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das Info aus der roten flora Nr. 145 II Juli I August 08 zec Was sonst il

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  • das Info aus der roten flora Nr. 145 II Juli I August 08

    zec

    Was sonst il

  • Liebe Leute,

    doch, doch, die Zeck gibt es erstmal noch. Dank eurer Spenden. Nur sind wir leider etwas spät dran • die Um-stände! Dadurch sind manche Termine oder Inhalte vielleicht schon etwas veraltet, wenn ihr diese Ausgabe der Zeck in euren Händen habt.

    ln dieser Ausgabe findet ihr wieder einiges zu der Sexis-musdebatte in Hamburg. ln dem Zusammenhang haben wir auf Seite 9 noch extra etwas geschrieben.

    Am II. Juni wurde die Wohnung e ines Transmittei"-Re-dakteurs durchsucht. Pfui! Dazu haben wir einige Infos aus einem Artikel und aus dem Netz zusammengesucht, da uns bisher keine direkten Informationen vom FSK erreicht haben. Für weiteres verweisen wir außerdem auf den aktuellen Transmitter.

    Uns ist zu Ohren gekommen, dass die beiden im August in Harnburg stattfindenden Camps noch nach Unter-stützung jeglicher Art suchen. Informiert euch doch mal auf deren Internetseiten über die nächsten Treffen. Das hört sich nämlich alles ganz schön interessant an! Auf der Seite 8 erhaltet ihr einen Überblick über d ie bisher geplanten Aktionen.

    Let' s rock the city!

    ZECK

    Inhalt Kurzes 20 Jahre Schanzenfest Klimastörung Aktionsplan der Hamburger Camps Fuck the Bastards? "Repressiv empfundenes Diskussionsklima" Chronologie einer Vergewaltigungs-Veröffentlichung Vorläufiges Ergebnis einer nicht stattgefundenen

    Auseinandersetzung Erklärung des Flora Plenums zum Verhalten von G. Bericht zur Nazikundgebung am 12. Juni in Kiel Erklärung der AG Neuengamme e.V. Proteste zur Eröffnung des Tamm-Museums Bericht zu den Hamburger Perspektiventagen Doku: Militante Aktionen gegen Nazikader Doku:Tamm Tamm Doku: Burn Porsche burn in Österreich sitzen I 0 Tierrechtsaktivist innen

    in U-Haft Hausdurchsuchungen bei Transmitter Redakteur Antiatom-Nachrichten

    Seite 3-4 5 6-7 8 8 9 9- 10

    II 12 13- 14 14- 15 15 16- 17 18 18 19

    19-20 20 21-22

    Impressum

    V.i.S.d.P.: Klaus Kretschmer, Rothenbaumchaussee 30,20148 Harnburg Kontakt Zeck, do Rote Flora, Schulterblatt 71, 20357 Harnburg

    Schickt uns eure Beiträge,Artikel auf Datenträgern (CD,Diskette, ... ) mit bei· liegendem Ausdruck, am besten als Textdatei. CD's und Disketten können nicht zurückgegeben werden. Artikel im Heft geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

    Redaktionsschluss: der 20. des Vormonats. Abos: Zeck gibt es im Förderabe ftir I 0 Euro ä drei Ausgaben. Geld in einem Umschlag an: Zeck do Schwarzmarkt, Kleiner Schäferkamp 46, 20357 Harn-burg. Ältere Ausgaben gibt es, soweit vorhanden, gegen eine grasszügige Spende (Briefmarken oder Geld).

    Eigentumsvorbehalt Die Zeitschrift bleibt solange Eigentum des Absenders, bis sie dem/der Gefangenen ausgehändigt worden ist. "Zur-Habe-Nahme" ist keine Aushändigung im Sinne dieses Vorbehalts. Wird die Zeitschrift dem/der Gefangenen nicht oder nur teilweise ausgehändigt, so sind die nicht ausge-händigten Teile · und nur diese · an den Absender mit ausführlicher Begrün-dung der Nichtaushändigung zurückzuschicken (mögen die Zensurrichter bei der Durchsicht erblinden!).

    Eigendruck im Selbstverlag.

    Kontakt: schwal'zma.J'kt·[email protected] Offenes Tl'eßen Jeden entea Mittwoch lm Monat ab 16h

  • zeck 145 // Kurzes Seite 3

    Konferenz "Antisexistische Praxen II"12. und 13.07. Berlin, Mehringhof

    Hallo, wir möchten dich zu der Konferenz"Antisexistische Praxen II" einladen.Will-kommen sind wie letztes Jahr Menschen je-den Geschlechts, also allgender. EinzelneWorkshops und Veranstaltungen könnenbei Bedarf auch nur für bestimmte Ge-schlechter stattfinden. Die Konferenz bie-tet einen Ort des Kennenlernens und esAustausches von Erfahrungen zwischenverschiedenen Städten und Regionen.Alltagssexismus, Möglichkeiten antisexisti-scher Intervention und antisexistischer Po-litik, Unterstützungsarbeit bei Sexismusund sexualisierter Gewalt, Definitions-macht und Parteilichkeit, all das soll wiederThema sein. Dieses Jahr würden wir abergerne sowohl noch theoretischer werdenund stärker die Strukturen, die Sexismuszugrunde liegen, durchleuchten, als auchnoch praktischer werden, mit konkretenAktionen.Reden über Sexismus und Antisexismus istnicht einfach und potenziell verletzend.Deshalb bemühen wir uns, einen Rahmenzu schaffen, in dem ein möglichst sicheresReden gegeben ist, als auch Orte des Auff-fangens vorhanden sind.Für einzelne Workshops wird es Gebär-densprache geben,bitte maile uns,wenn duBedarf hast.Weiteren Übersetzungsbedarfwollen wir vor Ort klären.

    Weitere Infos:www.antisexisat-perspektives.so36.netMail: [email protected]

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    Mit Sicherheit!Konstruktion "unsicherer Räume"zur Etablierung "innerer Sicherheit"

    Spätestens seit dem 11.09.2001 wird durchPolitik und Medien, das Konzept der inne-ren Sicherheit massiv und ohne nennens-werten gesellschaftlichen Widerspruch vor-angetrieben.Unter dem Vorwand drohender terroristi-scher Attentate scheinen Überwachungs-und Kontrollmaßnahmen keine Grenzenmehr gesetzt. ÜberwachungstechnischeSchritte wie Onlineüberwachung, Kamerasauf öffentlichen Plätzen und umfassendeDatensammlungen stellen tiefste Ein-schnitte in Persönlichkeitsrechte und Da-tensicherheit dar und waren zuvor in die-sem Maße und in diesem Tempo kaumdenkbar. Losgelöst von jeglicher tatsäch-licher Bedrohung werden sie in breiterForm akzeptiert, ermöglicht und durch Teileder Gesellschaft aktiv unterstützt.

    Dabei wird bewusst mit der Angst derMehrheitsgesellschaft vor vermeintlich kri-minellen Ausländer_innen, bewaffneten Ju-gendbanden oder Drogenabhängigen, kurz:allem,was vermeintlich fremd erscheint, ge-spielt. Sie dient als Legitimationsgrundlagefür die Politik der Diskriminierung und Aus-grenzung.Welche rassistischen und sexistischenGrundannahmen werden durch Überwa-chung und Repression immer wieder neuhergestellt? Wer oder welche gerät als po-tentieller "Gefährder_in" in den Fokus undwie wirkt sich das in der Gesellschaft aus?Welche Mechanismen sind es eigentlich,dieangeblich gefühlte Unsicherheit breiter Ge-sellschaftsschichten produzieren, währendKriminalstatistiken eine andere Sprachesprechen? Was steckt hinter dem Begriff"unsichere Räume" und welche Räume sindsicher? Im Rahmen der Veranstaltung werden Re-ferent_innen zunächst mit unterschied-lichen Schwerpunkten eine Einschätzungder aktuellen Situation in Deutschland undEuropa geben. Sie werden erörtern,wie dasKonzept "innere Sicherheit" das Gesicht ei-ner Stadt verändert. Besonderes Augen-merk liegt dabei auf der Konstruktion undReproduktion von Rassismen. Im zweitenTeil wollen wir nach Ansätzen suchen, diedas Konzept der "inneren Sicherheit" aktivunterlaufen, und über Perspektiven unserereigenen Handlungsfähigkeit im Sinne einerchaotischen Stadt diskutieren.Referent_innen: Renate Ruhne, BerndBelina und Eric Töpfer

    Info- und Diskussionsveranstaltung imRahmen der Mobilisierung zum Antira-Camp vom 16. - 24.08.2008 in Hamburg(http://camp08.antira.info)Veranstaltungszeit: 9. Juli 2008 19:30Uhr (Einlass ab 19:00 Uhr)Veranstaltungsort: Uebel & Gefährlich(Feldstraße 66, Hamburg St. Pauli)

    Unterstützung durch den Verein für politische

    Bildung,Analyse und Kritik e.V.

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    "Mit der Sense in der Hand"

    utopisches Gärtnern vom 03. - 13.08.08auf unserem Waldgartengelände in derNähe von Verden/Niedersachsen.11 Tage zelten, arbeiten, Sonne genießen!Hast du Lust? Mehr über uns findest du un-ter www.allmende.de.vu oder 04231-905030

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    ABC-Cafe in NorddeutschlandAb Juli werden wir vom ABC-Orkan regel-mäßig alle 2 Monate das ABC-Cafe im LIZ(Libertaeres Zentrum im Karoviertel) inHamburg veranstalten. Bei diesem wollenwir in gemütlicher Atmosphäre bei Snacksund Getränken über Gefangene berichten,Briefe schreiben, Filme gucken uvm. Ihrkönnt euch am Infotisch mit Broschüren zuAntiknast, Anarchismus usw. eindecken.Außerdem werden wir die neue Entfesseltimmer beim Cafe verteilen.

    Die nächsten Termine:11. Juli, 12. September, 14. November.Wir freuen uns euch zu sehen

    [email protected]

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    Gelöbnis in Lüchow? - Gelöb NIX ! überall Die Bundeswehr plant am 16.August 2008eine öffentliche Rekrutenvereidigung in Lü-chow. So ist es jedenfalls der "Anlage zuparl Sts beim Bundesminister der Verteidi-gung" in der "Übersicht über durchgeführteoder geplante feierliche Gelöbnisse derBundeswehr außerhalb militärischer Lie-genschaften im Jahr 2008" mit Stand vom9.4.2008 zu entnehmen. Dies entsprichtganz sicherlich dem Wunsch des Bundes-wehr Patenschafts-Vereins der Stadt Lü-chow und des Aufklärungslehrbataillons 3 in Lüneburg, die sich auch um ein "Mili-tärmusikkorps für die musikalische Unter-malung" bemühen.Eine neue Qualität hat der Einsatz derBundeswehr im Innern während des G8-Gipfels im Sommer 2007 erreicht: da ste-hen Spürpanzer auf dem Weg zur Gen-technischen Forschungsanstalt, das Kreis-krankenhaus Bad Doberan wird zumGroßversuch zivil-militärischer Zusamm-menarbeit, spezielle Aufstandsbekämp-fungskräfte der Militärpolizei sind am Ro-stocker Flughafen tätig und als i-Tüpfelchender polizeilichmilitärischen Überwachungfliegen Kampfjets der Bundeswehr über dieCamps der DemonstrantInnen und fi lmenderen Zusammenkünfte ab.Da wundert esnicht, dass die Bundeswehr die privat ver-anstaltete Sicherheitskonferenz in der Mün-chener Innenstadt seit Jahren gleich von be-waffneten Soldaten bewachen lässt - imm-merhin haben sie keine DemonstrantInnenerschossen. Die Tätigkeit der Armee imInnern weitet sich schrittweise aus und esbedarf keiner großen Anstrengung, sich die "technische Amtshilfe" der Bundeswehr beieiner "komplizierten Großlage" für die Po-lizei bei den nächsten großen Demonstra-tionen vorzustellen. Oder um es etwas

  • Seite 4 Kurzes // zeck 145

    deutlicher zu machen:Bei jedem der bislangpolizeistaatlich durchgesetzten Castor-Transporte ins Wendland hat die Bundes-wehr unbemerkt von der Öffentlichkeit offizielle Amtshilfe geleistet.Wir können uniformierte Horden aus ganzunterschiedlichen Gründen nur schwer er-tragen. Unser Ziel ist klar und deutlich:Truppenstärke Null ! Wir widersprechenenergisch und öffentlich der Militarisierungdes öffentlichen Raumes und des politi-schen Denkens und Handelns.

    Keine öffentliche Rekrutenvereidigung inLüchow und anderswo! - GelöbNIX stattGelöbnis. - Kein Frieden mit dem Aufklä-rungslehrbataillon 3 aus Lüneburg, das mitseinen "Fennek"-Spürpanzern den G8 inHeiligendamm vor Protesten abgesicherthat. - Kein Frieden mit dem Krieg derBundeswehr - in Afghanistan und an-derswo.

