Online-Journalismus Neue Anforderungen und Tätigkeitsfelder … · 2005. 10. 23. ·...

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Online-Journalismus Neue Anforderungen und Tätigkeitsfelder Seminararbeit im Proseminar 2: Medienlehre: (Massen-)kommunikation in digitalen Netzen am Institut für Kommunikationswissenschaft der Ludwig-Maximilians-Universität München im SS 2001 eingereicht bei Petra, Taubert, M.A. vorgelegt von Rainer Schmoll Gabelsbergerstr. 28 80333 München (089)52315484 [email protected] Matrikelnummer: 2093597 Hauptfach: Informatik (TUM) Fachsemester: 04 München, September 2001

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Online-Journalismus

Neue Anforderungen und Tätigkeitsfelder

Seminararbeit

im Proseminar 2: Medienlehre: (Massen-)kommunikation

in digitalen Netzen

am Institut für Kommunikationswissenschaft

der Ludwig-Maximili ans-Universität München

im SS 2001

eingereicht bei

Petra, Taubert, M.A.

vorgelegt von

Rainer Schmoll

Gabelsbergerstr. 28

80333 München

(089)52315484

mail@rainer-schmoll .de

Matrikelnummer: 2093597

Hauptfach: Informatik (TUM)

Fachsemester: 04

München, September 2001

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung..........................................................................................................1

2 Online-Recherche..............................................................................................1

3 Die Publikation im Internet................................................................................2

3.1 Vergleich von herkömmlichem Journalismus und Online-Journalismus ...2

3.2 Glaubwürdigkeit von digitalen Zeitungen.................................................3

3.3 Demokratisierung in der Informationsproduktion .....................................4

3.4 Online-Engagement der Muttermedien Rundfunk und Presse...................5

4 Die Entstehung eines Online-Dokuments ..........................................................7

4.1 Nichtlineares Erzählen und Hypertext-Denken .........................................7

4.2 Umgang mit Verweisen (Links) ................................................................8

4.3 Multimediale Möglichkeiten...................................................................10

4.4 Navigationspunkte als „ roter Faden“ ......................................................11

4.5 Design von Web-Seiten ..........................................................................12

5 Fazit und Prognosen ........................................................................................13

Literaturverzeichnis...............................................................................................16

Internetquellenverzeichnis .....................................................................................17

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1

1 Einleitung

Computer verändern die Welt. Natürlich trifft diese Binsenweisheit auch auf den Online-

Journalismus zu. Spätestens mit der Verbreitung des Internets eröffnen sich in der

Publizistik völlig neue Tätigkeitsfelder.

Wie sieht also der Journalismus der Zukunft aus? Zu dieser Kernfrage aus der

Journalismusforschung gehen die Meinungen stark auseinander, vor allem deswegen, weil

es bisher noch kaum gesicherte Erkenntnisse über die Entwicklung des Online-

Journalismus gibt.

Die vorliegende Arbeit behandelt deshalb die Veränderungen, die die Nutzung von

Computer und Internet in der journalistischen Arbeit mit sich bringt und die Frage, welche

neuen Anforderungen an einen im Netz publizierenden Journalisten gestellt werden.

Zwischen dem herkömmlichen Journalismus und dem Online-Journalismus gibt es

signifikante Unterschiede, die nicht nur die Form der Präsentation und die Optik, sondern

auch die Inhalte und das gesamte journalistische Vorgehen in der Produzierphase betreffen.

Behandelt werden hierzu das sog. Hypertext-Denken und die verstärkte direkte

Kommunikation mit dem Leser, der durch Emails eine viel unkompliziertere Möglichkeit

des Feedbacks bekommt. Im Vergleich zur Zeitung spielt die Glaubwürdigkeit der

Publikation im Internet eine noch viel größere Rolle, worauf neben Tipps für eine

gelungene multimediale Veröffentlichung im Netz zum Ende dieser Hausarbeit

eingegangen wird.

