Nutzungsroutinen im Wandel

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NUTZUNGSROUTINEN IM WANDEL VOM PASSIVEN ZUM AKTIVEN UMGANG MIT MEDIENANGEBOTEN Gisela Reiter & Nicole Gonser Forschungscenter Journalismus Institut für Journalismus & Medienmanagement FHWien der WKW DGPuK Pre-Conference in Leipzig 30. März 2016

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NUTZUNGSROUTINEN IM WANDEL VOM PASSIVEN ZUM AKTIVEN UMGANG MIT MEDIENANGEBOTEN

Gisela Reiter & Nicole Gonser Forschungscenter Journalismus Institut für Journalismus & Medienmanagement FHWien der WKW DGPuK Pre-Conference in Leipzig 30. März 2016

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THEORETISCHE GRUNDLAGEN: MEDIENREPERTOIRES

► Medienrepertoires werden individuell zusammengestellt (vgl. Hasebrink & Popp 2006)

► gezielte Selektion und immer geübterer Umgang mit

Medienangeboten (vgl. Taneja et al. 2012)

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THEORETISCHE GRUNDLAGEN: NUTZUNGSROUTINEN

► (Naab, 2012)

Mediensozialisation in Kindheit und Jugend

(vgl. Süss 2008)

Mediennutzen

Uses and Gratifications

(vgl. Hugger 2008; Katz et al. 1974)

Mediennutzungsroutine

wiederholte Nutzung und

damit verbundene

Gewohnheiten

(vgl. Naab 2012)

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ERKENNTNISINTERESSE

F O R S C H U N G S C E N T E R J O U R N A L I S M U S 4

späte Privatisierung

starker öffentlich-rechtlicher Rundfunk (ORF)

Kleinstaatenproblematik (vgl. Neumüller, 2010)

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FORSCHUNGSFRAGEN

F O R S C H U N G S C E N T E R J O U R N A L I S M U S 5

► Welche unterschiedlichen Medienrepertoires im Alltag werden von

den ÖsterreicherInnen genutzt?

► Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem täglichen

Medienrepertoire und der jeweiligen Mediensozialisation?

► Welche Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten sind in den

verschiedenen NutzerInnengruppen zu erkennen?

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AUSWERTUNG

► Gruppierung nach non-linearen und linearen (vgl. Hasebrink,

2009) Medienrepertoires im Alltag bzw. nach Mischtypen

► NutzerInnengruppen und deren Sozialisation als Grundlage für

Nutzungsroutinen

► Gemeinsamkeiten und Unterschiede der NutzerInnengruppen in

Bezug auf die Nutzungssituation

F O R S C H U N G S C E N T E R J O U R N A L I S M U S 6

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STECKBRIEF

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► 48 Leitfadeninterviews mit österreichischen MediennutzerInnen

(Durchführungszeitraum: 1. HJ 2015)

► Gesprächsleitfaden zur aktuellen Mediennutzung,

Mediensozialisation und Informationsbeschaffung, sowie

Einschätzungen zur österreichischen Medienlandschaft,

gesellschaftlichem Stellenwert von Medien und Medienskepsis

► Durchführungsprotokoll und Begleitfragebogen mit

Soziodemografie (inkl. quantitativ abgefragte Mediennutzung und

Haushaltsausstattung)

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BEFRAGTE NACH QUOTENPLAN

F O R S C H U N G S C E N T E R J O U R N A L I S M U S 8

Bildung

Alter Geschlecht niedrig mittel hoch

18–29

m Julian Leon Philipp

Benjamin Martin David

w Isabel Sarah Emilia

Helena Livia Elisa

30–49

m Oliver Luis Ben

Samuel Alexander Adrian

w Sophia Nora Paula

Bianca Ursula Lara

50–69

m Felix Thomas Christoph

Marco Noah Gabriel

w Theresa Jasmin Stefanie

Greta Clara Andrea

70+

m Erich Josef Peter

Georg Kurt Michael

w Monika Anna Elisabeth

Karin Barbara Viktoria

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NUTZUNGSROUTINEN AM MORGEN

Josef (m_73_mittel_20150503_Wimmer)

F O R S C H U N G S C E N T E R J O U R N A L I S M U S 9

Josef (m_73_mittel):

„Jeden Tag in der Früh

schaue ich im Internet

nach, was es Neues

gibt.“

Lara (w_41_hoch):

„Radio, mit dem wache

ich auf, das ist mein

Wecker.“

Helena (w_28_niedrig):

„Bei mir fängt der Tag

damit an, dass ich

Puls 4 einschalte.“

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NUTZUNGSROUTINEN IM TAGESVERLAUF

