger gesundheitliche Kosten verursachen.So kann man langfristig gesehen sparen und be-wirken, dass diese alten Menschen glücklichersind. So lange ich in der Regierung dieser Stadtbin, werde ich in sozialen Angelegenheiten keineSchranken setzen.

Vereine und Institutionen in Spanien

Cristina Büttikofer-

Beltrán und

Paqui Viciano

37

S t ä d t i s c h e A l t e r s r e s i d e n z

S a n t a L u c í a , D e n i a

men natürlich auch Menschen, die alleine gelebthaben und keine Familie haben.

Wie wird dieses Altersheim finanziert?

Vicent Morera: Wir sind ein städtisches Heim.Dadurch sind die Kosten für die Bewohner sehrniedrig. Es ist die günstigste Residenz in der Re-gion. Die Bewohner bezahlen ihre Beiträge mo-natlich und zwar je nach Pflegegrad. Menschen,die nicht über genügend Einkommen verfügen,werden trotzdem aufgenommen. Die Kostenübernimmt die Stadt. Es werden aber alle Be-wohner gleich behandelt, es spielt keine Rolle,wie viel sie bezahlen. Dies ist nur möglich, weil essich um eine städtische Einrichtung handelt.

Gibt es einen spitalexternen Pflegedienst?

Rosa Viciano: Es gibt hier in Denia einen re-gulären Haushalthilfedienst. Diese Dienstleistunghaben aber nicht alle Gemeinden. In Spanien ist

Vereine und Institutionen in Spanien

Wer im hohen Alter auf die Hilfe anderer

angewiesen ist, kann in ein staatliches

oder privates Altersheim eintreten. Aller-

dings gibt es teilweise längere Wartezei-

ten. Cristina Büttikofer-Beltrán sprach in

der städtischen Altersresidenz Santa

Lucía mit Vicent Morera (Direktor der

Residenz), Maria Jesús Mestre (Leiterin

der Pflege) und Rosa Viciano (Leiterin

des Hausdienstes).

Welches Bild hat die spanische Bevölkerung im

Allgemeinem von Altersheimen?

Vicent Morera: Im Allgemeinen wird es nichtgerne gesehen, wenn man „die Alten” in die Re-sidenz eintreten lässt. Man könnte ja denken,dass Kinder sich von einem Problem befreienmöchten. Dies führt bei allen Beteiligten zuschlechten Gefühlen. Bis vor kurzem sprach manvon «Asyl», wenn man ein Altersheim meinte, einnegativer Ausdruck. Von diesem Image müssenwir wegkommen. Und die Meinung ändert sichauch langsam. Unsere Bewohner sehen, dasssich die Verwandtschaft um sie kümmert, sie be-sucht, sich für ihre Aktivitäten und ihren Gesund-heitszustand interessiert.

In welcher Lebensphase kommen diese

Menschen in die Residenz und warum?

Maria Jesús Mestre: Meistens kommen sieerst, wenn sie eine Betreuung brauchen, d.h.wenn sie von ihren Kindern oder den Verwandtennicht mehr betreut und gepflegt werden können.Dann entschliessen sie sich einzutreten. Es kom-

Auf dem Platz vor

der Altersresidenz

38

das Gesundheitssystem für alle über 65-Jährigen– Spanier und Ausländer, mit und ohne Aufent-haltsbewilligung – total kostenlos. Man muss al-so keine Prämien bezahlen, keine Arztbesuche,keine Medikamente, keine Pflegeleistungen. Ausdiesem Grund reduzieren sich bei uns dieseHaushalthilfedienste nur auf die Reinigung unddas Essen.

Werden auch ältere Menschen mit gutem

Gesundheitszustand, die selbstständig leben

könnten, in diese Residenz aufgenommen?

Maria Jesús Mestre: Nein, auf keinen Fall. Eswerden nur Menschen aufgenommen, für diesonst keine andere Lösung gefunden wird.

Wäre es nicht einfacher einzutreten, wenn

man noch bei guter Gesundheit ist?

Vicent Morera: Diese Möglichkeit gibt es in pri-vaten Residenzen. Doch die spanischen Rentnerkönnen sich diese nicht leisten. Und diejenigen,die diese Preise bezahlen könnten, gehen nichtin eine Altersresidenz. Sie haben andere Lebens-formen, z.B. ein eigenes Haus oder eine Woh-nung und Angestellte, die sie bedienen. In dieseResidenzen gehen grösstenteils Ausländer mitsehr hohen Renten.

