NORBERT F. PÖTZL / RAINER TRAUB (HG.) Der … und...krieg nicht der Dritte, sondern ein Kalter...

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NORBERT F. PÖTZL / RAINER TRAUB (HG.) Der Kalte Krieg

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NORBERT F. PÖTZL / RAINER TRAUB (HG.)

Der Kalte Krieg

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Buch

Der Zweite Weltkrieg war gerade beendet, als zwischen den ehemaligen Alliierten in Ost und West ein Kalter Krieg begann. Fast ein halbes Jahr-hundert lang, von 1945 bis 1990, war die Welt gespalten in zwei unversöhn-liche Weltanschauungen und Gesellschaft ssysteme. Zwei annähernd gleich starke Machtblöcke unter der Führung der USA auf der einen und der Sowjetunion auf der anderen Seite, die sich auch mit Atomwaff en hoch-

rüsteten, bestimmten die Geschicke der Welt.Ein Eiserner Vorhang, der sich mitten durch Europa spannte, trennte die Blöcke und teilte Deutschland. Immer wieder kam es zu explosiven Kri-sensituationen, etwa bei der Berlin-Blockade 1948, beim Mauerbau 1961, bei der Kuba-Krise 1962 oder bei den Volksaufständen in der DDR und

in Ungarn.Autoren des SPIEGEL und namhaft e Zeithistoriker zeichnen in diesem Band die wichtigsten Entwicklungen und Konfl ikte des Kalten Krieges nach, stellen herausragende Protagonisten der Epoche vor und zeigen, wie die Menschen im Schatten einer dauerhaft en globalen Auseinander-

setzung lebten.

Herausgeber

Norbert F. Pötzl, geboren 1948, ist seit 1972 Redakteur des SPIEGEL, seit 2004 stellvertretender Leiter des Ressorts Sonderthemen. 2002 erschien

seine Biografi e »Erich Honecker« bei der DVA.Rainer Traub, geboren 1949, ist seit 1987 Redakteur des SPIEGEL. Zu den Schwerpunkten des promovierten Politologen gehören Sozial-, Kultur-

und Zeitgeschichte sowie Literatur.

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Norbert F. Pötzl · Rainer Traub (Hg.)

DerKalte KriegWie die Welt den Wahnsinn des Wettrüstens überlebte

Harald Biermann, Georg Bönisch, Wolfgang Engels, Erhard Eppler, Axel Frohn, Bernd Greiner,

Christoph Gunkel, Hans Halter, Hans Hielscher, Uwe Klußmann, Peter Münder, Gottfried Niedhart,

Jan Puhl, Axel Schildt, Cordt Schnibben, Ulrich Schwarz, Michael Sontheimer, Bernd Stöver, Hans-Ulrich Stoldt,

Alexander Szandar, Klaus Wiegrefe, Martin Wolf

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Verlagsgruppe Random House fsc-deu-0100Das fsc-zertifi zierte Papier Lux Cream für dieses Buch

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1. Aufl ageVollständige Taschenbuchausgabe Juni 2010

Wilhelm Goldmann Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Copyright © der Originalausgabe 2009 by Deutsche Verlags-Anstalt, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH, und SPIEGEL-Verlag, Hamburg

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München in Anlehnung an die Umschlaggestaltung der Hardcoverausgabe

(Büro Jorge Schmidt, München)Umschlagabbildung: © Corbis – Test detonation of an 11-megaton

nuclear device code named »Romeo« over Bikini Atoll on March 26, 1954KF · Herstellung: Str.

