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Historisches Lernen für ziviles Widerstehen LernOrt Zivilcourage e. V. LernOrt Kislau Grundzüge eines Nutzungskonzepts

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Historisches Lernen für ziviles Widerstehen

LernOrt Zivilcourage e. V.

LernOrt Kislau Grundzüge eines Nutzungskonzepts

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Inhaltsverzeichnis Seite

1. Didaktische Ansatzpunkte 1

� Raus aus der Opferperspektive: Die NS-Gegner als aktiv Handelnde � Heimatgeschichte revisited: Lernen mit Regionalbezug � Authentizität in zentraler Lage: Kislau als idealer LernOrt-Standort � Emotionale Anker bieten: NS-Exil und heutige Migration � Nachspüren statt bloß gedenken: Erfahrung und aktive Aneignung � Geschichtsarbeit aus einem Guss: Forschung und Vermittlung Hand in Hand

2. Didaktische Umsetzung 2

� Zielgruppen: Der LernOrt Kislau als außerschulischer Lernort � Zielsetzung: Der LernOrt Kislau als „Haus der menschlichen Möglichkeiten“ � Zielerreichung: Die didaktischen Mittel

3. Raumnutzungskonzept 3

� Informationszentrum und authentischer Ort: Der „Weg des frühen Widerstands“ � Von der Dienstwohnung zum LernOrt: Die verfügbaren Räumlichkeiten � Der LernOrt Kislau als Erlebnisraum: „Wege des Widerstands“ im 2. OG � Der LernOrt Kislau als Begegnungsstätte: Gruppenarbeit und Diskussion im 1. OG

4. Ortsungebundene Angebote 6

� Virtuelle Präsenz: Der Internet-Auftritt � Netzwerk: Das Datenbankprojekt „Widerstand in Baden“ � Lieferservice: Das Projekt „Mobiler LernOrt“ � Fachkompetenz: Expertise statt formaler Zuständigkeit

Anhang A: Persönlichkeiten des badischen Widerstands – Beispiele 7

� Acht von Hunderten im KZ Kislau inhaftierter NS-Gegner � 16 von Tausenden Badener/innen in Abwehrkampf, Widerstand und Exil

Anhang B: Die Forschungs- und Literaturlage zum Thema 10

� Bloß sporadisch bekannt: Der Kampf gegen rechts vor 1933 in Baden � Marginalisiert: Der frühe badische Widerstand � Nur lückenhaft erfasst: Verfolgung in Baden � Nahezu vergessen: Die politische Emigration aus Baden

Fotos und Dokumente auf der Titelseite: Generallandesarchiv Karlsruhe – Stadtarchiv Karlsruhe – Dokumen-tationszentrum Oberer Kuhberg (Zeichnung eines Kislauer KZ-Häftlings) - Günter Wimmer (Häftlingsinschrift)

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1. Didaktische Ansatzpunkte

Raus aus der Opferperspektive: Die NS-Gegner als aktiv Handelnde

In einer Zeit, in der „Du Opfer!“ zum meistgebrauchten Schimpfwort auf deutschen Schul-höfen geraten ist, bedarf es im Interesse von Demokratie-Erziehung und Präventionsarbeit dringend eines Paradigmenwechsels im Umgang mit dem Thema „Nationalsozialismus“: Die durchaus zahlreichen Gegner/innen der Nazis und ihrer Verbündeten müssen vor allem als aktiv Handelnde statt – wie üblich – als gedemütigte Opfer gezeigt werden. Demgemäß gilt es auch dem Abwehrkampf gegen rechts vor 1933 besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Heimatgeschichte revisited: Lernen mit Regionalbezug

Dass junge Menschen historische Phänomene anhand konkreter Beispiele aus ihrem unmit-telbaren räumlichen Umfeld besser erfassen als an abstrakt fernen, ist hinlänglich bekannt. Dem wollen wir Rechnung tragen, indem wir sie den Schicksalen badischer Menschenrecht-ler/innen, Friedensaktivist/innen, Reichsbanner-Leute, Politiker/innen der Weimarer Koa-lition sowie „einfacher“ Widerstandskämpfer/innen nachspüren lassen.

Authentizität in zentraler Lage: Kislau als idealer LernOrt-Standort

Gerade weil Kislau nicht wie spätere KZs für eine „Vernichtung durch Arbeit“ steht, ist es der ideale Ort, um über die frühe politische Verfolgung hinaus auch das massenhafte Widerstehen gegen den Nationalsozialismus zu thematisieren. An einer S-Bahn-Station in der Mitte zwischen den beiden größten badischen Ballungsräumen gelegen, verbindet das Areal die Wirkkraft eines authentischen Orts mit dem Vorzug guter Erreichbarkeit.

