NOERR - Rechtliche Rahmenbedingung in Rumaenien

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Dieses Projekt wird von der ropälschen Union koflnanziert Europäischer Fonds für Regiona- le Entwicklung (EFRE) Im!tREG:IIIß.·;(;AOS.ES Rechtliche Rahmenbedingung der Einzelhandelsansiedlung in den Projektländern Teil 6 Rumänien Bukarest, Dezember 2005 NÖRR STIEFENHOFER LUTZ Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer' Partnerschaft

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Dieses Projekt wird von der Eu~

ropälschen Union koflnanziert

Europäischer Fonds für Regiona­le Entwicklung (EFRE)

Im!tREG:IIIß.·;(;AOS.ES

Rechtliche Rahmenbedingung derEinzelhandelsansiedlung in den Projektländern

Teil 6

Rumänien

Bukarest, Dezember 2005

NÖRR STIEFENHOFER LUTZRechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer' Partnerschaft

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Inhaltsü hersieht

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§ 1 STAATSORGANISATION UND RECHTSSySTEM 6

§ 2 ÜBERÖRTLICHE STEUERUNG VON EINZELHANDELS-ANSIEDLUNGEN 19

§ 3 ÖRTLICHE STEUERUNG VON EINZELHANDELSANSIEDLUNGEN ..... 30

§ 4 BAUORDNUNGSRECHT 34

LITERATURVERZEICHNIS 49

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Inhaltsverzeichnis

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§ 1 STAATSORGANISATION UND RECHTSSySTEM 6

I. Staatsorganisation 6

I. Allgemeines 6

2. Die Stellung des Parlaments 7

3. Die Stellung des Präsidenten und der Regierung 8

H. Staatsverwaltung 10

I. Organe der zentralen Staatsverwaltung 11

a) Die Ministerien 11

b) Die Fachorgane der zentralen Verwaltung 11

2. Organe der lokalen Staatsverwaltung llIll. Rechtssystem 14

I. Gerichtsaufbau in Zivi lsachen 14

2. Verfassungsgerichtsbarkeit 16

3. Rechtsschutzsystem 17

a) Rechtsschutz im Verwaltungsrecht.. 17

b) Rechtsschutz im Handelsrecht 18

4. Normenhierarchie 18

§ 2 ÜBERÖRTLICHE STEUERUNG VON EINZELHANDELS-ANSIEDLUNGEN 19

1. Grundsätze der Raum- und Städtebauordnung in Rumänien 20

II. Befugnisse der staatlichen Behärde im Bereich der Raum- und Städtebauordnung

........................................................................................................................... 20

II1. Struktur der Uberärtlichen Regelungen im Bereich der Raum- und

Städtebauordnungen. Regelungsadressat 21

I. Regelungen der Raumordnung 21

2. Regelungen der Städtebauordnung 22

llI. UmweltverträglichkeitsprUfung 23

IV. Einzelhandelrelevante Aspekte 24

1. Die Allgemeine Städtebauregelung 24

2. Regierungsverordnung Nr. 9912000 25

3. Der Regierungsbeschluss H.G. 1.454/2004 26

a) Aufsichtskommission 26

b) Stellungnahme der Kommission 27

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c) Städtebauplan betreffend die Handelszonen 28d) In-Kraft-Treten/Ausführung 28

§ 3 ÖRTLICHE STEUERUNG VON EINZELHANDELSANSIEDLUNGEN 30

I. Städtebauregelung auf Lokalebene 30II. Städtebauordnung - Städtebaupläne 31

a) Allgemein 31b) Umwidmung der Städtebauplanung auf Gemeindeebene 33

IlI. Städtebauzertifikat 33

§ 4 BAUORDNUNGSRECHT 34

I. Einordnung des Bauordnungsrechts 34II. Inhalt des Bauordnungsrechts 34

I. Allgemeines zum Baugenehmigungsverfahren 34a) Zuständigkeit 34b) Baugenehmigungspflicht 35c) Prüfung durch die Baugenehmigungsbehörde 36d) Weitere Aspekte 36

2. Das Baugenehmigungsverfahren 37a) Beginn des Genehmigungsverfahrens 37b) Der Bauantragsteller 38c) Bauantrag 39d) Beteiligung anderer Behörden 40e) Ansprüche der Nachbarn 41f) Dauer / Beendigung des Baugenehmigungsverfahrens 42

3. Die Baugenehmigung 43a) Form der Baugenehmigung 43b) Gültigkeitsdauer. 44c) Teilbaugenehmigung (autorizalie parlialä) 44

4. Anforderungen an Bauvorhaben 45a) Grundsätze 45b) Zu bebauendes Grundstück 45c) Die Bauausflihrung 45d) Problematik der Parkplätze 46

5. Baurechtlicher Nachbarschutz (proteclia vecinilor) 476. Baurechtswidrige Vorhaben 47

III. Einzelhandelsrelevante Aspekte 48

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LITERATURVERZEICHNIS 49

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§ 1 Staatsorganisation und Rechtssystem

I. Staatsorganisation

1. Allgemeines

Im Jahre 1991 hat das rumänische Volk über die künftige Verfassung ihresLandes abgestimmt. Diese Verfassung wurde 2003 novelliert und durch einReferendum angenommen. I

Gemäß der Verfassung ist Rumänien ein Zentralstaat und verwaltungsmäßigin Kreise Uudete), Gemeinden und Städte gegliedert (Art. 3 Abs. 3).

Rumänien bezeichnet sich als Nationalstaat, als unabhängiger, unteilbarer,einheitlicher Staat (Art. I Abs. I), sowie als demokratischer und sozialerRechtsstaat (Art. lAbs. 3).

In der Verfassung ist die Republik als Staatsform festgelegt (Art. lAbs. 2),die Souveränität geht vom rumänischen Volk aus (Art. 2 Abs.l).

Staatsziele sind die Gewährleistung der Menschenwürde, die Garantie derRechte und Freiheiten der Bürger und der politische Pluralismus (Art. 1 Abs.3). Zudem gilt das Prinzip der Gleichbehandlung aller Bürger ohne Unter­schied der Volkszugehörigkeit, der Sprache, des Glaubens, des Geschlechtsoder der sozialen Herkunft und der politischen Zugehörigkeit (Art. 4 Abs. 2).Auch die nationalen Minderheiten genießen den Schutz des Staates (Art. 6).

Im Hinblick auf den Aufbau der Staatsorganisation und der wichtigsten Auf­gaben und Befugnisse der Organe der Staatsgewalt sind die klassischenGrundsätze in der Verfassung verankert (Art. lAbs. 4, 5):

Die rumänische Verfassung vom 31.10.2003, Amtsblatt Nr. 767 vom 31.10.2003, noveHiert durchGesetz Nr. 42912003, Amtsblatt Nr. 758 vom 29.10.2003. Weiterführende Hinweise zur Literaturbei: Nluraru, Drept constitutional si institutii politice (Verfassungsrecht und Politische Institutio­nen), Bucuresti, 1998, forgovan, Drept administrativ (Verwaltungsrecht), Bucuresti, 2003,Leonhardt, Gerichtliche Kontrolle der Verwaltung unter besonderer Berücksichtigung vonErrnessensentscheidungen am Beispiel Rumäniens, in: atto Luchterhandt (Hrg.), Verwaltung lindVerwaltungsrecht im Erneuerungsprozeß Osteuropas, 2001.

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• Das Prinzip der Teilung und des Gleichgewichts der Funktionsbereicheder Staatsgewalten;

• Das Prinzip der Volkssouveränität;

• Das Prinzip der Herrschaft der Gesetze.

In der Verfassung Rumäniens ist der Grundsatz der Gewalueilung verankert.Demnach üben die drei Gewalten die Staatsgewalt aus; nämlich die Legisla­tive, die Judikative und die Exekutive.

2. Die Stellung des Parlaments

Gemäß der Verfassung ist das Parlament das höchste Organ der Volksvertre­tung in Rumänien und übt die gesetzgebende Gewalt aus (Art. 61 Abs. 1Verf.).

Rumänien hat ein Zwei-Kammer-Parlament, bestehend aus dem Senat undder Abgeordnetenkammer (Art. 61 Abs. 2 Verf.). Die Mitglieder beiderKammern werden in allgemeinen, gleichen und direkten Wahlen für vier Jah­re bestimmt (Art. 63 Abs. 1 Verf.). Diese können ihre Mandate aufgrund derParteiliste von ihrem Wahlkreis oder einer selbstständigen Kandidatur erwe­ben. Dem Senat gehören 143 Mitglieder, der Abgeordnetenkammer 343 Mit­glieder an?

Die Abgeordnetenkammer und der Senat treten jährlich zu zwei ordentlichenSitzungen zusammen (Art. 66 Verf.). Zudem treten beide Kammern zu ge­meinsamen Sitzungen zusammen, wenn es sich um den Staatshaushalt, dieallgemeine Mobilmachung oder die Ausrufung des Kriegszustandes handelt(Art. 65 Abs. 2 Verf.). Ferner kann es zu außerordentlichen Sitzungen aufAntrag z.B. des Präsidenten kommen (Art. 66 Abs. 2 Verf.). Beide Kammernhaben nahezu identische legislative Kompetenzen. Gemäß dem Mehrheits­prinzip verfasst das Parlament Gesetze, Beschlüsse und Anträge (Art. 67Verf.).

Eine der wichtigsten Aufgaben des Parlaments besteht in der Gesetzgebung,d.h. in der Schaffung von Rechtsnormen höchster Ebene. Gemäß der Verfas-

Gesetz NI'. 37312004 vorn 24.09.2004, Amtsblatt NI'. 887 vorn 29.09.2004.

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sung (Art. 73) bestehen 3 Arten von Gesetzen, die vom Parlament erlassenwerden:

• Verfassungsgesetze, die das Grundgesetzbuch novellieren;

• Organische Gesetze, die den sog. Zustimmungsgesetzen im deutschenRecht entsprechen. Diese legen die Vorschriften für bestimmte Berei­che fest, z.B. die Gesetze über Eigentum und das "Verwaltungsstreitge­setz". Sie werden mit der Mehrheit der Stimmen der Mitglieder jederKammer verabschiedet;

• Ordentliche Gesetze sind die übrigen Gesetze, die mit der Mehrheit derStimmen der anwesenden Mitglieder jeder Kammer verabschiedet wer­den.

Das Recht auf Gesetzesinitiative haben neben der Regierung auch Abgeord­nete, Senatoren und wahlberechtigte Bürger, sofern sie mindestens 100.000Unterschriften gesammelt haben (Art. 74 Abs. 1). Die Initiativen der Regie­rung (Vorlagen und Vorschläge) sind der zuständigen Kammer zu übennit­tein (Art. 74 Abs. 3). Die Parlamentarier machen in der Praxis von ihremRecht Gebrauch, Änderungen zu den Gesetzesinitiativen vorzuschlagen. Die­se müssen der zuständigen und zuerst einberufenen Kammer übermittelt undvon einem Legislativrat geprüft werden (Art. 79). Die von einer Kammer an­genommenen oder zurückgewiesenen Gesetzesinitiativen sind der zweitenKammer zwecks endgültiger Bestimmung zu übermitteln (Art. 75 Abs. 3).Der Staatspräsident hat die Gesetze innerhalb einer Frist von 20 Tagen zu un­terzeichnen und zu verkünden (Art. 77 Abs. 1). Der Präsident kann einmalvom Parlament verlangen, das Gesetz zu überprüfen.

3. Die Stellung des Präsidenten und der Regierung

Der Präsident wird direkt vom Volk für eine Amtszeit von 5 Jahren gewählt(Art. 83 Abs. lVerf.) und übt im Wesentlichen, gemäß der Verfassung, dreiFunktionen aus:

a) Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und hat unter anderem die Aufga­be, den rumänischen Staat nach innen und nach außen zu vertreten. Erschließt internationale, von der Regierung verhandelte Abkommen,

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setzt die Botschafter auf Vorschlag der Regierung ein, ernennt Amts­träger in öffentlichen Stellen, zu denen auch Richter, Staatsanwälte unddrei von neun Mitgliedern des Verfassungsgerichthofes gehören und erübt das Begnadigungsrecht aus (Art. 80 Abs. 1, Art. 91 Abs. 1,2, Art.94 Verf.).

b) Der Präsident ist "Haupt der Regierung" und bestimmt dementspre­chend einen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs und ernenntdie Regierung aufgrund eines vom Parlament abgegebenen Vertrauens­votums (Art. 85 Abs. 1 Verf.). Der Präsident kann das Parlament auflö­sen, wenn dieses die Regierungsbildung nicht innerhalb von 60 Tagendurch sein Vertrauensvotum billigt (Art. 89 Abs. 1 Verf.). Der Präsidentist in bestimmten Fällen zur Teilnahme an den Sitzungen der Regierungberechtigt und kann die Regierung um Rat für dringende Angelegenhei­ten fragen (Art. 86, 87 Verf.).

c) Der Präsident ist der Garant des Staates. Ihm kommt es zu, die Einhal­tung der Verfassung zu überwachen und für das Funktionieren der öf­fentlichen Behörden zu sorgen. Er hat zwischen den Staatsgewalten so­wie zwischen der Gesellschaft und dem Staat zu vermitteln (Art. 80Abs. 1 Verf.). Das Staatsoberhaupt besitzt kein Recht auf Gesetzesiniti­ative.

