Open Governmentp Zeit für Pioniere aktuell 4-2012... · 2016. 6. 8. · Sven Ambrosy, Landrat des...

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SERIE eID Mobil und dennoch sicher IPv6 Im Alltag angekommen SOCIAL MEDIA Der Bürger macht mit Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e.V. 4| 2012 www.vitako.de NOVEMBER Open Government Zeit für Pioniere

Transcript of Open Governmentp Zeit für Pioniere aktuell 4-2012... · 2016. 6. 8. · Sven Ambrosy, Landrat des...

  • SERIE eID

    Mobil und dennoch sicher

    IPv6

    Im Alltag angekommen

    SOCIAL MEDIA

    Der Bürger macht mit

    Zeitschrift der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e.V.

    4|2012www.vitako.de

    NOVEMBER

    Open Governmentp

    Zeit für Pioniere

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    \ EDITORIAL

    Peter Kühne, Vorstandsvorsitzender, Dr. Marianne Wulff, Geschäftsführerin, Vitako – Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister

    Totgesagte leben länger

    Dieser Spruch, liebe Leserinnen und Le-ser, gilt auch für Gesetzentwürfe, wie das geplante E-Government-Gesetz beweist: Nachdem „die Branche“ es für immer un-wahrscheinlicher hielt, dass der Entwurf noch in dieser Legislaturperiode diskutiert und verabschiedet wird, geht das Gesetz jetzt auf seinen parlamentarischen Weg. Am 19. September im Bundeskabinett verabschiedet, startet es nun seine (be-schwerliche?) Reise.

    Vitako begrüßt den Kabinettsbeschluss. Ziel ist es, die elektronische Kommunika-tion mit der Verwaltung zu vereinfachen. Bund, Länder und Kommunen können einfachere, nutzerfreundlichere und effi -zientere elektronische Verwaltungsdienste anbieten. Vom geplanten E-Government-Gesetz profi tieren Bürger und Verwaltun-gen gleichermaßen. Künftig können viele Amtsgeschäfte online erledigt werden.

    Das geplante Gesetz schafft Rechtssicher-heit und setzt bisher fehlende technische Standards um. Außerdem dient es als Richtschnur für den Einsatz elektroni-scher Identitäten als Schriftformersatz und beseitigt damit – zumindest teilweise – das Haupthindernis für durchgehend elektronische Verwaltungsprozesse. Bis-lang mussten viele Formulare per Hand unterschrieben werden. Eine elektronische Verarbeitung war nur mit der qualifi zierten elektronischen Signatur möglich. Doch diese konnte sich bei den Verbrauchern nicht durchsetzen.

    Das E-Government-Gesetz schafft nun Al-ternativen: Bürger können sich in Verwal-tungs-Portalen im Internet mit dem neuen Personalausweis anmelden. Schriftsätze mit Behörden können mit einem neuen rechtssicheren E-Mail-Verfahren ausge-tauscht werden. Weitere Verbesserungen des geplanten Gesetzes: Alle Behörden in Bund, Ländern und Kommunen werden

    verpfl ichtet, elektronisch erreichbar zu sein. Außerdem wird die Erbringung elek-tronischer Nachweise erleichtert, ebenso das elektronische Bezahlen in Verwaltungs-verfahren. Auch zum Schwerpunktthema dieses Heftes enthält der Entwurf Rege-lungen. Bezogen auf „Open Data“ müssen Daten von Behörden, die über öffentlich zugängliche Netze verfügbar gemacht wer-den, grundsätzlich in maschinenlesbaren Formaten bereitgestellt werden, wenn ein Nutzungs- oder Weiterverwendungsinter-esse unterstellt werden kann.

    Im Vergleich zum ersten Referentenent-wurf sind einige „Rückzieher“ erkennbar. So sind die Justiz und der Sozialbereich (SGB II) vom Geltungsbereich des Geset-zes teilweise ausgenommen. Man hätte sich auch weitergehende Regelungen wünschen können, etwa das Außerkraft-setzen aller Vorschriften zur Schriftform für einen gewissen Zeitraum (so ISPRAT in seiner Stellungnahme) oder lösungsun-abhängige Formulierungen bezogen auf den Unterschriftsersatz. Insgesamt lässt der Gesetzentwurf auf mehr einheitliches „echtes“ E-Government hoffen und ist ein wichtiger Schritt auf dem langen Weg der Verwaltung in die digitale Gesellschaft.

    In diesem Sinne wünschen Ihnen eine gute Lektüre

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    \ INHALT\ IMPRESSUM

    Herausgeber:Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e. V.Markgrafenstr. 2210117 BerlinTel. 030 / 20 63 15 60E-Mail: [email protected]

    V.i.S.d.P.:Dr. Marianne Wulff

    Die Redaktion behält sich vor, eingesandte Berichte auch ohne vorherige Absprache zu kürzen. Der Inhalt der Beiträge gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder elektronische Ver breitung nur mit Zustimmung des Herausgebers.

    Redaktion:Goergen Kommunikation GmbHAnne Goergen, Michael Wayand, Kai OrtmannUbierring 4350678 Kölnwww.g-komm.de

    Erscheinungsweise:4 Ausgaben im Jahr

    Aufl age:5.000

    Konzeption, Layout und Satz:CO.IN. MEDIEN, [email protected]

    Lektorat:Ursula Barthel Grafi kdesign, Bremenub-grafi [email protected]

    Regionalausgaben:Konzeption, Layout, Satz und LektoratUrsula Barthel Grafi kdesign, Bremenub-grafi [email protected]

    Litho u. Druck:köhler + bracht GmbH & Co. KG, D-26180 Rastede/Wahnbek

    Bildnachweise:Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frau-en (S. 13); BITKOM e.V. (S. 31); Bundesministerium des Innern (S. 11); Stadt Coburg (S. 25); Landeshauptstadt Düsseldorf (S. 27); FOKUS (S. 8, S. 28); Fotolia (bluedesign, pressmaster, Rafael Ben-Ari, moneymaker11, G.Light, NesaCera, corepics); Landkreis Friesland (S. 20); Hamburger Finanzbehörde (S. 15); iStockphoto (aldomurillo, ssuaphoto, kenhurst, mattjeacock, rudchenko, messenjah, Mikey_Man, AlexSava); ITK Rheinland (S. 34); KDVZ Citkomm (S. 23); krz Lemgo (S. 29); KRZN (S. 18); Mi-nisterium für Finanzen und Europa des Saarlandes (S. 32); Stadt Ulm (S.9); Vitako (S. 3)

    Autoren dieser Ausgabe: Peter Adelskamp, Landeshauptstadt DüsseldorfSven Ambrosy, Landkreis FrieslandDirk Arendt, BITKOM e.V.Dr. Wolfgang Both, Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und FrauenGunter Czisch, Stadt UlmKarin Engelhardt, Stadt CoburgDr. Helene Groß, Bundesministerium des InnernStefanie Hecht, Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS)Christian Horn, Hamburger FinanzbehördeSusanne Katzer, Hamburger FinanzbehördeDirk Kleemeier, krz LemgoMartin Krengel, KDVZ CitkommErnst Mayer, KRZNLena-Sophie Müller, Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS)Dr. Hanno Thewes, Ministerium für Finanzen und Europa des Saarlandes

    Hinweis: Vitako aktuell erscheint zusätzlichmit 3 Regionalausgaben:Ausgabe krz LemgoAusgabe Lecos LeipzigAusgabe regio iTDer Vertrieb erfolgt durch das jeweilige Vitako-Mitglied.

    ISSN 2194-1165

    OPEN GOVERNMENT

    6 Eine Frage der Courage Die Partizipation der Bürger ist ein wertvolles Potenzial. Um es zu nutzen bedarf es Technik, Organisation und Experimentierkultur. Lena-Sophie Müller vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommuni-kationssysteme (FOKUS) berichtet.

    9 Gelassen agierenOpen Government ist kein Ersatz, sondern Ergänzung für die be-währte repräsentative Demokratie. Gunter Czisch, Erster Bürger-meister der Stadt Ulm, beleuchtet aktuelle Fragestellungen dazu.

    10 Hohe FreiheitsgradeÜber ein zentrales Portal sollen Verwaltungsdaten von Bund, Län-dern und Kommunen öffentlich bereitgestellt werden. Über Open Government Data berichtet Dr. Helene Groß, Referentin im Bundes-ministerium des Innern, Referat O1.

    12 Durchdachter UnterbauDas Bundesland Berlin hat mit der Öffnung seiner Datenbestände bereits begonnen. Über die Erfahrungen des ersten Jahres schreibt Dr. Wolfgang Both, Mitarbeiter der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen.

    14 Einmischen erwünschtZu den Auswirkungen des Hamburgischen Transparenzgesetzes auf die Entwicklung von Open Data und die Verwaltungskultur berich-ten Christian Horn und Susanne Katzer von der Hamburger Finanz-behörde.

    4|2012

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    \ INHALT

    VERWALTUNG DER ZUKUNFT

    26 Serie: Elektronische IdentitätenGewinnen können alleDie eindeutige Identitätsfeststellung war bisher ein Hin-dernis für mobile behördliche Angebote. Die neuesten Entwicklungen in diesem Thema stellt Peter Adelskamp, Abteilungsleiter für Organisation und IT im Hauptamt der Stadt Düsseldorf, dar.

    28 Web-Check: Köln beteiligtVitako aktuell nimmt im Web 2.0 Check den Internetauf-tritt der Stadt Köln unter die Lupe.

    29 Zusammenspiel entscheidetGeschäftsprozessoptimierung ist nach wie vor ein Thema für viele Kommunen. Dirk Kleemeier vom krz Lemgo be-schreibt die Anforderungen und gibt ein aktuelles Beispiel.

    RUBRIKEN

    32 Vitako fragt … Dr. Hanno Thewes, Leiter der Stabsstelle Zentrales IT-Management (CIO) im Ministerium für Finanzen und Europa des Saarlandes.

    33 Vitako antwortet … Dr. Wilfried Bernhardt

    33 Was macht eigentlich ...

    DOI?

    34 Vitako Panel

    34 Vorschau auf die nächste Ausgabe

    34 Termine

    35 In eigener Sache

    16 Auf die Größe kommt’s nicht anWenn mit bereits vorhandenen Daten begonnen wird, brauchen offene Datenportale keinen großen Master-plan. Der Autor Ernst Mayer ist Servicebereichsleiter beim KRZN.

    19 Demokratie liveLiquidFeedback ist ein Versuch auf dem Weg zu mehr Bür-gerbeteiligung und Transparenz. Ein Projektbericht von Sven Ambrosy, Landrat des Landkreises Friesland.

    INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

    22 Sanfter ÜbergangIPv6 ist nach einem sanften Start im Web und auch in den Verwaltungen angekommen. Der Autor Martin Krengel ist Abteilungsleiter Systembetrieb beim KDVZ Citkomm.

    24 Digital Bewusst SeinBürger haben auch di-gital ein großes Inte-resse an der eigenen lokalen Identität. Wa-rum dies für Kommu-nen Chance und Her-ausforderung zugleich ist, beschreibt Autorin Karin Engelhardt, Lei-terin der Abteilung E-Government/Verwal-tungsmodernisierung der Stadt Coburg.

    30 (Zu) kühne Vision?Die EU-Kommission arbeitet an einem einheitlichen Sys-tem für elektronische Signaturen, Identitäten sowie Au-thentifi zierungsdienste. Dirk Arendt ist stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises Identitäten beim BITKOM e.V. und erklärt, warum sichere Web-Identitäten der Dreh- und Angelpunkt für E-Government, E-Commerce und E-Business sind.

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    Eine Frage der CourageOpen Government ist mehr als Open Data

    Politik und Verwaltung haben erkannt: Die Partizipa-

    tion der Bürger ist ein wertvolles Potenzial. Um es zu

    heben, bedarf es neben dem politischen Willen vor

    allem Technik, Organisation – und den Willen zu einer

    Experimentierkultur.