Emotionale Anker bieten: NS-Exil und heutige Migration

Im Kontext von Widerstand und Verfolgung soll auch das bislang unterbelichtete Thema „Politisches Exil aus Baden“ eine Heimat im LernOrt Kislau finden. In einer von Migration geprägten Gesellschaft bietet sich jungen Menschen damit ein klarer Aktualitätsbezug: Warum mussten diese Leute das Land verlassen, wie erging es ihnen in der Fremde? Und weil zwei Drittel der deutschen politischen Emigrant/innen jüdischer Herkunft waren, wird mit der Würdigung ihres Abwehrkampfs auch antisemitischen Klischees entgegengewirkt.

Nachspüren statt bloß gedenken: Erfahrung und aktive Aneignung

Bewusst möchten wir in Kislau keine klassische Gedenkstätte etablieren. Vielmehr wollen wir dort einen Lern- und Erfahrungsort schaffen, der jungen Menschen direkten Gegen-wartstransfer mittels aktiver Aneignung erlaubt. Abgestellt werden soll dabei insbesondere auf demokratische Grundwerte, Kritikfähigkeit, Solidarität, Mut zur Übernahme von Verantwortung sowie auf den Themenkomplex „Heimat - Fremde – Exil“.

Geschichtsarbeit aus einem Guss: Forschung und Vermittlung Hand in Hand

Parallel zur Entwicklung didaktischer Formate gilt es die immensen Forschungslücken zu schließen, die in Baden-Württemberg mit Blick auf Demokratiegeschichte und frühen Widerstand klaffen. Nachdem sogar einschlägig beauftragte Forschungseinrichtungen diesen Themenkomplex bislang ausgespart haben, besteht großer Nachholbedarf. Umso wichtiger ist es nun, die Erforschung des Themenkomplexes und seine Vermittlung aufein-ander abzustimmen und möglichst eng miteinander zu verknüpfen.

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2. Didaktische Umsetzung

Zielgruppen: Der LernOrt Kislau als außerschulischer Lernort

Das Angebot des LernOrts Kislau richtet sich grundsätzlich an alle Menschen, besonders aber an Jugendliche aller Schularten und junge Erwachsene. Gerade diesen Altersgruppen eröffnet er wichtige neue Zugänge zu demokratierelevanten historischen Themen:

Die Bildungsstandards des Landes Baden-Württemberg messen außerschulischen Lernorten sowie dem lokalgeschichtlichen Bezug zu Recht einen hohen Stellenwert bei. Der LernOrt Kislau bietet beides zugleich. Denn über die schulische Wissensvermittlung hinaus kann hier, am authentischen Ort, anhand realer regionaler Beispiele unmittelbar an die Lebens-welten der jungen Besucher/innen angeknüpft werden. Je nach Schultypus, Altersstufe und Interessen werden unterschiedliche pädagogische Angebote unterbreitet, die einen Gegen-wartsbezug herstellen und konkrete Handlungsspielräume für den eigenen Alltag eröffnen.

Zielsetzung: Der LernOrt Kislau als „Haus der menschlichen Möglichkeiten“

In einer viel beachteten Studie propagieren die Soziolog/innen Harald Welzer und Dana Giesecke ein „Haus der menschlichen Möglichkeiten“ als eine zeitgemäße Alternative zu einer Gedenkstätte klassischer Art, da diese „vor allem den Schrecken erinnert, nicht aber diejenigen, die etwas getan haben, um ihn zu verhindern oder wenigstens abzumildern“.

Während das Konzept von Giesecke/Welzer eine Auseinandersetzung mit den negativen wie mit den positiven menschlichen Möglichkeiten vorsieht, haben wir vor allem die posi-tiven Möglichkeiten im Blick: Die Besucher/innen werden mit Menschen aus Baden konfron-tiert, die sich bereits vor 1933 für Frieden, Freiheit und Menschenrechte eingesetzt und sich frühzeitig rechtsextremistischen Tendenzen entgegengestellt haben. Verfolgung und Exil werden ebenfalls thematisiert, aber in ihren historischen Kontext gestellt – ohne einen erhobenen Zeigefinger und ohne vorgegebene Ergebnisse. Das Lernziel, das über dem allen steht, ist die Erkenntnis, dass Demokratie keine selbstverständliche, für alle Zeiten fest-stehende Gegebenheit ist, sondern dass man um sie jeden Tag aufs Neue ringen muss.