    Wir sehen uns:am 16.August 2008 in Lüchow (Wendland)

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    Wutzrock will politisiert werden

    Dieses Jahr wird zum 30. Mal das umsonst& draußen Festival "Wutzrock" in Aller-möhe stattfinden. Dies ist Grund genug füruns einen kleinen Blick auf die Geschichtedes Festivals zu werfen.Sie beginnt 1978, als Jugendliche anfingenmit vielen kreativen Aktionen für ein auto-nomes, selbstverwaltetes Jugendzentrum inBergedorf zu kämpfen. Zur Unterstützungdieser "JUZ, aber dalli!"-Bewegung be-schloss man ein Festival zu organisieren,was auch gleichzeitig als eine Art großes Fa-milientreffen für die Bergedorfer Jugend-zentrumsbewegung fungierte. Wutzrockwar geboren und 2.000 Menschen feiertendas.Die Bemühungen lohnten sich und es ent-

    stand das selbstverwaltete Jugendzentrum"Unser Haus", zum dem auch das "CaféFlop" gehört.Nicht nur "Unser Haus" gibt es seitdemimmer noch, auch das Wutzrock-Festivalwuchs immer mehr und wird inzwischenjedes Jahr von bis zu 15.000 Menschen anden drei Festivaltagen besucht.Dabei hat esan seinem unkommerziellen Charakternichts eingebüßt. Noch immer wird Wutz-rock von einem Kreis ehrenamtlicher Men-schen organisiert, und finanziert sich auss-schließlich über den Getränkeverkauf unddie Standgebühren.Allerdings wurde es immer schwerer, dielinksradikalen Standpunkte bei steigenderBesucherzahl noch öffentlich zu vermitteln.Zwar versuchte man sich als antifaschisti-sches Festival zu präsentieren, dennoch gabes immer wieder Nazis, Sexisten und an-dere Arschlöcher, die sich auf dem Festivalbreit machen wollten. So wurde das Wutz-rock, im Gegensatz zum "Café Flop", in wel-chem immer noch antifaschistische Akti-vitäten stattfinden, zunehmend von der Öff-fentlichkeit als mehr oder minder unpoliti-sches Festival wahrgenommen.Uns als Bergedorfer Antifa ist es wichtig,dagegen zu halten. So gab es letztes Jahrnach langer Zeit endlich wieder ein von unsorganisiertes Antifazelt auf dem Wutzrock,welches die Festivalbesucher über die re-gionalen Naziaktivitäten informierte. Dieswird es auch dieses Jahr wieder geben.Trotzdem ist dies nur ein bescheidener An-fang,wenn man das Ziel hat, dem Wutzrockseine linksradikale Außenwirkung wieder-zugeben. Dazu bedarf es vieler engagierterMenschen, die es sich ebenfalls zur Aufgabemachen, das Wutzrock-Festival wieder zupolitisieren. Die Möglichkeiten dazu sindvielfältig.Auch wenn das Organisieren vonweiteren politischen Zelten für dieses Jahrzu knapp ist, so kann man sich dennoch imWutzrock-Team engagieren. Ob man nunTresenschichten übernimmt, bei der Secu-

    rity mitmacht oder einfach nur als Besu-cher am Wutzrock teilnimmt. Die Möglich-keit rassistischen oder sexistischen Sprü-chen zu widersprechen ist immer gege-ben, und somit auch die Möglichkeit,Wutz-rock wieder zu einem linksradikalen Festi-val zu machen.

    [uAGB]

    News und Infos:uagb.blogsport.dewww.wutzrock.de

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    Ein leben ohne eXile ist ein Drek-khaufen!

    Manchmal beschreiben kleine Ereignissegrößere Veränderungen. So geschehen imletzten Monat. Die Plakatwand verkündetees von der Roten Flora. Das Cafe X hat ge-schlossen. Es war über Jahre hinweg mehrals eine Lieblingsadresse auf der Piazza.Wirhaben viele Gespräche, Momente und Ge-gebenheiten im Kopf . Nirgends lies es sichschöner auf den Morgen warten, schwer-mütig philosophieren oder über die letzteDemo freuen. Es war Rückzugsraum,Treff-punkt und Bestandteil politischer Mobili-sierungen. Das zweite Wohnzimmer derFlora und oft genug auch Außenposten beipolizeilicher Belagerung. Mit dem X gingmehr verloren als irgendeine Kneipe. Eswar eine bleibende politisierte Struktur ineinem sich immer rascher aufwertendemund entpolitisierenden Schanzenviertel.Dases dicht gemacht hat liegt auch daran, dasses sich nie als passiver Teil dieser Entwick-klung betrachtet hat.Die Umstrukturierungist schon seit Jahren im Gange und diemeisten Dinge bemerkt man kaum ob derschleichenden Entwicklung.Doch durch dieSchließung des X wird uns deutlich wieweit die Spirale von Aufwertung und Kon-sum fortgeschritten ist.Die Solidarität mit der Flora oder mit bett-telnden Leuten die aus anderen Ländenrausgeflogen sind, die Haltung während denungezählten Wasserwerfereinsätzen vorder Tür, das alles hat das X zu etwas Ge-wohntem gemacht, das doch Besonderswar und das wir deshalb vermissen.AberUnkraut vergeht nicht und der Kampf unddas Leben geht weiter! Wir wünschen dergesamten Crew vom X alles Gute und dases irgendwann und irgendwo ein wiederse-hen gibt und Enden mit einem Lied: Füreuch soll's Rote Rosen regnen!Unnötig zu sagen das wir den neuen Be-treibern, die zu ihrem Besitz schon OmasApotheke und das Frank und Frei rechnenkönnen, natürlich alles Schlechte und Pechund Schwefel bis ans Ende ihrer Tage wün-schen.

  • zeck 145 // schanzenviertel Seite 5

    Aufgepasst! Für alle, die es noch nicht er-fahren haben: Am 6.9.2008 findet ein gla-mouröses Abenteuer der besonderen Artstatt. Das Straßenfest im Schanzenviertelwird 20 und alle sind eingeladen dies zuFeiern.Wie immer bei solchen Anlässen giltes, sich gebührend in Schale zu werfen.DasSchanzenfest ist während der Kämpfe ge-gen das Phantom der Oper und die an-schließende Besetzung der Roten Floraentstanden.

    Reclaim the StreetsEinstmals als direkte Aktionsform gegen dasBauprojekt entstanden, entwickelte es sichüber die Jahre zu einer kulturpolitischenGroßveranstaltung in der Schanze. Um ei-ner völligen Kommerzialisierung entgegen-zuwirken, findet das Fest seit Jahren nichtangemeldet statt. Nach verschiedenen po-lizeilichen Versuchen der Be- und Verhinde-rung des Festes, gilt es mittlerweile alsdurchgesetzt und wird von den Behördenmal mehr mal weniger toleriert. Es ist ein-erseits die mit Abstand größte "Reclaim theStreets" Veranstaltung in der Bundesrepu-blik.Andererseits aber auch eine Veranstal-tung, die stark begleitet wird von einer un-politischen Kommerzhaltung. Zwischen-drin, wie immer,AnwohnerInnen mit ihrenFlohmarktständen, nebenan ein schaurigesSoundsystem das dem Ballerman alle Ehremachen würde, während am Anti-CastorStand eins weiter Schienen zersägen geübtwird oder vor der Roten Flora besondersgelungene Zwillenschüsse mit Alibifahnenund Hasskappen belohnt werden. Die Ver-anstaltung entzieht sich Jahr für Jahr durchihre wachsenden Widersprüche, im negati-ven wie im positiven, irgendwie jeder Formder Vereinnahmung oder eindeutigen Be-schreibung. Etwas postmoderne und selbst-gemachte Poptheorien helfen wenigstensetwas weiter im gebrochenen Licht derWasserwerferscheinwerfer. Somewhereover the rainbow brennen währenddessenzwei Pappkartons.

    Fight Gentrification!Das Schanzenfest hat sich in den letztenJahren ebenso sehr verändert wie derStadtteil selbst.Der autonome linksradikaleBlick auf solche Veränderungen ist meistenseher konservativ gefärbt.Am schönsten istes,wie es schon immer war, und am bestensoll alles beim alten bleiben.Veränderung istmeist negativ besetzt und bedeutet ofteher Aufwertung und Vertreibung, alsselbstbestimmte Kampfe oder eine Ausein-andersetzung um öffentliche Räume. Wirwollen diesen Blick auf die Entwicklung derletzten Jahre aber ungebrochen nicht so

    ganz teilen. Sicher ist die Schanze teurer ge-worden, sind die Menschen die dort rum-hängen größtenteils konsumorientierteLangweiler ohne Charme,Bewusstsein undHaltung. So sehr wir auch manchmal deneinstigen Charme des unsanierten Viertelsmit seinen Baulücken, Hausbesetzungenund Möglichkeiten vermissen.Die Kritik ander Schanze ist oft verknüpft mit einemRückgriff auf ein Stadtteilbild der AchtzigerJahre.Damals existierte die Vorstellung voneiner vergleichsweise heilen Welt aus An-wohner_innen, die als quasi revolutionäreSubjekte nur eine Initialzündung bräuchten,um in Antrieb zu kommen und das Systemzu stürzen. Solche Bilder sind inzwischenzurecht außerhalb der Diskussion und Vor-stellungskraft. Herrschaft entwickelt sicheben nicht nur von oben und die früher sogeschätzten proletarischen Millieus sind oftdie größten Befürworter von Law and Or-der Parolen und ein eigenständig handeln-der sicherheitspolitischer Faktor.Auch Um-strukturierung wurde als etwas erkannt,was nicht nur böse Stadtplaner_innen infinsteren Büros vorantreiben, sondern vondem wir selbst Teil sind. Ironischerweisesind es oft erst unsere geliebten kulturell-len Nischen, die gute Grundvoraussetzun-gen für Umstrukturierung herstellen. Dasselbstsichere und arrogante Herziehenüber vermeintliche Yuppies und Spießer,sollte jedem und jeder angesichts solcherErkenntnisse nicht ganz so leicht über dieLippen gehen.

    Es geht voran!Eine politische Antwort auf diese Verhält-nisse kann aber keinesfalls der Verzicht aufeine kritische Auseinandersetzung undIntervention im Stadtteil sein. Stattdessengilt es, Schwachstellen in der kapitalisti-schen Konstruktion der Stadtentwicklungzu finden und aktiv gegen Standortpolitikund Aufwertung zu werden. Die unbeant-worteten Fragen, die uns dabei begegnen,sprechen nicht gegen sondern für uns.Denn wirklich politisch ist der Wunschnach dem Erhalt eines Status Quo niemals.Es gibt kein richtiges Leben im Falschen. Esgibt nur die Möglichkeit sich beständig neuzu erfinden und ein sperriger, widerspen-stiger Störfaktor zu sein. Egal ob Ge-schlechterrollen, politische Identitäten, lieb-gewordene Gewohnheiten oder vermeint-liche Gewissheiten. So wie die Dinge liegen,liegen sie meist schlechter als in Bewegung.20 Jahre Straßenfest soll deshalb kein sinn-nentleertes Jubiläum werden, sondern eineEinladung an alle,Veränderung als etwas po-sitives und emanzipatorisches wahrzuneh-men. Wir wissen letztlich nicht wie die

    Schanze in 20 Jahren aussehen wird.Aberin einem sind wir uns sicher:Viel schlechterals heute wird es nicht sein und der Wider-stand wird sich ebenso weiterentwickeln,wie wir selbst. Freuen wir uns also auf dieDinge die es zu entdecken, in Frage zu stell-len und anzugreifen gilt.Wir feiern nicht diemit dem Lufthauch des Vergangenen ver-bundene Zahl zwanzig, sondern die Zwan-zigtausend die von überall her kommenwerden und selbstbestimmter Teil eines ill-legalen Straßenfestes sind. Die sich selbstorganisieren und Stände, Konzerte oderpolitische Aktionen organisieren.Go createresistance! Oder eben Caipirinha...

    Candle Light Dinner!Die Polizei hat derweil ihre eigene Antwortauf die Verhältnisse schon lange gefunden.Bereits zwei Tage nach dem Schanzenvier-telfest vom letzten Jahr hat die HamburgerInnenbehörde verkündet, im nächsten Jahrmit mehr Polizei vor Ort zu sein. ''Wirwerden noch mehr Beamte in Bereitschafthalten'', teilte Polizeisprecher Reinhard Fall-lak launig mit. Immerhin waren zu diesemWochenende ja nur 700 Beamte und 5-6Wasserwerfer vor Ort. Soviel Elan ist ver-ständlich, hat die Polizei in den letzten Jah-ren doch unermüdlich daran gearbeitet, dastagsüber so gemütliche Fest, in den Abend-stunden als absurde Komposition aus 1.MaiRomantik, Goa-Party und HamburgerWasserspiel enden zu lassen.Erst durch dieintensiven Bemühungen der Polizei hat sichdie Nacht nach dem Fest zu einer der bess-seren Adressen für erlebnisorientierteMenschen aus dem gesamten norddeut-schen Raum entwickelt. Beginn dieser Ent-wicklung war Ende der Neunziger Jahre einwinziges Lagerfeuer auf der Straße,welcheseinen massiven Polizeieinsätze zur Folgehatte. Unter Innensenator Schill wurdenaus der ohnehin angespannten Situationdann wahrhafte Polizei- und Sicherheitsor-gien. In diesem Verlauf nahm dann auch eineDynamik der Gegenwehr zu und die Feuerwurden größer und massiver. Wie diesesEreignis angesichts der vollmundigen An-kündigungen der Innenbehörde weitergeht,ist nicht schwer zu erraten. "WelcomeTroublemakers of the World" ist ihre Bot-schaft der Stunde. Dem gibt es derzeitnicht so recht etwas hinzuzufügen. Zumin-dest ist keinesfalls damit zu rechnen, dassgrößere Polizeiaufgebote auf dem Fest dazuführen werden, das abendliche Pop-Gestenvon Revolte und Feuer und Flamme aus-bleiben.