    Vergleicht man die heutigen Arbeitsweisen im Privat- und Berufsleben mit denen vor 50 Jah-ren, so wird schnell deutlich, dass sie einem ständigen Weiterentwicklungsprozess unterliegen. Dies liegt nicht zuletzt an der rasanten Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik, die mit ihren neuen Möglichkeiten, etwa der mobilen Nutzung, Einzug in nahezu alle Bereiche unseres Lebens gehalten haben. Insbesondere das Internet hat mit seinen Vernetzungsmöglichkeiten den Zugang und die Weitergabe von Informationen revolutioniert. Gleichfalls verändert hat sich die Erwartungshaltung der Bürger an das politisch-administrative System. Die klassische Vorstellung der öffentlichen Verwal-tung als unangefochtener Wissens- und Entschei-dungsträger ist immer weniger tragfähig. Besonders, weil Bürger täglich im Internet selbst erleben, wie einfach Informationen erstellt, gefunden und vor allem geteilt werden können. Stuttgart 21 und die ACTA-Proteste haben einerseits die Unzufriedenheit mit wenig transparenten Entscheidungsprozessen und andererseits das Potenzial zur Vernetzung und Informationsteilung durch jedermann eindrucksvoll demonstriert.

    Darüber hinaus ist die digitale Revolution allerdings auch Treiber eines grundlegenden Umdenkens seitens politischer und administrativer Entscheider: Nicht nur die direkten Vorteile transparenteren Regie-rungs- und Verwaltungshandels für Bürger rücken in das Interesse öffentlicher Entscheider, sondern auch die dadurch denkbaren Funktionen Dritter als wertvolle Intermediäre oder partnerschaftliche Dienstleister werden zunehmend erkannt. Um ge-sellschaftlichen Erwartungen gerecht zu werden und Vorteile möglichst zu nutzen, reagieren Entscheider aller Ebenen auf diese Erkenntnis, indem sie öffent-lich bekunden, sich ihrer Umwelt sowie nach innen, das heißt gegenüber anderen öffentlichen Stellen, zunehmend öffnen zu wollen. So ist der Gedanke ei-nes offeneren Regierungs- und Verwaltungshandelns sowohl in der „Nationalen E-Government-Strategie“ und dem aktuellen Regierungsprogramm „Vernetzte und transparente Verwaltung“ zu fi nden, als auch in Koalitionsverträgen und Regierungsprogrammen in Berlin, Bremen, Baden-Württemberg, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen verankert.

    Sprungbrett: Offene Bürgerbeteiligung braucht Mut und neues Denken

    \ OPEN GOVERNMENT

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    Vier Stufen zur umfassenden Bürgerbeteiligung

    in die bestehenden Back-Offi ce-Prozesse und gewohnten Arbeitsabläufe der Beschäftigten integriert wird. Für die Akzeptanz des Nutzers spielt die Auffi ndbarkeit gerade bei zukünftig großen Datenmengen eine wichtige Rolle. Mit der begonnenen, Ländergrenzen übergreifenden Diskussion zur Metadatenstandardisierung wird der richtige Weg beschritten, um die not-wendige Basis für intelligente Such- und Analysemechanismen zu legen.

    Politisches und administratives Handeln, das Transparenz und Teilhabe-möglichkeiten verbessert, eine intensivere Zusammenarbeit und mehr Innovation sowie eine Stärkung gemeinschaftlicher Belange ermöglicht, bedarf jedoch mehr als nur der Transparenzsteigerung durch Open Data. Vielmehr implizieren diese Ziele ein fundamentales Umdenken und damit einen kulturellen Wandel bei der tradierten Rolle öffentlicher Stellen in der Gesellschaft. Dieser Gedanke fi ndet sich im Leitbild des „Open Government“ wieder, bei dem Transparenz neben Partizipation und Kollaboration nur eine von drei Säulen ist. Politik und Verwaltung werden dabei als „Plattformen“ verstanden, die es ermöglichen, dass verschiedene Kräfte der Gesellschaft zusammenwirken, um Probleme zu lösen und ihr Lebensumfeld zu gestalten, indem Impulse von außerhalb konstruktiv aufgenommen werden.

    Offen für Input von außenDas Leitbild Open Government setzt auf offene, transparente, partizipa-tive und kooperative Prozesse sowie einen kontinuierlichen Diskurs, um gesellschaftliche Bedürfnisse und Anforderungen schneller zu erkennen und bei staatlichem Handeln zu berücksichtigen. Mit Hilfe moderner In-formations- und Kommunikationstechnik können diese Prozesse effektiv und in bestehende Abläufe integriert gestaltet werden.

    Vielzahl von VorteilenViele Kommunen und Bundesländer kommen diesem Bekunden durch die strukturierte Bereitstellung von Daten und Informationen über sogenannte Open-Data-Portale nach – etwa daten.berlin.de. Sie veröf-fentlichen Daten zur Weiterverwendung durch Dritte mit dem Ziel, Informationszugang, Transparenz und die Möglichkeiten der Weiterverwendung der Daten zu vergrößern. Dadurch ergeben sich eine Vielzahl denkbarer Vorteile: Bürger können sich leichter über Prozesse und Ergebnisse ihrer Verwaltungen informieren. Wissensbasierte Unternehmen können Dienstleistungen und Produkte auf der Grundlage von Verwaltungsdaten verbessern. Die lokale Wirt-schaft wird gefördert. Verwaltungsmitarbeiter werden von Einzelauskünften entlastet und fi nden schneller Daten, die ihre Kollegen aus anderen Abteilungen be-reits einsetzen, so dass die Zusammenarbeit innerhalb der öffentlichen Verwaltung effektiver wird.

    Mittelfristig ist ein Paradigmenwechsel anzustreben, bei dem die offene Verfügbarkeit nicht personenbezo-gener oder sicherheitskritischer Daten nicht mehr die Ausnahme, sondern der Regelfall ist. Dieser Paradig-menwechsel und einhergehend die Akzeptanz für den Open-Data-Ansatz können befördert werden, indem der Prozess der Daten-Veröffentlichung intelligent

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    Datentransparenzerhöhen

    offenePartizipationverbessern

    offeneKollaborationermöglichen

    umfassendeMiteinbeziehungrealisieren

    öffentliche Beteiligung/Offenheit (Chancen/Nutzen)technische/organisatorische Komplexität (Herausforderung/Risiken) +-

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    tens drei Haushalte einer Straße sich bereit erklärten, die Organisation zu übernehmen. In der Vergangenheit wurden so beispielsweise der Winter-dienst durch Bürger übernommen, Besuche älterer Menschen in Pfl ege-heimen arrangiert, Computerkurse organisiert und Nachbarschaften zum Recycling motiviert. Ziel von Kollaboration sollte sein, öffentliche Stelle und ihre lokalen Probleme auf der einen Seite und Akteure der Gesellschaft und ihre Ressourcen und Ideen auf der anderen Seite zusammenzubringen, um gemeinsam gesellschaftliche Hürden zu meistern. (http://pledgebank.barnet.gov.uk)

    Komplexität nimmt zuAuf dem Weg zu einer Transformation des politisch administrativen Systems nach dem Leitbild des Open Government bauen die einzelnen Aspekte von Transparenz, Partizipation und Kooperation teilweise aufeinander auf, so-dass die Komplexität bei der Umsetzung ebenfalls zunimmt. Eine ähnliche Komplexitätssteigerung kennen öffentliche Stellen aus ihren Erfahrungen mit E-Government beim Wandel von der reinen Bereitstellung von Infor-mationen über Kommunikations- hin zu Transaktionsangeboten.

    Es ist daher ratsam, das Transformationsprogramm in Etappen zu un-terteilen und diese in eine Gesamtstrategie einzubetten. Dabei spielen etwa Fragestellungen zur notwendigen politischen Unterstützung und zu gesellschaftlichen Erwartungen ebenso eine Rolle wie die Analyse, welche bestehenden Arbeitsabläufe berührt sind, welche bestehenden Prozesse angepasst oder integriert werden müssen und welche Ressourcen und Partner gegebenenfalls einbezogen werden müssen. Ein Vorgehen, das externe Beteiligung und interne Prozesse als notwendige Einheit betrachtet, sichert, dass offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln keine einmalige Aktion bleibt und breite Akzeptanz bei Bürgern und Verwaltungsmitarbei-tern fi ndet.

    Erste Erfahrungen und Beispiele zeigen, dass Politik und Verwaltung mit partizipativen und kollaborativen Verfahren ein hilfreiches Mittel an der Hand haben, den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie den Erwartungen und Wünschen der Bürger zu begegnen. Um die-ses Potenzial zu heben, stehen politische und administrative Entscheider vor der Notwendigkeit, transparente, partizipative und kollaborative Ver-fahren in einen strategischen Gesamtkontext zu stellen, der neben Open Government auch bisherige Aspekte des organisationalen Wandels, der

    Prozessoptimierung sowie lokale Begebenheiten be-rücksichtigt. So erhalten die verschiedenen Aktivitäten einen Rahmen. Anderseits ist aber auch mehr Mut zu einer Experimentierkultur zwingend, die es zulässt, Erfahrungen zu sammeln und zu lernen.

    Lena-Sophie Müller ist Mitarbeiterin am Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS).

    Bei Partizipation steht für die Verwaltung im Fokus, die Beteiligung an öffentlicher Arbeit und Entschei-dungsprozessen durch verschiedene Methoden und Werkzeuge zu verbessern. Dabei wird Input aus der Gesellschaft als positiv wahrgenommen und für die Verwaltungsarbeit genutzt. Für die Umsetzung werden häufi g Web-2.0-Technologien genutzt. Viele Bürger und Institutionen aller Ebenen erkennen die Chancen. Auch wenn keine genauen Zahlen zum Umfang von Beteiligungsformen vorliegen, ist erkennbar: Bürgerbeteiligung ist en vogue. Über den Service E-Petition des Deutschen Bundestages (epetitionen.bundestag.de) können Bürger persön-liche Bitten, Anliegen oder Beschwerden einfach per Knopfdruck direkt an das Parlament richten. In Köln kann der Bürger zum Beispiel bereits seit 2008 mitbestimmen, wofür das Geld in der Stadt ausgegeben werden soll – schriftlich, telefonisch oder per Internet (buergerhaushalt.stadt-koeln.de). Auf innovative Art und Weise können so das öffentliche Interesse berücksichtigt und die kreativen Ideen der Bürger als Impulse und Entscheidungshilfen für die Arbeit der Politiker und Verwaltungsbeschäftigten aufgenommen werden.

    Bei Kooperation im Sinne von Open Government geht es darum, dass öffentliche Stellen neben der Kooperation mit anderen Behörden und Ämtern auch die Zusammenarbeit mit der Öffentlichkeit anstreben. Es geht dabei um ein gemeinsames Engagement in konkreten Projekten und Aufgaben mit dem Ziel, ein konkretes Ergebnis im Sinne eines Mehrwerts zu erzielen. Für die öffentliche Verwaltung bietet sich dadurch zum Beispiel der Vorteil, die Arbeitskraft einer Masse unentgeltlich tätiger Freizeitaktivisten zu nutzen. Bereits heute helfen Bürger in Berlin und Brandenburg der Verwaltung bei ihrer Aufgabener-füllung, indem sie beispielsweise Mängel in ihrer Umgebung identifi zieren und melden und so das Verwaltungspersonal entlasten. Der experimentfreu-dige Londoner Bezirk Barnet motiviert seine Bürger mit Hilfe der Open-Source-Software „Pledgebank“ über einfache Wenn-Dann-Versprechen, gemeinsam Projekte durchzuführen. So versprach der Bezirk beispielsweise, den Versicherungsschutz und die Beratung für Stadtteil-Straßenfeste anlässlich der Olympischen Spiele zu übernehmen, sofern mindes-

    \ OPEN GOVERNMENT

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    \ OPEN GOVERNMENT

    Gelassen agieren

    Open Government ist kein Ersatz für

    die bewährte repräsentative Demo-

    kratie, sondern eine Ergänzung der

    Normalität.

    ie Bürgerschaft ist aktiviert: Durch die neuen Möglichkeiten des In-ternets ist ein neu gewecktes Be-

    dürfnis nach lebendiger Demokratie und Teilhabe entstanden. Die Verwaltung ist nun aufgefordert, den Bürgerwunsch in Social-Media-Strategien zu überführen. Gleichwohl, es ist nicht wirklich neu, im Sinne einer Anpassungsstrategie regel-mäßig gesellschaftliche Entwicklungen, technologische Impulse und Innovationen aufzugreifen und sie in die praktische Lebenswirklichkeit einer Stadtgesellschaft zu übersetzen.

