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Nr. 55 Juli 2020 P-ISSN 1605-9344, E-ISSN 1605-8208 Bericht des Generalsekretärs Grüner Sandläufer in Marokko Reptil des Jahres 2020 Costa Rica Teil 2 2 ÖGH-Vorstand Präsident: Dr. Andreas MALETZKY: [email protected] Vizepräsidentin: Dr. Silke SCHWEIGER: [email protected] Generalsekretärin: Karin ERNST: [email protected] Schatzmeister: Georg GASSNER: [email protected] Schriftleitung (Herpetozoa): Doz. Dr. Günter GOLLMANN: [email protected] Schriftleitung Stellvertreter (ÖGH-aktuell): Richard GEMEL: [email protected] Beirat (Reptilien): Dipl.Ing. Thomas BADER: [email protected] Beirat (Amphibien): Thomas WAMPULA: [email protected] Beirat (Feldherpetologie): Johannes HILL: [email protected] Beirätin (Arten- und Naturschutz): Mag. Maria SCHINDLER: [email protected] Beirat (Terraristik): Gerhard EGRETZBERGER: [email protected] Beirat (Projektkoodination & Öffentlichkeitsarbeit): Dipl.Ing. Christoph RIEGLER: [email protected] Impressum ÖGH-Aktuell, Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie Heft 55 P-ISSN 1605-9344, E-ISSN 1605-8208 Redaktion: Richard GEMEL, Layout: Christoph RIEGLER Redaktionsbeirat: Mag. Sabine GRESSLER, Johannes HILL, Dr. Günther Karl KUNST, Mag. Franz WIELAND, Mario SCHWEIGER, Dr. Silke SCHWEIGER Anschrift Burgring 7 A-1010 Wien Tel.: + 43 1 52177 331; Fax: + 43 1 52177 286 e-mail: [email protected] Homepage: http://www.herpetozoa.at Gefördert durch Basis.Kultur.Wien Wiener Volksbildungswerk Für unaufgeforderte Bilder, Manuskripte und andere Unterlagen übernehmen wir keine Ver- antwortung. die Redaktion behält sich Kürzungen und journalistische Bearbeitung vor. Mit Verfassernamen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und/oder der ÖGH wieder. Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit Genehmigung des He- rausgebers gestattet. Druck: www.onlineprinters.at Titelbild: Zauneidechse (Lacerta agilis), Foto: Christoph RIEGLER Seite 3: Trockener Oued Ziz im Südosten von Marokko, Foto: Mario SCHWEIGER Rückseite: Agalychnis callidryas (Costa Rica), Foto: Richard KOPECZKY ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020 Inhaltsverzeichnis 04 Karin ERNST: Vorwort 06 Hans DITRICH: Letter to the editor 10 Thomas BADER, Gerhard EGRETZBERGER, Johannes HILL: Eric Egerer 1939 - 2020 13 Andreas HASSL: Bericht des Generalsekretärs 26 Mario SCHWEIGER: Zum Vorkommen von Psammodromus microdactylus in Marokko 22 Rudolf KLEPSCH: Zauneidechse, Reptil des Jahres 2020 40 Franz WIELAND, Thomas BADER & Richard KOPECZKY: Costa Rica 2. Teil ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020 3

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Nr. 55 Juli 2020

P-ISSN 1605-9344, E-ISSN 1605-8208

Bericht des Generalsekretärs

Grüner Sandläufer in Marokko

Reptil des Jahres 2020

Costa Rica Teil 2

2

ÖGH-Vorstand

Präsident: Dr. Andreas MALETZKY: [email protected]äsidentin: Dr. Silke SCHWEIGER: [email protected]ärin: Karin ERNST: [email protected]: Georg GASSNER: [email protected] (Herpetozoa): Doz. Dr. Günter GOLLMANN: [email protected] Stellvertreter (ÖGH-aktuell): Richard GEMEL: [email protected] (Reptilien): Dipl.Ing. Thomas BADER: [email protected] Beirat (Amphibien): Thomas WAMPULA: [email protected] (Feldherpetologie): Johannes HILL: [email protected]ätin (Arten- und Naturschutz): Mag. Maria SCHINDLER:[email protected] (Terraristik): Gerhard EGRETZBERGER: [email protected] (Projektkoodination & Öffentlichkeitsarbeit): Dipl.Ing. Christoph RIEGLER:[email protected]

Impressum

ÖGH-Aktuell, Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für HerpetologieHeft 55 P-ISSN 1605-9344, E-ISSN 1605-8208

Redaktion: Richard GEMEL, Layout: Christoph RIEGLER

Redaktionsbeirat: Mag. Sabine GRESSLER, Johannes HILL, Dr. Günther Karl KUNST, Mag. Franz WIELAND, Mario SCHWEIGER, Dr. Silke SCHWEIGER

AnschriftBurgring 7A-1010 WienTel.: + 43 1 52177 331; Fax: + 43 1 52177 286e-mail: [email protected]: http://www.herpetozoa.at

Gefördert durch

Basis.Kultur.WienWiener Volksbildungswerk

Für unaufgeforderte Bilder, Manuskripte und andere Unterlagen übernehmen wir keine Ver-antwortung. die Redaktion behält sich Kürzungen und journalistische Bearbeitung vor. MitVerfassernamen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktionund/oder der ÖGH wieder. Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit Genehmigung des He-rausgebers gestattet.

Druck: www.onlineprinters.at

Titelbild: Zauneidechse (Lacerta agilis), Foto: Christoph RIEGLERSeite 3: Trockener Oued Ziz im Südosten von Marokko, Foto: Mario SCHWEIGERRückseite: Agalychnis callidryas (Costa Rica), Foto: Richard KOPECZKY

ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

Inhaltsverzeichnis

04 Karin ERNST: Vorwort06 Hans DITRICH: Letter to the editor 10 Thomas BADER, Gerhard EGRETZBERGER, Johannes HILL: Eric Egerer 1939 - 202013 Andreas HASSL: Bericht des Generalsekretärs26 Mario SCHWEIGER: Zum Vorkommen von Psammodromus microdactylus in Marokko22 Rudolf KLEPSCH: Zauneidechse, Reptil des Jahres 202040 Franz WIELAND, Thomas BADER & Richard KOPECZKY: Costa Rica 2. Teil

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4 ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

Liebe ÖGH-Mitglieder!

Gerne komme ich der Bitte nach, dasVorwort dieser 55. Ausgabe der ÖGH-Aktuellzu schreiben, nachdem Andreas Hassl dasAmt des Generalsekretärs zurücklegte, undich es seit der Generalversammlung am3.3.2020 übernommen habe. Danke an dieserStelle an Andreas für die unterstützendeund kooperative Übergabe und danke fürden Vertrauensvorschuss des Vorstandesund der Mitglieder. Ich hoffe den Ansprüchenauch gerecht zu werden und die Aufgabenzur bestmöglichen Zufriedenheit zu erledigen.Mich freut es jedenfalls für die ÖGH aktivzu sein und die Vereinsaktivitäten zu för-dern.

Bereits von klein auf liebte ich esdraußen zu sein, ob im begrünten Innenhof desGemeindebaus (mit leider weniger großemherpetologischen Potential) oder rund umunser Ferienhaus im Geburtsort meines Vatersim nördlichen Weinviertel. Dort kam es auch

zu den ersten Begegnungen mit Amphibienund Reptilien. Das erste Interesse war früh ge-weckt, aber dass ich diese beeindruckendenLebewesen auch tatsächlich mal studieren undsogar seit 2016 in der HerpetologischenSammlung des NHM Wien arbeiten kann,hätte ich mir damals nie erträumt.

Erst der endgültige Entschluss zumzweiten Bildungsweg war der Stein, der allesins Rollen brachte. Da dafür eine große, nichtnur berufliche Veränderung notwendig war,kommt es mir manchmal immer noch so un-glaublich vor, dass dieser Wunsch tatsächlichin Erfüllung ging.

Schon bei meiner ersten Uni-Übung(2012) „Freilandpraktikum Amphibienökolo-gie“ mit den Lehrenden Günter Gollmann, Bir-git Gollmann und Axel Schmidt war klar, dasses all den Mut und die Veränderung wert war,einen neuen Weg einzuschlagen. Doch nichtnur die heimische, sondern auch die tropischeFauna lässt mein Herz höherschlagen. Nach

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einem eindrucksvollen Amazonien-Aufenthalt2012 in der Region Loreto, Peru, freute ichmich ganz besonders, als es 2015 mit demUni-Projektpraktikum mit den Lehrenden MaxRingler, Walter Hödl, Andrius Pasukonis undRosanna Mangione ins Camp „Les Noura-gues“ nach Französisch-Guyana ging.

Dort durften meine StudienkolleginAriane Niebauer und ich den Färberfrosch(Dendrobates tinctorius) besendern und radio-telemetrisch seriell anpeilen, um im Anschlussdie räumlichen Bewegungsmuster zu analysie-ren und über manch zurückgelegte Wege zustaunen. Bei einem Freilandkurs der TropicalBiology Association konnte ich auf den EastUsambara Mountains in Tansania einige ende-mische Arten in ihrem natürlichen Lebens-raum beobachten, unvergesslich dabei auchdie ersten Chamäleon-Sichtungen in freierWildbahn. Amphibienbeobachtungen am dor-tigen Teich des Amani Nature Reserve führtenabschließend zu einer Kotprobenanalyse eini-ger dort lebender Froscharten mit überraschen-den Ergebnissen.

Wieder zurück in Österreich, mitFokus auf unsere heimische Natur und Herpe-tofauna, absolvierte ich nicht nur 2016 eineAusbildung zum Nationalpark-Ranger in denDonauauen, sondern startete schließlich 2017meine Masterarbeit bestens betreut von SilkeSchweiger, Christoph Plutzar und Günter Goll-mann - eine Computermodellierung und Feld-studie zur potenziellen Verbreitung derKroatischen Gebirgseidechse in Österreich.Ich hoffe, bereits jetzt durch verschiedene Pro-jektpräsentationen und mit dem baldigen Ab-schluss der Masterarbeit, etwas zur Kenntnisund zur Bekanntheit dieser spannenden Artbeizutragen.

Jede einzelne dieser und vieler ande-rer Begegnungen mit diesen wunderbar viel-fältigen und individuellen Lebewesen lässtmich erfreuen und staunen. Umso mehrschmerzt jeder Roadkill, jegliche Missstände,die Bedrohung durch den Chytridpilz, und vorallem der national und international voran-schreitende Lebensraumverlust. Da mir so-wohl der Artenschutz, die Forschung undFeldherpetologie, wie auch die Wissenschafts-vermittlung am Herzen liegen, hoffe ich auchinnerhalb und außerhalb der ÖGH kleine Bei-

träge zur Aufklärung und Vernetzung im Sinnedes Artenschutzes leisten zu können. Nach denletzten Veranstaltungs-Absagen aufgrund derCorona-Virus-Situation folgen nun hoffentlichbald wieder positive Mitteilungen. Langsamläuft das Exkursionsprogramm wieder an undeinem Herbst mit mehreren Veranstaltungensteht hoffentlich nichts mehr im Wege. Ichfreue mich schon auf ein persönliches Kennen-lernen oder Wiedersehen. Viel Vergnügenbeim Lesen dieser Ausgabe.

Ihre

Karin [email protected]

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Sehr geehrte Redaktion, liebe Leser!

Die Autoren des oben zitierten Ar-tikels haben sich der wichtigen und gewißnicht einfachen Aufgabe gestellt, für uns dasCITES-Artenschutzabkommen zu erläuternund uns seine Relevanz für Tierschutz und -haltung (wieder) ins Gedächtnis zu rufen.Dies ist um so mehr anzuerkennen, als dieMaterie für Nicht-Juristen keineswegs leichtverständlich ist und bei manchen vielleichtauch einen gewissen Beigeschmack vonübersteigerter Bürokratie oder gar staatlicherBevormundung erzeugen kann. Weiters be-mühen sich die Autoren unsere Aufmerk-samkeit auf einige Unstimmigkeiten indiesem Regelwerk zu lenken. Die angeführ-ten Kritikpunkte betreffen im Wesentlichendie folgenden Themen:

1. Unterschiedliche Relevanz der geschütztenHandelswaren – „Massen“produkte undselten gehandelte Raritäten werden vielfachvon gemeinsamen Bestimmungen betroffen.

2. Die Durchführung der (internationalen) Re-geln bleibt Sache der einzelnen Staaten.

3. Die für die Einstufung der Schutzwürdigkeitrelevanten Populationszahlen sind mituntermangelhaft.

4. Die taxonomische Identifikation mancherder betroffenen Arten ist nicht korrekt.

5. Inkonsistenzen bei der Beurteilung derSchutzwürdigkeit – möglicherweise zufolgenationaler Interessen.

Zu diesen weitgehend berechtigtenKritikpunkten später mehr. Der vorliegendeText soll jedoch nicht als Gegenpositionsondern als Ergänzung des o.a. Artikels die-nen. Zunächst soll versucht werden, einenkurzen, allgemeinen Überblick zur Vollzie-hung des CITES-Abkommens zu geben.Hierbei ist es nötig das herpetologisch rele-vante Spektrum an Handelswaren kurz zuüberschreiten. Der Handel mit geschützten

Tieren und Pflanzen nimmt den vierten Platzin den Handelssparten organisierter Krimina-lität ein (nach dem Handel mit Drogen, Mar-kenfälschungen und Menschenhandel) [1]. Esist deshalb keineswegs ein Randgruppenpro-blem, sondern ein wichtiges Element der Be-kämpfung von Terrorfinanzierung undSchattenwirtschaft. Genaue Zahlen sind für dieUmsätze in der „dark economy“ typischer-weise schwer anzugeben, das jährliche Volu-men wird aber auf mindestens 19 MilliardenUS-Dollar geschätzt. Begreiflicherweise wer-den solche Summen nicht im Handel mit Ter-rarianern erzielt. Die bei weitemwesentlichsten Absatzmärkte für geschützteTier- und Pflanzenarten und deren Produkteliegen in Asien, mit einigen afrikanischenStaaten als wichtigste Export- und/oder Tran-sitländer.

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Letter to the Editors zum Artikel „Das Washingtoner Artenschutzüberein-kommen: eine Einführung und Übersicht mit kritischen Kommentaren“

von G. EGRETZBERGER, R. GEMEL und P. PRASCHAGin ÖGH-Aktuell 54; 5-17 (2020).

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Beschlagnahmt: Erzeugnisse aus Reptilleder. Viele Pro-dukte wurden aus der Haut von geschützten Reptilienar-

ten gefertigt. Im Naturhistorischen Museum Wienwerden etliche beschlagnahmte Produkte aufbewahrt

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Als EU-Binnenstaat erfolgen inÖsterreich Beschlagnahmungen von CITES-re-levanten Gütern fast ausschließlich an den Zoll-abfertigungen der internationalen Flugplätze undbei Postverteilungszentren. Hat ein „Handels-gut“ die EU-Außengrenze einmal passiert, istdie Wahrscheinlichkeit bei einer allfälligen wei-teren Kontrolle entdeckt zu werden, sehr gering.

Es ist also die, z.B. als Reisemitbring-sel eingepackte Landschildkröte aus Griechen-land, nicht das vorrangige Ziel des Abkommens.Letztere gelangt nur in den seltensten Fällen inden Schutz der Staatsmacht, auch wenn – wievon den Autoren richtig angemerkt – die Gat-tung Testudo in der EU sogar strenger als imCITES-Abkommen geschützt wird. Gesetzefunktionieren eben leider nur, wenn sie vollzo-gen werden, auch wenn dies den rechtlichen Be-stimmungen gemäß natürlich der Fall seinmüsste.

Ein Überblick der in Österreich 2011-2017 beschlagnahmten Waren zeigt, dass le-bende Tiere, überwiegend Sittiche, Schildkrötenund Echsen, weniger als 15 % der Aufgriffe dar-stellen [1]. Die jeweiligen Stückzahlen schwan-

ken stark, ein Indiz dafür, dass es sich im We-sentlichen um Zufallstreffer handelt. Bedingtdurch die Kontrolltätigkeit an Flughäfen werdenReisemitbringsel deutlich häufiger konfisziertund in etwa gleichem Ausmaß Produkte die demKosmetik/Nahrungsmittel//Pseudomedizin-Be-reich zugeordnet werden können (Details dazuin [1]. An dieser Stelle soll auch erwähnt wer-den, dass der legale, also behördlich genehmigteHandel die durchschnittliche Gesamtzahl derAufgriffe regelmäßig übersteigt.