    RIP IT UP AND START AGAINSamstag 6.9.2008 Schanzenviertelfest

    Schulterblatt, Susannenstraße, Bartelsstraße

    ~ 20 Jahre Schanzenfest ~

  • Seite 6 camp08 // zeck 145

    Unter dem Motto "A cool breeze of re-sistance" findet in diesem Sommer vom 14.bis 25.August in Hamburg zusammen mitdem AntiRaCamp ein Klimacamp statt.Die-ser Text will auf Debatten um das Campeingehen, an verschieden Aspekten kon-struktive Kritik üben und dabei erklären,warum uns die Brise nicht reicht.Wir wün-schen uns den Prozess und das Camp alsOrte, an denen darüber gestritten wird,wie sich eine linksradikale Bewegung zumThema "Klimawandel" verhalten will. AlsBeitrag zu diesem Streit und zu der Dis-kussion darüber, wo wir mit einem Klima-camp und darüber hinaus hin wollen,möch-ten wir diesen Text verstanden wissen.

    Warum eigentlich vom Klima reden(oder besser nicht)?Eine Bewegung, die sich, in Abgrenzung zuder verkürzten Debatte in der breiten Öff-fentlichkeit,mit dem Problem der nicht um-kehrbaren Veränderung der bio-physischenWelt ernsthaft auseinandersetzen will,muss sich auch Gedanken über die Sprachemachen, die sie nutzt.Das unkritische Aufgreifen des Begriffes Kli-mawandel verschleiert dabei das eigentli-che Problem,denn Wandel ist in Bedeutungdes Begriffes erst einmal neutral. Der "Kli-mawandel" ist aber nur eines der vielfälti-gen Symptome einer gesellschaftlichen Wa-renproduktion, die dabei ist, die Lebens-grundlagen vieler Lebewesen zu zerstören.Weder die sozialen noch ökonomischenKonsequenzen sind dabei abzusehen odereinfach in Zahlen zu fassen. Es sollte jedochdarum gehen, die Probleme genau zu be-nennen und anzugreifen, und sich nicht,wieim Mainstream-Diskurs, auf die Bekämp-fung einzelner Symptome einer zerstöreri-schen Wirtschaftsweise zu fokussieren.DieAuseinandersetzung mit diesen und dasFinden von linksradikalen Perspektiven undAntworten darauf ist eine der Motivatio-nen, dieses Jahr ein Klimacamp in Deutsch-land zu veranstalten. Die Popularität desThemas könnte dabei, mit allen damit ver-bundenen Schwierigkeiten, einen Ansatz-punkt bilden in der radikalen linken ver-breitete Berührungsängste gegenüber öko-logischen Themen zu überwinden.Ungünstig ist es in diesem Zusammenhangdas Camp selber bloß Klimacamp zu nenn-nen.Der Vorläufer des Ganzen, das "Campfor Climate Action" in Großbritannien be-zog wenigstens die "Aktion" in seinen Titelmit ein. Eine Konzentration auf "Klima"

    führt aber trotzdem zwangsläufig dazu, dassdie vielseitigen ökologischen Problemeweltweit auf dieses Thema verkürzt wer-den. Doch neben der Zerstörung derAtmosphäre durch Treibhausgase gibt eseine lange Liste anderer negativer Folgender vom globalen Norden geprägten In-dustrieproduktion. Die Zerstörung derBiodiversität, die nicht abschätzbaren Ge-fahren der Anwendung von Gentechnikund die damit einhergehende Patentierungvon Gemeingütern und Wissen sind nebenden anderen Emissionen und Giften, die un-serem Industriesystem produziert werden,nur einige der Probleme, die es klar zu be-nennen gilt.Dass diese Themen keineswegs bloß eineökologische, sondern auch eine starke so-ziale Dimension enthalten, hat sich geradebeispielhaft am Thema "Biosprit" in Bezugauf die Agro-Kraftstoffe gezeigt, welche imKonflikt zur Nahrungsmittelproduktion imSüden stehen. Auch die Arbeitsbedingun-gen, unter denen globalisierte Industriesys-teme Rohstoffe im globalen Süden fördernlassen und die insgesamt sehr ungleicheVerteilung der schädlichen Folgen zwischenArm und Reich zeigen, dass unter den Fol-gen einer lebensfeindlichen Wirtschafts-weise vor allem auch sonst sozial Benach-teiligte leiden.

    "Weiter so?" oder warum ReduktionMoppelkotze istWenn mensch sich die öffentliche Diskuss-sion um den "Klimawandel" anschaut, dannist diese geprägt von einem Politikver-ständnis, das sowohl das Wissen, wie auchdie Möglichkeiten an Veränderung mitzu-wirken, fast ausschließlich Experte_innenzugesteht.Wissenschaftler_innen erklärenuns vermeintliche Probleme, ein oben kri-tisierter "Klimawandel" und dementspre-chende Lösungen werden präsentiert, diediesen "stoppen" sollen.Dabei wird viel mitZahlen jongliert, welche die eigentlichenProbleme verschleiern. Es wird zum Bei-spiel oft von zwei Grad Temperaturverän-derung geredet, unter denen es gilt, zu blei-ben. Dass es an sich ein nicht hinnehmba-rer Fakt ist, dass die Industrieregionenüberhaupt in dieser Weise Treibhausgaseemittieren, steht oft gar nicht zur Diskuss-sion. Statt dessen gilt bei allen populäreKampf dem CO2, dem Inbegriff des Bösen,mit dem sich dank Emissionsrechtehandelzufällig weitere Profite erzielen lassen. Ein-flussfaktoren und Folgen die nicht mit sys-

    temimmanenten technischen Lösungen be-dienbar sind werden außen vor gelassen.Hier wird wieder ein Konflikt verkürzt unddamit von den lokal oft viel dramatischerenFolgen der Zerstörung von Ökosystemenund des Zusammenlebens der Menschen indiesen abgelenkt.Auch der Aufruf zum Klimacamp verliertsich an einigen Stellen sowohl in der Orien-tierung an Wissenschaft wie auch in der Fo-kussierung auf CO2. Wie so oft werdenwissenschaftliche Analysen über die Erfah-rungen und Bedürfnisse der Betroffenengestellt. Dies steht einem partitzipatori-schem Politikverständnis entgegen,welchesversucht, alle Betroffenen in Meinungs- undEntscheidungsbildung angemessen einzube-ziehen.Die Veränderung der Rahmenbedingungenscheinen ausschließlich in den Händen vonPolitiker_innen und Wirtschaft zu liegen,das ist zumindest der Tenor von offiziellerSeite.Zurecht muss dies auch von einer ra-dikalen linken kritisiert werden, doch wiesieht eine linke Alternative aus,die eine Par-tizipation Vieler ermöglicht? Ein Klimacampkann dafür nur ein Anfang sein, denn eine inAnlehnung an Heiligendamm symbolischspektakuläre Politik, die sich an einem vonPolitik und Medien gesetzten Diskurs abar-beitet, läuft Gefahr, dort auch stehen zubleiben. Hier wird es wichtig sein, dasCamp als einen Ort der Diskussion darü-ber zu nutzen, wie wir uns die Welt, in derwir leben wollen, vorstellen und wie wirdort hinkommen.Dass es dafür der Schaffung von Alternati-ven bedarf, sollte mensch trotz eines revo-lutionären Habitus nicht abtun. Für einenlebendigen Konflikt um dieses Thema soll-lte man sich über die Existenz des Öko-An-archistischen Barrios,mit seinem Fokus aufgelebte Utopien auf dem Klimacampfreuen. Der Aufbau von Alternativen alleinschafft das Problem aber nicht ab, und sosollte eine radikale Linke sich nichtscheuen, darüber zu reden, was eine kon-sequente Antwort auf zerstörerische Le-bensweisen ist. Dass es eben auch darumgeht, die schädliche Industrieproduktionselbst ernsthaft anzugreifen und dies zumThema Atomkraft bereits teilweise linkePraxis war und ist, sollte in Erinnerung ge-rufen werden. Das "Klimacamp" könntehierbei einen Meilenstein für den Anstoßeiner Bewegung bilden, die in diese Rich-tung theoretisch und praktisch interve-niert.Angefangen bei der Waffenindustrie

    Die Brise reicht nicht - Wir Brauchen einen Sturm!

  • zeck 145 // camp08 Seite 7

    über die Förderung von Rohstoffen bis hinzu der industriellen Nutzung von (auch Er-neuerbaren) Energien sollte sich eineemanzipatorische Linke wieder in eine kon-frontativere Rolle gegenüber der Industriebegeben. Und das trotz, oder eben geradein, einer immer mehr auf Konsum ausge-richteten Welt.

    Was heißt hier "Alles für Alle"?Und hier kommen wir an einen Punkt, woes zu einem scheinbaren Widerspruch zueiner in den letzten Jahren üblichen linkenPraxis kommt. Eine Abkehr vom "Alles fürAlle" wollen wir nicht. Doch die Betonungmuss auf das "für Alle" verlagert werden,und damit sind nicht die 75 Millionen wei-ßen Deutschen gemeint. Die Befriedigungvon, auch gesellschaftlich produzierten, Be-dürfnissen kann nur in dem Maße emanzi-patorisch sein,wie die Produktion "für Alle"nicht auf der totalen Übernutzung derRessourcen dieses Planeten beruht..Denn dass unsere für den Globalen Nor-den ausgerichtete Warenproduktion aufder global und sozial ungerechten Vertei-lung von Arbeit basiert beruht, ist dabei nurein Aspekt. Ein anderer sind die sozialenund ökologischen Folgen dieser Produk-tion, die oft auch für die Zukunft im globa-len Süden auf die sozial benachteiligtenSchichten verteilt werden. Es sind hier bei-spielsweise die oft üblen Bedingungen, un-ter denen die Rohstoffe für unsere Indus-trien gewonnen werden, zu benennen, undauch der übliche Export von unseremSchrott in die entlegenen Regionen dieserWelt. Die Schadstoffbelastung auf der Erdeist entgegengesetzt zum Reichtum verteilt.Eine Linke, die diese Themen den Umwelt-verbände überlässt, schadet sich selbst.Dabei ist es wichtig, sich von der Main-stream-Verzichtsdebatte abzugrenzen, dieso gerne von den Umweltverbänden undseit kurzem auch von Politik und Medienals Lösungsansatz der Probleme präsentiertwird. Die damit einhergehende Individuali-sierung von Verantwortung auf den/die Ein-zelne_n geht am Problem vorbei und ig-noriert die prekäre Situation vieler Men-schen, die aufgrund ihrer sozialen Benach-teiligung an sich schon wenig Spielraum ha-ben.

    Dass der individuelle Konsumverzicht alsbürgerliches Wohlfühlprogramm daher-kommt, sollte jedoch nicht zu einer Abnei-gung gegenüber einer faireren und besse-ren ökologischen Produktion von allen Gü-tern führen. Im Bereich der Nahrungsmitt-telproduktion zum Beispiel steht weltweiteine von Kleinbauern und -bäuerinnen ge-prägte, tragfähige und vielfältige Landwirt-schaft einem durch Monokulturen undMassentierhaltung geprägten industriellenLandwirtschaftsmodell gegenüber. Gen-technik und global agierenden Saatgutkon-zerne tun mit der Patentierung von Lebendas Ihre zur Zerstörung dieser Existenzenhinzu.Der Kampf der Zapatistas in Chiapasist nur ein bekanntes Beispiel dafür.Einem "Alles für alle" wollen wir deshalbein "und zwar Autonom" im Sinne vonAutonomie anhängen. Es muss darum ge-hen, sich von einer ungerechten Ausnut-zung der sozialen Schieflage im globalenGefüge hin zu einer selbstbestimmten undunabhängigen Versorgung mit Allem zu be-wegen. Den Rahmen des Möglichen "Alles"bildet dabei , was im gerechten Zusamm-menleben in und mit unserer Umwelt mög-lich ist. Es bedarf dafür sowohl der Schaff-fung von sofortigen Möglichkeiten derNicht-Unterstützung ausbeutender Pro-duktionsprozesse, als auch einem kontinu-ierlichen gemeinsamem Prozesses zur Fin-dung von konkreten Inhalten einer ganz an-deren Produktions- und Gesellschaftsge-staltung. Autonomiegewinn und Ernäh-rungssouveränität sind dabei wichtige Stich-punkte, die für die deutsche Situation erst-mal in weiter Ferne scheinen, aber um dieviele Menschen des globalen Südens täglichkämpfen.