    Es ist also Gelassenheit angebracht, denn nicht alles ist sofort Revolution. Gerade deshalb ist Open Government auch kein Ersatz für die bewährte repräsentative Demokratie, sondern eine Ergänzung der Normalität. Mehr Bürger und Bürgerinnen und nicht nur die „üblichen Verdächtigen“ können mitmachen, weil Aufwand und Barrieren sinken.

    Open Government setzt sich ausdrücklich nicht über das bestehende Recht und die Grundfesten unseres demokratischen Ge-meinwesens hinweg, auch wenn manche Aktivisten sich dieses Verständnis zu eigen machen. Es spricht hingegen vieles dafür, dass die Bürgerschaft sehr wohl Verläss-lichkeit, Rechtsstaatlichkeit, Vertrauen und repräsentative demokratische Struk-turen bevorzugt. Viele Freunde, Follower oder wie auch immer genannt, zu fi nden,

    ersetzt in keiner Weise die Entscheidung eines gewählten Hauptorgans Gemeinde-rat, der die Verantwortung trägt.

    Unbestritten ist allerdings: Das Verständ-nis von Öffentlichkeit und Geheimhal-tung, Beherrschbarkeit von Verfahren und Nutzungsrechte in Bezug auf Daten wird auf den Kopf gestellt: Bisher war alles geheim, was nicht ausdrücklich öffentlich war, künftig ist es umgekehrt. Bisher be-stimmte die Verwaltung, wann die Bürger informiert werden und welche Daten zu welchem Zweck herausgegeben werden, künftig werden alle Daten proaktiv veröf-fentlicht, und im Netz fi nden Diskussionen statt, mit oder ohne Verwaltung. Bisher hatte die Verwaltung ein strenges Auge darauf, was mit ihren Daten geschieht, künftig ist es dem Nutzer überlassen.

    Aktive BürgerschaftEs wundert also nicht, dass in Verwal-tung und Politik zunächst keine große Freude aufkommt. Dennoch, „öffentliche Verwaltung“ ist kein folgenlos richtiger Markenname, sondern eine Haltung, auf die die Bürger schlicht ein Recht ha-ben. Dies erfordert aber auch eine neue Verantwortlichkeit und Spielregeln, wie mit dieser Freiheit umgegangen wird. Zu Recht darf überdies auch nicht ver-gessen werden, dass der aktive Teil der Bürgerschaft wächst, aber bei weitem noch nicht repräsentativ ist. Auch die Bürgerschaft muss lernen, damit umzu-

    gehen. Open Government ist deshalb eine Ergänzung zu den bisherigen klassischen, meist gesetzlich geregelten Zugangs- und Beteiligungswegen. Es wird eine wichtige Aufgabe sein, regelmäßig die verschiede-nen Wege in die Balance zu bringen.

    Es ergeben sich deshalb ganz praktische Fragen, die in der kommunalen Praxis von hoher Relevanz sind: Ist eine Diskussion im Netz gleichwertig zu setzen mit einem Schreiben an den Oberbürgermeister oder einem Besuch in den Fraktionen des Ge-meinderats? Wie beeinfl usst das Internet die ganz praktische politische Arbeit und Meinungsbildung im Gemeinderat und im Rathaus? Welche Spielregeln müssen gelten? Wie gehen wir mit denjenigen um, die eine Meinungsbildung im Netz mit „Wir sind das Volk“ überschreiben und die repräsentativen Hauptorgane nicht mehr akzeptieren? Wie antworten wir, wenn Bürger und Bürgerinnen eigene Analysen anstellen und damit solche der Verwaltung widerlegen? Die Antworten sind noch nicht aufgeschrieben. Gleich-wohl, Teilhabe, Mobilisierung, das Wissen der Vielen, mehr Vertrauen und vieles

    mehr sind es Wert, darauf Antworten zu suchen.

    Gunter Czisch ist Erster Bürgermeister der Stadt Ulm.

    Entspannt: Die Einmischung der Bürger ist keine Belastung, im Gegenteil

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    Hohe FreiheitsgradeOpen Government Data in Bund und Ländern

    aten und Informationen sowie die damit verbundenen Partizipations- und Kooperationsmöglichkeiten gewin-nen mehr und mehr an Bedeutung. Dies ist nicht zuletzt

    Folge der Möglichkeiten, die das Web 2.0 bietet: Unser Alltag ist kaum noch vorstellbar ohne Produktbeurteilung oder Preis-vergleiche im Internet. Aber auch die Mitarbeit der Kunden, beziehungsweise das Eingehen auf Kundenwünsche bei der Weiterentwicklung von Produkten, nimmt zu.

    Das weckt Erwartungen: Politik und Verwaltung sollen sich ebenso öffnen – ebenso transparent sein, Teilhabe ermöglichen und kooperativ handeln. Das setzt voraus, dass Politik und Verwaltung Daten und Informationen offen legen und Bürge-rinnen und Bürgern Gelegenheit geben, ihren Sachverstand in Entscheidungsprozesse mit einzubringen. Neben diese gewan-delten Erwartungen treten die wirtschaftlichen Potenziale einer Öffnung von Datenbeständen. Die EU-Kommission beziffert das EU-weite wirtschaftliche Potenzial von Open Government und Open Data auf 40 Milliarden Euro.

    Koordiniertes Vorgehen unerlässlichAuch die Bundesregierung hat dies erkannt. Im aktuellen Re-gierungsprogramm zur Verwaltungsmodernisierung hat die Bundesregierung einen Schwerpunkt auf Open Government und

    Über ein zentrales Portal sollen Verwaltungs-

    daten von Bund, Ländern und Kommunen

    öffentlich bereitgestellt werden. Teilnehmende

    Behörden genießen weitreichende Entschei-

    dungsspielräume.

    Open Data gelegt. Denn: Die Verwaltung ist nur dann wirklich offen, wenn der Zugang zu den Daten einfach und unkompliziert möglich ist. Dazu gehören harmonisierte Nutzungsbedingungen und technische Standards. Nur ein gemeinsames koordiniertes Vorgehen von Bund und Ländern – auch unter Einbeziehung der Kommunen – kann diesem Anspruch genügen.

    Die Ziele Transparenz, Kooperation und Partizipation verfolgt daher sowohl die Nationale E-Government-Strategie – kurz NEGS – als auch das Steuerungsprojekt des IT-Planungsrates „Förderung des Open Government“. Es wurde im Oktober vergangenen Jahres in gemeinsamer Federführung des Bun-desinnenministeriums und des Landes Baden-Württemberg beschlossen.

    Im Rahmen der Projekte arbeiten Bund und Länder an einem gemeinsamen Verständnis von Open Government. In den Eckpunkten „Offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln (Open Government)“ wurde ein gemeinsames Vorgehen für die Förderung von Transparenz, Teilhabe und Zusammenar-beit niedergelegt. Diese Eckpunkte sind mit den Ressorts und den Ländern diskutiert sowie mit der Öffentlichkeit in einer E-Konsultation erörtert worden. Sie sollen dem IT-Planungsrat vorgelegt werden.

    Die Eckpunkte greifen verschiedene Aspekte von Open Govern-ment auf: Sie sprechen sich unter anderem für eine Koordinie-rung der Open-Government-Aktivitäten von Bund, Ländern und Kommunen aus, insbesondere beim Aufbau eines ebenenüber-greifenden Open-Government-Portals. Die Eckpunkte betonen auch die Notwendigkeit eines Kulturwandels, um die Öffnung von Staat und Verwaltung weiter voranzubringen.

    Umfassende UntersuchungUm eine solide Ausgangsbasis für das weitere Vorgehen in den Open-Government-Projekten zu schaffen, hat das Bundes-ministerium des Innern die Studie „Open Government Data Deutschland“ beauftragt. Fraunhofer FOKUS, das Lorenz-von-Stein-Institut und Partnerschaften Deutschland haben darin die rechtlichen, technischen und organisatorischen Fragen im Zusammenhang mit Open Government Data untersucht, Lösungen entwickelt und Handlungsempfehlungen erarbeitet. Das Bundesministerium des Innern hat am 1. August 2012 die Studie auf der Seite www.bmi.bund.de veröffentlicht.

    Bei der Erstellung der Studie waren Bundesbehörden, die Länder, die kommunalen Spitzenverbände, die kommunalen

    \ OPEN GOVERNMENT

    Freiheit: Standardisierung hilft allen – aber Spielräume bleiben

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  • zugehörigen Metadaten sollen – möglichst automatisiert – zentral im Meta-datenkatalog des Portals registriert und publiziert werden. Die Daten bereits bestehender Portale werden über automatisierte Schnittstellen integriert.

    Das Portal soll zu einer Standardisierung der Datenbereitstellung in Deutschland beitragen: Metadatenschema, vorgegebene Kategorien, Emp-fehlungen zu maschinenlesbaren Formaten oder Nutzungsbedingungen werden zu einer gewissen Vereinheitlichung führen. Wichtig ist: Die Be-hörden des Bundes, der Länder und Kommunen entscheiden eigenständig darüber, ob sie sich an dem Portal beteiligen. Wenn sie Daten über das Portal anbieten, legen sie selbst die Bedingungen dafür fest. Sie bestimmen, wie ein Datensatz genutzt werden darf, in welchem technischen Format ein Datensatz bereitgestellt wird oder ob ein Datensatz gegebenenfalls kostenpfl ichtig ist.

    Aufbauend auf den Ergebnissen der Studie baut Fraunhofer FOKUS in enger Abstimmung mit der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Open Government“ des IT-Planungsrates bis Anfang 2013 den Prototypen für die „Open Government Data Plattform Deutschland“. Er soll für ein Jahr betrieben werden, um daraus Erkenntnisse für den Wirkbetrieb einer entsprechenden Plattform

    zu gewinnen. Über den Wirkbetrieb sowie das weitere Vorgehen zum Ausbau der ebenenübergreifenden Da-teninfrastruktur in Deutschland wird dann von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam zu entscheiden sein.

    Dr. Helene Groß ist Referentin im Bundesinnenministerium, Referat O1, zuständig für Open Government.

    IT-Dienstleister und auch die Netzvereine durch ver-schiedene Workshops eingebunden. So konnten die Sicht der Datenbereitsteller der verschiedenen Ebe-nen und die Nutzersicht mit einbezogen werden. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Auf mehr als 500 Seiten sind die Grundlagen für Open Government Data in Deutschland zusammengetragen, analysiert und weiterentwickelt worden.

    Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das koor-dinierte Bereitstellen von Daten zur Weiterverwen-dung durch Dritte im Rahmen des geltenden Rechts möglich und ausbaufähig ist. Die Autoren der Studie empfehlen den Aufbau eines ebenenübergreifenden Open-Government-Portals, zunächst mit Schwer-punkt auf offenen Daten. Das Portal soll zunächst als Prototyp erstellt, betrieben und fortlaufend evaluiert werden. Ein solches Portal kann laut Studie einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, das Bereitstel-len effektiver zu gestalten und deren Nutzung zu erhöhen.

    Dezentral speichern, zentral anbietenDie Studie entwickelt für das Portal folgendes Kon-zept: Über das Portal sollen dezentral vorgehaltene und gepfl egte Datensätze zentral auffi ndbar und ab-rufbar sein. Datenbereitsteller der öffentlichen Hand veröffentlichen ihre Datensätze wie bisher lokal. Die

    „Wir haben für Sie das Bürgerportal entwickelt ,damit Sie Zeit sparen!“Dirk Schweikart , Projektmanager

    www.regioit .de

    Kluge Köpfe by

    \ OPEN GOVERNMENT

  • 12 4|2012

    Das Bundesland Berlin hat bereits begonnen, seine

    Datenbestände zu öffnen. Entscheidend für den tech-

    nischen Erfolg des Großprojekts war die Etablierung

    eines stimmigen Metadatenschemas.