Druck und Bindung: CPI – Clausen & Bosse, LeckPrinted in Germany

ISBN: 978-3-442-10226-6

www.goldmann-verlag.de

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Vorwort

DIE SPALTUNG DER WELT

Am AbgrundJahrzehntelang hielten Amerikaner und Sowjets einander durch Wettrüsten in Schach Von Georg Bönisch und Klaus Wiegrefe

»Der gefährlichste Moment« Gespräch mit Altbundeskanzler Helmut Schmidt über die Politik der nuklearen Abschreckung Von Hans-Ulrich Stoldt und Klaus Wiegrefe

TEIL 1 DER KAMPF DER SYSTEME

Glück im Unglück Deutschland an der Nahtstelle der Machtblöcke und Adenauers WestintegrationVon Georg Bönisch

Töricht und tödlich Subversion, Sabotage und Menschenraub: Der Propagandakrieg zwischen Bonn und Ost-BerlinVon Norbert F. Pötzl

Gift im SchirmAttentate und politische Morde gehörten zum Geheim-dienst-Repertoire beider SeitenVon Christoph Gunkel

Chronik 1945 – 1949: Die Spaltung der Welt

Inhalt

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TEIL 2

IM BANN DER BOMBE

»Stunde der höchsten Bedrohung«Der kommunistische Angriff in Korea schweißte die Nato zusammenVon Harald Biermann

Das Böse schlechthinTrotz amtlicher Verharmlosung des Risikos wuchs in der Bundesrepublik die Angst vor dem AtomtodVon Axel Schildt

Ruf nach FreiheitNach Stalins Tod: gewaltsam unterdrückte Aufstände in der DDR, in Polen und UngarnVon Michael Sontheimer

Im Namen der DemokratieMit »verdeckten Operationen« stürzte die CIA gewählte bürgerliche ReformregierungenVon Rainer Traub

Wettlauf der SpioneDesinformation und Terror, Mord und Todschlag – die Methoden der GeheimdiensteVon Hans Halter

Das Schicksal der Welt Missverständnis und Fehleinschätzungen brachten die Supermächte in der Kuba-Krise an den Rand einer atomaren Katastrophe Von Klaus Wiegrefe, Axel Frohn und Uwe Klußmann

Cola gegen Kommunisten Billy Wilders wunderbare Berlin-Satire »Eins, zwei, drei«Von Martin Wolf

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Mit dem Panzer durch den Todesstreifen Wie ein NVA-Soldat den 13. August 1961 erlebte und einen tollkühnen Grenzdurchbruch wagte Von Wolfgang Engels

Chronik 1950 – 1962: Totale Konfrontation

TEIL 3

DAS STREBEN NACH AUSGLEICH

Politik am heißen Draht Nach der Kuba-Krise begann US-Präsident John F. Kennedy, den Ost-West-Konfl ikt durch Verträge unter Kontrolle zu halten Von Gottfried Niedhart

»Wir haben Freiräume geschaffen«SPIEGEL-Gespräch mit Egon Bahr, dem Architekten der sozialdemokratischen Entspannungspolitik, über »Wandel durch Annährung«Von Norbert F. Pötzl und Rainer Traub

Jagd auf 007 Die Romanfi gur James Bond und der Neid realer OstagentenVon Peter Münder

Panzer gegen Ideen Armeen des Warschauer Pakts beendeten in der Tschechoslowakei den Versuch eines »Sozialismus mit menschlichem Antlitz«Von Jan Puhl

Meine Zeit als Hammer Ein Wehrpfl ichtiger von 1968 erinnert sichVon Georg Bönisch

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Showdown im DschungelDas amerikanische Desaster des Vietnam-KriegesVon Cordt Schnibben

Post aus PankowDer schwierige Weg zu Willy Brandts VertragspolitikVon Norbert F. Pötzl

Die Sprengkraft der Menschenrechte Die KSZE-Schlussakte und die Brisanz der darin verbrieft en Garantien Von Ulrich Schwarz

Die Wunderwaffe Jazzmusiker als subversive Botschaft er des WestensVon Hans Hielscher

Chronik 1963 – 1979: Entspannungsversuche

TEIL 4

DER TRIUMPH DES WESTENS

Der Gegner geht verloren Überrüstung, das Afghanistan-Abenteuer und die innere Zerrüttung führten zum Untergang der Sowjetunion Von Bernd Stöver