    Hamburg nur, um mehr zu sein?Dass die eben genannten Ungleichheiteneine starke Dimension des Rassismus ent-halten, die sichtbar wird, wenn das Thema"Klimawandel aus der ökologischen Nischeheraus in den Zusammenhang mit unseremIndustriesystem gestellt wird, ist für uns dereigentliche Bezug zum AntiRa- Camp.Denn die weitere Zerstörung der Lebens-grundlage von Menschen im globalen Südendurch Interessen des Nordens findet nichtnur indirekt über die Veränderung des Kli-

    mas statt. Die direkten Folgen der Förde-rung von Grundstoffen, z.B. die massiveVerunreinigung von Trinkwasser bei derFörderung von Erzen,Bauxit u.a. sind meistviel dramatischer als der oft abstrakt wir-kende "Klimawandel". Die Veränderung un-serer Welt führt weltweit zu einer weite-ren Verschärfung von Ungleichheiten.Flüchtlingsströme als Folge des "Klimawan-dels" sind dabei nur eins der populärenThemen,mit denen eine rassistische Politikder Angst und eine repressive Politik derÜberwachung und Militarisierung vorange-trieben wird.Die Militarisierung der Außen-grenzen Europas stellt dann auch den Be-zug zum dritten Thema her, das leider nichtnach Hamburg kommt, dort aber ange-bracht wäre. Eine antimilitaristische Politikist nämlich sowohl antirassistisch als auch"klimafreundlich". Die mit hohem Ressour-cenverbrauch verbundene Produktion vonWaffen und deren Nutzung sind wohl mitdie größten Umweltfrevel weltweit undzählen mit ihrer gewollten Destabilisierungbestimmter Regionen zu den Hauptursa-chen von Flüchtlingsströmen.Der Bezug der Themen aufeinander mussauf den Camps genauso wie darüber hinaushergestellt werden, es kann nicht Zwecksein, sich in einem Gefühl des Post- Heili-gendamm in einer großen Bewegung wohlzu fühlen.Wenn das Ziel ist, bloß viele zusein und auf einem medialen Hype des letz-ten Jahres mitzuschwimmen, dann habenwir uns falsch verstanden. Denn es gehtnicht darum, ein konsumierbares Event mitsymbolischer Politik, die sich an die bundes-deutsche Politik richtet, zu schaffen. Unsgeht es darum, Schritte in Richtung einerwirklichen Teilhabe an der Gestaltung un-serer Welt zu organisieren und damit überdas bestehende System hinaus zu weisen.Wichtig ist es, unser Handeln nicht an derAgenda der machtpolitischen Akteure aus-zurichten, sondern deren Legitimität mitder eigenen Politik grundsätzlich in Fragezu stellen.In diese Richtung wollen wir diesen Somm-mer zusammen in Bewegung kommen!

    Einige Klimastörer_innen

  • Fr. 15.08.Aufbau des Campsoffizieller Beginn des Antiracamps am Samstag! Sa. 16.08."Here we are": Begrüßungsaktion in der Ham-burger Innenstadt (zusammen mit dem Klima-camp)"A Wall is a Screen": antirassistisches Wandvi-deo im CampviertelSo. 17.08.Besuch im Flüchtlingslager Horst und gemein-same (Rück-)Fahrt zum Community-Festi-val/"Global Pass"-Fest & Antirassistisches Fuß-ballturnier im Hamburger StadtparkMo. 18.08.Frühsport: die Schnitzeljagd zum Kennenlernender StadtTag gegen den rassistischen NormalzustandInfoveranstaltung zu FrontexDi. 19.08.Demonstration gegen Frontex: Fahrt nach Lü-beck und Aktion an der Bundespolizeiakademie,in der Frontex ausbildetMi. 20.08.Aktion gegen den Bau des Ilisu-Staudamms inHasankeyf/Türkei. Achtung: Brückenaktion fürbeide Camps!Veranstaltung mit Victor Nzuzi (Kongo) zuFluchtursachenDo. 21.08.Aktionen gegen Abschiebungen:An der Auslän-derbehörde, bei einer Abschiebe-Airline, an derLufthansa-Basis, bei der Anlaufstelle Sportalleeund vor Davidswache (gegen Rassistische Poli-zei Kontrollen)Fr. 22.08.Fluten des Abschiebe-Flughafens: Ob adrett imSmoking, touristisch mit Rollköfferchen, lautdurch Soundanlage, plakativ mit Transpis, wü-tend mit Sonnenbrille, bunt als Clowns...Sa. 23.08.Antira-Camps goes gegenstrom08PartySo. 24.08.Abbau des Camps

    Seite 8 camp08 /antisexismus // zeck 145

    Nachdem sich nun endlich im Großen undGanzen die Erkenntnis verbreitet hat, dassdie Parole "fight the police" ganz eindeutigdem althergebrachten "fuck the police"vorzuziehen ist, verbreitet sich immer mehrder Ruf "Hass, Hass, Hass wie noch nie - allcops are bastards a.c.a.b". Insbesondere aufBerliner Antirepressionsdemos war die Pa-role in den letzten Wochen häufig zu hören.Und wo ist das Problem?"Bastards bezieht sich auf die Abstammungder betreffenden Person. Das Schimpfwortwurde je nach Zeitalter und Region unter-schiedlich benutzt.Der gemeinsame Nenn-ner ist jedoch eine scheinbar ehrrührigeHerkunft bzw. eine gesellschaftlich abge-wertete Kombination von Vater und Mutt-ter. Im europäischen Raum wurden zuerstKinder von Adeligen mit Nichtadeligen als

    Bastarde bezeichnet. Später weitete sichder Sprachgebrauch auf jegliche durch "un-moralischen" Sex gezeugte Kinder aus, z.B.unehelich oder außerehelich. Im amerikani-schen Raum wurde aus der allgemein un-ehrenhaften Zeugung vor allem die Be-zeichnung für Kinder mit Eltern verschie-dener "Rassen".Personen oder Personengruppen alsBastarde zu bezeichnen bedeutet also diegesellschaftliche Entwertung zu überneh-men, die aufgrund von Moralvorstellungenoder Rassismus Kinder bestimmter Elternals minderwertig betrachtet.Das Problem gesellschaftlicher Wertungenbzw. Abwertungen, die Menschen mit ei-nem emanzipatorischen Anliegen eigentlichablehnen, zu reproduzieren kommt beimunreflektierten Sprachgebrauch und be-

    sonders bei Beschimpfungen immer wiedervor. Da Sprache ein bedeutsamer Faktorbei der Herstellung gesellschaftlicher Rea-lität ist, sollte mensch sich über die Bedeu-tung der benutzten Wörter mehr Gedan-ken machen.Allerdings ist es bei Demopa-rolen, mit denen mensch ja explizit die ei-genen Inhalten (wenn auch stark verkürzt)transportieren möchte besonders schaurigsich solchen Scheiß anhören zu müssen.Also: Denkt euch coole neue Parolen aus!Überlegt häufiger mal was ihr das eigentlichruft und ob ihr das inhaltlich wirklich auss-sagen wollt! Und weißt euren Nebende-monstrierenden, der_die von Nazihurenoder Bullenschlampen redet doch mal dar-aufhin, dass er_sie ziemlich wenig verstan-den hat.

    aus der interim

    Fuck the Bastards?

    AntiraCamp Fr. 15.08.Aufbau des Camps:Zupackende Hände & Köpfesehr erwünscht! Abends: EröffnungsplenumSa. 16.08."Here we are": Begrüßungsaktion in der Ham-burger Innenstadt (zusammen mit dem Antira-camp) Abendveranstaltung: "Was heißt Klimaund Klimawandel aus der Perspektive von Be-wegung betrachtet?"So. 17.08.Abendveranstaltung:Globale Soziale Rechte - zuden sozialen Folgen des Klimawandels und denAuswirkungen u.a. auf Migrationsbewegungen.Brückenveranstaltung für beide Camps!Mo. 18.08.Kennenlernen der Stadt Tag gegen den rassistischen Normalzustand"Reclaim your Market!": Supermarkt-AktionAchtung: Brückenaktion für beide Camps!Abendveranstaltung: Globale Landwirtschaft &KlimawandelDi. 19.08.Aktion(en) zu globaler Landwirtschaft & Klima-wandel Mi. 20.08.Dezentraler Klimaaktionstag"moin moin Moorburg" - Konzerte, Fest undgroße Infoveranstaltung zu gegenstrom08 imStadtteil WilhelmsburgDo. 21.08.Durchgehend Blockadetrainings für fluten 3.0.und gegenstrom08Abendveranstaltung: Energie, Sicherheit,Trans-port, RessourcenkriegeFr. 22.08.Klimacamp goes Fluten 3.0.Blockadetrainings für gegenstrom08Sa. 23.08.gegenstrom08: Bauplatzbesetzung der Kohle-kraftwerkbaustelle in Hamburg-MoorburgParty: Ort noch unbekannt...So. 24.08.Fortsetzung gegenstrom08?Abbau des Camps

    KlimaCamp

  • zeck 145 // antisexismus Seite 9

    Dieser Text ist ursprünglich in der Zeck144 erschienen. Da das Umfeld des Verge-waltigers versucht, diese Ausgabe der Zeckaus dem Umlauf zu ziehen und systema-tisch einzusammeln (z.B. am Freitag, den23.05.08 im Schanzen Buchladen), veröff-fentlichen wir ihn hiermit als Flugblatt in-klusive einiger notwendiger Aktualisierun-gen.Seit der Veröffentlichung unseres Textes"Zum aktuellen Umgang mit einem Verge-waltiger" (Zeck 140) ist, wie auch diversenachfolgende Zeck-Artikel verdeutlichen,einiges passiert.Was allerdings noch nichtpassiert ist, ist ein ernsthafter Versuch vonSeiten des Täters, die Situation zu deeska-lieren oder zumindest zu verbessern. Ganzim Gegenteil. Daher haben wir uns ent-schieden, einen kurzen Abriss über einigeGeschehnisse zu schreiben, der allerdingszeitlich vor diesem Text ansetzt. So soll dieGrundlage dieser Veröffentlichung nachvoll-lziehbar und einige Punkte klargestellt wer-den, die falsch oder entstellt im Umlaufsind.Als vor 10 Jahren die Vergewaltigungen, diesich in einer Beziehung mit T. ereigneten,thematisiert wurden, geschah dies in einembewusst kleingehaltenen Personenkreis.Zum einen sollte eine Stigmatisierung vonT. verhindert werden und zum anderen

    sollte ihm so ermöglicht werden, sich aktiv(z.B. im Rahmen einer Therapie) mit demGeschehenen und seinem Verhalten gene-rell auseinanderzusetzen. Es zeigte sich je-doch schnell, dass T. den Vorwurf der Ver-gewaltigungen nicht akzeptierte, stattdess-sen seine Version der Geschichte verbrei-tete und seinerseits die Situation immermehr zum Eskalieren brachte.Zum Schutz der Frau wurde es notwendig,dass er bestimmte Orte meidet. Diesschlug fehl, da er Absprachen permanentnicht eingehalten hat. Letztendlich verließ T.aufgrund des zunehmenden Drucks (auchaus seinem Freundeskreis) doch die Stadt.In der Folgezeit tauchte er ohne vorherigeRücksprache (trotz Vermittlungsversuchenvon Seiten der Betroffenen und ihrenUnterstützer_innen) mehrfach in Hamburgauf, wobei es immer wieder zu Konfronta-tionen kam.2005 kehrte T. nach Hamburg zurück.Trotzder Zusage eines Freundes von T., dieRäume der betroffenen Frau zu respektie-ren und die Situation nicht eskalieren zuwollen, kam es schon kurze Zeit späterdurch T. und seine Freunde zu Beleidigun-gen und offenen Bedrohungen gegenüberdem Freundeskreis der Frau. Dies ging so-weit, dass T. auf der Ungdomshuset-Demoin Hamburg versuchte, eine Schlägerei an-

    zuzetteln (während der oben genannteFreund tatenlos zusah).Neben solchen Bedrohungen und physi-schen Übergriffen ist nach wie vor be-sonders die Verbreitung von Gerüchtenund Falschinformationen eine Form derGewalt, die der Betroffenen ihre Räumenehmen und ihre Positionen zu schwächenversucht.Da T. die zuvor gemachten Zusagen nichteinhält, sondern vielmehr die Situation off-fensichtlich zum Eskalieren bringen will,entschließt sich die Frau Anfang 2007, inn-nerhalb der Szene Unterstützung zu su-chen um die Vergewaltigungen und T.s Um-

    Es ist nicht ganz ungewöhnlich, wenn wirmitbekommen, dass einige unserer Ausga-ben abhanden kommen. Normalerweisesieht das dann so aus, dass ein Aufgebot derBullen morgens vor diversen Projektenvorfährt, ein paar Türen aufbricht und mitein paar Exemplaren unseres geschätztenMagazins im Gepäck wieder verschwindet.Aber mensch lernt eben nie aus: Ein StapelHefte der letzten Zeck wurden von einementschlossenen Aktivisten aus dem Umfelddes Vergewaltigers von einer Verteilerstellegeklaut. Ziel war wohl die Ausgabe dortgänzlich verschwinden zu lassen, was letzt-lich nicht klappte, da er auf sein Handelnangesprochen wurde.Wir haben ehrlich gesagt keine Ahnung,was das Umfeld von T. dazu bewegt, dieHefte der Zeck aus dem Verkehr zu ziehen.Bemerkenswert finden wir aber, dass aufder einen Seite ständig damit argumentiertwird, mensch müsste mal mehr drüber re-den und sich lockermachen, während in