2 Online-Recherche

Ein Randbereich des Online-Journalismus ist die Informationsbeschaffung mit Hilfe von

Computern. Für eine effizientere Recherche nutzen Journalisten schon länger digitale

Datenbanken. Heute haben sie „unmittelbaren Zugriff auf riesige Informationsmengen im

World Wide Web“ 1. Die traditionelle Recherche mit Telefon und der Suche im

„Handarchiv“ wird also von der Online-Recherche abgelöst oder zumindest ergänzt.

1 Zehnder, Matthias: Die Dekonstruktion der Journalisten. Wie das Internet Arbeit und Rolle der Journalisten

verändert. In: Pfammatter, René (Hrsg.): Multi -Media-Mania: Reflexionen zu Aspekten neuer Medien. Konstanz 1998, S. 182.

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Bei der Einholung von Stellungnahmen und für Interviews steht dem Journalisten mit

Email ein viel unkomplizierteres und damit auch effizienteres Mittel zur Verfügung. Somit

wird „die Recherche vor Ort (...) reduziert und in Form von Telearbeit möglich“ 2. Der

Trend zur Telearbeit zeichnet sich darüber hinaus in allen Arbeitsfeldern des Journalismus

ab.

Einen neuen Stellenwert bei der Nutzung des Internets als Recherchemedium bekommt die

Frage nach der Glaubwürdigkeit von Quellen, worauf unter (3.2) näher eingegangen wird.

Prinzipiell bringt Online-Recherche ein sehr viel effizienteres Arbeiten der Journali sten mit

sich, vor allem auch deswegen, weil mittlerweile nahezu alle nötigen Informationen im

Internet aktuell verfügbar sind. Neben Pressestellen großer Konzerne nehmen auch immer

häufiger Verbände, Parteien, sowie Religionsgemeinschaften und Gemeinden auf ihren

Webseiten Stellung zu aktuellen Ereignissen und informieren über Neuheiten aus eigenem

Haus3.

Beispielsweise kann man sich als Journalist durch einen kurzen Besuch des Webangebots

eines Herstellers die Anforderung von Produktinformationen über neue Produkte ersparen.

3 Die Publikation im Internet

Mit dem Online-Journalismus entsteht auch eine völlig neue Form der Publikation. Im

Vergleich zum gedruckten Blatt ist die gelungene elektronische Zeitung „kein Abklatsch

(…), sondern ein völli g neues, eigenes Produkt“4.

3.1 Vergleich von herkömmlichem Journalismus und Online-Journalismus

Ein gravierender Unterschied des Online-Journalismus zur traditionellen Veröffentlichung

in Rundfunk oder Printmedien ist das viel geringere dafür nötige Kapital. Während

beispielsweise in den Printmedien sehr hohe Kosten für Druck und Verbreitung anfallen,

2 Altmeppen, Klaus-Dieter: Multimedia: Ein neuer Journalismus? Arbeitsmarkt, Tätigkeitsfelder und

Quali fikationsbedarf. In: Neverla, Irene (Hrsg.): Das Netz-Medium. Kommunikationswissenschaftliche Aspekte eines Mediums in Entwicklung. Opladen 1998, S. 213.

3 Wortlaut aus Zehnder 1998, S. 184. 4 Höbermann, Frauke: Anforderungen an die Ausbildung für den Online-Journalismus. In: Neverla, Irene

(Hrsg.): Das Netz-Medium. Kommunikationswissenschaftliche Aspekte eines Mediums in Entwicklung. Opladen 1998, S. 299.

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lässt sich über das Internet eine fast beliebig große Leserzahl schneller und mit

verschwindend geringen Kosten erreichen.

Anders als beim Rundfunk strömen die Inhalte beim Online-Journalismus nicht von selbst

auf den Nutzer ein. Stattdessen werden ihm dynamische Auswahlmöglichkeiten geboten.

Falls ein Nutzer beispielsweise besonderes Interesse an einem Ausführungspunkt der

Veröffentlichung hat, können ihm im Online-Angebot detail liertere Informationen

wahlweise zur Verfügung gestellt werden.

