Optimierung von Raumakustik - Melanie Massinger – … die Lehre von der Erzeugung, Ausbreitung,...

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Medientechnik Fachhochschule St. Pölten GmbH, Matthias Corvinus-Straße 15, 3100 St. Pölten, T: +43 (2742) 313 228, F: +43 (2742) 313 228-339, E: [email protected], I: www.fhstp.ac.at Optimierung von Raumakustik Gegenüberstellung von Messung und Berechnung 2. Bachelorarbeit eingereicht von Paul Peyer MT091083 im Rahmen des Studiengangs Medientechnik an der Fachhochschule St. Pölten Betreuung Betreuer/Betreuerin: Dipl.-Ing. Franz Zotlöterer Wien, 27.09.2012 (Unterschrift Autor/Autorin) (Unterschrift Betreuer/Betreuerin)

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Fachhochschule St. Pölten GmbH, Matthias Corvinus-Straße 15, 3100 St. Pölten, T: +43 (2742) 313 228, F: +43 (2742) 313 228-339, E: [email protected], I: www.fhstp.ac.at

Optimierung von Raumakustik

Gegenüberstellung von Messung und Berechnung

2. Bachelorarbeit

eingereicht von

Paul Peyer MT091083

im Rahmen des Studiengangs Medientechnik an der Fachhochschule St. Pölten Betreuung Betreuer/Betreuerin: Dipl.-Ing. Franz Zotlöterer Wien, 27.09.2012 (Unterschrift Autor/Autorin) (Unterschrift Betreuer/Betreuerin)

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Ehrenwörtliche Erklärung Ich versichere, dass

n ich diese Bachelorarbeit selbständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich sonst keiner unerlaubten Hilfe bedient habe.

n ich dieses Bachelorarbeitsthema bisher weder im Inland noch im Ausland einem Begutachter/einer

Begutachterin zur Beurteilung oder in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.

n diese Arbeit mit der vom Begutachter/von der Begutachterin beurteilten Arbeit übereinstimmt.

n Ich räume hiermit der Fachhochschule St. Pölten das ausschließliche und räumlich unbeschränkte

Werknutzungsrecht für alle Nutzungsarten an dieser Bachelorarbeit ein, und behalte das Recht, als Urheber dieses Werkes genannt zu werden.

Wien, 27.09.2012 (Unterschrift Autor/Autorin)

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Zusammenfassung

In unserem täglichen Leben begegnen wir ständig und ohne Unterbrechung Schall. Anders als beispielsweise der Sehsinn kann das

menschliche Ohr nie willkürlich abgeschaltet werden, es empfängt ohne Pause akustische Information. Wenige Menschen machen sich

allerdings bewusst, wie unterschiedlich die Umgebung das Gehörte beeinflusst. Abgesehen von Situationen, in welchen Schall massiv

vom ihn umgebenden Raum beeinflusst wird, wie etwa in einer Kirche, wird der Effekt des Raumes kaum wahrgenommen. Allerdings

bewirkt jede Umgebung, sei es in freier Natur, in einem Wohnzimmer oder einem Tonstudio, einen hör- und messbaren Effekt auf Schall. Akustik, die Lehre von der Erzeugung, Ausbreitung, Analyse und Wahrnehmung von Schall, beschäftigt sich unter Anderem mit Methoden

um Schallereignisse im Vorfeld akkurat zu berechnen, sie zu vermessen und zu beeinflussen. In unserer heutigen Welt spielt eine gute

Raumakustik, also der Klang eines beliebigen Raumes, vor allem in jenen Bereichen eine Rolle, in denen ein oder mehrere

Schallereignisse von ZuhörerInnen optimal empfangen werden müssen. Tonstudios, Konzertsäle, Kirchen und Vortragsräume wären

Beispiele dafür. Diese Arbeit wird sich darauf konzentrieren ein Erklärung dafür zu geben, was einen gut klingenden Raum ausmacht und

wie dieser Zustand erreicht werden kann. Die wenigsten Räume sind in ihrer rohen, akustisch nicht bearbeiteten Form, “ideal”. Allerdings

gibt es mehrere Möglichkeiten, die Unzulänglichkeiten eines Raumes zu berechnen, zu messen und entsprechende Maßnahmen zu

treffen, um diese zu beheben. Speziell im kleinen Home- oder Projektstudio sind simple und billige Lösungen ein sehr guter Weg, den

Klang eines Raumes zu optimieren. Natürlich geht dies nicht ohne vorherige Studie der zu bearbeitenden Substanz, des Raumes. Um

diverse Berechnungen anstellen zu können, wird zunächst auf die grundlegenden physikalischen Eigenschaften und Eigenheiten von

Schall Bezug genommen. In den folgenden Kapiteln werden zunächst Erklärungen und Berechnungsmethoden für die grundlegenden

Parameter von Schall in einem Raum, wie Schalldruck, Nachhallzeit und Problemfrequenzen, vorgestellt. Räume können allerdings nicht

nur rechnerisch analysiert werden. Immer mehr Hersteller bieten in ihren Funktionen unterschiedlich ausgestattete Softwarelösungen für

akustische Vermessungsvorgänge an. Auch auf diesen Bereich wird die vorliegende Arbeit Einblick geben. In einem praktischen Versuch

wird dann die Auswahl und Konstruktion einiger jener Bauteile behandelt, welche diese Parameter günstig beeinflussen können. Versteht

man erst das Verhalten von Schall sowohl in festen als auch gasförmigen Medien, so kann dieses Wissen benutzt werden um negative

Einflüsse eines Raumes auf Schall zu reduzieren, und im Gegenzug an den jeweiligen Gebrauch angepasste Verbesserungen zu

erzielen. Akustik ist wahrscheinlich eines der komplexesten Gebiete der gesamten Audiotechnik, weswegen im Rahmen einer Bachelor-

Arbeit das gesamt Spektrum an Information nicht aufgearbeitet werden kann. Mittlerweile existiert eine Vielzahl von literarischen Werken,

welche Raumakustik behandeln. In der Recherche zu dieser Arbeit wurde vor allem auf jene Werke Wert gelegt, die einen Einblick in

praktische Vorgänge zur Optimierung von Raumklang geben, um so einen schnellen und von Erfolg gekrönten Einstieg in diese Materie

zu gewährleisten. Dieser Zugang spiegelt sich auch in einigen Bauanleitungen akustischer Elemente wie Absorbern und Resonatoren

wider, welche ebenfalls in dieser Arbeit enthalten sind.

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Abstract

Während meines Studiums der Medientechnik begann ich mich vor allem für den Tonstudio- und Musikproduktionssektor zu interessieren.

Zu Beginn war dieses Interesse mehr ein großes Unverständnis. Viele Abläufe und technische Aspekte waren mir einfach nicht bekannt.

Nach einigen Jahren, in denen ich mich intensiv mit dieser Materie beschäftigt habe, kann ich nun ein zumindest für mich ausreichendes

Basiswissen der Audiotechnik vorweisen. Ich habe mich auch mit vielen Blogs und Berichten im Internet befasst, in denen Menschen aus

aller Welt ihr eigenes kleines Homestudio bauen und vorstellen. In der Regel ging es da Großteils nur um elektronisches Equipment:

Mikrofone, Mischpulte, Wandler oder Monitore. Auch ich habe mich sehr für Hard- und Software in diesem Bereich interessiert – meine

erste wissenschaftliche Arbeit handelte von Kompressoren, sowohl als physische Ausführung als auch als Plug-In. Es ist auch schwer, gut

gefertigte Mikrofone oder Vorverstärker nicht interessant zu finden. Erst nach Jahren des Lesens von Fachliteratur wurde mir ein

fundamentaler Fehler bewusst: all das tolle Equipment in einem Studio hat keinen Wert, wenn der Schall, der durch die Monitore kommt,

verfälscht wahrgenommen und damit auch falsch bewertet wird. Dies war der Moment, in dem sich das große Gebiet der Raumakustik vor

mir aufgetan hat. Anfänglich noch unüberschaubar in der Komplexität, konnte ich sehr schnell einen Zugang dazu finden. Mir wurde

bewusst, wie unterschiedlich Räume klingen können – sei es das Badezimmer, der Hörsaal oder ein schalltoter Raum beim Rundfunk. Ich

habe mir jene Räume, die für mich den interessantesten Klang hatten, in Bezug auf Größe, Grundriss, Einrichtung und Oberflächen näher

angesehen. Manche Zusammenhänge waren offensichtlich, andere mussten erst recherchiert werden. Mich interessierten vor allem

Effekte der Raumakustik, die in beinahe jedem Raum auftreten und die meisten Probleme verursachen: Raummoden, Erstreflexionen und

Nachhallzeit. Da ich schon immer ein praktisch veranlagter Mensch war, habe ich mich mit deren Korrektur beschäftigt – dem Bau von

akustischen Elementen. Darauf wird in dieser Arbeit vor allem in Kapitel 5 eingegangen. Selbstverständlich ist der detaillierte technische

Zugang ebenfalls von Bedeutung: wie hängen die Eigenschaften eines Materials und dessen Absorptions- beziehungsweise

Reflexionsvermögen zusammen? Welche Abmessungen muss ein Objekt haben, damit sich bestimmte Frequenzen nicht um das Objekt

herum beugen? Gerade in den ersten Kapiteln werden einige dieser Fragen behandelt und beantwortet werden. Obwohl ich keinerlei

Intentionen habe, mir in nächster Zukunft ein eigenes Tonstudio zu bauen und einzurichten, ist die Optimierung von Raumakustik

keineswegs irrelevant. Wenn mit wenigen Maßnahmen schon ein angenehmeres Klangbild zu erreichen ist, welchen Grund sollte es dann

geben dies nicht zu tun? Zumindest als Hobby spielt die Musikproduktion eine wichtige Rolle für mich, weswegen Wissen im Bereich

Raumakustik äußerst gelegen kommt. Gerade wenn man die Aufnahmen der eigene Band selbst mischt, soll das Ergebnis natürlich nicht

minderwertig werden, weil man keine Rücksicht auf den würfelförmigen Raum mit Betonwänden genommen hat, der als Regieraum dient. Leider existieren auch viele Mythen, die gerade den Einsteiger gehörig verwirren können: Angefangen von Eierkartons als akustisches

Dämmmaterial über überdämpfte Räume bis hin zu Equalizern als Ausgleich für akustische Nachteile – auch einige dieser

Fehlinformationen versucht die vorliegende Arbeit aufzuklären.