    Durchdachter Unterbau Ein Jahr Open-Data-Portal Berlin – Erfahrungen und Ausblick

    \ OPEN GOVERNMENT

    Stabil: Eine einheitliche Struktur ist die Basis eines erfolgreichen Datenportals

    it dem Aufbau und dem Internetangebot eines Datenportals wurde ein zentraler Zugang zu den bisher verteilt vorliegenden

    Datenbeständen der Landesverwaltung geschaffen. Prinzip ist dabei, dass die Originaldaten bei den Bearbeitern verbleiben, dort weiterhin gepfl egt und aktualisiert werden. Damit bietet das Datenportal eine gut strukturierte Vermittlung zwischen Daten-nutzer und Datenquelle.

    Um das einheitlich zu gestalten, die Daten gleicher-maßen zu beschreiben und eine Vergleichbarkeit zu ermöglichen, wurde im Projekt viel Aufwand in den Entwurf eines Metadatenschemas gesteckt. Die Metadaten beschreiben ein einzelnes Datum, einen Datensatz, hinsichtlich Titel, Quelle und Format, enthalten des Weiteren Angaben zur räumlichen und zeitlichen Abdeckung, zum Bearbeiter oder zu den Nutzungsbedingungen.

    Das Metadatenschema entstand nach gründlicher Auswertung bestehender Angebote, etwa der Da-tenportale von London oder Wien. Es baut auf dem Dublin Core auf, einer Sammlung von Konventionen zur Beschreibung von Objekten und Dokumenten im Netz. Dadurch werden Objekte leichter auffi ndbar, vergleich- und verknüpfbar.

    Open-Source-SoftwareDie Ablage der Metadaten – nicht des Datums selber – erfolgt in einem Datenregister. Es stellt das Backend des Datenportals dar. Im Rahmen der Vorbereitungen für das Berliner Datenportal entschied sich die Se-natsverwaltung für das Comprehensive Knowledge Archive Network (CKAN), einem Open-Source-Paket. Die Wahl erlaubt zum einen schnelle Realisierung, zum anderen wurde CKAN bereits erfolgreich in an-deren Städten eingesetzt. Ein Leistungsmerkmal von CKAN ist die Föderation, das heißt die Möglichkeit der Verknüpfung unter- oder übergeordneter Aggre-gationsebenen von Datenbeständen. Somit können Berliner Inhalte direkt auch in übergeordneten Ebe-nen wie Bund oder Europa bereitgestellt werden.

    Das Schaufenster nach außen ist das Datenportal. Die Oberfl äche ist schnell und übersichtlich mit ei-nem Drupal Content-Management-System gestaltet

    M

  • 134|2012

    beschlossen, eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe einzusetzen. Sie soll sich offenen Fragen der Harmonisierung rund um die Datenbeschreibung und -bereitstellung widmen und ein entsprechendes Weiterbildungsangebot für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickeln. Diese Arbeitsgruppe hat sich konstituiert und wird bis Ende 2013 verbindliche Standards für die Datenbereitstellung erarbeiten. Offene Fragen gibt es vor allem im recht-lichen und technischen Umfeld der Öffnung und des freien Zugangs. So wurde in der Berliner Studie festgestellt, dass das rechtliche Umfeld durch viele Fachgesetze recht unübersichtlich und nicht harmonisch gestaltet ist. Daher ist in Berlin geplant, den Punkt der Datenbereitstellung in einem übergreifenden E-Government- und Organisationsgesetz mit zu regeln. Auch der Bund arbeitet an einem entsprechenden Gesetz.

    Einer weiteren Klärung bedürfen die Lizenz- und Nutzungsbedingungen. Als erste Vorlage dient die Creative Commons Licence, die auch in Wiki-pedia für dort eingestellte Inhalte angewendet wird. Diese Lizenzform ist im Internet weitgehend bekannt und akzeptiert. Diese Fragen wurden in den vergangenen Monaten in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Federführung des Bundesinnenministeriums bearbeitet (siehe Seite 10 in diesem Heft). Ein abgestimmter Vorschlag wird an den IT-Planungsrat gehen und soll helfen, Insellösungen zu vermeiden.

    Spezialbestände allgemein verfügbar machenEin wichtiges Teilprojekt ist die Entwicklung und der Einsatz eines Metadaten-Harvesters, um bestehende Datenbeständen (Geodaten, Ge-sundheitsdaten, Sozialdaten, Demografi edaten usw.) im Open-Data-Portal sichtbar zu machen. Derartige Software-Werkzeuge werden bereits vielfach eingesetzt – etwa im Bibliothekswesen – um Spezialbestände allgemein verfügbar zu machen. Manuelle Erfassung und Übertragung werden durch eine Softwarelösung automatisiert. Aus einem Register kann in ein anderes transferiert werden, so dass aufbereitete Datenbestände schneller zugäng-lich und nutzbar gemacht werden können.

    Mit der Klärung dieser technischen und rechtlichen Fragen wird ein um-fassendes Angebot, ein breiter Datenstrom, ein Data-as-a-Service-Angebot entstehen. Damit wird dann für Unternehmen und Medien eine verlässli-che Datenquelle bereit stehen, die durch Aufbereitung, Verknüpfung und Anreicherung werthaltige Dienste für Kunden entstehen lässt. Gerade für junge Unternehmen eröffnen sich hier Chancen. Und Berlin bietet dafür

    Raum – im Realen wie im Virtuellen.

    Weitere Informationen:Datenportal: http://daten.berlin.deBerliner Studie: http://bln.io/bEw5i3q2. Berlin Open Data Day (BODDy12): http://berlin.opendataday.de

    Dr. Wolfgang Both ist Mitarbeiter der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen, Referat IKT- und Medien-wirtschaft.

    worden. Hier geht es weniger um aufwendige Ge-staltung und Navigation. Denn die Datenbestände sind vorwiegend maschinenlesbar gestaltet. Vielmehr muss eine Suche schnell zum Ergebnis führen und es Maschinen ermöglichen, sich einfach durch den Datenbestand zu arbeiten. Daher ist als ein weiteres Merkmal in den Metadaten eine Datenkategorie vorgegeben. Diese Zuweisung beschleunigt die ge-zielte Suche. Gleichzeitig hilft sie dem menschlichen Besucher der Seite bei der Navigation.

    Registrierte Datenbearbeiter können selbstständig neue Datensätze einstellen und auch bestehende aktualisieren. Zum einen ist ein manueller Eintrag in das Datenregister möglich. Zum anderen bietet das eingesetzte Content-Management-System eine Exportfunktion in das CKAN-Register, mit der alle Merkmale zu den Metadaten gleich erfasst und übertragen werden. Bei Schulungen der Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter wird künftig stärker auf diese Funktionalität hingewiesen.

    Suchmaschinen greifen zuObwohl das Angebot von der Denkmalliste über die Konjunkturdaten bis hin zu Wanderwegen im Wesentlichen aus maschinenlesbaren Rohdaten besteht, verzeichnet das Datenportal einen stetigen Besucherstrom. Nach dem ersten Hype im September hat sich die Nutzerzahl auf werktäglich rund 1.000 Besucher eingependelt. Der Tagesrhythmus folgt dem Sonnenstand, mittags sind also die meisten Be-sucher auf der Plattform. Vorrangig besucht werden die Datensätze. Da die Klickrate auf die Datensätze inzwischen höher ist als auf die Startseite, werden die Datensätze offenbar mehr und mehr von Such-maschinen direkt gefunden.

    Der Datenbestand ist kontinuierlich gewachsen, aus Landes- und Bezirksverwaltungen kommen stetig neue Beiträge. Gegenwärtig sind 66 Datensätze im Register eingetragen, die bis zu 20 einzelne Daten-sätze wie Wander- oder Radwege in einem Geoda-tenformat beinhalten können.

    Da Entwicklung und Aufbau des Angebots bisher Projektstatus hatten, wurde im Juni 2012 durch den Ausschuss für die Verwaltungsmodernisierung

    \ OPEN GOVERNMENT

  • 14 4|2012

    unterschiedlichen Themen wie Vorhaben der Stadtplanung oder zur Haus-haltsplanung statt. Merkmal aller bisherigen Diskurse war, dass Ideen und Vorschläge in konkrete Ergebnisse mündeten, die Politik und Verwaltung übergeben wurden. Doch die Hamburger Verwaltung geht einen Schritt weiter und ermöglicht Bürgerbeteiligung auch bei gesetzlich vorgeschrie-benen Beteiligungsverfahren. Hamburg lädt damit seine Bewohner ein, die Stadt aktiv zu gestalten. Neben diesem Schritt zur formellen Beteiligung werden auch weiterhin informelle Beteiligungsverfahren durchgeführt. Jüngstes Vorhaben ist die neu eingerichtete „Stadtwerkstatt“ – eine unter der Koordinierung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt einge-richtete Plattform bei Hamburger Planungsprojekten.

    Die Hamburger Bürgerinnen und Bürger wollen sich eben einmischen, mit-machen und wünschen sich mehr Transparenz in der Verwaltung. Resultat: Das neue Hamburgische Transparenzgesetz mit den weitest reichenden Informationspfl ichten einer deutschen Verwaltung – zustande gekommen auf Grund einer Volksinitiative aus dem Dezember 2011. Das Gesetz ist Aus-druck sich verändernder Kommunikations- und Lebensgewohnheiten der Bevölkerung und der damit einhergehenden Erwartungen an die öffentliche Verwaltung, sich und die dort vorhandenen Informationen zu öffnen.

    Einmischen erwünscht

    Das Hamburgische Transparenzgesetz

    beschleunigt die Entwicklung von

    Open Data in der Hansestadt – und

    fordert eine neue Verwaltungskultur.

    Informationsfreiheit als Herausforderung für die Verwaltung

    ransparenz, Teilhabe und Zusammenarbeit – Schlagworte, die unter dem Dach „Open Government“ fi rmieren. Doch was bedeutet das

    eigentlich im Einzelnen, wo führt es die Verwaltung hin? Oft genug werden die einschlägigen und zuge-gebenermaßen nicht immer überschneidungsfreien Begriffl ichkeiten munter durcheinander gewürfelt.

    Unter Transparenz sind die Offenlegung von Infor-mationen und die Verfügbarkeit von Daten der öf-fentlichen Hand zu verstehen. Teilhabe im Sinne von Open Government bedeutet verbesserte Mitwirkung an staatlichen Entscheidungsprozessen. Findet die Beteiligung durch elektronische Medien unterstützt statt, spricht man von E-Partizipation. Zusammen-arbeit beschreibt das intensive Zusammenwirken von staatlichen Stellen untereinander sowie mit gesellschaftlichen Gruppen bei der Erledigung von Aufgaben.

    Mehr Transparenz, Teilhabe und Zusammenarbeit – also Open Government – benötigt eine Veränderung im Umgang mit Informationen und Daten. Treiber für Open Government ist vor allem die verstärkte Nutzung moderner Informations- und Kommunika-tionstechniken durch die Gesellschaft.

    Lange ErfahrungHamburg hat bei informellen Beteiligungsverfahren lang zurückreichende Erfahrungen. Schon 2002 wur-den Online-Diskurse zu politisch wichtigen Themen umgesetzt. So fanden bis heute Online-Diskurse zu

    \ OPEN GOVERNMENT

    Zwischenruf: Transparenz fordert von der Verwaltung neue Denkweisen

    T

  • unabdingbar. Dazu wie auch zur Ausgestaltung des Rechts- und Lizenz-rahmens werden die Vorarbeiten einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe, an der Hamburg unter dem Dach des IT-Planungsrats aktiv mitwirkt, in die Gesamtkonzeption einfl ießen und bei der Datennutzung eine gewichtige Rolle spielen. Um bei dem Aufbau des Portals nicht nur die Binnensicht der Verwaltung einfl ießen zu lassen, engagiert sich das Projekt in unterschied-lichen Netzwerken. So dem vom Gov-2.0-Netzwerk organisierten „Open Government Stammtisch“ oder der Open Data AG der Handelskammer Hamburg. Damit können die unterschiedlichen Sichtweisen externer Nutzer in die Konzeptionierung einfl ießen.