Rosa Viciano: Seit den letzten Jahren beo-bachten wir noch ein anderes Phänomen: Vieleältere Menschen lassen sich durch Immigrantin-nen aus den Ostblockländern oder aus Latein-amerika für wenig Geld betreuen und pflegen.Diese Frauen gehen zu ihnen nach Hause, put-zen, machen Einkäufe, kochen und gehen auchmit ihnen spazieren. In Castellon, einer Industrie-stadt nördlich von Denia, gibt es schon ein ge-flügeltes Wort: «Kein alter Menschen ohne Rumä-nin und keine Rumänin ohne einen alten Men-schen». Es haben sich viele rumänische Familiendort niedergelassen. Die Männer arbeiten in denFabriken und die Frauen betreuen ältere Men-schen. Oft kann das Ehepaar im Haus des Rent-ners leben und so entsteht ein Vorteil für beideSeiten.

Maria Jesús Mestre: Auch in Denia sehen wirdas immer öfter. Es hat für den älteren Menschenden Vorteil, dass er weiterhin in seinem eigenenHaus bleiben kann. Andererseits müssen wir zu-geben, dass die Qualität der Betreuung nie die-jenige einer Residenz sein kann, da diese aus-ländischen Frauen keine Pflegeausbildungenhaben.

Vereine und Institutionen in Spanien

Aussicht ins Hinterland

39

C l u b S u i z o C o s t a B l a n c a

Interview mit dem Präsidenten, Walter Thörig

Schweizer Pensionierte in Spanien

Welches sind die Schwierigkeiten der

Schweizer, sich hier zu integrieren?

Die Leute, die hierher kommen, haben ihr Le-ben lang gearbeitet. Hier haben sie dann einschönes Haus oder eine schöne Wohnung ge-kauft. Und dann ist es gar nicht so einfach, dasskeine Langeweile aufkommt. Nur im Garten oderauf dem Balkon sein will man nicht und ständigdraussen sitzen und ein Glas Wein trinken sollteman auch nicht. Alkohol ist übrigens ein Problemfür Leute, die hier sind und nicht ganz richtig wis-sen, was sie mit ihrer Zeit anfangen sollen. Dasgilt für alle Ausländer, nicht nur für Schweizer. Umsich zu integrieren, muss man etwas tun, aktivsein und versuchen, mit Spaniern gemeinsameHobbies zu pflegen. Vom Club aus versuchen wir,da Unterstützung zu geben.

Wie wird die Beziehung zur Schweiz gepflegt?

Die meisten sind eigentlich keine richtigen Aus-landschweizer. Viele haben in der Schweiz nocheinen Wohnsitz, täglich gibt es Flugverbindungenin die Schweiz, in zwei Stunden sind wir dort.Wenn die Kinder anrufen und sagen: «Du, ich ha-be ein Problem mit dem Kinderhüten», dann sitzt

Wann wurde der Schweizerclub gegründet?

Der Club wurde 1979 gegründet. Damals wa-ren es etwa 20 Schweizer, die sich zusammen-schlossen, um gemeinsam Probleme anzugehenund sich gegenseitig zu helfen. Heute – in diesemspeziellen Fall der Costa Blanca – hat zusätzlichder Sozial- und Freizeitteil eine grosse Bedeu-tung. Unser Clubmotto ist «Toleranz und Le-bensfreude». Wenn uns das gelingt, dann habenwir etwas ganz Gutes gemacht.

Welche Aktivitäten bieten Sie an?

Das Einzugsgebiet unseres Clubs ist gross, esliegt zwischen Oliva und Alicante. Das ist mit demAuto eine gute Stunde. Deshalb haben wir keinClubhaus.

Stattdessen haben wir eine Zeitung, die vier-mal jährlich dreisprachig (Deutsch, Französisch,Spanisch) erscheint. Daneben gibt es Gruppen,die ein gemeinsames Hobby haben. Die sind au-tonom. Velofahrer, Hundefreunde, Jassgruppe,Wandergruppe, Pétanque-Gruppe, Gruppe derWeinfreunde, Computergruppe und eine Gruppefür spanische Konversation. Wir haben auch ei-ne welsche Gruppe: Groupe des Romands, dassind ca. 70 Personen. Die sind voll in den Clubintegriert.