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Inhalt 1.   PHYSIKALISCHE  GRUNDLAGEN  ..............................................................................................................................  8  

1.1.   ENTSTEHUNG  ..............................................................................................................................................................  8  1.2.   FREQUENZ  UND  SPEKTRUM  ...........................................................................................................................................  8  1.3.   WELLENLÄNGE  UND  SCHALLGESCHWINDIGKEIT  ................................................................................................................  10  1.4.   PHASE  .....................................................................................................................................................................  11  1.5.   SCHALLDRUCK  UND  SCHALLINTENSITÄT  ..........................................................................................................................  11  

2.   VERHALTEN  VON  SCHALL  IM  RAUM  ....................................................................................................................  12  2.1.   ABSORPTION  ............................................................................................................................................................  13  2.2.   REFLEXION  UND  NACHHALL  .........................................................................................................................................  14  2.3.   BEUGUNG  ................................................................................................................................................................  16  3.1.   DIE  NOTWENDIGKEIT  DER  AKUSTISCHEN  OPTIMIERUNG  ....................................................................................................  16  3.2.   BESTANDSAUFNAHME  ................................................................................................................................................  17  3.3.   RÄUME  AKUSTISCH  VERMESSEN  ....................................................................................................................................  18  3.4.   UNTERSCHIEDE  ZWISCHEN  MESSUNG  UND  BERECHNUNG  ..................................................................................................  19  

4.   PROBLEMATISCHE  AKUSTISCHE  PHÄNOMENE  ....................................................................................................  20  4.1.   RAUMMODEN  ...........................................................................................................................................................  20  4.2.   KAMMFILTEREFFEKTE  .................................................................................................................................................  22  

5.   MODULE  UND  MATERIALIEN  FÜR  AKUSTISCHE  OPTIMIERUNG  ...........................................................................  22  

5.1.   IRRTÜMER  ................................................................................................................................................................  23  5.2.   ABSORBER  ...............................................................................................................................................................  23  5.3.   RESONATOREN  ..........................................................................................................................................................  24  5.4.   DIFFUSOREN  .............................................................................................................................................................  25  

6.   ANWENDUNG  AKUSTISCHER  MAßNAHMEN  .......................................................................................................  26  LITERATURVERZEICHNIS  .............................................................................................................................................  30  

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Wellenform und Spektrumansicht .................................................................................................. 9 Abbildung 2: Spektrum des kombinierten Signals............................................................................................... 9 Abbildung 3: Kurven gleicher Lautstärke........................................................................................................... 11 Abbildung 4: Schallpegelmessgerät.................................................................................................................. 19 Abbildung 5: Kammfiltereffekt............................................................................................................................ 22 Abbildung 6: Diffusor......................................................................................................................................... 25 Abbildung 7: Übersicht des zu behandelnden Raumes..................................................................................... 26

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Absorptionskoeffizienten (Friesecke 2012, S. 37) ........................................................................... 27  Tabelle 2: Werte des unbehandelten Raumes .................................................................................................. 28  Tabelle 3: Werte des fertig bearbeiteten Raumes ............................................................................................. 29  

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1. Physikalische Grundlagen

1.1. Entstehung

Jedes Schallereignis, ob für den Menschen hörbar oder nur durch Messinstrumente erfassbar, entsteht durch die Bewegung von Teilchen. Ob diese durch die Membran eines Lautsprechers, ein Stück herabfallendes Metall oder durch die menschlichen Stimmbänder angeregt werden, immer entsteht ein mehr oder weniger hörbares Schallereignis. Einzige Voraussetzung ist hierbei, dass überhaupt Teilchen in einem Medium vorhanden sind. Im All beispielsweise ist eine Schallübertragung unmöglich, da keine Teilchen existieren, die zum Schwingen angeregt werden könnten.

Speziell im Bereich der Raumakustik ist es notwendig, die Entstehung und vor allem die Ausbreitung von Schall genau zu verstehen.

Am einfachsten lässt sich die Entstehung am Beispiel eines Lautsprechers erklären. Die Membran, die im Gehäuse hin und her schwingt, verdrängt während dieser Bewegung Luftmoleküle und erzeugt kurzzeitige lokale Schwankungen im Luftdruck. An jenen Stellen, an denen die Moleküle dichter zusammen gedrängt werden, stoßen sie wiederum benachbarte Teilchen an, die ihrerseits wieder ausgelenkt werden und weitere Teilchen anregen. Auf diese Weise kann sich eine Schallwelle fortsetzen. Die verdrängten Moleküle hinterlassen einen lokalen Bereich mit leicht vermindertem Druck. Wenn sie von der Elastizität des Mediums in Richtung ihrer Ursprungsposition gezogen werden, schießen sie zuerst darüber hinaus, werden in der anderen Richtung aber wieder zurück gezogen, bis sie sich schließlich, wenn nicht erneut angeregt, an ihrer Ursprungsposition einpendeln. Es gilt zu beachten, dass sich die von der Membran verursachte Störung der normalen Molekülbewegung zwar über weite Strecken fortpflanzen kann, die einzelnen Teilchen aber immer nur lokal ausgelenkt werden. Bei einer wiederholten Membranbewegung, die etwa zur Erzeugung eines Sinustons notwendig ist, entstehen so mehrere Zyklen pro Sekunde. Die Anzahl dieser Zyklen bestimmen die Frequenz (f) eines Tones. Diese wird in Hertz (Hz) oder Schwingungen pro Sekunde gemessen. Für die Erzeugung eines Sinustones mit 500Hz muss sich die Membran also während einer Sekunde 500 mal vor-, und ebenso oft zurück bewegen. Die dabei maximal zurückgelegte Auslenkung wird als Amplitude bezeichnet. (vgl.: Everest (2009, S. 3-7) 1.2. Frequenz und Spektrum

Die Frequenz ist also die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde. In der Realität bestehen Klänge allerdings selten aus exakt einer Schwingung. Vielmehr handelt es sich meist um eine komplexe Mischung aus Grund- und Obertönen. Um auszudrücken, wie die Energie eines akustischen Ereignisses auf seine enthaltenen Frequenzen aufgeteilt ist, bedient man sich des Konzeptes des Spektrums. (vgl.: Gallagher 2007, S.6)

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Abbildung 1 illustriert drei verschiedene Schwingungen erst anhand ihrer Wellenform, und dann anhand ihrer spektralen Komponenten.

Würden diese drei Schwingungen zu einem einzelnen Signal kombiniert, so würde die Spektralansicht aussehen wie in Abbildung 2. (vgl.: Everest 2009, S.14f)

Abb. 2: Spektrum des kombinierten Signals

Abb. 1: Wellenform und Spektrumansicht

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1.3. Wellenlänge und Schallgeschwindigkeit

Die Wellenlänge ist jene Distanz, die eine Welle innerhalb eines Zyklus zurück gelegt. Anders ausgedrückt beschreibt dieser Wert den Abstand von einem Punkt einer Schwingung bis zu dem jeweiligen selben Punkt im nächsten Zyklus. Um die Wellenlänge zu berechnen, wird zunächst die Geschwindigkeit benötigt, mit der sich Schall in einem Medium ausbreitet. Diese hängt vor allem von Temperatur und Dichte, aber auch von der Feuchtigkeit des Mediums ab. Für die Schallgeschwindigkeit in Luft, das wahrscheinlich wichtigste Medium in der Raumakustik und Audiotechnik, kann näherungsweise folgende Formel verwendet werden:

c = (331,6 + 0,6*t)

mit c = Schallgeschwindigkeit in m/s t = Temperatur in °C Dies entspricht bei 20°C etwa 343m/s. In anderen, dichteren Medien breitet sich Schall teilweise signifikant schneller aus: so ergeben sich beispielsweise für Beton ~3700m/s, für Holz ~ 3300m/s und für Eisen etwa 5100m/s. (vgl.: Everest 2009, S. 119) Kennt man die Frequenz einer Schwingung und die Schallgeschwindigkeit innerhalb des jeweiligen Mediums, kann nun die Wellenlänge (λ) errechnet werden:

λ = c / f

mit λ = Wellenlänge in m

Gerade in der Raumakustik ist es weiterhin wichtig, aus der Wellenlänge die Frequenz errechnen zu können:

f = c / λ

Die Wellenlänge kann auch mit Hilfe der Periodendauer einer Schwingung ausgedrückt werden. Im Gegensatz zur Wellenlänge ist die Periodendauer die zeitliche Dauer des Zyklus einer Schwingung und kann über den Kehrwert der Frequenz berechnet werden:

T = 1 / f

mit T = Periodendauer in s

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Die Wellenlänge ergibt sich daraus als

λ = c * T

(vgl.: Friesecke 2012, S. 11-13)