Zu den im Artikel von EGRETZBERGER,GEMEL und PRASCHAG genannten Kritikpunktenzu sehr ins Detail zu gehen, verbietet sich ausPlatzgründen. Dem Punkt 1 – das unterschiedli-che Handelsvolumen verschiedener geschützterGruppen und dem daraus resultierenden Bedarfnach angepassten Schutzmaßnahmen – kann nurzugestimmt werden. Allerdings findet eine Dif-ferenzierung im praktischen Vollzug der Gesetzenatürlich statt. Eine multinationale Aktion unterBeteiligung von INTERPOL, Geheimdienstenund Sondereinheiten der Polizei wird natürlichnicht zum Schutz der im Artikel erwähnten, letz-ten drei Jangtse-Riesenweichschildkröten erfor-derlich sein, wiewohl auch diese adäquat davor

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In der traditionellen Medizin hat Schlangenwein einen besonderen Stellenwert. Bei den Schlangen in den beschlag-nahmten Gläsern aus Vietnam handelt es sich jedoch nicht um Kobras, die im Anhang II gelistet sind, sondern um

harmlose Fischnattern der Gattung Xenochrophis, die mit Ausnahme von drei Arten aus Indien nach dem WA-Abkommen nicht gelistet sind. Die Gläser wurden trotzdem beschlagnahmt.

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bewahrt werden müssen, in der Suppe zu landen.Auch der 2. Einwand betreffend des Vollzugsinternationaler Verträge durch die beteiligtenEinzelstaaten trifft zu. Allerdings ist dies, so-lange keine allgemein anerkannte, internatio-nale Exekutive besteht, bei allenstaatenübergreifenden Maßnahmen der Fall.Organisationen wie INTERPOL undEUROPOL leisten Unterstützung, aber die Zu-griffe in den betreffenden Ländern bleiben An-gelegenheit der nationalen Behörden. Dassdies in Staaten mit etwas weniger ausgeprägterRechtssicherheit zu Problemen führt, ist leiderwahr. Trotzdem wird auf internationaler Ebeneso gut wie möglich versucht, durch Koopera-tion und Unterstützung auch problematischenStaaten bei der Einhaltung des Abkommens zuhelfen.

Die 3. und 4. kritische Anmerkungbetreffen beide die wissenschaftlichen Grund-lagen der Schutzwürdigkeit in quantitativer(Populationszahlen) und qualitativer (taxono-mische Identifikation) Hinsicht. Wieder ist bei-den Punkten zuzustimmen. Einschränkendmuss aber gesehen werden, dass die Erhebungbelastbarer Daten Spezialwissen und erhebli-chen Zeit- und Geldaufwand bedeutet. Res-sourcen also, die in manchen der relevantenStaaten nicht aufgebracht werden oder werdenkönnen. Auch hat zum Beispiel, eine mir per-sönlich bekannte Schildkröte im Laufe ihres(typischerweise langen) Lebens bereits dreimal die Gattung gewechselt (für Ineressierte:Pseudemys zu Chrysemys zu Trachemys). Ver-mutlich ist es auch von geringer praktischer

Bedeutung zu welcher Subspezies z.B. eineasiatische Kobra gehört, wenn sie schon beider ersten Sichtung unverzüglich im Schlan-genwein landet. Populationszahlen, sogarwenn sie richtig sind, geben möglicherweiseein zu beruhigendes Bild (vergl. [3]). Mittel-und besonders langfristig werden auch zu-nächst weniger seltene Tiergruppen durch ex-zessive Entnahme verschwinden (vergl. z.B.die Haifischflossensuppe-Problematik), die re-gelmäßige Hochstufung der Schutzwürdigkeitvieler Arten ist eine Folge davon..

Ähnliche Probleme bestehen für dieErfolgskontrolle von Schutzmaßnahmen. DieFrage ob eine geschützte Population sich er-holt, bedarf jahrelanger aufwändiger unddamit teurer wissenschaftlicher Begleitung.Eine Leistung die viele ökonomisch schwacheStaaten nicht erbringen (können).

Eine Anlass-Gesetzgebung beimSchutz mancher Gruppen – so der 5. genannteKritikpunkt – ist bei allen legistischen Maß-nahmen kaum zu vermeiden. Auch die Auf-nahme in internationale Schutzabkommenresultiert letztlich aus lokalen Initiativen unddamit der Meinungsbildung von Interessens-gruppen. Üblicherweise steht hier Naturschutzgegen ökonomische Interessen, es können abernoch viele andere regionale Motive wirken. Esdarf nicht vergessen werden, dass es sich beiCITES um ein internationales Handelsüberein-kommen handelt. Es steht – abgesehen voneinem gegebenenfalls bestehenden gewissenDruck durch die internationale

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Die Sandboa (Eryx jaculus) ist nach dem WA-Abkom-men im Anhang II gelistet, nach der EU Artenschutzver-ordnung im Anhang A, der strengsten Schutzkategorie.

Das abgebildete Tier stammt aus dem Arda-Flusstal,Ostrhodopen, Bulgarien

Gelistet als II (A), ist die Maurische Landschildkröte(Testudo graeca) ein weiteres Beispiel dafür, dass nachden EU-Richtlinien das WA-Abkommen noch strenger

ausgelegt wird. Das abgebildete Tier wurde im Mai 2015auf Samos fotografiert.

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Meinung/Presse – jedem Nationalstaat frei,seine natürlichen Ressourcen intern beliebigauszubeuten. Dies betrifft natürlich auch denBinnenhandel mit Nachzuchten für terraristi-sche Zwecke. Letzterer kann durch viele ver-schiedene nationale Bestimmungen beschränktsein (z.B. Gifttiere) aber eben nicht durchCITES da diese Regeln nur den internationalenWarenverkehr betreffen.

In einem weiteren Punkt ist den Au-toren des Artikels leider voll zuzustimmen:„dass in Wahrheit der Lebensraumschwund alsHauptursache für das Artensterben von wild-lebenden Pflanzen- und Tierarten gelten muss“ist unbestreitbar richtig. Ungeachtet des mo-mentanen Schutzstatus, kann es von keinemWildtier „genug“ geben, um dessen uneinge-schränkte Nutzung zu ermöglichen (einige Ar-thropoden vielleicht ausgenommen). Der imArtikel genannte Hustensaft aus Querzahn-molchen wird ohnedies bald durch die zahlrei-chen, nachweislich wirksamen Hustenmittelersetzt werden müssen, die nicht auf Amphi-bienbasis erzeugt werden. Derzeit verwendetca. ein Drittel der Weltbevölkerung „traditio-nelle asiatische Medizin“, auch bei uns mitsteigender Tendenz. Um das „Chi“ von Milli-arden zu kräftigen, werden Tonnen von See-pferdchen, die letzten Rhinozerosse, Tiger,

Pangolins etc., zu sinnlosen Zaubermittelchenverarbeitet. In Zukunft werden wahrscheinlichdie Reste der naturnahen Biotope zur Nah-rungsmittelproduktion verwendet werdenmüssen, auch wenn wir, wie häufig propagiert,auf Fleischprodukte verzichten und uns mitSoja und Palmöl begnügen. Um auch noch die12. oder 15. Milliarde an Menschen zu ernäh-ren, wird das CITES-Abkommen vermutlichseine Inhalte verlieren, da schlicht nichtsSchützenswertes mehr übrig bleibt.

Vielleicht ist aber bis dahin ein un-vollkommenes Regelwerk besser als keines.Mich persönlich überrascht es angesichts derhäufig erkennbaren Entscheidungsschwächevon multinationalen Organisationen, wie UNOund EU, dass ein so umfangreiches Abkom-men wie CITES überhaupt zu Stande gekom-men ist und meist, wenn auch nicht fehlerfrei,funktioniert. Dass gerade in Fragen des Arten-schutzes ein gewisser internationaler Konsensgefunden wurde und wird gibt zumindest An-lass zur Hoffnung. Gerade die an Tier- und Ar-tenschutz Interessierten sind aufgerufen an derVerbesserung der zweifellos bestehendenMängel mitzuwirken.

Hans [email protected]

ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

[1] DITRICH, H. (2020) http://91.82.159.234/index.php/bulletin/article/view/398 (engl.)https://www.bmi.gv.at/104/Wissenschaft_und_Forschung/SIAK-Journal/SIAK-Journal-Ausgaben/Jahr-gang_2019/start.aspx#a5 (dtsch.)

[2] PATEL, N. G. et al. (2015). Quantitative methods of identifying the key nodes in the illegal wildlife tradenetwork, PNAS (112), 7948-7953.

[3] COURCHAMP, F., JARIC, I., ALBERT, C., MEINARD, Y., RIPPLE, W. J., CHAPRON G. (2018). The paradoxicalextinction of the most charismatic animals. PLoS Biol 16 (4), 1-13.

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Stopfpräparate von Monokelkobras (Naja kaothia) in der „Asservatenkammer“ des Naturhistorischen Museums Wien.

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als auch über Wasser. Besonderen Namenmachte er sich mit der Herstellung und Präsen-tation von Filmen über die jeweiligen Amphi-bien bzw. Reptilien des Jahres, die er – wennmöglich – sowohl in Griechenland, als auch inÖsterreich filmte. In guter Erinnerung bleibenuns seine spektakulären Schilderungen überdas Filmen von Feuersalamandern mitten imWinter auf dem Bauch im Schnee liegendoder von minutenlangen Sequenzen von Mee-res- und Wasserschildkröten unter Wasser beikalten Wassertemperaturen. In stundenlangerakribischer Bearbeitung entstanden dadurchwichtige Filmdokumente, die das Leben derdokumentierten Arten dem Laien, aber auchdem Fachmann, näher brachten. Eric war sehrdaran interessiert, seine Filme einem mög-lichst breiten Publikum bei vielen Fachtagun-gen im In- und Ausland zu präsentieren.

Seinen letzten Film über den Berg-molch zeigte er noch am Molchlertag derÖGH im November 2019 und bei der Jahres-tagung im Jänner 2020 wurden noch Pläne fürgemeinsame Aktivitäten auf der Peloponnesim Sommer geschmiedet. Leider wird es dazunicht mehr kommen.

Eric Egerer wird uns als engagierterfachlich versierter Kollege und Freund in bes-ter Erinnerung bleiben. Mit seinen Filmen hater ein bleibendes Andenken hinterlassen.

Am 22.4.2020 erreichte uns die traurige undsehr überraschende Nachricht, dass EricEgerer an einer heimtückischen Krebser-krankung verstorben ist. Eric wurde am29.10.1939 in Mödling geboren. Aus seinerseit 1962 bestehende Ehe mit Heidi entstam-men zwei Söhne und eine Tochter.

Nach seinem Studium der Architek-tur legte er die Ziviltechnikerprüfung ab undleitete von 1968 bis 2004 ein Architekturbüroin Mödling, außerdem unterrichtete er von1968 bis 2000 Baukonstruktionslehre an derHöheren Technischen Lehranstalt in Mödling.Eric war viele Jahre im Umweltschutz aktiv (z.B. Ennsnahe Trasse, Freizeitpark in Ebreichs-dorf), etwa als Vorstandsmitglied des ForumsWissenschaft & Umwelt. Neben seinemHauptwohnsitz in Hinterbrühl im Wienerwalderwarb er im Jahr 2000 ein Haus in Kardamiliauf der Peloponnes in Griechenland.

Seit etwa 15 Jahren war Eric aktiv inder Österreichischen Gesellschaft für Herpe-tologie engagiert. Mehrere ÖGH-Kollegen undFreunde besuchten ihn in seiner Wahlheimatauf der Manihalbinsel in Griechenland. Dabeipräsentierte er sich als profunder Naturkennerund als fantastischer Gastgeber. In seinen na-turnah gestalteten Gärten konnte eine unglaub-liche Artenvielfalt beobachtet werden. Nebendem Apnoetauchen galt seine große Leiden-schaft dem Filmen. Eric konnte seine vielenInteressen perfekt kombinieren, indem er her-petologische Naturfilme drehte, sowohl unter Thomas BADER

[email protected]

Gerhard [email protected]

Johannes [email protected]

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Eric Egerer 2006, Peloponnes

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12 ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

No. Titel Jahr1 Tauchen im Mittelmeer vor 50 Jahren – Biodiversität im Kornatenarchipel 1959/2009*

2 Freitauchen im Mittelmeer vor 60 Jahren – Kornatenarchipel 1959/2009*

3 Angriff einer Würfelnatter im Ochridsee 1982

4 Mauereidechse zerlegt Hummel – Taygetos, Mai 2006 2006

5 Liebe der Peloponneseidechse, Podarcis peloponnesiacus - Kardamyli, Juni 2006 2006

6 Balkanzornnatter – die Hüterin der Quelle 2006

7 Die Griechische Landschildkröte – Paarung, Eiablage & Ausschlüpfen, Mai 2006 2006

8 Die Fortpflanzung der Griechischen Landschildkröte – Testudo hermanni 2006+2007

9 Lauerjagd der Würfelnattern – Kaiafa, Peloponnes 2007

10 Feuer auf der Peloponnes, August 2007 2007

11 Sumpfschildkröten & Wasserschlangen beim Jagen 2007

12 Die Riesensmaragdeidechse, die größte Eidechsenart Südosteuropas – Peloponnes, Juni 2007 2007

13 Die wilde Jagd der Wasserschlangen – Kaiafa 2007

14 Angriff der tödlichen Puffotter – Namibia 2008

15 Felsenagamen & Ovambo Baumskink in Namibia 2008

16 Sandboa, die winzige Riesenschlange 2008

17 Löwen erbeuten ein Zebra – Etoshapfanne, Januar 2008 2008

18 Webervögel bauen ihr Kugelnest - Namibia, Januar 2008 2008

19 Seltene Paarung in der Lagune – Würfelnattern paaren sich im Wasser, Kaiafa 2009

20 Der größte Skorpion Europas, Iurus dufoureius, frisst Heuschrecke 2009

21 Dice Snake - the Elusive Water Beauty – Würfelnatter "Reptil des Jahres 2009" 2009

22 Das Jahr des Teichmolches 2009

23 Aus dem Leben des Teichmolches – Das Wasserliebesleben 2010

24 Ein Korallenriff im Roten Meer k.A.

25 Die Korallenriffe im Roten Meer – Ras Mohamed Teil 1 k.A.

26 Das Korallenriff Rotes Meer Teil 2 2010

27 Das Korallenriff im Roten Meer bei Sinai Teil 3 2010

28 Das Lappenchamäleon frisst einen großen Käfer – Namibia, März 2010 2010

29 Die Paarung der Breitrandschildkröte, März 2010 2010

30 Junge Sumpfschildkröten fressen einen Schmetterling – Kaiafa 2010

31 Das Basiliskenchamaleon – Chamaeleo africanus - Peloponnes 2010

32 Skorpionmutter – die fürsorgliche Kannibalin, April 2010 2010

33 Pillendreher – Die wahren Endverbraucher, Mai 2010 2010

34 Balkan–Bachschildkröten im Bach bei Rizomylos, Juni 2010 2010

35 Die Mönchsrobbe – Das seltenste Säugetier Europas - Mittelmeer 2010

36 Das Jahr des Feuersalamanders 2010

37 Szenen aus dem Leben der Mauereidechse (Podarcis muralis) "Reptil des Jahres 2011" 2011

38 Meeresschildkröte frisst Oktopus – Rätselhafte Caretta 2012

39 Die Erdkröte (Bufo bufo) "Amphib des Jahres 2012" 2012

40 Meeresschildkröten und Mönchsrobben – Lebensvielfalt an der Küste der Peloponnes 2012+2013

41 Die wundersame Verwandlung der Singzikaden - Kardamyli 2013

42 Die große Raubheuschrecke, Saga hellenica – Der Leopard unter den Insekten 2015

43 Meeresschildkröten an den Küsten der Peloponnes 2016

44 Die Schildkrötenarten der Peloponnes, Juni 2016 2016

45 Blindschleichen und anderes Getier 2017

46 Der Dugong – Im Reiche von Seekuh und Suppenschildkröte 2015

47 Die Stimmen des Pantanal – Der brasilianische Urwald 2009

48 Bergmolch – Szenen aus dem Leben von Ichthyosaura alpestris 2019

* = Drehjahr/Veröffentlichung

Filmliste Eric Egerer

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Nach Ansicht des Autors gehört es zu den vordringlichsten Aufgaben jedes Generalse-kretärs einer Gesellschaft, die vereinsassoziierten Aktivitäten der Mitglieder zu kategorisierenund aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen zu strukturieren und zu archivieren. Damit wirdeine Systematisierung der vereinsassoziierten Tätigkeiten erreicht und es werden die medialenAkte geschaffen, welche die Bemühungen der Akteure dauerhaft nach außen wirksam werdenlassen. Im Kern geht es dabei um nichts anderes als um die Protokollierung der Fabrikation vonMedien, wobei unter Medien alle Funktionen kultureller Praktiken und Objekte zu verstehensind, die von Subjekten genutzt werden, um Informationen über das „Andere“ (die Alterität) zugewinnen oder an sie zu richten [07, S. 81]. In anderen Worten, Aufgabe des Generalsekretärsist es, alle Aktivitäten der Mitglieder einer Gesellschaft mit einem kulturellen Sinn zu versehen,um sie gesellschaftlich relevant und damit wirksam zu machen. Erst diese Zuweisung eines Sinnszu einem Tun macht das Tun sinnvoll und für die Gesellschaft nutzbar und damit kulturell wert-voll. Das Ausstatten der Aktivitäten der Mitglieder mit dem Sinn, der aus den Statuten hervorgeht,verleiht einer Gesellschaft ihre hermeneutische Existenzberechtigung. Die Rendite wird hier ver-standen als die anerkennende Deutung der Wirksamkeit einer wissenschaftlichen Gesellschaftim Fach, im gegenständlichen Fall also die Zuerkennung eines ehrenden Ranges innerhalb desKorps Herpetologischer Körperschaften [05]. Periodische Berichte, hauptsächlich Berichte überdas Geschäftsjahr, sind das unentbehrliche mediale Instrument zur Erfüllung dieser Obliegen-heit.