Wir organisieren sehr viele Anlässe: Neujahrs-apéros, Wanderungen, Generalversammlungen,Theateraufführungen, Ausstellungen, Jodlermes-sen, Racletteplausch, Clubreisen, Besuche desKonsuls etc. Die Weihnachtsfeier ist der Höhe-punkt, das ist die schönste Feier, mit klassischerund spanischer Musik. An die grossen Anlässekommen zwischen 200 und 300 Leute.

Walter Thörig

40

die Grossmutter ins Flugzeug und fliegt in dieSchweiz. Das ist ein dauerndes Hin und Her. DieSchweiz ist durch die billigen Flüge und durch diebilligen Telefonverbindungen sehr nahe geblieben.

Wie sind die Kontakte zu den lokalen Vereinen

von Denia?

Zwischen der Casa Andalucia und uns bestehteine Freundschaft. Wir dürfen ihr Clubhaus ein-mal in der Woche benützen. Zum «Kuchen vonDenia» Kontakt zu knüpfen, ist unvergleichlichschwieriger. Die suchen das auch nicht. Unserebesten Kontakte haben wir eigentlich auch zu«Aussenseitern». Die Costa Blanca ist nicht mehrrichtig Spanien. Man kann es vergleichen mit ei-nem Kurort, wo man plötzlich drei Bergbahnenbaut und der einfache Bergbauer plötzlich Besit-zer des grössten Hotels wird. Und das alles inganz kurzer Zeit.

Welche Vorbereitungen empfehlen Sie den

Schweizern, die hierher kommen möchten?

Die meisten, die hier «landen», kommen ohnelange Planung und Vorbereitung. Sie sind einmalzu Bekannten hierher gekommen, haben gese-hen wie schön das Meer ist, wie die Sonnescheint, haben die vielen Häuser gesehen, die mit«se vende» angeschrieben waren.

Eine gute Information wäre wünschenswert.Wir könnten beispielsweise zusammen mit demspanischen Rückkehrerverein eine Broschüre er-

arbeiten. Und in der Schweiz könnte man Infor-mationsveranstaltungen mit Leuten machen, diebereits hier leben.

Lässt es sich mit einer Rente hier leben?

Spanien ist sehr viel teurer geworden, dieseRegion speziell. Es ist ein Riesenunterschied zwi-schen den Lebenskosten an der Küste oder imHinterland. Der Schweizer Franken hat gegen denEuro verloren, ca. 8%. Auf eine AHV-Rente von1’500 Fr. macht das viel aus. Wir haben mehr undmehr mit Leuten zu tun, bei denen das Budgetknapper wird.

Welche Hilfe bekommen diese Leute?

Wir probieren, als Club zu helfen. Wir habeneinen hervorragenden Kontakt zum Generalkon-sulat in Barcelona. Das Generalkonsulat be-trachtet uns als verlängerten Arm hier an derCosta Blanca. Es gibt Möglichkeiten für Zu-schüsse. Hoffentlich fallen die nicht auch nochdem Sparprogramm zum Opfer.

Wie sehen Sie die Zukunft von älteren

Schweizern, die hier leben?

Da gehen die Wege auseinander. Die eine Ka-tegorie wird sich bewusst, dass sie für die aller-letzte Phase zurückkehren möchte. Pro Jahr rei-sen ca. 50 Personen in die Schweiz zurück. Esist eher eine Minderheit, die auch im hohen Alterhier bleibt, es sind vor allem Leute, die sich gutintegriert fühlen.

Schweizer Pensionierte in Spanien

Jahresfest des Schweizer-

clubs: Jodlermesse im Mai

2004 an der Costa Blanca

Anna Rauch am

Jahresfest

Manuel César Rauch-Breiter

(geboren 1926)

Herkunft: Winterthur

Anna Rauch-Breiter (geboren 1943)

Herkunft: Schaffhausen

Seit 1990 in Spanien.

41

Schweizer Pensionierte in Spanien

S c h w e i z e r R e n t n e r a n d e r C o s t a B l a n c a

Warum sind Sie nach Spanien ausgewandert?