Zielerreichung: Die didaktischen Mittel

� Multimedialer Parcours: Die „Wege des Widerstands“ vermitteln ein atmo-sphärisch dichtes Bild der politischen Situation in Baden vor und nach 1933.

� Jugenddialog: Fundiert ausgebildete Jugend-Guides setzen Führungen und andere Bildungsangebote um.

� Aktive Aneignung: Entlang konkreter Leitfragen wird eigene Quellen- und Projektarbeit geleistet.

� Handreichung: Neuesten Standards entsprechende Arbeitsmaterialien helfen bei weitgehend eigenständiger Gruppenarbeit.

� Gemeinschaftserlebnis: Innovative Workshop-Formate machen die Wirk-kraft gemeinsamen Handelns anschau-lich erfahrbar.

� Eigenleistung: Im eigenen Umfeld werden Erfahrungen mit Diktatur, Vertreibung und Exil erkundet und in die LernOrt-Arbeit eingebracht.

� Stresstest: Praxisbezogene Übungen fördern die individuelle Handlungs- und Konfliktfähigkeit.

� Handlungsmuster: Interaktiv und mit allen Sinnen wird gemeinsam erarbei-tet, wie man selber im Alltag Zivilcou-rage an den Tag legen kann.

� Handlungsmodelle: Menschenrechts-organisationen werden als Modelle eigenen Engagements erfahren.

� Selbstwirksamkeit: Ergebnisse werden vor Publikum präsentiert und mit Repräsentant/innen von Parteien und Verbänden diskutiert.

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3. Raumnutzungskonzept

Der LernOrt Kislau soll kognitive wie emotionale Ebenen ansprechen. Er muss deshalb dreierlei zugleich sein: Informationszentrum, Erlebnisraum und Stätte der Begegnung.

Informationszentrum und authentischer Ort: Der „Weg des frühen Widerstands“

Solange die Schlossanlage Kislau als JVA genutzt wird, ist der Zugang zu den wichtigsten Räumlichkeiten des ehemaligen Konzentrationslagers verwehrt. Weder der Appellplatz noch die Schlafräume oder Ludwig Marums Haft- und Todeszelle sind zugänglich, und auch die gut erhaltenen Häftlingsinschriften im Bischofsbad können nicht besichtigt werden. Ersatzweise soll künftig nördlich und östlich des umzäunten Gebäudekomplexes ein „Weg des frühen Widerstands“ über die einstmalige Nutzung informieren. In diesem Zusammen-hang sind insbesondere die folgenden vier Örtlichkeiten von Interesse:

A Das einstige Haus des Lagerkomman-danten liegt im Außenbereich der JVA. Davor soll am Wegesrand eine Info-Tafel stehen.

C Hinter diesen Mauern befanden sich einstmals die Schlafräume der KZ-Insassen sowie der Appellplatz der Anlage.

B Auch auf Ludwig Marums Haft- und Todeszelle soll im Außenbereich mit einer entsprechen-den Info-Tafel hin-gewiesen werden.

D In der Kuppel des Bischofsbads im Hauptgebäude von Schloss Kislau künden Häftlings-inschriften von der KZ-Zeit.

Von der Dienstwohnung zum LernOrt: Die verfügbaren Räumlichkeiten

Das 1762 erbaute ehemalige Mühlengebäude von Schloss Kislau steht unter Denkmalschutz. Neben Stallungen und anderen land-wirtschaftlich genutzten Räumlichkeiten findet sich in dem stark renovierungsbedürftigen Gebäude ein Wohntrakt. Im Erdgeschoss des Wohntrakts sind ein Sozialraum für die in der Landwirtschaft arbeitenden JVA-Insassen sowie ein Hofladen untergebracht, in dem die hauseigenen Produkte verkauft werden. Das erste Ober-geschoss und das Dachgeschoss mit insgesamt rund 275 qm Boden-fläche hingegen stehen leer. Nach einer Sanierung könnten sie einer Nutzung als außerschulischer LernOrt zugeführt werden: das Dachgeschoss als unorthodoxer Ausstellungsraum, das erste Ober-geschoss als ein Ort der Spurensuche und des Dialogs.