    Wirklichkeit jede Diskussion abgeblocktund verhindert wird.Das "aus dem Verkehrziehen" von Zecks ist dahingehend jeden-falls eine deutliche Ansage.Da die Zeck kostenlos ist und ausliegt, kannnatürlich jede und jeder gerne ein Exem-plar mitnehmen. Manche Leute packenauch ein paar mehr ein und verteilen sieweiter, was uns auch immer freut. Wennaber beleidigte Leser_innen anfangen,dieseZeitung systematisch aus den Regalen zuräumen um unliebsame Artikel verschwin-den zu lassen, dann hört für uns der Spaßauf. Letztlich klaut ihr die Ausgaben nichtuns als Redaktion, sondern allen, die in ihrschreiben, sie gerne lesen wollen oder sichals Teil der Idee von autonomen Medien be-greifen.Wir fordern an dieser Stelle alle, diesich angesprochen fühlen, auf, solche An-griffe auf die Zeitung zu verhindern und einAuge auf unsere heiligen Zeckstapel zu ha-ben.Von bestimmten Leuten aus dem Umfeld

    von T. würden wir uns aber wünschen, dassihr mal ein paar Gänge runterschaltet undstatt solchen Amokläufen endlich mal einenkonstruktiven Umgang ansteuert. So etwasist nämlich gar nicht so schwer, jedenfallsnicht so schwer, wie es den Eindruckmacht, wenn mensch euch bei euremNicht-Umgang und Drehungen und Wen-dungen mitbekommt. Uns ist unklar, ob ihres euch einfach nur so gemütlich einge-richtet habt in eurer Opfer Rolle vor dergroßen, gemeinen autonomen Szene oderob ihr euch eher so aus Prinzip hinter sol-chen Aktionen verbarrikadiert. Eine Per-spektive hat das jedenfalls nicht.Aber daswisst ihr ja vermutlich selbst am besten.Zur Auseinandersetzung um die Vergewal-tigung haben uns wieder einige Texte err-reicht, die wir dieses mal mit ganz beson-derer Demut und Begeisterung abdrucken.

    Von ganzem HerzenEure Zeck

    Chronologie einerVergewaltigungs-Veröffentlichung

    "Repressiv empfundenes Diskussionsklima"

  • Seite 10 antisexismus // zeck 145

    gang damit im Speziellen öffentlich zu ma-chen.Darauf solidarisieren sich mehrere politi-sche Gruppen mit der Frau und fordern T.und sein Umfeld in einem Flugblatt auf, alleBedrohungen und Übergriffe sofort einzu-stellen. Das Flugblatt wurde von mehrerenDelegierten im April 07 dem Onkel-Otto-Kollektiv und dem Fischkopp-Plattenladen(zwei Bezugspunkten von T.) übergeben.Im Juli 2007 wurde von den unterstützen-den Gruppen und Zusammenhängen derText "Zum aktuellen Umgang mit einemVergewaltiger. Sexualisierte Gewalt in lin-ken und subkulturellen Zusammenhängen"veröffentlicht (Zeck 140), der neben demkonkreten Fall auch grundlegende feminis-tische und anti-sexistische Positionen wieDefinitionsmacht und Parteilichkeit thema-tisiert.Weiterhin kam es zu Bedrohungen, Belei-digungen und Einschüchterungsversuchengegen die Betroffene und ihr Unterstüt-zer_innen-Umfeld, die hier jedoch (u.a. ausRepressions-Gründen sowie zum Schutzder Betroffenen) nicht weiter erläutertwerden.Es sei lediglich erwähnt, dass hierbei auchder Täter selbst zusammen mit zwei ande-ren Personen vor der Haustür (und denAugen) der Betroffenen einen Freund vonihr körperlich angegriffen hat. Es lässt sichauch nicht behaupten in dieser Gegend reinzufällig unterwegs gewesen zu sein. Dieszeigt mehr als deutlich, wie untragbar dieSituation hier in Hamburg durch T.s Anwe-senheit geworden ist.

    Aus dem Täter-Umfeld gibt es seit Mai2007 zwei Texte, die sich ausdrücklich hin-ter den Täter stellen, die Vorfälle bagatelli-sieren und die Täter-Version der Ge-schichte zum Maßstab nehmen. (Eine aus-führlichere kritische Einschätzung dieserTexte ist in der Zeck 141 erschienen) Hiersei kurz darauf hingewiesen, dass diese bei-den Texte sich auf so genannte "Zeitzeu-gen" aus dem Täter-Umfeld berufen, die fürsich in Anspruch nehmen,besser als die Be-troffene zu wissen, was genau damals ge-schehen sei.Diese Texte, die versuchen, die Täterver-sion zur allgemeinen Diskussionsgrundlagezu machen, wurden innerhalb linker undsubkultureller Zusammenhänge verbreitet.U.a. hat eine Person aus der TAN beideTexte im Schwarzmarkt hinter den Text desUnterstützer_innenkreises der Betroffenengeheftet. Die TAN wurde hieraufhin vomSchwarzmarkt zunächst im September an-geschrieben und schließlich im Dezemberdirekt angesprochen und aufgefordert,schriftlich Stellung hierzu zu beziehen. Die

    TAN hat mittlerweile aufgehört, denSchwarzmarkt als Treffpunkt zu nutzen.Ergänzung Mai 2008: am 25.04.2008 hat dieTAN einen Brief an den Schwarzmarkt ge-schrieben, der dort eingesehen werdenkann. Eine Distanzierung von den beschrie-benen Vorfällen erfolgte nicht.

    Am 17.11.2007 kam es in der Roten Floraim Rahmen einer Tierrechts-Soli-Veranstal-tung dazu, dass eine Person einen Redebei-trag gehalten hat, in dem die Definitions-macht generell in Frage gestellt und T. zumOpfer stilisiert wurde. Offensichtlich wardies auch nicht eine spontane Einzelent-scheidung des Sprechenden.Bereits vor Be-ginn des Konzerts war Leuten aus derFlora dieses Vorhaben bekannt geworden,woraufhin sowohl die Veranstalter_innenals auch der Redner darum gebeten wur-den, darauf zu verzichten. Stattdessenwurde der Beitrag mit massivem körperli-chem und verbalem Schutz der Bühne, u.a.durch Mitglieder der TAN und einem Ver-anstalter, gehalten. Dies stellt sowohl einenAngriff auf die Flora als politischen Raum,aber auch konkret gegen die Betroffeneund ihr Umfeld dar. Es reiht sich ein als ge-zielter Versuch, ihr die Räume zu nehmen.Zudem schafft es eine Stimmung, in derÜbergriffe indirekt gefördert werden sowiedas Veröffentlichen selbiger durch Infrage-stellung der Definitionsmacht erschwertwird.Im Dezember 07 erschien ein vermeintlichneutraler Text ("Jetzt gilt's!",Zeck 142), derklar anti-feministische Position bezieht, ge-nerell Definitionsmacht ablehnt und letzt-lich Täterposition bezieht. Auch dieserwurde/wird dazu genutzt, der betroffenenFrau Räume zu verunmöglichen, was sichu.a. auch an der offensiven Art des Vertei-lens des Textes bei Veranstaltungen zeigt.

    Als positive Folgen der Veröffentlichungkam es zu Solidarisierungen mehrererGruppen und Zusammenhänge auch überHamburg hinaus, Diskussionen über Se-xismus werden auf vielen Ebenen geführt.Weiterhin hat der Täter mittlerweile Haus-verbot im Störtebeker, in der Roten Flora,in Kneipen im KSK, im Infoladen Schwarz-markt, in der Schwarzen Katze, im CaféKnallhart sowie im LIZ erhalten, um soSchutzräume für die Betroffene und ihrUmfeld zu ermöglichen.Teile der Szene versuchen nach wie vor,sich einer Auseinandersetzung mit Se-xismus und Gewalt zu entziehen, wodurchsie die Strukturen der Gewalt aktiv tragenund ermöglichen. Die in der Veröffentli-chung beschriebene Gewalt gegen die Be-troffene, die in den letzten Jahren eher ver-

    deckt ablief, ist mittlerweile offen sichtbarund richtet sich nun auch gegen Personen,die die Definitionsmacht vertreten.

    Seit September 07 besteht ein Gesprächs-versuch mit T. von Seiten des politischenUnterstützer_innen-Kreises der Betroffe-nen. Es wurde sowohl auf schriftlicher alsauch persönlicher Ebene mehrfach ver-sucht, ein Gespräch zu initiieren.Dies bliebjedoch erfolglos, da T. bisher zu keinem Ge-spräch bereit war, u.a. gibt er vor, denGrund für ein solches Gespräch nicht zukennen…Ergänzung Mai 2008: Mittlerweile hat T. dieGesprächsangebote endgültig abgelehnt,woraufhin ihm (schriftlich und persönlich)einige Forderungen übermittelt wurden,nach denen er Provokationen im Allgemei-nen und Konfrontationen mit der Betroffe-nen unterlassen bzw. unterbinden soll.Amgleichen Abend haben T. und mehrereFreunde von ihm zwei "NEIN HEISSTNEIN"-Plakatierer_innen im Karo-Viertelbelästigt, wobei einer von T.s Freundenprovokativ "NEIN HEISST NEIN"-Plakateabgerissen hat.Wenige Tage später hat T. einen Brief an denMitbewohner der Betroffenen geschrieben,in dem er den Vorwurf der Vergewaltigun-gen lapidar als "Rufmordkampagne" abtut.Die zuvor an T. gestellten Forderungen, dieursprünglich zur Deeskalation der Situationbeitragen sollten, verdreht er und wendetsie als Bedrohung gegen die Betroffene undihr Umfeld. Dieser Drohbrief verdeutlichteindrücklich, dass T. an einer Lösung desKonfliktes keinerlei Interesse hat und auchnicht gewillt ist, sich an Abmachungen zuhalten. Der Brief ist nicht nur eine Täter-Opfer-Verdrehung und Verhöhnung der Be-troffenen, sondern eine eindeutige Kampf-ansage gegen die Betroffene und ihreFreunde sowie darüber hinaus gegen ihrpolitisches Unterstützungsumfeld.

    Im Januar 08 hat die Gruppe commode ei-nen offenen Brief an diverse von T. genutzteSzene-nahe Veranstaltungsorte geschrieben(Zeck 142), in dem selbige aufgefordertwerden, öffentlich Stellung zu beziehen.Ergänzung Mai 2008: mittlerweile hatcommode die (Nicht)-Reaktionen ausge-wertet (Zeck 144), wonach sich keiner derAdressaten Onkel Otto, Hafenklang-Exilund Fischkopp-Plattenladen von dem Täterin irgendeiner Weise distanziert haben.

    Hamburg, 12.März 2008(mit Ergänzungen Mai 2008)

    [email protected]

  • zeck 145 // antisexismus Seite 11

    Vorläufiges Ergebniseiner nicht stattgefundenen Auseinandersetzung

    Die Zeit der gutgemeinten Worte ist vorbei - aber die Hoffnung stirbt bekanntermaßen zuletzt

    Wir haben uns vor einiger Zeit als Kreisvon Gruppen und Einzelpersonen zusamm-mengefunden, um neben der politischenund praktischen Arbeit der bestehendenUnterstützungsstrukturen einen konkretenVersuch zu unternehmen, die Situation derBetroffenen, die sich nach dem Öffentlich-machen der Vergewaltigungen durch T. vorgut einem Jahr weiter verschärft hat, zuverbessern.

    Unser Ziel war es, in einem Gespräch mitT. die Lage zu deeskalieren und klare Ab-sprachen zu treffen,wie der für die Betroff-fene unzumutbare Zustand positiv verän-dert werden kann.Wir hofften, uns so weitwie möglich gemeinsam mit T. über einenUmgang verständigen zu können.

    Wir haben im September letzten Jahres T.persönlich aufgesucht und ihm einige Ter-minvorschläge übergeben und kurz denGrund für unsere Gesprächsabsicht ge-nannt. Nachdem sich T. nicht gemeldethatte, haben wir ihm geschrieben. Darausentwickelte sich ein Briefwechsel mit T., umeinen gemeinsamen Gesprächstermin zufinden.Nach einer monatelangen Phase desAusweichens und Hinhaltens durch ihn undnach mehreren Versuchen von Menschenaus seinem näheren Umfeld, ihn zu einemGespräch mit uns zu bewegen,wurde deut-lich, dass es nicht zustande kommen wird.T. will nicht mit uns reden und er hat off-fensichtlich kein Interesse daran, konstruk-tiv mit der Situation umzugehen.Wir müss-sen unseren Versuch für gescheitert erklä-ren.

