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Fakultät für Physik und Geowissenschaften Physikalisches Grundpraktikum 1 O9 „Interferenzen gleicher Dicke“ Aufgaben 1. Bestimmen Sie den Krümmungsradius einer konvexen Linsenfläche durch Ausmessen Newtonscher Ringe unter Verwendung von Licht bekannter Wellenlänge. 2. Bestimmen Sie mit der Anordnung von Aufgabe 1 die Wellenlänge des durch einen Interferenzfilter tretenden Lichts. 3. Ermitteln Sie durch Interferenzen an dünnen Schichten die Dicke einer Folie oder den Durchmesser eines Drahtes. Führen sie mindestens eine der Zusatzaufgaben durch: Z1 Ermitteln Sie die Dicke bzw. den Durchmesser eines selbst ausgewählten Messobjekts, z.B. einer Haarsträhne. Z2 Messen Sie die Newtonschen Ringe mit Wasser als Medium zwischen Linsenfläche und Glasplatte. Z3 Bestimmen Sie die Poissonsche Zahl μ aus den beiden Hauptkrümmungsradien einer gebogenen Platte durch Ausnutzung der Interferenzen gleicher Dicke. Literatur Physikalisches Praktikum, 13. Auflage, Hrsg. W. Schenk, F. Kremer, Optik, 2.0.1, 2.0.2, 2.1 Gerthsen Physik, D. Meschede, 22. Auflage, 10.1.1, 10.1.11, 10.1.12 Zubehör Abbe-Komparator zum Ausmessen der Interferenzlinien, Atomspektrallampe, Filter, Linsen, Glasplatten, Folien, Drähte, Platte mit Spannvorrichtung Schwerpunkte zur Vorbereitung - Interferenz, Kohärenzbedingung, Kohärenzlänge - Bedingungen für Verstärkung (konstruktive Interferenz) bzw. Auslöschung (destruktive Interferenz), Phasendifferenz, Gangunterschied - Interferenzfarben, Interferenzen gleicher Dicke (Newtonsche Ringe, Interferenzen an keilförmigen Schichten) - Strahlengang, Phasenbeziehungen zwischen interferierenden Strahlen (in Luft bzw. in Medien mit der Brechzahl n) - Wirkungsweise von Lichtfiltern, z. B. Interferenzfilter

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Fakultät für Physik und Geowissenschaften Physikalisches Grundpraktikum

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O9 „Interferenzen gleicher Dicke“ Aufgaben 1. Bestimmen Sie den Krümmungsradius einer konvexen Linsenfläche durch Ausmessen Newtonscher Ringe unter Verwendung von Licht bekannter Wellenlänge. 2. Bestimmen Sie mit der Anordnung von Aufgabe 1 die Wellenlänge des durch einen Interferenzfilter tretenden Lichts. 3. Ermitteln Sie durch Interferenzen an dünnen Schichten die Dicke einer Folie oder den Durchmesser eines Drahtes. Führen sie mindestens eine der Zusatzaufgaben durch: Z1 Ermitteln Sie die Dicke bzw. den Durchmesser eines selbst ausgewählten Messobjekts, z.B. einer Haarsträhne. Z2 Messen Sie die Newtonschen Ringe mit Wasser als Medium zwischen Linsenfläche und Glasplatte.

Z3 Bestimmen Sie die Poissonsche Zahl μ aus den beiden Hauptkrümmungsradien einer gebogenen