Der Staatspräsident kann zur Durchführung seiner Befugnisse Erlasseherausgeben, die vom Regierungschef zu unterzeichnen sind (Art. 100Abs. 1,2 Verf.).

Das politische System Rumäniens trägt demnach die Züge einer Mischformzwischen einem parlamentarischen und einem präsidialen Regierungssystem 3

Die Regierung übt die Exekutiv- und Verwaltungsfunktion aus (Art. 102 Abs.1): Die Regierung verwirklicht die Innen-, und Außenpolitik auf der Grund­lage ihres vom Parlament verabschiedeten Regierungsprogramms und nimmtdie allgemeine Leitung der öffentlichen Verwaltung wahr.

Antonie lorgovan, Verwaltungsrecht in Rumänien, S. 294, dritte Auflage, Bukarest, All Beck Ver­lag 200 I.

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Die Regierung wird vom Premierminister, von den Ministern und anderenMitglieder gebildet (Art. 102 Abs. 3 Verf.). Der Regierungschef wird vomStaatspräsidenten benannt (Art. [02 Abs. [ Verf.). Er muss sich innerhalb

von 10 Tagen nach seiner Ernennung dem Vertrauensvotum des Parlamentsstellen und für sich, sein Programm und die ganze Liste der Regierung Unter­stützung bekommen (Art. 102 Abs. 2 Verf.).

Innerhalb der Regierung übt der Premierminister eine Leitungs- und Kon­trollfunktion aus. Eine ausdrückliche Richtlinienkompetenz besitzt er jedochnicht.4

Die Tätigkeit der Regierung und der anderen Organen der öffentlichen Ver­waltung unterliegt der parlamentarischen Kontrolle, im Sinne einer Mittei­lungspflicht (Art. [11 Abs. I Verf.). Die Minister der Regierung tragen ge­meinsam gegenüber dem Parlament die politische Verantwortung. (Art. 109Abs. I Verf.).

Die Regierung kann Beschlüsse und Verordnungen verabschieden. Beschlüs­se dienen der Ausführung von Gesetzen (Art. [08 Abs. 1,2), Verordnungenergehen nur auf der Grundlage eines vom Parlament erlassenen Ermächti­gungsgesetzes und ausschließlich in den Bereichen, die nicht von einem sog.organischen Gesetz geregelt sind (Art [[ 5 Abs. 1,2). Ferner kann die Regie­rung eine Eilverordnung für außerordentliche Situationen erlassen (Art. 115Abs. 5 Verf.). Die Rechtsakte der Regierung werden vom Premierministerunterschrieben und von den Ministern gegengezeichnet (Art. 108 Abs. 4Verf.).

II. Staatsverwaltung

Das Staatsgebiet Rumäniens gliedert sich in 41 Kreise, die sich aus Städten undGemeinden zusammensetzen sowie in die Hauptstadt, die aus 6 Sektoren besteht(Art. 3 Abs. 3 Verf.).

4 Antonie Iorgovan, Verwaltungsrecht in Rumänien, S. 390.

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1. Organe der zentralen Staatsverwaltnng

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Neben der Regierung, als Hauptorgan der zentralen Staatsverwaltung, bein­haltet das rumänische Verwaltungssystem die Ministerien und die Fachorga­ne (Art. 116 Abs. 1,2 Verf.).

a) Die Ministerien

Die Ministerien sind die Hauptorgane je eines der Funktionsbereicheder Staatsgewalt, unter der Leitung eines Ministers.5 Die Minister wer­den auf Vorschlag des Premierministers vorn Präsidenten ernannt bzw.von ihren Ämtern entbunden.6 Die Ministerien führen ihre öffentlichenDienste auf lokaler Ebene durch eigene öffentliche Dienststellen durch.?Innerhalb ihrer Befugnisse erlassen die Ministerien Verordnungen.

b) Die Fachorgane der zentralen Verwaltnng

Die Fachorgane der Zentralverwaltung können zum einen der Regie­rung unterstehen. Dann haben sie eine landesweite Kompetenz für einenbestimmten Bereich (z.B. die rumänische Agentur für Energie, die ru­mänische Agentur für Zahlungen). Zum anderen können sie ihre Tätig­keit als autonome Organe der öffentlichen Verwaltung auf einer lan­desweiten Ebene ausüben (z.B. der Ombudsmann, der Rechnungshof,der rumänische Geheimdienst, die Nationalbank Rumäniens).8 DieseFachorgane sind auch auf lokaler Ebene vertreten. Innerhalb ihrer Be­fugnisse erlassen die Fachorgane der zentralen Verwaltung ebenfallsVerordnungen.

2. Organe der lokalen Staatsverwaltung

Die lokale Verwaltung richtet sich nach zwei Grundprinzipien aus (Art. 120Abs. I), nämlich nach dem Prinzip der lokalen Autonomie und dem Prinzipder Dezentralisierung (descentralizare) öffentlicher Dienste.

Art. 34 des Gesetzes Nr. 90/2001 vom 26.03.2001, Amtsblatt Nr. 164 vom 01.02.2001, ergänztdurch Gesetz Nr. 23/2003 vom 03.03.2003, Amtsblatt Nr. 187 vom 03.03.2003 und durch die Eil­verordnung Nr. 64/2003 vom 28.06.2003, Amtsblatt Nr. 464 vom 29.06.2003.Art. 38 des Gesetzes NI'. 90/200 I.Art. 43 des Gesetzes Nr. 90/2001.Antonie Iorgovan, Yerwaltungsrecht in Rumänien, S. 437.

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Die lokale Autonomie (autonomie locala) umfasst das Recht und die Fähig­keit der lokalen öffentlichen Verwaltungsbehörden, im Namen und zugunstender Gemeinden, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu regeln.Die lokale Autonomie beinhaltet die Verwaltungs-, und Finanzautonomie in­nerhalb des gesetzlichen Rahmens.9 Die Kreise, Städte und Gemeinden sindjuristische Personen des öffentlichen Rechts und verfügen über ihr eigenes

Vermögen und über eigene Einnahmequellen (örtliche Steuern und Abga­ben).lo

Diese lokale Autonomie wird durch die gewählten Kreis-, Stadt-, Gemeinde­räte und Bürgermeister auf zwei Ebenen gewährleistet (Art. 121 Abs. 1):

a) Auf Kommunalebene üben legislative Befugnisse die Stadt- bzw. Ge­meinderäte aus, die exekutive Funktion die Bürgermeister." Die Mit­glieder des Stadt- bzw. Gemeinderates und der Bürgermeister sinddurch Kommunalwahlen für eine Dauer von 4 Jahren gewählt und erle­digen die örtlichen Verwaltungsangelegenheiten. Ihnen obliegen dieAngelegenheiten, die mit der Durchführung öffentlicher Dienste undder Entwicklung internationaler Kooperationen in Zusammenhang ste­hen. t2 Bürgermeister und Stadt- bzw. Gemeinderat sind gleichrangig.

aa) Der Stadt- bzw. Gemeinderat

legt die Grundsätze für die Verwaltung der Stadt bzw. derGemeinde fest und entscheidet über alle grundlegenden An­gelegenheiten der Gemeinde durch Beschluss; t3

erteilt die Genehmigung für den Haushalt und legt die örtli­chen Steuern und Abgaben fest;

Art. 4 des Gesetzes Nr. 215120.01 vom 23.04.2001, Amtsblatt Nr. 204 vom 23.04.2001, ergänztdurch Gesetz Nr. 14112004, Amtsblatt Nr. 396 vom 04.05.2004 und Eilverordnung Nr. 7412001,Amtsblatt Nr. 271 vom 25.05.2001, abgeändert durch Gesetz Nr. 39312004, Amtsblatt Nr. 912 vom07.10.2004, Gesetz Nr. 34012004, Amtsblatt Nr. 658, vom 21.07.2004, Gesetz Nr. 14112004, Amts­blatt Nr. 396 vom 04.05.2004, Gesetz Nr. 16112003, Amtsblatt Nr. 279 vom 21.04.2001, Gesetz Nr.21612002, AmtsblattNr. 288 vom 29.04.2002.Art. 25,19,9 des Gesetzes Nr. 21512001.Art. 21 des Gesetzes Nr. 21512001.Art. 24 des Gesetzes Nr. 215/200 l.Art. 38 des Gesetzes Nr. 215/2001.

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verwaltet das öffentliche und private Vermögen und ent­scheidet über die Konzessionsvergabe, die Verwaltung undVermietung öffentlichen Vermögens, sowie die Dienste derGemeinde;

entscheidet über Bebauungspläne, und genehmigt die Forma­lien zur Durchführung von lokalen Investitionen (dazu untenausführlicher).

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bb) Der Bürgermeister

ist das Hauptorgan der lokalen Staatsverwaltung und ent­scheidet über alle wesentl ichen Angelegenheiten der Ge­meinde durch Verordnungen: 14

führt die Beschlüsse des Stadt- bzw. Gemeinderates aus undteilt dem Präfekt mit, falls die Beschlüsse rechtswidrig sind;

legt den gemeindlichen Haushalt fest und nimmt die Funkti­on des Budgetverwalters wahr;

tritt als Vertreter des Staates auf, sofern er staatliche Befug­nisse ausübt;

ergreift Maßnamen zur Erstellung des lokalen Bebauungs­plans.

b) Auf Kreisebene fungieren die Kreisräte die ebenfalls durch Wahlen füreine Dauer von 4 Jahren gewählt werden. Die Organe der kommunalenStaatsverwaltung (Stadt- bzw. Gemeinderat, Bürgermeister) sind demKreisrat gleichgeordnet.

Der Kreisrat erlässt Beschlüsse zur Umsetzung ihm zugeordneter Befugnis­se. 15

Er koordiniert und unterstützt die Tätigkeit der kommunalen Staatsverwal­tung.

Art. 66,67,68 des Gesetzes NI'. 215/2001.Art. 104 des Gesetzes NI'. 21512001.

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Er verwaltet das Kreisbudget, das aus eigenen Einnahmen besteht (örtlicheSteuern, sonstige Abgaben), und Staatseinnahmen.

Gemäß der Verfassung benennt die Regierung einen Vertreter (Präfekt) in je­dem Kreis und in der Hauptstadt (Art. 123 Verf.). Der Präfekt leitet und ko­ordiniert die dezentralen öffentlichen Dienste der Ministerien oder der Fach­organe der zentralen Staatsverwaltung. Der Präfekt übt eine verwaltungsmä­ßige "Vormundschaft" der lokalen Behörden aus und ist zur Überprüfung derEinhaltung der Gesetze durch die kommunalen Staatsverwaltungen berech­tigt. Der Präfekt kann die Verwaltungsakte der Städte-, Gemeinde- undKreisräte vor dem zuständigen Verwaltungsgericht in einem Verwaltungs­streitverfahren anfechten, wobei diese Akte bis zur Lösung der Sache de jureaufgehoben werden. Zwischen dem Präfekt einerseits, und den Städte-, Ge­meinde-, Kreisräten andererseits, besteht keine Unterordnung. 16 Zur Durch­führung seiner Befugnisse kann der Präfekt Verordnungen als Verwaltungs­akte erlassen.

III. Rechtssystem

Will man das Rechtssystem vereinfachend kategorisieren, so ist dieses dem roma­nischen Rechtskreis zuzuordnen.

Die Kultur und Sprache Rumäniens sind lateinischen Ursprungs, so auch dasRechtssystem Rumäniens. Bereits seit dem 19. Jahrhundert verfügt Rumänien über

ein Zivilgesetzbuch ("Cod civil"), ein Handelsgesetzbuch und eine Zivilprozess­ordnung, deren Vorbilder die französischen, italienischen, belgischen, deutschenund schweizerischen Gesetzbücher waren. Trotz vieler Gesetzesnovellierungen istbis heute der Kern des kontinental-europäischen Rechtskreises erhalten geblieben.