    Aufgrund dieses Prozesses sahen wir kei-nen anderen praktikablen Weg, als T. kon-krete Ansagen dazu zu machen, welchesVerhalten wir von ihm erwarten, um die Si-tuation zu entschärfen. Diese wurden ihmam 5. Mai persönlich überbracht und er-läutert. Inhaltlich orientieren sich diese An-sagen an dem, was eigentlich selbstver-ständlich sein sollte: Er hat dafür Sorge zutragen, dass die Betroffene nicht mit ihmkonfrontiert wird, weder direkt, noch -etwa durch Provokationen Dritter - indi-rekt.

    Ob er bereit ist, sich an diese Ansagen zuhalten und auf diesem Wege doch noch ei-

    nen eigenen Beitrag zur Deeskalation undVerbesserung der Situation zu leisten, istuns nicht bekannt.Wir würden es uns aufjeden Fall wünschen.

    Leider deuten die Zeichen bisher nicht indiese Richtung:Noch am Abend, nachdem er die Ansagenübermittelt bekommen hatte, riss ein Kum-pel T.s in seinem Beisein provokativ "Nomeans No"-Plakate ab, die gerade im Karo-viertel verklebt wurden. Ein klares State-ment.Kurze Zeit später bekam der Mitbewohnerder betroffenen Frau ein Schreiben zuge-sandt, in dem fast wortgleich der Text derAnsagen an T. wiederholt wurde - mit demUnterschied,dass dort,wo von der Betroff-fenen die Rede war, jetzt "das Opfer eurerRufmordkampagne" stand. Wir wissennicht, ob diese offensive Form der Täter-Opfer-Umkehrung von T. selbst oder ausseinem Umfeld stammt.Vor kurzem tauchte außerdem im Buchla-den im Schulterblatt ein Mensch auf, der dieausliegenden Exemplare der aktuellen Aus-gabe der Zeck aus dem Laden tragen woll-lte. Darauf angesprochen erklärte er demVernehmen nach sinngemäß: dass ja geradeeine Vergewaltigungsdebatte liefe und erzum Umfeld des Beschuldigten gehöre unddie Zeck wegen der Artikel zum Thema ausdem Verkehr ziehen wolle.

    Wir haben uns entschlossen, den aktuellenStand unseres gescheiterten Versuchs undden Text der Ansagen an T. zu veröffent-lichen, um allen Nichtbeteiligten transpa-rent und diskutierbar zu machen, was jen-seits der bisher veröffentlichten Fakten,Diskussionen und Ereignisse passiert ist.Deshalb geben wir im Folgenden auch dieAnsagen an T. im Wortlaut wieder. Uns istbewusst, dass unser Vorgehen nicht nur aufZustimmung stoßen wird. Einigen mag dieForm der Ansage als autoritär oder anma-ßend erscheinen.Auch deshalb haben wiruns zu dieser Veröffentlichung entschieden- mögliche Kritiker_innen mögen bitte vordem Hintergrund unseres Ansatzes und un-serer Erfahrungen konkrete Vorschläge ma-chen,wie eine Situation hergestellt werdenkann, in der die Betroffene und ihr engeresUmfeld ihre Bewegungsfreiheit in dieserStadt zurückerlangen und in der sie auf ein

    solidarisches Klima statt auf Konfrontation,Anfeindung und offene sowie latente Be-drohung stößt.

    Mai 2008Einige Unterstützer_innen

    An T.

    Die allgemeine Situation ist unverändertbeschissen.Du hast die verschiedenen Gesprächsan-gebote, die dir gemacht wurden, ausge-schlagen.Das trägt nicht zur Deeskalationbei. Du hast dich bisher an keine Abspra-chen gehalten, keine Zugeständnisse odereigene Vorschläge zur Verbesserung derSituation gemacht. Deswegen sehen wirals einzige Möglichkeit, die Situation zuentschärfen, dir folgende Ansagen zu ver-mitteln:

    Du sorgst dafür, dass sich die Betroffeneund ihre UnterstützerInnen wieder un-eingeschränkt in Hamburg bewegenkönnen. Uneingeschränkt bedeutet: ohneAnfeindungen, Bedrohungen oder son-stige Konfrontationen durch dich oderdein Umfeld. Das bedeutet, dass du dieOrte, an denen die Betroffene oder ihreUnterstützerInnen sich aufhalten oderauftauchen, umgehend verlässt und gege-benenfalls auch dein Umfeld darauf hin-weist, dass es angesagt ist, kommentarloszu gehen. Du sorgst auch dafür, dass zu-künftig weitere Anfeindungen durch deinUmfeld gegen die Betroffene und ihreUnterstützerInnen unterbleiben.

    Wenn es zu weiteren Provokationen, Be-leidigungen, Drohungen oder körper-lichen Angriffen gegen die Betroffeneoder ihre UnterstützerInnen kommensollte, werden wir uns ab jetzt notfallsauch direkt an dich wenden.Wir empfeh-len dir daher, deine Ansagen zur Ent-schärfung der Situation deinem Umfeld zuvermitteln.

    Wenn du doch irgendwann Interessehast, durch ein Gespräch zu einer Lösungzu kommen, steht dir dieser Weg natür-lich weiter offen.

  • Seite 12 antisexismus II zeck 145

    Erklärung des Flora-Plenums zum Verhalten von G.

    Das Flora-Plenum hat sich entschieden, und nicht eine ernst gemeinte Ausein-gegenüber G. ein Nutzungsverbot für die andersetzung. Strukturen der Roten Flora sowie ein Auf-trittsverbot auszusprechen. Nachdem diese Entscheidungstindung mehrere Monate in Anspruch genommen hat. möchten wir im Folgenden eine Erklärung dazu abgeben. G. hat nach seinem Auftritt bei einem Kon-zert am 17. 11 .2007 im Rahmen einer Soli-veranstaltung von Tierrechtsorganisationen von der Bühne der Flora ein grundsätzli-ches Statement zum Umgang mit der Defi-nitionsmacht im Zusammenhang mit Verge-waltigungen abgegeben. Danach hat er sich konkret auf die aktuelle Auseinanderset-zung um die Vergewaltigungen durch T. be-zogen (vgl. Zeck Nr. 140 September/Okt-ober 2007).Am 12.12.2007 erschien G. auf Einladung auf dem Flora-Plenum, um sich zu dem Vorfall zu verhalten. Unstrittig ist nach G.s e igenen Angaben, dass an dem Abend von ihm Folgendes gesagt worden ist: Nach einem allgemeinen Teil über ein von ihm als repressiv empfundenes Diskussionsklima in der Szene, speziell in der Auseinanderset-zung um den Umgang mit T., sprach er von der Unterstellung, T. sei ein Vergewaltiger, und dass es in dieser Auseinandersetzung mehr Täter und Opfer gäbe als anerkannt. Die Rote Flora hatte sich zuvor bereits öff-fentl ich solidarisch gegenüber der betroff-fenen Frau erklärt. Mit seinen Äußerungen hat G. eindeutig die von uns als zentral an-erkannte Definitionsmacht der betroffenen Frau in Frage gestellt. Wer in diesem Fall dann von einer "Unterstellung" spricht, be-streitet die Vergewaltigung. Wer in diesem Zusammenhang von mehr "Tätern und Op-fern" spricht, relativiert hierbei die Rolle des Täters und stilisiert außerdem diesen zum eigentlichen Opfer. Diese Strategie entspricht dem nach wie vor häufigen Um-gang mit Vergewaltigungs- bzw. Miss-brauchsvorwürfen. G. hat sich damit be-wusst in Widerspruch zu einem Grund-konsens der Roten Flora gestellt.

    G. ist seit längerem Mitglied einer Gruppe, die Räume der Flora nutzt. Hätte er eine Auseinandersetzung gewollt, wäre es der richtige Weg gewesen, das Plenum aufzusu-chen und die Position der Flora zu proble-matisieren. Diesen Weg hat er jedoch nicht eingeschlagen. Stattdessen hat er die öff-fentliche Bühne bei einem Konzert als Fo-rum gewählt. Diese Form der Ausein-andersetzung akzeptieren wir nicht. Für uns ist sein Vorgehen eine bloße Provokation

    Grundsätzlich wollen wir hier noch einmal erklären, dass wer die Flora nutzt, sich auch als Teil dieses Projektes begreifen muss. Das heißt eben auch, die selbst gewählten Strukturen der Flora anzuerkennen. Kritik und Diskussionsbedarf gehören daher auf das regelmäßige wöchentliche Nutzer _innenplenum oder auf die Vollver-sammlungen.

    Die Nutzung der Strukturen der Flora ist freiwill ig -wer sie nutzt, kann sie nicht nur einfach konsumieren, sondern ist damit Teil des organisatorischen und politischen Selbstverständnisses. G. hat sich auf zwei Ebenen gegen diesen Grundsatz gestellt: Er hat die Organisationsstruktur der Flora be-wusst übergangen und sich außerdem über e inen wesentlichen Grundkonsens hin-weggesetzt - der Anerkennung der Defini-tionsmacht bei Vergewaltigungen.

    Die Flora hat sich entschieden, für die be-troffene Frau ein Schutzraum zu sein, in dem sie sich jederzeit aufhalten kann. G. hat dies mit seinem Verhalten missachtet. Er hat sein Vorgehen auf dem Plenum am 12. De-zember verteidigt und stell t es auch im Nachhinein nicht in Frage. Nach eigenen Worten wird er sich auch weiterhin in der Flora so positionieren. wie er es getan hat. Damit nimmt er im speziellen Fall den Schutzraum der betroffenen Frau und ge-fährdet ihn auch gleichzeitig für andere. Dass dies im Übrigen nicht nur eine ab-strakte Unterstellung ist, wurde bereits an dem besagten Abend deutlich, als eine Be-sucherin die Flora verließ, weil sie sich von G.s Äußerungen angegriffen fühlte. Als Konsequenz haben wir G. ein Nut-zungs- undAuftrittsverbot für die Flora er-teilt, weil es aus unserer Sicht keine ge-meinsame Grundlage für ein politisches Miteinander in dem Projekt gibt. Nut-zungsverbot heißt hierbei, dass G. nicht weiter Teil der Struktur der Flora sein kann; das heißt auch, nicht als Teil einer Gruppe die Räume der Flora zu nutzen. Um zu-künftige Vorfälle wie den Beschriebenen zu vermeiden, haben wir ihm außerdem ein Auftrittsverbot ausgesprochen. Die Ent-scheidung folgte aus sehr unterschiedlichen Positionen innerhalb des Plenums, für ein von Teilen gefordertes Hausverbot konnte kein Konsens hergestellt werden.

    Dieser Beschluss wurde G. und seiner Gruppe im Januar mitgeteilt. Die Gruppe hat daraufhin als Teil der Flora-Struktur von ihrem Vetorecht Gebrauch gemacht, um den Vorfall und die Entscheidung seitens des Plenums intern besprechen zu können. Das Plenum hat ihr im Folgenden e inige Zeit dafür eingeräumt. Zwischenzeit.lich hat G. uns schriftlich, unter Verweis auf einen gänzlich anderen Vorfall, mitgeteilt, dass die Diskussion für ihn beendet sei und Be-schlüsse des Plenums für ihn nicht gelten würden. Dieses zeigte uns erneut, dass G. keinerlei Interesse an einer Diskussion -weder mit Plenum noch der Gruppe - hat. Nichtsdestotrotz haben wir ein weiteres Mal Gesprächsbereitschaft gezeigt und ein seither unbeantwortetes Schreiben ver-fasst.lm April beschloss die Gruppe von ih-rem Veto zurückzutreten, womit der Be-schluss des Struktur- und Auftrittsverbots für G. jetzt gi lt.

    Plenum der Roten Flora, Mai 2008

  • zeck 145 // antifa Seite 13

    Am Donnerstag, 12. Juni fand die konstitu-ierende Ratssitzung im Kieler Rathaus statt,in das nach der Kommunalwahl am 24. Maierstmals auch die NPD in Person ihresSpitzenkandidaten Herrmann Gutsche ein-gezogen war. Dies nahm die NPD zum An-lass eine Kundgebung auf dem Rathausplatzanzumelden, die entsprechende antifaschis-tische Gegenmobilisierungen hervorrief.