Schach der Strategen Die »Nachrüstungs«-Debatte löste die größte Friedens-bewegung in der deutschen Geschichte ausVon Erhard Eppler

»Tapferes, zähes Volk« Im Kampf gegen den militanten Islam schaufelte sich die Sowjetunion in Afghanistan ihr eigenes Grab Von Uwe Klußmann

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Vorbote des Umbruchs Wie die Gewerkschaft Solidarność und Johannes Paul II. das rote System zersetztenVon Jan Puhl

Vom Himmel gefallenBeinahekatastrophen durch Pleiten, Pech und PannenVon Christoph Gunkel

Die Rüstungslobby Korruption und Skandale im militärisch-industriellen KomplexVon Alexander Szandar

Zurück in die ZukunftDas Erbe der Ära totaler KonfrontationVon Bernd Greiner

Chronik 1980 – 1991: Die letzte Etappe

AnhangBuchhinweiseAutorenverzeichnisDankPersonenregister

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Vorwort

Brisante Zeiten: Adolf Hitler war kaum tot, sein Nazi-Reich noch qualmender Schutt, da verfeindeten sich die Befreier bereits unversöhnlich. Amerikaner und Sowjets teilten die Welt in zwei Machtsphären auf, und die Frontlinie verlief mitten durch Deutschland. »Von Stettin an der Ostsee bis hinunter nach Triest an der Adria ist ein ›Eiserner Vorhang‹ über den Kontinent gezogen«, sagte der britische Premier Winston Chur-chill am 5. März 1946 in einer Rede im Westminster College im amerikanischen Fulton, Missouri. Es begann ein Krieg nach dem Krieg: ein »Kalter Krieg« zwischen den Großmächten und ihren jeweiligen Verbündeten – und weltweit sollten viele heiße »Stellvertreterkriege« folgen.

Der Begriff »Kalter Krieg« war als politisches Schlagwort seit 1947 geläufi g. Als dessen Urheber gilt Herbert B. Swope, ein Journalist und Mitarbeiter des langjährigen amerikanischen Präsidentenberaters Bernard M. Baruch. Im April 1947 erklärte Baruch im Abgeordnetenhaus von Columbia, South Carolina: »Lassen wir uns nicht täuschen – heute befi nden wir uns mit-ten in einem kalten Krieg.« Nur wenig später, im Herbst 1947, veröff entlichte der New Yorker Publizist Walter Lippmann eine Broschüre mit dem Titel »Der Kalte Krieg«.

Was waren die Ursachen für den Kalten Krieg? War es, so die westliche Lesart, die marxistisch-leninistische Ideologie mit ihrem Anspruch auf die Weltrevolution? Sowjet-Diktator Josef Stalin sprach im Februar 1946 vom fortdauernden Antagonismus zwischen Kapitalismus und Kommunismus, der erst mit dem weltweiten kommunistischen Triumph überwunden werden könne. Oder war es die Furcht der durch den Krieg geschwäch-ten Sowjetunion vor der ökonomischen Überlegenheit und dem in den ersten Nachkriegsjahren bestehenden Atomwaff enmono-pol der USA?

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Fast ein halbes Jahrhundert lang, bis zum Untergang der Sowjet union 1991, standen sich zwei Gesellschaft ssysteme hoch-gerüstet gegenüber. Die Blockbildung wurde vor allem durch zwei Krisen forciert: durch die Berlin-Blockade 1948/49 und durch den von den Kommunisten angezettelten Krieg im geteil-ten Korea 1950 bis 1953.