1.4. Phase

Überlagern sich zwei oder mehr Schwingungen der selben Frequenz, die exakt zur selben Zeit gestartet werden, so sind sie phasengleich. Diese bedeutet, dass sich jeweilige Wellenberge- und Täler genau addieren – es kommt hierbei zu einer Verdopplung der Amplitude (wenn man von zwei Schwingungen mit der gleichen Amplitude ausgeht). Allerdings hat dieses Phänomen auch negative Auswirkungen. Wird die zweite Schwingung um ein bzw. drei Viertel ihrer Periodendauer später gestartet, so kommt es zur teilweisen Auslöschung der Druckverläufe der Schwingungen. Die beiden Wellen sind um 90° phasenverschoben. Verzögert man die Schwingung um die Hälfte der Periodendauer (um 180° verschoben), so löschen sich die Wellen gegenseitig aus. Komplexere Effekte der Phasenverschiebung, wie der Kammfiltereffekt, werden in Kapitel 4.2. eingehender beleuchtet. (Friesecke 2012, S. 33f) 1.5. Schalldruck und Schallintensität

In der Theorie kann der Mensch Frequenzen von 20Hz bis 20kHz wahrnehmen. In Wirklichkeit ist dieser gesamte Bereich wahrscheinlich von den wenigsten Menschen hörbar, und das Hörvermögen wird auch von Alter, Gesundheitszustand und anderen Faktoren negativ beeinflusst. Im Laufe der Evolution hat sich das menschliche Gehör vor allem auf jenen Frequenzbereich sensibilisiert, in dem sich unsere Sprache befindet. Diese Frequenzbänder werden vom Ohr als lauter empfunden als beispielsweise der Tiefbassbereich. Das Diagramm der Kurven gleicher Lautstärke nach Fletcher-Munson beschreibt diesen Zusammenhang aus wahrgenommer Lautstärke und Frequenz.

Wie zu erkennen ist, bedarf es in den Bändern von 2kHz bis 5kHz bedeutend weniger Schalldruck, um jene Schallereignisse gleich laut wie beispielsweise ein Signal um die 100Hz wahrzunehmen. Es existieren mehrere Möglichkeiten, Schall zu messen. Die wohl gebräuchlichste Form in der Raumakustik ist das Messen und Berechnen des Schalldruckpegels, da dieser am Ehesten mit dem menschlichen Hörvermögen korrespondiert. Diese Rechnung ergibt einen logarithmischen Wert, ausgedrückt in dB (Dezibel). Da es

Abb. 3: Kurven gleicher Lautstärke (Cyber College 2010, o.S.)

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mehrere Rechnungen in der Akustik und Audiotechnik gibt, die Ergebnisse in dieser Einheit liefern, wird der Schalldruckpegel als dBSPL (englisch für “sound pressure level”) geschrieben und mit folgender Formel berechnet: SPL = 20log   !

!! dB

mit p = gemessener Schalldruck oder andere gemessene Größe p0 = Referenzdruck oder Referenzgröße Hierbei handelt es sich bei der gemessenen Größe oft um den Schalldruck p, in Pascal (Pa) gemessen. In diesem Fall ist die Bezugsgröße in der Regel durch den atmosphärischen Luftdruck mit oder 20µPa gegeben. Allerdings kann mit dieser Formel auch beispielsweise der Pegelunterschied durch eine größere Entfernung berechnet werden. Dabei wäre für p eine gemessene Länge und für p0 eine Referenzlänge einzusetzen. Zu beachten gilt, dass sich mit obiger Formel berechnete Werte aufgrund ihrer logarithmischen Natur nie linear verhalten. So entspricht beispielsweise eine Verdopplung des Schalldrucks gegenüber des Referenzdrucks einem Wert von +6dB, während eine Verdreifachung nur +9,5dB entspricht. (vgl.: Everest 2009, S. 22ff) Die Schallintensität I misst die Energie von Schall, der eine Fläche durchläuft. Sie kann als Produkt aus Schalldruck p und Schallschnelle v, also der Geschwindigkeit der in Bewegung versetzen Teilchen, berechnet werden. I = p * v mit I = Schallintensität in Wm2 p = Schalldruck in Pa v = Schallschnelle in m/s (vgl.: Weinzierl, 2008, S. 26f) 2. Verhalten von Schall im Raum

Wie genau sich Schall in einem Raum verhält, hängt von unzähligen Faktoren ab. Zu den wichtigsten zählen die Geometrie des Raumes, die Beschaffenheit der Oberflächen, das Vorhandensein von Fenstern, Erkern und Türen, die Einrichtung sowie letztlich auch die Eigenschaften der erzeugten Schallereignisse selbst. Im folgenden Kapitel werden einige der wichtigsten Phänomene von Schall in einem mehr oder weniger geschlossenen Raum erklärt. Da viele Maßnahmen zur Korrektur von unzulänglicher Raumakustik auf diesen beruhen, ist es wichtig ihre Natur und Auswirkungen zu verstehen.

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2.1. Absorption

Absorption ist “... der Transfer von Energie einer Welle auf ein Medium, durch das sich diese bewegt.” (Enzyclopedia Britannica 2012, o.S.) Diese Definition gilt nicht nur für akustische Signale, sondern auch für alle anderen Arten von Wellen. In der Akustik ist Absorption deshalb interessant, da während dieses Prozesses Teile der kinetischen Energie der sich bewegenden Teilchen eines Mediums durch Reibung in Wärme umgewandelt werden. Letzten Endes führt dies dazu, dass die Schallwelle stetig an Energie verliert, je länger sie sich durch dieses Material bewegt. In Luft oder anderen Gasen ist die Absorption durch die lose Molekülstruktur erst in größeren Entfernungen bemerkbar. Sehr gut kann man dies während eines Gewitters auf einer flachen Landschaft beobachten: je näher das Gewitter dem eigenen Standpunkt kommt, desto lauter und klarer klingt der Donner. Entfernt es sich, so wird der Klang immer dumpfer und leiser, bis schließlich gar nichts mehr zu hören ist. Grund dafür ist, dass Schwallwellen mehr Energie besitzen, je größer ihrer Wellenlänge und damit je tiefer ihre Frequenz ist. Die hochfrequenteren Anteile eines Signals werden folglich also auch zuerst absorbiert. (vgl.: Everest 2009, S. 179ff) In geschlossenen Räumen wie Regie- und Aufnahmeräumen kann der Energieverlust durch Reibung mit Luft in der Regel vernachlässigt werden. Ebenso insignifikant ist die Erwärmung von Materialien durch Absorption von Energie. “Es würde die absorbierte Schallenergie von Millionen miteinander sprechender Menschen benötigen, um ein Glas Wasser zum Kochen zu bringen.” (Everest 2009, S. 179) Unterschiedliche Materialien haben unterschiedliche Fähigkeiten, bestimmte Frequenzen zu absorbieren. Andere Frequenzen werden nur teilweise absorbiert, während sich bestimmte Anteile durch das Material hindurch bewegen oder von ihm reflektiert werden. Um den Absorptionsgrad α zu berechnen, benötigt man die von einem beliebigen flächenhaften Material errechneten oder gemessene Größen der in das Material einfallenden Schallintensität Ie und die reflektierte Intensität Ir. Um α zu berechnen, wird folgende Formel angewandt:

α = !"!!!!!

(vgl.: Weinzierl 2008, S.185) Ist der Absorptionsgrad 1, wird kein Anteil des Schallereignisses reflektiert, sondern dringt zur Gänze in das Material ein. Ein gutes Beispiel dafür wäre eine Öffnung eines Raumes ins Freie. Die von dieser Öffnung aufgespannte Fläche besitzt eine Absorptionsgrad von α =1, da Schall, der nach außen dringt, (in der Regel) nicht wieder in den Raum zurück gelangt. Der Absorptionsgrad eines Materials ist nicht linear zur Frequenz. So kann beispielsweise eine Frequenz komplett absorbiert werden, während eine andere teilweise oder sogar komplett reflektiert wird. Es existieren viele Tabellen mit Absorptionsgraden verschiedener Materialen bei verschiedenen Frequenzen, üblicherweise bei 125 Hz, 250 Hz, 500 Hz, 1 kHz, 2 kHz und 4 kHz.

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Eine gebräuchliche Methode zur Bestimmung des gesamten Absorptionsvermögens einer Frequenz innerhalb eines Raumes ist die Addition der einzelnen Teilflächen An, die ihrerseits jeweils mit ihrem Absorptionsgrad an multipliziert werden: Af = A1* α1 + A2* α2+...+ An* αn mit Af = gesamte Fläche innerhalb des Raumes, die einen Absorptionsgrad von 1 bei einer bestimmten Frequenz f aufweist, angegeben in m2 An = Teilfläche in m² αn = Absorptionsgrad der jeweiligen Teilflächen (vgl.: Everest 2009, S. 181f) 2.2. Reflexion und Nachhall