Das bürgerliche Recht baut auf römischen Rechtsgrundsätzen auf. Das Verwal­tungsrecht ist vom russischen und französischen Verwaltungsrecht beeinflusst.

1. Gerichtsaufbau iu Zivilsachen

Das Justizwesen wird in Rumänien vom Obersten Gericht (OHG) und vonden anderen Gerichten gebildet (Art. 126 Abs. I). Die Gründung außeror­dentlicher Gerichte ist gemäß der Verfassung verboten (Art. 123 Abs. 5). Für

16 Art. 133,134 des Gesetzes Nr. 21512001.

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bestimmte Rechtsgebiete ist die Einrichtung von Fachgerichtsbarkeiten er­laubt, so für Minderjährige und Familie, oder Arbeitsangelegenheiten, für so­zialversicherungs-, handels- und verwaltungsgerichtliche Fragen (Art. 126Abs. 5 Verf.). Bei bestimmten Gerichten bestehen Abteilungen für Seefahrtund Binnenschifffahrt.

Im Rahmen des vierstufigen Gerichtsaufbaus bestehen folgende Gerichte: 17

a) die Gerichte der untersten Stufe (die Amtsgerichte);

b) die Gerichtshöfe der 41 Kreise und der Hauptstadt Bukarest;

c) die 15 Appellationsgerichte;

d) der Oberste Gerichtshof.

Die Zuständigkeit der rumänischen Gerichte stellt sich wie folgt dar:

a) In den größeren Städten und zum Teil auch in den Gemeinden sindAmtsgerichte eingerichtet. Die sachliche Zuständigkeit der Amtsgerich­te erstreckt sich in Zivilsachen auf alle Prozesse und Anträge, für dienach dem Gesetz keine anderen Gerichte zuständig sind. Die Amtsge­richte haben darüber hinaus über Beschwerden gegen Entscheidungender Behörden mit "Rechtsprechungsaufgaben" und in sonstigen Angele-

h . h'd 18gen elten zu entsc el en.

b) Die Gerichtshöfe der Kreise, einschließlich der Hauptstadt Bukarest,haben zahlreiche erstinstanzliche Zuständigkeiten in Zivilsachen undsind ebenfalls Appellationsgerichte: Diese haben über Berufungen ge­gen erstinstanzliche Urteile der Amtsgerichten zu entscheiden und inbestimmten Fällen auch über Rekurse. Ferner sind die Gerichtshöfeauch für weitere, ihnen zugewiesene Angelegenheiten zuständig. 19

c) Die Appellationsgerichte haben in Zivilsachen erstinstanzliche Zustän­digkeiten. In Verwaltungsstreiten üben sie die Rechtskontrolle über

Art. 2 des Gesetzes Nr. 30412004 vom 28.06.2004, Amtsblatt Nr. 576 vom 29.06.2004, abgeändertdurch Gesetz Nr. 12412004 vom 24.11.2004, Amtsblatt Nr. 1168 vom 09.12.2004.Art. 1 ZPO.Art. 2 ZPO.

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Verwaltungsakte der zentralen Behörden aus. Die Appellationsgerichteentscheiden maßgeblich über die gegen erstinstanzliche Entscheidungender Gerichtshöfe oder Amtsgerichte eingelegten Berufungen. Ebenfallsentscheiden sie über Rekurse gegen die von Gerichtshöfen als Appella­tionsgerichte erteilten Urteile. Ferner sind die Appellationsgerichteauch für weitere, ihnen zugewiesene Angelegenheiten zuständig.2o

d) Der Oberste Gerichtshof (OHG) hat die vorrangige Aufgabe "die ge­setzmäßige und einheitliche Anwendung der Gesetze durch alle Instan­zen" sicherzustellen, d.h. eine einheitliche Rechtsprechung zu gewähr­leisteIl. Durch die jeweils vier zuständigen Abteilungen entscheidet derOHG über Rekurse gegen erstinstanzliche und im Appellationsverfah­ren ergangene Entscheidungen der Appellationsgerichtshöfe, aber auchin anderen gesetzlich bestimmten Fällen. Ferner hat der OHG über au­ßerordentliche Rechtsmittel zu entscheiden, etwa über den sog. Rekursim Interesse des Gesetzes.lI

2. Verfassungsgerichtsbarkeit

Das Verfassungsgericht ist der Garant der rumänischen Verfassung (Art.142). Das Verfassungsgericht ist von anderen Staatsorganen unabhängig undnur der Verfassung und dem Verfassungsgerichtsgesetz unterworfen.22 DasVerfassungsgericht kann auf Antrag bestimmter Organe die Verfassungsmä­ßigkeit der Gesetze vor ihrer Verkiindung überprüfen. Ferner ist eine Über­prüfung der Gesetze möglich, wenn bei Gerichten Einwendungen wegen Ver­fassungswidrigkeiten von Gesetzen erhoben werden, die diese dem Verfas­sungsgericht vorlegen müssen (Art 146 Verf.). Stellt das Verfassungsgerichtfest, dass eine Norm rechtswidrig ist, so ist diese Entscheidung allgemein­verbindlich, d.h. spätere Einwendungen der Verfassungsmäßigkeit sind be­züglich dieser Rechtvorschrift nicht mehr zulässig.2J

Art. 3 ZPO.Art. 4 ZPO.Art. lAbs. 2 des Gesetzes Nr. 47/1992 vom 18.05.1992, Amtblatt Nr. 643 vom 16.07.2004.Art. 11 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 47/1992.

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3. Rechtsschutzsystem

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Von elementarer Bedeutung für die Planung und Errichtung sowie den Be­trieb von Einzelhandelsbetrieben sind Rechtsschutzmöglichkeiten, da die Ge­fahr einer Verzögerung durch Rechtsstreitigkeiten besteht.

a) Rechtsschutz im Verwaltungsrecht

Partei des Rechtsstreits in Verwaltungsangelegenheiten kann zum eineneine natUrliehe oder juristische Person sein.24 Ferner kann der Om­budsmann, die Generalstaatsanwaltschaft oder der Präfekt einen Ver­waltungsakt vor dem zuständigen Verwaltungsgericht anfechten.25 DieGesetzmäßigkeit eines einseitigen Verwaltungsaktes kann durch einenEinspruch, im Rahmen eines Verfahrens "ab officio" oder auf Antragder interessierten Partei UberprUft werden26 Nicht in die Zuständigkeitder Verwaltungsgerichte fallen Verwaltungsakte, welche die Beziehun­gen mit dem Parlament und Befehlsakte der Armee betreffen?? DerKlage vor Gericht muss ein Vorverfahren vorausgehen. Der Wider­spruch kann an die mit der Angelegenheit befasste Behörde selbst oderan die Ubergeordnete Behörde gerichtet werden 28 Der Kläger kann dievollständige oder teilweise Aufhebung des angefochtenen Verwaltungs­aktes und ggf. Schadenersatz verlangen.29 Die "Finanzgerichte" sindzuständig fUr Rechtstreitigkeiten Uber Verwaltungsakte, die von lokalenBehörden erlassen werden und Rechtsstreitigkeiten Uber Steuern undAbgaben unter dem Wert von 5 Mld. ROL. lO Die Rechtsstreitigkeiteniiber Verwaltungsakte, die von den zentralen Behörden erlassen wur­den, und über Steuern und Abgaben oberhalb des Wertes von 5 Mld.ROL, sind von den verwaltungsrechtlichen Abteilungen der Appellati-

Leonhardt, Peter: Gerichtliche Kontrolle der Verwaltung unter besonderer Berücksichtigung vonErmessensentscheidungen am Beispiel Rumäniens, in: Dtto Luchterhandt (Hrg.), Verwaltung lindVerwaltungsrecht im Erneuerungsprozeß Osteuropas, 2001 S. 319-344 (328). Art. 1 Abs. 1 des Ge­setzes Nr. 554/2004 vom 02.12,2004, Amtsblatt Nr. 1154 vom 07,12,2004,Art, 1 Abs. 2, 3, Art. 3 Abs, I des Gesetzes Nr, 55412004,Art. 4 des Gesetzes Nr. 55412004,Art. 5 des Gesetzes NI', 554/2004,Art. 7 des Gesetzes Nr. 554/2004,Art. 8 des Gesetzes NI', 554/2004.Art. 10 Abs. 1 des Gesetzes NI'. 55412004.

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onsgerichten ZU beurteilen.3l Die gesetzmäßige Frist für die Einleitungdes Verwaltungsstreitverfahrens ist auf 6 Monate festgelegt. 32

b) Rechtsschutz im Handelsrecht

Eine Abgrenzung der handelsrechtlichen von anderen Streitigkeitenmuss sich auf den Begriff des Handelsgeschäftes stützen. Für Rechts­streitigkeiten in Handelssachen sind die Gerichtshöfe der Kreise in ers­ter Instanz zuständig, wenn der Streitwert über IMid. ROL beträgt oderder Rechtstreit nicht bewertbar ist. Über Handelssachen mit einem nied­rigeren Streitwert entscheiden die Amtsgerichte. 33 Das Verfahren inHandelssachen ist in einem am Schluss der ZPO neu eingeführten Kapi­tel geregelt. 34 Danach hat der Kläger bei einem Rechtsstreit, dessenWert bezifferbar ist, vor Klageerhebung den Beklagten zum Versucheiner unmittelbaren Schlichtung einzuladen. Die Klage ist in diesen Fäl­len nur zulässig, wenn das Ergebnis des Schlichtungsversuchs oder derNachweis vorliegt, dass der Beklagte der Einladung nicht Folge geleis­tet hat. Außerdem hat das Gericht während des gesamten Verfahrensauf eine gütliche Streitbeilegung hinzuwirken.35

4. Normenhierarchie

Die Bestimmungen der rumänischen Verfassung stehen an oberster Stelle derNormenhierarchie. Die organischen Gesetze befinden sich auf der zweitenStufe der Hierarchie. Diese regeln u.a. das allgemeine juristische Regime desEigentums und des Erbrechts und die allgemeinen Regeln im Hinblick auf dieArbeitsverhältnisse. Die ordentlichen Gesetze und die von der Regierung er­lassenen Verordnungen folgen in der Hierarchie auf der dritten Stufe. Unter­halb dieser Stufe folgen die Beschlüsse der Regierung zur Durchführung derGesetze, die Erlasse des Präsidenten, die Verordnungen der Ministerien undder Fachorgane der zentralen Staatsverwaltung. Auf der letzten Stufe derNormenhierarchie befinden sich die Beschlüsse des Stadt- bzw. Gemeindera­tes und die Verordnungen des Bürgermeisters.

Siehe oben Fn. 30.Art. I I des Gesetzes Nr. 554/2004.Art. I ZPO, siehe dazu oben Fn. 18.Kapitel XIV des ZPO.Art. 720' ZPO.

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§ 2 Überörtliche Steuerung von Einzelhandelsansiedlungen

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Einzelhandelsvorhaben haben in Rumänien die gesetzlichen Vorschriften betreffend dieRaum- und Städtebauordnung (Lege nr. 350/2001 privind amenajarea teritoriului ~i

urbanismul) auf nationaler und auf lokaler Ebene zu beachten.36 Es gibt eine Reihe vonvergleichsweise neuen Normen die zur Steuerung von Einzelhandelsvorhaben dienen.Dazu gehören: Das Gesetz NI'. 35012001 betreffend die Raum- und Städtebauordnung,die Allgemeine Städtebauordnung (Regulamentul general de urbanism) von 27.06.1996,der Regierungsbeschluss NI'. 145412004 betreffend die großflächigen Einzelhandelan­siedlungen (Hotärärea Guvernului nr. 1454/2004 pentru aprobarea criteriilor deimplantare a structurilor de vänzare cu amänuntul cu suprafalä mare ~i definireatipologiei structurilor de vänzare) (nachfolgend "H.G. 1.454/2004" genannt), die Regie­rungsverordnung NI'. 9912000 betreffend den Handel mit Produkten und Dienstleistun­gen (Ordonanta Guvernului nr. 99/2000 privind comercializarea produselor ~i serviciilorde pialä) sowie die einzelnen Abschnitte der Raumordnungspläne (plan de amenajare ateritoriului) auf Nationalebene.

Vor dem Hintergrund der überwiegend sehr neuen rumänischen Regelungen im Bereichder Raum - und Städtebauordnung hat sich in Rumänien eine entsprechende Rechtslite­ratur oder Kasuistik in der Rechtsprechung bisher nur schwach entwickelt. Aus diesemGrund sind insbesondere die vorhandenen anwendbaren gesetzlichen Regelungen zu be­achten.