Im vorliegenden Aufsatz wird einerseits ein gegenüber den Darlegungen während der37. Generalversammlung (GV) korrigierter und konsolidierter Jahres-Rechenschaftsbericht prä-sentiert und dieser andererseits mit den Protokollen der 36., einer außerordentlichen, und der 37.ordentlichen GV verknüpft. Der Text gibt die wesentlichen Teile jener mündlichen, gleichwohlverbindlichen Erklärungen wieder, die während der Generalversammlung vom Generalsekretärund vom Schatzmeister abgegeben wurden. Es war ein in der 34. GV erklärtes Ziel des General-sekretärs, den simplen Bericht über das Vereinsjahr zu einem Jahresbulletin in eine einem Trans-parenzbericht ähnlichen Form zu transformieren [04]. Denn die Vorlage von periodischenTransparenzberichten ist gegenwärtig eine beinahe unabdingbare Voraussetzung für das Einwer-ben von Subventionen und Projektgeldern, die derzeit nur mehr Rechtspersonen zufließen, diederen effiziente und gesetzeskonforme Nutzung zeitnahe nachweisen können [06].

Zur Erfüllung des Bedürfnisses nach Vergleichbarkeit der Daen wurde vom Autor voreinigen Jahren ein komplexes System der Systematisierung unterschiedlichster Aktivitäten ent-

ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

Das Vereinsjahr 2019 der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie:Der Jahresbericht des Generalsekretärs und die Protokolle der 36. außer-

ordentlichen und der 37. ordentlichen Generalversammlung

Andreas R. HASSL

Das Jahr 2019 war das seit ihrer Gründung zweiterfolgreichste Jahr in der Geschichte derÖsterreichischen Gesellschaft für Herpetologie (ÖGH), gemessen an den Werten, derenSchöpfung statutengemäß in den Aufgabenbereich der Gesellschaft fällt. Der vorliegende,strukturierte Jahresbericht über die Aktivitäten der ÖGH dokumentiert, dass die Quantitätder Wertschöpfung trotz der einzigartigen Steigerung im Jahre 2018 auf einem beachtens-wert hohen Niveau gehalten werden konnte. Zurückzuführen ist dies auf eine Verdopplungder Anzahl von ÖGH-assoziierten Publikationen und auf eine nennenswerte Ausweitungdes Bereichs „unmittelbare Kommunikation mit Lehrcharakter“. Geschrumpft im Ver-gleich mit 2018 ist hingegen die Domäne Herpetologische Projekte. Formal anknüpfendan frühere Jahresberichte werden in diesem Aufsatz alle dokumentierten Aktivitäten derÖGH im Jahr 2019 vollständig und taxierend aufgelistet. Die in der 37. Generalversamm-lung präsentierte Darlegung liefert den Fundus an Fakten, die Datenquelle ist die aktuali-sierte, vom Autor geführte Liste der Aktivitäten der ÖGH.

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wickelt [01]. In den letzten Jahren wurde an einem Formular für den Jahresbericht gearbeitet, indas die Daten des aktuellen Jahres mehr oder minder rechnergestützt eingetragen werden können[03, 04]. Mit dem Jahresbericht 2018 wurden allerdings die Ansprüche derart umformuliert, sodassdie Präsentation jedes Mitglied zum Lesen des Textes anregen sollte und der Jahresbericht zudemauch als Quelle für Historiker dienen kann [06].

Formal wird deswegen gegenüber dem Vorjahresbericht wenig geändert. Die Datensätzegliedern sich in der überwiegenden Zahl der Einträge in folgende Felder, die durch das Zeichen„│“ getrennt sind: Ein durchgehender, hierarchisch gegliederter Zuordnungskode │ ein ÖGH-in-terner, eindeutig identifizierender Schlüssel│das Datum oder das Anfangs- und das Enddatum einerAktivität│ die ausführende(n) Person(en)│das Thema der Aktivität│der Ort│und, falls zweckmä-ßig, einige charakterisierende Zusatzangaben. Alle Personen werden immer pleno titulo genannt.Alle Angaben zu pekuniär messbaren Werten sind in € und mit einem retrospektiven Aufwertungs-faktor nach dem Verbraucherpreisindex mit der Basis 2019 berichtigt. In den Listen verwendeteAkronyme: BibHS: Bibliothek der Herpetologischen Sammlung; NHMW: Naturhistorisches Mu-seum Wien; aSt: akademische Stunden; Std: Stunden; Tn: Teilnehmer; vECTS: virtuelle „EuropeanCredit Transfer and Accumulation System“-Punkte; vIP: virtuelle Impaktpunkte; LG: Landesgruppe.

ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

1 Die Generalversammlungen zum Jahr 2019

1a Die 36. außerordentliche GV fand am 29.11.2019 um 15:00 in der Bibliothek der Her-petologischen Sammlung des Naturhistorischen Museums Wien statt. 14 ÖGH-Mitglieder nah-men teil, Gäste waren nicht anwesend. Einziger Tagesordnungspunkt war die Vorlage der umeinige Sätze und Worte erweiterten ÖGH-Statuten2019 zum Beschluss durch die GV. Die Mo-deration, die Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung und Durchführung und die Erläu-terung des Grundes für die Abhaltung übernahm der Generalsekretär. Der zustimmendeBeschluss erfolgte einstimmig. Die gegenüber den ÖGH-Statuten 2015 geänderten oder ergänz-ten Textteile sind untenstehend in roter Schrift aufgeführt:

§ 2 Zweck(2) Der Verein ist gemeinnützig iSd §§ 34-47 BAG tätig. Die Tätigkeit des Vereins ist nicht auf Gewinn ausgerichtet,ein Erwerbszweck ist daher aus dem Tätigkeitsbereich des Vereins ausgeschlossen. Materielle Mittel und Erträge dür-fen nur für die in dieser Satzung festgelegten Zwecke verwendet werden.

(3) Mitglieder erhalten vom Verein keine Entgelte, die Vorstandsmitglieder agieren ehrenamtlich und unentgeltlich.Weder eine physische noch eine juristische Person darf vom Verein Mittel für Ziele erhalten, die sich von denen desVereins unterscheiden oder die finanzielle Beständigkeit des Vereins gefährden.

§ 3 Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes(2) Als ideelle Mittel dienen:e) Die Initiative zu und die Mitwirkung an herpetologischen Forschungsvorhaben.f) Die Realisierung und die Unterstützung von angewandten Tier-, Arten-und Naturschutzprojekten.g) Die Erstellung von Gutachten und Expertisen.h) Die Förderung von Nachwuchsherpetologen durch leistungsorientierte Unterstützungen.(3) Materielle Mittel: Die pekuniären Mittel werden durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Vermächtnisse, Subventionen,Erträge von Veranstaltungen und sonstige Einkünfte aufgebracht. Weitere materielle Mittel, die dem Verein zufließenkönnen, sind Sach- und Datenspenden, Bibliotheksnachlässe und Printmedien.

§ 10 Die Generalversammlung(3) Sowohl zu den ordentlichen als auch zu den außerordentlichen Generalversammlungen sind alle Mitglieder min-destens 6 Wochen vor dem Termin textlich einzuladen.

§ 17 Auflösung des Vereines(3) Im Falle des Wegfalls des begünstigten Zweckes oder behördlicher Auflösung soll vorerst eine unverzügliche Wie-derherstellung des statuten- und gesetzesgemäßen gemeinnützigen Zustands angestrebt werden. Stellt der Vorstand dieUnmöglichkeit dieses Unterfangens fest, ist unter Beachtung der Statuten eine außerordentliche Generalversammlungeinzuberufen, die über eine Fortführung der Geschäftstätigkeit als nicht-gemeinnützige juristische Person, über einefreiwillige Auflösung sowie die Verteilung des Vermögens zu entscheiden hat.

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1b Die 37., ordentliche GV fand am Dienstag, den 03. März 2020 von 17:05 bis 18:15 inder Bibliothek der Herpetologischen Sammlung des Naturhistorischen Museums Wien statt. 24Mitglieder nahmen teil, ein Gast (Abendvortragender) war anwesend. Die Moderation der ge-samten GV übernahm der anfängliche Generalsekretär, der einleitend die Tagesordnungspunktevorstellte:

ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

I. Begrüßung durch den PräsidentenII. Transparenzbericht des GeneralsekretärsIII. Kassabericht und RechnungsabschlussIV. Bericht der RechnungsprüferV. Wahl des Vorstands für die Periode 2020 -2022VI. Anträge, Allfälliges & Anmerkungen zum Vereinsjahr 2019

Nach der I. Begrüßung der Teilnehmer durch den Präsidenten ANDREAS MA-LETZKY unterbreitete der Generalsekretär ANDREAS HASSL den II. Transparenzbericht.Dieser Bericht gliederte sich im Wesentlichen in drei Abschnitte, die den Themen Entwicklungenim Jahr 2019, die gewöhnlichen Aktivitäten der Gesellschaft, und Zusammenschau und Kom-mentare gewidmet waren. III. Kassabericht und Rechnungsabschluss: Der Geschäftsbericht2019 wurde vom Schatzmeister GEORG GASSNER vorgelegt und erläutert. Es gab dazu keinesachbezogenen Anmerkungen. IV. Der Bericht der Rechnungsprüfer: Die RechnungsprüferCORNELIA GABLER und FRANZ WIELAND stellten fest, dass nach gewissenhafter Prüfungder Einnahmen und der Ausgaben Unregelmäßigkeiten nicht aufgefunden wurden. V. Wahl desVorstands für die Periode 2020 -2022: Unter Berücksichtigung des Wunsches des bisherigenGeneralsekretärs nach Nichtverlängerung seines Mandates wurde von einem Teil des Vorstandsvor der GV ein konsensualer Wahlvorschlag erarbeitet. Dieser Vorschlag betraf die personelleZusammensetzung des ÖGH-Vorstands für die Periode 2020 - 2022 und lautete:

1. Präsident: ANDREAS MALETZKY2. Vizepräsidentin: SILKE SCHWEIGER3. Generalsekretärin: KARIN ERNST4. Schatzmeister: GEORG GASSNER 5. Schriftleiter Herpetozoa: GÜNTER GOLLMANN 6. Schriftleiter ÖGH-Aktuell: RICHARD GEMEL 7. Beirat Reptilien: THOMAS BADER 8. Beirat Amphibien: THOMAS WAMPULA 9. Beirat Terraristik: GERHARD EGRETZBERGER 10. Beirat Feldherpetologie: JOHANNES HILL 11. Beirätin Natur- & Artenschutz: MARIA SCHINDLER 12. Beirat Projektkoordination und Öffentlichkeitsarbeitsarbeit: CHRISTOPH RIEGLER

Unmittelbar nach der geheimen, schriftlichen Wahl wurden die Stimmen vom Gene-ralsekretär ausgezählt und die Zählung von den ÖGH-Mitgliedern CORNELIA GABLER undINGRID HASSL überprüft. 24 Stimmen waren gültig. Alle gewählten Personen haben ihre Wahlangenommen. Damit ist der Vorstand bis zur GV des Jahres 2022 gültig bestellt und alle gewähl-ten Personen übernahmen mit dem Ende der 37. GV ihre Funktionen. VI. Anträge und freieAnmerkungen zum Vereinsjahr 2019: Anträge zur Behandlung in der GV langten nicht ein.Auch protokollierte Bemerkung und Diskussionsbeiträge zur GV wurden nicht beigebracht.

Page 5: Nr. 55 Juli 2020 Bericht des Generalsekretärs …...Nr. 55 Juli 2020 P-ISSN 1605-9344, E-ISSN 1605-8208 Bericht des Generalsekretärs Grüner Sandläufer in Marokko Reptil des Jahres

16 ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

2 Entwicklungen im Jahr 2019

2.1 Im politischen Rahmen einer Neuformatierung von Umweltvereinen erfolgte eine An-passung der Aus¬richtung der ÖGH als ein am (ökonomischen) Ergebnis desinteressierterUmwelt- und (Erwachsenen-)Bildungsverein.

2.1a Mit dem Ziele der (erneuten) Anerkennung als Umweltverein wurde der ÖGH von derFinanzbehörde eine Statutenänderung abgenötigt. Die Statuten2019 sollen die – bisher be-denkenlos zuerkannte – Gemeinnützigkeit der ÖGH besser verankern, die die formale Vo-raussetzung für die Re-Zertifizierung der ÖGH als Umweltverein ist. Wie in Punkt 2.1dargetan forciert die Handhabung der gesetzlich verfügten Bestimmungen zur Gemeinnützigkeitdurch Laien-Funktionäre die politische und wirtschaftliche Indolenz der Vereine. Indes standzum Zeitpunkt der 37. GV die erneute Anerkennung der ÖGH als Umweltverein noch aus.

2.1b Eine der sich bereits im Jahresverlauf abzeichnenden Auswirkungen der Bestimmungenzur Gemeinnützig¬keit ist das Obsoletwerden der Etablierung einer planenden Kosten-Nut-zen-Analyse, die in den vergangenen Jahren eingeleitet wurde. Als Folge davon kam es zueiner Rückkehr zur anspruchslosen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ohne eine Bilanzer-stellung.

2.2 Am 08.04.2019 schloss die ÖGH, vertreten durch ANDREAS MALETZKY undGEORG GASSNER, ein „Publishing Services Agreement“, einen Vertrag zum Zwecke derOpen Access Publikation der Herpetozoa, mit Pensoft Publishers mit Sitz in Sofia, Bulgarien.Diese Förderung der Erzeugung von vereinsassoziierten Medien auf virtuellen Trägern wurdemit einer Erhöhung der Wirksamkeit innerhalb der Herpetologengemeinde begründet. Darausentspross dann folgerichtig die vollständige Abgrenzung der Herpetozoa als rein wissenschaftlichesOrgan von den anderen publizistischen Aktivitäten der ÖGH. Über die sonstigen Aktivitätenwurde ausschließlich in der ÖGH-Aktuell berichtet und diese somit mehr als bisher als jour-nalistisch aufbereitetes Vereins-Mitteilungsblatt etabliert.

2.3 Am 05.06.2019 wurde die ÖGH, vertreten durch GERHARD EGRETZBERGER,Mitglied beim Österreichischen Dachverband sachkundiger Tierhalter (ÖDAST) mit SitzWien.

2.4 Unverkennbar kam es 2019 zu einer verstärkten Regionalisierung der Gesellschaftsowie zu einer Deregulierung in den Substrukturen der ÖGH, insbesondere in der formalenGestaltung der Regionalgruppen. Im Jahresbericht anzuzeigen sind:

2.4a Die Gründung einer ÖGH-Landesgruppe Niederösterreich durch RONALD LINTNERam 10.12.2019 mit Sitz am Museum Niederösterreich, 3100 St. Pölten.

2.4b Die Gründung der ÖGH-Landesgruppe Burgenland durch BERND RASSINGER am10.12.2019 mit Sitz an der Naturschule Rabe; 7453 Steinberg-Dörfl.

3 gewöhnlichen Aktivitäten im Jahr 2019

3.1 Vorträge im Rahmen des Monatsprogramms

3.1.1│2019a002V│26.02.2019│Peter Praschag│Erhaltungszuchtstation „Turtle Island“ inGraz│BibHS des NHMW│0,13 vECTS; 23 Tn.

3.1.2│2019a009V│19.03.2019│Stephan Burgstaller│Der Feuersalamander im Wienerwald:Zwei Populationen unter Einfluss unterschiedlicher Habitateigenschaften│BibHS desNHMW│0,13 vECTS; ca. 20 Tn.

3.1.3│2019a010V│25.04.2019│Thilo Böck│Warane – Lebensweise und Haltung in menschlicher

17ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

Obhut│BibHS des NHMW│0,13 vECTS; 25 Tn.3.1.4│2019a011V│14.05.2019│Karin Ernst│Vom Suchen und Finden der Kroatischen Ge-

birgseidechse in Österreich│BibHS des NHMW│0,13 vECTS; 16 Tn.3.1.5│2019a012V│18.06.2019│Judith Janisch│Laguna del Tigre – Im Reich der Beulenkro-

kodile│BibHS des NHMW│0,13 vECTS; ca. 12 Tn.3.1.6│2019b025V│10.09.2019│Katharina Vesely, Denise Dick-Disacke│eDNA Untersuchungen

an ausgewählten Gewässern in Wien│BibHS des NHMW│0,13 vECTS; 21 Tn.3.1.7│2019b035V│16.10.2019│Georg Gassner│Führung hinter die Kulissen der Herpetologischen

Sammlung│BibHS des NHMW│0,13 vECTS.3.1.8│2019b036V│21.11.2019│Thomas Bader, Richard Kopeczky│Im Reich der Rotaugen-

laubfrösche│BibHS des NHMW│0,13 vECTS; 40 Tn.3.1.9│2019b037V│10.12.2019│Susanne Stückler│Französisch-Guyana abseits des Pfeilgift-

frosches Allobates femoralis│BibHS des NHMW│0,13 vECTS; 40 Tn.