Manuel: Meine Lunge ist aufgrund einer In-fektion und einer Dioxinvergiftung völlig im Eimer.In Davos gaben sie mir noch drei Jahre und jetztlebe ich schon 14 Jahre in Spanien. Denia hatweltweit das berühmteste Heilklima. Anna hatihren Beruf als Lehrerin aufgegeben, das mussich ihr hoch anrechnen.

Wie konnten Sie Kontakte zu Spaniern knüpfen?

Manuel: Hier haben wir zwei Pferde gekauft,die sind uns 1991 gestohlen worden. Die GuardiaCivil sagte: «Geht mit Fotos zu den Andalusiern,die haben hier in Denia eine Vereinigung und ha-ben mit Pferden zu tun!» Wir sind gegangen undhaben erzählt, was passiert ist. Dann haben dieAndalusier sich für Spanien geschämt und sie ha-ben uns eingeladen, immer wieder.

Anna: Sie haben uns auch eingeladen, im Chormitzusingen, und da singen wir jetzt seit zwölf Jah-ren. Dadurch haben wir die Möglichkeit, unserSpanisch dauernd zu üben und zu verbessern.

Haben Sie Kontakte zu Schweizern?

Manuel: Wir sind im Schweizerclub. Ich bindort Berater für fachkundige Magnettherapie-An-

wendungen. Ich behandle hier unentgeltlich mei-ne Freunde. Nicht offiziell, nur nachbarfreund-schaftliche Hilfe. Es gehört bei mir einfach zumLeben dazu. Ich habe ein Geschenk der Heilkräf-te bekommen und das kann man nicht verkau-fen, nur verschenken.

Anna: Wir sind auch im Euro-Club, demdeutschsprachigen Club hier. Hier leiten wir dieMusikgruppe «Los Alegres». Wir geben jedesJahr drei Konzerte.

Nicht allen Ausländern gelingt die Integration hier.

Anna: Ja. das ist für viele ein grosses Problem,sie finden keinen Kontakt zu Spaniern. Sie lebenirgendwo in einer Urbanisation, ihre Nachbarnsind Deutsche, Engländer, Schweizer, nur keineSpanier.

Manuel: Wir haben Bekannte, die sich bemühthaben, Spanisch zu lernen, aber sie können esnicht anwenden. Dann haben sie es aufgegebenund alles verlernt.

Fühlen Sie sich hier zu Hause?

Beide: Ja, wir sind hier zu Hause. Anna: Wir besuchen noch unsere Familienan-

gehörigen und Freunde in der Schweiz, aber wirsind hier zu Hause.

Manuel: Wir haben ein wunderschönes «Hei-metli» direkt beim Naturschutzgebiet. Ich habe ei-nen kleinen Fischweiher gemacht, es besuchenuns viele Vögel.

Würden Sie diesen Schritt wieder machen?

Manuel: Sofort. Anna: Ja, jederzeit. Bei meinem Mann war es

wirklich eine Überlebensfrage, deshalb habe ichauch gesagt: «Wir machen das». Als ich mein 25-jähriges Dienstjubiläum hatte, konnte ich drei Mo-nate bezahlten Urlaub nehmen. Das haben wir

Paco Beltrán lebte von März 1962 bis

September 1996 in Meilen und wohnt

heute in Denia an der Costa Blanca.

42

ausgenützt um auszuprobieren,wie es sich hier leben lässt.

Manuel: Zwei Jahre später,als der Entscheid der SUVA fürmeine 50%-Rente kam, sind wirgekommen. Darauf hatten wirschon noch warten müssen. Wirsind nicht reich, aber es «lan-get».

Haben Sie Empfehlungen an Schweizer, die

hierher ziehen?

Manuel: Das Wichtigste ist eine gewisse Hilfs-bereitschaft, auch wenn man die Sprache nicht

kann. Alles was man gibt, kehrt auch zurück, da-von bin ich überzeugt. Und für Schweizer insbe-sondere gilt: Aufhören zu meckern und vor allemnicht herumsaufen. Das ist eines der schwerenProbleme hier: Schweizer und Deutsche, die kip-pen, kippen, kippen.