Eine spezielle Regelung der Einzelhandelsansiedlung ist im Bereich der überörtlichenRaum- und Städtebauordnung nur ausnahmsweise im H.G. 145412004 angesprochen.Einzelne Regelungen bezüglich des Einzelhandels finden sich ebenfalls in der Allge­meinen Städtebauregelung und in der Regierungsverordnung NI'. 99/2000. Die sonstigenRegelungen stellen hauptsächlich allgemeine Regelungen dar, die allerdings auch fürEinzelhandelsansiedlungen anwendbar sind. Nachfolgend sind daher diese allgemeinenRegeln und die im jeweiligen Rechtsgebiet einschlägigen Sonderregelungen normiert.

36 Wie bereits oben unter § 1 aufgeführt, ist das Hoheitsgebiet Rumäniens in 41 Kreise gegliedert. Dadie gesetzlichen Vorschriften betreffend die Raumordnung und die Städtebauordnung auf Kreisebe­ne durch sämtliche im Rahmen des jeweiligen Kreises befindlichen Gemeinden zu beachten sind,werden wir nachfolgend die auf Kreisehene anwendbaren Regelungen als überörtliche Raum- undStädtebauregelungen analysieren. Weiterführende Hinweise zur Literatur bei: Dutu, Dreptul unna­nismului (Städtebaurecht), Ed. Economica, 2001.

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I. Grundsätze der Raum- und Städtebauordnung in Rumänien

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Zentraler Grundsatz der Gesetzgebung im Bereich der Raum- und Städtebauord­nung ist das Ziel der nachhaltigen Entwicklung. So soll eine ausgewogene unddauerhafte Raumentwicklung zum Schutz des nationalen Naturvermögens erreichtund ein sicherer Lebensraum auch für zukünftige Generationen garantiert werden.

Weitere Grundsätze der Raum- und Städtebauordnung sind:

(a) Grundsätze der RaumordnungDie ausgewogene soziale und wirtschaftliche Entwicklung der verschie­denen Zonen und Gebiete Rumäniens, mit Rücksicht auf die Aufrecht­erhaltung der gebietsbezogenen Besonderheiten.Die Verbesserung der Lebensqualität der Menschen.Die vernünftige Verwertung der Naturressourcen und des Umweltschut­zes.Die vernünftige Nutzung des Territoriums.

(b) Grnndsätze der StädtebauordnungVerbesserung der Lebensbedingungen durch Sicherung des Zugangesfür sämtliche Landesbewohner zu Infrastruktur, öffentlichen Dienstenund angemessenen Wohnungen.Beachtung der speziellen Bedürfnisse von Kindern, Senioren und Be­hinderten:Schutz und Erschließung des bebauten Kunstvermögens und des Natur­kunstvermögens :Kontrollierte Ausweitung der bebauten Gebiete:Schutz der Städte und Gemeinden vor Naturkatastrophen

II. Befugnisse der staatlichen Behörde im Bereich der Raum- und Städtebauord­nnng

Die Befugnisse der staatlichen Behörde im Bereich der Raum- und Städtebauord­nung untergliedern sich in Befugnisse der Zentrale, der Kreise und Gemeinden.

(a) Die Zentralverwaltungsbehörden

Die Zentralverwaltungsbehörden, insbesondere das Ministerium für Öffentli­che Dienste, Transporte und Wohnungen tragen die Verantwortung für die

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folgenden Regelungen im Bereich der Raum- und Städtebauordnung:

Raumordnungsplanung auf nationaler EbeneRaumordnungsplanung auf regionaler EbeneAllgemeine Städtebauregelung u.a.

(b) Die Verwaltungsbehörden auf Kreisebene

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Die Behörden auf Kreisebene, die Kreisräte sorgen für die Erstellung derRaumordnungsplanung auf Kreisebene und haben im Rahmen dieser Erstel­lung die zwingenden Vorschriften der übergeordneten Raumordnungsplanun­gen zu beachten.

(c) Die Lokalbehörden auf Gemeindeebene

Für die Gemeinden erstellen der Lokalrat und das Bürgermeisteramt die Städ­tebauzertifikate ("certificat de urbanism -c. U "), die Städtebauplanung aufGemeindeebene ("plan urbanistic general" - P. UG.), die Städtebauplanungauf Zonalebene ("plan urbanistic zonal" - P. UZ.) sowie die detaillierteStädtebauplanung ("plan urbanistic de detaliu" - P. UD.) von Amts wegenoder auf Antrag der Interessenten. 37

IH. Struktur der überörtlichen Regelungen im Bereich der Raum- und Städtebau­ordnnngen. Regelungsadressat

Die überörtlichen Regelungen im Bereich der Raum- und Städtebauordnungen un­terteilen sich in erster Linie in Regelungen der Raumordnung ("Planuri de amena­jare a teritoriului ") und Regelungen der Städtebauordnung ("documenta/ii de ur­banism ").

1. Regelungen der Raumordnung

Die Regelungen der Raumordnung haben den Charakter von Richtlinien, diebei der untergeordneten Planung zwingend zu befolgen sind. Sie setzten dieHauptstrategien und -richtungen der Entwicklung eines Territoriums fest.

37 Die Befugnisse der öffentlichen Behörde auf Gemeindeebene werden im Rahmen des Kapitels ..Ört­liche Steuerung von Einzelhandelsansiedlungen'" eingehend analysiert.

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Die Adressaten dieser Planungen und Regelungen sind sämtliche öffentlichenVerwaltungsbehörden. Die Durchsetzung dieser Planungen und Regelungenerfolgt durch Aufhebung der entgegenstehenden Bestimmungen der unterge­ordneten Planungen.

Die Regelungen der Raumordung umfassen:

Raumordnungsplanung auf nationaler Ebene mit sieben entsprechendenSektionen: Verkehrswege, Wasser, Schutzzonen, Ortschaftsnetz, Natur­risikozonen, Tourismus, und ländliche Raumentwicklung.Raumordnungsplanung auf regionaler Ebene.Raumordnungsplanung auf Kreisebene sowie auf Gemeindeebene.

2. Regelungen der Städtebauordnung

Die Regelungen der Städtebauordnung betreffen die ländlichen und die städ­tischen Ortschaften und enthalten die Bestimmungen zur Bebauung derGrundstücke sowie zum Errichten der Bauten und der Nebeneinrichtungen.Die Regelungen der Städtebauordnung haben die Vorschriften der Allgemei­ne Städtebauregelung ("Regulamentul general de urbanism ") zwingend zuberücksichtigen.

Die Adressaten der Regelungen der Städtebauordnung sind die natürlichenund juristischen Personen.

Als überörtliche Regelungen der Städtebauordnung kann nur die AllgemeineStädtebauregelung gelten. Die restlichen Regelungen der Städtebauordnung:Städtebauregelung auf Lokalebene ("Regulamentul load de urbanism "),Städtebauzertifikate (e. Uj, Städtebauplanung auf Gemeindeebene (P. U G.),

Städtebauplanung auf Zonalebene (F. UZ.), und detaillierte Städtebauplanung(P. UD.) sind als örtliche Regelungen der Städtebauordnung einzustufen. Dieörtlichen Regelungen der Städtebauordnung haben die durch die AllgemeineStädtebauregelung geschaffenen Rahmenregelungen zu beachten.

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In. Umweltverträglichkeitsprüfung

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Im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen hat Rumänien bei der Übernahmedes Besitzstands kontinuierliche Fortschritte im Bereich des EU­Umweltrechts erzielt. Dementsprechend wurden die Bestimmungen der imBereich der Umweltverträglichkeitsprtifung geltenden Richtlinien bereits inrumänisches Recht umgesetzt. Die UVP-Richtlinie 85/337 EWG tiber dieUmweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privatenProjekten wurde durch den Regierungsbeschluss Nr. 918/2002 tiber die Fest­legung der Rahmenbedingungen für die Durchführung der Umweltverträg­lichkeitsprüfung und für die Genehmigung der Liste der öffentlichen und pri­vaten Projekte, die diesem Verfahren unterworfen sind, umgesetzt (rum:Hotiirarea Guvernului nr. 918/2002 privind stabilirea procedurii-cadru deevaluare a impactului asupra mediului si pentru aprobarea liste i proiectelorpublice sau private supuse acestei proceduri). Die Durchführungsnormen desUVP-Verfahrens wurden durch die Verordnung 86012002 über die Genehmi­gung des UVP-Verfahrens und die Erteilung der Umweltbewilligung (rum:Ordin pentru aprobarea procedurii de evaluare a impactului asupra mediuluisi de emitere a acordului de mediu) näher bestimmt.

Die SUP-Richtlinie 2001/42 EG tiber die Prüfung der Umweltauswirkungenbestimmter Pläne und Programme wurde durch den Regierungsbeschluss Nr.1076/2004 über die Festlegung des Durchführungsverfahrens der Umweltver­träglichkeitsprüfung bestimmter Pläne und Programme umgesetzt (rum:Hotiirarea Guvernului nr. 1076/2004 privind stabilirea procedurii derealizare a evaluiirii de mediu pentru planuri Ji programe). Im Gegensatz zurUVP-Richtlinie wurden für die SUP-Richtlinie noch keine Durchführungs­nonnen erlassen.

Die Umsetzung der oben genannten Richtlinien bedeutet, dass in Rumäniendie gleichen Rahmenbedienungen betreffend die Durchführung von Umwelt­verträglichkeitsprüfungen wie in der Europäischen Union gelten. Allerdingsist darauf hinzuweisen, dass die Durchführungsnormen die das Verfahren derUmweltverträglichkeitsprüfung in Rumänien festlegen, wie zum Beispiel Zu­ständigkeit der Behörden, Fristen, Einreichung von Anträgen, sich von de­nen, die in den anderen europäischen Länder gelten, wesentlich unterschei­den, so dass in jedem Fall die Überprüfung der Feststellung der UVP-

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Pflichtigkeit von BauvorhabenlInvestitionen unter Berücksichtigung derAuswahlkriterien stets zu empfehlen ist. Dies gilt auch für den Bau von Ein­zelhandelsflächen.

IV. Einzelhandelrelevante Aspekte

Wie bereits oben erwähnt, beinhaltet die rumänische Gesetzgebung im Bereich derRaum- und Städtebauordnung nur minimale Sonderregelungen für Einzelhandels­vorhaben. In der Allgemeinen Städtebauregelung, in der RegierungsverordnungNI'. 99/2000 sowie im H.G. 1.454/2004 sind jedoch folgende einzelhandelrelevan­ten gesetzlichen Aspekte nachfolgend geregelt.

1. Die Allgemeine Städtebauregelung

Die Allgemeine Städtebauregelung beinhaltet sowohl allgemeine Regelun­gen, die auch für die Einzelhandelsansiedlungen anwendbar sind, als auchSonderregelungen, welche die Handelsbauten - als allgemeinen Begriff - undsomit auch die Einzelhandelansiedlungen betreffen.

Zu den allgemeinen Grundsätzen der Allgemeinen Städtebauregelung gehö­ren unter anderem:

Die Errichtung von Bauten jedweder Art ist grundsätzlich nur auf inner­örtlich gelegenen Grundstücken (d.h. im Innenbereich der Ortschaften)gestattet. Die Errichtung von Bauten auf außerörtlich gelegenenGrundstücken kann nur in den ausdrücklich durch Gesetz bestimmtenAusnahmeHUlen durchgeführt werden.

Bei der Errichtung von Bauten innerorts sollten folgende Grundsätze be­folgt werden: (i) Ergänzung der Zentralzonen, (ii) bevorzugte Bebauungin bereits eingerichteten Zonen (iii) Errichtung von Bauten und der da­mit zusammenhängenden Versorgungsnetze in kompakten Formationen.

die Errichtung von Bauten jedweder Art ist grundsätzlich auf Waldflä­chen verboten, es sei denn, dass das Gesetz dies ausdrücklich gestattet.

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Die Errichtung von Bauten auf GrundstUcken ohne Zugang zu öffentli­chen Strassen ist nicht gestattet.

Zu den Sonderregelungen fUr Einzelhandelsvorhaben gehören die folgenden:

Einkaufzentren und Supermärkten sollten nicht in der Nähe von Flughä­fen oder in der Nähe von schädlichen Industriestandorten platziert wer­den.

Der maximale Belegungssatz von Grundstlicken durch Handelsbautensoll 85% des betroffenen Grundstlickes nicht Uberschreiten.

Die Anordnung der Räume, die allgemein zugänglich sind und der BU­roräume von Handelsunternehmen soll auf Versorgung mit natUrlichemLicht ausgelegt sein.

Bei den Handelsbauten sollten separate Zugänge für Kundschaft, fürPersonal und für Lieferanten gesichert werden.