Das globale Kräft emessen entwickelte sich zur explosivsten Epoche in der Geschichte der Menschheit. Beide Seiten bedroh-ten sich gegenseitig mit der zerstörerischsten Waff e, die Militärs und Wissenschaft ler bislang erfunden haben. Die Atombombe wurde zum Alptraum der Erdbevölkerung. Nachdem »Little Boy« und »Fat Man« im August 1945 hunderttausendfachen Tod über Hiroshima und Nagasaki gebracht hatten, wurden apoka-lyptische Szenarien vor der Öff entlichkeit ausgebreitet. Albert Einstein soll gesagt haben, er wisse zwar nicht, wie der Dritte Weltkrieg geführt, wohl aber, wie der Vierte ausgetragen werde: mit Stöcken und Steinen.

Im Rückblick wird deutlich, dass sich die Menschheit mehr-mals am Abgrund einer nuklearen Katastrophe befand. Eine Über reaktion nach einer Provokation der anderen Seite, viel-leicht auch nur ein Missverständnis, eine falsch gedeutete Alarm-meldung oder eine technische Panne – all das konnte den Globus in ein fl ammendes Inferno verwandeln. Vor allem bei der Kuba-Krise im Herbst 1962 fehlte nur noch ein Funke, und die Welt wäre nuklear verwüstet worden.

Allerdings setzte die Existenz der Atombombe auch ein bis dahin gültiges Gesetz außer Kraft , wonach sich durch waff en-technologische Entwicklungen die Zahl der Toten und Verwun-deten im jeweils folgenden Krieg zum Teil sprunghaft erhöhte. Ob beim Schießpulver, bei Bombern, U-Booten oder Panzern – Fortschritt war stets gleichbedeutend mit immer höheren Lei-chenhaufen und immer größeren Trümmerbergen gewesen. Die kosmische Vernichtungskraft der neuen Nuklearwaff en zwang die Weltmächte jedoch, ihre Rivalität überwiegend friedlich aus-zutragen. So respektierten sie die Einfl ussbereiche und mischten

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sich nicht ein. Die USA hielten still bei den Volksaufständen in der DDR 1953 oder in Ungarn 1956, beim Mauerbau 1961 oder bei der Niederschlagung des »Prager Frühlings« 1968; die Sowje tunion nahm Staatsstreiche des US-Geheimdienstes gegen gewählte Reformregierungen in Iran 1953, Guatemala 1954 oder Chile 1973 hin.

Sowjetkommunismus und westliche Demokratie lagen im Streit auf Leben und Tod, und doch folgte dem Zweiten Welt-krieg nicht der Dritte, sondern ein Kalter Krieg, der eigentlich ein »langer Friede« war, wie der amerikanische Historiker John Lewis Gaddis meint. Denn die Fähigkeit, sich gegenseitig und künft ig auch die ganze Menschheit auslöschen zu können, ließ Amerikaner und Russen davor zurückschrecken, ihren Konkur-renzkampf mit der »Energie der Sonne« (so US-Präsident Harry S. Truman) auszutragen.

Norbert F. Pötzl, Rainer Traub

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DIE SPALTUNG DER WELT

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Am Abgrund

Nur drei Jahre nach dem gemeinsamen Sieg über die NS-Diktatur standen sich ab 1948 Amerikaner

und Russen in Europa waffenstarrend gegenüber. In der Rückschau wird klar: Die Menschheit entkam mehrmals

nur durch Glück einem atomaren Inferno.

Von Georg Bönisch und Klaus Wiegrefe

Sätze können die Welt verändern, und jener Anruf gehört in diese Kategorie, weil das, was danach folgte, die Welt für Jahrzehnte in zwei Sphären teilte. In West und Ost, hier die Vereinigten Staaten von Amerika, da die Sowjetunion. Hier Kapitalismus und Demo-kratie, da Kommunismus und Diktatur. Und mittendrin, an der Schnittstelle der nunmehr bipolaren Ordnung, lag Berlin. Die Hauptstadt ausgerechnet jenes Landes, das den drei Jahre zuvor beendeten Krieg mit über 60 Millionen Toten angezettelt hatte.