In Bezug auf die weiträumige Verbreitung der Neuen Medien Rundfunk und Fernsehen in

den 50er Jahren lassen sich auch Prognosen für die Bedeutung des Online-Journalismus

zur traditionellen Presse aufstellen, dazu aber mehr unter Punkt 5.

3.2 Glaubwürdigkeit von digitalen Zeitungen

Wegen des unüberschaubaren Angebots im Word Wide Web muss bei der Publikation, vor

allem im Nachrichtenjournalismus, besonders viel Wert auf die Glaubwürdigkeit gelegt

werden.

Die Glaubwürdigkeit einer digitalen Zeitung ist jedoch sehr schwer zu messen und

unterliegt einem dynamischen, komplexen Prozess.

Gregor Halff beschreibt hierzu ein Verstärkungsprinzip. „Glaubwürdigen Angeboten wird

geglaubt, dies macht sie relevant und bestätigt wiederum das Glaubwürdigkeitsschema,

was die ursprüngliche Zuschreibung weiter festigt.“5

5 Rössler, Patrick/Ognianova, Ekaterina: Die journalistische Identität als Qualitätskriterium im Word Wide

Web. Ein Experiment zur Glaubwürdigkeit des Markenartikels Journalismus. In: Rössler, Patrick/Wirth, Werner (Hrsg.):Glaubwürdigkeit im Internet. Fragestellungen, Modelle, empirische Befunde (=medien SKRIPTEN. Beiträge zur Medien- und Kommunikationswissenschaft, Band 32). München 1999, S. 121.

glaubwürdiges Angebot ... ...wird geglaubt...

... macht es relevant...

festigt Glaubwürdigkeit

Abb. 1

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4

In verschiedenen Experimenten ließ sich außerdem zeigen, dass zumindest für den

gemeinen Nutzer die Vertreter aus den klassischen Medien offensichtlich einen

„Glaubwürdigkeitsbonus“ genießen und eine enge Korrelation zwischen journalistischer

Identität und der Glaubwürdigkeit existiert.

Online-Meldungen im Rahmen der Tageszeitung „The Daily Times“ wurde beispielsweise

mehr geglaubt, als den gleichen Meldungen, wenn sie auf Seiten eines der Versuchsperson

unbekannten Anbieters zu lesen waren.6

Außerdem ließ sich zeigen, dass Quellenangaben generell die Glaubwürdigkeit eines

Dokuments erhöhen.

3.3 Demokratisierung in der Informationsproduktion

Das Internet bietet einen Informationspool von allen für alle. Prinzipiell kann jeder User

das Internet für eigene Veröffentlichungen nutzen. Während früher ein einzelner Journalist

für die breite Masse publizierte (One-to-Many), zeichnet sich heute eine Verlagerung auf

viele „kleine“ Journalisten ab, die untereinander und für alle publizieren (Many-to-Many).

Hauptgrund für diese Entwicklung ist der schon weiter oben erwähnte geringe

Kapitalaufwand für eine Veröffentlichung im Internet.

„Online-Journalist“ dürfte sich also jeder nennen, der online Inhalte anbietet. Eine

Abgrenzung des Online-Journalismus ist schwer festzulegen und hängt „davon ab, ob

journalistische Berufsnormen auch im Netz Anerkennung finden“ 7. Gerade bei reinen

Onlineanbietern ist es beispielsweise zweifelhaft, ob journalistische Berufsnormen, wie

Sorgfaltspflicht oder Autonomie der Redaktion gegenüber Fremdeinflüssen überhaupt

beachtet werden.

6 aus Rössler 1999, S. 115f. 7 Neuberger, Christoph: Journalismus im Internet: Auf dem Weg zur Eigenständigkeit? Ergebnisse einer

Redaktionsbefragung bei Presse, Rundfunk und Nur-Onlineanbietern. In: Media Perspektiven, 7/2000, S. 315.