    Da das Thema auch bei Hamburgs Nachbarn eine Rolle spielt, wird beim Aufbau des Portals auf mögliche Synergien durch eine gemeinsame Nut-zung der Trägerländer von Dataport bei Infrastrukturen oder einzelnen Komponenten geachtet. Es fi ndet zudem ein regelmäßiger Austausch mit

    Vertretern der anderen Bundesländer statt. Im Zuge des Portalaufbaus liegen die Herausforderungen nicht in erster Linie im technischen Bereich, sondern in der Etablierung einer neuen Verwaltungskultur hin zu gro-ßer Offenheit. Dafür liefert das neue Transparenzgesetz die Argumente und löst zugleich politischen Druck aus. Um dem notwendigen „Wertewandel“ zum Erfolg zu verhelfen, muss es gelingen, intelligente, unaufwän-dige Prozesse zu etablieren und dabei zugleich und vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hamburger Behörden und Ämter auf den neuen Weg zu mehr „Open Government“ mitzunehmen.

    Christian Horn ist als Referent in der Hamburger Finanzbehörde federführend für den Aufbau eines Open-Data-Portals der Ham-burger Verwaltung zuständig.

    Susanne Katzer ist stellvertretende Referatsleiterin in der Ham-burger Finanzbehörde im Bereich E-Government- und IT-Strategie.

    Öffentliches PortalDie Veröffentlichungspfl icht des Transparenzgeset-zes umfasst völlig unterschiedliche Daten. Neben normalen Dokumenten sind Informationen aus Datenbanken betroffen oder Datensätze, die sich kaum in Dokumentenform veröffentlichen lassen, wie beispielswiese Geodaten. Dafür bietet sich die Bereitstellung über ein Open-Data-Portal an, das in Hamburg bis Anfang 2013 aufgebaut werden soll. Ausgenommen von der Veröffentlichung dort sind personenbezogene oder anderweitig besonders schutzbedürftige Daten. Die spezielle Herausforde-rung für die Hansestadt wird darin liegen, für eine enge Verzahnung zwischen Open-Data-Portal und dem bis Oktober 2014 neu aufzubauenden Informa-tionsregister Sorge zu tragen.

    Dabei fängt die Stadt nicht bei „Null“ an. Schon jetzt werden der Öffentlichkeit zahlreiche Daten und Informationen über das städtische Internetportal auf „hamburg.de“ zur Verfügung gestellt. Doch dies geschieht bislang häufi g sehr individuell und macht es für die Nutzer nicht immer leicht, die gewünschten Informationen zu fi nden. Hinzu kommt, dass viele Daten nicht in der gerade für eine Weiterverarbei-tung gewünschten maschinenlesbaren Form oder als „Rohdaten“ angeboten werden. Das soll sich mit dem „Open-Data-Portal“ ändern.

    Einheitliche BeschreibungEine Verständigung auf eine einheitliche Beschrei-bung von Metadaten ist für die Veröffentlichung

    \ OPEN GOVERNMENT

    Bundes-Arbeitsgemeinschaft derKommunalen IT-Dienstleister e .V.

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  • 16 4|2012

    Auf die Größe kommt’s nicht an

    Offene Datenportale sind

    ohne großen Masterplan

    realisierbar – vor allem wenn

    mit bereits vorliegenden In-

    formationen begonnen wird.

    Open Data ist auch für kleinere Kommunen realisierbar

    er deutsche Schriftsteller und Ka-barettist Christian Wallner sagte einst: „Wer nach allen Seiten offen

    ist, kann nicht ganz dicht sein“. Dieses Zitat wurde lange Zeit als gefl ügeltes Wort im IT-Bereich in Bezug auf Standardisie-rung und Offenheit verwendet. Beobach-tet man die Open-Source-Szene und die mittlerweile zahlreichen nationalen wie internationalen IT-Standards, so lässt sich vielleicht erahnen, dass die Anwendung der originellen Redewendung für Open

    Passend: Mit der richtigen Planung sind auch Datenportale ohne große Arbeit wasserdicht umsetzbar

    \ OPEN GOVERNMENT

    Data zukünftig nicht mehr treffsicher sein könnte: Open Data ist zweifelsohne ein ernstzunehmendes Trendthema gewor-den, das aus Newslettern der Behörden-Szene nicht mehr wegzudenken ist. Für den Bund ist Transparenz und Informati-onsfreiheit Ehrensache, Länder und Stadt-staaten publizieren inzwischen medien-wirksam die Informationsfreiheits- oder -zugangsgesetze, die marketingwirksam auch gerne Namen wie „Transparenzge-setz“ erhalten. Auffällig ist, dass jede die-

    D

  • dass in dieser Region die Struktur der Informationen gleichartig sein wird.

    Mit vorhandenen Daten anfangenImmer vorausgesetzt, die Verbandsanwen-der beziehungsweise Gremien beauftra-gen das KRZN mit der Umsetzung, könnte ein Einstieg in die „Open-Data-Welt“ recht zeitnah erfolgen: Der Aufbau eines Portals für eine

    Kommune oder Region als Zusam-menfassung der verfügbaren Daten, wahlweise sortiert nach Datenarten oder regionaler Herkunft, kann mit Standardmitteln umgesetzt werden. (www.opendata.stadtxy.de)

    (www.opendata-niederrhein.de) Datenbestände, die heute in den mo-

    bilen Applikationen etwa der Stadt Kleve oder der Stadt Moers genutzt werden, stehen als bislang extern nicht dokumentierte zur Verfügung. Das sind beispielsweise Ansprechpartner in Äm-tern, Öffnungszeiten der Verwaltung, Sehenswürdigkeiten, Dienstleistungen der Verwaltung oder nach Typen sor-tierte Veranstaltungen.

    Datenbestände, die bislang menschen-lesbar in den kommunalen Webauf-tritten aufbereitet werden, stehen im Hintergrund „Open-Data-fähig“ zur Verfügung. Versehen mit einer Doku-mentation sind diese ebenfalls inte-grierbar. Beispielhaft zu nennen sind hier Schulen, Kindergärten, kulturelle Angebote, Rad- und Wanderwege, Vereine, Sportstätten, Hotels, und

    ersetzt diese durch die reinen Rohdaten in Verbindung mit einer entsprechenden Datensatzbeschreibung, sind bereits erste gute Ansätze für die Publikation offener Behördendaten geschaffen.

    Als kommunaler IT-Dienstleister für die Region am Niederrhein trägt das KRZN Sorge dafür, die Thematik im eigenen Verband zu vermitteln und die Meinungs-bildung anzustoßen. In Seminaren und koordinierenden Gremien der Verbandsan-wender, Politiker und Hauptverwaltungs-beamten stellt das KRZN die Grundlagen und Beispiele dar. Diese sollen motivieren, sich für das Thema zunächst einmal zu interessieren. Damit nicht direkt eine ab-wehrende Haltung nach dem Motto „funk-tioniert doch sowieso nur bei den großen Städten und Behörden …“ entsteht, gibt das KRZN einfache Beispiele, die sich auch zur Umsetzung bei kleineren Kommunen mit begrenzten Ressourcen eignen. Die Argumente Pro und Kontra werden offen kommuniziert ohne gleichzeitig zu pola-risieren, um eine freie Meinungsbildung und auch Zwischenstufen einer „offenen E-Government-Datenstrategie“ zu er-möglichen.

    Technische Grundlage vorhandenBelastbare Messungen der Rückfl üsse aus diesen Veranstaltungen stehen zwar noch aus, aber erste Anfragen zu Aufwand und Nutzen lassen darauf schließen, dass sich in den nächsten Monaten vielleicht erste Kommunen mit einem kleinen „Open-Data-Portal“ an die Öffentlichkeit wagen. Diese Portale stellen dann im Wesentli-chen ohnehin bereits als Einzeldaten in anderen fachlichen Zusammenhängen im Internet frei verfügbare Informationen optimaler strukturiert zusammen, die bislang nicht mit dem Stichwort Open Data verbunden waren. Die technischen Grundlagen für ein kommunales „Open-Data-Portal“ sind im Verbandsgebiet des KRZN vorhanden. Organisatorisch bleibt zu klären, ob die Kommunen jeweils ein eigenes Portal oder einen gemeinsamen „Niederrhein-Auftritt“ präferieren. In jedem Fall ist durch die vorhandene E-Government-Infrastruktur gewährleistet,

    ser Behörden ein Projektteam und einen Masterplan zu haben scheint und die Aktivitäten mit möglichen Einsparungen oder zusätzlichen Einnahmen rechtfertigt. In jedem Falle wird eine Stärkung der Wirtschaftskraft durch die Bereitstellung der Datenbestände unterstellt.

    Bei näherer Betrachtung fehlen aber be-lastbare Wirtschaftlichkeitsanalysen, die kleineren Kommunen den entscheiden-den Impuls für eine Umsetzung geben könnten. Während sich die Metropolen in Mega-Projekten wie „OpenCities“ aus-tauschen, herrscht denn auch in Sachen „Open Data/Open Government“ bei den meisten Kreisen, Städten und Gemeinden mittlerer und kleiner Größenordnung noch Fehlanzeige – sowohl was die Be-schäftigung mit dem Thema als auch was die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen betrifft.

    Voraussetzungen für sanften EinstiegWenn auf den „innovativen Kracher“ beim ersten Wurf verzichtet werden kann, sind die Voraussetzungen für einen sanften Einstieg aber nicht schlecht. Durch Ent-wicklung moderner Kommunalportale mit Durchgriff auf strukturierte Informationen oder durch die Bereitstellung von Appli-kationen – einschließlich mobiler Anwen-dungen beispielsweise für Smart Phones – sind erste technische und organisatorische Grundlagen bereits vorhanden.

    Das KRZN hat durch eine sehr einheitliche E-Government-Infrastruktur den Vorteil, dass fast alle beteiligten Kommunen ein-mal erstellte Lösungen direkt auch in ihren Systemen verwenden können. Dies gilt für die generellen Systeme wie DMS, Archivsystem, CMS, Workfl ow, Veranstal-tungsmanagement oder Ratsinformati-onssystem, aber auch oder gerade für die Bereitstellung von Fachdaten. Diese lassen sich heute schon vielfach in Rohform über einen Enterprise Service Bus oder direkt durch Webservices aus den Fachverfah-ren holen und dann – entweder zyklisch oder live – innerhalb der kommunalen Portale präsentieren. Denkt man sich hier die optische Aufbereitung weg und

    4|2012 17

    \ OPEN GOVERNMENT

    Start frei: Auch kleinere Kommunen sind bereits mit offenen Datenportalen im Netz

  • Gaststätten. Denkbar sind auch Daten öffentlicher Einrichtungen wie Pfl ege-institutionen, Gesundheitsinformati-onen, Ärzte, Apotheken, Behörden, statistische Daten und eine Übersicht über lokale Medien und Informations-quellen.

    Informationen aus Fachverfahren, die heute schon über eine Webschnittstelle verfügen, könnten mit entsprechendem Transformations- und Dokumentati-onsaufwand bereitgestellt werden. Bei-spielhaft genannt seien hier freie KFZ-Kennzeichen, VHS-Kurse, Rats- und Gremiumsvorlagen mit zugehörigen Geoinformationen, die Parksituation in Innenstädten oder auch die Ergebnisse von Gaststättenprüfungen.

    „Alles ist öffentlich!“Nicht zu übersehen ist, dass der Aufwand für die Bereitstellung in dieser Aufzäh-

    lung von oben nach unten ansteigt. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen – mit steigendem Umsetzungsaufwand, sofern die Fachdaten bislang nur für den ver-waltungsinternen Gebrauch vorlagen. Technisch gesehen hilft der vorhandene Enterprise-Service-Bus, mit dem Daten transformiert und auf andere Zielsysteme transportiert werden können. Bei den letztgenannten Projekten ist der Fokus „Offen & Öffentlichkeit“ neu, so dass der bislang überwiegend technische Pro-jektaufwand einen höheren Organisati-onsanteil erhält. Tradierte Arbeitsprin-zipien der Verwaltung werden von der Open-Data-Idee deutlich konterkariert. Überspitzt formuliert wird der Grundsatz „Alles ist geheim!“ vom neuen Prinzip „Alles ist öffentlich!“ ersetzt.