Anna: Viele kommen und denken: Jetzt habeich so lange gearbeitet, jetzt mache ich nichtsmehr. Das ist 14 Tage lustig und dann wird es stink-langweilig. Man muss wissen, was man machenwill, wenn man hierher kommt. Man muss sich mitetwas beschäftigen, ein Hobby pflegen.

Manuel: Ja, aktiv bleiben. Und – es tönt pa-thetisch – : «Zu Hause muss beginnen, was leuch-ten soll im Vaterland!»

Schweizer Pensionierte in Spanien

D i e s p a n i s c h e M i g r a t i o n i n d e r S c h w e i z

Ein Rückblick von Paco Beltrán

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Europa re-konstruiert. Obschon die Schweiz nicht am Kriegteilgenommen hatte, war sie ein fundamentalerTeil des mitteleuropäischen Systems. Es musstenFabriken gebaut werden, in denen die weltbe-kannten Präzisions- und Qualitätsprodukte pro-duziert wurden. Für den zunehmenden Auto-verkehr benötigte man ein gut ausgebautesStrassen- und Autobahnnetz mit den entspre-chenden Tunnels und Brücken. Die Industriebrauchte für ihren Aufschwung Energie und esmussten Kraftwerke und Staudämme gebautwerden. Spitäler und Altersheime sowie die Ho-tellerie benötigten Personal. Um alle diese Be-dürfnisse zu decken, mussten Hunderttausende

In diesen Rückblick gehört unbedingt einStück Geschichte – Geschichte, welche die heu-tigen Generationen kennen sollten. Wir, die inirgendeiner Form die Akteure dieses Phänomens– der Spanischen Emigration ins industrialisierteEuropa – waren, kennen diese Geschichte sehrgut und werden sie nie vergessen. Heute sind wirdie sogenannten pensionierten Migranten.

Manuel und Anna

Rauch-Breiter

43

von Frauen und Männern aus anderen Länderndie Schweizergrenze überqueren: Ein grosser Teilkam aus Spanien. Es waren die heute pensio-nierten Migranten, mit denen wir uns in diesemHeft auseinandersetzen.

Sie kamen in ihren besten Jahren in diesesLand. Im sonnigen Spanien liessen sie ihre Fami-lien und ihr vertrautes Umfeld zurück. In derSchweiz starteten sie ein neues Leben. Gröss-tenteils handelte es sich um fleissige und ehrlicheArbeitskräfte, die mit ihrem Ehrgeiz und Stolz zumWohlstand der Schweiz beitragen konnten. Trotzmancher Schwierigkeiten – denken wir an dieWirtschaftskrisen oder an die Initiativen «zur Be-grenzung der Zahl der Ausländer» – konnten siesich an die schweizerische Lebensweise anpas-sen. Viele Einwanderer konnten sich wegen ihresPflichtbewusstseins und ihrer Professionalität be-ruflich weiterentwickeln. Sie brachten ihre Kinderzur Welt und es entstand eine neue Generation,die heute in der Schweiz integriert ist und mit ih-rer Arbeit zum Ansehen dieses Landes beiträgt.

Gleichzeitig veränderte sich Spanien sowohlaus sozialer wie aus politischer Sicht. Spanien ent-wickelte sich zu einer demokratischen und plura-listischen Industrienation. Die Emigranten habenaktiv zu diesem Aufschwung beigetragen, wirt-schaftlich durch das Überweisen von Devisen unddurch das Nichtbesetzen von Arbeitsplätzen in derHeimat. Aus politischer Sicht hatten die verbote-nen demokratischen Parteien immer Stützpunkteim Ausland, die sie logistisch unterstützten.

Aus den verschiedenen Interviews hören wir,dass einige Emigranten nach ihrer Pensionierungnicht nach Spanien zurückkehren. Sie werden fürimmer in der Schweiz bleiben. Andere kehren anihren Geburtsort zurück oder wählen für die letz-te Etappe ihres Lebens eine für sie angenehme-re Region. Die Rückkehrer bemerken, dass sie ei-ne andere Welt vorfinden als jene, die sie vorJahren zurückgelassen haben. Aus einem Aus-wanderungsland ist ein Einwanderungsland ge-worden. Die Realität stimmt nicht mehr mit demBild überein, das sie von ihrer Heimat hatten. Es

hat sich wirklich alles verändert. Auch wenn esein Wandel zum Besseren ist, finden die Rück-kehrer eine Gesellschaft mit Werten und Normenvor, die sie nicht wiedererkennen und nicht ver-stehen. Die Freunde und die Familie aus der Ju-gendzeit sind nicht mehr da oder haben sich auchverändert, sind fremd geworden. Für viele ist dasEinleben nach der Rückkehr schwieriger als esdie erste Zeit in der Schweiz war. Sie sind ältergeworden, haben in der Schweiz Wurzeln ge-schlagen und ihre Kinder und Enkel dort zurück-gelassen.