„One-to-Many“ „Many-to-Many“

Abb. 2

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5

Eine weitere Änderung, die sich aus der „Umgestaltung der Beziehung zwischen

‚Kommunikator’ und ‚Rezipient’ “ 8 ergibt, betrifft die Arbeitsweise der Journalisten.

Individualisierung und Spezialisierung bestimmen in Zukunft mehr denn je die Grundlage

journalistischer Arbeit. Zudem darf jedoch die Qualität nicht unter diesen neuen

Anforderungen leiden.

Ziel der Medienorganisationen muss es also (auch in Bezug auf die Glaubwürdigkeit) sein,

„den Journalismus als Markenartikel zu etablieren“ 9.

3.4 Online-Engagement der Muttermedien Rundfunk und Presse

Zurück zur Online-Publikation. Besonderes Engagement zeigten hier zu Beginn natürli ch

die Muttermedien Rundfunk und Presse. Bei Zeitungen enthielt das Online-Angebot oft

eine Kurzversion der Printausgabe, nämlich Schlagzeilen und gekürzte Artikel, die zum

Kauf der Printausgabe anregen sollten. Mittlerweile wird jedoch von den Muttermedien

das Internet auch genutzt, um die journalistischen Arbeiten zu vertiefen. In Zeitungen und

Fernsehen wird immer mehr auf weiterführende Informationen und ungekürzte Artikel im

eigenen Online-Angebot verwiesen.

Von Online-Journalismus darf man berechtigterweise also erst dann sprechen, wenn „statt

Nachrichtenrecycling die Inhalte speziell für das World Wide Web produziert werden“ 10.

Nach einer Befragung Neubergers von Online-Redaktionsleitern wird das zusätzliche

Online-Angebot eher als Service und nicht als Bedrohung für das Muttermedium gesehen.

„Eine Selbstkannibalisierung, also ein negativer Effekt durch das eigene Onlineangebot für

das Muttermedium, wird weitgehend ausgeschlossen.“ 11

Diese Befragung behandelt auch die Motive für das Online-Engagement der Muttermedien

(siehe Tabelle in Abbildung 3).

8 Tonnemacher, Jan: Multimedial, online und interaktiv: Die Zukunft des Journalismus? In: Pfammatter,

René (Hrsg.): Multi-Media-Mania: Reflexionen zu Aspekten neuer Medien. Konstanz 1998, S. 176. 9 Rössler 1999, S. 112. 10 Neuberger 2000, S. 310. 11 Neuberger 2000, S. 312.

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6

12

Genutzt wird das Online-Angebot demnach besonders bei Rundfunk und Fernsehen für

inhaltliche Ergänzungen. „Eine defensive Haltung nehmen vor allem die Tageszeitungen

ein: Für sie ist die Marktbesetzung und der Schutz des Muttermediums am häufigsten

Anlass, sich im Internet zu engagieren.“13

Daneben erhoffen sich die Muttermedien durch ihr Online-Engagement Imagegewinne und

eine steigende Anzahl der jungen Konsumenten.

Einen Startvorteil gegenüber reinen Online-Anbietern räumen sich wegen des bereits

bekannten Markennamens im Schnitt 82% der befragten Online-Redaktionsleiter ein.

12 Tabelle aus Neuberger 2000, S. 313. 13 Neuberger 2000, S. 313.

������� ������ ������������������������������� 12

Bedeutung des Motivs ist „ sehr groß“ und „ groß“ , 4-stufige Skala, in % Tages-

zeitungen (n=103· 110)

Publikums- zeitschriften (n=21· 22)

Fernsehen/ Hörfunk (n=22· 24)

Mehrfachverwertung von Print-/ Rundfunkinhalten 35,5 38,1 58,3

Neue Leser/Zuschauer/Hörer für Muttermedium gewinnen 66,1 77,3 83,3

Junge Leute für das Muttermedium gewinnen 79,1 77,3 79,2 Inhaltliche Ergänzung zum Muttermedium 72,6 59,1 100,0

