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Fantasie Komm mit ins Wunderland Sehnsuchtsliteratur C.S. Lewis als Fantasy-Autor Seite 25 Muse, küss mich! Tipps zur Entfaltung fantastischer Fähigkeiten von Eva Jung Seite 18 Mit dem Körper glauben Eine verloren gegangene Dimension unserer Spiritualität wiederentdecken Seite 44 13. Jahrgang • 1/2012 • Nr. 43 (März) 5,50 EUR/7,50 SFr (Einzelpreis) Die christliche Zeitschriſt zum Weiterdenken www.oora.de

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In der eigenen Fantasie können wir uns alles ausdenken, was es gibt. Und sogar das, was es nicht gibt. Nicht geben kann.

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Mit Jesus handeln, in einer Welt voll Armut, Not und Ungerechtigkeit.

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Fantasie Komm mit ins Wunderland

Sehnsuchtsliteratur C.S. Lewis als Fantasy-Autor Seite 25

Muse, küss mich! Tipps zur Entfaltung fantastischer Fähigkeiten von Eva Jung Seite 18

Mit dem Körper glauben Eine verloren gegangene Dimension unserer Spiritualität wiederentdecken Seite 44

13. Jahrgang • 1/2012 • Nr. 43 (März)

5,50 EUR/7,50 SFr (Einzelpreis)

Die christliche Zeitschri� zum Weiterdenken

www.oora.de

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Bunte Drachenkreationen 2011 auf dem Internationalen Drachen-Festival in Portsmouth, Südengland.

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Anneke macht Babypause

Auf Seite 30 schreibt sie sogar darüber. Anneke hat mittlerweile ihr drittes Kind bekommen und macht das Jahr 2012 des-halb eine Babypause. Wir haben ihr zur Überbrückung ein Jahresabo der Zeit-schri­ »Eltern« geschenkt. Die vereint Eltern sein und ihre journalistische Lei-denscha­ und ist deshalb die richtige Lektüre für Annekes Auszeit.

Ina Taggeselle lektoriert

Bisher hat Anneke immer den ersten Lek-toratsdurchlauf gestemmt. Durch ihre Pause wurde diese Stelle frei. Und die hat jetzt Ina aus Erlangen. Mit ihr haben die Franken im Team nunmehr die Oberhand gewonnen. Was nicht nur schlecht ist. Ina ist Logopädin und liest leidenscha­ lich gerne und viel. Gigantisch, dass sie unser Team im Lektorat verstärkt.

Daniel Hufeisen neuer Redakteur

Wir freuen uns, dass Daniel Hufeisen als neuer Redakteur bei oora mit dabei ist. Wir konnten uns beim Redaktionstre� en im Februar diesen Jahres in Nordhausen bereits kennen und schätzen lernen. »Hu� « bloggt unter www.einaugenblick.de und engagiert sich außerdem bei Emergent Deutschland und www.fairlangen.org. Herzlich Willkommen!

Das Team von links nach rechts: Michael, Jörg, Anne, Matthias, Johanna, Daniel

// Momentan lese ich – Michael – ein Märchen, das 1895 erschienen ist. Es stammt von dem schottischen Pfarrer und Autor George MacDonald, den C.S. Lewis später einmal als seinen »Meister« bezeichnete. In diesem Buch mit dem Titel Lilith entdecke ich viele Parallelen zu dem Werk von Lewis: Der junge Mr. Vane gelangt in dem geerbten Anwe-sen mit den tausend Büchern durch einen Spiegel auf dem Dachboden in eine andere Di-mension und erlebt dort allerlei Unvorstellbares. Philosophische Auseinandersetzungen kommen in dem Buch ebensowenig zu kurz wie eine fantastische Tierwelt. Erinnert schon sehr an Lucy und den Wandschrank. Und an Lewis anschauliche Apologetik.Als wir beim Redaktionstre� en über das Schwerpunktthema »Fantasie« diskutierten, fand es sehr breiten Zuspruch. Jörg zum Beispiel war ganz begeistert, weil die Fantasie sein liebster Arbeitsplatz ist. Es helfe ihm, sich ein Ziel auszumalen und zu erträumen, um sich zu fokussieren und so entschlossen und klar in die anvisierte Richtung zu ge-hen. Johanna, die im Brainstorming auf das § ema gekommen war, wies auf die Ener-gie und Kra­ hin, die Fantasie in uns bewirken kann. Und mir ge� el allein der Begri� »Fantasie« schon so gut, dass ich einfach dafür abstimmen musste.In der eigenen Fantasie können wir uns alles ausdenken, was es gibt. Und sogar das, was es nicht gibt. Nicht geben kann. Wir können beispielsweise die Schwerkra­ au e-ben. Oder uns ausmalen, wie wir als Obdachloser oder als reichster Mensch der Erde leben würden. Fantasie scha© in uns Welten und kennt dabei keine Grenzen.Albert Einstein hat einmal gesagt: »Fantasie ist wichtiger als Wissen. Wissen ist be-grenzt, Fantasie aber umfaßt die ganze Welt.« Ich glaube, er wollte damit auf das Poten-zial hinweisen, welches unsere Vorstellungskra­ birgt. Wenn wir immer nur das wieder-holen, was wir schon kennen, entsteht dabei nichts Neues. Die Freiheit der Fantasie ist das Tor zu neuen Entdeckungen. Sie »ist keine Flucht in das Unwirkliche, sie ist Kühn-heit und Er� ndung« sagt der rumänisch-französische Schri­ steller Eugène Ionesco.

Wir haben Günter Matthia gebeten, eine exklusive Fantasiegeschichte für oora zu schreiben. Mit dieser steigen wir auf Seite 6 ein. Und beenden den Schwerpunkt auf Seite 25 mit genanntem C.S. Lewis – dem Meilenstein-Autor der christlich-fantas-tischen Literatur.Diese Ausgabe ist dabei die erste, die auch innen vollständig farbig ist. Bunt sozusa-gen. Wir machen das als Experiment im Rahmen dieses Fantasie-He­ es. Jetzt müsst ihr uns nur noch sagen, ob es euch gefällt oder ob ihr das Schwarz-Weiß-Rot zurück-haben wollt.

Also: Wie � ndet ihr es, dass oora ganz bunt ist? Sollen wir das auch in Zukun­ so machen?

In Freundscha­ ,Dein oora-Redaktionsteam

Editorial

Keinen Drachen kann man so hoch steigen lassen wie den der Fantasie.