3.2 Sonstige Veranstaltungen: Tagungen

3.2.1│2019a001T│18.01.2019 bis 20.01.2019│Silke Schweiger, Günther Wöss, Georg Gassner,Thomas Bader│30. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie│Vortragssaaldes NHMW│ÖGH: Veranstalter│1,38 vECTS; 168 Tn.

3.2.2│2019a004T│26.01.2019│Werner Kammel│5. Tagung der Österreichischen Gesellschaftfür Herpetologie – Landesgruppe Steiermark│Universalmuseum Joanneum│ÖGH: Patronat│0,28vECTS; 41 Tn.

3.2.3│2019a006T│02.03.2019│Andreas Maletzky│2. Klausur│BibHS des NHMW│ÖGH:Veranstalter│0,36 vECTS; 22 Tn.

3.2.4│2019b032T│21.09.2019│Richard Gemel│2. ÖGH-Reptilientag in den BlumengärtenHirschstetten│Glashaus beim Seerosenteich, Blumengärten Hirschstetten│ÖGH:Veranstalter│0,40 vECTS; 60 Tn.

3.2.5│2019b007T│09.11.2019│Thomas Wampula, Florian Glaser, Christian Proy│Die Schön-brunner Amphibientage der ÖGH: 19. Molchlertag│Tiergarten Schönbrunn, Elefantensaal│ÖGH:Veranstalter│0,30 vECTS; 89 Tn.

3.2.6│2019b008T│10.11.2019│Thomas Wampula, Florian Glaser, Christian Proy│Die Schön-brunner Amphibientage der ÖGH: 4. Froschlertag│Tiergarten Schönbrunn, Elefantensaal│ÖGH:Veranstalter│0,31 vECTS; 78 Tn.

3.2.7│2019b038T│23.11.2019 bis 24.11.2019│Andreas Maletzky│Internationale Fachtagungzum Lurch des Jahres Bergmolch│Schlossmuseum in Linz an der Donau, Festsaal│ÖGH:Co-Veranstalter in Zusammenarbeit mit der AG Feldherpetologie und Artenschutz derDGHT│0,78 vECTS; 63 Tn.

3.3 Sonstige Veranstaltungen: Exkursionen3.3.1│2019a019E│13.04.2019│Günter Gollmann, Andrea Waringer-Löschenkohl│Exkursion

zum Lurch des Jahres│Hanslteich│Wien│6 ExkStd; 16 Tn.3.3.2│2019a020E│01.05.2019│Werner Kammel; ÖGH LG Steiermark gemeinsam mit Repti-

lien- und Amphibienverein Steiermark│Eintägige Exkursion nach Bad Gleichenberg│BadGleichenberg│Steiermark│3 ExkStd; 15 Tn.

3.3.3│2019a021E│01.05.2019 bis 04.05.2019│Thomas Bader, Johannes Hill│Exkursion nachDalmatien│Kroatien│Kroatien│20 ExkStd; 14 Tn.

18 ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

3.3.4│2019a022E│04.05.2019│Werner Krupitz; gemeinsam mit HerpAG Salzburg│Kreuzot-tern-Exkursion zum Seewaldsee bei St. Koloman│Seewaldsee/St. Koloman│Salzburg│6ExkStd; 5 Tn.

3.3.5│2019a026E│11.05.2019 bis 12.05.2019│Peter Kaufmann; gemeinsam mit HerpAG Salz-burg│Erster Salzburger Herpathon - 24 Stunden Kartierungswettbe¬werb│Salz-burg│Salzburg│16 ExkStd; 18 Tn.

3.3.6│2019a005E│16.05.2019 bis 19.05.2019│Werner Kammel; ÖGH LG Steiermark│Exkursionauf die Insel Krk│Krk/Kroatien│Kroatien│24 ExkStd; 15 Tn.

3.3.7│2019a027E│25.05.2019│Andreas Maletzky│Länderübergreifende Exkursion der ÖGHund der HerpAG zum Lurch des Jahres: Bergmolch am Ameisensee in Abtenau│Ameisen-see/Abtenau│Salzburg│8 ExkStd; 9 Tn.

3.3.8│2019a028E│09.06.2019│Susanne Stückler, Silke Schweiger, Ria Sonnleitner│Amphibienund Reptilien der Waldviertler Moorlandschaft│Schrems│Niederösterreich│7 ExkStd; 15Tn.

3.4 Sonstige Veranstaltungen: Nicht-Klassifiziertes

3.4.1│2019a014D│15.06.2019│Thomas Wampula, Richard Kopeczky, Christina Kopeczky,Silke Schweiger, Georg Gassner, Stephan Burgstaller, Christoph Leeb│Mitarbeit auf einemStand am Tag der Artenvielfalt│Veranstalter: Biosphärenpark Wienerwald Management│Press-baum│0,40 vECTS.

3.4.2│2019a024D│04.10.2019│Werner Kammel│Schlangenfest│ÖGH: Patronat│Krone Center,8010 Graz│0,24 vECTS.

3.4.3│2019b031D│21.12.2019│DGHT mit einem Beitrag von Rudolf Klepsch und SilkeSchweiger│Die Zauneidechse - Reptil des Jahres 2020│Salzhemmendorf │0,30 vIP.

3.5 Wissenschaftliche und Monitoring Projekte

3.5.1│2015x029P│01.01.2019 bis 31.12.2019│ÖGH, vertreten durch Thomas Bader│Monitoringund Befundung der Schottergrube Breitenau│Breitenau/NÖ.

3.5.2│2019a013P│08.01.2019 bis 15.12.2019│ÖGH LG Stmk, vertreten durch WernerKammel│Bestandsaufnahmen der Kreuzotter in und um den Naturpark „Pöllauer Tal" sowieim angrenzenden Steirischen Joglland│Steiermark.

3.5.3│2018a042P│01.01.2019 bis 31.12.2019│Werner Kammel│ABT13-56L-303/2018-1: Er-gänzende Kartierungen FFH-relevanter Herpetozoa der alpinen Zone in der Steiermark│Stei-ermark.

3.6 Der Österreichische Forschungsfonds für Herpetologie (ÖFFH)

3.6.1│2018b041D│20.01.2019│Schönbrunner Tiergarten Ges. m.b.H. gemeinsam mit derÖGH│Dritte Vergabe des ÖFFH an Camilo Rodriguez, Virginie Canoine, Walter Hödl /Sonia Pérez Arias, Silke Schweiger, Doris Preininger, Elisabeth Haring│Vortragssaal desNHMW.

3.7 Die ÖGH als Herausgeber von Periodika

3.7.1│2019a033H│28.02.2019│Heinz Grillitsch│Herpetozoa 31 (3/4)│Wien│1,456 vIP, ISSN1013-4425.

3.7.2│2019b030H│13.05.2019│Günter Gollmann│Herpetozoa 32│Sofia│1,736 vIP, ISSN2682–955X.

3.7.3│2019a034H│15.03.2019│Mario Schweiger│ÖGH-Aktuell 50│Wien│0,107 vIP, P-ISSN1605-9344; E-ISSN 1605-8208.

19ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

3.7.4│2019a016H│30.06.2019│Mario Schweiger, Richard Gemel│ÖGH-Aktuell 51│Wien│0,180vIP, P-ISSN 1605-9344; E-ISSN 1605-8208.

3.7.5│2019b039H│10.10.2019│Mario Schweiger, Richard Gemel│ÖGH-Aktuell 52│Wien│0,136vIP, P-ISSN 1605-9344; E-ISSN 1605-8208.

3.7.6│2019b040H│15.12.2019│Günther Wöss, Silke Schweiger, Georg Gassner, Josef Muh-sil-Schamall, Susanne Stückler│ÖGH-Aktuell 53 (Programm Jahrestagung 2020)│Wien│0,002vIP, P-ISSN 1605-9344; E-ISSN 1605-8208.

3.8 Publikationen, deren Entstehen von der ÖGH angeregt, organisatorisch ermöglichtoder pekuniär unterstützt wurde:

3.8.1 Schweiger M. (2004-2019): www.vipersgarden.at.3.8.2 Schweiger M. (2009-2019): www.fieldherping.eu.3.8.3 Gemel R. (2019): Exkursion zum Lurch des Jahres in Wien. ÖGH-Aktuell 51: 5-7.3.8.4 Gemel R., Gassner G. (2019): Rückblick auf die 30. ÖGH-Jahrestagung, 18. bis 20.

Jänner 2019. ÖGH-Aktuell 50: 29-30.3.8.5 Gollmann G. (2019): Die Metamorphose der Herpetozoa. ÖGH-Aktuell 51: 29-30.3.8.6 Hassl A. (2019): Das Vereinsjahr 2018 der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie:

Der Jahresbericht des Generalsekretärs und das Protokoll der 35. Generalversammlung.ÖGH-Aktuell 51: 34-39.

3.8.7 Hill J. (2019): Mario Schweiger - ÖGH Vorstandsmitglied 2002 bis 2019. ÖGH-Aktuell 51: 33.

3.8.8 Kammel W. (2019): Eintägige Exkursion zum Trass-Steinbruch bei Bad Gleichenberg.ÖGH-Aktuell 52: 19-21.

3.8.9 Kammel W. (2019): Exkursionen der ÖGH-Landesgruppe Steiermark: Exkursion nachKrk. ÖGH-Aktuell 52: 22-27.

3.8.10 Kopetzky R., Kopetzky Ch. (2019): Tag der Artenvielfalt. ÖGH-Aktuell 52: 48-49.3.8.11 Maletzky A. (2019): Zum Ameisensee: eine fast länderübergreifende Exkursion der

ÖGH und der HerpAg zum Lurch des Jahres 2019. ÖGH-Aktuell 52: 32-39.3.8.12 Praschag P., Lamprecht J. (2019): „Turtle Island“ - Erhaltungszucht und Forschungsstation

für Schildkröten. ÖGH-Aktuell 52: 43-47.3.8.13 Schweiger S. (2019): Ein leiser Wechsel . . . ÖGH-Aktuell 51: 31-32.3.8.14 Stangl W. (2019): Projekt "Schutz der steirischen Hornotter". ÖGH-Aktuell 52: 15-18.3.8.15 Stückler S. (2019): Exkursion in die Waldviertler-Moorlandschaft. ÖGH-Aktuell 52:

28-31.3.8.16 Wampula T. (2019): Rückblick auf die ÖGH-Amphibientage 2018. ÖGH-Aktuell 51:

27-29.3.8.17 Wieland F., Gemel R. (2019): ÖGH-Reptilientag - Entstehung und Realisierung. ÖGH-

Aktuell 50: 19-23.3.8.18 Klepsch R., S. Schweiger (2019): Die Zauneidechse in Österreich. In: DGHT (Hrsg):

Die Zauneidechse - Reptil des Jahres 2020. DGHT Aktionsbroschüre: 36-37. ISBN: 978-3-945043-28-8.

Page 6: Nr. 55 Juli 2020 Bericht des Generalsekretärs …...Nr. 55 Juli 2020 P-ISSN 1605-9344, E-ISSN 1605-8208 Bericht des Generalsekretärs Grüner Sandläufer in Marokko Reptil des Jahres

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4 Zusammenschau und Kommentar4.1 Tabellarische Darstellung der Aktivitäten

Zum Zwecke der einfacheren Vergleichbarkeit werden die wichtigsten Datenpunkteder Aktivitäten der ÖGH in Form einer Tabelle der Daten der letzten zehn Jahre dargestellt. Indieser Form kann auch, ohne an Übersichtlichkeit zu verlieren, eine Aktualisierung der vIP-Werte und der Wertschöpfung erfolgen. Eine Nachjustierung und eine gelegentliche Korrekturbereits veröffentlichter Werte sind unumgänglich, da ein über die Jahre sich erstreckender Zu-gewinn an Kenntnissen von Publikationen systemimmanent ist [03] und vormals die Berichts-zeiträume uneinheitlich waren [02].

4.2 Die Wertschöpfung 2019Die grundsätzliche Verfahrensweise zur Berechnung der Wertschöpfung, die die ÖGH

durch ihre Aktivitäten erzielt, wurden in den Annalen „Drei Dekaden ÖGH“ dargelegt [01]. ImSinne einer Transparenz des Ressourcenverbrauchs, die die Öffentlichkeit von einer gemein-nützigen, mit öffentlichen Geldern unterstützten Gesellschaft erwarten darf, ist eine periodischgegliederte Darlegung der Wertschöpfung eine unerlässliche Verpflichtung des Vorstandes. DieWerte unterliegen aus den gleichen Gründen wie oben erläutert einer retrospektiven Korrektur,insbesondere betraf eine solche die Daten der Kategorie „vIP“. Methodisch wurde kaum etwasgeändert, die Berechnung der Daten erfolgte nach den bisherigen Kriterien, nur der Faktor fürdie Herausgabe und Produktion der Herpetozoa musste mit der Umstellung auf ein E-Journalangepasst werden. Der Abbildung 1 können die Wertschöpfungen der letzten zehn Jahre ent-nommen werden.

Abbildung 1: Die Wertschöpfung, diedurch die Aktivitäten der ÖGH erarbei-tet wurde, in T EURO, strukturiert nachden Kalenderjahren und mit einer poly-nomischen Trendlinie mit dem Be-stimmtheitsmaß R2=0,9203 versehen(Graphik: A. HASSL)

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4.3 Zwiespältige Entwicklungen im GeschäftsjahrBereits im Vorjahresbericht wurde von der Diskussion im Vorstand über die Vor- und

Nachteile einer Umstellung der Herpetozoa auf ein online erscheinendes Open-Access-Journalmit finanzieller Beteiligung der Autoren berichtet [05]. Ab der Ausgabe von Herpetozoa 32 imSommer 2019 erfolgte diese Umstellung, die von einigen Mitgliedern dann wegen des Fehlensder Aussendung eines physischen Heftes bemerkt wurde. Online publizierte Open-Access-Zeit-schriften liegen im dem Zeitgeist entsprechenden Trend des Wissenschaftsbetriebs. Im Zusam-menhang mit der Zunahme der Zahl der Emissionen solcher Zeitschriften wurde vonAutorenverbänden auch deren Nachteile diskutiert, etwa die daraus resultierende Konstitutionvon Eliten von Wissensproduzenten und die Ausgrenzung der nicht-mehr-diskursberechtigten,nur konsumierenden Leser. Unbestreitbar sind die Vorteile einer online-Veröffentlichung für diegenormte Paper-Generierung in professionellen, zumeist gewerblichen Forschungsanstalten.Durch die Formatierung der Herpetozoa als Open-Access-Journal unterstützt die ÖGH allerdingsuneigennützig die professionelle herpetologische Forschung.

Einer Erwähnung wert ist die vorjährige Tendenz zur Generierung eines „selbstver-zwergenden“ Diskurses über den Charakter der ÖGH als historisches Subjekt. Etwa ergabensich für die nach außen vertretenden Funktionäre Widrigkeiten bei der rechtzeitigen Re-Zertifi-zierung der ÖGH als Umweltorganisation. Dabei ist ihr Engagement im Arten- und Naturschutzein wesentliches und Image-wirksames Standbein der Gesellschaft. Auch das Unvermögen, lau-fend Tantiemen aus der eigenen Literaturproduktion und Zuschüsse für diese zu akquirieren,war dem Prestige der ÖGH wenig dienlich. In den letzten Jahren wurde vielmehr vom Vorstandein im Selbstverständnis begründetes Image der ÖGH als gemeinnütziger, fachkompetenter An-sprech- und Projektpartner geschaffen. Dieses Image konnte auch erfolgreich medial breit be-kanntgemacht werden, wie beispielsweise in den letzten Jahresberichten dokumentiert wurde.

Mag bei manchen medialen Interaktionen Understatement edelmütig und Bescheiden-heit eine Zier sein, so ist für einen abwägenden Beobachter in diesen Akten ein gewisses Quan-tum an Fehleinschätzung im Sinne der Zielsetzungen der ÖGH offenkundig. Der Generalsekretärkonstatiert, dass es für ihn dadurch schwieriger wurde, gesellschaftliche Wirksamkeit aus demSchaffen der ÖGH zu erzeugen. Damit wird die primäre Aufgabe eines Generalsekretärs er-schwert, weil sein Bemühen, eine gesellschaftliche Wirksamkeit zu erzeugen, behindert wird.Und nach Meinung des Autors macht sich eine Tendenz bemerkbar, die von den Gründungsmit-gliedern 1984 bei der Konstituierung konsensual geschaffene, gesellschaftliche Intention derÖGH zu unterlaufen.