Aber die Rückkehr bringt auch Positives: Sieleben in einem angenehmen Klima und haben auf-grund ihrer harten Arbeit in der Schweiz eine gutefinanzielle Situation. Doch für mich ist der wich-tigste Faktor die Anpassungsfähigkeit dieserMenschen, die Frucht ihrer Erfahrungen. Siepacken dieses neue Leben mit Kraft und Freudean. Viele treten Rückkehrervereinen bei, die imganzen Land verteilt sind.

Die Frauen und Männer, die in den 60er Jah-ren ausgewandert sind, mussten das Land nichtaus einer primären Notlage verlassen. Auch inSpanien hätten sie ihr Leben bestreiten können –wie jene, die geblieben sind. Aber sie hatten Mut,Ehrgeiz, Kampfgeist und bestimmt auch eine ge-wisse Abenteuerlust. Die Emigranten haben eineeigene Identität und Werte entwickelt, die jetzt inihrem letzten Lebensabschnitt zum Vorscheinkommen. Sie beweisen Kohärenz, eine Ethik undeine Moral, die bewundernswert ist. Ohne es da-mals zu wissen, haben sie mit ihrer Auswande-rung einen Samen gepflanzt. Heute können siedie Früchte ernten.

Die vielen Lebenserinnerungen geben unsEinblick in Lebensgeschichten von Migranten unddamit auch Einblick in die Geschichte Spaniensund der Schweiz. Ich möchte mich bei der «In-tegrationsförderung» bedanken, dass sie diesesThema aufgegriffen und publiziert hat.

Paco Beltrán

44

Margrit Sprecher: Heimat ist, wo man sich mehrleisten kann. In: Die Weltwoche, Nr. 49, Dezember1991.

Norbert Winistörfer: Spanienrentner: «Uns geht esso gut wie noch nie». In: Der schweizerische Be-obachter, Nr. 3, 7. Februar 1997.

Claudia Wirz: Der späte Traum vom Leben imSüden. Schweizer Rentner in Spanien. In: NeueZürcher Zeitung, Nr. 148, 30. Juni 1997.

Bundesamt für Zuwanderung, Integration undAuswanderung (IMES): Leben und Arbeiten inSpanien. Daten, Vorschriften, Tipps. Bern, 2002.www.swissemigration.ch

Bundesamt für Zuwanderung, Integration undAuswanderung (IMES): Ruhestand im Ausland.Fragen, Hinweise, Tipps. Bern, 2003.www.swissemigration.ch

Spanien. Historische Entwicklung

Walter L. Bernecker: Spaniens Geschichte seitdem Bürgerkrieg. Beck, München 1997.

Ders.: Spanische Geschichte. Von der Reconqui-sta bis heute. Wissenschaftliche Buchgesellschaft,Darmstadt 2002.

Ders.: Krieg in Spanien 1936-1939. Wissenschaft-liche Buchgesellschaft, Darmstadt 1991.

Hans Hutter: Spanien im Herzen. Ein Schweizer imSpanischen Bürgerkrieg. Rotpunkt, Zürich 1996.

Peer Schmidt (Hg.): Kleine Geschichte Spaniens.Reclam, Stuttgart 2002.

I n t e r n e t - A d r e s s e n

Internet-Adressen zum Thema

http://www.alter-migration.ch

http://www.promigrante.ch.vu/

http://www.swissemigration.ch/elias/de/laenderin-formationen/index.htmlLänderdossiers über rund 100 Staaten. Angabenzu: Land und Leute, Aufenthaltsbewilligungen,Wohnen, Schulen, Mobilität, Sozialversicherungen,Steuern, Wirtschaft, Arbeitsmarkt.

http://www.auslaender.chBundesamt für Zuwanderung, Integration undAuswanderung (IMES): Informationen zu Einreise,Aufenthalt, Integration, Einbürgerung und mehr.

http://www.pro-senectute.ch

Literatur und Adressen

L i t e r a t u r

Alter und Migration

Amt für multikulturelle Angelegenheiten Frankfurtam Main (Hg.): «Mit Koffern voller Träume...» Ältere Migrantinnen und Migranten erzählen /Brandes & Apsel, Frankfurt am Main 2001.