Lauren Bacall (*1924) amerikanische Schauspielerin und Witwe von Humphrey Bogart

Aus dem ooraversum

oora.de 3

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Artikel, die mit dem Lautsprecher gekennzeichnet sind, gibt es als Audioversion in iTunes und auf www.oora.de/audio.

oora Inhalt

Schwerpunkt: Fantasie

6 Der Käfer Eine Fantasiegeschichte GÜNTER J. MATTHIA

9 Die Kunst des Sehens Praxiserprobte Schritte, Gottes Stimme zu hören KERSTIN SCHELLENBERGER

12 Was siehst du? Ein psychologischer Test MICHAEL ZIMMERMANN

14 Der Traum wird wahr Gründung eines Indianer-Krankenhauses

im Hochland von Peru DR. KLAUS-DIETER JOHN

18 Muse, küss mich! Tipps zur Entfaltung fantastischer Fähigkeiten EVA JUNG

20 Autogenes Training Pro und Kontra FRANK KOHLMANN / MICHAEL KOTSCH

22 Die Geburt des Oleg Zenkowski Oder: Wie ich einen Roman schreibe OLIVER ZENK

25 Sehnsuchtsliteratur C.S. Lewis als Fantasy-Autor DR. JÜRGEN SPIESS

Quergedacht

26 Es nervt Neues aus dem Hinterhof der Geistlichkeit KOLUMNE: AXEL BRANDHORST

29 Die Ethikfrage

30 Hilfe, werde ich spießig? Wie das Leben so spielt ANNEKE REINECKER

32 Motivator hinter den Kulissen der Bundesliga Interview mit David Kadel INTERVIEW: JOHANNA WEISS

36 Ich mische mich ein Politische Mitgestaltung ohne in einer Partei zu sein DENISE RIEBISCH

39 Bindefäden statt Nägel Leserportrait Stephan Riemer CHRISTINE ZIMMERMANN

40 Echt-Vintage Unter der Ober½ äche KOLUMNE: LINDA ZIMMERMANN

42 nie hier LYRIK: FRANZISKA ARNOLD

43 Buchrezensionen

44 Mit dem Körper glauben Eine verloren gegangene Dimension unserer

Spiritualität wiederentdecken DANIEL SIKINGER

48 Wie Gott mich mit Muttermilch beglückte Mein Freund Gott und ich KOLUMNE: MICKEY WIESE

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oora fragt:

Benjamin, 30, KarlsruheAlice, 35, Christusbruderscha� Selbitz

Judith, 32, DresdenSamuel, 25, Marburg

Ich brauche einen Schnupfennasen -katheterleistungsregulieranti-

vergesslichkeitsgenerator. Dieses Gerät würde meine Alltagsbeschwerden in den

Schatten stellen.

Eine Papierberg-Abarbeit-Maschine. Damit ich automatisch Ordnung

in meinen gefühlt drei Meter hohen Berg aus Bafög-Unterlagen, Papers aus Vorlesungen und Hochzeitsvor-

bereitungen bekomme.

Ich hätte gern einen kleinen Übersetzer-Knopf für s Ohr, um

Menschen besser verstehen zu können:fremde Sprachen, Kulturen und soziale Milieus; unterschiedliche

Generationen, Persönlichkeitstypen und Lebenshintergründe ...

Ich hätte super gerne zwei Geräte, zum einen ein Gerät, welches alles

wieder an seinen Platz zurückräumt und zwar ordentlich! Und ein zweites, sozusagen eine Google-Suchmaschine für den Haushalt, das beispielsweise den verschlampten Kuli orten kann.

Welches Gerät würdest du gerne er� nden, um deinen Alltag zu erleichtern?

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oora fragt | Fantasie

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psst.

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Mancher Tag beginnt so, wie der Traum der Nacht aufge-hört hat. Die Geschichte einer ungewöhnlichen morgend-lichen Begegnung.

// Als Lea eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand sie sich nicht in ein ungeheures Ungeziefer verwandelt, ob-wohl sie in den ersten Augenblicken nach dem Weckerklingeln davon überzeugt war, zu einem Käfer geworden zu sein. War-um ausgerechnet Franz Ka¾ as sonderbare Fantasie ihren leb-ha­ en Traum bestimmt hatte, vermochte sie nicht zu sagen, die Lektüre seiner Erzählungen lag Jahre zurück. Jedenfalls war der Traum so eindrücklich gewesen, dass sie beim Aufwachen fest damit rechnete, es würden Insektenbeine, und zwar sechs Stück, unter der Bettdecke hervorkommen, als sie diese beiseite schob.»Hallo Arme, hallo Beine«, murmelte sie erfreut. Bauch und Brüste hatten ebenfalls nichts käferiges an sich. Das Schicksal des Gregor Samsa war ihr ganz o� ensichtlich erspart geblieben.Lea stand auf und ging in die Küche, drückte auf dem Display ihrer Ka� eemaschine auf Latte und trat dann auf den Balkon. Sie liebte diese drei bis vier Minuten am Morgen, in denen sie mit ihrer nackten Haut die Welt und das Leben erspürte, wäh-rend sie eine erste Zigarette rauchte. Sommer, Winter, Frühling, Herbst, Regen, Sonne, Nebel, Schnee – nichts konnte sie von ihrem Kurzbesuch auf dem Balkon vor der Dusche abhalten, höchstens einmal eine ernstha­ e Erkrankung.Ein Käfer saß auf dem Geländer, ein großer grünlich schimmern-der Käfer. Gewöhnlich ekelte sich Lea vor allem, was sechsbeinig die Welt bevölkerte, Mücken, Wespen und Fliegen wurden von ihr ohne Federlesen ihres Daseins beraubt, Spinnen dur­ en wei-ter ihre Netze weben, solange sie dies nicht in der Wohnung ta-ten, Käfer wurden in der Regel in weitem Bogen weggeschnipst. Doch an diesem Morgen stupste Lea den ungebetenen Balkon-gast nur ganz vorsichtig mit der Spitze ihres Fingers an, statt ihn

die zwei Stockwerke in die Tiefe zu stürzen. Er krabbelte träge ei-nen Zentimeter zur Seite und blieb dann wieder still sitzen. Das Grün schimmerte jetzt in der Morgensonne bräunlich. »Ich habe geträumt«, sagte Lea, »ich sei du. Oder du seist ich.«»Wir sind, was wir sind – und tun, was wir tun«, antwortete das Insekt. Die Stimme war fein und leise, aber deutlich zu verstehen.Lea zuckte mit den Schultern und nahm einen tiefen Zug aus ihrer Zigarette. Vielleicht träume ich ja noch. Ein redefreudiger Käfer! Ach du liebe Güte!Sie belehrte das Tier: »Käfer sprechen nicht.«»Wenn es sein muss, kann sogar ein Esel reden.«»Was für ein Esel? Meinst du etwa mich?«»Natürlich nicht. Du wärst ja eine Eselin, wenn überhaupt. Ich dachte an Bileam und sein störrisches Lasttier.«Lea konnte sich nur ganz dunkel erinnern, die Geschichte vor langer Zeit gehört oder gelesen zu haben. War das irgend ein ori-entalisches Märchen? Warum hat das Tier angefangen zu reden? Mit wem? Egal – ich muss jetzt zur Arbeit.