Literatur:

[01] HASSL A. (2015): Drei Dekaden ÖGH: Annalen der Jahre 1984 - 2014. ÖGH-Aktuell 39: 72 pp.[02] HASSL A. (2016): Die Vereinsjahre 2014 und 2015: Bericht des ÖGH-Generalsekretärs. ÖGH-Aktuell

42: 7-11.[03] HASSL A. (2017): Das Vereinsjahr 2016 der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie: Bericht

des Generalsekretärs aus Anlass der 33. Generalversammlung. ÖGH-Aktuell: 44: 27-31.[04] HASSL A. (2018): Das Vereinsjahr 2017 der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie: Der Jah-

resbericht des Generalskretärs und das Protokoll der 34. Generalversammlung. ÖGH-Aktuell 47: 10-15.[05] HASSL A. (2018): Zur Geschichte der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie: Ein Up-date

2018. In: Bischoff W. (edt): Die Geschichte der Herpetologie und Terrarienkunde im deutschsprachigenRaum - II. mertensiella 27: 107-112.

[06] HASSL A [2019]: Das Vereinsjahr 2018 der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie: Der Jah-resbericht des Generalsekretärs und das Protokoll der 35. Generalversammlung. ÖGH-Aktuell 51: 34-39.

[07] TSCHIGGERL M., WALACH T., ZAHLMANN S. [2019]: Geschichtstheorie. Springer VS, Wiesbaden, 156 pp.

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In Österreich besiedelt die Zauneidechse(Lacerta a. agilis) mit Ausnahme der hoch-alpinen Lagen die Großlandschaften allerBundesländer. Sie kommt von der Ebene bisin Höhenlagen von 1.700 m vor, Verbrei-tungsschwerpunkte finden sich in tieferenLagen unter 500 m. Ihr Verbreitungsgebietstößt im westlichen Österreich an seine süd-liche Arealgrenze, ansonsten schließen dieösterreichischen Bestände an Vorkommenin den Nachbarländern an. Die Zaunei-dechse stellt neben der Wald– oder Bergei-dechse (Zootoca vivipara) die in Österreichhäufigste und am weitesten verbreitete Ei-dechsenart dar. Ihr deutscher Name lässtsich durch ihre Vorliebe für Grenzstruktu-ren erklären, welche oftmals einen höherenStrukturreichtum als die Umgebung auf-weisen.

Vor allem in den pannonisch beein-flussten, östlichen Landesteilen, sowie denwärmebegünstigten Regionen des nördlichenAlpenvorlandes finden sich gute Bestände.Auch in vielen Flusstälern wie z. B. dem Salz-achtal (Bundesland Salzburg) ist die Art stel-

lenweise in größeren Dichten anzutreffen. Dierotrückige („erythronotus“) Variante tritt ge-häuft in den östlichen Bundesländern auf. DieWestgrenze des Verbreitungsareals dieserFarbmorphe in Mitteleuropa erstreckt sichunter anderem bis ins östliche Tirol.

Als Habitat benötigt die Zaunei-dechse eine reichhaltig strukturierte Umge-bung. Die meisten Beobachtungen inÖsterreich erfolgen an Waldrändern, auf Bö-schungen, auf Ruderalfluren und im Grünland.Weiters findet man die Art häufig im Bereichvon Abbaugebieten und an Dämmen sowie inWeinanbauflächen und naturnah gestaltetenGärten. Der Lebensraum ist durch eine starkentwickelte Krautschicht und fehlende bismäßig entwickelte Strauch- und Baumvegeta-tion charakterisiert.

Bemerkenswert sind die seltenen, zu-meist kleinräumigen, syntopen Vorkommenmit der Östlichen Smaragdeidechse (Lacertaviridis) z. B. in Wien, Niederösterreich und imBurgenland, wobei die Zauneidechse eher dieweniger warmen und feuchteren Randbereiche

Reptil des Jahres 2020 Die Zauneidechse in Österreich

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der Smaragdeidechsenhabitate besiedelt. Diemanchmal in anderen Ländern beschriebenenVerdrängungseffekte durch eingeschleppteMauereidechsen sind in Österreich bislangnoch wenig erforscht.

In der Roten Liste Österreichs wirddie Art unter „near threatened“ (Gefährdungdroht) eingestuft.Trotz ihrer weiten Verbrei-tung und der Tatsache, dass die Zauneidechsevielerorts die häufigste Reptilienart darstellt,werden gebietsweise starke Rückgänge derBestände beobachtet. Gründe hierfür sind bei-spielsweise Abtragung von Schotterkörpern

stillgelegter Bahnlinien, Umwandlung vonMagerrasen in Intensivgrünland oder Acker-flächen, Verbuschung nach Einstellung exten-siver Mahd oder Beweidung, Flurbereinigungund der Biozideinsatz in der intensiven Land-wirtschaft.

Durch das Abtragen von Erd- undSteinhaufen, das Entfernen von Hecken undbuschreichen Waldsäumen und die „Sanie-rung“ von Ruderalflächen, können kleineZauneidechsenbestände oft zum Verschwindengebracht werden. Während die Bestände derArt in einigen Gebieten wie beispielsweise den

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adultes Weibchen der Zauneidechse (Lacerta agilis)

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Donauauen östlich und westlich von Wien re-lativ stabil zu sein scheinen, sind etwa in Tei-len des Weinviertels (Niederösterreich) starkeBestandsrückgänge zu verzeichnen. Im Sied-lungsbereich stellen insbesondere freilaufendeHauskatzen eine große Bedrohung für Zaunei-dechsenbestände dar. Auch bislang nur zu ver-mutende, andere Faktoren wie der während derletzten 20 Jahre stark angestiegene Stickstof-feintrag aus der Luft und aus landwirtschaftli-chen Flächen oder gezielte Aufforstungen vonHabitaten, können einen Beitrag zum Ver-schwinden der Art leisten. Offene und be-sonnte Flächen gehen zunehmend verloren,was durch das Fehlen geeigneter Eiablage-plätze eine erfolgreiche Reproduktion verhin-dert.

Im Folgenden möchte ich auf einepersönliche Beobachtung eingehen, um Ge-fährdungsursachen und dadurch bedingtestarke Bestandsrückgänge zu veranschauli-chen. Zu meiner Zeit als Kind beziehungs-weise Jugendlicher existierte in meinerHeimatgemeinde Kaprun (Bundesland Salz-burg) ein individuenreiches Zauneidechsen-vorkommen an einer stillgelegtenBahnstrecke. Übergangsbereiche des Schotter-körpers zu krautig/grasiger, teilweise mit klei-neren Buschgruppen durchsetzter Vegetationboten zusätzlich auch der Bergeidechse einengünstigen Lebensraum. Zudem befand sichhier ein bedeutender Paarungsplatz der Ringel-natter mit auffällig vielen melanistischen bzw.teilmelanistischen Individuen. In einer Le-bensphase, in der ich selten in Kaprun weilte,wurde der gesamte Schotterkörper abgetragenund stattdessen ein zum Teil asphaltierter Wan-derweg errichtet. Resultat dieser Maßnahmewar ein gravierender Einbruch der Reptilien-populationen und ein fast völliges Verschwin-den der Zauneidechse aus diesem Gebiet, dadie umgebenden, strukturarmen Fettwiesenkeinen geeigneten Ersatzlebensraum boten.

Hier zeigt sich klar, dass auch eine „Aller-weltsart“ wie die Zauneidechse den Verlust ge-eigneter Lebensraumstrukturen oftmals nichtkompensieren kann.

Zum Schluss möchte ich noch auf einProjekt über den Erhaltungszustand der Zaun-eidechse in Wien verweisen, das von meinemKollegen Johannes HILL und mir im Auftragder Wiener Umweltschutzabteilung – Magis-tratsabteilung 22 in den Jahren 2015 und 2016durchgeführt wurde. Im Rahmen dieser Arbeitwurden 21 Transekte in über ganz Wien aus-gewählten Flächen begangen, die gezählten In-dividuen protokolliert und der Lebensraumanhand biotischer Parameter bewertet. Es er-folgte außerdem eine Klassifizierung der Le-bensraum- und Biotoptypen laut WienerNaturschutzverordnung. Die Zauneidechse istnach der vorliegenden Untersuchung und derDatenlage in der Herpetofaunistischen Daten-bank des Naturhistorischen Museums Wieneine weit verbreitet Art im Wiener Stadtgebiet.Naturnah gestaltete Gärten bzw. Schrebergär-ten sowie Friedhofsareale wie der Wiener Zen-tralfriedhof bieten der Art nötigeRückzugsgebiete.

Die Wiesenlandschaften des LainzerTiergartens und die vom Forstamt Wien (MA49) verwalteten Bereiche (Wiesen, Waldrän-der, Kahlschlagflächen) stellen wichtige Le-bensräume dar. Individuenreiche Beständeexistieren beispielsweise im Areal des ehema-ligen Bahnhofs Breitenlee bzw. angrenzend imBereich der U-Bahn Station Aspern Nord, imSüdteil der Donauinsel, im Bereich des Hoch-wasserdammes in der Lobau, im KuchelauerHafen sowie am Marchfeldkanal in Stammers-dorf. An sämtlichen anderen Standorten wurdedie Zauneidechse aber nur mehr in geringenIndividuendichten (1-5 Exemplare) festge-stellt. In vielen Bereichen kam es während derletzten Jahre zu einem starken Bestandsrück-

Lebensraum in Breitenlee, 22. Bezirk Wien Lebensraum im Nationalpark Donau-Auen Niederösterreich

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gang. So gelangen im Zuge der Erhebungenbeispielsweise keine Nachweise mehr am Wie-nerberggelände, am Goldberg, in weiten Teilendes Bisamberges, im Pötzleinsdorfer Park undim Laaer Wald. Aus dem Prater ist die Art seitden 90er Jahren verschwunden. Die Zaunei-dechse besiedelt in Wien vorzugsweise Rude-ralflächen, Hochwasserdämme (AlbernerHafen, Lobau), Bahngleisanlagen (Breitenlee,Aspern), Böschungen an Gewässern (Kuche-lauer Hafen, Marchfeldkanal) und (ehemalige)Abbaugebiete (Donaustadt, Stammersdorf).Wichtig ist ein hohes Angebot an Versteck-möglichkeiten (z. B. Totholzhaufen) sowie dasVorhandensein von offenen, besonnten sowiegut grabbaren Stellen zur Eiablage. Gebiets-weise werden auch Weinbaulandschaften be-siedelt (z. B. Salmannsdorf, Bisamberg),allerdings fehlt sie aufgrund des Konkurrenz-druckes durch die Smaragdeidechse weitest-gehend am Kahlen- und Leopoldsberg. DieGründe für den Bestandsrückgang sind stand-ortspezifisch unterschiedlich und in vielen Fäl-len auch nur zu vermuten. Neben derzunehmenden Verbauung und direkten Zerstö-rung von Habitaten, sind als weitere Gründeder Prädationsdruck durch Krähen und freilau-

fende Katzen sowie die Störung durch Hundeund Besucher zu nennen. Aufgrund der an denTransekten erhobenen Daten wird der Erhal-tungszustand der Zauneidechse in Wien mit„B“ (mittlerer Bereich) eingestuft. Die obengenannten Entwicklungen werden vermutlichin nächster Zeit bestehen bleiben und daher istvon einer Verschlechterung der Habitat- undBestandssituation auszugehen. Damit muss einnegativer Trend in der Bestandsentwicklungder Zauneidechse angenommen werden.

Nach einem am 27. Mai 2020 im On-line-STANDARD erschienenen Aufruf kam esan diesem und am nächsten Tag zu einer wah-ren Flut von Zauneidechsen-Meldungen aufder Meldeplattform www.herpetofauna.at: Aussechs Bundesländern gingen am 27. und 28.Mai insgesamt 31 Sichtungen ein, hinzukamen noch einzelne Meldungen an die Her-petofaunistische Datenbank im NHM. ZumVergleich: Von 2010 bis 2014 wurden proJahr(!) durchschnittlich 37 Artbeobachtungenauf der Website eingegeben. Das gibt Anlasszur Hoffnung, dass diese Art auch weiterhin anvielen Plätzen Österreichs beobachtet werdenkann.

Rudolf [email protected]

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Lebensraum im Nationalpark Kalkalpen Oberösterreich.

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Mit seiner einzigartigen Natur und dengroßartigen Landschaften ist Marokko seitje her ein Traumland für viele Reisende.Für Herpetologen stellt es ein Eldorado darund Generationen von Forschern und Lieb-habern fühlten sich von dem Land magischangezogen. Auch ich gehörte zu jenen, diesich diesem besonderen Ort nicht entziehenkonnte und unternahm in der Vergangen-heit mehrere Reisen in dieses Land. Mit fol-genden Zeilen möchte ich an WernerMAYER erinnern, der im August vor fünfJahren von uns gegangen ist.

Die Reise nach Marokko imApril/Mai 2010 war unsere letzte gemeinsameExkursion und erscheint wert, hier noch ein-mal in Erinnerung gerufen zu werden. WernerMAYER hat mit seinem eindrucksvollen Wis-sen bei uns allen Spuren hinterlassen, hat uns

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Werner erwartet sein erstes marokkanisches Essen.

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unermüdlich aufgeklärt und stets Antwortenauf unsere Fragen gewusst. Mit seiner Teil-nahme hat er der Reise ein besonderes Ge-präge gegeben. Wollte er offene Fragen klären,so scheute er keine Mühen und hielt beharrlichdaran fest, bis sie geklärt waren. Wer Wernerkannte, wusste, dass Echte Eidechsen (Lacer-tidae) das bevorzugte Ziel während der herpe-tologischen Ausflüge sein würden, aberWerner’s und auch mein Interesse galt ebensoden anderen Lurchen und Kriechtieren, Vö-geln und Orchideen, wie überhaupt der Floraund Fauna im Allgemeinen.

Wir starteten in Salzburg am 1. April2010 und fuhren über Deutschland, dieSchweiz und Frankreich bis ins spanische Tar-ragona. Am zweiten Tag ging die Reise weiterüber Valencia, Alicante, Granada und über dieSerra Nevada. Kaum passierten wir die Pass-

höhe, setzte heftiger Regen ein, der sich vonMálaga bis nach Algeciras zu einem richtigenUnwetter entwickelte. So war ein Fahren mitmehr als 50 km/h über weite Strecken fast un-möglich. Am Hafen von Algeciras trafen wirendlich gegen 16 Uhr ein. So konnten wir nochmit der Fähre nach Ceuta übersetzen und amselben Tag die Grenze nach Marokko passie-ren. Hier sei mir nun eine kleine Anekdote ge-stattet. Nach mehreren Fahrten nach Marokkokannte ich bereits, wie man zügig all die For-malitäten hinter sich bringen kann.

Es dauerte nur wenige Minuten, biswir von einem Araber angesprochen wurden,ob er uns helfen könne. Na klar könne er! Soholte ich meinen Reisepass, Zulassungsscheinund Versicherungsbestätigung hervor. Nun batich Werner auch um seinen Pass, wodurchschon eine kleine Diskussion entstand. Nach-

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dem ich nun unserem Helfer alle Dokumentezusammen mit zwanzig Euro in die Handdrückte, verschwand dieser eiligen Schrittes.Nun konnte die Diskussion mit Werner so rich-tig beginnen. Es war für ihn unvorstellbar, Rei-sepässe und KFZ-Papiere aus der Hand zugeben. Noch dazu an jemand vollkommen Un-bekannten und diesen noch mit Schmiergeldzu versorgen. Unsere Diskussion war nochnicht beendet, als unser Helfer uns winkte, wirsollten bis zur Zollkontrolle an der langen Ko-lonne vorbeifahren und uns dort unsere Pa-piere aushändigen lassen. Die Kontrolle beimZoll konnte auch nicht als solche bezeichnetwerden. So hatten wir alle Grenzformalitätenin etwa zwanzig bis dreißig Minuten hinter unsgebracht.

Am folgenden Tag überquerten wirdas Rifgebirge und erreichten die KönigstadtMeknes. Leider war in den Bergen auf Grunddes starken Regens der Vortage der Bodenvollständig durchnässt. So konnten an Straßen-böschungen nur einige Maghreb-Mauerei-dechsen, Podarcis vaucheri beobachtetwerden. Als wir die Berge verließen und dieEbene erreichten, besserte sich das Wettermerklich und in Volubilis, der antiken römi-schen Stadt, rund 20 Kilometer nördlich vonMeknes war der Himmel fast wolkenlos. Sokonnten wir ungefähr ein Dutzend Reptilien-arten finden, darunter Atlasagamen (Agamaimpalearis), Maghreb-Mauereidechsen (Po-darcis vaucheri) und Brilleneidechsen (Teiraperspicillata), letztere in der wunderschönentürkisgrünen „chabanaudi“ Morphe.

Bei einer letzten Rast vor Meknes wollten wirnoch eine Kleinigkeit essen. So stoppten wirbei einem Straßenrestaurant, wo wir köstlicheLammfleischspieße bekamen. Da wir uns ja ineinem islamischen Land befanden, gab es keinBier, sondern Cola.

Bereits zu Hause suchte ich im Inter-net nach möglichen Hotels entlang unserervorgesehenen Route, wo es auch Bier gab,wohl wissend wie wichtig der Gerstensaft fürdas Wohlbefinden von Werner war. Hier inMeknes, wie auch später in Marrakech, was eseines der Ibis Kette. Eines sei gleich vorwegbemerkt: Auch diese guten Hotels warenimmer relativ günstig. Für ein Doppelzimmerzahlten wir nie über siebzig Euro.