Wie bereits erwähnt, wird meist nicht die Energie einer Schallwelle absorbiert, wenn dies auf eine (flache) Oberfläche trifft. Je nach Frequenz wird ein Teil der Welle wieder zurück geworfen. Es gilt dabei das Gesetz: Einfallswinkel = Ausfallswinkel. Um das Konzept leichter greifbar zu machen, kann „...man kann sich die Reflexion als von einer separaten Schallquelle ausgehend vorstellen. Diese liegt akustisch gesehen genau so weit hinter der betreffenden Oberfläche, wie die reale Schallquelle vor ihr liegt. Das Konzept ist mit dem eines Spiegels zu vergleichen.“ (Everest 2009, S.95) Dieses Phänomen bewirkt, dass jeder Raum mit einer Schallquelle von einer Vielzahl verschiedener Reflexionen durchdrungen ist. Neben dem Direktschall, also jenem Teil des Signals, der direkt auf die Mess- oder Hörposition trifft, treten zunächst sogenannte Erstreflexionen auf. Diese haben nach dem Direktschall die meiste Energie aller Reflexionen, und verursachen die meisten akustischen Probleme (siehe Kapitel 4.2.). Wenn aber die Erstreflexionen auf ein Hindernis treffen, wird von ihrer Energie wiederum ein Teil absorbiert und ein Teil reflektiert – es entstehen Reflexionen zweiter Ordnung. Dieser Prozess wiederholt sich so lange, bis eine dieser Reflexionen vollständig absorbiert wird. Die späteren Reflexionen füllen den Raum mit dem sogenannten Diffusschall. Sein Frequenzgang kann zwar in unterschiedlichen Bereichen eines Raumes unterschiedlich aussehen, sein Pegel ist aber überall gleich. In Räumen mit einem hohen Absorptionsgrad können sich naturgemäß weniger Reflexionen bilden, wodurch der Pegel des Diffusschalls niedriger ausfällt. In speziellen reflexionsarmen Räumen sind oft gar keine Reflexionen mehr wahrnehmbar – dies ist beispielsweise für bestimmte akustische Experimente notwendig. Für Menschen ist der Aufenthalt darin durch die ungewohnte reflexionslose Umgebung extrem unangenehm. (vgl.: Everest 2009, S. 95ff) Um den Prozess von Reflexionen in verschiedenen Winkeln besser zu illustrieren, kann man sich mit sogenannten Spiegelräumen helfen. Hierbei wird die Schallquelle an einer Fläche in einen gedachten Raum gespiegelt. Von dieser Position wird nun eine Linie zur Abhörposition gezogen. Der Punkt an der Spiegelfläche, an dem die Linie wieder in den Originalraum eintritt, ist die Position einer Erstreflexion. Wird der erste Spiegelraum wiederum gespiegelt , können auch Reflexionen höherer Ordnung grafisch dargestellt werden.

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Wird eine Schallquelle in einem Raum aktiviert, so benötigt der Raum je nach Größe eine kurze Zeit, um alle in ihm enthaltenen Teilchen durch Direktschall und Reflexionen zum Schwingen zu bringen. Umgekehrt verhält es sich ähnlich: nach dem Abschalten einer Schallquelle befinden sich noch Schallwellen im Raum die, abhängig von den Oberflächeneigenschaften des Raumes, mehr oder weniger langsam verklingen. Dieser Effekt ist in den meisten Räumen auch für ungeübte Zuhörer wahrnehmbar und wird als Nachhall bezeichnet. Die Nachhallzeit ist eine wichtige Kennzahl in der Raumakustik und beschreit jene Zeit, die „... vergehen muss, bis die Schallintensität im Raum um 60dB im Vergleich zu ihrem Ausgangswert gefallen ist.“ (Everest Seite 151) Der Verlust von Schallintensität hängt direkt mit Absorption zusammen (vgl. Kapitel 2.1.). Folglich muss eine Nachhallzeit separat für bestimmte Frequenzen berechnet werden. Hierbei wird zumeist folgende Formel benutzt:

RT60 = !,!"!  !!!

mit RT60= Nachhallzeit in s V = Volumen des Raumes in m³ Af: Gesamte Fläche mit Absorptionsgrad 1 bei einer Frequenz f in m2 Die Nachhallzeit kann auch mit einem einfachen Aufbau gemessen werden: In einem Raum wird ein sehr kurzes und lautes Schallereignis, wie etwa ein Pistolenschuss oder ein perkussiver Ton, abgespielt oder verursacht. Ein Messmikrofon zeichnet sowohl den Impuls an sich als auch den Klang des Raumes mehrere Sekunden danach auf. Nun kann in einem Programm wie beispielsweise WaveLab der Firma Steinberg sofort die Nachhallzeit grafisch aus der Wellenformansicht abgelesen werden. Diese rudimentäre Messung sollte allerdings nur als Anhaltspunkt verwendet werden. Genauere Ergebnisse lassen sich erst mittels bestimmter Algorithmen ermitteln, die in vielen Softwarelösungen zur akustischen Vermessung von Räumen zur Anwendung kommen. In der Regel liefert jedoch das Messen der Nachhallzeit genauere und praktikablere Ergebnisse, da etwaige Ungenauigkeiten bei der Berechnung der verschiedenen Absorptionsgrade entfallen. (vgl.: Friesecke 2012, S. 39-47) Für kommerzielle Studios und Räume, in denen Klang produziert und beurteilt wird, existieren teilweise internationale Normen, welche eine bestimmte Nachhallzeit vorsehen. Auch für Büroräume und andere Arbeitsplätze sind Normen die Nachhallzeit betreffend einzuhalten. Da in diesen Räumen aber meist nicht auf einen ebenen Frequenzverlauf Wert gelegt wird, sind diese Nachhallzeit recht einfach mit klassischen Materialien aus dem Bauwesen zu erreichen. Abseits davon gibt es einige Richtwerte für die mittleren Nachhallzeiten in bestimmten Räumen: Regieraum: 0,3s Aufnahmeraum: 0,5s Konzertsaal: 2s-2,8s

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Kirche: 2s-3s Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Nachhallzeit mit dem Volumen des Raumes meist ansteigt. (vgl.: Everest 2009, S. 170f) 2.3. Beugung

Obwohl Schallwellen von Oberflächen reflektiert oder absorbiert werden, können sie sich unter bestimmten Voraussetzungen um ein Objekt herum beugen. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass das in Frage kommende Objekt einen kleineren Durchmesser besitzt als die Wellenlänge eines Signals. Je kleiner das Objekt, desto kleiner wird auch der sogenannte akustische Schatten, den es wirft. Umgekehrt wird der Schatten desselben Objekts größer, je kürzer die Wellenlänge eines Signals wird. Das Prinzip der Beugung findet bei Schallschutzwänden an Autobahnen Verwendung: Sie müssen so groß dimensioniert sein, dass der von den Fahrzeugen verursachte Schall sich nicht um die Wände beugt, sondern nur nach oben abgestrahlt wird. Zu beachten gilt, dass in geschlossenen Räumen meist selbst dann noch Schall hinter einem Objekt zu hören sein wird, wenn es um einiges größer als die Wellenlänge des Signals ist. Dies liegt an den Reflexionen von Decke, Wänden und unter Umständen auch Boden, die sich zwar nicht um das Objekt beugen, sondern es einfach umgehen. (vgl.: Friesecke 2012, S. 30 und 31)

3. Physikalische Grundlagen

Bei jeder Art von Projekt hilft es, schon im Vorfeld einen genauen Plan und genaue Vorstellungen über Ablauf und Endprodukt zu haben. Bei der raumakustischen Optimierungen gibt es einige essentielle Dinge zu beachten, die den gesamten Prozess negativ oder positiv beeinflussen können. 3.1. Die Notwendigkeit der akustischen Optimierung

Die wenigsten Räume sind akustisch optimal konstruiert. Oftmals wird ein bestehender Raum seines Zwecks als Wohnzimmer oder Keller entfremdet, um dann als Aufnahme oder Regieraum zu dienen. Sofern ein Raum nicht bereits von bei seiner Errichtung mit dem Gedanken geplant wurde, klanglich für den jeweiligen Zweck perfekt zu sein, ergeben sich in so gut wie jedem Fall Probleme. Das Konzept der Raumakustik ist bereits sehr alt. Schon im Altertum erkannte man die Probleme bei der Übertragung von Schall an einen oder mehrere Zuhörer. Amphitheater und Kirchen wurden bereits vor hunderten von Jahren so errichtet, dass das Publikum den oder die SprecherIn perfekt verstehen konnte. Obwohl in längst vergangen Zeiten natürlich nie Schall mittels Elektrizität erzeugt wurde, kamen bereits damals grundlegende Mittel zur Optimierung von Raumakustik, die auch heute noch Verwendung finden. In Kirchen etwa wurden hinter dem Prediger konkave Alkoven in das Mauerwerk eingelassen, um die Reflexionen seiner Stimme direkt an die Gläubigen zu tragen, und so die Verständlichkeit zu erhöhen. Obwohl sich bis heute die Produktions- und Distributionstechniken von akustischen Signalen erheblich verändert haben, so handelt es sich immer noch um die

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gleichen Prinzipien: Das Publikum sitzt heute vielleicht nicht mehr immer in einer Kirche oder einem Amphitheater, dennoch möchte es Musik und Sprache in einer gewohnten Qualität empfangen können. Vor allem im Bereich der Musikproduktion in Tonstudios wird daher der unverfälschten Beurteilung von aufgezeichneten Signalen großer Wert beigemessen. Wenn ein Song in einem kleinen, mit Betonwänden ausgekleideten Raum im Keller gemischt wird, wie kann eine TontechnikerIn dann beurteilen, ob der Klang letztendlich seinen oder ihren Vorstellungen und denen des Zielpublikums entspricht?

Sieht man den Raum, in dem ein Klang erzeugt wird, als System, so durchläuft jedes beliebige Signal auf dem Weg von Erzeuger und Empfänger dieses System und wird von diesem beeinflusst. Erzeuger und Empfänger können hierbei unterschiedliche Objekte oder ihrerseits Systeme sein. Als Erzeuger kann beispielsweise eine Sängerin fungieren, als Empfänger in diesem Fall ein Mikrofon. Umgekehrt kann der Erzeuger auch ein Lautsprecher sein, während der Empfänger ein Tontechniker ist, der versucht den Klang zu beurteilen und zu bearbeiten. Auch bei einfachsten Konversationen zwischen zwei Menschen durchläuft der Schall das System Raum auf seinem Weg. Obwohl es theoretisch möglich wäre, gibt es in der Realität kein lineares System. Diese bedeutet, dass, egal wie ausgereift es auch sein mag, jedes System die es durchlaufende Information verändert.