Fotos auf dieser Seite: Günter Wimmer, Andrea Hoffend

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Der LernOrt Kislau als Erlebnisraum: „Wege des Widerstands“ im 2. OG

Interesse wecken statt mit Informationen erschlagen: Statt einer konventionellen Ausstel-lung mit vielen langen, ermüdenden Texten, die nach mehr oder weniger vollständiger Lektüre heischen, wollen wir im Dachgeschoss des LernOrts Kislau einen multimedialen Parcours anbieten, der assoziativ-emotional und mit steten Gegenwartsbezügen arbeitet. Heutigen Rezeptionsgewohnheiten entsprechend, werden die Besucher/innen nicht mit ausgiebigen Schilderungen und Komplettbiografien konfrontiert, sondern mit Episoden, lebendig-kurzen Erlebnisberichten und Einzelaussagen – selbstredend nicht so knapp wie in den folgenden Beispielen, aber doch knapp genug, um den Spannungsbogen zu halten.

Positionsbestimmung: Der Nationalsozialismus ist durch ein archaisch-starres Prinzip von Führer und Gefolgschaft sowie durch extremsten Rassismus und Biologismus geprägt. In zwei Simulationskammern werden die Besucher/innen des Parcours hautnah mit diesen beiden Kernbestandteilen der NS-Ideologie konfrontiert und müssen Stellung beziehen:

� Im Gegenstrom-Kanal erleben die Besucher/innen physisch wie psy-chisch, wie es ist, gegen eine Nazi-parolen brüllende Menschenmasse anlaufen und ansingen zu müssen.

� Der Xenomat generiert in schneller Folge Behauptungen zu vermeintli-chen Rassen- und Volksmerkmalen, die blitzschnell bestätigt oder verwor-fen werden müssen.

Multimedialer Parcours

„Wege des Widerstands“

„Da steht der Feind, der sein Gift in die Wunden eines Volkes träufelt. Da steht der Feind – und darüber ist kein Zweifel: dieser Feind steht rechts!“ Joseph Wirth 1922

„Wer ist Adolf Hitler aus München? Meine Herren von rechts, ich will Ihnen sagen: Wenn ich Zugriffsrechte hätte, würde ich diesen Herrn in eine Heil- und Pflegeanstalt schicken...“ Adam Remmele 1923

„Für eine so gute und gerechte Sache ist der Einsatz des eigenen Lebens der angemessene Preis.“ Julius Leber 1944

„Dumpf und nur wenigen Wissenden deutlich, zeigt sich der kommende Krieg.“ Emil Julius Gumbel 1928

Freiburg März 1933: Nussbaum-Affäre

Mannheim Januar 1932: Schlägerei im Rathaus

Heidelberg 1924: Publikation Gumbels zu den rechten Geheimbünden

Konstanz ab 1933: Schriftenschmuggel über die Grenze

Kislau Oktober 1933: Flucht aus dem KZ

„Demokratie braucht Demokraten.“ Friedrich Ebert 1924

Baden 1938: Illegale Flugblätter der SAP

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Der LernOrt Kislau als Begegnungsstätte: Gruppenarbeit und Diskussion im 1. OG

Im ersten Obergeschoss mit einer Gesamtfläche von rund 135 qm werden die auf dem „Weg des frühen Widerstands“ im Außenbereich sowie in der multimedialen Präsentation gewon-nenen Eindrücke verarbeitet und vertieft. Dies geschieht im Wesentlichen im Rahmen jugendgerechter Themen-Workshops und einer biografisch akzentuierten Spurensuche.

Wesentlicher Bestandteil der Workshops und der biografischen Spurensuche ist die Arbeit an kurzen, prägnanten Quellentexten. Die Grundlage dafür liefern neben Archivfunden und edierten Quellensammlungen zwei am LernOrt Kislau aufzubauende Schriftensammlungen. Aus der Gegenüberstellung von Texten beider Sammlungen ergeben sich Anknüpfungs-punkte für spannende und fruchtbare Diskussionen:

� In einer Bibliothek des badischen Widerstands sind die zeitgenössischen Publikationen badischer NS-Gegner/innen wie Emil Julius Gumbel, Stefan Heymann, Hugo Marx, Adam Remmele, Alexander Schifrin, Käte Vordtriede oder Joseph Wirth versammelt. Sie alle dokumentieren, welche Werte diese Menschen leiteten und mit wieviel Weitsicht sie die politische Situation in der Weimarer Republik und in der NS-Zeit analysierten.

� Darüber hinaus wird in Teilen auch der Bestand der Häftlingsbibliothek des KZs Kislau rekonstruiert. Die in dieser Bibliothek versammelten Propagandaschriften lieferten den Stoff für die „politischen Schulungen“, mittels derer die KZ-Häftlinge und andere Inter-nierte im nationalsozialistischen Sinne umerzogen werden sollten.