»Einen schönen Tag noch«, wünschte sie dem gebildeten Krabbeltier.»Danke, Lea. Lass dir heute etwas mehr Zeit als sonst.«Sie ging kopfschüttelnd in die Küche zurück, trank den ersten Ka� ee, drückte auf Latte für den zweiten und verschwand im Bad, um zu duschen.

Der Käfer Eine Fantasiegeschichte

Text: Günter J. Matthia Audioversion unter www.oora.de/audio

Vielleicht träume ich ja noch. Ein redefreudiger Käfer! Ach du liebe Güte!

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Der Käfer | Fantasie

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Bevor Lea die Wohnung verließ, um zur Arbeit zu fahren, schaute sie noch einmal auf den Balkon. Der Käfer war ver-schwunden. Inzwischen wärmte die Frühjahrssonne recht kräf-tig, das Tier hatte wohl die nächtliche Kältestarre hinter sich gelassen und sein Tagewerk begonnen, was immer das auch sein mochte. Blätter knabbern? Höhlen graben? Philosophische Reden halten? Das Auto war noch kühl von der Nacht, Lea ö� nete das Fenster einen Spalt, um Wärme hereinzulassen. Sie drehte den Zünd-schlüssel, der Motor sprang an. Blick in den Spiegel, alles frei. Losfahren, eintauchen in den Berufsverkehr. Ein Tag, ein Mor-gen wie jeder andere, von Wochenenden einmal abgesehen.Lea � el der Traum wieder ein, als sie schon gut zehn Minuten unterwegs war. Wenn ich jetzt ein sechsbeiniges Insekt wäre, mit Flügeln ausgestattet, dann könnte ich natürlich den Stau über-� iegen. Die Parkplatzsuche würde auch entfallen. Meine Kolle-gen würden sich vermutlich etwas gruseln, aber schließlich doch daran gewöhnen … vorausgesetzt, ich könnte als Käferin meiner Arbeit weiter nachgehen.Sie überlegte, warum der Käfer ihr geraten hatte, sich mehr Zeit als sonst zu lassen, kam aber auf keine Antwort. Da Tie-re, Insekten insbesondere, sowieso nicht reden konnten, war die Frage auch müßig. Nicht einmal Loriots sprechender Hund hatte das mit dem Atomstrom richtig artikulieren kön-nen. Unterhaltsam fand sie das morgendliche Balkongespräch allemal, aber natürlich hatte es nichts mit dem wirklichen Le-ben zu tun.Immerhin war er ganz nett, der braungrüne Gesell. Ob er wohl einen Namen hat? Gregor vielleicht? Wäre ich als Insekt aufge-wacht, hätte er vielleicht mein Lebensgefährte werden können …Inzwischen war sie auf der Stadtautobahn, 80 Stundenkilo-meter waren erlaubt, aber zahlreiche Fahrzeuge überholten Lea mit wesentlich höheren Geschwindigkeiten. Sie über-ließ es wie gewohnt der Tempoautomatik, sie vor Strafzetteln zu bewahren; darüber hinaus hatte ja das Balkoninsekt von Eile am heutigen Tag abgeraten. Gregor rät zu Gelassenheit, schmunzelte sie.Nach 30 Minuten Fahrt näherte sich Lea ihrem Ziel. Noch drei Ampelkreuzungen, dann ho� entlich ein freier Parkplatz in der Nähe der Firma.Die Stimme, fein und leise, erklang dicht neben ihrem Ohr: »Es ist zwar grün, aber wir halten lieber an.«Lea dachte nicht nach, sondern trat auf die Bremse. Sie drehte den Kopf. Auf der Lehne des Beifahrersitzes saß der Käfer.»Was zum Teu …«»Es ist besser so«, erklärte das Insekt.Lea blickte nach vorn. Ein 30-Tonner raste quer über die Kreuzung.

Der Käfer hatte keine Zeit, auf Leas Dank zu warten. Er war schon unterwegs zu seiner nächsten Aufgabe. Der betre� ende Mensch las gerade ziemlich vertie­ in einer Zeitschri­ . Ho� entlich ist meine Stimme laut genug, dachte Gregor, der wusste, dass dieser Mensch nichts mit Insekten geträumt hatte. Sonst muss ein Esel her! //

Günter J. Matthia (56) ist Autor mehrerer Bücher und zahlreicher Artikel. Er lebt mit seiner Ehefrau in Berlin, nimmt am emergenten Dialog teil und beschränkt sein Schreiben nicht auf fromme Bereiche oder Sachtexte. Seine beiden Blogs gewähren Einblick in sein weitgefächertes Spektrum: gjmatthia.blogspot.com: kunterbunt und fast täglich + gjmberlin.wordpress.com: für die längeren Artikel.

halt.

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Fantasie | Der Käfer

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Werben in der oora.

Aktuelle Mediadaten unter

www.oora.de

ücher, die wir gelesen haben

Donald Miller

Eine Million Meilen

in tausend Jahren

Was ich beim Umschreiben meines Lebens gelernt habe

Als der Filmemacher Steve einen Film über Dons Leben machen will, muss dieser zu-nächst schlucken. Sein wahres Leben sei viel zu langweilig für die Zuschauer im Kino. Die Story müsse aufgepeppt werden. So lernt der Autor Donald – Don – Miller: Bei einer guten Geschichte geht es um »eine Figur, die etwas will und Kon½ ikte überwindet, um es zu be-kommen.« Als er diese Lektion auf sein Leben übertragen will, wird ihm bewusst, dass große Momente so gut wie nie auf dem heimischen Sofa passieren und verwandelt sich von einer Schlafmütze in einen Abenteurer. Er lernt et-was über die Schönheit einer Tragödie und da-rüber, wie man die triste Alltagsroutine in ei-nen bedeutungsvollen Epos verwandeln kann.Wer das amerikanische Flair mag, der � n-det reichlich Anlass zum Neuordnen sei-ner eigenen Werte und hat die Chance sich auf das Wesentliche auszurichten. Manches wirkt dabei etwas konstruiert, das meiste ist jedoch sehr inspirierend. Deshalb 7 von 10 Punkten. /// Michael Zimmermann