Es ist eine Mindestanzahl von Parkplätzen fUr Kunden bei Handelsbau­ten einzurichten (z.B. 1 Parkplatz pro 40 qm der bebauten Handelsflä­che, für Handelsbauten uber 2.000 qm).

Im Fall von Handelsbauten haben die grUnen und bepflanzten Flächenminimal zwischen 2 % und 5 % des gesamten Grundstlickes zu betra­gen.

2. Regierungsverordnung Nr. 99/2000.

Gemäß den Bestimmungen dieser Regierungsverordnung können die örtli­chen Verwaltungsbehörden Städtebauhiterien für Einzelhandelsvorhabenfestsetzen. Sie können

Flächen ausweisen, auf denen Einzelhandelsbetriebe mit durchschnittli­cher und großer Fläche zulässig sind;

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die Art und Weise bestimmen, wie die benachbarten Flächen der Ein­zelhandelsbetriebe gestaltet sind, so dass die Kunstbauten, die Gebäudemit architektonischem, historischem oder archäologischem Wert, sowiedie Umwelt in den historischen und touristischen Städten geschütztwerden;

Parkplätze entsprechend den gültigen gesetzlichen Vorschriften verlan­gen.

3. Der Regierungsbeschluss H.G. 1.454/2004

Der Regierungsbeschluss betreffend die großflächigen Einzelhandelsansied­lungen (H.G. 1.45412004) bezieht sich lediglich auf die Einzelhandelsansied­lungen, die eine Verkaufsfläche von über 1.000 qm haben und in denen Ein­zelhandel betrieben wird (nachfolgend bezeichnet als "Warenhäuser"). DerRegierungsbeschluss definiert ausdrücklich drei Typen von solchen Waren­häusern: (i) Das sog. Einkaufszentrum - ("cen/ru comercial ") - ist eine Han­deisstruktur mit verschiedenen Einzelhandelsgeschäften und Dienstleistungs­betrieben, die eine gemeinsame Infrastruktur benutzen: (ii) Der sog. Super­markt - ("supermagazin H) - ist ein Warenhaus mit einer Verkaufsfläche vonbis zu 2.500 qm, die insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel tätig sind,und (iii) der sog. Hypermarkt - ("hipermagazin ") - hat eine Verkaufsflächevon über 2.500 qm aus allen Verkaufsabteilungen (Food sowie Non-Food Be­reich), sowie einen Gastronomiebereich. Er verfügt über eine hohe Anzahl anParkplätzen.

a) Aufsichtskommission

Zur Ausführung der Bestimmungen des Regierungsbeschlusses H.G.1.45412004 wird eine Kommission (Comisia socio-economidi deexaminare ~i avizare a implantäri i structurilor de vanzare cu amänuntul)eingesetzt, deren Hauptaufgabe es ist, die Warenhäuser zu überprüfenund zu überwachen. Eine solche Kommission wird im Rahmen desKreisrates gegründet, in dessen Zuständigkeitsbereich sich das Waren-

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haus befinden wird. Im Falle von Bukarest ist je eine Kommission füreinen bestimmten Sektor zu gründen 38

Die Kommission lunfasst Vertreter des betreffenden Kreis- und Stadtra­tes, des Bürgermeisteramtes, der Industrie- und Handelskammer, desVerbraucherschutzvereins, der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerver­eine, sowie der benachbarten Unternehmen. Die Kommission führt ihreTätigkeit auf der Grundlage ihrer eigenen Regelungen über die Organi­sierung und die Tätigkeit der Kommission aus, die von dem betreffen­den Kreisrat bzw. dem Lokalrat des jeweiligen Sektors von Bukarest zugenehmigen ist.

Bisher fehlt es an praktischen Erfahrungen der Kommissionsarbeit, sodass schwer einzuschätzen ist, wie ein solcher mehrseitiger Ausschussin der Praxis funktionieren wird und welche Bedeutung die Stimmender einzelnen Mitglieder der Kommission (z.B. der Nachbarn oder derVerbraucherschutzvereine) haben werden.

b) Stellungnahme der Kommission

Die Errichtung, der Umbau sowie die Erweiterung eines Warenhausesbedürfen einer Stellungnahme der Kommission, die vorab abzugebenist. Diese ist im Falle von Neubauten, Änderungen und Erweiterungenexistierender Läden vor Einholung der Baugenehmigung einzuholen.Für die Änderung des Verkaufstypus oder für die Neuaktivierung vonalten Gebäuden ist die Stellungnahme vor Einholung der Betriebsge­nehmigung zu beantragen. Der entsprechende Antrag wird beim zustän­digen Kreisrat bzw. Bürgermeisteramt des jeweiligen Sektors einge­reicht.

Die Erteilung der Stellungnahme setzt die Einreichung einer Markt- undAuswirkungsstudie - ("studiu de de piata si impact") - voraus. DieKommission prüft die Erfüllung bestimmter Kriterien, zu denen derStädtebau, der Verbraucherschutz, die sozialen Auswirkungen und derEinfluss auf die Konkurrenz gehören. Zu beachten ist, dass diese Krite-

Die Hauptstadt Rumäniens - Bukarest - ist in 6 (sechs) Sektoren ulltelteilt, die über eigene zum Teildezentralisierte Bürgermeisterämter verfügen.

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den sowie die Fristen zur Erteilung der Stellungnahme durch die Rege­lungen detailliert festgelegt werden sollen.

Der Regierungsbeschluss H.G. 1.454/2004 sieht ferner eine untypischeBestimmung vor. Demnach können Verhandlungen Uber den "Elfiil­lungsgrad der Kriterien aufgrund der Interessen der Gemeinde" geflihrtwerden. Der hierdurch eröffnete Ermessensspielraum kann in der Praxiszu Schwierigkeiten flir die Investition führen.

Die Sanktion fUr die Nichteinholung der Stellungnahme ist eine Geld­strafe in Höhe von 50 - 100 Millionen ROL und stellt gleichzeitig einVergehen ("contraventie ") dar.

c) Städtebauplan betreffend die Handelszonen

Der Regierungsbeschluss H.G. 1.454/2004 sieht ferner vor, dass die zu­ständige Behörde innerhalb der lokalen Verwaltung einen eigenen Städ­tebauplan für die Schaffung bzw. Erweiterung von Handelszonen zuerstellen hat. Es handelt sich um einen "logistischen Städtebauplan fürdie Entwicklung des Handelsnetzwerkes", der zur Ergänzung der spezi­fischen Bestimmungen des jeweiligen gemeindlichen Städtebauplans(P.U.G.s) und der entsprechenden Städtebauregelungen (R.L.U.) dienensoll. Ein solcher Städtebauplan betreffend die Handelszonen kann so­wohl positive Folgen (z.B. eine klare Regelung von bestimmten Han­deiszonen), als auch negative Auswirkungen haben (z.B. Begrenzungder Zonen innerhalb einer Stadt, in denen Warenhäuser gebaut werdenkönnen).

Eine Frist fUr die Erstellung eines solchen Städtebauplanes ist in derH.G. 1.454/2004 nicht vorgesehen. Dies könnte zur Folge haben, dasssich die Erstellung eines solchen Städtebauplanes u.E. auf unbestimmteDauer verzögert.

d) In-Kraft-Treten/Ansführnng

Zu beachten ist, dass der Regierungsbeschluss H.G. 1.454/2004 erst nach90 Tagen ab dessen Veröffentlichung im rumänischen Amtsblatt (d.h. abden 17.09.2004) in Kraft getreten ist. Ferner ist allerdings auf zwei weitere

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Aspekte, die im Hinblick auf die Ausführung des H.G. 1.454/2004 von Be­deutung sind, hinzuweisen:

1) Die Kommissionen sollten innerhalb von 30 Tagen ab dem In­krafttreten des H.G. 1.454/2004 gegründet werden.

2) Die Regelungen sollten innerhalb von 60 Tagen ab der Gründungder jeweiligen Kommission durch den Beschluss des zuständigenKreisrates bzw. des Lokalrates des jeweiligen Sektors von Buka­rest genehmigt werden.

Allerdings sind die in Rede stehenden Kommissionen bis dato nicht ge­gründet und die oben genannten Städtebaupläne betreffend die Auswei­sung von Handelszonen trotz der zwingenden rechtlichen Vorschriftennicht verabschiedet worden.

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§ 3 Örtliche Steuerung von Einzelhandelsansiedlungen

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Die örtliche Steuerung von Einzelhandelsansiedlungen wird durch die lokale Verwal­tungsbehörde (Lokalrat, Bürgermeisteramt) mithilfe der Städtebauregelung auf Lokal­ebene ("Regulamentul loatl de urbanism "), der Städtebauzertifikate (e. U) (certificatede urbanism) und der Regelungen der Städtebauordnung ("documentatia de urbanism ")durchgeführt.39 Bei der Durchführung der örtlichen Steuerung von Raum- und Städte­bauordnung haben die Lokalbehörden die durch die Allgemeine Städtebauregelung so­wie die von der Raumordnungsplanung auf National-, Region- und Kreisebene geschaf­fenen Rahmenregelungen zu beachten.

Ähnlich wie im Fall der überörtlichen Regelungen betreffend die Raum- und Städtebau­planung beinhalten derzeit die örtlichen Regelungen bezüglich der Raum- und Städte­bauplanung hauptsächlich allgemeine Vorschriften, die nur mittelbar auch für die Ein­zelhandelsansiedlungen anwendbar sind. Allerdings ist gemäß RegierungsbeschlussH.G. 1.454/2004 in der nahen Zukunft die Verabschiedung von speziellen Städtebauplä­nen betreffend die Handelszonen innerhalb der jeweiligen Städte zu erwarten.

Die Adressaten der oben genannten örtlichen Regelungen der Raum- und Städtebauord­nung sind die natürlichen und juristischen Personen.

Im Bereich der Städtebauregelung auf Lokalebene, der Regelungen der Städtebauord­nung und der Städtebauzertifikate ist folgendes zu beachten:

I. Städtebauregelung auf Lokalebene

Die Städtebauregelung auf Lokalebene entspricht der Städtebauplanung auf Ge­meindeebene (P. U G.) oder der Städtebauplanung auf Zonalebene (P. UZ.) und de­tailliert die Bestimmungen dieser Städtebaupläne hinsichtlich der konkreten Nut­zungsbestimmung der Grundstücke sowie die Belegung, Dimensionierung undSchaffung der bebauten Volumen, Einrichtungen und Plantagen.

J9 Weiterführende Hinweise zur Literatur bei: Dutu, Dreptul urmanisrnului (Städtebaurecht), Ed. Eco­nomica, 2001.

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H. Städtebauordnuug - Städtebaupläne

a) Allgemein

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Gemäß rumänischem Städtebaugesetz NI'. 350/2001 bestehen die Regelungender Städtebauordnung aus drei Städtebaudokumentationen: (i) der Städtebau­planung auf Gemeindeebene ("plan urbanistic general" - p, U G,), (ii) derStädtebauplanung auf Zonalebene ("plan urbanistic zonal" - PUZ) sowie(iii) der detaillierten Städtebauplanung ("plan urbanistic de detaliu" ­PUD,).

Die Städtebaudokumentationen setzen Regelungen fest, die für Ortschaftenoder für Teile davon bis zum Niveau der einzelnen Grundstücksparzellen an­wendbar und bei der Erstellung der Städtebauzertifikate zwingend zu beach­ten sind.

aal Die gemeindliche Städtebauplanung (P.V.G,) ist für die Städtebauent­wicklung einer ganzen Ortschaft maßgebend, Die gemeindliche Planung(P.V.G,) beinhaltet kurzfristige Regelungen:

für die Abgrenzung der innerörtlichen Gebiete von den außerörtli­chen Gebieten der Ortschaft,

für die Festlegung der Anwendungsarten der innerörtlich gelegenenGebiete,

für die Abgrenzung der mit Grunddienstbarkeiten belasteten öffent­lichen Zonen,

für die Modernisierung und Entwicklung der Infrastruktur,

für die Festlegung der Schutzgebiete sowie der Denkmalschutzge­biete,

die Eigentumsformen und den Grundstticksverkehr.

Darüber hinaus enthält die gemeindliche Städtebauplanung (P,V,G,)mittel- und langfristigen Regelungen:

für die mittel- und langfristige Städtebauentwicklung der Ortschaft,

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für die Richtungen der funktionellen Entwicklung der Ortschaft,

für die Richtungen der großen Verkehrskorridore.