Am 23. Juni 1948, einem Mittwoch, ließ sich US-General Lucius D. Clay mit seinem Landsmann Jack O. Bennett verbinden. Clay war amerikanischer Oberkommandierender in Deutschland, der 33-jährige Bennett, eine Mischung aus Curd Jürgens und Ernest Hemingway, saß als Europa-Direktor der Fluggesellschaft Ame-rican Overseas Airlines in Frankfurt am Main.

»Captain«, schnarrte Clay, »es könnte sein, dass wir gezwungen werden, Berlin aus der Luft zu versorgen. Haben Sie eine DC-4, mit der Sie heute Abend Kohlen nach Berlin fl iegen können?«

»Was? Kohlen?«, fragte Bennett entsetzt. »Unmöglich, ich habe nur Passagiermaschinen. Die Kohlen würden meine Sitze rui-nieren, meine Airline macht mir die Hölle heiß.«

Clay: »Gut, wie wär’s mit Kartoff eln?« Ja, antwortete Bennett, das gehe, »aber in Säcken«. Darauf Clay: »Captain, Sie können Geschichte schreiben.«

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Exakt um 22.09 Uhr landete Bennett auf dem Flughafen Tem-pelhof, der im Süden einer Stadt liegt, die im politischen Neu-gefüge eigentlich eine Irrealität darstellte. Berlin war in vier alli-ierte Sektoren aufgeteilt, befand sich aber mitten im sowjetisch beherrschten Teil des alten Deutschlands. Folgerichtig hatten die Russen auch die Hoheit über die Verkehrsadern aus Rich-tung Westen. Ein ideales Faustpfand. Und die Sowjets wollten es nutzen, um Amerikaner, Briten und Franzosen aus Berlin zu vertreiben und die Gründung eines Weststaates zu verhindern, der wenig später Bundesrepublik Deutschland heißen sollte.

Knapp acht Stunden nach Bennetts Landung, Punkt sechs Uhr am 24. Juni, gab die sowjetische Militärverwaltung Order, auf der Eisenbahnstrecke Helmstedt-Berlin den Passagier- und Güter-verkehr einzustellen, wegen einer »technischen Störung«. Strom-lieferungen aus dem Umland hatten die Sowjets schon gekappt. Angeblich wegen »Kohlenmangels«. Schiff e wurden an die Kette gelegt. West-Berlin mit seinen gut zwei Millionen Menschen, eine Insel im Ozean der Unwägbarkeiten, war nun blockiert. Es gab schon bald kaum noch Brot, kaum Fleisch, kaum Milch. Und nur auf einem Weg konnte wirklich geholfen werden – aus der Luft . So, wie es Bennett gezeigt hatte, in diesen Tagen vor 60 Jahren.

Kurz darauf brummten die ersten Maschinen in den Westteil der Stadt, von den dort lebenden Berlinern liebevoll »Rosinen-bomber« getauft . Rund 280 000 Flüge wurden es insgesamt, ehe Kreml-Diktator Josef Stalin 1949 entnervt die Blockade aufh ob. Oft waren 40 Flugzeuge gleichzeitig in der Luft , gestaff elt auf fünf Ebenen übereinander, und dann fl ogen sie im Drei-Minu-ten-Takt. Eine Meisterleistung der Piloten und ihrer Logistiker. Und eine beispiellose Hilfsaktion für den Feind von gestern, die durchaus auch ein Propagandaziel hatte: die Menschen einzu-schwören auf den Westen. Die Luft brücke bedeutete nämlich nicht nur das bloße Heranschaff en von Kartoff eln und Kohlen.

In ihr manifestierte sich zugleich ein Konfl ikt, wie es ihn in der Geschichte der Menschheit nie zuvor gegeben hatte: Cold War, Kalter Krieg. Ein Begriff , den Journalisten schon vor der

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Luft brücke geprägt hatten und der das jahrzehntelange Ringen zweier ideologisch entgegengesetzter Weltentwürfe beschreibt.