Inhaltlich selbständiges Angebot im Internet 61,3 63,6 70,8

Marktbesetzung 94,4 72,7 91,7

Erfahrungen im Internet sammeln 93,6 72,7 95,8 Startvorteil durch bekannten Markennamen 87,0 63,6 95,8

Imagegewinne 84,3 77,3 95,8

Muttermedium schützen 69,9 23,8 45,5

Einnahmen durch Werbung/E-Commerce 68,2 40,9 50,0 Einnahmen aus Nutzergebühren erzielen 16,0 9,1 13,0

Verbreitungsgebiet vergrößern 36,1 86,4 58,3

Angebot regionalisieren 37,4 4,5 45,8

Erscheinungsrhythmus erhöhen 28,0 40,9 41,7 Ältere Beiträge in einem Archiv anbieten 45,2 36,4 66,7

Abb. 3

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7

4 Die Entstehung eines Online-Dokuments

Was muss der Journalist bei der Erstellung einer Online-Publikation berücksichtigen?

4.1 Nichtlineares Erzählen und Hyper textdenken

Der wohl signifikanteste Unterschied zwischen dem herkömmlichen und dem Online-

Journalismus ist die nichtlineare Erzählform. Eine Online-Publikation wird nicht mehr

einfach wie ein normaler Artikel oder ein Buch von vorne nach hinten durchgelesen,

vielmehr springt der Leser zwischen den verschiedenen Abschnitten oder

Informationshappen.

Ausgehend von einer Übersichtsseite kann der Leser zum Beispiel mit entsprechenden

Verweisen zu den einzelnen Textteil en gelangen (siehe Abb. 4)14.

14 Abb. aus Meier 1998, S. 34.

Abb. 4

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8

Außerdem unterscheidet sich ein Online-Text am Bildschirm vom gedruckten Text

bezüglich des Erscheinungsbilds. Verschiedenste Hervorhebungen und multimediale

Darstellungsformen werden möglich. Und genau dies muss der Online-Journalist

realisieren. Man spricht hier von Hypertext-Denken.

Das Hypertext-Denken erfordert zumindest prinzipielle Kenntnisse vom Aufbau und den

Möglichkeiten des im Internet üblichen HTML-Formats15.

Gefragt ist natürlich nicht ein chaotisches Nebeneinander von Bildschirmseiten, sondern

immer noch die „rasche Orientierung im Bildschirmseiten-Dschungel“ 16.

4.2 Umgang mit Verweisen (L inks)

Wie bereits erwähnt, bietet das Internet die Mögli chkeit, vertiefende und weiterführende

Informationen zu einem Thema anzubieten. Wichtig dabei ist jedoch, dass der Leser nicht

durch diese Vielzahl von Informationen überfordert wird. Dies lässt sich durch eine

geschickte Verwendung von so genannten Links, oder Hyperlinks erzielen.

Ein Link ist ein Sprungbefehl von der aktuellen Seite zu einer bestimmten Textstelle oder

zu einer anderen Seite. Ausgeführt werden Links vom Benutzer in der Regel per Mausklick

auf das entsprechend als Link markierte (meist unterstrichene) Textstück oder Bild. Für

Quellenangaben und Fußnoten eignen sich Links besonders gut, hier sind natürli ch auch

Verweise auf Bereiche außerhalb des eigenen Internetangebots erlaubt. Dies erleichtert für

interessierte Leser die Quellenforschung und Vertiefung.

Bei Links zu anderen Seiten unterscheidet man zwischen internen und externen Links.

Während interne Links auf Seiten des eigenen Internetangebots verweisen, führen externe

Links zu völlig anderen Bereichen im Internet. Auch wenn sich durch die Verwendung von

externen Links „mehr Quellen-Transparenz“17 und eine in konventionellen Medien nicht

vorstellbare Informationstiefe erreichen lässt, sind sie doch mit Vorsicht zu genießen.