Platte durch Ausnutzung der Interferenzen gleicher Dicke. Literatur Physikalisches Praktikum, 13. Auflage, Hrsg. W. Schenk, F. Kremer, Optik, 2.0.1, 2.0.2, 2.1 Gerthsen Physik, D. Meschede, 22. Auflage, 10.1.1, 10.1.11, 10.1.12 Zubehör Abbe-Komparator zum Ausmessen der Interferenzlinien, Atomspektrallampe, Filter, Linsen, Glasplatten, Folien, Drähte, Platte mit Spannvorrichtung Schwerpunkte zur Vorbereitung - Interferenz, Kohärenzbedingung, Kohärenzlänge - Bedingungen für Verstärkung (konstruktive Interferenz) bzw. Auslöschung (destruktive Interferenz), Phasendifferenz, Gangunterschied - Interferenzfarben, Interferenzen gleicher Dicke (Newtonsche Ringe, Interferenzen an

keilförmigen Schichten) - Strahlengang, Phasenbeziehungen zwischen interferierenden Strahlen (in Luft bzw. in Medien

mit der Brechzahl n) - Wirkungsweise von Lichtfiltern, z. B. Interferenzfilter

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Bemerkungen Zu Beginn des Versuches wird eine Einweisung in die Bedienung des Abbe-Komparators für die Ausmessung der Interferenzmuster gegeben. Um Messfehler beim Bewegen des Komparatortisches in verschiedene Richtungen gering zu halten, soll der Komparatortisch bei den Messungen nur in einer Richtung bewegt werden. Die Bestimmung der gesuchten Größen erfolgt rechnerisch mittels Ausgleichsrechnung. Zu jeder Aufgabe sind etwa zehn Messungen durchzuführen. Newtonsche Ringe Newtonsche Ringe treten auf, wenn monochromatisches Licht im dünnen Spalt zwischen einer konvexen Linse und einer planparallelen Glasplatte interferiert, siehe Abb. 1. Im Abbe-Komparator fällt das Licht horizontal ein, wird von einer Glasplatte teilweise nach unten reflektiert und trifft vertikal auf die Linse und die planparallele Glasplatte auf. Das Licht wird teilweise an den Glas/Luft-Grenzflächen nach oben reflektiert, wo es in das Mikroskop eintritt. Hier sind wir an den Reflexionen an der konvexen Seite der Linse sowie an der Oberseite der planen Glasplatte interessiert, da diese interferieren und die Newtonschen Ringe erzeugen. Der mechanische Kontakt zwischen Linse und Glasplatte muss nicht ideal sein. Dies wird durch den Kontaktabstand d0 modelliert. d0 ist entweder positiv, falls sich z.B. Staubpartikel zwischen Linse und Glasplatte befinden, oder negativ, falls die Glasplatte durch das Gewicht der Linse leicht eingedrückt wird. Strahl 1 wird an der Oberseite der Luftschicht reflektiert und interferiert mit Strahl 2, welcher an der Unterseite der Luftschicht reflektiert wird, siehe Abb. 1. Im Abstand rk vom Kontaktpunkt hat die Luftschicht eine Dicke d + d0, wobei d den idealen Abstand, der durch die konvexe Krümmung der Linse hervorgerufen wird, beschreibt. Die Brechzahl von Luft wird als Eins angenähert. Da Strahl 2 an einem optisch dichteren Medium reflektiert wird, erfährt er eine zusätzliche Phasenverschiebung um

π.

Abb. 1. Schematischer Aufbau zur Messung Newtonscher Ringe mit Konvexlinse, planparalleler Glasplatte, ablenkender Glasplatte (G) und Strahlengang des Lichts (L).

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Der Gangunterschied zwischen den Strahlen 1 und 2 ist

02 ( ) / 2x d d λΔ = + + (1a)

und die entsprechende Phasendifferenz ist

0

42 ( )

xd d

πδ π πλ λ

Δ= = + + . (1b)

Den Zusammenhang zwischen dem Radius des k-ten Interferenzrings rk und dem Radius der Linse R erhält man gemäß Abb. 2 aus dem Euklidischen Höhensatz:

2(2 ) kd R d r− = . (2)

Abb. 2. Euklidischer Höhensatz zur Berechnung von rk.

Aus den Gln. (1) und (2) sowie der Bedingung für konstruktive Interferenz (helle Ringe) erhält man im

Grenzfall d << R

2k 0

12

2r k R d Rλ⎛ ⎞= − −⎜ ⎟⎝ ⎠

. (3)

Leiten Sie die Gleichung für den Fall destruktiver Interferenz (dunkle Ringe) her.