Consejería Laboral de la Embajada de España:An’alisis de la encuesta sobre la situación de laspersonas mayores españolas residentes en Suiza,Bern 2001. E-Mail: [email protected]

Eidgenössische Ausländerkommission, Migros-Kulturprozent und Pro Senectute Schweiz (Hg.):Broschüren zur Pensionierung:– Fotoroman «Heimweh». Fallbeispiel eines frisch

pensionierten Migranten und seiner familiärenUmwelt.

– Informationsbroschüre «Vorbereitung auf diePensionierung».

– Pensionierung. Persönliches Dossier. Arbeits-heft, geeignet für Beratungssituationen erhältlich in Deutsch, Französisch, Italienisch,Spanisch und Portugiesisch. Kostenlos zu beziehen bei: BBL/EDMZ, 3003 Bern. Fax 031 325 50 58

Eidgenössischen Ausländerkommission EKA, ProSenectute Schweiz: Alter und Migration. Schluss-bericht der Fachtagung vom 29. September 1999.Pro Senectute Schweiz, 1999.

Rosita Fibbi, Claudio Bolzman, Marie Vial: Alterund Migration. Europäische Projekte mit älterenMigranten und Migrantinnen. Verlag Pro Senectu-te, 1999.

François Höpflinger: Ältere Migrantinnen undMigranten in der Schweiz.In: Intercura 1999, Nr. 68.

Heinz Nigg (Hg.): Da und fort: Leben in zwei Wel-ten. Interviews, Berichte und Dokumente zur Im-migration und Binnenwanderung in der Schweiz.Limmat-Verlag, Zürich 1999.

Schweizer Rentner in Spanien

Andreas Huber: Auswandern im Alter. Acht Lebensgeschichten von Schweizer Senioren an der Costa Blanca – ein Lese- undInformationsbuch. Verlag Seismo, Zürich 2004.

Andreas Huber: Sog des Südens. Altersmigrationvon der Schweiz nach Spanien am Beispiel CostaBlanca. Verlag Seismo, Zürich 2003.

Andreas Huber: Ferne Heimat – Zweites Glück?Sechs Porträts von Schweizer Rentnerinnen undRentnern an der Costa Blanca. Seismo, Zürich 1999.

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Literatur und Adressen

http://www.bibliothek.pro-senectute.chOnline-Katalog der Bibliothek der Pro SenectuteSchweiz.

http://www.eurag.ch Link zur Europäischen Arbeitsgemeinschaft Bundder älteren Generation Europas.

http://www.statistik-stadt-zuerich.infoStatistische Angaben zur Stadt Zürich

A d r e s s e n

Alter und Migration

«ESPERANZA»Postfach 3474, 8021 ZürichE-mail: [email protected]. 01 361 51 05, Fax 01 361 51 05

FEMAES / Proyecto ¡Adentro!José BañosPostfach 292, 8037 ZürichTel. 01 383 71 67E-Mail: [email protected]

Pro Senectute SchweizGeschäfts- und FachstelleLavaterstr. 60, Postfach, 8027 ZürichTel. 01 283 89 89, Fax: 01 283 89 80

Pro Senectute Kanton ZürichForchstrasse 145, Postfach, 8032 ZürichTel. 01 421 51 51, Fax: 01 382 18 62E-Mail: [email protected]://www.zh.pro-senectute.ch

Spanisches Konsulat

Spanisches GeneralkonsulatRiedtlistr. 17, 8006 ZürichTel. 01 368 61 00für Rechts- und Rückkehrfragen: Oficina Laboral: Tel. 01 368 60 90

Kirche

Misión Católica de Lengua EspañolaBrandschenkestr. 14, 8002 ZürichTel. 01 281 06 06

Spanische Vereine in Zürich

Asociación Popular EspañolaPostfach 5203, 8022 Zürich

Ateneo Popular EspañolLimmatstr. 35, 8005 ZürichTel. 01 480 21 24E-Mail: [email protected]://www.ateneo.ch