F O R S C H U N G S C E N T E R J O U R N A L I S M U S 1 0

Gabriel (m_62_hoch):

„Ich höre, wenn ich nach

Hause fahre […] das Ö1-

Mittagsjournal.“

Jasmin (w_52_mittel):

„Wenn ich daheim bin, am

Nachmittag um 15:10, ist

„Sturm der Liebe“ und

das schaue ich mir an.“

Alexander (m_43_mittel):

„Und was ich regelmäßig

schaue, das ist die ORF-

Homepage, um Nach-

richten abzufragen.“

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NUTZUNGSROUTINEN AM ABEND

F O R S C H U N G S C E N T E R J O U R N A L I S M U S 1 1

Nora (w_42_mittel):

„Ja, am Abend guck ich

ein bisschen fern, aber

nur zum Einschlafen, also

keine Berichterstattung

im Fernsehen.“

Leon (m_21_mittel):

„[Da] schaue ich mir die

Nachrichten auch an, weil es

halt im Fernsehen schnell

anschaubar ist.“

Andrea (w_52_hoch):

„Es kann sein, dass

ich Radio hör und

mich begleitend im

Internet mit Zeitungen

und Zeitschriften, ver-

schiedenen digitalen

Informationsquellen,

beschäftige.“

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NUTZUNGST YPEN NACH MEDIENREPERTOIRES IM ALLTAG

F O R S C H U N G S C E N T E R J O U R N A L I S M U S 1 2

Bildung

Alter Geschlecht niedrig mittel hoch

18–29

m Julian Leon Philipp

Benjamin Martin David

w Isabel Sarah Emilia

Helena Livia Elisa

30–49

m Oliver Luis Ben

Samuel Alexander Adrian linear

w Sophia Nora Paula non-linear

Bianca Ursula Lara Mischtyp

50–69

m Felix Thomas Christoph

Marco Noah Gabriel

w Theresa Jasmin Stefanie

Greta Clara Andrea

70+

m Erich Josef Peter

Georg Kurt Michael

w Monika Anna Elisabeth

Karin Barbara Viktoria

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MEDIENSOZIALISATION: LINEARER NUTZUNGST YP

F O R S C H U N G S C E N T E R J O U R N A L I S M U S 1 3

Samuel (m_49_niedrig):

„[Mediennutzung damals

ist] eigentlich eh sehr

ähnlich wie jetzt. Das heißt

Zeitung und Fernsehen.“

Gabriel (m_62_hoch):

„Wir haben in unserer

Klasse, die OÖN

Nachrichten abonniert,

das war unsere

Klassenzeitung und die

haben wir täglich

gelesen und abends ein

bisschen darüber

gesprochen.“ Elisabeth (w_71_hoch):

„Zeitung. Na das war

einfach

Familientradition.“

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MEDIENSOZIALISATION: MISCHT YP

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Josef (m_73_mittel):

„Mein Vater hatte

schon immer eine

Zeitung. Da haben

wir halt ein wenig

„mitgeschaut.“ Julian (m_20_niedrig):

„Ich hab sehr viel

ferngesehen, als ich

klein war.“

Andrea (w_52_hoch):

„Zeitung hatten wir

daheim keine.“

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MEDIENSOZIALISATION: NON-LINEARER NUTZUNGST YP

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Noah (m_58_mittel):

„Mein typischer Medientag

in der Kindheit war so: Es

hat keinen Fernseher

gegeben, bestenfalls Radio.“

Elisa (w_27_hoch):

„Ich war eigentlich

ein ziemliches

Fernsehkind.“

Ben (m_32_hoch):

„in der Früh gab es

eigentlich immer den

Kurier und am Abend

habe ich auch oft Zeit

im Bild geschaut mit

meinen Eltern.“

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UNTERSCHIED: ANLASSBEZOGENE NUTZUNG

► Non-lineare werden anlassbezogen zu linearen NutzerInnen

► ABER: Lineare werden NICHT zu non-linearen NutzerInnen

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Phillip (m_22_hoch):

„aktuelle

Diskussionsendungen,

Sendungen wie die ZiB.“

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GEMEINSAMKEIT: ZEITLICHE GRÜNDE

► Non-Lineare haben keine Zeit, auf die interessanten Inhalte zu warten

► Lineare haben keine Zeit, sich aus der Fülle an Online-Infos das Wichtigste herauszusuchen

F O R S C H U N G S C E N T E R J O U R N A L I S M U S 1 7

Elisa (w_27_hoch):

„Mich interessiert eigentlich überhaupt nicht, in

welcher Reihenfolge und mit welchen Inhalten die

Fernsehsender daherkommen. Und deshalb

brauch ich sie halt irgendwie nicht.“

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ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