Grundriss auf dieser und der vorangehenden Seite: Generallandesarchiv Karlsruhe

Kaffeeküche

Gruppenarbeit - Raum 2 -

Gruppenarbeit

- Raum 1 -

Forschung und

Verwaltung

Toiletten

Bibliothek und Archiv

Kaffeeküche

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4. Ortsungebundene Angebote

Virtuelle Präsenz: Der Internet-Auftritt

Die Authentizität des realen LernOrts Kislau und die intensive persönliche Betreuung, die dort geboten wird, vermag ein noch so attraktiv und professionell gestalteter Internet-Auftritt nicht zu ersetzen. Wohl jedoch kann er für das Thema sensibilisieren und Neugier wecken. Im Laufe des Jahres 2013 wird der LernOrt Zivilcourage e. V. mit Landesmitteln erste Schritte hin zu einem solchen Internet-Auftritt gehen. Im engen Dialog mit jungen Menschen entwickeln unsere Aktiven so eine erste Plattform, die im Zuge der künftigen Forschung und Vermittlung sukzessive weiter ausgebaut und vertieft werden muss.

Netzwerk: Das Datenbankprojekt „Widerstand in Baden“

Das Wissen über die zwar letztlich zu wenigen, aber dennoch durchaus sehr zahlreichen Menschen, die den Nationalsozialismus vor und nach 1933 aktiv bekämpft haben, ist mehr als lückenhaft. Einigen wenigen lokalen Aufarbeitungen stehen viele „weiße Flecken“ gegenüber. Derzeit bauen Aktive unseres Vereins deshalb eine Datenbank auf, die die Namen, Lebensstationen und Aktivitäten all derjenigen Badener/innen enthalten soll, die mit Mut, Zivilcourage und politisch-ethischem Bewusstsein den Nazis entgegenwirkten.

In einem ersten Schritt pflegen wir exemplarisch die aktuell verfügbaren Informationen zu rund 40 Personen ein. In einem zweiten Schritt soll eine wissenschaftlich geschulte Kraft systematisch die bisher veröffentlichte Literatur und die bislang erschlossenen Quellen zum Thema auswerten und auf diese Weise Daten zu schätzungsweise rund 2.000 weiteren Personen erheben. Im Zuge weiterer Forschungen und zunehmender Vernetzung soll die Datenbank sodann sukzessive um weitere Erkenntnisse angereichert werden. Auf der Basis des so generierten Wissens können sich Schulklassen und Jugendgruppen zielgerichtet mit historischen Schicksalen und Geschehnissen ihres unmittelbaren lokalen oder regionalen Umfelds befassen und zum Teil auch in Rechercheschritte eingebunden werden.

Lieferservice: Das Projekt „Mobiler LernOrt“

Eine weiterführende Ergänzung zur Arbeit am LernOrt Kislau stellt das Projekt „Mobiler Lernort“ dar. Im Rahmen aufsuchender Geschichtsarbeit bietet das LernOrt-Team jungen Menschen Handreichungen und Materialien zum selbständigen historischen Lernen vor Ort an und unterstützt sie bei eigenen Recherchen. Dabei werden auch authentische Orte in ihrem unmittelbaren Umfeld mit einbezogen.

Fachkompetenz: Expertise statt formaler Zuständigkeit

Nicht jede/r kann Geschichte, und auch nicht jede/r Historiker/in ist auf allen Geschichts-feldern kompetent. In den Reihen unseres Vereins finden sich Geschichts- und Museums-didaktiker/innen, Archivar/innen und Fachhistoriker/innen, die sich vielfach seit Jahren mit dem hier in Frage stehenden Themenkomplex befassen. Fachlicher Unterstützung durch Landeseinrichtungen bedürfen wir also kaum, wohl aber des politischen Willens zur Umsetzung unseres Projekts.

Gundula Axelsson M. A., Historikerin Dr. Andrea Hoffend, Zeithistorikerin/Politikwissenschaftlerin Ulrich Mink, ehemaliger Geschichtslehrer Jürgen Schuhladen-Krämer M. A., Historiker Dezember 2012/April 2013

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Anhang A: Persönlichkeiten des badischen Widerstands – Beispiele

Acht von Hunderten im KZ Kislau inhaftierter NS-Gegner

Der Konstanzer SPD-Landtags-abgeordnete Karl Großhans (1882-1946) war zu Beginn der NS-Zeit in den KZs Heuberg und Kislau inhaf-tiert. Später musste er die KZs Natzweiler, Dachau und

Mauthausen durchleiden. Am 9. Mai 1945 in Mauthausen befreit, starb er ein Jahr später an den Folgen der Haft.