Taschenbuch, 284 Seiten, LUQS Verlag 2010ISBN 978-3940158031, € 8,95

Jostein Gaarder

Das Orangenmädchen

»Das Leben ist eine gigantische Lotterie, bei der nur die Gewinnerlose sichtbar sind. Du, der du dieses Buch liest, bist so ein Gewinnerlos.« Jostein Gaarder schreibt hier aus der Sicht des 15-jährigen Olaf, der einen über zehn Jahre alten Brief seines verstorbenen Vaters liest. Der Vater teilt darin die Geschichte des ge-heimnisvollen Orangenmädchens, und Olaf kommentiert die Zeilen seines Vaters. So erzählen beide gemeinsam eine wundersa-me Liebesgeschichte und weihen den Leser gleichzeitig in die von ihnen wahrgenomme-nen Rätsel und Wunder der Natur sowie in die Musik des Alltags und Universums ein. Die Wirkung des Orangenmädchens ist ähn-lich wie die des Besuchs einer Kathedrale oder Gemäldesammlung, bei dem sich der Blick so sehr auf sonst ignorierte Details eingelassen hat, dass man sich nach Verlassen des Ortes kurz wie aus einer anderen Welt fühlt, ehe man wieder Teil des Trubels wird. /// Johanna Weiß

Taschenbuch, 192 Seiten, dtv 2007ISBN 978-3423623124, € 8,95

Gary A. Haugen

Freiheit für Linh

Die riskante Undercover- Operation zur Rettung aus Kinderprostitution und moderner Sklaverei

Der frühere UN-Chefermittler im ruandi-schen Völkermord Gary A. Haugen berich-tet gemeinsam mit Gregg Hunter über einen Einsatz in Kambodscha der International Justice Mission (international tätige christ-liche Menschenrechtsorganisation). Dieser Einsatz hat zum Ziel, möglichst viele Kin-der aus einem Dorf zu befreien, welches als Pädophilenparadies bekannt ist. In die Er-zählung ½ ießen Berichte aus anderen Pro-jekten der IJM ein, welche erschütternd und ehrlich von Menschenhandel, Zwangspro-stitution, Schuldsklaverei und juristischer Willkür berichten.Es ist frustrierend zu erkennen, wie schwer und gefährlich es sein kann, Gutes zu tun. Es ist motivierend zu sehen, wie wichtig und erfüllend es ist, mit Gottes Beistand durch-zuhalten. /// Eva-Maria Müller

Gebundene Ausgabe, 272 Seiten, Brunnen-Verlag 2009ISBN 978-3765517075, € 14,95

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Rezensionen | Quergedacht

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Ö¶ ne deine Hände – am Morgen

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Mit dem Körper glauben Eine verloren gegangene Dimension unserer Spiritualität wiederentdecken

Text: Daniel Sikinger Audioversion unter www.oora.de/audio

Uns ist etwas verloren gegangen. Vielleicht haben wir es aber auch ganz bereitwillig fallen gelassen. Jedenfalls blenden wir eine bestimmte Dimension unserer Spirituali-tät recht erfolgreich aus. Es geht hier um unseren Körper und darum, wieder Wege zu fi nden, die leibliche Dimensi-on in unsere Gottesbeziehung zu integrieren. Drei Gebets-gesten sollen dabei helfen.

// Heute sind Körper und Spiritualität in der Praxis weitgehend voneinander getrennt. Das war nicht immer so. Die jüdische und frühchristliche Tradition hatte sich die Leibha­ igkeit des Glaubens noch bewahrt. Wenn in der Bibel einem Menschen Gott begegnete und wenn in jener Zeit Menschen beteten, dann war das stets eine ganzkörperliche Angelegenheit. Die Men-schen warfen sich zum Beispiel nieder, berührten mit dem An-gesicht die Erde oder erhoben ihre Hände. Die synonyme Ver-wendung von Körperhaltungen und Gebet in der biblischen Sprache zeigt: Eine Geste war bereits ein Gebet. Doch das ist lange her. Irgendwo auf dem Weg der Jahrtausende ist uns die-ser Schatz abhanden gekommen. Nicht selten wird die Meinung vertreten, Glauben sei eine reine Kopf- und Herzenssache oder – viel schlimmer – man müsse sich sogar vom Körperlichen be-freien, weil dieses schmutzig und sündig sei.Aber das Gegenteil ist der Fall. Körperliches und Innerliches sind untrennbar miteinander verbunden. Darauf weist uns einerseits die Psychosomatik hin. Andererseits ist aus theolo-gischer Perspektive festzuhalten: Wenn wir ernst machen mit der Schöpfung und der Inkarnation (zu Deutsch: Fleischwer-dung) Gottes, dann kommen wir nicht umhin auszurufen: Glauben ist leiblich! Doch selbst wenn wir das erkannt haben, stehen wir vor der Frage: Wie kann so eine leibliche Spiritualität aussehen und wie kann sie in der Praxis eingeübt werden? Wo soll ich konkret nach dem Schatz suchen und wo ist ein Fund aussichtsreich? Diese Fragen führten mich zur ostkirchlichen Tradition und zur Praxis der Gebetsgesten. In der Ostkirche wird über weite Strecken dem Leib eine besondere Rolle in der Gottessuche zu-gewiesen. Man sucht, wie der orthodoxe § eologe Gregor Pa-lamas sagt, »Unkörperliches im Körperlichen zu fassen«. Das ostkirchliche Sitzen, aber auch andere Gebetshaltungen werden heute von Menschen aller Konfessionen wiederentdeckt. Für diese Christen sind die Gebetsgesten Ausdruck ihrer Gottesbe-

ziehung. Ihr Leib betet mit ihrem Inneren. Ja, ihr Leib selbst be-tet, ganz ohne Worte. Die Gesten helfen ihnen besonders dann ihrem Glauben Ausdruck zu verleihen, wenn sie sonst sprach-los bleiben. Umgekehrt ö� nen die Gesten sie aber auch für eine Gottesbegegnung. Denn durch die Gesten üben sie Ehrfurcht, O� enheit oder innere Präsenz ein und solche Haltungen helfen ihnen, Gottes Gnade zu empfangen. So spiegelt sich die inne-re Haltung Gott gegenüber in einer Gebetsgeste wieder. Gleich-zeitig kann die äußere Körperhaltung aber auch eine veränderte innere Haltung bewirken. Die ostkirchliche Tradition und die Gebetsgesten sind es, die für mich Hinweise auf die verloren gegangene, leibliche Dimension unserer Spiritualität sind. Ich bin ihnen bereits einige Zeit ge-folgt und lade dich ein, mit mir – im Rhythmus des Tages – auf Spurensuche zu gehen und drei Gebetsgesten auszuprobieren.

Öffne deine Hände – am MorgenDie Gestik der Hände ist von jeher besonders bedeutsam. Eine der vielen möglichen Handgesten ist das Ö� nen der Hände. Da-mit zeigen wir O� enheit und Hingabe. Wir halten Gott unsere leeren Hände hin und machen uns bewusst: Was mir zukommt, das ist mir von Gott gegeben. Auch nehmen wir mit unseren ge-ö� neten Händen die Dinge in die Hand, die wir scha� en und gestalten oder wir berühren Menschen, verweigern ihnen aber auch allzu o­ unsere Hand und damit unsere Hilfe. Probiere diese Geste in einer stillen Minute am Morgen aus. Hal-te damit Gott hin, was du anpacken musst und wo du Menschen die Hand reichen willst. Du kannst so auch zum Ausdruck brin-gen, dass du in alledem leere Hände hast und auf Gottes Eingrei-fen angewiesen bist. Gott wird deine Hände füllen und sein Geist wird sie krä­ igen. Dankbar kannst du so den Tag beginnen und bereits für das bitten, was dich heute beschä­ igen wird.