Zur Analyse der Daten in den Aufgaben 1 und 2 tragen Sie rk2 gegen k auf und bestimmen R bzw. λ

aus der Steigung. Zur Abschätzung der Messunsicherheit verwenden Sie

2 1

2 2

2 1

k kr rR

k kλ

−=

−, (4)

wobei k1 und k2 die niedrigste und höchste gemessene Interferenzordnung bezeichnen. Vergleichen Sie diese Messunsicherheit mit derjenigen, die aus der Unsicherheit der Steigung folgt. Interferenz in keilförmigen Schichten Eine keilförmige Luftschicht wird zwischen zwei flachen Glasplatten erzeugt, wenn die Glasplatten an einem Ende, wie in Abb. 3 gezeigt, durch eine Metallfolie, einen dünnen Draht, eine Haarsträhne o.ä. getrennt werden. Wie im Fall Newtonscher Ringe lässt man monochromatisches Licht normal zu den Glasplatten einfallen und beobachtet die Interferenzstreifen in der Reflexionsgeometrie.

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Abb. 3. Interferenz an einer keilförmigen Luftschicht.

xk möge die horizontale Position des k-ten hellen Interferenzstreifens bezeichnen; der Luftspalt habe an dieser Position die Höhe dk, siehe Abb. 3. Die Phasenverschiebung beträgt dann

2 / 4 /k k kx dδ π λ π λ π= Δ = + und mit der Bedingung für konstruktive Interferenz sowie mit der

Beziehung tanα = dk/xk = D/l erhält man

2 4k

l lx k

D Dλ λ= − . (5)

Leiten Sie die Gleichung für die dunklen Interferenzstreifen her. Benachbarte helle bzw. dunkle Interferenzstreifen sind äquidistant und haben einen Abstand

Dl2

λ=Δ . (6)

Messen Sie 10 unterschiedliche Werte xk in Abhängigkeit von k und tragen Sie xk gegen k auf.

Bestimmen Sie D aus der Steigung, dem gemessenen Wert l sowie der gegebenen Wellenlänge λ.

Zusatzaufgabe: Newtonsche Ringe bei Anwesenheit einer Wasserschicht

Abb. 4. Newtonsche Ringe mit einer Wasserschicht (W) zwischen Linse und Glasplatte.

Die Analyse folgt dem obigen Gedankengang für den Fall Newtonscher Ringe an einem Luftspalt. Im vorliegenden Fall wird der Gangunterschied durch die Brechzahl n von Wasser modifiziert:

02 ( )

2n d d

λΔ = + + . (7)

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Dies führt zu einer leicht veränderten Gleichung für das Radiusquadrat der hellen Ringe:

( )2k 01 2

Rr k d R

nλ= − − . (8)

Leiten Sie die entsprechende Gleichung für die dunklen Ringe her.

Zusatzaufgabe: Bestimmung der Poissonzahl

Gegeben sei eine Platte (Länge l, Breite b und Höhe h), die auf den zwei Schneiden S, S´ aufliegt. Wird über die zusätzlichen Schneiden S1, S1´, siehe Abb. 5, mit Hilfe einer geeigneten Spannvorrichtung auf die Platte Druck ausgeübt, so biegt sie sich in der yz-Ebene (Primärbiegung). Dabei werden die oberen Schichten der Platte gedehnt und erleiden eine Querkontraktion, während die unteren Schichten zusammengedrückt und somit in der Querrichtung gestreckt werden. Es tritt also auch in der xz-Ebene eine Biegung auf (Sekundärbiegung).

Abb. 5. Transparente Platte in einer Spannvorrichtung.

Die Oberfläche der gebogenen Platte unter den Schneiden S1, S1´ ist in Abb. 6 dargestellt. Die Oberfläche ist sattelförmig und lässt sich in der yz- und der xz-Ebene in sehr guter Näherung durch ihre Krümmungskreise beschreiben.