Die gemeindliche Städtebauplanung (P.U.G.) ist für die Ausstellung desStädtebauzertifikates zwingend notwendig. Detaillierte Auskünfte überdie P.U.G. können aufgrund des Städtebauzertifikats erhalten werden.

bb) Die Städtebauplanung auf Zonalebene (P.U.Z.) hat spezifischen Charak­ter und regelt die Verhältnisse zwischen den verschiedenen Zonen einerOrtschaft. Die P.U.Z. regelt ferner die Straßenplanung, die architektoni­sche Organisation der Ortschaft, sowie die Nutzung und die Art der Be­bauung der Grundflächen in jeder Ortschaft.

Die Erstellung einer Städtebauplanung auf Zonalebene (P.U.Z.) ist fürdie folgenden Zonen zwingend durchzuführen:

für Zentralzonen der Ortschaft,

für Schutzzonen und Denkmalschutzzonen,

für Industrieparks,

für alle anderen Zonen, die durch die Lokalbehörden festgesetztwerden.

cc) Die konkreten Bedingungen für die Errichtung eines bestimmten Ge­bäudes im Verhältnis zu ihren Anliegern werden durch Städtebaupla­nung auf Zonalebene (P.U.D.) festgelegt. Die P.U.D. regelt somit:

die Zufahrtswege,

die Funktionsverhältnisse zu den benachbarten Immobilien,

die konkreten Baueinschränkungen im Falle eines Neubaus,

die Anschlussmöglichkeiten zu den Versorgungsnetzen.

Zuständig für die Genehmigung der Bebauungspläne ist der jeweilige Stadt­oder Gemeinderat. Vor Erteilung der Genehmigung muss die Zustimmung

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des Ministeriums für öffentliche Bauarbeiten und Transport oder des lokalenKreisrats eingeholt werden.

b) Umwidmung der Städtebauplanung auf Gemeindeebene

Die Errichtung von Bauten oder Einrichtungen auf landwirtschaftlich genutz­ten Flächen ist verboten. Dieser Grundsatz führt gegebenenfalls zur Notwen­digkeit der Umwidmung der wirtschaftlichen Bestimmung eines Grund­stücks. Folge ist, dass für die Durchführung von Bauarbeiten, Gelände mitlandwirtschaftlicher Bestimmung in Bauland umgewidmet werden muss. Die­ses Verfahren wird durch das Bodengesetz Nr. 18/1991 geregelt. Die Zustän­digkeit der jeweiligen Organe für die Umwidmung der wirtschaftlichen Be­stimmung hängt von der GrundstUcksfläche ab:

Zuständig sind die landwirtschaftlichen Kreisbehörden für Grundstückemit einer Fläche bis zu einem Hektar,

das Ministerium für Landwirtschaft für Grundstücke mit einer Flächezwischen einem und 100 Hektar,

die Regierung für Grundstücke, die größer sind als 100 Hektar.

Die Gebühren, die der Antragsteller für die Umwidmung zu zahlen hat, kön­nen eine erhebliche Summe entsprechend dem Wert des Grundstückes betra­gen.

Vor dem Hintergrund des Bauverbots auf Grundstücken mit landwirtschaftli­cher Bestimmung ist Investoren zu empfehlen, dass die Umwidmung derwirtschaftlichen Bestimmung des betreffenden Grundstücks vom Verkäufervor Abschluss des Kaufvertrages durchgeführt wird.

IH. Städtebauzertifikat

Zum Städteballzertifikat ("certificat de urbanism" - C. u.) siehe das Kapitel überBauordnllngsrecht (dreptul construqiilor) (§ 4 Nr. 2.a).

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§ 4 Bauordnungsrecht

1. Einordnung des Bauordnungsrechts

Das rumänische Bauordnungsrecht regelt die materiell-rechtlichen Anforderungenan die Bauausführung und an das Bauvorhaben.4o Das BallOrdnungsrecht bezweckt,Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Bereich des Bauens abzu­wehren. Als Teil des öffentlichen Verwaltungsrechts unterliegt es der Gesetzge­bungszuständigkeit des Parlaments und der Regierung.

11. Inhalt des Bauordnungsrechts

1. Allgemeines zum Baugenehmigungsverfahren

a) Zuständigkeit

Der verfassungsrechtliche Grundsatz bezüglich des lokalen Selbstver­waltungsrechtes und der Dezentralisierung der Verwaltung findet inRumänien auch für das Baugenehmigungsverfahren Anwendung. Somitist für die Erteilung einer Baugenehmigung die unterste Bauordnungs­behörde, d.h. der Bürgermeister, zuständig. Diese Baubehörde ist aufGemeindeebene angesiedelt. Ausnahmsweise gehört die Erteilung derBaugenehmigung zum Zuständigkeitsbereich des Vorsitzenden desKreisrates des entsprechenden Landkreises, wenn das Vorhaben außer­halb der Grenzen der untergeordneten Verwaltungsbehörden oder au­ßerhalb des Innenbereichs der Gemeinden liegt. In diesem Fall ist eineStellungnahme des jeweiligen Bürgermeisters erforderlich.

In Bukarest fällt die Erteilung der Baugenehmigung regelmäßig in denAufgabenbereich der Stadtbezirke ("Secfor "). Ausnahmsweise ist derOberbürgermeister von Bukarest für die Erteilung einer Baugenehmi­gung zuständig, wenn es sich um Grundstlicke handelt, die außerhalbder Grenzen des untergeordneten Bezirks liegen, wenn es um sog. au­ßerörtliche Vorhaben geht oder wenn es sich um historische Monumen­te handelt. In einem solchen Fall ist eine Stellungnahme des Bürger-

40 \Veiterfiihrende Hinweise zur Literatur bei: Tuca/Tuca, Constructia, inchirierea si administrarea 10­cuintelor (Bau, Vemietung und Verwaltung von ·Wohnungen), Bucuresti, 2000.

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meisters des jeweiligen Bezirkes ebenfalls erforderlich. Ferner ist fest­zuhalten, dass spezialisierte Abteilungen auf der Ebene jedes Bürger­meisteramtes begründet sind. Dies schließt technische Ausschüsse (z.B."C.A. U. ") und einen Chef-Architekten ein. Diese Abteilungen sind fürdie Prüfung der Einreichungsdokumentation für die Baugenehmigungsowie für die Vornahme sämtlicher internen Formalien zwecks Vorbe­

reitung der Erteilung einer Baugenehmigung zuständig.

b) Baugenehmigungspflicht

Im Grundsatz bedarf jedes Bauvorhaben, das die Errichtung, Änderung,Renovierung, Erweiterung, Sanierung oder Nutzungsänderung von Bau­ten zum Gegenstand hat, einer Baugenehmigung (,,Autorizatie deconstruire "). Die Arbeiten für den Abbruch von Bauten bedürfen einerAbbruchgenehmigung (,,Autorizatie de desfiintare"), die unter den glei­chen Bedingungen und aufgrund eines ähnlichen Genehmigungsverfah­rens wie eine Baugenehmigung ausgestellt wird.

Festzuhalten ist, dass eine Baugenehmigung auch für Nutzungsände­rungen von bestehenden Bauten erforderlich ist, wenn Bauarbeitendurchzuführen sind. Eine einfache Nutzungsänderung, die keiner bauli­chen Veränderung bedarf, ist genehmigungsfrei. Dies ist für Einzelhan­delsvorhaben dann relevant, wenn bestehende Gebäude durch die Aus­führung von bestimmten Bauarbeiten umgenutzt werden sollen. Fernerist zu beachten, dass auch temporäre Bauten, wie Kioske, Kabinen,Werbeanlagen, Werbe- und Namensschilder nach rumänischem Bau­ordnungsrecht genehmigungspflichtig sind. Dies ist ebenfalls für denEinzelhandel von Bedeutung.

Von diesen Grundsätzen gibt es jedoch auch Ausnahmen, d.h. bestimm­te Bauvorhaben werden von dem Baugesetz genehmigungsfrei gestellt.Die Genehmigungsbefreiung gilt nur für den Fall, dass die jeweiligenBauarbeiten keine Änderungen hinsichtlich der Statik des Gebäudes,der ursprünglichen Eigenschaften oder der Architektur der Bauten zurFolge haben. Diese Ausnahmen kommen für ein Einzelhandelsvorhabenüblicherweise nicht in Betracht. Sie können jedoch in Zusammenhangmit Reparaturen, Innenverfeinerungsarbeiten, Innen- und Außenwand­anstrich, von Bedeutung sein.

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c) Prüfung durch die Baugenehmigungsbehörde

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Soweit die Baugenehmigung von einer anderen behördlichen Zustim­mung, Genehmigung oder Erlaubnis miterfasst wird, ist die Entschei­dung über bauordnungsrechtliche Belange der Baugenehmigungsbehör­de entzogen. Dies bedeutet, dass andere Behörden die Einhaltung vonspezifischen anfallenden Gesetzesvorschriften überprüfen.

Der Prüfungsumfang der Baugenehmigungsbehörde ist dann be­schränkt, wenn für das beabsichtigte Bauvorhaben neben der Bauge­nehmigung weitere behördliche Zustimmungen, Stellungnahmen, Ge­nehmigungen oder Erlaubnisse erforderlich sind. In diesen Fällen prüftdie Baugenehmigungsbehörde nicht die Erfüllung der entsprechendenVoraussetzungen.

Der Prüfungsumfang wird ferner dann beschränkt, wenn die Mitwir­kung anderer Stellen notwendig ist, z.B. wenn die Baugenehmigung nurim Einvernehmen mit der Gemeinde oder einer höheren Aufsichtsbe­hörde erteilt werden darf (vgl. oben Punkt a) - Zuständigkeit).

d) Weitere Aspekte

Die Baugenehmigung ist nur dann zu erteilen, wenn öffentlich­rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Dies bedeutet, dass dieBaugenehmigung bestätigen soll, dass das Bauvorhabens den öffent­lich-rechtlichen Vorschriften übereinstimmt und die Basis für die Bau­ausführung bildet. Aus diesem Grund ist nach rumänischem Recht dieErteilung einer Baugenehmigung unter dem Vorbehalt der zukünftigenErteilung weiterer baubehördlichen Stellungnahmen und Zustimmungennicht zulässig. Dies wird durch die Anwendungsnormen zum Baugesetzebenfalls bestätigt. Der einzige Ausnahmefall zu dieser Regel beziehtsich auf dringend durchzuführende Reparaturarbeiten, die historischeMonumente betreffen.

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2. Das Baugenehmigungsverfahren

a) Beginn des Genehmigungsverfahreus

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In Rumänien besteht nicht die Möglichkeit, einen sog. Vorbescheid zueinzelnen Fragen des Bauvorhabens zu beantragen. Die rumänischeBauordnung sieht allerdings die Möglichkeit vor, ein Städtebauzertifi­kat ("Certificat de urbanism" - C. U) vom zuständigen Bürgermeister­amt einzuholen. Das Städtebauzertifikat ist ein Verwaltungsakt mitzwingender Rechtswirkung, durch das die wesentlichen Elemente derrechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Lage der zum Zeitpunktdes Antrags existierenden Grundstücke und Gebäude dem Antragstellerbekannt gemacht werden und in dem die raumordnungsrechtlichen(städtebaulichen) Anforderungen festgesetzt werden. Das Städtebauzer­tifikat wird aufgrund und im Rahmen des örtlichen Bebauungsplans er­stellt. Zugleich ist ein Städtebauzertifikat zwecks Einholung einer Bau­genehmigung zwingend zu beantragen und stellt somit eine Bedingungfür die Ausstellung der Baugenehmigung dar.

Jede natürliche oder juristische Person kann einen Antrag für die Aus­stellung eines Städtebauzertifikates bei den zuständigen Verwaltungs­behörden stellen. Dieser Antrag muss unter anderem sowohl die Identi­fizierungselemente der Immobilie als auch den Antragszweck beinhal­ten. Besteht für das jeweilige Grundstück ein Investitionsvorhaben,müssen im Antrag die Eigenschaften dieser Investition dargestellt wer­den. Die entsprechenden Pläne und Dokumentationen, sowie die Unter­lagen, die das Eigentum an der Immobilie betreffen, können beigefügtwerden. Die Ausstellungsfrist des Städtebauzertifikates beträgt 30 Tageab Einreichung des Antrages. Die Gültigkeitsdauer des Städtebauzerti­fikates beträgt zwischen 6 und 24 Monate und ist von der Bedeutsam­keit der Investition und ihrer Auswirkungen auf die Umgebung abhän­gig. Die Gültigkeitsdauer des Städtebauzertifikates kann für eine Zeit­spanne von maximal 12 Monaten verlängert werden.