»Der einzige Weg zur restlosen Befreiung der Menschen«, behauptete 1960 Nikita Chruschtschow, Nachfolger Stalins im Kreml, sei der »Weg des Kommunismus«. Der damalige US-Präsident John F. Kennedy hielt dagegen: »Die Zukunft gehört denjenigen, die sich für die Freiheit des Einzelnen einsetzen.« Diese Kontrastellung defi nierte den Kalten Krieg.

In anderen Zeiten wäre es zu einem Waff engang gekom-men, mit Feuer aus allen Rohren. Aber der Kalte Krieg fand im Atomzeitalter statt, und beide Seiten verfügten schon bald über ausreichend Nuklearsprengköpfe, um die Menschheit ein für alle Mal auszuradieren. Ein falscher Knopfdruck, eine falsche Entscheidung, und weite Teile der Erde wären im nukle-aren Feuer ball verglüht, in dessen Zentrum eine unvorstellbare Temperatur herrschte – viermal so hoch, wie sie im Innern der Sonne angenommen wird: hundert Millionen Grad. Schon die nuklea ren Flugkörper eines einzigen U-Bootes hätten ausge-reicht, Deutschland in eine Todeswüste zu verwandeln.

Vergessen ist das nicht, und doch erscheint die wie gefroren wirkende Welt des Kalten Krieges manchem Politiker in Zeiten globalen Terrors und asymmetrischer Kriegführung verlockend übersichtlich. Feind, Freund, Neutraler – eine bizarr-saubere Ordnung im Th eorem der Abschreckung, die geprägt schien von berechenbaren Gegnern und immer gleichen Verhaltens-regeln.

Auch die Kreml-Führer hielten sich ans internationale Pfl ich-tenheft – anders als die Qaida-Terroristen, die bereit sind, das »eigene Leben der eigenen Sache wegen zu opfern«, wie es Kanz-lerin Angela Merkel formuliert. Dies sei »gegenüber den Zeiten des Kalten Krieges eine völlig veränderte Lage«, weil es keine Abschreckung im alten Sinne mehr gebe. Soll heißen: Heute zu leben ist gefährlicher als gestern? Oder zumindest gleicher-maßen gefährlich, wie der US-amerikanische Präsident George W. Bush behauptete?

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Zu einem solchen Urteil kann nur kommen, wer ignoriert, was seit Ende des Kalten Krieges aus den Erzählungen von Zeitzeu-gen und den Geheimarchiven der Kriegsparteien an die Öff ent-lichkeit gelangt ist. Denn danach sind Zweifel ausgeschlossen: Die Menschheit stand dichter am Abgrund, als die meisten damals auch nur ahnten. Immer wieder spielten Hardliner auf beiden Seiten – Amerikaner, Asiaten, Europäer – mit dem Risiko eines totalen Nuklearkriegs:

– weil sie sich einen Sieg erhofft en wie jene amerikanischen Militärs, die den Einsatz der Bombe im Korea-Krieg (1950 bis 1953) verlangten. Oder 1968 in Vietnam – ein Faktum, das erst kürzlich bekannt wurde;

– weil sie das Risiko falsch einschätzten, wie Kreml-Chef Chruschtschow, der 1962 Atomraketen auf Kuba stationierte und glaubte, die Amerikaner würden dies hinnehmen;

– weil sie sich falsche und banal-gefährliche Vorstellungen vom Atomkrieg machten. So suchte der chinesische Parteichef Mao Zedong seinem sowjetischen Verbündeten einzureden, es wür-den dann zwar große Teile der Erde verwüstet, aber dafür »der Imperialismus ausgelöscht und die ganze Welt sozialistisch«;

– weil sie die Nerven verloren, wie 1983 Teile der sowjetischen Führung, die fürchteten, der Westen bereite einen nuklearen Enthauptungsschlag vor. KGB-Agenten verfolgten bereits in London die Preise für Blutkonserven, um herauszufi nden, ob zusätzlich Reserven angelegt wurden – angeblich Anzeichen für einen Kriegsplan der Nato.