Der gelernte Müller Adam Remmele (1877-1951) bot als badischer Innenminister und Staatspräsident den Nazis wie kein Zweiter in Baden auf parlamentarischer Bühne die Stirn. Mit Erfolg betrieb er die

Demokratisierung der badischen Polizei. Nach der „Machtergreifung“ ließen die Nazis ihn ihren Hass umso stärker spüren.

Der KPD-Funktionär und Parteiredakteur Stefan Heymann (1896-1967) durch-lief in der NS-Zeit einen zwölfjährigen Leidensweg vom Zuchthaus über die KZs Kislau, Dachau und Buchen-

wald bis ins Vernichtungslager Auschwitz. Er überlebte und bekleidete später in der DDR hohe diplomatische Ämter.

Paul Schreck (1892-1948), ein gelernter Dreher, wirkte für die KPD als Parteisekretär. Darüber hinaus vertrat er seine Partei auf Kommunal-, Landes- und Reichsebene. Während der NS-Zeit verbrachte er insge-

samt acht Jahre in Gefängnis- und KZ-Haft – so zuletzt allein sechs Jahre in Buchenwald, wo er als Lagerältester fungierte.

Der Weinheimer Lederarbei-ter Robert Klausmann (1896-1972) gehörte in der Weima-rer Republik dem Badischen Landtag und dem ZK der KPD an. Nachdem ihm im Oktober 1933 die Flucht aus dem KZ

Kislau und aus Deutschland geglückt war, leitete er vom Elsass aus den KPD-Wider-stand im deutschen Südwesten an.

Der ehemalige Zigarrenarbeiter Christian Stock (1884-1967) war als Arbeitersekretär in Heidel-berg aktiv und hatte seine Partei – die SPD – in der Natio-nalversammlung sowie im Badi-schen Landtag vertreten. In der

Nachkriegszeit bekleidete Stock drei Jahre lang – von 1947 bis 1950 – das Amt des hessi-schen Ministerpräsidenten.

Der Karlsruher Rechtsanwalt Ludwig Marum (1882-1934) hatte sich als langjähriger Vorsitzender der badischen SPD-Landtagsfraktion in ganz besonderem Maße bei den Nazis verhasst gemacht. Nach

knapp einjähriger KZ-Haft in Kislau wurde er am 29. März 1934 in seiner Zelle von SA- und SS-Schergen ermordet.

Der Liedolsheimer Schlosser Gustav Zimmermann (1888-1949) war vor 1933 als Kommu-nal- und Landespolitiker in Mannheim aktiv. Als badischer Landesdirektor des Inneren und als Vizevorsitzender der SPD-

Fraktion im Parlamentarischen Rat hatte er nach Kriegsende maßgeblich am demokrati-schen Neubeginn Deutschlands teil.

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16 von Tausenden Badener/innen in Abwehrkampf, Widerstand und Exil

Der Mannheimer Gewerk-schaftssekretär und SPD-Stadtverordnete Jakob Baumann (1893-1951) wurde wegen seiner führenden Rolle im Widerstand 1935 verhaftet und 1937 zu zehn

Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach dem Krieg fungierte er unter anderem als Vor-sitzender der örtlichen VVN-Sektion.

Der linksliberale Karlsruher Reichstagsabgeordnete Ludwig Haas (1875-1930) hatte vor dem Ersten Weltkrieg wie nur wenige andere für den Erhalt des Friedens gekämpft. Auch in der Weimarer Republik tat

er sich als unerschrockener Gegner der extremen Rechten hervor und zog sich deshalb deren erbitterte Feindschaft zu.

Der Lehrer Karl Otto Bührer (1901-1942) war Leiter der Pforzheimer SAP. Nach 1933 gelang es seiner Gruppe, ein Wiederstandsnetz für ganz Baden zu organisieren. 1938 wurde Bührer verhaftet und

zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Unter unbekannten Umständen kam er 1942 im Zuchthaus Brandenburg ums Leben.

Das Karlsruher DDP-Mitglied Otto Hafner (1904-1986) arbeitete als Ingenieur in Frankreich und unterstützte emigrierte Liberale. Rassisch Verfolgten gelang durch seine Hilfe die Ausreise. 1940 kam

er wegen Landesverrats ins Gefängnis und danach in verschiedene KZs sowie zuletzt 1944 ins VL Auschwitz, das er überlebte.