Casa Nostra de ZuricAssociació de gent de parla catalanaPostfach 327, 8060 ZürichTel. 01 926 39 29http://www.casanostradezuric.ch

Izquierda UnidaJosefstr. 102, 8005 Zürich

Promoción Cultural EspañolaJosefstr. 102, 8005 Zürich

Promoción da Cultura GalegaMilitärstr. 84, Postfach 9316, 8004 Zürich

Union General de Trabajadors Postfach 129, 8057 Zürich

P.S.O.E. Agrupacón de ZurichPostfach 192, 8057 Zürich

Adressen in Spanien

ADERE, (Rückkehrer-Organisation)Apto. Correos 166, E - 03700 DeniaTel. 0034 0696 61 09 49 / 0034 0639 97 45 68E-mail: [email protected]

Club Suizo Costa BlancaBAM, Buzón 733E- 03730 Jávea-AlicanteClubsekretariat: Tel./Fax 0034 0966 47 01 07E-mail: [email protected]://www.clubsuizo.info/

Intstitutionen Zürich

Altersheime der Stadt Zürich (AHZ)Walchestr. 31-33Postfach, 8035 ZürichTel. 01 216 47 44E-mail: [email protected]://www.altersheime-stadtzuerich.ch

Altersheim LimmatLimmatstr. 186, 8005 ZürichTel. 01 446 40 40E-Mail: [email protected]://www.altersheime-stadtzuerich.ch

Krankenheim ErlenhofLagerstrasse 119, 8004 ZürichTel. 01 298 39 00.http://www.erlenhof.chE-mail: [email protected]

Stiftung Alterswohnen in AlbisriedenGinsterstrasse 43, 8047 ZürichTel. 01 400 19 45E-mail: [email protected]://www.alterswohnen-awa.ch

wir hatten keine Vorstellung, wie lange wir bleiben wollten – die Zeiten sind

schwer gewesen – ich habe nie schlechte Erfahrungen mit Schweizern gemacht –

wenn wir nach Valencia gehen, sind wir dort Ausländer – meine Mentalität hat

sich geändert – ich habe mich nie einsam gefühlt – die Migration eröffnet neue

Horizonte – ich würde nochmals auswandern – die Schweiz: ein sauberes, ordent-

liches Land – wir wurden enorm ausgenutzt – ich werde in der Schweiz bleiben –

schweizerische Eigenschaften: Pünktlichkeit und Ordentlichkeit – ich habe mich

manchmal allein gefühlt – Heimweh hat man immer – ich habe mit dem Herzen

immer in Spanien gelebt – jetzt habe ich endlich Zeit – würde ich wieder in die

Schweiz auswandern? – ich lebe zwischen zwei Welten – mein Entscheid war gut

– du gehörst nie wirklich dazu – echte Freundschaft mit Schweizern gibt es nicht

– ich habe meinen Platz auf der Welt noch nicht gefunden – der Mensch braucht

Wärme und Licht – für mich war immer das Zwischenmenschliche schwer – ich

habe viel geträumt davon, wieder zurückzukehren – Heimweh hatte ich nie – wir

sind das ganze Leben hin und her gerissen – in Spanien sind wir zu Ausländern

geworden – wir sind keine richtigen Schweizer und nicht mehr richtige Spanier –

ich habe eine Vision von zwei Kulturen – Integration ist nicht mehr möglich –

Spanien entspricht nicht mehr meinen Erinnerungen und Träumen – hier habe ich

meine Enkel – wirkliche Integration war schwierig – man betrachtet mich in

Spanien als einen Bünzli – ich hatte immer das Gefühl, nicht voll dazuzugehören –

wir Rückkehrer haben einen speziellen Status – in der Schweiz habe ich immer

eine latente Ausgrenzung gespürt – Auswandern ist nicht immer die beste Lösung

– Wir dachten nicht an eine Rückkehr – engere Beziehungen entstanden nicht –

ich bin immer noch ein Ausländer – Mühe bereitete mir vor allem die Trennung

von meinen Kindern – wir fühlen uns noch nicht richtig zu Hause – das Leben in

der Schweiz hat unsere Persönlichkeit sehr bereichert