Externe Quellen unterliegen nicht der eigenen Wartung, sondern können sich ändern oder

wieder verschwinden. Außerdem muss natürlich auch die Glaubwürdigkeit externer

Quellen geprüft werden.

15 HTML steht für „Hyper Text Markup Language“. 16 Meier, Klaus: Neue journalistische Formen. In: Meier, Klaus (Hg.): Internet-Journalismus. Ein Leitfaden

für ein neues Medium. Konstanz: UVK Medien 1998, S. 24. 17 Maier 1998, S. 35.

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Wichtig bei einem Online-Text ist die lückenlose und sinnvolle Verwendung von Links. Es

bietet sich auch an, einzelne Abschnitte eines Artikels zu trennen und mit Links zu

verknüpfen, also beispielsweise am Ende eines Abschnitts einen Link zum nächsten

Abschnitt einzubauen. Für einen gelungenen Online-Text ist auch die assoziative und

eindeutige Beschriftung der Links nötig. Links mit dem Hinweis „bitte hier klicken“

können verwirren oder den Online-Nutzer sogar verärgern.

In obigem Beispiel18 sind Links wie „Smart Shop“ oder der doppelte Eintrag „Büro am

Netz“ (linke Liste) wenig aussagekräftig und werden nicht weiter erklärt. Insgesamt

befinden sich auf der Seite zu viele Links und fast überall, vor allem in der oberen

rosafarbenen Navigationsleiste fehlt der Zusammenhang.

18 Ausschnitt aus URL: http://www.dtag.de. Stand: 27.09.2001.

Abb. 5

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10

Die Gunst des Nutzers hat gerade im Internet einen weitaus höheren Stellenwert. Oft

genügt ein Klick, um zum entsprechenden Angebot der Konkurrenz zu springen.

4.2 Multimediale Möglichkeiten

Ein weiterer Vorteil eines Dokuments im Word Wide Web ist die Möglichkeit, andere

multimediale Elemente als nur Fotos und Bilder zu integrieren.

Multimediale Elemente sind beispielsweise Video- und Tonmaterial oder Animationen.

Mit Effekten versehene Links können eine Internetseite auflockern oder zusätzliche

Informationen bereitstellen, wie am Beispiel in Abb. 6 19 zu sehen ist.

Wegen der langen Übertragungszeiten im Internet ist begleitendes Videomaterial bei einer

Berichterstattungen noch wenig verbreitet, wird aber mittlerweile besonders in

dokumentarischen und geschichtli chen Texten zunehmend verwendet. Auch begleitende

Tondokumente sind noch eher selten zu finden.

Häufiger zu sehen sind mittlerweile zahlreiche Animationen, wie beispielsweise beim

Online-Angebot von www.wetter.de (siehe Abb. 7 20).

19 Startseite von URL: http://www.filmscript.de. Stand: 26.09.2001. 20 Ausschnitt aus URL: http://wetter.rtl.de/deutschland/dt.html. Stand: 27.09.2001.

Abb. 6

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Um multimediale Elemente zu integrieren, muss sich der Online-Journalist mit

Programmen zu deren Herstell ung vertraut machen, beispielsweise Grafikprogramme,

sowie Ton- oder Videoschnittsoftware.

4.3 Navigationspunkte als „ roter Faden“

Bei der Web-Präsentation von längeren Texten empfiehlt es sich, immer sichtbare

Navigationspunkte in einer Navigationsleiste zu integrieren. Navigationspunkte sind Links

zu den einzelnen Textabschnitten oder Themenkomplexen (Beispiel in Abb. 8 21).

Eine Navigationsleiste ist also mit der herkömmlichen Inhaltsangabe zu vergleichen, nur

dass dem Leser das blättern erspart bleibt.

21 Ausschnitt aus URL: http://seite1.web.de/Politi k. Stand: 27.09.2001.

Abb. 7

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4.4 Design von Web-Seiten

Neben intell igenten Links, der Glaubwürdigkeit und Übersichtli chkeit spielt bei Online-

Dokumenten vor allem auch das Design eine große Rolle.