Das Ziel der Raumakustik ist es nicht unbedingt, das System Raum so linear wie möglich zu machen. Vielmehr soll es vorhersehbar und optimal an die jeweiligen Aufgaben angepasst arbeiten. In einer Wohnung klingt ein leeres Zimmer immer leer, groß und unbehaglich. Dafür wird in der Regel automatisch Abhilfe geschaffen, in dem dieses Zimmer eingerichtet wird. Wäre dies aber nicht der Fall, würden die BewohnerInnen früher oder später dazu übergehen, die Wände mit Absorbern zu bearbeiten um dem Raum etwas von seiner langen Hallfahne zu nehmen und ihn dadurch behaglicher zu machen. In der professionellen und semi-professionellen Welt der Tonbearbeitung und Produktion sollte natürlich besonders auf ein gutes Raumklangbild wert gelegt werden. Schließlich kann der beste Song massiv an Wert verlieren, nur weil bei der Mischung in einem Raum die Hochmitten überdämpft waren, und er nun unangenehm schrill klingt. Leider wird gerade bei unerfahrenen Studiobesitzern das Thema Raumakustik oft erst nach Mikrofonen, Mischpulten, und Outboard-Equipment bedacht. Dabei kann mit ein wenig Wissen und wenig Budget bereits ein massiver Unterschied in der Qualität gemacht werden, wie die nächsten Kapitel demonstrieren werden. (vgl.: Gallagher 2007, S. 2-5) 3.2. Bestandsaufnahme

Zunächst sollte geklärt werden, welchen Zweck ein Raum haben soll. Ein Regieraum hat andere Anforderungen als ein Aufnahmeraum. Wieder andere Voraussetzungen muss ein kleines Heimkino erfüllen. Ist man sich dieser Anforderungen nicht im Vorfeld bewusst, können leicht falsche oder unzureichende Maßnahmen gesetzt werden. Als Nächstes sollte der in Frage kommende Raum genau untersucht werden. Welche Materialien finden sich an Boden, Wände und Decke? In welchem Geschoß liegt der Raum? Dies ist gleich aus zwei Gründen von Bedeutung: Zum einen muss eventuell auf Anrainer Rücksicht genommen werden, was einer stärkeren Isolation nach außen entspräche. Zum anderen muss natürlich auch in Betracht gezogen werden, ob nicht vielleicht Geräusche von außen in den Raum dringen. Wenn alle halben Stunden direkt vor dem Fenster ein Zug vorbei fährt, sollte man auch hier an entsprechende Isolation denken.

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In der Regel erschweren Erker, Fensternischen und Türen auch die Berechnung der akustischen Eigenheiten eines Raumes, da diese die Verläufe von Reflexionen und potentiellen Phasenauslöschungen ungemein verkomplizieren. Nun gilt es zu entscheiden, welche Einrichtung im Raum zum Einsatz kommen soll, und wo diese positioniert wird. Besonderes Augenmerk ist hierbei auf kritische Punkte wie die Position der Lautsprecher und einer oder mehrerer Abhörpositionen zu richten. Außerdem sollte man immer in die Zukunft denken. In einem Regieraum sind beispielsweise oft mehr als eine Person anwesend. Zunächst bringen mehr Personen auch mehr Absorptionsoberfläche, was in der Berechnung der Nachhallzeit entscheidende Auswirkungen haben kann. Die anwesenden Personen werden voraussichtlich auch irgendwo sitzen wollen. Große Sitzgelegenheiten wie Sofas sind zwar nicht als Standardmaßnahme zur Dämpfung von tiefen Frequenzen anzusehen, sie tun es aber dennoch. Wird bei der Planung nicht auf solche Faktoren Rücksicht genommen, werden eventuell mehr Absorber aufgestellt als notwendig, was einerseits in erhöhten Kosten und andererseits sogar in einer Überdämpfung des Raumes resultieren kann. Zuletzt muss noch an die Kosten des Projektes gedacht werden. Mit unendlich viel Kapital wäre es möglich, aus beinahe jedem Raum einen perfekten Klang heraus zu arbeiten. Da gerade im semiprofessionellen Home- oder Projektstudie selten größere Geldmittel zur Verfügung stehen müssen früher oder später Kompromisse geschlossen werden. Wie diese aussehen muss, sollte von Situation zu Situation entschieden werden. (vgl.: Gallagher 2007, S. 34-37) 3.3. Räume akustisch vermessen

Grundsätzlich sollten alle Messungen dort durchgeführt werden, wo sich später die Abhörposition befinden soll. Es macht allerdings durchaus Sinn, in einem kleinen Radius um die Abhörpositionen mehrere Messungen durchzuführen, um später ein wenig mehr Bewegungsfreiheit zu gewinnen, in dem der „Sweet Spot“ größer konzipiert wird. In der Regel wird für alle softwaregestützten Messungen eine ähnliche Ausstattung benötigt: Zunächst muss ein Rechner vorhanden sein. Da heute Analysesoftware für PC entwickelt wird, ist es empfehlenswert, solch ein System zu verwenden. Obwohl sich manchmal gute Resultate mit emulierter Windows-Umgebung auf Mac erzielen lassen, sollte man sich nicht auf deren Funktionieren verlassen. Als nächstes wird eine Soundkarte mit der Fähigkeit benötigt, gleichzeitig aufnehmen und wiedergeben zu können. Nun wird an den Eingang der Soundkarte ein Messmikrofon, an den Ausgang der Soundkarte ein Lautsprecher angeschlossen. Wird nun ein Testsignal vom Computer aus abgespielt, kann dieses über das Mikrofon aufgenommen und analysiert werden. Einige Programme erlauben auch, das Testsignal direkt aus einem Eingang der Soundkarte in einen Ausgang zu leiten, wo es als Referenz zum ursprünglichen Signal dient, um so den Frequenzgang der Soundkarte ausgleichen zu können. Mittlerweile gibt es unzählige Softwarelösungen zur akustischen Vermessung von Räumen. Je nach Ausstattung und damit meist auch Preis lassen sich die verschiedensten Schlüsse aus den Ergebnissen ziehen. Die wahrscheinlich meistverwendete Technik bedient sich dabei der Folge maximaler Länge, kurz MLS-Verfahren genannt (englisch für „maximum-length sequence). Hierbei handelt es sich um „... eine pseudo-zufällige, binäre Folge, mit der ein Raum angeregt wird. Für den Zuhörer klingt diese Folge nach normalem Weißen

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Rauschen.“ Der Unterschied zu diesem besteht allerdings darin, dass der Raum stärker angeregt werden kann. Dies resultiert einerseits in einer besseren Analyse der tiefen Frequenzen, andererseits wird ein besseres Verhältnis von Testsignal und Störgeräuschen, beispielsweise verursacht durch Klimaanlage, Heizung oder Straßengeräuschen, erreicht. Zunächst wird die Impulsantwort des Raumes ermittelt. Aus dieser kann über die Fourier-Transformation der Frequenzgang des Raumes ermittelt werden. Ebenfalls kann die Nachhallzeit über das gesamte Spektrum errechnet werden. Die gewonnen Erkenntnisse können dann mit entsprechenden Maßnahmen aufgearbeitet werden. Es bedarf aber nicht immer nur einer manchmal teuren Software, um akustische Messungen durchzuführen: ein simpler Schallpegelmesser wie das hier abgebildete PCE-999 der Firma PCE Instruments ist günstig zu erwerben, kann aber bereits eine Menge bewirken. Raummoden (siehe Kapitel 4.1.) können damit bereits recht zuverlässig analysiert werden. Ebenso kann damit durch das Herumgehen im Raum ein guter Eindruck von den unterschiedlichen Druckverhältnissen an verschiedenen Positionen gewonnen werden. (vgl.: Friesecke 2012, S.133-142) 3.4. Unterschiede zwischen Messung und Berechnung

Beide Aspekte, sowohl Messung als auch Berechnung, sollten bei einem raumakustischen Projekt bedacht werden. Dennoch gibt es Vor- und Nachteile sowohl des einen als auch des anderen. Obwohl Berechnungen oft schneller Ergebnisse als Messungen liefern, gerade wenn ein aufwändiger Messaufbau benötigt wird, hat sie doch einige Nachteile. In der Raumakustik gibt es viele Faktoren, die nicht immer genau bekannt sind. So kann etwa der Absorptionskoeffizient einer Oberfläche von einer Tabelle abweichen, weil die Materialien leicht unterschiedlich sind. Werden wirklich exakte Ergebnisse benötigt, müsste selbiges Material erst auf seine Eigenschaften untersucht, also vermessen werden. Ebenso kann bei einer komplexeren Raumgeometrie etwa das berechnete Ergebnis der Nachhallzeit massiv vom gemessene Wert abweichen – einfach deswegen, weil mehr Faktoren zu bedenken wären, als Zeit oder Wissen erlauben. Dennoch, gerade in der Anfangsphase eines Projektes haben Berechnungen einen hohen Wert, da sie in kurzer Zeit bereits einen guten Eindruck der Gegebenheiten liefern können. Für die Abstimmung der Korrekturmaßnahmen, wie den Bau von Absorbern oder Resonatoren, gibt es ohne Berechnung kein Auskommen: Selbst wenn gemessene Ergebnisse von Reflexionen oder Nachhallzeiten vorliegen, müssen die Dimensionen der gewünschten Bauteile an die Messungen angepasst ermittelt werden. Speziell für die Feinabstimmung eines Raumes hat die akustische Vermessung einen hohen Wert. Nachdem oder während Korrekturmaßnahmen gesetzt werden, gibt eine Messung einen sehr schnellen Überblick, ob das gewünschte Ergebnis tatsächlich erreicht wurde. Sofern das Messsystem richtig kalibriert wurde, sind die Schlüsse, die aus einer Auswertung gezogen werden, wesentlich praktikabler als rein berechnete Werte. Eine

Abb. 4: Schallpegelmessgerät (PCE

2012, o.S.)