Max Diamant (1908-1992) war Bezirksleiter der SAP für Nordbaden. Im Frühjahr 1933 ins Elsass geflüchtet, wirkte er als SAP-Grenzsekretär und in anderen wichtigen Partei-funktionen. 1940/41 engagier-

te sich der enge Freund Willy Brandts als Fluchthelfer im Komitee von Varian Fry, bevor er selbst nach Mexiko entkam.

Der Kaiserstühler Lehrer Wilhelm Hauser (1883-1983) gehörte vor 1933 zu den Haupt-aktivisten der Deutschen Frie-densgesellschaft. Ursprünglich DDP-Mitglied, stand er später der KPD nahe. 1938 wurde er

als „Schutzhaftjude“ ins KZ Dachau eingelie-fert. Noch im selben Jahr konnte er ins Exil entkommen. Später wirkte er in der DDR.

Der Heidelberger Statistik-professor Emil Julius Gumbel (1891-1966) war einer der führenden Menschenrechts-aktivisten Deutschlands und deshalb 1932 der Erste, den die braune Brut im Bündnis

mit anderen politischen Kräften ins Exil vertrieb. Von Frankreich aus stritt er für eine Deutsche Volksfront gegen die Nazis.

Die Kontoristin und Parteiredak-teurin Anette Langendorf (1894-1969) vertrat die KPD in der Friedrichsfelder Stadtver-ordnetenversammlung und seit 1929 im Badischen Landtag. Während ihr Ehemann Rudolf

1942 als Mitglied der Widerstandsgruppe um Georg Lechleiter hingerichtet wurde, über-lebte sie Gefängnis und das KZ Ravensbrück.

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Wilhelm Künzler (1906-1994) aus Singen bei Pforzheim war lange vor 1933 als aktiver NS-Gegner bekannt. Nach dem Verbot der KPD emigrierte er nach Prag, kehrte aber 1934 zurück, um sich im Wider-

stand zu engagieren. 1935 zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt, wirkte er nach 1945 als Singener Bürgermeister.

Pius Uhrig (1896-1973) aus Plittersdorf arbeitete in einer Rastatter Waggonfabrik und vertrat 1932/33 die KPD im Reichstag. Wegen seiner publi-zistischen Tätigkeit gegen die Nazis 1933/34 erstmals verhaf-

tet, war er 1944/1945 in Natzweiler und Dachau interniert. Nach 1945 fungierte er als Landrat der Landkreise Rastatt und Lahr.

Der Elsässer Julius Leber (1891-1945) absolvierte in Freiburg Schule und Studium. Als Parteiredakteur wie als Reichstagsabgeordneter stritt er von Lübeck aus erbittert gegen die Nazis. Von 1933 bis

1937 inhaftiert, aber ungebrochen, stand Leber später dem „Kreisauer Kreis“ nahe. Noch 1945 wurde er deshalb hingerichtet.

Die Hannoveraner Bürgerstoch-ter Käthe Vordtriede (1891-1964) wirkte in der Weimarer Republik als Lokalredakteurin des Freiburger SPD-Organs „Volkswacht“. Nach mehrmali-ger „Schutzhaft“ gelang ihr

noch wenige Stunden vor Kriegsausbruch die Flucht in die Schweiz und von dort aus in die USA, wo sie ein karges Leben fristete.

Der gebürtige Mannheimer Hermann Müller (1876-1931) gehört zu den Schlüsselfigu-ren der Weimarer Republik. Als SPD-Reichsvorsitzender, als Außenminister 1919/20, als Oppositionsführer in den

Jahren 1920 bis 1928 wie als Reichskanzler von 1928 bis 1930 hat er um den Erhalt der ersten deutschen Demokratie gerungen.

Die Mannheimer Bankierstoch-ter Hedwig Wachenheim (1891-1969) war in leitenden Funk-tionen bei der Arbeiterwohl-fahrt aktiv und gehörte zeit-weilig dem Preußischen Land-tag an. Im US-Exil war sie 1940

am Aufbau eines Hilfskomitees beteiligt, das deutsche Flüchtlinge aus dem besetzten Europa herausholte.

Der badische SPD-Vorsit-zende und Landtagsvizepräsi-dent Georg Reinbold (1885-1946) organisierte nach seiner Flucht ins Exil von 1933 bis 1940 als Grenzsekre-tär den Widerstand seiner

Partei in Baden, Württemberg, Südhessen und der Pfalz. Vor der geplanten Rückkehr nach Hause starb er entkräftet in den USA.

Der Freiburger Zentrumspoli-tiker Joseph Wirth (1879-1956) hat als badischer Finanzmini-ster und später dann als Reichs-minister und Reichskanzler wie nur wenige andere gegen die Ultrarechten gekämpft. 1933

emigrierte er in die Schweiz, wo er zu den Mitinitiatoren der Arbeitsgruppe „Demokra-tisches Deutschland“ gehörte.