F O R S C H U N G S C E N T E R J O U R N A L I S M U S 1 8

► Nutzungsroutinen immer non-linearer und beeinflusst durch

soziodemografische Parameter

► Gleiche Mediensozialisation führt nicht zu gleichen

Medienrepertoires im Alltag

► anlassbezogene Nutzung gegenläufig zur Alltagsroutine bei

non-linearen NutzerInnen durch Mediensozialisation

► Zeitgründe in allen NutzerInnengruppen genannt mit

unterschiedlichen dahinterliegenden Motiven

Page 19: Nutzungsroutinen im Wandel

VIELEN DANK!

Gisela Reiter

[email protected]

Nicole Gonser

[email protected]

Forschungscenter Journalismus

Institut für Journalismus &

Medienmanagement

FHWien der WKW

http://journalismusdreinull.at

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LITERATUR

► Friese, Susanne (2014). Qualitative Data Analysis with ATLAS.ti. London: Sage Publications.

► Hasebrink, Uwe (2009). Lineares und nicht-lineares Fernsehen aus Zuschauerperspektive. Spezifika, Abgrenzungen und Übergänge. Hamburg:

Hans-Bredow-Institut (Unveröffentlicher Projektbericht).

► Hasebrink, Uwe & Popp, Jutta (2006). Media repertoires as a result of selective media use. A conceptual approach to the analysis of patterns of

exposure. In: Communication, 31(2), S. 369–387. Doi:10.1515/COMMUN.2006.023

► Hugger, Kai-Uwe (2008). Uses-and-Gratification-Approach und Nutzenansatz. In: Sander, Uwe; Gross, Friederike von & Hugger, Kai-Uwe (Hrsg.).

Handbuch Medienpädagogik. Wiesbaden: VS Verlag, S. 173–178.

► Katz, Elihu; Blumler, Jay G. & Gurevitch, Michael (1974). Uses and Gratifications Research. In: The Public Opinion Quaterly, 37 (4), S. 509–523.

► Naab, Teresa K. (2012). Gewohnheiten und Rituale der Fernsehnutzung: Theoretische Konzepte und methodische Perspektiven. Baden-Baden:

Nomos.Gewohnheiten und Rituale der Fernsehnutzung: Theoretische Konzepte und methodische Perspektiven. Baden-Baden: Nomos.

► Neumüller, Marlies (2010). Österreich. In: Christl, Reinhard & Süssenbacher, Daniela (Hrsg.) Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Europa. Wien:

Falter Verlag, S. 19-31.

► Süss, Daniel (2008). Mediensozialisation von heranwachsenden. Dimensionen – Konstanten – Wandel. Wiesbaden: VS Verlag.

► Taneja, Harsh; Webster, James G.; Malthouse, Edward C. & Ksiazek, Thomas B. (2012). Media consumption across platforms: Identifying user-

defined repertoires. In: New Media & Society, 14(6), S. 951–968. Doi: 10.1177/1461444811436146

Weiterführende Literatur:

► Früh, Werner & Schönbach, Klaus (2005). Der dynamisch transaktionale Ansatz III. Eine Zwischenbilanz. In: Publizistik, 50(1), S. 4–20.

► Harrison, Jackie & Woods, Lorna (2001). Defining European public service broadcasting. European Journal of Communication, 16(4), S.477–

504. Doi: 10.1177/0267323101016004003

► Hasebrink, Uwe & Domeyer, Hanna (2010). Zum Wandel von Informationsrepertoires in konvergierenden Medienumgebungen. In: Hartmann,

Maren & Hepp, Andreas (Hrsg.). Die Mediatisierung der Alltagswelt. Wiesbaden: VS Verlag, S. 49–64.

► Schweiger, Wolfgang (2007). Theorien der Mediennutzung: Eine Einführung. Wiesbaden: VS Verlag.

► Trepte, Sabine & Baumann, Eva (2004). „More and More“ oder Kannibalisierung? Eine empirische Analyse der Nutzungskonvergenz von

Nachrichten- und Unterhaltungsangeboten in TV und WWW. In: Hasebrink, Uwe; Mikos, Lothar & Prommer, Elisabeth (Hrsg.). Mediennutzung und

Medienrezeption in konvergierenden Medienumgebungen. München: R. Fischer, S. 173–197.

► Webster, James G., & Ksiazek, Thomas B. (2012). The dynamics of audience fragmentation. Public attention in an age of digital media. In:

Journal of Communication, 62(1), S. 39–56. Doi:10.1111/j.1460-2466.2011.01616.x