Die Reise ging weiter entlang derWestflanke des Mittleren Atlas. Südlich von ElHajeb durchsuchte ich einen Hang, der lockermit Zwergpalmen (Chamaerops humilis) be-stockt war. Hier handelte es sich um einenalten Fundort des Grünen Sandläufers (Psam-modromus microdactylus). Doch leider konn-ten nur Maurische Landschildkröten (Testudograeca marokkensis) und Algerische Sandläu-fer (Psammodromus algirus), darunter ein ein-farbiges Exemplar, entdeckt werden.

Am ufernahen Felsen eines Bach-laufs bei Khenifra bemerkten wir Maghreb-Mauereidechsen, Atlasagamen, einenMarokkanischen Walzenskink (Chalcides po-lylepis) und einen Berberskink (Eumecesschneiderii). Im Bach selbst lebten Maurische

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Teira perspicillata in den Ruinen von Volubilis

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Bachschildkröten (Mauremys leprosa leprosa)und eine große Zahl von Wasserfröschen (Pe-lophylax saharicus). Bei einer letzten Rast vorunserem Tagesziel, Beni Mellal, machte Wer-ner noch sein tägliches Ritual, das Schreibendes Tagebuches und der Liste der beobachtetenTiere mit genauem Fundort.

Am nächsten Morgen fuhren wir süd-wärts in Richtung Hoher Atlas. Beim Überque-ren der letzten Ausläufer des Mittleren Atlasstoppten wir mehrmals bei Felsabbrüchen amStraßenrand. Überall lebten Brilleneidechsen,hier diesmal in einer „chabanaudi-pellegrini“Mischform. Obwohl keine „reinrassigen“ reingestreiften Tiere der Unterart pellegrini gese-hen wurden, zeigten die meisten Exemplaredoch eine eindeutige Tendenz zur Streifung.Oft lebten sie in direkter Gesellschaft mitMauergeckos (Tarentola mauritanica).NachDurchquerung der Ortschaft Azilal suchten wiran dem Fundort nach dem Grünen Fransenfin-

ger, der von IN DEN BOSCH (2005) genau an-gegeben ist, doch leider wieder ohne Erfolg.Knapp zehn Kilometer weiter kamen wir aneinem extensiv landwirtschaftlichen Hang mitteilweise starkem Bewuchs von Zwergpalmenvorbei. Dieser Platz schien uns sehr vielver-sprechend zu sein.

Tatsächlich schlich zwischen denPalmbüschen eine verdächtig grünliche Echseherum. Das Tierchen war aber sehr scheu, so-dass ich erst nach mehreren Minuten einen ge-nauen Blick darauf werfen konnte. Und da wares – das Phantom: ein Grüner Sandläufer(Psammodromus microdactylus)! Als Phantomhaben wir die kleine Echse deshalb bezeichnet,weil bis dahin nur rund drei Dutzend Tiere be-kannt wurden und die Nachsuche in den letz-ten Jahren meist erfolglos war. Unser erklärtesZiel war es, Bilder von dieser seltenen Eidech-senart zu machen und DNA-Proben zu neh-men.

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Lebensraum von Psammodromus microdactylus

weiblicher Psammodromus microdactylus

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Das ist auch der Grund, weshalb ich nun diegenaueren Fangumstände schildern möchte.Wie bereits geschrieben, war die Echse sehrscheu und schlich zwischen den teilweise sehrdichten Chamaerops-Büschen herum. Sie er-innerte uns sehr stark an das Verhalten der Ber-geidechse, die ja auch, selbst bei der Flucht,mehr schleicht als „kopflos“ herumrennt. Alssie endlich in einen Busch lief, der rundumvon einem etwa einen Meter breiten bewuchs-losen Streifen umgeben war, sahen wir unsereChance. Doch sie war spurlos verschwunden.Während Werner nun sorgfältig das Umfelddes Busches beobachtete, suchte ich sie zwi-schen und unter den trockenen Palmwedeln.

Auch die Blattachseln der Wedel wurdengenau gecheckt – doch nichts. Als wir schontotal frustriert aufgeben wollten, sah ich dasTier wieder. Es saß regungslos oben auf demhöchsten Palmblatt. Ein schneller Zugriff undich hatte es, zusammen mit etwas Grün, in derHand. Nun konnte es Werner vorsichtig zwi-schen meinen Fingern herausholen. Auf Grundder wenigen Funde des Grünen Sandläufersgibt es nur sehr wenige genaue Beschreibun-gen des Tieres. Wir waren daher etwas über-rascht, dass die von uns gefundene Echse vonden publizierten Beschreibungen abwich. Eshandelte sich um ein trächtiges Weibchen, dassehr schön gestreift war und deren äußerste

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Bauchschilder des weiblichen Psammodromus microdactylus

Reihe der Bauchrandschil-der deutlich zitronengelb ge-färbt war. Das wären jedochAnzeichen für ein Männ-chen von Psammodromusmicrodactylus! Die Ge-schlechtszuordnung bestä-tigte sich nach unsererRückkehr durch Werner’sUntersuchung der DNA-Probe.

Die Nacht ver-brachten wir wieder in BeniMellal, um am nächstenMorgen Richtung Marra-kesch zu starten. Bei prak-tisch vegetationslosen Fels-und Lehmhügeln in derNähe von El Kelaa legtenWerner beim täglichen Verfassen des Tagesberichts mit Auflistung der beobach-

teten Amphibien- und Reptilienarten

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wir einen Stopp ein. Leider erwies sich dasGebiet als doch nicht so vielversprechend, wiees von der Straße aus zu erwarten gewesenwäre. Wir konnten lediglich einige Atlasaga-men und abgestreifte Häute von zwei Hufei-sennattern (Hemorrhois hippocrepis)entdecken. Entschädigt wurden wir aber durchden Fund von Echsenfingergeckos (Sauro-dactylus brosseti) und unter fast jedem Fels-brocken saßen riesige Grillen, MarokkanischeBuschgrillen (Eugaster spinulosa).

Weiter ging es in die südlichste Kö-nigstadt Marokkos, Marrakesch. Dort ange-kommen, verirrten wir uns vollkommen ineinem chaotischen Gewirr von Straßen undVerkehr und zu guter Letzt überfuhren wirnoch eine rote Ampel. Und es kam, wie eskommen musste. Ein schrilles Pfeifen stoppteuns. Nach der Kontrolle unserer Papiere muss-ten wir aber keine Strafe zahlen, nein, wir be-kamen Geleitschutz bis zur HauptstraßeRichtung Casablanca, an der das von unsschon zu Hause ausgesuchte Ibis-Hotel lag.Tags darauf wollten wir nur den Vormittag mitder Suche nach Tieren verbringen, da wir abetwa Mittag unsere Kollegen erwarteten, die

mit dem Flugzeug nach Casablanca anreistenund von dort mit Mietwagen weiterreisten. Sobesuchten wir die Steppenlandschaft nördlichvon Marrakesch. Unter Felsbrocken und Müllfanden sich hauptsächlich Insekten und Spin-nentiere, darunter Walzenspinnen (Solifugen)wie auch gelbe und schwarze Skorpione sowieeinige Echsenfingergeckos. Bei den vereinzel-ten Gebüschgruppen liefen Fransenfingerei-dechsen (Acanthodactylus erythrurusatlanticus) und Atlasagamen umher. Weiternördlich, in den südlichen Ausläufern der Jbi-let Hügeln saßen in einem alten aufgelassenenSteinbruch an den Felswänden dutzende Mau-ergeckos, teilweise nur wenige Zentimetervoneinander getrennt.

Danach ging es zurück zum Hotel.Wir mussten nicht lange warten, bis ThomasBADER das Eintreffen der Gruppe meldete.Werner ließ es sich nicht nehmen und ginggleich darauf vor das Hotel, um alle freudig zubegrüßen. Bereits in Azilal hatten Werner undich vereinbart, dass wir unseren Fund des Grü-nen Sandläufers nicht sofort bekannt gebenwollten, um die Truppe ein bisschen auf dieFolter zu spannen. Aber natürlich konnte Wer-

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Nordafrikanische Buschgrille (Eugaster spinulosa)

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ner unser „Geheimnis“ nicht lange für sich be-halten. So wußten es schon alle, noch bevor sieins Hotel eingecheckt hatten.

Den nächsten Tag ließen wir etwasgemütlich angehen. So ging es an jene Plätzezurück, die Werner und ich bereits tags zuvorbesucht hatten. In der Steppenlandschaft fan-den sich wieder die schon tags zuvor beobach-teten Reptilien, zusätzlich ein MarokkanischerWalzenskink und eine wunderschöne Gottes-anbeterin (Blepharopsis mendica). Rund umden Steinbruch und in nahe gelegenen extensivlandwirtschaftlich genutzten Flächen lebtenunter anderem Berberskinke (Eumeces schnei-derii) und etliche Landschildkröten (Testudograeca graeca) Am späten Nachmittag undAbend besuchten wir die Altstadt von Marra-kesch mit dem großen Platz, der „Djemaa elFnaa“ und die Souks. Während auf dem gro-ßen Platz am Nachmittag Gaukler, Märchen-erzähler und Schlangenbeschwörer ihr Könnenzum Besten geben, verwandelt sich der Platzam Abend in ein riesiges Freiluftrestaurant, wobei den diversen Ständen bestimmt jeder etwasPassende für das Abendessen findet.

Weiter ging es in das Umland desJebel Toubkal (4.167 m), dem höchsten BergNordafrikas und damit auch Marokkos. Zuerstfuhren wir in das Tal des Ourika, wo wir anFelsen wieder Brilleneidechsen, in der chaba-

naudi Morphe, finden konnten. In extensiv ge-nutzten Stufenfeldern fanden wir Atlasaga-men, Algerische Sandläufer und Perleidechsenin verschiedenen Altersstufen. Besonders diehalbwüchsigen Tiere der Perleidechsen zeigtenunterschiedlichste Zeichnungsvarietäten.

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Alle Exkursionsteilnehmer sind eingetroffen. Von links: Richard KOPECZKY, Richard GEMEL, Franz RATHBAUER (heute WIELAND), Thomas BADER, Christoph RIEGLER, Johannes HILL, Werner MAYER und der Autor

ein kontrastreich gezeichnetes halberwachsenes Tier derPerleidechse aus derselben Population

subadulte Perleidechse mit reduzierter Zeichnung

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Bei der Anfahrt nach Oukaïmeden hielten wirbei rund 1.600 Meter NN. Hier lebtenMaghreb-Mauereidechsen, bei denen dieMännchen metallisch grün schimmerten. Aneiner pflanzenlosen Felsgruppe sonnten sichmehrere Augenbrauen-Atlastaggeckos (Que-denfeldtia trachyblepharus) und unter einemStein versteckte sich ein Walzenskink (Chal-cides montanus). Bei der Weiterfahrt nach Ou-kaïmeden verschlechterte sich das Wetterzusehends und als wir oben ankamen, ging derNieselregen sogar in Schneeregen über. ImStausee quakten dutzende NordafrikanischeWasserfrösche. Trotz der widrigen Wetterver-hältnisse versuchte einige aus unserer Gruppeihr Glück. Ausbeute waren Mittelmeerlaubfrö-sche (Hyla meridionalis) und eine Erdkröte(Bufo spinosus), die in Marokko nur in größe-ren Höhen vorkommt und von der nur wenigeFundorte bekannt sind. Leider blieb uns dasAuffinden der eigentlichen Zielart des Gebie-tes, der Atlas-Gebirgseidechse (Atlantolacertaandreanskyi) verwehrt. Danach verbrachtenwir die letzte Nacht in Marrakesch.

Bei der Fahrt Richtung Ouarzazatestoppten wir bei einem größeren Bachlauf beiAït Barka. Die meisten von uns hielten imUmland des Flusses nach Amphibien und Rep-tilien Ausschau, fanden aber für uns nichtsNeues. Richard GEMEL und ich befassten unswährenddessen mit den häufigen Wasser-schildkröten (Mauremys leprosa marokkensis)

und dokumentierten die große Bandbreite derBauchfärbung und -zeichnung. Auch Berber-kröten (Sclerophrys mauritanica) lebten in un-mittelbarer Gewässernähe.

Danach überquerten wir am Tizin’Tichka (2.260 m NN) den Hohen Atlas. Kurznach der Passhöhe hielten wir bei einem klei-nen Bachlauf, in dem und in dessen unmittel-barer Nähe Scheibenzüngler (Discoglossusscovazzi) lebten. In den Felsen huschten grün-gefleckte Maghreb-Mauereidechsen herum.Ein Weibchen erinnerte stark an die Atlas-Ge-birgseidechse. Dann ging es hinunter in dasBecken von Ouarzazate, immerhin noch aufdurchschnittlich 1.100 Meter gelegen. UnserQuartier bezogen wir im Hotel „Fint“, gegen-über der großen Kasbah Taourirt. Diese stelltdas Zentrum der ehemaligen Berbersiedlungdar. Die eigentliche Stadt wurde erst von denFranzosen als Garnisonsstadt 1928 gegründet.Die folgenden drei Tage verbrachten wir in dernäheren und weiteren Umgebung von Ouarza-zate. Der erste Ausflug führte uns zu einemalten Staudamm westlich der Stadt. Diesen Ortkenne ich schon seit meiner ersten Exkursionnach Marokko im Jahr 1976 (SCHWEIGER1992). Durch die bereits undichte Betonmauerdes Dammes fließt ständig etwas Wasser undspeist einige tiefere und flache Tümpel, bisnach etwa 200 Meter alles Wasser versickert.So findet man rund um diese „Oase“ frischesGrün aus Gräsern, Oleander und anderen klei-

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Die Kasba Taouirirt, eine Lehmburg und ehemalige Residenz, in Ouarzazate

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Dumerils Fransenfinger (oben) und Dünenfransenfinger Acanthodactylus longipes (unten)

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nen Büschen. Rund zwei dutzend Dattelpal-men vervollständigen die Idylle. Unmittelbardaneben ist bereits „Hamada“, die Felswüste.Dadurch kann man auf einer relativ kleinenFläche eine Vielzahl der im Gebiet vorkom-menden Vertreter der Herpetofauna finden. Er-wähnen möchte ich Mittelmeerlaubfrösche,Berberkröten, Sahara-Wasserfrösche, Mauri-sche Bachschildkröten, Mauer- und Fächerfin-gergeckos (Ptyodactylus oudrii), Bosk’sFransenfinger (Acanthodactylus boskianus),Gefleckte Wüstenrenner (Mesalina guttulata),Dornschwanzagamen (Uromastyx nigriven-tris), Atlasagamen, Vipernattern (Natrixmaura), Sandrennnattern (Psammophis scho-kari) und Hornvipern (Cerastes cerastes). Lei-der konnten wir an Schlangen nur eine großeVipernatter finden. Eine Abend-, bzw. Nacht-exkursion war leider ebenso erfolglos.

Tags darauf fuhren wir zu einemStausee, rund zwanzig Kilometer nördlich vonOuarzazate gelegenen. Dieser liegt mitten inder Hamada. Durch Kapillarwirkung steigtFeuchtigkeit aus den Felsen an die Oberflächeund verdunstet in der Tageshitze. Dadurch er-hält das Gestein einen dunkelbraunen bis tief-schwarzen Überzug, der Wüstenlack genanntwird. Dort sahen wir wunderschöne gelbe undrote Dornschwanzagamen und einige männli-che Atlasagamen in Prachtfärbung. Im Stauseeselbst lebten Maurische Bachschildkröten, imUmland Wechselkröten (Bufotes boulengeri),Fächerfingergeckos und Fransenfingereidech-sen. Auch hier versuchten wir unser Glück beieiner Abendexkursion. Diesmal wurden wirmit einer wunderschönen, großen Hornviperbelohnt.

Den letzten Tag in diesem Gebiet ver-brachten wir teilweise in Bachtälern an derOstflanke des Jebel Sirwa. Dieser aride Ge-birgszug verbindet den Hohen Atlas mit demSahara Atlas im Süden. Die Täler kenne ichseit vielen Jahren und sie sind eine fast „todsi-chere“ Lokalität, um Chamaeleons (Chamae-leo chamaeleon chamaeleon) zu sehen. Kaumangekommen, dauerte es nicht lange, bis Jo-hannes HILL ein Chamaeleon in einem Busch,ganz in der Nähe unseres geparkten Autos, ent-deckte. Insgesamt konnten wir mehr als einDutzend Tiere beobachten. Am Boden des tro-ckenen Bachtals liefen einige Bosk’s Fransen-finger herum. In einem nahegelegenen Tal, woder Bach noch etwas Restwasser führte, fan-

den wir neben Wasserfröschen auch eine jungeVipernatter. Nun ging es ostwärts. Auf demReiseprogramm standen auch einige land-schaftliche Sehenswürdigkeiten. Bestens ge-eignet sind dazu die Schluchten des Dades undder Todra. Überrascht war ich, dass die Pass-straße zum Dades bestens ausgebaut war. Ichkannte die Strecke noch als schmale Schotter-piste ohne jegliche Straßenrandsicherung.