Gleich mehrmals – so steht inzwischen fest – versetzten die Supermächte ihre Atomstreitkräft e weltweit in Alarmbereit-schaft , weshalb der Bonner Historiker Harald Biermann ganz nüchtern bilanziert: »Für einen nostalgischen Blick auf den Kal-ten Krieg gibt es keinen Grund.« Gerade in Deutschland nicht. Denn aus deklassifi zierten US-Akten geht hervor, dass zeitweise die Entscheidung, Atombomben in Mitteleuropa zu zünden, bei untergeordneten amerikanischen Truppenkommandeuren lag. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, hätte die sowjetische

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Seite va banque gespielt. Oder wenn jemand schlicht durchge-dreht wäre. Am Ende verhinderten Glück und Zufall öft er als staatsmännische Voraussicht das Schlimmste.

Der Krieg nach dem Krieg – gewollt oder gar geplant hat ihn keine der Parteien. Nach dem alliierten Sieg über Hitler demo-bilisierte Stalin knapp acht Millionen Soldaten seiner Roten Armee. Im kleinen Kreis erklärte der Generalissimus, die nächs-ten 10 bis 15 Jahre müsse man sich auf die Verteidigung des Vater-landes beschränken. Und auch die GIs strömten in Massen aus Europa und Asien nach Hause, wo sie freudig begrüßt wurden. An Stalins Grundhaltung änderte der amerikanische Rück-zug allerdings wenig. Der misstrauische Georgier, Sohn eines trunksüchtigen, gewalttätigen Schusters, glaubte sich zeit seines Lebens von Feinden umgeben. Der Westen, so behauptete er, werde »niemals, niemals, niemals akzeptieren, dass ein so großes Gebiet (wie die Sowjetunion – Red.) rot ist!« Und so konnte der alternde Diktator gar nicht genug Sicherheitsgarantien bekom-men.

Für die von der Wehrmacht verwüstete Sowjetunion rekla-mierte Stalin ganz Osteuropa als Sicherheitsglacis; in Warschau, Budapest oder Sofi a setzte er Marionettenregime ein. Auch in Iran, der Türkei und im besetzten Deutschland suchte er sei-nen Einfl uss zu vergrößern: »Ganz Deutschland muss unser werden, also sowjetisch, kommunistisch.« Dahinter stand kein Masterplan des Kreml, wie lange Zeit im Westen vermutet wurde, sondern das Prinzip der sowjetischen Außenpolitik. Stalins Außenminister Wjatscheslaw Molotow fasste es in den Worten zusammen: »Wenn es geht, sind wir off ensiv, wenn es nicht geht, warten wir ab.«

Und mit dieser Konstellation nahm das Verhängnis seinen Lauf. Denn auch in Washington bestimmte Angst die Politik, wie der US-Historiker Melvyn Leffl er schreibt. Nie wieder sollte von Europa eine Gefahr für die amerikanische Supermacht ausgehen wie zu Zeiten Adolf Hitlers. Und nie wieder wollte man den Fehler machen, einen aggressiven Diktator zu lange gewähren zu lassen.

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Es dauerte dann noch eine Weile, ehe US-Präsident Harry S. Truman entschlossen gegenhielt. Am 12. März 1947 gab der Demokrat vor einem begeisterten Kongress ein großes Verspre-chen ab – es ist als Truman-Doktrin in die Annalen eingegan-gen. Amerika werde allen Völkern helfen, »deren Freiheit durch militante Minderheiten oder Druck von außen« bedroht sei. Das Parlament bewilligte Hilfsgelder in Millionenhöhe für Griechen-land und die Türkei, wo Untergrundbewegungen operierten, die einen kommunistischen Umsturz planten. Und solcherlei Unter-stützung war nur der Anfang.