    Schon ab mittags wurde rund ums Rathaussichtbar, dass die Polizei ihre Ankündigungeines Großeinsatzes mehr als wahr machensollte: Der Rathausplatz war mit Einsatz-fahrzeugen zugeparkt und ringsherum mitHamburger Gittern abgesperrt, die nurnach Gesinnungskontrolle durch Polizis-tInnen passiert werden durften und aller-orts waren in der Innenstadt Polizeiheerein Kampfmontur unterwegs.Ab 13 Uhr sammelten sich AntifaschistInn-nen, die den Aufrufen des Runden Tischsgegen Rassismus und Faschismus und derAutonomen Antifa-Koordination gefolgtwaren, auf dem Asmus-Bremer-Platz oderstreunten durch die Gegend rund ums Rat-haus.Als gegen 13.30 Uhr die Kundgebungdes Runden Tischs begann, dürften hieretwa 150 AntifaschistInnen anwesend ge-wesen sein. Da die Nazikundgebung ab 14Uhr angemeldet war, entfernte sich einGroßteil der TeilnehmerInnen bald daraufund sammelte sich im Hiroschimapark.Kurz nach 14 Uhr erschien ein Häufleinvon maximal 7 Nazis samt einer Fahne, ei-nes Pappschildes und eines Transparentesauf dem Rathauspatz Ecke Deutsche Bank,woraufhin sich etwa 80 AntifaschistInnenaus dem Park in Bewegung setzen, jedochwie zu Erwarten, auf halber Strecke vonmehreren Ketten Polizei und nach kurzenRangeleien mit BFE-Einheiten gestopptwurden. Da von der anderen Seite ausRichtung Holstenbrücke ein näheres Ran-kommen an die Nazikundgebung möglichwar, sammelten sich vor allem hier im Fol-genden konstant etwa 100 Gegendemon-strantInnen, die leider nur zeitweise laut-stark die Naziredner störten. Die Beteili-gung an der NPD-Miniaturkundgebungblieb zu Höchstzeiten bei lächerlichen 7Nazis, darunter Jens Lüdtke und vor Beginnder Ratssitzung Herrmann Gutsche vonder NPD Kiel/Plön und der extra ange-reiste Nazikader Thomas Wulff. Dafür, dasshinter den weiträumigen Polizeiabsperrun-gen niemand die Nazireden gehört ge-schweige denn verstanden haben dürfte(dies war schon vom nächstmöglichenStandpunkt auf Antifa-Seite äußerst schwie-

    rig), hielten diese immerhin 1 ½ Stundendamit durch, ihr Gelaber im Wind verpuff-fen zu lassen.

    Neben der durchgehend fortgesetztenKundgebung des Runden Tisch bewegtensich parallel verschiedene Gruppen vonAntifaschistInnen rund ums Rathaus. Hier-bei kam es zu heftigen Auseinandersetzun-gen mit den mittlerweile auch in Kiel ange-kommenen selbsternannten "autonomen"Nazis: Etwa 15-20 ANs, unter ihnen natür-lich die beiden gaardenflüchtigen Nazis Pe-ter Borchert und Thomas Krüger, griffengegen 14.30 Uhr in der Waisenhofstraßehinter dem Rathaus eine kleinere GruppeAntifas an, wobei ein Antifa so verletztwurde, dass er ins Krankenhaus eingeliefertwerden musste. Immerhin soll ein Teil derNazis bei ihrem Fluchtversuch dank einesantifaschistischen Gegenangriffs einige Me-ter weiter auch nicht gänzlich unbescholtendavon gekommen sein. Die in Sichtweiteanwesende Polizei schien damit überfor-dert,AntifaschistInnen und Nazis auseinan-der zuhalten und reagierte dementspre-chend konzeptlos. Erst nach einiger Zeit ge-lang es ihr neben zwei am Boden liegendenAntifaschisten, insgesamt 11 Nazis festzu-setzen und sie war sich nicht zu schade,wiederum 20 Minuten dafür zu brauchen,einen Krankenwagen für den Verletzten zurufen (der währenddessen mit dem Gesichtzum Boden liegen musste). Nachdem nacheiner halben Stunde die festgenommenenNazis abtransportiert waren, begann diePolizei nahezu alle AntifaschistInnen (gutzwei Dutzend), die sich mittlerweile aus So-lidarität mit dem verletzten Genossen ein-gefunden hatten, einzukesseln und etwasspäter nach und nach in Gewahrsam zunehmen. Immerhin war die Stimmung imKessel (besser als draußen) und deren Ver-sorgung mit Getränken und Essen durchdie mehr und mehr von der mittlerweilebeendeten Kundgebung eintrudelndenAntifaschistInnen recht gut. Die Polizeihatte bei der Überbeschäftigung an diesemTag wohl unerträgliche Langeweile undzettelte immer mal wieder Ärger an oderbaute schwachsinnige Korridore zwischenKessel, Straße und den Solidarischen außer-halb des Kessels.Die Gefangenen wurden in Transporternweggefahren und größtenteils in den Poli-zeikomplex in der Blumenstraße gebracht.Einige andere wurden bereits eine Stra-ßenecke weiter wieder ausgesetzt.Auch in der Blume setzte sich die schein-bare Verwirrtheit der Bullen fort: So wurde

    mehrfach versucht,AntifaschistInnen mit indie Zellen der Nazis zu setzen, was in ei-nem Fall auch gelang.Während 10-15 solidarische Antifaschis-tInnen vor der Wache auf ihre GenossInn-nen warten, sollten nun auch die 11 festge-nommenen Nazis entlassen werden, wassich jedoch als schwieriges Unterfangenentpuppte: Eine Nazifrau wählte beim An-blick der Antifas den Rückwärtsgang in denBau und musste auch am anderen Ausgangfeststellen, dass alles unter antifaschisti-scher Beobachtung war. Zusammen mitweiteren,mittlerweile auch entlassenen Ka-meradInnen rief sie sich nun ein Taxi, wel-ches allerdings lieber eine Leerfahrt ein-legte, nachdem sein Fahrer darüber aufge-klärt wurde, dass er Nazis befördern soll-lte. Nachdem ein zweiter Taxifahrer offen-sichtlich weniger Probleme damit hatte unddie erste Naziladung wegfuhr, wiederholtesich das Spiel mit den leeren Taxis noch einpaar mal bis die Bullen sich erbarmten, dieübrigen Nazis mit ihren Wannen in siche-rere Gefilde zu bringen. Kurze Zeit späterwurden dann auch endlich kleckerweisealle noch eingeknasteten Antifas entlassen.

    Zu den leider wenigen erfreulichen Mo-menten des Tages gehörte neben den soli-darischen wie antifaschistischen Aktionenam Knast sicherlich die mit etwa 200 Akti-vistInnen für einen Donnerstagnachmittagund einer Woche Mobilisierungszeit befrie-digend hohe TeilnehmerInnenzahl an denAntifa-Aktivitäten ums Rathaus.Zu kritisieren ist dagegen die leider sehrunmotivierte und leise Stimmung am Randeder Nazikundgebung. Auch beim Kesselhätte eine kämpferische Atmosphäre dieBullen sicher etwas mehr unter Druck ge-setzt und hätte ein angebrachtes solidari-sches Zeichen für die Insassen sein könn-nen.Neben den Ingewahrsamnahmen war dasunangenehmste Ereignis des Tages unbe-stritten die Verletzung des Antifas (GuteBesserung!) durch die ANs. Dieser Angriffstellte wieder einmal ein neues Level desAktionismus der noch frischen Borchert-Truppe dar. Damit dieser genauso schnellwieder abflaut, wie er in den vergangenenMonaten angewachsen ist und solche An-griffe wie gestern wieder der Unmöglich-keit angehören, bedarf es für die Zukunfteinen überlegten Umgang und angepassteantifaschistische Strategien auf die neueHerausforderung.Ein Rätsel hat uns erneut die Kieler Polizeiaufgegeben: Ist sie wirklich so überfordert

    : : : Kiel: 750 Cops, 200 Antifas, 20 ANs +7 NPDler : : :

  • Seite 14 antifa // zeck 145

    und fern jeglicher Realitäten, dass sie an ei-nem Nachmittag mitten in der Woche einBedrohungsszenario herbeihalluziniert, dasssie für eine Naziminikundgebung einen Teilder Kieler Innenstadt komplett lahm legtund mit einem Aufgebot auffährt, das voreinigen Jahren noch für ein Nazigroßauf-marsch hätte ausreichen müssen, undtrotzdem keinen Überblick hat? Oder sinddie zahlreichen polizeilichen Fehleinschät-zungen und -Tritte der letzten Wochen Teileines geschickten Verwirrspiels, das ganzandere Dinge vorbereiten soll? Die vielen

    Ingewahrsamnahmen sprechen für die er-ste Variante. So scheint die Kieler Polizeioffensichtlich erstmal wieder ganz klein an-fangen zu müssen und zumindest irgend-welche Namen antifaschistischer Aktivis-tInnen zu sammeln, um überhaupt irgend-was und irgendwen einschätzen zu können.

    In der Ratsversammlung selbst, die für Be-sucherInnen nur mit Eintrittskarte und un-ter scharfen Kontrollen zugänglich war, sollübrigens so gut wie nichts passiert sein:Herrmann Gutsche war isoliert, die Grü-

    nen haben ´ne Imageaktion bei der Ver-pflichtung des NPDlers hingelegt und ver-einzelte Pfiffe soll's auch gegeben haben.Ansonsten gibt der Naziratsherr sich alsRebell und hat alles Abzustimmende abge-lehnt, überflüssiger Beisitzer im Finanzauss-schuss ist er auf eigenen Antrag auch ge-worden. Wir dürfen uns in den nächstenJahren seiner Amtszeit wohl auf zahlreicherührende Geschichten über verschwendeteSteuergelder freuen,wenn er denn durchh-hält...

    de.indymedia.org/2008/06/219853.shtml13.06.2008

    Mit Bestürzung verfolgt die Arbeitsgemein-schaft Neuengamme die Entwicklung desVerhältnisses von Bundeswehr und KZ-Ge-denkstätte Neuengamme in den letztenJahren...Wir haben bei verschiedenen Gelegenhei-ten darauf hingewiesen, dass es sich bei derBundeswehr vor allem um ein Instrumentder Regierung handelt,mit dem Interessen-und Machtpolitik auch mit kriegerischenMitteln umgesetzt wurden und zukünftigverstärkt umgesetzt werden.Angehörige der Bundeswehr erklären sichmit ihrem Eintritt in dieselbe genau damiteinverstanden. Diese Tatsache ist unsererAnsicht nach mit den Zielsetzungen derGedenkstättenarbeit nicht in Überein-stimmung zu bringen, denn eine Gedenk-stätte sollte mithilfe der Vermittlung histo-rischen Wissens Menschen behilflich sein,ein Bewusstsein für Respekt und Men-schenwürde zu entwickeln und sie dazu er-mutigen, kritisch und selbstständig Fragenzu Systemen staatlicher Unterdrückungund Diskriminierung zu stellen und sich mitder Geschichte und auch der unsäglichen

    Nachgeschichte von Neuengamme zu be-schäftigen.Aktueller Anlass dieser Erklärung ist dieEinstellung eines Bundeswehrsoldaten alsfreier museumspädagogischer Mitarbeiterin der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. ImRahmen dieser Arbeit wird er als Reprä-sentant der Gedenkstätte auftreten und dieGeschichte des Konzentrationslagers undder Häftlinge an Schulklassen aber auch anBundewehrgruppen vermitteln.Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme hatsich in diesem Zusammenhang kürzlichentschieden, künftig auf die Mitarbeit eineslangjährigen freien Mitarbeiters der Mu-seumspädagogik zu verzichten. Grund fürdiesen drastischen Schritt war die Ankün-digung des Pädagogen, nicht mehr als Guidefür Bundeswehrgruppen zur Verfügung zustehen, solange die Gedenkstätte nicht end-lich bereit sei bzw. die Notwendigkeit er-kenne, gemeinsam mit dem Team der freienGedenkstättenpädagog/innen und denÜberlebendenverbänden Fragen hinsicht-lich ihrer Zusammenarbeit mit der Bundes-wehr und der Einstellung eines aktiven

    Bundeswehrsoldaten als freien Museum-spädagogen zu diskutieren,wie diese es seitlängerem fordern.Ist diese Entlassung ein Versuch seitens derKZ-Gedenkstätte, einer notwendigen in-haltlichen Diskussion um Leitbilder und po-litische Fragen zu entgehen? Wenn ja, auswelchem Grunde sollen mit engagierten,dort seit langem tätigen freien Mitarbei-ter/innen keine inhaltlichen Diskussionengeführt werden?Die Arbeitsgemeinschaft Neuengamme(AGN) als Interessensvertretung der Über-lebenden und ihrer Angehörigen des Kon-zentrationslagers Neuengamme, sieht sichaus verschiedenen Gründen veranlasst, indieser Angelegenheit zu intervenieren,auch, um das bislang positive Verhältnis vonAGN und Gedenkstätte weiterhin zu ge-währleisten.Der Ort der Vernichtung von mehr als50.000 Menschen und des Leidens so vie-ler anderer ist ein Ort der Erinnerung, deswürdevollen Gedenkens und der Informa-tion. Er darf kein Ort werden, an dem eindeutscher Armeeangehöriger exponiertauftritt, für den die Richtlinien des Gehor-sams und der Einsatz kriegerischer Mittel,die politisch gewollt von der Bundesrepu-blik Deutschland ausgehen, nicht in Fragestehen. Ebenso muss die Möglichkeit aus-geschlossen werden, dass Überlebendenoder ihren Angehörigen als BesucherInnender Gedenkstätte ein deutscher Soldat alsGuide gegenübersteht, auch wenn er dortnicht in Uniform erscheint.Es geht der Arbeitsgemeinschaft Neuen-gamme nicht darum, Angehörigen derBundeswehr die Auseinandersetzung mitdem Nationalsozialismus und seinen Ver-brechen zu verweigern.Diese ist unbedingtnotwendig, unterstützenswert und sollte

    Eine Erklärung der Arbeitsgemeinschaft Neuengamme e.V.