Porträtfotos auf dieser und den beiden vorangehenden Seiten: Privat – Archiv der sozialen Demokratie - Generallandesarchiv Karlsruhe – Stadtarchive Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim und Rastatt

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Anhang B: Die Forschungs- und Literaturlage zum Thema

Bloß sporadisch bekannt: Der Kampf gegen rechts vor 1933 in Baden

Die badische Politik in der Weimarer Republik ist Gegenstand mehrerer Darstellungen gewesen. Gleichwohl stehen fundierte Studien zum Agieren der badischen Parteien ange-sichts der Bedrohung von rechts vielfach noch aus. Das Wirken antinationalistischer und pazifistischer Organisationen wie der Liga für Menschenrechte, der Deutschen Friedens-gesellschaft oder der 1924 gegründeten überparteilichen Republikschutzorganisation „Reichsbanner Schwarz–Rot–Gold“ im deutschen Südwesten ist vollkommen unerforscht.

Zu einigen prominenteren badischen NS-Gegnern wie Adam Remmele oder Joseph Wirth liegen Monografien vor, zu drei bis vier Dutzend weiteren Personen finden sich Aufsätze in den „Badischen Biographien“ und anderen regionalen Geschichtspublikationen. Tausende Schicksale harren jedoch noch der planmäßigen Erforschung, wo nicht der Entdeckung.

Marginalisiert: Der frühe badische Widerstand

Trotz seiner quantitativen wie qualitativen Bedeutung spielt der Abwehrkampf der frühen NS-Gegner/innen bis heute in den Forschungen und Publikationen zum südwestdeutschen Widerstand nur eine Nebenrolle. Das Gros der Arbeiten widmet sich dem militärischen und dem kirchlichen Widerstand. Typisch bleibt die Schwerpunktsetzung in einem Sammelband zum Thema, den die Landeszentrale für politische Bildung vor 28 Jahren herausgegeben hat: Von den 26 Kurzbiografien, die darin enthalten sind, betreffen nur sechs Vertreter des frühen Widerstands. Ähnlich hat das Stuttgarter Haus der Geschichte 2012/13 in der Aus-stellung „Anständig gehandelt“ den frühen politischen Widerstand nur kursorisch bedacht.

Auch die lokale Ebene ist nur sporadisch erforscht. Eine wissenschaftlich fundierte Studie über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Mannheim aus dem Jahr 1984 ist bis heute in Umfang wie Qualität unerreicht; mit einer vergleichbaren Arbeit hat nur die Stadt Offenburg 1995 nachgezogen. Darüber hinaus wurden in den 80er/90er Jahren vereinzelte nichtwissenschaftliche Publikationen zu Widerstand und Verfolgung unter anderem in Freiburg und Singen realisiert.

Nur lückenhaft erfasst: Verfolgung in Baden

1976 hat der damalige Mannheimer Archivleiter Jörg Schadt die Lageberichte der Gestapo und des Generalstaatsanwalts Karlsruhe für die Jahre 1933 bis 1940 herausgegeben. Seither ist wenig geschehen, um Licht in die Verfolgung der frühen politischen NS-Gegner zu bringen; das Gros der einschlägigen Akten ist schlecht verzeichnet.

Nachdem sich Julius Schätzle 1974 kursorisch mit den südwestdeutschen KZs befasst hatte, waren zumindest die badischen Lager kaum Gegenstand weiterer Untersuchungen. Dem KZ Kislau hat sich 1982 immerhin eine Lehramtsstudentin in ihrer Abschlussarbeit gewidmet. Darüber hinaus ist in zwei Anthologien über die frühen KZs im Reich auch jeweils ein kurzer Aufsatz zu den beiden badischen Lagern Kislau und Ankenbuck enthalten. Die Schicksale der dortigen Häftlinge indes sind ebenso unerforscht wie die anderer politischer Häftlinge.

Nahezu vergessen: Die politische Emigration aus Baden

Eine Gesamtschau des politischen Exils steht aus, und auch die Emigrantenschicksale badi-scher NS-Gegner/innen sind großenteils unbekannt. Wenige biografische Studien widmen sich Prominenten wie Emil Julius Gumbel, einige ältere Aufsätze Funktionsträgern des Exils. Hinzu kommen Memoiren einiger Exilant/innen wie Hugo Marx oder Käthe Vordtriede.

Fassung vom Juli 2013