Die Gesten helfen ihnen besonders dann ihrem Glauben Ausdruck zu verleihen, wenn sie sonst sprachlos bleiben.

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Mit dem Körper glauben | Quergedacht

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Mit der gleichen Absicht kannst du die alte Geste nachvollzie-hen und deine Hände mit ein wenig Abstand vor dein Gesicht halten. Diese Gebärde schirmt dich von allem um dich herum ab, verweist deine Blicke auf dich selbst und richtet deine Auf-merksamkeit auf dein Inneres. Nichts soll jetzt stören oder ab-lenken. Du kannst nun allein sein vor Gott, mitten im Trubel des Alltags. Verharre einen Moment in dieser Haltung und spüre die Wärme deines Atems auf den Hand½ ächen. Lege erst nach einer Weile deine Hände langsam und behutsam auf dein Gesicht. Die Wahrnehmung der Wärme und Zärtlichkeit kann für dich zum Ausdruck eines Geheimnisses werden – Gott möchte eine innige Beziehung mit dir p½ egen, auch in deiner zweiten Tageshäl­ e.

Kreuze die Arme über deiner Brust – am AbendLege zuerst die rechte Hand auf die linke Schulter. Halte einen Moment inne. Lege dann die linke Hand auf die rechte Schul-ter und halte wieder inne. Wenn ich von der Arbeit nach Hau-

Halte deine Hände vors Gesicht – am MittagAm Mittag haben wir o­ das Bedürfnis kurz zur Ruhe zu kom-men. Um dich zu dieser Tageszeit neu auf Gott auszurichten, kannst du dich für einige Minuten zurückziehen, zum Beispiel auf das � rmeneigene stille Örtchen oder auf eine einsame Park-bank. Durch die Geste des Hände-vors-Gesicht-Haltens bekräf-tigst du deine Suche nach Gott.Sich durch eine Geste zum Gebet zurückzuziehen, ist in vielen Religionen bekannt. Orthodoxe Juden beispielsweise legen beim Morgengebet einen Gebetsschal über Kopf und Schultern. Unter anderem schirmt sich der Träger mit ihm von seinem Umfeld ab: Sein Sichtfeld, aber auch seine Sichtbarkeit werden einge-schränkt. Die weit ins Gesicht fallende Kapuze oder auch Ku-kulle, die manche Mönche beim Chorgebet überziehen, hat eine ganz ähnliche Funktion. Und von der Mutter John Wesleys er-zählt man sich, sie habe am Küchentisch gelegentlich ihre lange Schürze über den Kopf geschlagen, um zu beten.

Kreuze die Arme über deiner Brust – am AbendHalte deine Hände vors Gesicht – am Mittag

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Quergedacht | Mit dem Körper glauben

Page 13: oora 43 • Fantasie

se komme, bleibe ich so noch einige Augenblicke im Dunkeln meines Autos sitzen und schließe mit dieser Geste den Tag ab – die Arme gekreuzt über der Brust, sodass die Fingerspitzen die Schultern berühren.Wenn man eine Tür schließt, bewegt man die Arme in ganz ähnlicher Weise, wie in der Bewegung des Armekreuzens. Die Geste schließt gewissermaßen die Tür des Tages. Sie erinnert aber gleichzeitig an eine Umarmung. Umarmt wird das Gegen-sätzliche des Lebens, das Rechte und das Linke, das Leichte so-wie das Schwere des vergangenen Tages. Wenn du dir also die erste Hand auf deine Schulter legst, kannst du daran denken, was unfertig geblieben ist an diesem Tag, was dir misslungen ist und was spannungsreich bleibt. Bei der zweiten Hand kannst du das Gelungene dieses Tages bedenken, das Schöne und Gute. Kreuze die Arme über der Brust und umarme in Dankbarkeit die Gegensätzlichkeiten deines Alltags. Schließe die Tür des Ta-ges und gib dem Schweigen und der Ruhe Raum. Du kannst mit dieser Geste des Kreuzes das Gelungene wie auch das Liegenge-bliebene oder Misslungene in Gottes Hände zurückgeben.

Damals wie heute soll und darf deine Spiritualität ganzheitlich sein und dich deshalb auch als körperliches Wesen betre� en. Da wir gegenwärtig aber o­ den Bezug zu unserem eigenen Körper verloren haben, müssen wir uns wieder neu auf die Suche nach Körperhaltungen machen, die uns für eine Gottesbegegnung ö� -nen und die unserem Inneren adäquat Ausdruck verleihen. ///

Hinweis: Dieser Text ist etwas abgeändert zuerst auf www.lebensreise.info erschienen. LEBENSREISE ist ein Internetportal für christliche Spiritualität. Wöchentlich erschei-nen hier Artikel zu Themen wie Heilige Orte, Vorbilder des Glaubens, Gebetsgesten oder geistlicher Rhythmus.

Daniel Sikinger (31) lebt mit seiner Frau bei Newcastle (England). Von Haus aus pädagogisch ausgebildet, setzte er im theologischen Studium die Schwerpunk-te u. a. auf jüdische und monastische Spiritualität. Jetzt wohnt und arbeitet er in »Nether Springs«, einem New Monastic Centre der Northumbria Community.

HEILUNGKÖRPERGEBETKRAFTMUTBEREITSCHAFTKRAFTHEILUNGBEREITSCHAFTKRAFTMUTKRAFTHEILUNGBEREITSCHAFTKRAFTMU

EINE VERGESSENE SPRACHE WIEDERENTDECKEN

Mit dieser DVD laden wir dich ein, eine vergessene Sprache wieder zu entdecken.

Körpergebet heißt dein ganzes Sein ins Gebet mit einzubeziehen. Diese Art zu beten wird dich zu einer tieferen Begegnung mit Gott führen. Dein spirituelles Leben er-fährt neue Lebendigkeit, du be-gegnest Gott mit deinem ganzen Sein und öffnest ihm dein Leben.

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Damals wie heute soll und darf deine Spiritualität ganzheitlich sein und dich deshalb auch als körperliches Wesen betre� en.

Anze

ige

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Page 14: oora 43 • Fantasie

Wie Gott mich mit Muttermilch beglückte Mein Freund Gott und ich

Text: Mickey Wiese // Kolumne Audioversion unter www.oora.de/audio

Mickey singt und schreit mit seinem Freund Gott im Auto und bekommt dabei erklärt, wie aus S-Eiern Ü-Eier werden. Das macht ihn einfach kind-lich begeistert.