Das Städtebauzertifikat gewährt kein Recht auf Durchführung von Bau­arbeiten bzw. von Abbrucharbeiten. Trotzdem handelt es sich um einenVerwaltungsakt, der die Opportunität der Durchführung von Baual'bei­ten im Hinblick auf die Situation des Grundstücks bewertet.

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Inhaltlich ist das Städtebauzertifikat insbesondere im Hinblick auf diewirtschaftliche Lage und der technischen Lage der betreffenden Immo­bilie von Bedeutung. Der Teil über die wirtschaftliche Lage enthält An­gaben zu der gegenwärtigen Nutzung der Immobilie: Er enthält die er­laubte oder nicht erlaubte BebauungfNutzung der Immobilie und diesteuerliche Zuordnung der Immobilie. Der technische Teil umfasst fol­gende Angaben: Den Bebauungs- bzw. Nutzungsgrad des Grundstücks;Mindest- und Höchstmaß der Gebäudeteile, Einrichtungen, den zugelas­senen Bauanteil für das jeweilige Grundstück, Auto- und Fußgängerzu­gang, Auto- und Fußgängerverkehr, erforderliche Parkeinrichtungen;Lage des Grundstücks im Verhältnis zu den anliegenden Straßen, zuge­lassene maximale und minimale Höhe.

Die ausstellende Behörde muss die notwendige behördliche Stellung­nahme und Zustimmungen für die Ausstellung der Baugenehmigungbestimmen (vgl. unten Pkt. 2 Buchst. d). Ferner kann durch das Städte­bauzertifikat die Erstellung und Genehmigung eines neuen Bebauungs­planes, P.U.Z. oder P.U.D, für den Fall gefordert werden, dass der An­tragsteller der Baugenehmigung eine Abweichung von den bereits be­stehenden Bebauungsplänen beantragt hat.

Angesichts der oben genannten Elemente, ist das Städtebauzertifikat einwichtiges Dokument um die Möglichkeit zu überprüfen, in eine be­stimmte Immobilie zu investieren. Dies bietet nicht nur den Vorteil, ge­gebenenfalls Aufwand, Kosten und Gebühren zu sparen, sondern eröff­net die Möglichkeit, umstrittene Rechtsfragen vorab zu klären.

b) Der Bauantragsteller

Grundsätzlich wird die Baugenehmigung auf Antrag des Eigentümersdes Grundstücks ausgestellt. Die Verfügungsbefugnis über das Grund­stück ist allerdings keine Bedingung für die Ausstellung der Bauge­nehmigung. Das Gesetz sieht vor, dass auch Personen, die ein Recht andem Grundstück nachweisen können, antragsberechtigt sind. Dies be­deutet, dass z.B. der Nießbraucher oder der Konzessionär den Antragauf Baugenehmigung stellen kann. Für provisorische Bauarbeiten kannder Antrag vom Mieter, mit der Zustimmung des Eigentümers, gestelltwerden.

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Dies ist insbesondere dann bedeutsam, wenn die Errichtung eines Ein­zelhandelsvorhabens oder die Umnutzung eines bestehenden Gebäudesnicht mit dem (vorherigen) Erwerb des Eigentums am Grundstück ein­

hergehen soll.

c) Bauantrag

Der Bauantrag ist direkt bei der zuständigen Baugenehmigungsbehörde(d.h. dem Bürgermeisteramt) zu stellen. Der Bauantrag stellt ein Mus­terformular dar, das durch das Bauordnungsgesetz festgelegt ist, unddas entsprechend ausgefüllt werden muss. Diesem Antrag sind alle fürdie Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung erforderlicher Un­terlagen beizufügen.

Folgende Dokumente müssen dem Antrag auf Ausstellung der Bauge­nehmigung beigefügt werden:

a) ein zwecks Erteilung der Baugenehmigung ausgestelltes Städtebau­zertifikat (vgl. hierzu oben Punkt 1 Buchst. a);

b) Nachweis der Rechte (Eigentum, Pacht, Konzession etc.) an demGrundstück und/oder Gebäude;

c) die Einreichungsplanung ("FA. C. "), die gemäß des Bauordnungs­gesetzes zu erstellen ist, für welches die Baugenehmigung erteiltwerden soll. Der Inhalt und die Bestandteile sind ausführlich in ei­ner Anlage zu dem Bauordnungsgesetz vorgesehen;

d) die erforderlichen baubehördlichen Stellungnahmen und Zustim­mungen, die im Städtebauzertifikat festgelegt sind, sowie sämtlichetechnischen Blätter und Studien, die für deren Erteilung erstelltwurden;

e) Nachweis der Bezahlung der gesetzlich vorgesehenen Gebühren(wie z.B. die Gebühr für die Ausstellung der Baugenehmigung, dieI % des Gesamtwertes des Bauinvestitionsvolumens darstellt).

Im Falle einer Versagung der Baugenehmigung kann ein neuer Bauan­trag eingereicht werden. Eine Versagungsantwort, die von der Baube-

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hörde ausgestellt wurde, kann vor Gericht im Rahmen emes verwal­

tungsgerichtlichen Verfahrens angefochten werden.

Zu beachten ist, dass nach den neuesten Änderungen 1m rumänischen

Bauordnungsrecht die ausstellende Baubehörde für Schäden, die aus der

Erteilung einer Baugenehmigung für eine Immobilie entstehen, nicht

verantwortlich gemacht werden kann. Grund dafür ist das Weiterbeste­

hen von zahlreichen Restitutionsrechtsstreiten in Rumänien, die für

Immobilien derzeit noch anhängig sind. Die früheren Regelungen ver­

langten die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung von dem Bauan­tragsteller, dass übel' das zu bebauende Grundstück keine Rechtsstrei­

tigkeiten geführt werden. Diese Regelung wurde allerdings dieses Jahr

abgeschafft.

d) Beteiligung anderer Behörden

Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens ist die Beteiligung zahl­

reicher Behörden, deren Zuständigkeitsbereich durch den Bauantrag be­

troffen wird, vor der Entscheidung übel' den Antrag geboten. Die bau­

behördliche Stellungnahme und Zustimmungen beziehen sich auf Ver­und Entsorgung des Bauvorhabens, Feuerwehrschutz, Umweltschutz,

Hygiene und Gesundheit. Diese Stellungnahme und Zustimmungen

werden dem Antrag für die Baugenehmigung beigefügt. Grundsätzlich

werden die Stellungnahme und Zustimmungen von spezialisierten Ab­

teilungen der lokalen Behörden für den Antragsteller eingeholt. Aus­nahmsweise, nämlich für den Fall, dass die Investition in einer Umge­

bung durchgeführt wird, die bestimmten Einschränkungen unterliegt,

müssen die Stellungnahme Lind Zustimmungen vom Antragsteller selbst

bei den zentralen Behörden eingeholt werden (Kultur-, Umweltschutz-,

Innenministerium usw.). Diese Behörden sind verpflichtet, die Geneh­migungen innerhalb einer Frist von 15 Tagen ab dem Antragsdatum

auszustellen.

Wie bereits erwähnt, muss der Antragsteller in bestimmten Fällen die

entsprechende Dokumentation für die Einholung der erforderlichen

Stellungnahmen und Zustimmungen bei den jeweiligen Behörden bzw.Ver- und Entsorgungsbetrieben unmittelbar einreichen. Diese Verfahren

führen üblicherweise zu Verzögerungen der Erteilung der Baugenehmi-

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gung. Für den Fall, dass die Genehmigungszuständigkeit auf einer hö­heren Verwaltungsstufe liegt (etwa der Vorsitzende des Kreisrates oderder Oberbürgermeister von Bukarest), ist eine förmliche Mitwirkungdes jeweiligen (untergeordneten) Bürgermeisters erforderlich. Die Er­forderlichkeit der Zustimmung der jeweiligen Gemeinde ergibt sich ausdem kommunalen Selbstverwaltungsrecht (Art. 120 Abs. I rum. Grund­

gesetz) und der sog. kommunalen Planungshoheit.

Ferner kann in bestimmten Fällen die Zustimmung der höheren Verwal­tungsbehörde (der Zentralverwaltungsbehörden) erforderlich sein. So istdas Kulturministerium im Falle von Bauvorhaben in Schutzgebiete vonhistorischen Monumenten zuständig; das Transportministerium im Fallevon Bauvorhaben, die Auswirkungen auf Nationalstraßen haben und dasUmweltschutzministerium im Falle von Vorhaben in einem Umwelt­schutzgebiet. Ferner kann im Baugenehmigungsverfahren auch die Zu­stimmung anderer Fachbehörden erforderlich sein, wie z.B. für Bauvor­haben in der Nachbarschaft der Nationalstraßen. Im Falle von Bauarbei­ten zur Änderung von bestehenden Gebäuden ist auch die Zustimmungdes Architekten einzuholen, der das entsprechende Gebäude ursprüng­lich geplant hat.

Im Falle von großflächigen Einzelhandelvorhaben ist ein detaillierterBebauungsplan - (P.U.D.) (vgl. oben § 3 Pkt. 2 Buchst. a) durch denzuständigen Lokalrat grundsätzlich vorab zu genehmigen. Zwecks Er­teilung dieser Genehmigung ist eine entsprechende Genehmigungsdo­kumentation zu erstellen. Ferner ist die vorherige Einholung einer Zu­stimmung von dem zuständigen Verkehrsausschuss von wesentlicherBedeutung für die Errichtung eines solchen Bauvorhabens. Eine rumä­nische Besonderheit bezieht sich auf die Pflicht zum Bau eines Atom­bunkers im Falle von großflächigen Handelszentren, so dass ein ent­sprechende Stellungnahme ebenfalls einzuholen ist.

e) Ansprüche der Nachbarn

Die Zustimmung der Nachbarn am Baugenehmigungsverfahren ist le­diglich in bestimmten Fällen gesetzlich erforderlich, etwa wenn durchdas Vorhaben eine Umweltverschmutzung zu befürchten sein könnte. In

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einem solchen Fall ist die Zustimmung der Nachbarn in notariell beur­kundeter Form dem Bauantrag beizufligen.

f) Dauer / Beendigung des Baugenehmignngsverfahrens

Gemäß dem rumänischem Bauordnungsgesetz ist eine Baugenehmigungnach Ablauf von 30 Tagen seit der Antragsteilung (samt vollständigerEinreichungsdokumentation) zu erteilen.

Die vorgenannte Frist läuft ab dem Datum der Einreichung sämtlicherdurch das entsprechende Städtebauzertifikat geforderter Unterlagen(vgl. oben Pkt. c) bei der zuständigen Baugenehmigungsbehörde. Fürden Fall, dass die Baugenehmigungsdokumentation nicht vollständigist, hat die Baugenehmigungsbehörde die Pflicht, diese Dokumentationzwecks Ergänzung dem Antragsteller innerhalb von fünf Tagen zurückzu übermitteln. Eine neue Frist läuft ab Datum der Einreichung dervollständigen Baugenehmigungsdokumentation. Dies kann in der Praxiszu weiteren Verzögerungen führen.

Von wesentlicher Bedeutung sind die Fristen für die Erteilung der be­hördlichen Stellungnahme und Zustimmungen vor Einreichung des An­trags zwecks Erteilung der Baugenehmigung. Hier ist die Zustimmungder Umweltschutzbehörde als Beispiel zu nennen, da in diesem Fall dieFrist für die Ausstellung dieser Zustimmung mind. 90 Tage ab Antrag­steIlung beträgt. Ferner ist auf die Dauer der Genehmigung des entspre­chenden Bebauungsplanes durch den zuständigen Lokalrat hinzuweisen.Zu beachten ist, dass die Tenuinfestlegung der Sitzung des Lokalratesund die Einführung auf deren Tagesordnung wochenlang dauern kann.

Gegen Verzögerungen bei der Erteilung der Baugenehmigung kann derBauantragsteller Schadenersatzansprüche gegen die entsprechende Be­hörde vor Gericht geltend machen.

Das Baugenehmigungsverfahren wird mit der Erteilung oder der Versa­gung der Baugenehmigung beendet. Gegen eine Versagung kann derBauantragsteller im Wege einer AnfechtLll1gsklage vorgehen.

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3. Die Baugenehmigung

a) Form der Baugenehmigung

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Die Baugenehmigung ist ein Verwaltungsakt der örtlichen Verwal­tungsbehörde, der die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften im Hin­blick auf die Planung und die Errichtung der Bauten sichert. Eine Bau­genehmigung ist zu erteilen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriftennicht entgegenstehen. Die Baugenehmigung beruht ferner auf den be­stehenden Raumordnungsplanungen. Baurechtliche Vorschriften stellengemäß rumänischem Recht Beschränkungen des Eigentumsrechts dar.Stehen diese Bestimmungen der Verwirklichung des Bauvorhabensnicht entgegen, kann die beantragte Baugenehmigung nicht verweigertwerden.