    Das stößt in der Verwaltung nicht im-mer auf ungeteilte Freude. Das KRZN

    empfi ehlt seinen Kommunen bei einem Einstieg mit der Methode „Einfaches zu-erst“ zu beginnen. Auch wenn bislang bei den meisten der kleinen und mittleren Kommunen noch ein verhaltenes Inter-esse an dem Thema zu konstatieren ist: Open Government und Open Data kön-nen – besonders durch Initiativen aus der Politik – praktisch über Nacht eine hohe Umsetzungspriorität erhalten. Daher ist es sinnvoll, Strukturen, Vorgehensweisen und Möglichkeiten so vorzubereiten, dass potentielle Projekte auch innerhalb kur-

    zer Zeit erfolgreich durchgeführt werden können.

    Ernst Mayer ist als Ser-vicebereichsleiter beim KRZN zuständig für E-Government, Quer-schnittsaufgaben und (Neu-)Entwicklung.

    \ OPEN GOVERNMENT

    Innovativ. Kraftvoll. Partnerschaftlich.

    Software, die dem Menschen dient!

    EGOV

    Das Bürgerservice-Portal ermöglicht den Kommunen ganzheitliche, bis in die Fach-verfahren integrierte Online-Bürgerdienste. Es setzt Maßstäbe bei der Umsetzung sicherer und effizienter Online-Angebote mit dem neuen Personalausweis. Der Bürger kann bequem von zu Hause aus seine Meldebestätigung oder Wahlunterlagen bean-tragen oder sein neues Auto anmelden.

    Das Bürgerservice-Portal lässt sich problemlos in jeden kommunalen Webauftritt integrieren.

    Sprechen Sie mit uns und unseren Partnern. www.akdb.de

    Michael Diepold, Leiter des Geschäftsfelds eGovernment der AKDB

    DMMicchaael deLeLeiiteer d

    Echtes eGovernment beginnt mit dem Bürgerservice-Portal der AKDB

  • \ IT-SICHERHEIT

    4|2012 19

    \ OPEN GOVERNMENT

    Der Landkreis Friesland testet Innovation für

    Bürgerbeteiligung. Ein Versuch auf dem Weg

    zu mehr Transparenz und zusätzlicher Bürger-

    beteiligung, auch für neue Zielgruppen. Ein

    Erfahrungsbericht.

    Demokratie liveLiquidFeedback macht lebendige Demokratie einfacher

    Zahlreich: Moderne Software macht die Partizipation großer Gruppen erst technisch realisierbar

    A ls erste Kommune bundesweit wird der Landkreis Fries-land für eine umfassende und konstruktive Online-Bür-gerbeteiligung die Software LiquidFeedback einsetzen. Dafür hat der Kreisausschuss im Mai einstimmig grünes Licht gegeben, genauso wie der Kreistag im Juli. Das waren starke Signale für Transparenz und Bürgerbeteiligung!

    Die Ankündigung des Projektes hat für ein bundesweites Echo im Internet gesorgt. Ein Nutzer des Kurznachrichtendienstes Twit-ter schrieb: „Es gibt dann einfach Landkreise, die machen das mit der Bürgerbeteiligung. Ich wäre gerne Friese“. Eine andere Nutzerin von außerhalb Frieslands merkte an: „Früher haben wir uns Witze erzählt, in denen Friesen Dummheiten begingen. Heute weiß ich, wie dumm wir waren.“ Der Hintergrund: Viele

    Kommunen suchen verstärkt nach Wegen, um Bürgerinnen und Bürger mehr als bisher an Entscheidungen zu betei-ligen. Häufi g kann der Bürger in solchen Projekten zwar sei-ne Meinung äußern, erfährt aber nicht, ob und wie seine Argumente Berücksichtigung gefunden und die Entschei-dung beeinfl usst haben.

    Eigene Denkansätze gefragtDer Einsatz der Software Li-quidFeedback, gepaart mit ei-ner geschickten Verknüpfung mit dem realen politischen Prozess, umgeht dieses Manko und ermöglicht Bürgerinnen und Bürgern, Stellung zu Vor-haben zu beziehen und kon-struktiv eigene Denkansätze und Vorschläge einzubringen. Kern des Systems ist ein An-tragsprozess, in dem – auch konkurrierende – Anträge zu-nächst durch öffentliche Dis-kussion verbessert und dann abgestimmt werden.

    Das Programm LiquidFeed-back ist nach unserer Ansicht das am weitesten entwickelte Programm, das zur Online-

    Bürgerbeteiligung verfügbar ist und gleichzeitig dasjenige, das dem Bürger am meisten Möglichkeiten bietet.

    Echte WahlWir wollen nicht das zigste vollgeschriebene Forum, wir wollen ein Abstimm-Instru-ment, das die Kreispolitik um ein breites Meinungsspektrum und neue Initiativen unserer Bürgerinnen und Bürger be-reichert. Ergebnisse und An-regungen aus dem Portal, das „LiquidFriesland“ heißen wird, sollen nach klar definierten Regeln in die verbindlichen Entscheidungen der ehren-amtlichen Politik einfl ießen. Anleitungen online wie offl ine sollen die Einführung von Li-quidFriesland begleiten, um Nutzer mit dem neuen zusätz-lichen Angebot vertraut zu machen. Schon immer haben sich unsere Bürgerinnen und Bürger an Politik beteiligt, sie schreiben uns, sie nehmen an Sitzungen teil, sie rufen uns an. LiquidFriesland wird ein zusätzlicher Kanal für diese Beteiligung, der durch seine Transparenz hoffentlich zu-

  • 20 4|2012

    www.krz.dekrz

    Perspektiven verändern: Nachhaltig und sicher.

    sätzliche Beteiligung bewirkt. Vom einfachen einmaligen Klick bis zu eigenen Anträgen kann hier jeder soviel beisteu-ern wie er mag und Zeit hat.

    LiquidFriesland wird testweise für ein Jahr eingeführt. Mit die-ser Initiative geht der Landkreis Friesland als deutschlandweit erste Kommune einen äußerst innovativen Weg der Bürger-beteiligung. Der Kreistag des Landkreises Friesland hat mit dem Beschluss gleichzeitig ein Versprechen abgegeben: Initi-ativen, die in LiquidFriesland

    die Abstimmung gewinnen, werden in der „realen“ Politik beraten. Hat also zum Beispiel eine Bürgerin oder ein Bürger einen Vorschlag zur Verwen-dung von Mitteln aus dem Pa-ket „Bildung und Teilhabe“, ei-nem Thema im Sommer 2012, und bekommt dafür mehr Ja- als Neinstimmen, dann wird diese Initiative zu einer Vorlage für den zuständigen Fachausschuss des Kreistages, und schließlich entscheiden die Kreistagspolitiker darüber. Zum Thema in LiquidFriesland eignet sich grundsätzlich alles,

    wofür der Landkreis zuständig ist. Gleichzeitig werden wir als Kreisverwaltung auch Vorlagen, die wir selbst erstellt haben, parallel zur Beratung in den Fachausschüssen in LiquidFriesland einstellen. Für beide Wege in LiquidFriesland – Initiativen der Bürgerinnen und Bürger und Meinungsbilder zu Initiativen der Verwaltung – gibt es Grundlagen in der Kommunalverfassung.

    LiquidFriesland ist ein Experiment – ein Versuch auf dem Weg zu mehr Transparenz und zusätzlicher Bürgerbeteiligung, auch

    für neue Zielgruppen. Die gewählte Software, ihre Transparenz und das Versprechen des Kreistages, Ergebnisse zu beraten, machen diesen Versuch bundesweit einmalig. Daraus können wir viel lernen!

    Sven Ambrosy ist Landrat des Landkreises Friesland.

    \ OPEN GOVERNMENT

  • 214|2012

    LiquidFriesland – Funktion und Prozesse

    \ OPEN GOVERNMENT

    LiquidFeedback zählt, nicht zuletzt dank der Pira-tenpartei, inzwischen zum gebräuchlichen Wort-schatz in Deutschland. Aber was steckt wirklich dahinter? Und wie funktioniert der Einsatz für die Bürgerbeteiligung auf der kommunalen Ebene? LiquidFeedback ist eine Open-Source-Lösung für weitgehend moderationsfreie, interaktive Mei-nungsbildung und Bürgerbeteiligung im Internet. Es existiert ein eigens entwickelter Antragsent-wicklungsprozess, in dem Anträge nutzerorgani-siert weiterentwickelt und innerhalb vorher fest-gelegter Fristen mit bestimmten Quoren am Ende verabschiedet werden. Dabei ist der Nutzer aber nicht auf ein simples „Ja“ oder „Nein“ beschränkt. Vielmehr kann der Teilnehmer auch Alternativen oder bestimmte Präferenzen nennen.

    Für die erste Anwendung auf offizieller kommu-naler Ebene gibt es einige Veränderungen am Pro-gramm. Für LiquidFriesland wird eine geänderte Anmeldung programmiert, die über ein entspre-chendes Internetformular und den anschließen-den Postversand eines Zugangscodes sicherstellt, dass nur Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Friesland das System nutzen. Damit ist auch die Anwendung des § 34 der Niedersächsischen Kom-munalverfassung möglich, der Anregungen durch Bürger an die Gemeinde regelt. Als solche gelten die im System behandelten und abgestimmten Themen, die Entscheidungshoheit bleibt also bei den politischen Gremien des Kreises.

    Einzelne Projekte gelangen auf zwei verschiedene Arten ins System. Zum einen werden sämtliche Verwaltungsvorlagen für den Kreistag über eine eigens programmierte Schnittstelle bei Liquid-Friesland eingestellt. Die Nutzer haben dann bis 48 Stunden vor der betreffenden Kreistagssit-zung Zeit, über dieses Thema zu diskutieren, Al-ternativen vorzuschlagen und letztlich ein Votum abzugeben. Abgestimmt wird in jedem Fall über die Verwaltungsvorlage sowie über Alternativ-vorschläge, die von mindestens zehn Prozent der am Thema überhaupt Interessierten unterstützt werden. Die andere Möglichkeit sind Initiativen, die von Nutzern ausgehen. Diese durchlaufen ein zweistufiges Verfahren. Zunächst stimmen die Teilnehmer ab, ob der Vorschlag überhaupt disku-tiert werden soll, in der zweiten Stufe wird über die Initiative und eventuelle Alternativen in der Sache abgestimmt. In beiden Fällen betragen die Quoren wieder zehn Prozent (siehe Grafik).

    Problematisch ist im Falle des Landkreises die Tat-sache, dass dort immer noch einige Bürger ohne Breitbandzugang sind. Als Alternative ist nach wie vor die Möglichkeit gegeben, sich schriftlich an die Kreisverwaltung zu wenden, und diese Einga-ben bei LiquidFriesland einstellen zu lassen. Als weitere Möglichkeit erarbeitet die Verwaltung ak-tuell eine Liste öffentlicher Zugänge zum Internet im Kreisgebiet. Zuletzt besteht auch die Möglich-keit, seine Stimme an eine Vertrauensperson mit Internetzugang zu delegieren.

    Zweigleisig: Bürgeranträge und Verwaltungsvorlagen durchlaufen in LiquidFrieslandein abgestuftes Verfahren

    Funktionsschema LiquidFriesland

    Kreisverwaltungstellt Vorlage ein= erzeugt Thema

    Bürger schlagen Änderungen oder Alternativen vor

    Status allerAnträge wirdeingefroren

    Abstimmung

    Information desKreistags überErgebnis derAbstimmung

    Bürger stellt Antrag/Vorschlag

    ein= erzeugt Thema

    Antrag durchläuftDiskussionsschema

    und wird amEnde der Fristeingefroren

    Abstimmung

    Bei erfolgreicherAbstimmung:

    Anregung an denKreistag gem. §4

    NKomVG

    Bürger schlagen Änderungen oder Alternativen vor

    Entscheidungdurch den Kreistag und seine Ausschüsse.

    Entscheidung wird auch in LiquidFriesland dokumentiert.

  • 22

    \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

    4|201222

    Sanfter Übergang

    Der Start der neuen Internetadressen gestal-

    tete sich sanfter als prognostiziert. Inzwischen

    ist das neue Format in vielen Bereichen des

    Webs – auch in der öffentlichen Verwaltung –

    angekommen.