// Als ich vor ein paar Tagen mit meinem Freund Gott auf der Autobahn unter-wegs war, wuchs in mir ein warmes mut-termilchiges Gefühl. Und das kam so.An einem Frühlingsmontag waren mein Freund Gott und ich eingeladen, einen le-

bensfördernden Ein½ uss auf junge Men-noniten auszuüben. Um rechtzeitig zu ihrem legendären »Apg. 2,44-46-Menn-ofrühstück« zu kommen, mussten wir schon um fünf Uhr aufstehen. Während ich mich im Dunkeln leise durch die Wohnung tastete, um meine Frau und die Kinder nicht zu wecken, stolperte ich über ein Worshiptape mit dem Al-bum »Morgenland« von Elke Reichert. »Nimm das doch mit«, tippte mich mein Freund Gott an, »und lass uns auf der

Fahrt ein wenig singen und das Licht anknipsen.« Das ist zu unserer ganz per-sönlichen Bezeichnung für Lobpreis ge-worden, weil man nur mit der Gegenwart meines Freundes Gott die Dunkelheit verschwinden lassen kann. Es überrascht mich immer wieder und ich staune mit großen Kinderaugen, wenn es passiert. Und kein Wissenscha­ ler kann erklä-ren, wohin die Dunkelheit verschwindet, wenn man das Licht anknipst. »Und so ist das auch mit den sorgenvollen Nöten

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Quergedacht | Wie Gott mich mit Muttermilch beglückte

der Seele«, dozierte mein Freund Gott und legte mir die Hand aufs Herz. Ob-wohl es noch nicht Ostern war, hatten sich nämlich ein paar unausgebrütete S-Eier, die Vorstufe zum Ü-Ei, in meinen Panto� eln versteckt. Und im Ei steckt ja, wie der Kindermund sagt, das gan-ze Leben drin. »Genau«, grinste mein Freund Gott mich an, »und Kindermund tut Wahrheit kund (Matthäus 22,16). Mi-ckey, du machst dir im Moment einfach wieder mal zu viele Sorgen um dein Le-ben und das deiner Familie, was ihr es-sen, was ihr trinken sollt und was ihr an-ziehen sollt. Ist nicht das Leben mehr als die Speise und der Leib mehr als die Klei-dung? Schau auf die Vögel des Himmels, dass sie weder säen noch ernten noch in Scheunen sammeln, und ich ernähre sie doch. Seid ihr nicht viel wertvoller als sie? Wer aber unter euch kann mit Sor-gen seiner Lebenslänge eine Elle zuset-zen? Lass dich von meiner Liebe überra-schen. Du lebst zwar im Abendland, aber du weißt doch: Ostern ist besser als Wes-tern.« Und dann machte er mich darauf aufmerksam, dass zwischen S-Eiern und Ü-Eiern, von Sorgen zu Überraschungen, nur das Oster-Kreuz die Brücke schlägt. So fuhren wir also los, zusammen mit Elke Reichert und Lothar Kosse, der auch noch auf dem Tape war. Die Autobahn war leer, die Fahrbahn war ein graues Band, weiße Streifen, grüner Rand und das Morgenland erwartete uns. Und dann ging überraschend die Sonne auf. Wie schon so o­ berührten Elke und Lothar auch dieses Mal sehr tief mein Herz mit ihren ehrlichen Texten. Zwei

Stunden lang hab’ ich im Auto gesungen, geheult, gejubelt, geschrien. Mein Tank wurde mit jedem Kilometer voller. Heiß-hungrig saugte ich die gesunde Milch meines Freundes Gott, des Vielbrüstigen (El Shaddai: Jesaja 66,11-13), in mich auf. Manchmal ist es so herrlich, unerwach-sen zu sein. Ja, ich esse auch schon gerne Schabe½ eischbrote und Steaks und kann mich sowohl auf 1. Petrus 2,2-Boden, als auch auf Hebräer 5,14-Parkett bewegen. Aber manchmal muss es einfach Mutter-milch sein. Auf einem Seminar hat mich eine junge Frau einmal gefragt, ob die erste Liebe sich nicht irgendwann auch einfach verändern muss, weil man reifer wird und die Ratio dazukommt? »Nein«, hab ich ihr entgegengestrahlt, »ich bleibe mit Leidenscha­ kindlich und begeistert.« Das Kindische habe ich wahrscheinlich weitgehendst abgelegt. Ich verstehe inzwischen mehr Zusam-menhänge als früher, kann schwierige theologische Worte benutzen und sie auch immer ö­ er richtig platzieren. Mein Freund Gott schmunzelt dann immer so väterlich und klatscht Beifall. Aber wenn wir uns in die Augen schauen, dann wis-sen wir beide ganz genau, dass den Kin-dern das Himmelreich gehört und dass es darum auch nichts im Reich meines Freundes Gott gibt, das Kinder nicht ver-stehen könnten. Wer auf den Himmel zugeht, der wird nicht ernster, kompli-zierter, xenologischer und unter der Last der Verantwortung sorgenvoller, son-dern der wird immer mehr wie ein Kind. Sonst kommt man da ja nicht hinein. Als ich jedenfalls nach 120 kurzweiligen

Lobpreisminuten bei den jungen Menno-niten au­ auchte, fühlte ich mich wie der vom Bus ge½ ogene Cola-Zero-Mann. »Es geht mir gut! Es geht mir gut!«, ju-belte ich. Und das, was mein Freund Gott dann durch mich strömen ließ, das machte an diesem Tag wirklich einen »Life Impact« auf meine Zuhörer und mich. »Vertrau mir pädiatrisch, Mickey«, neck-te er mich später fortwährend, als ich meinen ernstha­ en Vortrag hielt. »Glau-be infantil!« Worau in wir einander mehrfach die gelotologische Entlastungs-reaktion nach überwundener Gefahr zeigten (Psalm 126). Muttermilch zau-bert eben nicht nur Babys ein Lächeln aufs Gesicht, als hätten sie an einem hei-ßen Sommertag genau die richtige Men-ge Eiscreme gegessen. ///

Wie Gott mich mit Muttermilch beglückte Mein Freund Gott und ich

Text: Mickey Wiese // Kolumne Audioversion unter www.oora.de/audio

Wenn wir uns in die Augen schauen, dann wissen wir beide ganz genau, dass den Kindern das Himmelreich gehört und dass es darum auch nichts im Reich meines Freundes Gott gibt, das Kinder nicht verstehen könnten.