Die Leser von Online-Angeboten sind viel wählerischer und müssen animiert werden, auf

der eigenen Seite zu verweilen. Online-Journalisten müssen daher lernen, in ihren

Hypertexten neben dem Inhalt auch auf die Optik zu achten.

Vertiefungen zum gelungenen Web-Design würden den Rahmen der Arbeit sprengen, an

oberster Stelle sollte beim Design der Seite jedenfalls immer die Übersichtlichkeit stehen.

Abb. 8

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Um den Wiedererkennungswert zu garantieren, ist auch die Einheitlichkeit des gewählten

Designs sehr wichtig, also beispielsweise gleich bleibende Navigationsleiste, sowie Links

mit derselben Schrift und einheitliche Hintergrundfarben.

Das Beispiel in Abb. 5 (Seite 9) lässt diese Einheitlichkeit ansatzweise durch die gleichen

rosafarbigen Hervorhebungen von Überschriften und die Verwendung der Quadrate des

Firmenlogos als Menüpunkte erkennen. Dieser Designstil erstreckt sich über das komplette

Internetangebot.

5 Fazit und Prognosen

Abschließend lässt sich sagen, dass zwischen Online-Journalismus und „klassischem“

Journalismus durchaus große Unterschiede bestehen. „Journalisten werden eine

grundsätzlich andere und neue Darstellungsform erlernen müssen.“ 22

Eine neue Priorität bekommen die Faktoren Zeit und Aktualität. Die Gefahren eines

Aktualitätszwangs müssen minimiert werden. Qualität darf nicht zu sehr unter dem Druck

der Aktualität leiden. Während der Journalist wegen des erweiterten Informationsangebots

durch Datenbanken besser und schneller recherchieren kann, gestaltet sich die Integration

der neuen Technik in den Bericht oft sehr zeitaufwendig. Um sich deshalb behaupten zu

können, ist für die Online-Journalisten ein „virtuoser Umgang mit den Werkzeugen des

Informationszeitalters“23 nötig.

Ein besonderes Merkmal des Online-Journalismus ist die schwindende Distanz zwischen

Journalist und Leser. Dies führt einerseits zur Individualisierung und Spezialisierung und

andererseits zur Interaktion und einem höheren Bedarf an Vermittlungskompetenz. Die

Funktion der Online-Journalisten besteht „weniger in der Produktion, als in der Selektion

von Informationen“ 24. Sie arbeiten mehr als Kommunikatoren, die durch das riesige im

Internet verfügbare Wissen leiten und müssen mit mehr Rückmeldungen seitens der

Leserschaft rechnen.

Damit ändert sich auch die „Rolle, die die Journalisten in der Gesellschaft spielen“25.

22 Höbermann1998, S. 300. 23 Zehnder 1998, S. 190. 24 Zehnder 1998, S. 189. 25 Zehnder 1998, S. 186.

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Das Hypertext-Prinzip erfordert eine durchdachte Textorganisation und sinnvoll geordnete

Links. Gefordert ist nicht mehr linear zu denken und zu schreiben, sondern vernetzt.26

Auch wenn sich mittlerweile schon eine deutliche Abnabelung der Online-Angebote von

den herkömmlichen Medien abzeichnet und trotz der technischen Revolution basiert der

Online-Journalismus immer noch auf klassischer journalistischer Arbeit. „Zentrale

Leistung des Journalismus ist die Informationsfunktion“ 27.

Gerade die klassische Fachkompetenz und die sorgfältige Prüfung des Wahrheitsgehalts

von Meldungen sind nötig, um sich von den Unterhaltungs- und Werbeangeboten

abzusetzen.

Die Frage nach der Zukunft des Journalismus ist nur sehr schwer oder gar nicht zu

beantworten. Tatsache ist, dass bisher neue Medien die alten stets ergänzt, nicht aber

ersetzt haben.