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Tontechnikerin könnte sich die Frage stellen, ob auf der Abhörposition wirklich eine Drucküberhöhung bei 400Hz vorliegt. Um ganz sicher zu gehen, ist Nachmessen hier definitiv der richtige Weg. Viele Analysesysteme bieten darüber hinaus eine grafische Aufbereitung mit Farben und unterschiedlichen Einheiten an – ein nicht zu unterschätzender Vorteil, wenn komplexere Daten veranschaulicht werden sollen. Ein Nachteil liegt in den Kosten: Analysesoftware beinhaltet meist viele Algorithmen, die sich ein Hersteller natürlich nicht umsonst erdacht haben will. Dementsprechend kann, je nach Ausstattung, eine dieser Lösungen leicht das Budget der Besitzer kleinerer Home- und Projektstudios sprengen. 4. Problematische akustische Phänomene

Nicht umsonst gilt die Raumakustik als eines der komplexesten Teilgebiete der Audiotechnik. Die einzelnen physikalischen Grundlagen von Schall sowie die Eigenschaften der ihn umgebenden Medien wirken auf so viele Arten aufeinander ein, dass manchmal gar nicht alle dieser Wechselwirkungen bedacht werden können. Einige davon haben jedoch massiven Einfluss auf die klangliche Qualität eines Raums, und dürfen daher nie außer Acht gelassen werden. Einige dieser Phänomene werden nachfolgend vorgestellt. 4.1. Raummoden

Sogenannte Raummoden, auch stehende Wellen genannte, entstehen zwischen zwei parallelen, reflektierenden Oberflächen. Die Frequenzen dieser Wellen hängen dabei direkt mit den Dimensionen des Raumes, dem Abstand der beiden Oberflächen zueinander zusammen. Die natürliche Frequenz f1 eines Raumes ist definiert als jene Frequenz, deren halbe Wellenlänge genau der Strecke zwischen den beiden Oberflächen entspricht. Wird beispielsweise ein Sinuston der Eigenfrequenz des Raumes an einer Oberfläche erzeugt, bewegt sich die Welle auf die gegenüberliegende Wand zu, wird dort reflektiert und gelangt an den Ausgangspunkt zurück. Zu diesem Zeitpunkt ist die Periodendauer T vergangen, und die Welle hat die Wellenlänge λ zurückgelegt. Der Abstand zwischen zwei Wänden oder Oberflächen hat aber nicht nur eine Resonanzfrequenz: alle ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz f1 bilden ebenfalls stehende Wellen, diese werden Raummoden der Ordnung n genannt, abhängig von dem Vielfachen der Grundfrequenz. Die Formel für die Berechnung jeder Raummode lautet:

fn = !∗!!∗!

mit n = Ordnung der Raummode; n = 1 entspricht der Grundfrequenz eines Raumes c = Schallgeschwindigkeit in m/s d = Abstand der Oberflächen zueinander in m (vgl.: Everest 2009, S. 223-230) Nun hat ein Raum meist nicht nur zwei parallele Wände, demzufolge muss es in einem idealisierten quaderförmigen Raum drei natürliche Frequenzen geben, von denen wiederum

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höhere Ordnungen vorhanden sind. Allerdings existieren darüber hinaus auch Raummoden, die sich über Reflexionen an vier oder sechs Wänden bilden. Wird eine stehende Welle zwischen zwei Wänden reflektiert, handelt es sich um eine axiale Mode, bei vier Wänden um eine tangentiale und bei sechs Wänden um eine oblique Mode. Geht man von einem perfekten quaderförmigen Raum aus, kann jeder dieser Moden mit folgender Formel berechnet werden, vorausgesetzt seine Dimensionen (Länge, Breite, Höhe) sind bekannt:

f = !!

!!!

!+ !!

!

!+ !!

!

!

mit c = Schallgeschwindigkeit in m/s nl, nb, nh = Ordnung der Mode in der jeweiligen Richtung l, b, h = Länge, Breite, Höhe des Raumes in m Setzt man für zwei der Ordnungsvariablen 0 und eine ganze Zahl n für die dritte ein, so erhält man die axiale Mode der Ordnung n in der jeweiligen Richtung. Wird nur ein Wert 0 gesetzt, während für die anderen beide Werte eine ganze Zahl gesetzt werden, gibt die Formel die tangentiale Mode der Ordnung n aus. Wird für nl, nb und nh eine ganze Zahl eingesetzt, ergibt sich die jeweilige oblique Mode der Ordnung n. Für die Raumakustik sind Raummoden deshalb interessant, da sie zu unterschiedlichen Druckverhältnissen und damit unterschiedlich wahrgenommen Frequenzen an bestimmten Punkten im Raum führen. Die energiereichsten und damit problematischsten Moden sind dabei immer die Axialmoden, sie verlieren weniger schnell Energie durch weniger Reflexionspunkte, an denen immer auch Energie absorbiert wird. Obwohl die Orte der entstehenden Druckmaxima aus der Wellenlänge errechnet werden können, kann dies mittels einer einfachen Messung auch veranschaulicht werden. Zunächst wird ein Sinuston einer natürlichen Frequenz des Raumes abgespielt. Nun bewegt man sich mit einem Schallpegelmesser durch den Raum, und beobachtet, an welchen Stellen Lautstärkespitzen auftreten. Sind diese gefunden, können diese auf einem Plan oder mit einer kleinen Markierung am Boden festgehalten werden. (vgl.: Everest 2009, S. 231-237) Die vielleicht sicherste Variante, Raummoden in den Griff zu bekommen, ist das Aufstellen eigens auf diese Raummoden gestimmter Resonatoren. Je präziser diese auf die jeweilige Frequenz gestimmt sind, desto besser. Diese bedarf allerdings präziser Berechnungen und nicht unerheblicher handwerklicher Erfahrung. (siehe Kapitel 5.3.) Eine sehr einfache, aber manchmal problematische Vorgehensweise ist die Verwendung von Breitbandabsorbern. Diese großen Blöcke aus absorptivem Material wie Steinwolle oder Schaumstoff absorbieren Teile der Energie einer Welle. Es ergeben sich allerdings zwei Nachteile: Raummoden treten vor allem im Bassbereich auf, in dem die Wellenlängen sehr groß sind. Wie in Kapitel 5.2. beschrieben wird, benötigt ein Absorber mindestens eine Dicke von λ /4, um eine Welle absorbieren zu können. Dies führt zu großem Materialbedarf und in vielen Räumen auch zu Platzproblemen. Ein weiterer Nachteil ist die Ungenauigkeit dieser Absorber. Bei ausreichender Dimensionierung absorbieren sie vielleicht die gewünschte Frequenz, aber auch höhere

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Frequenzen, die vielleicht im restlichen Raum schon gedämpft wurden. Dies kann zu einer Überdämpfung des Raumes und einem unangenehmen Frequenzgang führen. 4.2. Kammfiltereffekte

Kammfiltereffekt nennt man ein Phänomen, bei dem ein Signal von einer zeitverzögerten Kopie oder Reflexion überlagert wird, was im Frequenzspektrum sowohl positive, aber auch negative Effekte hervor ruft. Dabei werden aber nicht alle Frequenzen gleich betroffen. Wird das zweite Signal genau um die Periodendauer einer bestimmten Frequenz verzögert, kommt es bei dieser Frequenz und allen ganzzahligen Vielfachen derselben zu einer Überlagerung, bei der die Amplitude des Signals verdoppelt wird: Betrachtet man nun das selbe Signal anhand einer Frequenz, deren Periodendauer dem Doppelten der Verzögerungsdauer entspricht, kommt es zu Auslöschungen, da die beiden Signale nun um 180° phasenverschoben sind. Bei allen Frequenzen, die einem ungeraden Vielfachen dieser Frequenz entsprechen, kommt es demzufolge ebenfalls zu Auslöschungen. Betrachtet man das Frequenzspektrum anhand des Pegels, so ergibt sich für das Muster aus Auslöschungen ein Bild ähnlich zu Abbildung 5. In der Raumakustik werden Kammfiltereffekte vor allem von unsymmetrischer Aufstellung der Lautsprecher sowie von Erstreflexionen an Wänden, Boden und Decke verursacht, die sich mit dem Originalsignal aus dem Lautsprecher überlagern. Während die Situation der Lautsprecher meist recht schnell behoben werden kann, ist für die Reflexionen ein bisschen mehr Aufwand vonnöten. In der Regel wird ein Raum aufgrund seiner Nachhallzeit ohne hin mit absorbierendem Material bearbeitet. Dieses sollte nun vor allem dort angebracht werden, wo Erstreflexionen Kammfiltereffekte verursachen werden. Dies ist meist in dem Bereich zwischen Abhörposition und Lautsprecher der Fall. In manchen Fällen wäre das Anbringen sehr großer Mengen absorptiven Materials vonnöten, um die Reflexionen in den Griff zu bekommen. Hier kann ein Diffusor Abhilfe schaffen. Dieser zerstreut Reflexionen durch eine unregelmäßige Oberfläche, ohne allerdings den Raum weiter zu dämpfen. Die Verwendung eines Diffusors statt eines Absorbers kann in bereits stark gedämpften Räumen zu einem lebhafteren Klangbild führen. (vgl.: Everest 2009, S. 138f) 5. Module und Materialien für akustische Optimierung

Im nun folgenden Kapitel werden einige Konstruktionen vorgestellt, welche einen positiven Effekt auf die Raumakustik haben können, in dem sie einige negative Eigenschaften eines Raumes abschwächen oder negieren können.