  • zeck 14S II antifa

    Aufgabe der politischen Bildung seitens der Bundeswehr als Organ eines sich als de-mokratisch gebenden Staates sein. Noch aber werden Gedenkstättenbesuche leider häufig fazu genutzt, Bundeswehrsoldatlin-nen auf Auslandseinsätze mit Kriegsverlauf vorzubereiten. Solange sich zudem Ange-hörige der Bundeswehr offiziell an Ehren-und Gedenkzeremonien für NS-Kriegsver-brecher in Mittenwald, am Ulrichsberg, auf Kreta, in Italien, Spanien, Frankreich und vor unzähligen Kriegs-Denkmälern in der BRD

    beteiligen, sind die Traditionslinien von na-tionalsozialistischer Wehrmacht und Bundeswehr keinesfalls durchbrochen. Die AGN sieht angesichts der Gescheh-nisse in Neuengamme die Umsetzung der Losung "Nie wieder Krieg, nie wieder Fa-schismus!" eklatant in Frage gestellt.

    Wir verurteilen zudem die Kündigung des freien Gedenkstättenpädagogen als einen Akt der Repression gegenüber einer Per-son mit einem unbequemen antifaschisti-

    Seite IS

    sehen Selbstverständnis, das allerdings un-abdingbar ist für die pädagogische Arbeit in Gedenkstätten für die Verbrechen des Na-tionalsozialismus. Auch und gerade an ei-nem solchen Ort ist die politische Diskuss-sion und die Auseinandersetzung über Richtungen und Inhalte von Gedenkstätt-tenarbeit unumgänglich.

    Hamburg, den 6.6.2008 Für den Vorstand der Arbeitsgemeinschaft

    Neuengamme

    Proteste zur Eröffnung desTamm-Museums am 25.Juli

    ln Hamburg demonstrierten heuten ca. SO Gegnerinnen des so genannten "Tamm-Mu-seums", während dieses feierlich eröffnet wurde. Unter dem offiziellen Namen "Internationales Maritimes Museum Harn-burg" werden dort ab heute Kriegs -und Tötungsgerätschaften aus aller Weit ge-zeigt, welche von der Stiftung Peter Tamms zu Verfügung gestellt wurden. Das Gebäude (Kaiserspeicher B) wurde von der Stadt Hamburg 99 Jahre mietfrei für das Museum zur Verfügung gestellt und weiterhin brachte die Stadt 30.000.000 Euro dafür auf. Auch wurden und werden die Verkehrsan-bindungen rund um das Museum von der Stadt finanziert. Peter Tamm konnte sich, wie er selber sagte, dadurch einen Traum erfüllen und sein Werk für die Nachwelt erhalten. Ein fragwürdiges Werk! Unkommentiert wird militärischer Access-soire aus der NS-Zeit großflächig ausge-stellt. Jegliche Erinnerungen an die Opfer des Faschismus fehlen.AIIerlei Propaganda-material hat der ehemalige Vorstandschef des Axei-Springer-Verlages zusammenge-tragen, um es nun der Öffentlichkeit zu prä-sentieren. Zivile Seefahrt kommt in diesem

    Museum kaum vor, satt dessen wird Kriegs-verherrlichung betrieben. Der/die Besu-cherln des Museums könnte glatt den Ein-druck bekommen, als ob Seefahrt automa-tisch immer auf die Kriegsmarine zurük-kzuführen sei. Zu den Ausstellungsgegen-ständen zählen unzählige Modelle von Kriegsschiffen,Admiralsstäbe aus der NS-Zeit und Unmengen an Uniformen der deutschen Kriegsmarine. Sogar Kanonen und (U-)Boote werden gezeigt.

    Peter Tamm hatte sich hohe Gäste geladen. Zusammen mit Horst Köhler und Ham-burgs Bürgermeister Oie von Beust eröff-nete er heute Vormittag das Museum. Mit zahlreichen geladenen Gästen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde wie-der ein Stück Nazivergangenheit relativiert. Doch auch der Protest blieb nicht aus. Schon sehr früh fuhren zwei Boote vor, auf denen Demonstrantinnen provokant mit einer Flagge der Kriegsmarie feststellten: "Wir können beim besten Willen kein Ha-kenkreuz darin entdecken". Die "verwun-deten" Seeleute spielten dazu militärische Marschmusik und übertönten zeitweise das offizielle Einweihungsprogramm.Von einem zweiten Boot wurde ebenfalls laute Musik

    aus Boxen gespielt und auf die Summe von 30 Millionen Euro hingewiesen. Von Land aus wurden die beiden Boote von einer Gruppe von ca. SO Menschen unter-stützt. Durch die Polizei zurückgehalten, verlieh die Gruppe mit Transparenten und lautem Krach ihren Forderungen Ausdruck Ebenfalls mit von der Partie war eine Gruppe der "Rosa Armee Fraktion", welche die Schrecken des Krieges mit eindrucks-vollen Theaterdarbietungen demonstrierte (siehe Fotos). Anschleißend wurde noch eine Holzfigur von Peter Tamm enthüllt und jedeR konn-nte einen Nagel in den "Eisernen Peter" schlagen. Der größte Erfolg war ein lautes Stören mit Gesängen und lustiger Marschmusik, wäh-rend die Militaristinnen eine Schweigemi-nute zu Fahnenhissung eingelegt hatten. So blieb der Protest von Tamm selber auch nicht nicht unbemerkt.

    Da wir nun wissen, wo der Krieg und der Faschismus vor Anker liegen, wird es Zeit sie zu versenken.

    aus indymedia

  • Seite 16 diverses // zeck 145

    Auch wenn, oder vielleicht auch weil, sichdie Beteiligung an den Perspektiventagenentgegen unseren Erwartungen und derEinschätzung des Bedarfs einer solchenPlattform gering gehalten hat, waren dieTage für die Anwesenden ein Erfolg. Etwa50 Leute, eine spektrenübergreifende Mi-schung aus 15 Gruppen und einigen Einzel-personen, diskutierten zwei Tage über pri-vate und gesellschaftspolitische Perspekti-ven und Vernetzung in Hamburg und Um-gebung. Zu den einzelnen Ergebnissen derWorkshops findet ihr hoffentlich dem-nächst auf unserer Homepage eine Doku-mentation.

    Da von vielen (z.T. nicht anwesenden) dieKritik geäußert wurde, der Aufruf zu denPerspektiventagen sei zu unklar formuliertgewesen, wollen wir mit diesem Text auchversuchen unser Konzept zu verdeutlichenund erklären, welche Stärken wir in derthematischen Offenheit sehen, warum wiruns also bewusst für diese "schwammigeAusdrucksform" entschieden haben.

    Aber erstmal erzählen wir ein bisschen wasdenn nun passiert ist an den zwei Tagen:Im Eröffungsplenum stellten sich alleGruppen anhand von den Fragen: "Werseid ihr? Was macht ihr? Was braucht ihr?"vor, so dass alle einen Überblick über dieArbeit der Gruppen bekamen und wo dennder Schuh drückt. Dabei wurde ein ersterwichtiger Schritt zur Vernetzung getan,Gruppen bekamen Gesichter und wurdendamit ansprechbar.Nach dem Mittagessen fanden Workshopszum Thema: "BESTANDSAUFNAHME-RÜCKBLICKE-UTOPIEN" statt. Works-hops waren:Das Mietshäusersyndikat stelltsich vor,Antisexismus praktisch, linke Po-litik an der Uni, Potentiale vernetzen - an-ders leben, Fiese Situationen meistern, Jourfix,Gewerkschaftslinke stellt sich vor, sowieder Workshop Umweltschutz im Komm-munismus, in dem die Frage nach eigenenKonsumbedürfnissen und nachhaltigenWirtschaften aufgegriffen wurde.Abends wurde der Dokumentarfilm "StrikeBike - Eine Belegschaft wird rebellisch" zurBesetzung und Produktion der Strikebikesgezeigt, an den sich eine lange Diskussionüber praktische Solidarität und Vernetzunganschloss.Sonntagvormittag begann der zweiteWorkshopblock zum Thema "KONKRETEPROJEKTE". Dort fanden Workshops vonCafe Libertad, vom Arbeitskreis lokale

    Ökonomie Hamburg (bekannt u.a. durchden Umsonstladen, die freie Uni Hamburgund das Kleinmöbellager) zum Thema "Gibtes ein Leben neben der Erwerbsarbeit undzum Klimacamp statt. Die Workshops vonCafe Libertad und dem Arbeitskreis lokaleÖkonomie schlossen sich spontan zu-sammen,da beide (auf unterschiedliche Artund Weise) an einer alternativen Gestal-tung des Lebens und des Alltags basteln.Hier war Platz für viel Erfahrungsaustausch,persönliche Bedenken und das Feststellen,dass mensch mit seinen/ ihren "Sorgen"und "Bedenken" nicht alleine ist, sondern,dass gerade das die Mechanismen sind, dieuns so stören und die es (gemeinschaftlich!/zusammen!) zu bekämpfen gilt.

    Wie sich gezeigt hat standen die zwei Tagefür die meisten v.a. zwei Fragestellungen imVordergrund.Zum einen,wie wir es schaff-fen können unsere eigenen moralisch/ide-ologischen Vorstellungen vom Leben auchkonkret in unseren Alltag einzubauen undnicht an der allüberschattenden Logik desKapitalismus zu kapitulieren. Zum anderenlag vielen eine bessere Vernetzung und Zu-sammenarbeit (z.B. Kampagnen) der ver-schiedenen linken und linksradikalenGruppen und Strömungen am Herzen, dasich in der Vergangenheit gezeigt hat, dassviele Dinge besser funktionieren,wenn mansich zusammenschließt.

    Entstanden ist auch die Idee eines Um-sonsnetz für Hamburg.Zu dem Arbeitstitel"Umsonstnetz Hamburg - Praktische Wert-kritik mit immer weniger Erwerbsarbeit"ist eine Gruppe entstanden, die dazu arbei-tet, in digitaler Form möglichst alle Mög-lichkeiten zusammenzutragen um in Ham-burg ein Leben abseits von der Macht derMärkte zu gestalten. Erste Ergebnisse lass-sen sich bereits einsehen (zur Zeit ist dasProjekt bei www.coforum.de anzutreffen)Bitte beteiligt euch und bringt eure Erfah-rungen ein, es funktioniert wie ein Wiki.Im Abschlussplenum diskutierten alle überSinn/ Unsinn und Erfolg/ Nichterfolg derTage. Hier wurde besonders deutlich, dassdie zahlenmäßig geringe Teilnahme dazubeitrug, dass die ersten Perspektiventage inHamburg sehr persönlich und sehr offenverliefen. Das war insofern positiv, als dassalle Menschen, die ihr Wochenende dortverbrachten, sehr gestärkt und motiviertraus gingen und alle Lust haben,Tage wiediese zu wiederholen.

    In einem Satz: es war ein guter Start füreine Sache, die häufiger und in einem grö-ßeren Rahmen stattfinden soll!

    Warum das unscharfe Thema Per-spektiven reicht:

    Zunächst einmal ist das Thema gar nicht sounscharf, da sich jede_r, der/ die politischarbeitet unserer Meinung nach auch dieFrage stellen sollte, welche Ziele er/ siedamit verfolgt.Dies umfasst logischerweisesowohl die nächsten Kampagnen, als auchdie Perspektiven, die in einer weiteren zeit-lichen Entfernung liegen, als die nächstenMonate.

    In Diskussionen zum Thema Perspektivenzeigten sich verschiedene Ansätze:

    - die Erschaffung einer "Parallelwelt":eine Welt, in der wir uns Stück für Stückunabhängig vom kapitalistischen Systemmachen,mit Leuten zusammen,die da auchkeinen Bock mehr drauf haben. Hier stehtder Gedanke im Vordergrund, dass sichDinge über das aktive Vorleben verändernkönnen. Diese Veränderung setzt am Alltagan und baut darauf, dass sich nach und nachmehr Menschen anschließen werden.

    - Intervention in die Realpolitik: dieserAnsatz zielt darauf ab, Menschen zu unter-stützen, die ganz akut und sofort Hilfe jed-weder Art und Öffentlichkeit brauchen.Dadiese Arbeit nicht selten unter einem ge-wissen (Zeit-) Druck steht, fehlt häufig derRaum für einen systemverändernden An-satz.Nicht selten bleiben diese Aufgaben aneinigen wenigen Menschen hängen, die auchhäufig wegen der Gefahr von "Systemer-haltung" von anderen linken Personen fürihre Arbeit kritisiert werden. Auch wenneine klare Ausformulierung vieler Gruppenfehlt, zielt auch diese Arbeit klar auf einengesamtgesellschaftlichen Wandel ab.

    - Only solution- revolution! Die Ab-schaffung des Kapitalismus und des existie-renden demokratischen Systems stehen anvorderster Stelle. Es wird alles abgelehnt,was in irgend einer Form als systemerhal-tend gilt oder was nicht in erster Linie aufdie endgültige Abschaffung des selben zielt.Dabei ist aussenstehenden Gruppen undEinzelpersonen oft nicht klar, wie das ge-schehen soll.

    Mit dieser ziemlich verkürzten Darstellungder verschiedenen Ansätze (die auch kei-

    Am 17. - 18.Mai fanden die ersten hamburger regionalen Perspektiventage statt...

  • zeck 145 // diverses Seite 17

    nerlei Anspruch auf Vollständ