Nach Übernachtung im Riad Tima-drouine besuchten wir die Todra Schlucht. ImGegensatz zur Dades Schlucht fährt man hiernicht vom Flusslauf hinauf, sondern bleibt inBachhöhe. Die engste Stelle ist wirklich se-henswert mit ihren senkrecht hoch aufragen-den Felswänden. Auch hier wurde die Straßebis durch diese Engstelle ausgebaut, dahinterbefand sich noch die abenteuerliche Piste, wieich sie aus den siebziger Jahren her kannte.Östlich von Tinghir, der Stadt am Eingang zurTodra Schlucht, verändert sich die Gegendmerklich. Die Landschaft ist meist eben undwird von verschieden großen Felsen und Kie-seln bedeckt. Einige nur unmerklich einge-schnittene, durchwegs vollkommene trockeneWadis durchziehen die Ebene. Genau das sindStrukturen, die die Aufmerksamkeit jedes Her-petologen erregen. Hier fanden wir eine, zuden giftigen Trugnattern gehörende Moila-Natter (Rhagherhis moilensis). Franz WIE-LAND entdeckte Spuren im Sand und dieNatter wurde anschließend vorsichtig ausge-graben. An derselben Stelle entdeckten wireine juvenile Dornschwanzagame, einen Alge-rischen Zwerggecko (Tropiocolotes algericus)und einen Olivier‘s Wüstenrenner (Mesalinaolivieri). Danach fuhren wir zu den größtenSanddünen Marokkos, dem Erg Chebbi. Quar-tier bezogen wir in der „Auberge Sahara“,nördlich von Merzouga, wo wir die nächstenvier Nächte verbrachten.

Für Werner MAYER war es nun eingroßes Anliegen, die Fransenfinger der Dünenund deren Umland kennen zu lernen. So hoff-ten wir, die beiden dort vorkommenden Arten,Acanthodactylus dumerilii und Acanthodacty-lus longipes zu finden. Dumerils Fransenfingerwaren einfach und schnell zu finden, sie liefengleich hinter unserem Quartier umher undauch in der weiteren Umgebung und entlangder Dünen waren sie die häufigste Reptilienart.Aber wo blieb Acanthodactylus longipes? Ausder Literatur war uns bekannt, dass diese Ech-

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senart sogar Flächen mit geringer Vegetationmeidet. Aber auch dort, wo nur mehr ein paarvereinzelte Halfagrasbüsche wuchsen, schie-nen es immer nur A. dumerilii zu sein. Dannfanden wir weiter in den Dünen einige sehrähnlich aussehende Exemplare. Waren dasetwa die gesuchten Acanthodactylus longipes?Alle Fransenfinger rund um den und im ErgChebbi wurden detailreich fotografiert und be-probt.

Laut SALVADOR (1982) soll A. dume-rilii eine kurze breite Schnauze haben und fastzeichnungslos und ohne deutliche Fleckungsein. A. longipes dagegen eine lang ausgezo-gene Schnauze, die Färbung ist rötlich odergelblich. Weitere angegebene kleine Unter-schiede in der Pholidosis sind im Feld kaumoder gar nicht diagnostizierbar. Auch die weißgefassten Ocellen auf den Hinterbeinen findensich bei beiden Arten in unterschiedlicher Aus-prägung, und nicht nur bei A. dumerilii.

So fanden wir die Lösung erst nachunserer Rückkehr nach Österreich nach derAuswertung der DNA-Daten heraus: DieSchnauzenform ist bei beiden Arten variabelaber genau umgekehrt wie bei SALVADOR an-gegeben! Am leichtesten lassen sich beideArten an Hand der Färbung unterscheiden: Istnur eine geringe dunkle Punktierung, meist anden unteren Lippenschildern und am Übergang

von den Rückenschuppen zu den Bauchschil-den zu sehen, handelt es sich um A. dumerilii.Kein einziger von uns beobachteter A. dume-rilii war jedoch deutlicher rötlich gefärbt wieAcanthodactylus longipes. Das trifft zumindestfür die Tiere zu, die wir in der Dünenland-schaft des Erg Chebbi beobachten konnten.

An weiterer Herpetofauna fanden wirbei Abend- bzw. Nachexkursionen Berber- undWechselkröten, Petri’s Dünnfingergeckos (Ste-nodactylus petrii), einen Wüstenmauergecko(Tarentola deserti), eine Wüstenagame (Trape-lus boehmei) und Dünenvipern (Cerastes vi-pera). Einige Bemerkungen zu den beidenangeführten Amphibienarten: Die ersten Wech-selkröten sahen wir im Innenhof der Auberge,wo sie sich am späten Nachmittag auf den nochheißen Fliesen aufhielten. Ähnlich einer Kreuz-kröte (Epidalea calamita) hüpften sie nicht, son-dern liefen mit erhobenem Körper herum. Beieiner Nachtexkursion besuchte ich die Palmerie,den Palmenhain und Gemüsegarten der, entlangdes Erg angesiedelten Dörfer. Im Hauptbewäs-serungskanal saßen hunderte Berberkröten umihren Feuchtigkeitsbedarf zu decken.

Die heißeste Tageszeit, etwa von elfUhr vormittags bis gegen sechzehn Uhr machtenwir Siesta in der Auberge. Selbst im(Halb)Schatten war es viel zu heiß um irgendet-was zu unternehmen.

Much to hot for everything: von links: Franz RATHBAUER, Werner MAYER, Johannes HILL,Richard GEMEL (teilweise verdeckt), Thomas BADER

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Am Morgen des vierten Tages in Merzougastarteten unsere Kollegen wieder Richtung Ca-sablanca, um ihren Flieger nach Österreich zuerreichen. Werner und ich beprobten noch ei-nige Acanthodactylus entlang des Erg und fuh-ren dann westwärts über Ouarzazate bis nachTazenakht. In dieser Stadt übernachteten wirim billigsten, aber gut gepflegten Hotel unsererReise. Für sehr gutes Essen, einige Colas undZimmer mit Frühstück, alles für zwei Perso-nen, zahlten wir 300 Dirham. Das entsprichtetwa 27 Euro.

Im Sousstal fanden wir zahlreiche At-lasagamen in allen Altersstufen, darunter eingravides Weichen in leuchtender Trächtigkeits-färbung. Berühmt sind hier die Arganien“wäl-der“. Auf vielen Bäumen sieht man Ziegenherumklettern. Sie weiden dort oben das Laubab, da sie auf dem kargen Boden nichts Fress-bares finden. Interessant war das Verhalteneines Berberskinkes, der bei der Flucht einen

Arganienbaum erkletterte, und nicht, wie art-gemäß ein Versteck am Boden suchte.

Jetzt muss ich mich nachträglichnoch bei Werner MAYER entschuldigen. Icherzählte ihm, dass ich hier einen Platz kenne,an dem Scelarcis perspicillata in der pelle-grini-Morphe und Quedenfeldtia moerens zu-sammen auf denselben Felsen leben. DieseÖrtlichkeit ist ein senkrechter bis teilweiseüberhängender Tufffelsen auf der Strecke hi-nauf zum Tizi n’Test Pass (2.093 m NN). Ichmuss gestehen, ich wusste nicht mehr genau,wie hoch oben das war. Werner wurde immerruhiger und ruhiger. Als wir schließlich dieFelsen erreichten, waren diese nur etwa hun-dert Höhenmeter unter dem Pass, und nicht,wie ich meinte, maximal auf halber Höhe.Dass Werner unter großer Höhenangst leidet,wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht und somuss ich mich posthum bei ihm entschuldigen,also sorry mein Freund!

Der marokkanische Taggecko Quedenfeldtia moerens

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Im Soustal westlich von Taroudant beobachte-ten wir die ersten Acanthodactylus margaritae,konnten leider aber kein Tier fangen. Bei SidiBibi südlich von Agadir erreichten wir den At-lantik. Hier fanden wir in einer steppenartigenLandschaft mehrere Exemplare der Mauri-schen Landschildkröte (Testudo graecagraeca). In der Näher der Küste waren dieDünen sehr dicht mit etwa kniehoher Vegeta-tion bewachsen. Hier huschten überall Acant-hodactylus margaritae in großer Zahl umher.Diese Fransenfingerart wurde nach MargaritaMETALLINOU benannt, die tragischerweisebei einer herpetologischen Exkursion durcheinen Elefanten in Sambia ums Leben kam.

In den eigentlichen Stranddünenkonnten wir die hier vorkommenden Goldfran-senfinger (Acanthodactylus aureus) mehrerahnen als genau zu erkennen, denn durchden starken Wind und den aufgewirbeltenSand wirkten die Echsen wie unter einemSchleier verborgen.

Tags darauf fuhren wir an die Küstebei Aglou Plage südwestlich von Tiznit. Andiesem Tag war das Wetter sonnig und wind-still. Dadurch konnten wir zahlreiche Gold-fransenfinger beobachten. Interessant war ihrVerhalten bei stärkerer Sonneneinstrahlungund dem dadurch erhitzten Sandboden. DieEchsen zeigten zwei verschiedene Verhaltens-weisen, um einer Überhitzung vorzubeugen:Sie erhoben ihre Körper vom Sand oder lagenflach am Boden und streckten ihre Beine in dieHöhe – abwechselnd je zwei oder alle vier.Nach meiner Meinung ist der Goldfransenfin-ger nicht nach der „goldenen“ Färbung derMännchen zur Paarungszeit benannt, sondernnach der Herkunft der ersten Tiere, dem Riodel Oro, dem „Goldfluss“ in der Westsahara.Die Echsen wurden nämlich im Hochsommergefangen, wo die Männchen keine Prachtfär-bung mehr zeigen.

Nun sollte es entlang der Atlantik-küste langsam heimwärts gehen. Bei derTamri-Bucht treffen das nördlichste Verbrei-tungsgebiet von Acanthodactylus margaritaeauf das südlichste des Europäischen Fransen-fingers [Acanthodactylus (erythrurus) lineo-maculatus]. Optisch lassen sich die beidenArten schwer auseinander halten. Acantho-dactylus (erythrurus) lineomaculatus machtaber, zumindest bei jungen bis halbwüchsigen

Tieren seiner lateinischen Bezeichnung alleEhre. Ihre Schwänze sind auf der Unterseiteleuchtend rot gefärbt, die der Acanthodactylusmargaritae sind dagegen gräulichblau.

Bei einigen weiteren Stopps fandenwir ausschließlich Europäische Fransenfinger.Bereits am späten Nachmittag erreichten wirdank der wenigen Fahrtunterbrechungen dasHotel Firdaous an den Plages des Nations,nördlich von Rabat, der Hauptstadt Marokkos.Kaum hatten wir Casablanca erreicht, war dasWetter wieder regnerisch und es gab nur kur-zen Aufhellungen, bei Rabat war der Himmeltiefschwarz und es regnete in Strömen. Da derWetterbericht für die nächsten Tage keine Bes-serung in Aussicht stellte, starteten wir amnächsten Morgen unsere Heimreise und er-reichten am Nachmittag eine Fähre nachEuropa.

oben: Acanthodactylus margaritae - Männchen unten: ein weiblicher Acanthodactylus aureus

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Unsere Reise hatte in der Berichterstattungdeutliche Spuren hinterlassen: Richard KO-PECZKY und Franz RATHBAUER/WIELAND(2001) und ich selbst (SCHWEIGER 2011) be-richteten darüber ausführlich. Ein weitererBeitrag befasst sich mit der Auswertung vonBefunden und Beobachtungen der damaligenReise an Zecken (GEMEL, R. & HÖRWEG, C.2011). Außerdem können Berichte über dieReise auf: http://vipersgarden.at/DE/reports/marokk01.php und auf www.herpetofauna.at, detailreichund mit vielen Bildern versehen, nachgelesenwerden.

ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

Werner frisch gekampelt: Bereit für die Heimreise

Das im Vorjahr erschienene Buch in der Chi-maira Edition gibt umfassend und kompetentAuskunft über den aktuellen Stand der Herpe-tofauna von Marokko. Ungeachtet seines be-achtlichen Preises sei es jedem empfohlen, dersich eingehender damit befassen will: MARTI-NEZ DEL MARMOL , G., HARRIS D.J., GENIEZ,P., DE POUS, P. & SALVI, D. (2019): Amphibi-ans and Reptiles of Morocco. Frankfurt/M.(Chimaira), 478 S.

Mario [email protected]

Literatur:BADER, T. & KOPECZKY, R.: Herpetologische Reise durch Marokko – 23. April bis 5. Mai 2010. –

www.herpetofauna.at/index.php/reiseberichte/15-berichte/51-herpetologische-reise-durch-marokko-23-april-bis-5-mai-2010BOSCH, IN DEN, H.A.J. (2005): Psammodromus microdactylus (Boettger, 1881), a rare lizard species?- Podarcis 6(1/2): 1 – 35.GEMEL, R. & HÖRWEG, C. (2011): Zum Befall der Maurischen Landschildkröte Testudo graeca LINNAEUS, 1758 durch Ze-

cken, und deren Bedeutung als Vektoren. Ein Literaturüberblick samt eigenen Beobachtungen (Testudines: Testudinidae). – Her-petozoa 23 (3/4): 21 – 30.

KOPECZKY, R. & RATHBAUER, F. (2001): Herpetologische Exkursion nach Südmarokko. - ÖGH Aktuell 24 (2001): 8 – 26. SALVADOR, A. (1982): A revision of the lizards of the genus Acanthodactylus (Sauria: Lacertidae).- Bonner Zoologische Mo-

nographien Nr. 16; 166 pp. SCHWEIGER, M. (1992): Herpetologische Beobachtungen im Gebiet von Quarzazate (Marokko). – Herpetozoa 5(1/2): 13-31.SCHWEIGER, M. (2011): Marokko 2010. Landschaften und deren Herpetofauna (Schlangen, Echsen, Schildkröten, Amphibien).-

aqua-terra austria 2/2011: 32 - 36

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Santa Rosa Nationalpark in Guanacaste

Das Klima der Provinz Guanacaste im Nord-westen ist das trockenste des gesamten Lan-des. Die kurze aber intensive Regenzeitbeginnt hier ebenfalls im Mai, lässt aber raschnach und der Rest der „Regenzeit“ verläuftvergleichsweise trocken. Manche Gebiete sindsogar für ihre Wasserknappheit während derTrockenzeit bekannt, da die stark steigendeAnzahl der Hotels große Wassermengen ver-braucht (FUCHS 2010). Es handelt sich auchum das Zentrum der Viehzucht in Costa Ricaund viele Flächen werden intensiv beweidet.Allerdings wurden auch mehrere durchausgroße Nationalparks in der Provinz eingerich-tet, darunter der Santa Rosa Nationalpark,einer der ältesten und größten im gesamtenLand.

Während einer Reise im Mai 2019besuchten wir – ein 5-köpfiges österrei-chisches Herpetologenteam – gegen Ende un-

serer Costa Rica-Reise die Provinz Guanacaste(siehe Teil 1). In den im Süden befindlichenNationalparks war es verboten, diese währendder Nacht zu betreten, zudem herrschten dortstrikte Weggebote und Ranger wachten beiSchritt und Tritt über die Einhaltung der vielenVerhaltensregeln. Umso mehr waren wir über-rascht, dass wir im Santa Rosa Park eine Un-terkunft samt Vollpension für unsere beidenNächte erhielten, da zu der Zeit nicht allePlätze durch Forscher und Studenten belegtwaren. Im Park hatten wir große Freiheitenund konnten immer und überall unsere Exkur-sionen durchführen, natürlich auch währendder Nacht. Es ist zwar verboten, eine Stundenach Dunkelheit das Auto zu benützen, dies istallerdings keine große Einschränkung, da sichin unmittelbarer Nähe der Unterkunft interes-sante Habitate befanden.

Zwei Wochen vor unserer Ankunfthatte die Regenzeit begonnen und noch immerregnete es mehrmals am Tag, jedoch gab es be-

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Hepetologische Reiseeindrücke aus Costa Rica - Teil 2

THOMAS BADER & RICHARD KOPECZKY, FRANZ WIELAND(Text und Bilder)

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reits vermehrt regenfreie Phasen und auchSonnenfenster. Überall hatten sich bereits La-cken und überschwemmte Gebiete gebildet(Abb. 1) und die Bäche führten Hochwasser.Wenn man jedoch hier Glasfrösche, Pfeilgift-frösche, Greiffrösche oder Salamander erwar-tet, sucht man vergeblich, denn für diese Artenist es hier viel zu trocken. Stattdessen habensich hier viele Amphibien als Explosivlaicher

an eine sehr kurze Entwicklungszeit angepasstund sind in der Trockenzeit kaum mehr auf-findbar. Auch von den Reptilien findet manhier viele Arten, die ihre Hauptverbreitungweiter nördlich haben.