Abb. 5: Kammfiltereffekt (Jocavi 2010, o.S.)

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5.1. Irrtümer

Über die Jahre haben sich viele Irrtümer im Bereich der Raumakustik entwickelt, die vor allem Einsteiger in diesem Gebiet verwirren können. Einer der hartnäckigsten Fälle ist der Irrglaube, an die Wände angebrachte Eierkartons hätten einen positiven Effekt auf die Raumakustik. Durch das meist sehr dünne Material haben diese nur einen geringen Absorptionseffekt in höheren Frequenzen – ein Bereich, der ohnehin meist bereits durch die restliche Einrichtung oder Breitbandabsorber ausreichend gedämpft ist. Im Gegenteil, durch das Anbringen zusätzlicher und unnötiger Absorption in diesem Frequenzbereich kann ein Raum schnell leblos und unangenehm klingen. Eine interessante Frage im Zusammenhang mit Irrtümern ergibt sich den Einsatz eines Equalizers betreffend. Wenn bestimmte Resonanzfrequenzen im Raum Probleme verursachen, warum filtert man diese nicht mit einem den Lautsprechern vorgeschalteten EQ heraus? Zunächst einmal bedarf es eines qualitativ höchstwertigen Gerätes, um überhaupt brauchbare Ergebnisse erzielen zu können, ohne dabei einen permanenten Geräuschteppich durch das Rauschen des Gerätes in Kauf nehmen zu müssen. Hinzu kommt, dass selbst die besten parametrischen Equalizer nie so schmalbandig operieren, dass nur genau eine Frequenz herausgefiltert werden kann – es werden immer auch die benachbarten Bänder betroffen sein, was offensichtlich auch wieder Klangeinbußen zur Folge hat. Wie bereits in einem vorherigen Kapitel geschrieben, gibt es in der Praxis keine linearen Systeme. Daraus folgt, dass selbst das beste Gerät eine Klangfärbung einbringt. Nicht nur, dass dies dem ganzen Prinzip der Raumakustik im Tonstudiobereich, Schall so authentisch wie möglich wiedergeben und beurteilen zu können, widerstrebt. Ein so hochwertiger Equalizer kostet wahrscheinlich um einiges mehr, als alle anderen Maßnahmen zusammen ausmachen würden. Es ist also ersichtlich, dass die präziseste und zuverlässigste Methode, akustische Probleme zu beseitigen, bauliche Maßnahmen oder die Verwendung speziell auf einen Raum abgestimmte Bauteile sind. Einige dieser Komponenten werden in den nachfolgenden Kapiteln beschrieben. (vgl.: Gallagher 2007, S. 41 und 55) 5.2. Absorber

Wie bereits in Kapitel 2 beschrieben, verlieren Schallwellen unterschiedlich schnell an Energie, wenn sie durch unterschiedliche Materialien bewegen. In Räumen bewegen sich Schallwellen durch Luft, bevor sie das menschliche Ohr oder ein anderes Hindernis erreichen. Um möglichst viel der Bewegungsenergie der Teilchen durch Reibung auf das absorptive Material übergehen zu lassen, sollte es eine offene Porenstruktur aufweisen. Liegen die Fasern oder Partikel nicht nahe genug beieinander, ist die Reibung nicht groß genug, und der Absorptionsgrad sinkt. Ist das Material zu dicht, wird Schall eher reflektiert als absorbiert. Ein guter Mittelweg findet sich in allen Arten von Schaumstoff. Dabei ist eigens für diesen Zweck konzipierter Akustikschaumstoff zu bevorzugen. Bei Auflösung kleinerer Studios können manchmal billig größere Mengen dieses Schaumstoffes bezogen werden. Allzu oft wird aber der Fehler gemacht, den ganzen Raum mit Schaumstoff zu dämpfen, meist nur mit einer Lage. Dies resultiert in einer Überdämpfung der Höhen, während die Bässe kaum beeinträchtigt werden. Grund dafür ist, dass „... offenporiges Material mindestens eine Dicke d = λ / 4 vor einer Wand haben muss, um überhaupt im vollen Ausmaß auf die jeweilige Frequenz wirken zu können.“ (Everest 2009, S. 185 und 186) Um tiefere Frequenzen ebenfalls zu dämpfen, dabei aber Material zu sparen, können

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Absorber auch ein wenig vor einer Wand aufgehängt werden, um den entstandenen Luftspalt zu nützen. Bei einer Dicke des Materials von 2,5cm und einem Luftspalt von 5cm kann der Absorptionsgrad um bis zu 100% gesteigert werden – abhängig vom verwendeten Material. In höheren Frequenzen verliert dieser Effekt zusehends an Wirkung. Durch die geringeren Wellenlängen in diesem Bereich werden hohe Frequenzen von immer weniger Material ausreichend absorbiert. (vgl.: Everest 2009, S. 191) Meist hat eine Seite der Akustikschaumstoffplatten ein pyramidenförmiges Relief, das bei höheren Frequenzen einen leichten Diffusionseffekt hat – es zerstreut Reflexionen. Werden zwei gleich große Schaumstoffplatten aber mit den Pyramiden ineinander gesteckt, entsteht ein solider Block. Die daraus resultierenden Bauteile werden Breitbandabsorber genannt, da sie einen größeren Frequenzbereich beeinflussen. Um auch tiefere Frequenzen absorbieren zu können, können mehrere dieser Blöcke auf einander gestapelt und beispielsweise mit einem Holzrahmen fixiert werden. Auf diese Weise erhält der Absorber mehr Tiefe bei gleichbleibender Fläche. Zu beachten gilt, dass alle Frequenzen oberhalb der tiefst möglichen zu absorbierenden Frequenz ebenfalls und stärker absorbiert werden. Außer Akustikschaumstoff können diverse andere Materialien verwendet werden, wie Glas- oder Steinwolle. Zu beachten gilt es hier, das Material mit Stoff zu umwickeln, sodass keine Fasern in die Luft gelangen können – diese reizen Augen, Haut und Atemwege. Diese Maßnahme braucht mit Akustikschaumstoff nicht getroffen zu werden. Wie bereits in Kapitel 4.2 erklärt, empfiehlt sich das Anbringen der Absorber an jenen Stellen, an denen Erstreflexionen gemindert werden sollen. Großvolumige Absorber für den Bassbereich müssen nicht nur tief genug, sondern auch großflächig genug sein, speziell wenn sie vor der Wand abgehängt werden. Ist der Durchmesser der Oberfläche dabei kleiner als die jeweilige Wellenlänge, kann sich Schall um den Absorber herum beugen. (siehe Kapitel 2) Grundsätzlich kann gesagt werden, dass sich Absorber vor allem für höhere Frequenzen eignen. Tiefere Frequenzen können am Besten mit Resonatoren beeinflusst werden. (vgl.: Friesecke 2012, S.60) 5.3. Resonatoren

Anders als Absorber, die auf einen großen Frequenzbereich wirken, müssen Resonatoren beim Bau auf eine Frequenz „gestimmt“ werden. Sie sind für jede Frequenz zwischen 100Hz und 400Hz geeignet – dies macht sie bestens geeignet, um Raummoden zu dämpfen, da diese vorwiegend in tiefen Frequenzen vorkommen. Von der Funktionsweise verhalten sich diese Module ganz anders als Absorber. Während diese die Schallenergie durch Reibung in Wärme abführen, wandeln Resonatoren Schallenergie in kinetische Energie um. Eine einfache und relativ leicht zu konstruierende Form eines Resonators ist der Plattenabsorber. Er besteht aus einem luftdichten, an einer Seite offenen Hohlraum. Dies kann eine eigens dafür gebaute rigide Holzkiste oder sogar eine Fensternische sein. Über die offene Seite wird nun eine Platte montiert – meist besteht diese aus Sperrholz oder dicker Folie. Die Verbindung von Platte zu Kiste muss ebenfalls dicht sein. Zu dick darf die verwendete Platte ebenfalls nicht sein, da sie noch schwingen können muss. Die Resonanzfrequenz ergibt sich nun aus folgender Formel:

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f = !""!∗!

mit f = Resonanzfrequenz in Hz m = Masse der Platte in kg/m2 d = Tiefe des in der Kiste eingeschlossenen Hohlraums in cm Wie zu erkennen ist, hängt die Frequenz hochgradig vom verwendeten Plattenmaterial ab. Hier ist auch ein Kompromiss zwischen Biegsamkeit der Platte und Masse zu schließen. Eine dickere Platte senkt zwar die zu absorbierende Frequenz, kann aber bei zu wenig Biegsamkeit den Wirkungsgrad des Plattenabsorbers beeinträchtigen. Resonatoren werden im Raum dort montiert, wo stehende Wellen ihre Druckmaxima aufweisen – dies ist meist in Ecken und an Wänden der Fall. (vgl.: Friesecke 2012, S. 153f) 5.4. Diffusoren

Wie der Name schon sagt, sollen Diffusoren Schall verteilen, also großflächig reflektieren. Im Prinzip bietet jede Oberfläche mit vielen kleineren Erhöhungen und Vertiefungen diese

Eigenschaften. Allerdings werden die beste Resultate dadurch erzielt, die Dimensionen des Reliefs mathematisch zu berechnen. Auf diese Weise wird sicher gestellt, dass Reflexionen über einen möglichst großen Frequenzgang gestreut werden. Diffusoren für engere Frequenzbänder können beispielsweise schon mithilfe einer Folge maximaler Länge berechnet werden. Diffusoren eignen sich in Räumen, die schon stark gedämpft sind, aber immer noch Probleme mit Reflexionen aufweisen. Da sie meist aus Holz gefertigt sind, haben sie kaum absorptive Qualitäten und können Problemreflexionen zerstreuen, ohne den Raum noch weiter zu dämpfen. Aufgrund ihrer Größe und teilweise sehr massiven Ausführung können Diffusoren beträchtliches Gewicht aufweisen. Eine stabile und sichere Montage ist daher von besonderer Wichtigkeit. (vgl.: Friesecke 2012, S. 177-178)

Abb. 6: Diffusor (Auralex 2012, o.S.)