Am 5. Juni verkündete Außenminister George Marshall den nach ihm benannten Plan – ein Hilfsprogramm zum Wieder-aufb au Europas auf privatwirtschaft licher Grundlage. Zugleich trieb Truman die Gründung der Bundesrepublik Deutschland zügig voran, deren Existenz zu den wenigen Aktivposten in der Bilanz des Kalten Krieges zählt. Bezeichnenderweise stei-gerte die deutschlandpolitische Weichenstellung die Ängste in Washington noch; denn die Sorge lag durchaus nahe, ein derart aufgepäppeltes (West-)Deutschland könne Stalin in die Hände fallen. »Um zu verhindern, dass Deutschland kommunistisch wird«, müsse ein »großer Kampf« geführt werden, erklärte Marshall.

Den »großen Kampf« wollten Truman, Marshall und ihre Parteigänger allerdings am liebsten ohne Waff en austragen. Die US-Politik sah vor, die sowjetische Expansion weniger militä-risch als vielmehr politisch und wirtschaft lich einzudämmen. Off enbar dachten die Amerikaner an eine Rivalität, vergleichbar der Konkurrenz zwischen den USA und dem kommunistischen China heute.

Eine solche Entwicklung hätte der Menschheit viel Leid erspart, sie wäre allerdings nur möglich gewesen, wenn nicht Stalin im Kreml gesessen hätte. Dieser »wollte keinen Kalten Krieg«, wie die russischen Historiker Wladislaw Subok und Konstantin Pleschakow schreiben – aber: »Er wusste nicht, wie er ihn ver-meiden konnte.« Der paranoide Diktator fühlte sich durch die

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amerikanische Off ensive in seinen schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Im Politbüro erklärte er am 14. März 1948, es habe sich gezeigt, dass die beiden Lager nicht zusammenkommen könnten – sie seien eben »wie Feuer und Wasser«.

Wie die Amerikaner in ihrem Bereich, so trieb Stalin in seiner Einfl usssphäre die Konsolidierung voran, allerdings mit den ihm eigenen Methoden. In Prag übernahmen die Kommunisten mit einem Staatsstreich die Macht; wenige Monate später begann die Berlin-Blockade. »Jede Seite sah die andere als gefährliche Bedrohung, und indem man darauf aggressiv reagierte, wurde man auch zu einer solchen«, schreibt der US-Historiker Gerard DeGroot.

Das Krisenjahr 1948 markiert infolgedessen einen Wendepunkt der Geschichte. Bis dahin war die amerikanische Öff entlichkeit nicht von der Notwendigkeit eines Kalten Krieges gegen den einstigen Verbündeten überzeugt. Bitten der Briten nach einer »Unterstützung Westeuropas durch die USA« hatte Washington bezeichnenderweise abgelehnt. Sogar der Marshall-Plan wurde von den oppositionellen Republikanern im Kongress in Frage gestellt. Mit der Berlin-Blockade 1948/49 änderte sich das Bild grundlegend. Schon bald erfasste Angst die Menschen, aus der später jene antikommunistische Hysterie wurde, die sich mit dem Namen des Senators Joseph McCarthy verbindet.

Die US-Militärs integrierten jetzt die Atombombe in ihre Kriegsplanspiele. Endlos könne man die Luft brücke nicht auf-rechterhalten, mahnte die Generalität. Clays Stabschef schlug allen Ernstes vor, über dem Rhein eine Atombombe zu zün-den – um die Sowjets einzuschüchtern. Am 13. September 1948 notierte Truman: »Ich habe das schreckliche Gefühl, dass wir sehr dicht vor einem Krieg stehen.« Der Senat bewilligte nicht nur die Marshall-Hilfsgelder, sondern signalisierte zudem die Bereitschaft zu einem dauerhaft en militärischen Engagement in Europa – ein radikaler Bruch mit der isolationistischen Tradi-tion in der amerikanischen Außenpolitik, der im Jahr darauf die Gründung der Nato nach sich zog.

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