Bereits am ersten Tag wurde unsereUnterkunft von Tausenden „Trooper Ants“,einer sehr wehrhaften Ameisenart, eingenom-

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Regenwald der Österreicher

Abb. 1: Laichtümpel im Santa Rosa-Nationalpark. Hier konnten Tungara-, Engmaul- und Laubfrösche (auch derMilchfrosch Trachycephalus venulosus) und weitere Amphibienarten beobachtet werden

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men. Mit zwei Besen kehrten wir eine guteStunde die Ameisen aus dem Zimmer hinaus(Abb. 2). Die Bisse der Ameisen sind extremschmerzhaft und die gebissene Stelle bleibt ei-nige Tage angeschwollen. Diese Ameisen hin-terlassen bei Ihren Streifzügen ein Bild derVerwüstung.

Wie überall in den Tropen gibt eseine klare Abgrenzung zwischen tag- undnachtaktiven Reptilien und Amphibien in denverschiedensten Lebensräumen. Der SchwarzeLeguan (Ctenosaura similis) ist hier allgegen-wärtig und sehr häufig. Diese großen undwenig scheuen Reptilien sitzen auf Bäumenoder am Boden und wärmen sich in der Sonneauf. Auf Bäumen und Steinen leben Zwergge-ckos (Gonatodes albogularis fuscus), währenddie Kupfer-Anolis (Anolis cupreus) meist aufBüschen leben. Diese kleine Anolis-Art mitorangen Kehlfahnen wird auch Trockenwalda-nolis genannt, da sie sich als einzige ihrer Gat-tung an das trockenere Klima angepasst hat.Auf dem Sandboden flitzen bei SonnenscheinAmeiven (Holcosus undulatus) herum, diesich aber während der Regenschauer wieder in

ihre Verstecke zurückziehen. Die Nacht istwährend der kurzen Regenzeit von einer un-glaublichen Vielfalt an Amphibienrufen erfüllt.Die wohl auffälligsten Rufe gehen von einerkleinen Microhylidenart aus und erinnern andas Blöken von Schafen, daher werden dieFrösche auch „Sheep Frogs“ (Hypopachus va-riolosus) genannt (Abb. 3). Eine weiterekleine, aber markante Art ist der Tungara-Frosch (Engystomops pustulosus) (Abb. 4), dermit seinen riesigen Schallblasen auffällt. Die-ser häufige kleine Frosch, der optisch ehereiner Kröte gleicht, gehört zu den Schaumnest-Fröschen. Mit ihren Hinterbeinen schlagendiese Frösche während der Paarung auf einaustretendes Sekret ein, das rund um ihre Eierdie Schaumnester entstehen lässt. Diese wer-den am Rand von stehenden Gewässern abge-setzt und quellen immer mehr auf, bis dieKaulquappen schlüpfen.

Die anderen beiden Schaumnestbauerdes Trockenwaldes erinnern im Aussehen vielmehr an die echten Frösche aus der Familie derRanidae. Der Turbo-Weißlippenschaumfrosch(Leptodactylus poecilochilus) gleicht einem

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Abb. 2: Das Quartier musste von den wehrhaften „Trooper“ Ameisen gründlich gereinigt werden

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Abb. 3: Die Rufe von Hypopachus variolosus erinnern an das Blöken von Schafen

Abb. 4: Der Tungara-Frosch (Engystomops pustulosus) ähnelt mit seiner warzigen Haut einer Kröte und ist ein Savannenbewohner

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Braunfrosch mit einer spitzen Schnauze. Mitseinen vergleichsweise leisen und kurzenRufen ist er im nächtlichen Chor eher unauf-fällig. Wenn man allerdings den Rufen einesseltsamen „Oink Oink Oink“ folgt, so mussman den Verantwortlichen aus kleinen Höhlenausgraben. Es handelt sich dabei um den Ge-wöhnlichen Weißlippenschaumfrosch (Leptod-actylus fragilis), der sehr versteckt lebt, umnicht zu großem Prädationsdruck ausgesetzt zusein.

Einer dieser Prädatoren ist die Bana-nennatter (Leptodeira rhombifera), eine klet-ternde Schlange, die sich aufgrund ihrerLebensweise vor allem auf Laubfrösche spe-zialisiert hat. Die beiden hier vorkommendenHyliden sind der Mexikanische Laubfrosch(Smilisca baudinii) und der Milchfrosch (Tra-chycephalus typhonius). Letzterer kann sichmit einem milchartigen Sekret gegen Feindeschützen. Besonders auffällig sind auch seinebeiden Schallblasen hinter den Ohren, die sichbeim Aufblasen am Rücken des Frosches ent-falten.

Recht häufig sieht man zu dieser Zeitin den Gewässern die Rotwangen-Klapp-schildkröte (Kinosternon scorpioides cruenta-tum) (Abb. 5), die in den Gewässern um dieseJahreszeit einen reich gedeckten Tisch vorfin-det. Diese Schlammschildkröten müssen in derkurzen Zeit, in der die Gewässer vorhandensind, ausreichend Nahrung für eine lange Tro-

cken- und Ruhezeit zu sich nehmen. Eine sehrauffällige Art ist die Gelbe Kröte (Incilius lu-etkenii), die in Massen an Straßengräben ab-laicht. Während diese Kröten außerhalb derPaarungszeit eher typisch unauffällig braungefärbt sind, erscheinen die Männchen zurPaarungszeit in einem leuchtend gelben Ge-wand. Die zweite, wesentlich seltenere Kröteist die Trockenwaldkröte (Incilius coccifer),die sowohl vom Aussehen als auch von denRufen her an unsere Kreuzkröte erinnert. Wirfanden nur einzelne Männchen rufend an klei-nen Gewässern. Der einzige echte Frosch, derhier vorkommt, ist der Leopardenfrosch (Ranaforreri) (Abb. 6), ein großer, extrem schnellerund scheuer Frosch, der mit riesigen Sprüngenbei Annäherung das Weite sucht.

Die unglaubliche Dichte an Amphi-bien lockt eine große Menge an Schlangen an,die sich an diesem reich gedeckten Tisch sattfressen. Innerhalb von zwei Tagen konnten wiracht Schlangenarten finden, darunter auch sehrspektakuläre, große Arten wie die hier vor-kommende Klapperschlange (Crotalus simus)(Abb. 7) oder die Abgottschlange (Boa impe-rator) (Abb. 8). Aber auch die kleinerenSchlangen sind hier durchaus attraktiv, wie diebunte Leptodeira nigrofasciata oder derSchneckenfresser Sibon anthracops (Abb. 9).Im Schlaf überrascht haben wir eine bleistift-dünne Gebänderte Riemennatter (Imantodesgemmistratus), die sich auf die Trockenwalda-nolis spezialisiert haben dürfte.

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Abb. 5: Die Rotwangen-Klappschildkröte (Kinosternonscorpioides cruentatum) ernährt sich während der Re-genzeit vom Laich und den Larven der Amphibien, um

die nachfolgende Trockenzeit zu überstehen

Abb. 6: Der Leopardfrosch (Rana forreri) ist in Mittel-amerika weit verbreitet und entpuppt sich als eine große

und scheue Art

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Abb. 7: Die eindrucksvolle Klapperschlange Crotalus simus kann bis zu 1,30 m Länge erreichen

Abb. 8: Die Abgottschlange (Boa imperator) ist die größte Riesenschlange Mittelamerikas

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Ein besonderes Erlebnis hatten wir währendunserer Abendtoilette, als im Sanitärbereichein Spitzkopfpython (Loxocemus bicolor)(Abb. 10) unterwegs war und fast von einerüberdimensionalen Agakröte (Rhinella horri-bilis) gefressen worden wäre. Diese kleine„Riesenschlange“ reflektiert das Licht in sehrunterschiedlichen Farben. Als einzige tagak-tive Schlange querte am nächsten Tag einepfeilschnelle Perlennatter (Drymobius marga-ritiferus) unseren Weg.

Bis zuletzt versuchten wir die spek-takulären Nasenkröten (Rhinophrynus dorsa-lis) zu finden, die während des Jahres nur sehrkurz zur Paarung an der Oberfläche zu beob-achten sind und sonst fast nur unterirdischleben. Nachdem wir uns den Paarungsruf ein-geprägt hatten, gelang es uns schließlich, eineRufergruppe von etwa einem Dutzend Männ-chen in einigen Gewässern an einer Schotter-straße zu lokalisieren und zu beobachten.Diese Kröten waren extrem scheu und stelltenbei Annäherung sofort die Rufaktivität ein undbegannen erst wieder zu rufen, als wir uns wei-ter entfernt hatten.

Eine Schotterstraße führt auf einer ca.12 km langen Strecke zum Strand. Man benö-tigt dazu allerdings ein Allradfahrzeug auf-grund der schlechten Verhältnisse. Wirmussten sogar die letzten Kilometer zu Fuß zu-rücklegen, da eine Senke mit relativ tiefem

Wasser gefüllt und daher (für unser Fahrzeug)unpassierbar war. Wir entdeckten hier in derLaubstreu auch eine kleine Echse, die wir zu-nächst für einen jungen Skink hielten, die sichbei näherer Betrachtung jedoch als NördlicherBrillenteju (Gymnophthalmus speciosus) ausder Familie der Zwergtejus herausstellte.

Nach der Wanderung durch Mangro-venwälder, in denen auch Spitzkrokodile (Cro-codylus acutus) leben, erreicht man schließlicheinen fantastischen Sandstrand mit einem un-glaublichen Ausblick auf einen einzeln stehen-den Felsen im Meer. Der Strand ist einwichtiger Niststrand für Meereschildkröten,unter anderem auch für die Lederschildkröte.In der Trockenzeit dürfte der Strand von Sur-fern überlaufen sein, die hier die Möglichkeithaben, am Campingplatz zu übernachten.Neben den vielen herpetologischen Highlightskann man hier auch ausgezeichnet Vögel undSäugetiere beobachten.

Die kurze Regenzeit im Santa RosaNationalpark bietet spektakuläre Naturerleb-nisse, die man hier aufgrund der Übernach-tungsmöglichkeiten im Park auch hautnaherleben kann. Jedem, der die Möglichkeit hat,diesen Park zu besichtigen, empfehlen wireinen Besuch!

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Abb. 9: Die nachtaktive Schneckennatter Sibon anthracops ist ein typischer Trockenwaldbewohner

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Abb. 10: Der Spitzkopfpython (Loxocemus bicolor) weist irisierende Farben auf

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48 ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

Liste der Amphibien und Reptilien, die auf der Reise in Costa Rica beobachtet werden konnten:

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Amphibien

SchwanzlurcheBolitoglossa colonnea

XBolitoglossa striatula

X

FroschlurcheRhinophrynus dorsalis

X

Incilius coccifer X

Incilius coniferus X X

Incilius luetkenii X

Rhinella horribilis X X X X X X X

Rhaebo haematiticus X

Engystomops pustulosus X X X

Leptodactylus fragilis X

Leptodactylus insularum X X

Leptodactylus poecilochilus X

Leptodactylus savagei X X X X

Cochranella granulosa X

Espadarana prosoblepon X

Hyalinobatrachium colymbiphyllum X

Hyalinobatrachium fleischmanni X

Hyalinobatrachium valerioi X X X

Teratohyla spinosa X

49ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

Froschlurche Agalychnis callidryas X X X

Agalychnis lemur X

Agalychnis saltator A*

Agalychnis spurrelli X

Cruziohyla chalcarifer X

Boana rosenbergi X

Dendropsophus ebraccatus X X X

Dendrosophus phlebodes X

Hyloscirtus palmeri X

Isthmohyla pseudopuma X

Scinax boulengeri X

Scinax elaeochroa X

Smilisca baudinii X X

Smilisca phaeota X X

Smilisca sordida X X X X

Trachycephalus typhonius X X

Allobates talamancae X

Dendrobates auratus X X X

Oophaga pumilio X

Craugastor bransfordii X

Craugastor crassidigitus X X

Craugastor fitzingeri X X X X

Craugastor megacephalus X

Craugastor noblei X

Craugastor stejnegerianus X

Diasporus diastema X X

Pristimantis cerasinus X

Pristimantis cruentus X

Pristimantis ridens X

Hypopachus variolosus X

Rana forreri X

Rana taylori X

Rana vaillanti X X

Rana warszewitschii X X

* rufend** Totfund

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Reptilien

Krokodile

Caiman crocodilus X X

Corocodylus acutus X X

Schildkröten

Chelydra acutirostris X

Kinosternon leucostomum X X

Kinosternon scorpioides X

Trachemys venusta X

Echsen

Diploglossus bilobatus X

Hemidactylus frenatus X X X X X X X

Thecadactylus rapicauda X

Gonatodes albogularis X X X X X

Lepidoblepharis xanthostigma X

Basiliscus basiliscus X X X X

Basiliscus plumifrons X X

Basiliscus vittatus X X

Anolis aquaticus X

Anolis biporcatus X

Anolis cristatellus X

Anolis cupreus X

Anolis limifrons X X X X X X

Anolis oxylophus X X

Anolis polylepis X X

Anolis tropidolepis X

Ctenosaura similis X X X

Iguana iguana X X

Sceloporus malachiticus X

Gymnophthalmus speciosus X

Holcosus festivus X X

Holcosus leptophrys X X

Holcosus quadrilineatus X

Holcosus undulatus X X

Scincella cherriei X X

Marisora unimarginata X

Lepidophyma flavimaculatum X

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Dank

Zum Abschluss gilt es noch, uns zu bedanken,bei allen, die uns mit Tipps und Tricks, mitihrer Erfahrung in diesem sehr interessantenund gastfreundlichen Land, beigestanden sind,vor allem bei Michael FRANZEN und DennisKOLLARITS für die guten Tipps in La Gambaund in Guanacaste. Ein besonderer Dank ge-bührt auch Brian KUBICKI, der uns einen im-posanten Einblick in sein Lebenswerkgewährte. Nicht zu vergessen sind auch unsereGuides Cristian und Andrej, die uns mit ihrerErfahrung, ihrer Gebiets- und Artenkenntnissehr geholfen haben.

ÖGH-Aktuell Nr. 55 - Juli 2020

SchlangenBoa imperator X

Loxocemus bicolor X

Drymobius margaritiferus T**

Geophis brachycephalus X

Imantodes cenchoa X

Imantodes gemmistratus X

Imantodes inornatus X X

Leptodeira rhombifera X

Leptodeira nigrofasciata X

Leptodeira septentrionalis X X X X X

Ninia psephota X

Ninia sebae X

Phrynonax poecilonotus X

Rhinobothryum bovallii X

Sibon annulatus X

Sibon anthracops X

Sibon nebulatus X X

Stenorrhina degenhardtii X

Bothriechis lateralis X

Bothrops asper X

Crotalus simus X

Großer Dank gebührt Richard GEMEL für dieKorrekturen im Manuskript und die redaktio-nelle Arbeit sowie Mario SCHWEIGER undChristoph RIEGLER für das Layout.

Franz [email protected]

Thomas [email protected]

Richard [email protected]

LiteraturFRANZEN, M. & D. KOLLARITS (2018): Pocket Guide to the Amphibians and Reptiles of La Gamba, Costa Rica.

Laurenti Verlag, Bielefeld (Suppl. d. Zeitschr. Feldherpetologie 21).FUCHS, J. (2010): Costa Rica. Der Naturguide für Nationalparks und Reservate. Verlag Hans Schiler, Berlin, 1. AuflageKOPECZKY, R. & RATHBAUER, F. (2011): Herpetologische Exkursion nach Südmarokko. ÖGH-Aktuell 24: 8 – 26.LEENDERS, T. (2016): Amphibians of Costa Rica. A Field Guide. Zona Tropical Publications, Comstock Publishing, It-

haca, London.LEENDERS, T. (2019): Reptiles of Costa Rica. A Field Guide. Zona Tropical Publications, Comstock Publishing, Ithaca,

London.MCCONNEL, L G. J. (2014): A Field Guide to the Snakes of Costa Rica. Ed. Chimaira, Frankfurter Beiträge zur Natur-

kunde 54, Frankfurt/M.MUÑOZ CHACÓN, F. & R. D. JOHNSTON (2013): Amphibians and Reptiles of Costa Rica (A Pocket Guide in English

and Spanish)/Anfibios y Reptiles de Costa Rica (Guia de Bolsillo en Ingles y Español), Cornell University Press (AZona Tropical Publication).

SAVAGE, J. M. (2002): The Amphibans and Reptiles of Costa Rica – A Herpetofauna between Two Continents, betweenTwo Seas Univ.of Chicago Press, Chicago & London. [Umfangreiches Standardwerk, teilweise überholt durch taxono-mische Neuaufteilung der Familien, Umbenennung von Gattungen und Neubeschreibung von Arten].

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trag oder Ankündigung - zb. Repti-

lientage und Bild

Erratum:Im Beitrag „Herpetologische Reiseeindrücke aus Costa Rica Teil 1 (ÖGH Aktuell 54:51) wurde das Opossumfälschlicher Weise mit dem wissenschaftlichen Namen „Didelphis virginiana“ benannt. Der aktuelle wissen-schaftliche Name für das Südopossum („Schwarzohr-Opossum“) lautet Didelphis marsupialis.

Vorschau auf die nächste Ausgabe:Studien über das Fressverhalten von Amphibien und ReptilienAllochthone Schildkröten in Österreich

Termine:19. September 2020: 3. ÖGH Reptilientag

www.herpetozoa.at