Zu beachten ist, dass das rumänische Bauordnungsrecht nicht die Mög­lichkeit vorsieht, dass zeitweilige Baugenehmigungen erteilt werdenoder Baugenehmigungen, die von der nachträglichen Einholung be­stimmter baulicher Stellungnahmen und Zustimmungen bedingt sind.

Die Baugenehmigung stellt ein Standardformular dar, das den Anwen­dungsnormen des Bauordnungsgesetzes beigefügt ist. Die Baugenehmi­gung enthält Angaben über das genehmigte Bauvorhaben, den Bau­herrn, das zu bebauende Grundstück, die Genehmigungsplanung, dieGliltigkeitsdauer und die Dauer der Bauarbeiten, sowie eine Aufstellungder wesentlichen Pflichten des Bauherrn. Zu den Pflichten des Bauherrnzählen: Die Anmeldung des Baubeginns, Einhaltung der Umweltschutz­regeln, Zahlung der restlichen Baugeblihren und Anmeldung des Bau­vorhabens beim Finanzamt nach Beendigung der Baual·beiten. Die Bau­genehmigung wird vom Bürgermeister, vom verantwortlichen Architek­ten und vom Sekretär des zuständigen Bürgermeisteramtes unterzeich­net.

Gleichzeitig mit der Ausstellung der Baugenehmigung wird die gesamteGenehmigungsdokumentation verbindlich, die riüt einem Stempel vonder Baugenehmigungsbehörde versehen ist. Sie wird dem Antragstellerübergeben. Die Abstempelung stellt eine technische Stellungnahme derBaugenehmigungsbehörde dar und bezweckt, die nachträgliche geset-

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zeswidrige Änderung dieser Dokumentation zu verhindern. Die avisier­te Fassung der Genehmigungsdokumentation stellt einen wesentlichenBestandteil der Baugenehmigung dar. Die Baugenehmigung und dieGenehmigungsdokumentation müssen auf der Baustelle zwecks Prüfungdurch die Bauaufsichtsbehörden zur Verfügung stehen.

b) Gültigkeitsdauer

Gemäß Bauordnungsgesetz hat die Baugenehmigung eine Gültigkeitvon höchstens 12 Monaten ab ihrem Ausstellungsdatum, wobei der An­tragsteller verpflichtet ist, die Bauarbeiten in diesem Zeitraum zu be­ginnen. Für den Fall, dass die Bauarbeiten innerhalb der Gültigkeits­dauer der Baugenehmigung nicht begonnen werden, kann der An­tragsteller die Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Baugenehmigungbeantragen. Der Verlängerungsantrag muss spätestens 15 Tage vor Ab­lauf der Gültigkeit der Baugenehmigung gestellt werden. Die Bauge­nehmigung kann ein einziges Mal für eine maximale Dauer von 12 Mo­naten verlängert werden. Im Falle einer Verlängerung der Baugenehmi­gung ist eine zusätzliche Gebühr zu entrichten. Nach Beginn der Bauar­beiten, erstreckt sich die Gültigkeit der Baugenehmigung auf die ge­samte Dauer der Bauarbeiten.

Die Baugenehmigung ist nicht an die Person des AntragssteIlers gebun­den, sondern ist von dem Bauvorhaben abhängig und gilt damit auch fürden Rechtsnachfolger des Antragstellers.

Im Fall eines Wechsels des Bauherrn (z.B. durch Eigentumsübertra­gung) vor vollständiger Ausführung der Baum'beiten, wird die Bauge­nehmigung samt baulicher Stellungnahme und Zustimmungen auf denneuen Bauherrn übertragen. Voraussetzung ist allerdings, dass sämtli­che durch die Baugenehmigung festgelegten Bedingungen von demneuen Bauherrn/Eigentümer eingehalten werden.

c) Teilbaugenehmigung (autorizatie partialä)

Die Baugenehmigung wird für das gesamte Bauvorhaben erteilt. Um­fangreiche Bauvorhaben können in mehrere Etappen aufgeteilt werden.In diesen Fällen wird keine Teilbaugenehmigung, sondern eine einzigeBaugenehmigung für das ganze Vorhaben erteilt. Nach rumänischem

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Baurecht besteht nicht die Möglichkeit, für einzelne Bauteile oder Bau­abschnitte Teilbaugenehmigungen zu erteilen.

Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass die Erschließung des Grund­stücks in der Praxis auch gesondert genehmigt wird, d.h. dass gesonder­te Baugenehmigungen für diese Bauarbeiten ausgestellt werden.

4. Anforderungen an Bauvorhaben

a) Grundsätze

Die Baugenehmigungspflicht besteht dann, wenn es sich bei dem in Re­de stehenden Vorhaben um Bauarbeiten im Sinne des rumänischenBauordnungsgesetzes handelt. Bei einem Einzelhandelsvorhaben stehteine Ausnahme außer Frage.

Ein Bauvorhaben kann nur so errichtet werden, dass Gefahren für dieöffentliche Sicherheit, insbesondere für Gesundheits- und für Umwelt­schutz, nicht bestehen und die baulichen Regeln beachtet werden.

b) Zu bebauendes Grundstück

Die Erteilung einer Baugenehmigung ist nur bei Einhaltung der baupla­nungsrechtlichen Vorschriften möglich. Das zu bebauende Grundstückmuss grundsätzlich innerörtlich, d.h. innerhalb der Stadtgrenzen gele­gen sein und muss im Hinblick auf die Nutzungsbestimmung eine Bau­fläche darstellen. Weitere Bedingungen beziehen sich auf das Bestehenvon Zufahrtswegen zum Grundstück und auf die Erschließungsmög­lichkeit des Grundstücks. Das rumänische Bauordnungsrecht enthältebenfalls bestimmte Regel ungen betreffend die einzuhaltenden Ab­standsflächen.

c) Die Bauausführung

Das rumänische Bauordnungsrecht enthält ferner Anforderungen an dieBaustellen in der Bauausführungsphase. Zu beachten ist, dass die Ein­richtung der Baustelle gemäß rumänischem Bauordnungsrecht ebenfallszu genehmigen ist. Dies kann entweder im Rahmen des Baugenehmi­gungsverfahrens für das Bauvorhaben oder eines gesonderten Genehmi-

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gungsverfahren erfolgen. Eine entsprechende Genehmigungsdokumen­tation muss bei der Baugenehmigungsbehörde eingereicht werden, diefür die Erteilung der Baugenehmigung zuständig ist.

Es dürfen nur Bauprodukte verwendet werden, die auf dem rumanI­schen Markt zugelassen sind und somit den rumänischen Baustandardsentsprechen. Ferner bestehen bestimmte Regeln betreffend die in derBauausführung zu benutzenden Maschinen und Anlagen.

Das rumänische Bauordnungsrecht regelt ferner die Durchführung derBauaufsicht, die durch dafür zugelassene Fachleute zu erbringen ist,sowie die Vornahme der Abnahmen der Bauarbeiten und die Fertigungder entsprechenden Bauabnahmeprotokolle (vgl. § 7 Pkt. 11.).

Das Bauordnungsrecht enthält spezifische technische Anforderungen anTeile des Bauvorhabens, wie z.B. Dächer. Einrichtungen und haustech­nische Anlagen werden detailliert geregelt. Spezifische Regierungsver­ordnungen regeln die Anforderungen von Gebäuden, in denen Arbeit­nehmer beschäftigt werden. Daraus kann beispielsweise die Pflicht zurSchaffung einer bestimmten Anzahl von Sanitärräumen resultieren.Wichtig sind die gesetzlichen Anforderungen zum Schutz vor Erdbe­ben, da in Rumänien einige Regionen erdbebengefahrdet sind.

d) Problematik der Parkplätze

Von zunehmender Bedeutung für die Errichtung und den Betrieb vonEinzelhandelsvorhaben ist die Pflicht zur Sicherung von Parkplätzen.Die Raumordnungsverordnung schreibt vor, dass eine Mindestanzahlvon Parkplätzen vorhanden sein oder hergestellt werden muss. DieRaumordnungsverordnung sieht eine Mindestanzahl von Parkplätzenfür jede Kategorie von Bauvorhaben vor: Industrie-, Büro-, Handelsge­bäude und Wohnungen. Zu beachten ist, dass die örtlichen Raumord­nungsregeln (insbesondere im Falle von Großstädten) von diesen all­gemeinen Regelungen abweichen können. So sieht der Entwurf der lo­kalen Raumordnungsregeln in Bukarest sehr strenge Maßstäbe vor.

Dies gilt nicht nur für die Neuerrichtung eines Gebäudes, sondern auchfür eine wesentliche Nutzungsänderung. Die Pflicht betreffend den Bauvon Parkplätzen kann somit auch dann entstehen, wenn in einem beste-

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henden Gebäude im Wege der Umnutzung nunmehr ein Einzelhandels­betrieb angesiedelt werden soll.

Die Parkplätze mlissen grundsätzlich auf dem Baugrundstlick errichtetwerden. In vielen Fällen ist die Schaffung von Stellplätzen rechtlichoder faktisch jedoch nicht möglich. Der Entwurf einer neuen gesetzli­chen Regelung soll die Möglichkeit vorsehen, die Pflicht zum Bau vonParkplätzen durch eine Geldzahlung abzulösen.

In Innenstädten besteht das Problem, dass die Schaffung einer ausrei­chenden Anzahl von Parkplätzen nur mit erheblichem Aufwand in Formvon Parkdecks oder Tiefgaragen realisierbar ist.

5. Baurechtlicher Nachbarschutz (protectia vecillilor)

Ein Nachbar kann sich gegen die Erteilung einer Baugenehmigung nur dannwenden, wenn er die Verletzung einer ihn schlitzenden Norm geltend machenkann. Prozessual ist eine Anfechtungsklage nur dann zulässig, wenn der Klä­ger geltend machen kann, dass er in eigenen Rechten verletzt ist. Diese Rech­te bestehen grundsätzlich nur im Falle der unmittelbaren Nachbarn.

Im rumänischen Bauordnungsrecht haben insbesondere Abstandsflächendrittschlitzende Wirkung (efecte de proteC\ie a ter(ilor).

6. Baurechtswidrige Vorhaben

Die Errichtung eines Bauvorhabens ohne eine entsprechende Baugenehmi­gung bzw. die Nichteinhaltung einer solchen Baugenehmigung stellt lautrum. Bauordnungsrecht grundsätzlich eine Straftat dar. In einem solchen Fallwird ein Baustopp (oprirea lucrarilor de construC\ii) angeordnet, sowie eineFrist flir die Einholung einer solchen Baugenehmigung festgelegt.

Flir den Fall, dass die durch das Kontrollprotokoll festgelegten Maßnahmennicht innerhalb der von der Baubehörde festgelegten Frist getroffen werden,wird ein "Strafantrag" bei dem zuständigen Gericht eingereicht. Das Gerichtwird in einem solchen Fall den Abriss oder eine Berichtigung anordnen. ImFalle von Bauten, auf Grundstücke, die im öffentlichen Eigentum stehen,

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kann der Abriss dieser Bauten durch einen Verwaltungsakt angeordnet wer­den.

III. Einzelhandelsrelevante Aspekte

In Rumänien ist das Bauordnungsrecht fUr den Bauherrn eines Einzelhandelsvor­habens von erheblicher Bedeutung. Das rumänische Bauordnungsrecht enthält kei­ne spezifischen, nur den Einzelhandel betreffenden Regelungen. Grundsätzlichmüssen die Einzelhandelssiedlungen, wie andere Bauvorhaben auch, sämtlichebaurechtliche Vorschriften einhalten. Eine höhere Bedeutung in diesem Bereichhaben zurzeit die raumordnungsrechtlichen Bestimmungen. Wichtige Bestimmun­gen fUr den Einzelhandel sind z.B. Regelungen über die Zufahrtswege, über dieEinrichtung von Parkplätzen, von Grünflächen, Anforderungen an Sanitäranlagenund Feuerschutz.

Vor dem Hintergrund, dass das rumänische Bauordnungsrecht keine Vorgaben fUrdie örtliche Ansiedlung von Einzelhandelsvorhaben enthält, bestehen auch keineVorgaben hinsichtlich der Steuerung des Einzelhandels. Die einzufUhrenden Rege­lungen über die Verpflichtung zur Schaffung von Parkplätzen, die in der Anfangs­phase für Bukarest gelten werden, begünstigen die Ansiedlung außerhalb der städ­tischen Zentren.

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