    IPv6 in der öffentlichen Verwaltung

    Anfang 2011 ging ein Raunen durch den Blätterwald. Nicht nur die Fachpresse verkündete, dass die Adressen für das Internetprotokoll in der bisherigen Version 4 erschöpft wären. Kaum vorstellbar – basiert doch letztendlich die gesamte Vernetzung unserer modernen Welt auf dieser Adressierung. Und somit war klar, dass man zwingend auf das neuere Protokoll IPv6 migrieren müsse. Zum internationalen „IPv6 enabling day“ am 6. Juni 2012 verkündeten bereits einige Radiostationen – deutlich verfrüht: „Heute wird das Internet-protokoll auf die neue Version umgestellt.“

    Die Realität zeigt, dass größere Veränderungen doch eher auch größere Zeiträume benötigen. Derzeit sind bei den Vergabe-stellen für die IP-Adressen immer noch Restbestände der IPv4-Adressen erhältlich. Die großen Netzbetreiber sind weiterhin damit beschäftigt, die Einführung von IPv6 als Standardlösung für ihre Massenmarktprodukte in umfangreichen Erprobungen vorzubereiten. Daher sind auch nur wenige Dienstangebote im Internet auf IPv6 umgestellt. Festzustellen ist jedoch, dass sich im Umfeld des „IPv6 launch days“ zum 6. Juni dieses Jahres die Zahl der IPv6 unterstützenden Websites deutlich erhöht hat.

    VerteilungskämpfeDie Veränderungen haben zunächst kaum unmittelbare Auswir-kungen auf die geschlossenen Netze der öffentlichen Verwaltun-gen. Doch auch hier sind die ersten praktischen Auswirkungen von IPv6 zu erkennen. Bereits im Jahre 2009 wurde dem Bun-desministerium des Inneren im Auftrag des damaligen KoopADV ein homogener IPv6-Adressraum für die öffentliche Verwaltung in Deutschland zugewiesen. Dieser de.government benannten Zuteilung war ein längeres Ringen mit der in Europa für die IP-Adressvergabe zuständigen RIPE NCC vorangegangen, um den reklamierten großen Adressbedarf zu begründen und zu plausibilisieren. Schließlich wurde das Bundesministerium des Innern (BMI) als Local Internet Registry (LIR) anerkannt.

    Für die Verteilung der zugewiesenen IPv6-Adressen über die Verwaltungen Deutschlands wurde eine Struktur von regiona-len Vergabestellen – sogenannten SubLIRs – etabliert. Mit der LIR im Land Niedersachsen und der LIR bei der Citkomm für den kommunalen Bereich in Nordrhein-Westfalen nahmen die ersten SubLIRs kurz nach dem „IPv6 launch day“ den Betrieb auf. Seitdem sind sie in der Lage, interessierten Verwaltungen IPv6-Adressen aus dem zentralen Adressraum de.government zur Nutzung zuzuteilen. Ein ganz konkreter praktischer Bedarf für IPv6-Adressen ergibt sich gegenwärtig aus dem Verwaltungs-verbindungsnetz Deutschland-Online Infrastruktur (DOI). Dieses

    Nahtlos: Der Übergang zum neuen Internetprotokoll läuft unauffällig

  • 23

    \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

    4|2012

    Netzwerk wird aktuell für IPv6 ertüchtigt. Hierzu sind Umstellungsarbeiten an allen existierenden Netzanschlüssen erforderlich. In dem Zuge ist es sinnvoll, unmittelbar die zukünftigen IPv6-Adressen der lokalen Netze auf dem System mit einzurichten. Diese Option wird derzeit von einer größeren Zahl Anschlussnehmer am DOI genutzt. Da auch die zentralen Services des DOI-Netzes bereits für IPv6 ertüchtig sind, besteht hier erstmalig die Möglichkeit, IPv6 innerhalb der geschlossenen Netze der öffentlichen Verwaltung übergreifend zum Einsatz zu bringen.

    Strukturierung der vorhandenen StandardsDarüber hinaus gibt es weitere Aktivitäten, um den Einsatz von IPv6 für interessierte Verwaltungen möglichst umfassend zu unterstützen. Eine wesentliche Aufgabe kommt dabei einem durch das Bundesinnenministe-rium beauftragten Forschungsprojekt zu, das Profi le für IPv6-Komponenten entwickelt. Ziel dieses Projektes ist eine Strukturierung der verschiedenen Standards, die letztlich gemeinsam IPv6 defi nieren. Da für einzelne Kom-ponenten stets nur eine Untermenge der verschiedenen Standards relevant ist, wird mit den Profi len herausgearbeitet, welche in einem Netzwerk zwingend oder optional zu unterstützen sind. Diese Aufstellungen können von den Verwaltungen unmittelbar genutzt werden. Die entsprechenden Spezifi kationen sollten bei zukünftigen Beschaffungen auf jeden Fall berücksichtigt werden. Neben dem Profi ldokument wird in dem Projekt auch ein Migrationsleitfaden mit spezieller Fokussierung auf die öffentliche Verwaltung entwickelt. Die Veröffentlichung der Projektergebnisse wird in Kürze erwartet.

    Mit der Schriftenreihe „Informationssicherheit (ISi)“ stellt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationsverarbeitung (BSI) eine übersichtliche Sammlung von Empfehlungen für die Implementierung sicherer Netze bereit. Der auf den Seiten des BSI online verfügbare Band ISi LANA ist auf den Aufbau lokaler Netze und deren Absicherung zum Internet konzentriert. Er ist im Juni 2012 in der Version 2.0 neu herausgebracht worden. Die neue Version beleuchtet in besonderem Maße die Herausforderungen, die sich durch den Einsatz von IPv6 für heutige Netze ergeben. Die Studie gibt damit einen guten Überblick über eine angemessene Implementierung.

    Erprobung des praktischen EinsatzesAuf die praktische Implementierung von IPv6 in Netzen der öffentlichen Verwaltung konzentriert sich ein Förderprojekt der Europäischen Union. Unter der Überschrift „Government enabled with IPv6 – GEN6“ ist ein Konsortium von Verwaltungen aus verschiedenen europäischen Staaten damit befasst, bestehende IP-Infrastrukturen in der öffentlichen Verwaltung für IPv6 zu ertüchtigen. Diese Erprobung des praktischen Einsatzes von IPv6 erfolgt dabei gezielt nicht theoretisch und unter Laborumgebungen, sondern in bereits existierenden Systemlandschaften. Die einzelnen Piloten haben dabei einen unterschiedlichen Projektfokus. Dieser reicht von Verbin-dungsnetzen zwischen Verwaltungen über Ad-hoc-Kommunikation zwischen

    Rettungsdiensten in einer Katastrophenlage bis hin zu klassischen Bürger-Services, die über Online-Portale bereitgestellt werden oder klassische Fachanwendun-gen im Backbone eines Rechenzentrums.

    Der kommunale IT-Dienstleister Citkomm mit Sitz in Iserlohn ist als nationaler deutscher Pilot an dem Projekt beteiligt. In den Räumlichkeiten der Citkomm erfolgen die Migration des Weitverkehrsnetzes sowie die Umstellung der zentral produzierten Fachverfah-ren auf eine Nutzbarkeit auch über IPv6. Der Pilot wird begleitet vom Institut Fraunhofer FOKUS, das insbesondere bei der Schaffung geeigneter Einsatz-bedingungen für die Fachanwendungen unterstützt. Als Ergebnis der Projektarbeit von GEN6 werden Erfahrungsberichte zur praktischen Umsetzung von IPv6 und darauf gründende Handlungsempfehlungen für die spezifi schen Rahmenbedingungen der öffent-lichen Verwaltung zur Verfügung stehen. Damit wird eine weitere wesentliche Hilfestellung gegeben, um in den öffentlichen Verwaltungsnetzen möglichen Schwierigkeiten für eine IPv6-Einführung frühzeitig und strukturiert begegnen zu können.

    Solides WachstumDie verstärkten praktischen Umsetzungen für den Einsatz von IPv6, die sich gerade in den vergangenen Monaten gezeigt haben, deuten darauf hin, dass das bisher eher theoretische Pfl änzchen des „neuen Inter-netprotokolls“ IPv6 nunmehr langsam den Weg in die Realität fi ndet. Mehrere Internet-Zugangs-Provider haben zum Jahresende die Einführung von IPv6 ange-kündigt. Die Nutzung im Internet wird damit zeitnah auf deutlich breiterer Ebene erfolgen. Die geschaffe-nen Rahmenbedingungen für den Einsatz innerhalb der geschlossenen Netze der öffentlichen Verwaltung sind zwischenzeitlich so weit vorangeschritten, dass auch hier die Potenziale von IPv6 in der konkreten Realisierung angegangen werden können. Der bisher

    oft nebulöse Geist von IPv6 mate-rialisiert sich damit zunehmend und wird greifbar – auch für die öffentliche Verwaltung.

    Martin Krengel ist Abteilungsleiter Sys-tembetrieb beim KDVZ Citkomm.

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    Digital Bewusst Sein

    Das Interesse der Bürger an der eigenen

    lokalen Identität und Geschichte findet im

    Digitalen einen guten Nährboden. Für Kom-

    munen ist das ebenso Herausforderung wie

    Chance.

    Mitmachkultur – zwischen Vordenkern und Mitmachern

    Web 2.0, Social Media, Facebook – all diese Begriffen stehen im Spannungsfeld zwischen Flüchtigkeit und grenzenloser Verbreitung. Erlebtes wird „gepostet“, „geliked“, kommentiert und „geshared“. Trotz der Vergänglich-keit, mit der viele Beiträge ihre Verbreitung im Netz fi nden, zeigt sich doch eines: Das Netz verleiht der Gedächtniskultur neue Impulse. Dies ist gerade für die Kommunen eine ebenso große Chance wie Herausforderung. Das Interesse der Bürger an der eigenen lokalen Identität, die neue Verbundenheit zur eigenen Geschichte, zum Selbst-Erlebten fi ndet im Digitalen einen guten Nährboden und macht Historisches greifbar.

    Vernetzung: Soziale Medien knüpfen Beziehungen zwischen Menschen – und sind lebendes Geschichtsbuch

    Zum Beispiel beim Digitalen Stadtgedächtnis Coburg: Im Allge-meinen verbindet man Geschichte mit Archivarbeit und Quellen-studium. Das Internet macht aber auch private Aufzeichnungen, Bilder und Erinnerungen leichter mitteilbar – Quellen, die sonst nur im privaten Raum und in den Köpfen der Menschen zu fi n-den sind. Diese Erinnerungen zu sammeln, zu digitalisieren und in einem Internet-Portal zu verbreiten, ist die eine Seite einer Mitmachkultur, die die Auseinandersetzung mit dem persönlich Erlebten fördert.

    Gesucht: das Alltägliche und PersönlicheSeit Sommer 2009 schreiben Senioren wie Schüler im Netz unter www.stadtgeschichte-coburg.de an ihrer Stadtgeschichte mit – mit ihren eigenen Erinnerungen. Dabei werden nicht die ganz großen, spektakulären Geschichten gesucht und gefun-den, sondern das Alltägliche und Persönliche. „Wir alle tragen Geschichte mit uns herum, ob wir es wissen oder nicht, ob wir es wollen oder nicht“, so Bezirksheimatpfl eger Günter Dippold. „Die Beschäftigung mit Geschichte hilft uns, unsere Umwelt besser zu verstehen. Und nur was man versteht, das schätzt man auch.“ Und was man schätzt und was einen bewegt, das teilt man auch. Ein Beispiel ist die Facebook-Gruppe „Du lebst schon lange in Coburg, wenn …“, eine von zahlreichen unter diesem Label, welche gerade in Facebook einen Boom ausgelöst haben. Keller werden durchforstet, kleine Erinnerungen an Er-lebnisse, Geschäfte, vergangene Sitten und Bräuche gepostet und kommentiert. Ein nostalgischer Sog von geteilten Inhalten und Erinnerungen zieht hier die Mitglieder der Gruppe in ihren Bann und lässt eine neue Erinnerungskultur entstehen: Vom Erinnern zum Miterleben. Eine Erinnerung stößt die nächste an und in einer Art Dominoeffekt erwachen längst vergessene

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    \ INNOVATION UND KOMMUNALVERWALTUNG

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    Begebenheiten. Dies geschieht getreu dem Motto: „Feig, wirk-lich feig ist nur, wer sich vor seinen Erinnerungen fürchtet“ (Elias Canetti). Den Höhepunkt, auch im Sinne einer gesunden Stadtentwicklung bilden Treffen der Beteiligten im realen Raum – hier schließt sich der Kreis zwischen der digitalen Welt und dem realen Erleben.