„Die meisten Prognosen über neue Informations- und Kommunikationstechniken waren

falsch, und wenn sie einmal eintrafen, war es eher Zufall.“ 28 Es wäre also unklug,

voreili gen negativen oder positiven Prognosen blind zu vertrauen. Sehr viel wird sich am

Journalismus vorerst wohl nicht ändern, schon allein wegen der noch äußerst geringen

Nutzung des Online-Angebots.

Die Möglichkeiten, die die multimediale Technik und die vernetzte Arbeitsweise des

Online-Journalismus mit sich bringen sind noch lange nicht ausgeschöpft. „Die Geburt

eines völlig neuen Journalismus, der durch Video, Audio und Hypertext das Erzählen

perfektionieren und durch Interaktivität eine größere Publikumsnähe erreichen soll , lässt

noch auf sich warten.“ 29

Ob sich durch die zunehmende Verbreitung eines Online-Journalismus ein

Beschäftigungsschub ergibt ist fraglich. Die Erkenntnisse, welche Auswirkungen die

multimediale Technik auf Arbeitsmarkt und Arbeitsbedingungen haben wird sind leider

sehr spärlich. Die Marktorientierung und Wirtschaftlichkeit der Medienorganisationen

wird vorerst wohl eher noch mehr Druck auf die Arbeitsleistung der Journalisten ausüben.

26 Wortlaut aus Tonnemacher 1998, S. 178. 27 Altmeppen 1998, S. 199. 28 Tonnemacher 1998, S. 179. 29 Neuberger 2000, S. 318.

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Gegen einen deutlichen Beschäftigungsschub spricht auch die Tatsache, dass Journalisten

in Deutschland mit einem Durchschnittsalter von 37 Jahren noch extrem jung sind.30

Auch die Annahme, dass die Gatekeeper-Rolle der Journalisten wegen des „Many-to-

Many“-Prinzips der Informationsvergabe völl ig wegfällt, sollten Skeptiker mit

Gelassenheit sehen.

Trotz all em darf man gespannt sein, wie der Journalismus der Zukunft aussieht . Online-

Journalismus und Internet geben uns jedenfalls schon heute „einen Vorgeschmack auf die

Informationsgesellschaft“31.

30 aus Altmeppen 1998, S. 204. 31 Zehnder 1998, S. 181.

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Literaturverzeichnis

Altmeppen, Klaus-Dieter: Multimedia: Ein neuer Journalismus? Arbeitsmarkt,

Tätigkeitsfelder und Qualifikationsbedarf. In: Neverla, Irene (Hrsg.): Das Netz-

Medium. Kommunikationswissenschaftliche Aspekte eines Mediums in

Entwicklung. Opladen 1998, S. 197-218.

Höbermann, Frauke: Anforderungen an die Ausbildung für den Online-Journalismus. In:

Neverla, Irene (Hrsg.): Das Netz-Medium. Kommunikationswissenschaftliche

Aspekte eines Mediums in Entwicklung. Opladen 1998, S. 299-318.

Meier, Klaus: Neue journalistische Formen. In: Meier, Klaus (Hg.): Internet-Journalismus.

Ein Leitfaden für ein neues Medium. Konstanz: UVK Medien 1998, S. 21-109.

Neuberger, Christoph: Journalismus im Internet: Auf dem Weg zur Eigenständigkeit?

Ergebnisse einer Redaktionsbefragung bei Presse, Rundfunk und

Nur-Onlineanbietern. In: Media Perspektiven, 7/2000, S. 310-318.

Rössler, Patrick/Ognianova, Ekaterina: Die journalistische Identität als Qualitätskriterium

im Word Wide Web. Ein Experiment zur Glaubwürdigkeit des Markenartikels

Journalismus. In: Rössler, Patrick/Wirth, Werner (Hrsg.):Glaubwürdigkeit im

Internet. Fragestellungen, Modelle, empirische Befunde (=medien SKRIPTEN.

Beiträge zur Medien- und Kommunikationswissenschaft, Band 32). München 1999,

S. 111-122.

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