Abb. 6. Sattelförmiges Oberflächenprofil der gebogenen Platte.

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Abb. 7. Querschnitt durch die gebogene Platte in der yz- (links) und der xz-Ebene (rechts).

Alle Krümmungen in den Abbn. 6, 7a und 7b sind stark übertrieben. Aus Abb. 7a folgt für die relative Verlängerung

1 l

l2 2l l h h

l l Rβ−

= = , (y-Richtung) (9)

während man für die relative Verkürzung aus Abb. 7b

b1

b2 2

hb b hb b R

β−= = (x-Richtung) (10)

erhält. Für die Poisson-Zahl ergibt sich deshalb in guter Näherung

l

b

RR

μ = . (11)

Die in Abb. 6 dargestellte Sattelfläche wird beschrieben durch

2 2

b lb l

1 1 1 1x y

z R RR R

⎧ ⎫ ⎧ ⎫⎛ ⎞ ⎛ ⎞⎪ ⎪ ⎪ ⎪= − − + − −⎨ ⎬ ⎨ ⎬⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎝ ⎠⎝ ⎠⎪ ⎪ ⎪ ⎪⎩ ⎭⎩ ⎭

. (12)

Da im Experiment bx R und ly R ist, kann man die Taylorentwicklung der Wurzeln nach den

Gliedern mit ( )2

b/x R bzw. ( )2

l/y R abbrechen und erhält

2 2

b l2 2x y

zR R

= − . (13)

Schnitte durch die Sattelfläche parallel zur xy-Ebene (z = const) ergeben Hyperbeln. Für z = 0 erhält man ein sich schneidendes Geradenpaar, siehe Abb. 8,

l l

b b

andR R

y x y xR R

= + = − . (14)

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Der kleinere Winkel zwischen den Geraden werde als 2α bezeichnet. Dann gilt für die Poisson-Zahl

2l

b

tanRR

μ α= = . (15)

Abb. 8. Interferenzmuster. Die Spannvorrichtung wird unter dem Mikroskop des Abbe-Komparators positioniert. Legt man auf die gebogene Platte eine planparallele Glasplatte und bestrahlt die Anordnung mit monochromatischem Licht, lassen sich die in Abb. 8 gezeigten Hyperbelscharen als Interferenzlinien sichtbar machen. Für die Abstände xk und yk der Scheitelpunkte der Hyperbeln vom Ursprung erhält

man 2k b kx R z= ± and 2 | |k l ky R z= ± , wobei die zk nun optische Weglängendifferenzen

bezeichnen. Messen Sie die Längen 2xk und 2yk für einige Ordnungen des Interferenzmusters, stellen

Sie 21( )kx f k= und 2

2( )ky f k= graphisch dar und bestimmen Sie die Steigungen Sb und Sl. Die Poisson-

Zahl erhält man aus

l l

b b

S RS R

μ = = . (16)

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Messungen mit dem Abbe-Komparator Abb. 9. Abbe-Komparator 1 Tisch, 2 Fixierschraube, 3 Objekt, 4 Messmikroskop (vergrößertes Bild des Objekts), 5 Ablesemikroskop (Glasskale mit Einteilung in 1 mm, 0.1 mm, 0.01 mm, 0.001 mm), 6 Glasskale, 7 Feintrieb

Abb. 10. Glasskale, vom Mikroskop (12) aus betrachtet.

Ablesung = 5 mm + 0.3 mm +0.024 mm + 0.0008 mm

= 5.3248 mm

mit einer Unsicherheit von 0.0002 mm

Abb. 11. Newtonsche Ringe. Messen Sie von der linken höchsten bis zur rechten höchsten Ordnung oder umgekehrt, um mechanisches Spiel zu vermeiden. Der Durchmesser des Interferenzrings ist dann

5 5 52 .li re r− =

5li 5re