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6. Anwendung akustischer Maßnahmen

Im nun folgenden Kapitel sollen anhand eines fiktiven Raumes viele der in dieser Arbeit vorgestellten Verfahren und Prinzipien vorgestellt werden. Die Reihenfolge und Vorgehensweise ist dabei nicht als absolut gültig anzusehen. Unterschiedliche Räume sollten immer mit einem individuell angepassten Ablauf behandelt werden. Der zu testende Raum soll eine annähernd rechtwinklige Grundform besitzen. Er besitzt die unten angeführten Grundmaße, eine Höhe von 2,5m und weist nur eine Tür und ein Fenster auf. Der Boden besteht Holz, die Decke aus Beton. Die Seiten a, b, c und d bestehen ebenfalls aus Holz. Seite d beinhaltet ein 50cm x 70cm (b x h) großes Glasfenster. Die Tür hat die Maße 1m x 1,8m , soll aber geschlossen bleiben, während im Raum Betrieb herrscht. Der Raum soll vorwiegend für Stereo-Tonmischungen verwendet werden. Demzufolge sollen ein Studiotisch, zwei Lautsprecher und ein Sofa Platz finden. In vollem Betrieb sollen sich außerdem drei Personen im Raum befinden.

Abb. 7: Übersicht des zu bearbeitenden Raumes

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Zunächst werden die beiden Lautsprecher und der Studiotisch der Grafik entsprechend angeordnet. Die Lautsprecher haben eine Frequenzgang von 55Hz-20kHz. Nun soll die Nachhallzeit des Raumes berechnet werden. Die entsprechenden Absorptionskoeffizienten finden sich in nachfolgender Tabelle:

Absorptionskoeffizienten 125Hz 250Hz 500Hz 1000Hz 2000Hz 4000Hz Beton 0,01 0,01 0,01 0,02 0,02 0,02

Holz 0,15 0,11 0,10 0,07 0,06 0,07

Glas 0,35 0,25 0,18 0,12 0,07 0,04

Polstermöbel 0,50 0,65 0,80 0,85 0,80 0,70

Schaumstoff 20mm

0,05 0,20 0,45 0,70 0,85 0,90

Schaumstoff

200mm

0,70 0,85 0,90 1,00 1,00 1,00

Personen 0,50 0,65 0,80 0,85 0,80 0,70

Tabelle 1: Absorptionskoeffizienten (Friesecke 2012, S. 37)

Aus den Abmessungen des Raumes ergibt sich das Volumen V = 31,5m3. Die Oberflächen werden nach Materialien zusammengefasst. Danach wird jede Fläche mit ihrem entsprechenden Absorptionsgrad multipliziert. Durch das Einsetzen in die Formel aus dem Kapitel „Absorption“ erhält man das Absorptionsvermögen bei einer Frequenz f.

Anschließend wird die Nachhallzeit RT60 = !,!"!  !!!

 berechnet.

Da die Größe des Studiotisches variieren kann, wird sein Effekt auf den Raum in dieser Rechnung nicht beachtet werden.

Material Fläche 125Hz 250Hz 500Hz 1000Hz 2000Hz 4000Hz

α A*α α A*α α A*α α A*α α A*α α A*α

Holz 48,3 m2 0,15 7,25

m2 0,11 5,31 m2 0,1 4,83

m2 0,07 3,38 m2 0,06 2,9

m2 0,07 3,38 m2

Beton 12,6 m2 0,01 0,13

m2 0,01 0,13 m2 0,01 0,13

m2 0,02 0,25 m2 0,02 0,25

m2 0,02 0,25 m2

Glas 0,35 m2 0,35 0,12

m2 0,25 0,09 m2 0,18 0,06

m2 0,12 0,04 m2 0,07 0,02

m2 0,04 0,01 m2

Polstermöbel 2 m2 0,5 1 m2 0,65 1,3 m2 0,8 1,6

m2 0,85 1,7 m2 0,8 1,6

m2 0,7 1,4 m2

Personen 3 m2 0,4 1,2 m2 0,55 1,65

m2 0,7 2,1 m2 0,75 2,25

m2 0,7 2,1 m2 0,6 1,8

m2

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Medientechnik

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Gesamtfläche 9,69 m2 8,48 m2 8,72 m2 7,63 m2 6,87 m2 6,85 m2

Nachhallzeit 0,52s 0,6s 0,58s 0,67s 0,74s 0,74s

Tabelle 2: Werte des unbehandelten Raumes

Bevor nun absorptives Material angebracht wird, werden zunächst die axialen Raummoden

mittels der in Kapitel 4.1 vorgestellten Formel fn = !∗!!∗!

berechnet. Daraus ergeben sich die Moden erster Ordnung für Längsseite, Breitseite und Höhe wie folgt: fl = 40,8Hz fb = 57,2Hz fh = 68,6Hz Da sich die Moden erster Ordnung nahe am unteren Ende des Frequenzganges der Lautsprecher befinden, wo in der Regel weniger Energie erzeugt werden kann, werden für die weiteren Maßnahmen die Raummoden zweiter Ordnung, fl2 = 81,7Hz fb2 = 114,3Hz fh2 = 137,2Hz als Ausgangspunkt genutzt. Nun wird ein Plattenschwinger konstruiert, der auf 137Hz

gestimmt wird. Er wird mit der Formel f = !""!∗!

so konstruiert, dass der Luftpolster im

Inneren eine Tiefe von 8,6cm und die Platte ein Masse von ungefähr 2,2kg/m2 hat. Um genügend Fläche zu generieren, auf welche die Raummode wirken kann, wird eine Plattenoberfläche von 0,5m x 1m gewählt und der Resonator entsprechend gebaut. Für das Aufstellen des Resonators wird nun ein Sinuston mit 137Hz abgespielt, und mit dem Schallpegelmesser werden die Druckmaxima gesucht. Der Resonator wird nun so gut es geht in einem dieser Druckmaxima positioniert, vorzugsweise in der Mitte der den Lautsprechern gegenüberliegenden Wand. Da der Raum vorwiegend für Tonmischungen ausgelegt sein soll, wird eine Nachhallzeit von ~0,4s angestrebt. Um dies zu erreichen, soll die äquivalente Absorptionsfläche (Fläche mit Absorptionsgrad 1) zunächst bei 125Hz um 2m2 gesteigert werden. Dazu wird hinter jedem Lautsprecher ein 1,5m2 großer Absorber aus 200mm starkem Akustikschaumstoff platziert. Gleichzeitig wird an Wänden und Decke zwischen Abhörposition und Lautsprechern ebenfalls ein je 1m2 großer Absorber aus 20mm starkem Akustikschaumstoff aufgehängt. Mit dieser Anordnung der Absorber werden einerseits Erstreflexionen an Wänden und Decke auf dem Weg zur Abhörposition geschwächt, andererseits wird Schall

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gedämpft, der sich um die Lautsprecher herum beugen und ebenfalls unangenehme Reflexionen verursachen könnte. Um die endgültige Nachhallzeit nun zu berechnen, werden die von den Absorbern bedeckten Flächen von den jeweiligen Materialien abgezogen, und mit den entsprechenden Absorptionsgraden für Akustikschaumstoff multipliziert. Es ergeben sich damit folgende finale Werte.

Material Fläche 125Hz 250Hz 500Hz 1000Hz 2000Hz 4000Hz

α A*α α A*α α A*α α A*α α A*α α A*α

Holz 42,3 m2 0,15 6,35

m2 0,11 4,65 m2 0,1 4,23

m2 0,07 2,96 m2 0,06 2,54

m2 0,07 2,96 m2

Beton 11,6 m2 0,01 0,12

m2 0,01 0,12 m2 0,01 0,12

m2 0,02 0,23 m2 0,02 0,23

m2 0,02 0,23 m2

Glas 0,35 m2 0,35 0,12

m2 0,25 0,09 m2 0,18 0,06

m2 0,12 0,04 m2 0,07 0,02

m2 0,04 0,01 m2

Polstermöbel 2 m2 0,5 1 m2 0,65 1,3 m2 0,8 1,6

m2 0,85 1,7 m2 0,8 1,6

m2 0,7 1,4 m2

Personen 3 m2 0,4 1,2 m2 0,55 1,65

m2 0,7 2,1 m2 0,75 2,25

m2 0,7 2,1 m2 0,6 1,8

m2

Schaumstoff 200mm 3 m2 0,7 2,1

m2 0,85 2,55 m2 0,9 2,7

m2 1 3 m2 1 3 m2 1 3 m2

Schaumstoff 20mm 4 m2 0,05 0,2

m2 0,2 0,8 m2 0,45 1,8

m2 0,7 2,8 m2 0,85 3,4

m2 0,9 3,6 m2

Gesamtfläche 11,08 m2

11,16 m2

12,61 m2

12,99 m2

12,89 m2

13,01 m2

Nachhallzeit 0,46s

0,45s

0,4s

0,39s

0,39s

0,39s

Tabelle 3: Werte des fertig bearbeiteten Raumes

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Literaturverzeichnis

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