Mickey Wiese (52), länger als er lebt mit Jesus befreundet, ist als Event-Pastor, systemischer Berater für störende Schüler und in einigen an-deren Rollen unterwegs. Er hat Sehnsüchte nach Glauben im Alltag, wird gerne gegooglet und fi n-det Beerdigungen fast besser als Hochzeiten, fei-ert letztere aber ausgiebiger. Aktuell erscheint die zweite, erweiterte Aufl age der Buchausgabe von Mickeys fröhlicher Kolumne »Mein Freund Gott und ich« im Brendow-Verlag.

Video zur Kolumne mit weiteren Gedanken und Impressionen: bit.ly/mickey-001

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Wie Gott mich mit Muttermilch beglückte | Quergedacht

Page 15: oora 43 • Fantasie

Wie Gott mich mit Muttermilch beglückte Mein Freund Gott und ich

Text: Mickey Wiese // Kolumne Audioversion unter www.oora.de/audio

Mickey singt und schreit mit seinem Freund Gott im Auto und bekommt dabei erklärt, wie aus S-Eiern Ü-Eier werden. Das macht ihn einfach kind-lich begeistert.

// Als ich vor ein paar Tagen mit meinem Freund Gott auf der Autobahn unter-wegs war, wuchs in mir ein warmes mut-termilchiges Gefühl. Und das kam so.An einem Frühlingsmontag waren mein Freund Gott und ich eingeladen, einen le-

bensfördernden Ein½ uss auf junge Men-noniten auszuüben. Um rechtzeitig zu ihrem legendären »Apg. 2,44-46-Menn-ofrühstück« zu kommen, mussten wir schon um fünf Uhr aufstehen. Während ich mich im Dunkeln leise durch die Wohnung tastete, um meine Frau und die Kinder nicht zu wecken, stolperte ich über ein Worshiptape mit dem Al-bum »Morgenland« von Elke Reichert. »Nimm das doch mit«, tippte mich mein Freund Gott an, »und lass uns auf der

Fahrt ein wenig singen und das Licht anknipsen.« Das ist zu unserer ganz per-sönlichen Bezeichnung für Lobpreis ge-worden, weil man nur mit der Gegenwart meines Freundes Gott die Dunkelheit verschwinden lassen kann. Es überrascht mich immer wieder und ich staune mit großen Kinderaugen, wenn es passiert. Und kein Wissenscha­ ler kann erklä-ren, wohin die Dunkelheit verschwindet, wenn man das Licht anknipst. »Und so ist das auch mit den sorgenvollen Nöten

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der Seele«, dozierte mein Freund Gott und legte mir die Hand aufs Herz. Ob-wohl es noch nicht Ostern war, hatten sich nämlich ein paar unausgebrütete S-Eier, die Vorstufe zum Ü-Ei, in meinen Panto� eln versteckt. Und im Ei steckt ja, wie der Kindermund sagt, das gan-ze Leben drin. »Genau«, grinste mein Freund Gott mich an, »und Kindermund tut Wahrheit kund (Matthäus 22,16). Mi-ckey, du machst dir im Moment einfach wieder mal zu viele Sorgen um dein Le-ben und das deiner Familie, was ihr es-sen, was ihr trinken sollt und was ihr an-ziehen sollt. Ist nicht das Leben mehr als die Speise und der Leib mehr als die Klei-dung? Schau auf die Vögel des Himmels, dass sie weder säen noch ernten noch in Scheunen sammeln, und ich ernähre sie doch. Seid ihr nicht viel wertvoller als sie? Wer aber unter euch kann mit Sor-gen seiner Lebenslänge eine Elle zuset-zen? Lass dich von meiner Liebe überra-schen. Du lebst zwar im Abendland, aber du weißt doch: Ostern ist besser als Wes-tern.« Und dann machte er mich darauf aufmerksam, dass zwischen S-Eiern und Ü-Eiern, von Sorgen zu Überraschungen, nur das Oster-Kreuz die Brücke schlägt. So fuhren wir also los, zusammen mit Elke Reichert und Lothar Kosse, der auch noch auf dem Tape war. Die Autobahn war leer, die Fahrbahn war ein graues Band, weiße Streifen, grüner Rand und das Morgenland erwartete uns. Und dann ging überraschend die Sonne auf. Wie schon so o­ berührten Elke und Lothar auch dieses Mal sehr tief mein Herz mit ihren ehrlichen Texten. Zwei

Stunden lang hab’ ich im Auto gesungen, geheult, gejubelt, geschrien. Mein Tank wurde mit jedem Kilometer voller. Heiß-hungrig saugte ich die gesunde Milch meines Freundes Gott, des Vielbrüstigen (El Shaddai: Jesaja 66,11-13), in mich auf. Manchmal ist es so herrlich, unerwach-sen zu sein. Ja, ich esse auch schon gerne Schabe½ eischbrote und Steaks und kann mich sowohl auf 1. Petrus 2,2-Boden, als auch auf Hebräer 5,14-Parkett bewegen. Aber manchmal muss es einfach Mutter-milch sein. Auf einem Seminar hat mich eine junge Frau einmal gefragt, ob die erste Liebe sich nicht irgendwann auch einfach verändern muss, weil man reifer wird und die Ratio dazukommt? »Nein«, hab ich ihr entgegengestrahlt, »ich bleibe mit Leidenscha­ kindlich und begeistert.« Das Kindische habe ich wahrscheinlich weitgehendst abgelegt. Ich verstehe inzwischen mehr Zusam-menhänge als früher, kann schwierige theologische Worte benutzen und sie auch immer ö­ er richtig platzieren. Mein Freund Gott schmunzelt dann immer so väterlich und klatscht Beifall. Aber wenn wir uns in die Augen schauen, dann wis-sen wir beide ganz genau, dass den Kin-dern das Himmelreich gehört und dass es darum auch nichts im Reich meines Freundes Gott gibt, das Kinder nicht ver-stehen könnten. Wer auf den Himmel zugeht, der wird nicht ernster, kompli-zierter, xenologischer und unter der Last der Verantwortung sorgenvoller, son-dern der wird immer mehr wie ein Kind. Sonst kommt man da ja nicht hinein. Als ich jedenfalls nach 120 kurzweiligen

Lobpreisminuten bei den jungen Menno-niten au­ auchte, fühlte ich mich wie der vom Bus ge½ ogene Cola-Zero-Mann. »Es geht mir gut! Es geht mir gut!«, ju-belte ich. Und das, was mein Freund Gott dann durch mich strömen ließ, das machte an diesem Tag wirklich einen »Life Impact« auf meine Zuhörer und mich. »Vertrau mir pädiatrisch, Mickey«, neck-te er mich später fortwährend, als ich meinen ernstha­ en Vortrag hielt. »Glau-be infantil!« Worau in wir einander mehrfach die gelotologische Entlastungs-reaktion nach überwundener Gefahr zeigten (Psalm 126). Muttermilch zau-bert eben nicht nur Babys ein Lächeln aufs Gesicht, als hätten sie an einem hei-ßen Sommertag genau die richtige Men-ge Eiscreme gegessen. ///

Wie Gott mich mit Muttermilch beglückte Mein Freund Gott und ich

Text: Mickey Wiese // Kolumne Audioversion unter www.oora.de/audio

Wenn wir uns in die Augen schauen, dann wissen wir beide ganz genau, dass den Kindern das Himmelreich gehört und dass es darum auch nichts im Reich meines Freundes Gott gibt, das Kinder nicht verstehen könnten.