    Mitmachkultur der sozialen Netzwerke fördert SolidaritätDie sozialen Netzwerke zeigen jedoch nicht nur die Selbst-Refl exion und die Beschäftigung mit den eigenen Erlebnissen und Meinungen ihrer Nutzer, sondern verfügen ebenso über eine emotionale und gemeinnützige Seite. In Coburg offenbarte sich diese, als am 28. Mai 2012 ein Großbrand in der Coburger Altstadt zahlreiche Häuser stark beschädigte und viele Menschen vorübergehend zu Wohnungslosen machte. Nahezu zeitgleich fl utete eine Welle der Hilfsbereitschaft durch das Netz. Vorden-ker waren in diesem Fall die Bürger. Während die Verwaltung noch mit der akuten Situation beschäftigt war, wurden bereits Spenden, Möbel und Bekleidung organisiert, neue Wohnungen angeboten. Die Verwaltung hat sich dieser Aktivität nicht ver-schlossen, sondern den Ball dankbar aufgenommen. In einem „Hilfeportal“ wurden die vielen in den unterschiedlichsten sozialen Netzwerken geposteten Angebote kanalisiert und für die Brandopfer zur Verfügung gestellt. Die Mitmachkultur der sozialen Netzwerke förderte so die Solidarität und half bei der unbürokratischen Umsetzung: Die Coburger rückten alle ein bisschen näher zusammen, und es wurde einfach „gemacht“.

    Eine ganz andere, praktische und unmittelbar alltagstaugliche Ausprägung von Social Media fi ndet sich im Coburger Mit-tagspausenführer. Die Verwaltung bündelt und veröffentlicht wöchentlich auf dem Internetportal die Speisekarten der lokalen Gaststätten. Um die Möglichkeiten der Vernetzung ausschöpfen zu können – heißt, sich ganz praktisch zum Essen zu verabre-den – wurde der Mittagspausenführer von privater Hand auf Facebook adaptiert – und unterstützt nun die Bürger bei der alltäglichsten und existenziellsten aller Fragen: Was und wo wollen wir heute essen?

    Strenge Rollenverteilung verschwindetOb Persönliches, Praktisches oder Emotionales – Social Media hat viele unterschiedliche Facetten, die die Kommunen vor neue Herausforderungen stellen. Vordenker, Mitmacher, Ini-tiatoren, Impulsgeber, Auslöser – die strenge Rollenverteilung verschwindet an manchen Stellen. Das Social Web hat die Kom-munikationsweise der Menschen verändert. Online publizieren, informieren, vernetzen und Wissen gemeinsam strukturieren

    kennzeichnen diese neue Entwicklung. Gleichzeitig bietet sich die Möglichkeit, die Bedürfnisse der Bürger so intensiv und genau zu studieren, wie es vor wenigen Jahren noch kaum vorstellbar gewesen wäre. Das Interesse und die Meinungen der Bürger offenbaren sich in zahllosen Kommentaren – der Wille zur Bürgerbeteiligung kann hieraus abgeleitet werden. Unter dem Strich kann eine Kommune davon nur profi tieren.

    Neue Möglichkeiten verlangen auch neue Konzepte. Die Auf-gaben der PR-Abteilung defi nieren sich weitgehend neu. Sie muss versuchen, die vielfältigen Ideen und Informationen zu kanalisieren, die Dynamik im Sinne der Stadt zu steuern und möglichst zu einem großen Ganzen zu machen. Eine Hürde,

    die auch die öffentlichen Verwaltungen der Kommunen, Länder und des Bundes immer besser, erfolgreicher und vor allem gewinn-bringender meistern.

    Karin Engelhardt ist Leiterin der Abteilung E-Govern-ment/Verwaltungsmodernisierung der Stadt Coburg.

    Gedächtnis: In der digitalen Welt wird die Geschichte Coburgs lebendig – ob auf eigenen Seiten oder in den Gruppen großer sozialer Netzwerke

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    \ VERWALTUNG DER ZUKUNFT

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    Online-Diensten gehören schon längst zum festen Angebot auf allen mobilen Endgeräten.

    Diese Angebote sind erfolgreich, weil sie leicht verfügbar und einfach zu bedienen sind. Hiervon muss auch die öffentliche Hand lernen. Die Anwender haben selbst die Wahl, wann sie was machen und müs-sen nicht Freizeit opfern, um mit ihren Wünschen irgendwo vorstellig zu werden. Dies gilt auch für ältere Bürgerinnen und Bürger, die zunehmend das Internet auch nutzen, um fehlende Mobilität zu kompensieren, die Zeit lieber mit ihren Enkeln verbringen oder Entfernungen zu ihren Kommunikationspartnern überbrü-cken wollen.

    Eine Frage der IdentitätAuch wenn es sich der Staat nicht in allen Fällen so einfach machen kann – in vielen Fällen könnte er. Derzeit gibt es schon eine Vielzahl von Apps behördlicher Anbieter. Hierin sind viele Informationen enthalten und vereinzelt echte Online-Dienstleistun-gen. Ein umfassendes Angebot scheitert jedoch noch daran, dass häufi g eine Identi-tätsfeststellung oder eine Unterschrift aus rechtlichen Gründen nötig ist.

    Wenn mit dem E-Government-Gesetz die rechtlichen Grundlagen für eine stärkere Nutzung elektronischer Möglichkeiten geschaffen sind, müssen parallel auch die technischen Voraussetzungen verbessert werden. De-Mail, im September 2012 als

    Wenige EinsatzgebieteDoch wo holt der Staat seine Bürger und Unternehmen ab? Wir haben mit dem neuen Personalausweis (nPA) eines der fortschrittlichsten Ausweisdokumente, das auch einen elektronischen Identitätsnach-weis (eID) enthält. Da aber nach wie vor die Bürger zu ihren staatlichen Stellen, hier insbesondere zu den Kommunen, durchschnittlich nur ein- bis zweimal im Jahr Kontakt haben, scheuen viele die Investition in einen Kartenleser und die Softwareinstallation auf einem heimischen PC. Zumal die wenigen vorhandenen Lö-sungen zur Nutzung mit dem nPA immer nur ausschnittartig für wenige Lebensla-gen und von Behörde zu Behörde unter-schiedlich angeboten werden.

    Wenn man heute als Pendler und Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs einmal von seinem Smartphone oder sei-nem Tablet-PC hochschaut, stellt man fest, dass jeder zweite bis dritte Mitreisende ebenfalls einen kleinen Bildschirm vor seiner Nase hat. Man liest E-Mails und Nachrichten, spielt Spiele, schickt SMS und andere Kurznachrichten oder surft im Internet. Zeitliche Freiräume werden gefüllt mit Inhalten, die der persönlichen Unterhaltung dienen oder für die man sonst keine Zeit hat. Viele Unternehmen haben ihre Geschäftsmodelle längst er-folgreich auf die kleinen Taschen-PCs in Form sogenannter „Apps“ übertragen. Online-Banking, einkaufen bei Amazon, eBay, Media Markt und anderen großen

    Umfassende behördliche mobile Angebote scheiterten bislang

    in der Regel an der eindeutigen Identitätsfeststellung. Doch in

    dieses Thema ist Bewegung gekommen.

    rüher war alles anders. Dieser Aus-spruch lässt sich auf beliebig viele Lebensbereiche übertragen, aber

    auch auf das Zusammenwirken zwischen dem Staat und seinem Volk. Früher gab es Kommunikationsformen wie E-Mail und Internet nicht. Informationsaustausch aus der Ferne fand durch Briefe oder Postkarten statt. Rechtsvorschriften, de-ren Wirkung bis heute anhalten, sahen schon aufgrund der nicht vorhandenen Alternativen vor, dass man Anliegen per-sönlich vorzutragen und sich dazu häufi g auszuweisen hatte.

    Technisch hat sich heute vieles geändert. Und wenn der Staat seinen Bürgern und Unternehmen etwas mehr zutraut, können diese auch mehr Autonomie über ihre Zeit und ihre Arbeitsabläufe gewinnen. Das geplante E-Government-Gesetz stellt hierfür die richtigen Weichen. In dem aktuellen Entwurf vom September 2012 sind „Motornormen“ defi niert, die einen elektronischen Datenaustausch und da-mit durchgängige elektronische Prozesse ermöglichen und fördern. Neben der Be-reitstellung elektronischer Zugänge, Be-zahlfunktionen und Identitätsnachweise wird auch der elektronische Austausch von Informationen unter Verfahrensbeteiligten gefördert. Neben den Bundesbehörden werden auch die Länder und die Kom-munen betroffen sein, die Aufgaben nach Bundesrecht ausführen und damit eben-falls frühzeitige Vorkehrungen für diese Kommunikationswege treffen müssen.

    Gewinnen können alleKombination aus Online-Anwendung und Identitätsnachweis

    SERIE ELEKTRONISCHE IDENTITÄTEN

    Teil 1: Allgemeine Entwicklung

    Teil 2: Internationale Ansätze

    Teil 3: Best Practice

    Teil 4: Mobile Lösungen

    F

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    \ VERWALTUNG DER ZUKUNFT

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    D115 bekannten Top-100-Themen bietet und unter Nutzung der eID- und Online-Bezahlfunktion entsprechende Anfragen inklusive der eingezogenen Gebühren an die zuständigen Stellen weiterleitet. Der Anwender könnte über die App über den Bearbeitungsstand informiert werden.

    Gewinnen können alle: Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen erhalten mehr Zeitautonomie durch 24-Stunden-Online-Ämter und schnellere Durchlaufzeiten bei der Antragsbearbeitung. Behörden können ihre Geschäftsprozesse unter anderem dadurch weiter optimieren, dass weniger Formulare abgetippt werden müssen, Anträge besser vorbereitet zur Sachbear-beitung kommen, Teilschritte automati-siert werden können und Bezahlvorgänge vor Ort entfallen. Auch die Menschen profi tieren, die kein Internet haben oder

    persönliche Kontakte bevorzugen, weil sie Zeit gewinnen.

    Peter Adelskamp ist Stell-vertretender Amtsleiter und Abteilungsleiter für Organi-sation und IT im Hauptamt der Landeshauptstadt Düsseldorf.

    Personalausweis besitzen, der nutzbar gemacht werden muss. Akzeptanz für die eID-Funktion kann auch dadurch geschaffen werden, dass die Nutzung einfacher wird – zum Beispiel auf mobi-len Endgeräten. Schafft man es, über die sich immer weiter entwickelnde Technik der „Near Field Communication (NFC)“ das Smartphone in ein nPA-Lesegerät zu verwandeln, hat man diese Geräte direkt nicht nur für mobile Online-Behördengän-ge erschlossen, sondern kann sie auch zu Hause als Ersatz für die noch sehr teuren Kartenlesegeräte einsetzen.

    Universelle Behörden-AppUm eine Flächendeckung solcher Leis-tungen zu ermöglichen, bietet sich eine Zusammenarbeit aller staatlichen Ebenen – Bund, Länder und Kommunen – an, um eine Basisinfrastruktur zu entwickeln, die durch offene Standards in den jeweiligen Umgebungen betrieben werden kann. Mit dem Projekt zur Behördenrufnummer D115 hat sich gezeigt, dass eine solche Zusammenarbeit gut funktionieren kann, ohne die föderale und kommunale Vielfalt in Frage zu stellen. Denkbar wäre eine Be-hörden-App, die Schnittstellen zu den von

    Preisverdächtig: Von sicheren elektronischen Identitäten profitieren letztlich alle – Behörden, Unternehmen und Bürger

    browserbasierte Anwendung für private Anwender gestartet, gehört dazu. Ein hohes Sicherheitsniveau wird über ein mobil nutzbares SMS-TAN-Verfahren oder den nPA erreicht. Auf dieser Grundlage ist es erstmals für eine breite Öffentlichkeit möglich, mit der Behörde vertraulich und datenschutzkonform zu kommunizieren. Da die Provider eine gewisse Anzahl von De-Mails kostenfrei anbieten, entstehen den Bürgern keine Kosten, was die Nut-zung fördern sollte. Im Rückkanal kann die Behörde aus Verfahren heraus direkt und