Mickey Wiese (52), länger als er lebt mit Jesus befreundet, ist als Event-Pastor, systemischer Berater für störende Schüler und in einigen an-deren Rollen unterwegs. Er hat Sehnsüchte nach Glauben im Alltag, wird gerne gegooglet und fi n-det Beerdigungen fast besser als Hochzeiten, fei-ert letztere aber ausgiebiger. Aktuell erscheint die zweite, erweiterte Aufl age der Buchausgabe von Mickeys fröhlicher Kolumne »Mein Freund Gott und ich« im Brendow-Verlag.

Video zur Kolumne mit weiteren Gedanken und Impressionen: bit.ly/mickey-001

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Wie Gott mich mit Muttermilch beglückte | Quergedacht

Page 16: oora 43 • Fantasie

Die christliche Zeitschri� zum Weiterdenken

Impressum

Nummer 43 • 1/2012

ISSN 2191-7892

Herausgeber: oora verlag GbR, Jörg Schellenberger und

Michael Zimmermann, Dollmannstr. 104, 91522 Ansbach

Redaktionsleitung: Jörg Schellenberger,

Michael Zimmermann ([email protected])

Redaktionsteam: Anne Coronel, Daniel Hufeisen,

Matthias Lehmann, Jörg Schellenberger, Johanna Weiß,

Michael Zimmermann

Lektorat: Ina Taggeselle

Anzeigen: Jörg Schellenberger ([email protected])

Gestaltung: Johannes Schermuly, www.ideenundmedien.de

Druck: Onlineprinters GmbH, Neustadt a. d. Aisch

Abonnement: oora erscheint viermal im Jahr (März,

Juni, September, Dezember) und kostet 18,50 EUR in

Deutschland bzw. 24,50 EUR in anderen europäischen

Ländern. Darin sind Mehrwertsteuer und Versandkosten

bereits enthalten! Das Abo kann immer bis sechs Wochen

vor Bezugsjahresende gekündigt werden. Eine E-Mail an

[email protected] genügt. Das gilt nicht für Geschenk-Abos,

die automatisch nach einem Bezugsjahr enden.

Einzelpreis: 5,50 EUR/7,50 SFr. Preisänderungen und

Irrtümer vorbehalten.

Mengenrabatt: Ab 10 Hefte: 5,00 EUR pro Heft, ab 20

Hefte: 4,50 EUR pro Heft (inkl. Versand)

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BLZ 765 500 00, Sparkasse Ansbach • IBAN: DE18

76550000 0008 3689 38, BIC: BYL ADEM1ANS

Leserservice: oora Leserservice, Postfach 1363,

82034 Deisenhofen, Telefon: 089/858 53 - 552,

Fax: 089/858 53 - 62 552, [email protected]

© 2012 oora verlag GbR • www.oora.de

Bilder: Wenn nicht anders vermerkt: photocase.com

Titelbild: iStockphoto; S.2: fl ickr.com - danceswithlight;

S.6 mactobi; S.9 Katharina Levy; S.10: Frank Martin Diet-

rich; S.12: public domain; S.14: ginkgomaps.com; S.22:

froodmat; S.25: Tito201 /Flickr - NASA; S.26/28: DrGenn;

S.40: fl ickr.com - Lordcolus

Alle weiteren von oora oder von privat.

oora info

Einige Reaktionen seit der letzten oora-Ausgabe

Sponsoring-Aktion 2011 Wir sind sehr stolz auf euch Leser. Nur durch eure tatkrä­ ige Unterstützung konnten wir das letzte Jahr knapp Plus-Minus-Null abschließen. Ihr habt 47 der 50 Sponsoring-Pakete � nanziert. Ein Riesenerfolg, ohne den wir heute kaum noch ½ üssig wären. Top!

Ich bin großer Fan von oora und der Gedanken anregenden Artikel.

Leserin per E-Mail

Vielen Dank, dass ihr immer wieder querdenkt und neue Impulse gebt.

Leser per E-MailIch � nde oora super.

Sie bringt mich weiter, lässt Gedanken tiefer gehen und bringt das

Leben in Fahrt.

Leserin per E-Mail oora ist wie ein Scha� ock – halt Schaf, aber kein lammfrommes, sondern ein Bock, der auch mal

gegen den geistlichen Mainstream angeht.

Leser auf die Frage, welchem Tier oora ähnlich ist

oora ist ehrlich, sagt o� en, was es zu einem � ema denkt und nimmt

kein Blatt vor den Mund.

Leserin bei einer Umfrage, was die charakteristischen

Eigenschaften von oora sind

oora ist Querdenker, Tiefdenker und

Glaubensliebhaber.

Leser bei einer Umfrage, was die charakteristischen

Eigenschaften von oora sind

Das ¥ ema der nächsten Ausgabe, die im Juni 2012 erscheint:

Gemeinschaft oora 01/1250

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Nr. 39: Grün

Haben wir uns etwa von der aktuellen Grün-welle mitreißen lassen? Könnte schon sein. Hier darf natürlich auch Anselm Grün nicht fehlen, der überraschende Antworten zum § ema Finanzen gibt.

Nr. 40: Mission

Dich kriegen wir auch noch. Mission ist ein Reizwort und deshalb bestens für eine oora-Durchleuchtung geeignet. Vom Atheisten bis zum ehemaligen Evangelisten kommen alle zu Wort.

Nr. 41: Macht

Macht – dieses Wort mag zunächst hart klin-gen. Aber Macht begegnet uns überall: Sie hil­ uns, Dinge durchzusetzen und zu ver-ändern, sie kann aber auch zum Stolperstein werden.

Nr. 42: Anfang/Ende

Alles hat ein Ende. Und einen Anfang. Wir philosophieren über Beginn und Finale der Dinge: Zeit, Leben, Todesstrafe, Start-Up, Übergabegebet. Die Beleuchtung fällt ge-wohnt vielseitig aus.

Und hier kannst du bestellen: www.oora.de/shop oder (089) 85853-552

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Der 2011er oora-Jahrgang

oora 01/1250

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Mit Jesus handeln, in einer Welt voll Armut, Not und Ungerechtigkeit.

Entwicklungszusammenarbeit und Humanitäre Hilfe

Partner Aid International e. V. Bahnhofstraße 71 61267 Neu-Anspach

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